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1  Archimandrit Sofronij  WORTE DES GEISTES  WORTE DES LEBENS

Worte Des Geistes Worte Des Lebens

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 Archimandrit

Sofronij

 WORTE

DES GEISTES

 WORTEDES LEBENS

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 Archimandrit Sofronij (Sacharov)

 Worte des Geistes - Worte des Lebens

Geistige Aphorismen

 Aus dem Französischen ins Deutsche übertragen

und kommentiert von Sr. Mikhaila Petry 

itel der ranzösischen Ausgabe:De Vie et D'Esprit © Editions Le seI de la teIe 1992

© 2004 der deutschen Übersetzung:

Stavropegic Monastery o St. John the Baptist, olleshunt

Knights, by Maidon, Essex, CM9 8EZ, G.B.

 Alle Rechte der deutschen Ausgabe vorbehalten

© 2004 Verlag Fluhegg, CH-4057 Basel

ISBN 3-909123-22-7

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 VORWORT

"Wir brauchen Hile - nach Gott brauchen wir Menschen, die uns geistige Führung geben", so schreibt Do-

rotheus von Gaza im sechsten Jahrhundert. Mit dem Wunsch, ihre ursprüngliche Beruung zu erüllen, den

 Weg des Herzens zu nden und au der "göttlichen Leiter" zu Gott hinauzusteigen, haben Menschen unter

 verschiedensten Bedingungen seit den Anängen des Christentums "Meister" gesucht, die ähig sind, sie au 

dem "schmalen Pad" des Heils zu ühren. Durch viele Jahrhunderte hindurch haben Männer und Frauen au der Suche nach einer Weisung, einem rost oder einer Inspiration jene den Wüstenvätern1 so teure Formel

 wiederholt: "Abba2, sag' mir ein Wort."

 Als Gabe des Heiligen Geistes ist die geistige Vaterschat das lebendige Herz der orthodoxen Kirche. Als

goldene Kette der heiligen radition hält sie das Bewusstsein in uns wach, dass das Christentum nicht eine

Religion des Buches, sondern eine Oenbarung des Mysteriums der Person ist. Vater Soronij, lebendiger

Zeuge dieser Oenbarung, unterscheidet in seiner Lehre zwei Arten des Wortes: das Wort als Vermittler und

das Wort als Einheitsstiter Das Wort, das inormiert, und das Wort, das inspiriert. Das „psychische“ Wort,

unter Umständen über ein religiöses Tema vermittelt, und das "pneumatische" Wort, räger des Heiligen

Geistes, jenes ortwährenden Pngstereignisses - Wesen der radition der ungeteilten Kirche, des Leibes

Christi. Das "pneumatische" Wort, Kanal der göttlichen Gnade, ist selten.

Es ist nicht spekulativ, sondern von einem klaren, scharen dogmatischen Bewusstsein getragen. Teolo-

gisch in seiner tiesten Bedeutung, ist es nicht Büchern oder theoretischem Wissen entlehnt, sondern ent-

springt einem Leben der Askese und des Gebets, der Kenose3 und der Erahrung mit Gott. Denn um die Fülle

des Heiligen Geistes, Ursprung jeglichen wahrhaten Wortes, empangen zu können, muss man sich zuvor

all seiner Leidenschaten und seines Eigenwillens entledigen. Um in die unendliche Stille einzutreten, in derGott zu uns spricht und von der aus wir wahrhat zum Herzen des Anderen sprechen können, müssen wir

den Namen anruen, der alle Namen beinhaltet - Jesus Christus - und müssen den Intellekt zu dem verbor-

genen Ort im Herzen hinühren.

 Man muss durch alle Finsternis seiner eigenen inneren Hölle hindurchgehen, umwiedergeboren zu werden ins ungeschafene Licht, das vom Wort, das Fleisch ge-worden ist, ausstrahlt. Als lebendige Ikonen Christi, als Träger des Heiligen Geis-tes, der in ihnen spricht, zeugen die geistigen Väter von Ihm durch ihr Beispiel.

 Einzig wer sich selbst gestorben und wer auerstanden ist in Christus, kann einWort zeugen, das zum Leben und zur Freiheit im Heiligen Geiste erweckt.

1 Wüstenväterter ist die Bezeichnung ür die rühchristlichen asketischen Väter Ägyptens. Zu Anang des 3. Jh. zogen diese Vä-ter in die Wüste, einzeln oder in Gruppen. Ihr asketischer Kamp war vor allem gegen die eindseligen geistigen Mächte gerichtet. Der heilige Antonius der Große (251-356 n. ehr.) und der heilige Makarius der Große (300 bis ungeähr 390 n. Chr.) sind herausragende

 Beispiele dieser Wüstenväter.

  2 Abba' (ararn.) ist ein Ehrentitel und bedeutet Vater, Oberhaupt, Herr, Lehrer. Jesus benutzt diese aramäische Form in Mk14,36, um Gott als Vater zu bezeichnen. Er hat damit ein Wort proanen Gebrauchs mit einzigartigem religiösem Inhalt erüllt und hat damit eine Sinndeutung aller Verkündigung des Evangeliums gegeben.

3 Siehe Fußnote 20.

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Einzig derjenige, der sich nach Isaak dem Syrer in die Stille, die “Sprache des küntigen Zeitalters", versenkt

hat, kann ein Wort hervorbringen, das Echo des Urwortes, des Logos4 und Schöpers ist. Letztlich kann nur

der die Gegenwart Gottes durch seine Gegenwart und sein Wort bezeugen, der das wahre Licht gesehen hat,

der transparent geworden ist ür Seine Energien. Dies ist der Weg, der Weg der äußersten "Kenose", dem

 Vater Soronij im Laue seiner siebzig Jahre mönchischen Lebens geolgt ist. 1896 in Moskau geboren, ist er

 von rühester Kindheit an von den äußersten, letzten Fragen des Lebens gepackt.

Der Weltbrand von 1914-1918, der Bürgerkrieg in Russland enthüllen ihm den tragischen Charakter der

menschlichen Existenz. Inspiriert von der Erinnerung an den od, macht er die Erahrung des Nichts, er-

spürt gleichzeitig aber auch die Existenz eines unendlichen Seins. Die russische Revolution hindert ihn an

der Ausübung der Malerei, seiner großen Leidenschat; er unternimmt eine Reise nach Europa und kommt

1922 in Paris an, wo er alsbald sein Werk im Salon d' Automne und im Salon des uileries ausstellt. Hier er-

ährt er seinen Weg nach Damaskus. Er önet sich dem Mysterium Gottes als dem Absoluten, das lebendig

und persönlich in Jesus Christus Fleisch geworden ist. Angerührt von der Gnade wird er sich der ragweite

seiner Sündhatigkeit - vergangener und gegenwärtiger - und von allem, was ihn von Gott trennt, bewusst;

 von nun an weiß er um die Beruung des Menschen zur Vollkommenheit.

In Verzweifung, in einem Meer von ränen erlebt er seine zweite aue: die Reue. Eingetaucht in die Fins-

ternis in die Finsternis der Hölle, erscheint ihm Gott in Seinem Licht. Ein neues Leben beginnt, ein Leben

im Gebet und in der Liebe Christi. Die Welt entschwindet ihm, und er entschwindet der Welt. Der Wechsel

 von Erscheinungen des göttlichen Lichtes und der "Erinnerung an den od" hemmen seine Arbeit als Maler.

Nach Monaten inneren Ringens sagt er sich los von der Kunst und entscheidet sich, sein Leben Gott zu wei-

hen. Er tritt dem Institut St. Serge bei, das gerade erönet worden ist. Die theologischen Studien beriedigen

ihn jedoch nicht. 1925 kommt Vater Soronij au dem Berge Athos an und wird Mönch im russischen Kloster

des Heiligen Panteleimon. Sehr bald empangt er die Gnade des immerwährenden Gebetes. Er kennt jedoch

auch den "tödlichen und belebenden Schmerz" des Verlustes der Gnade.

"ödlich", insoern er das Nichts und die iee der Sünde in ihm audeckt. ,,Belebend", weil er Quelle herz-

zerbrechender Reue ist, die das göttliche Erbarmen und eine noch größere Gnade hervorrut. Ausgespannt

zwischen dem Garten Gethsemane und dem Berg abor, wird das Leben Vater Soronijs zum "Weg der rä-

nen", eine innere Reise zwischen Freude und Verzweifung, Gottverlassenheit und Heimsuchungen durch

den Heiligen Geist. Doch ür Vater Soronij bedeutet der Berg Athos vor allem das wichtige und entscheiden-

de Ereignis seiner Existenz, wahres Geschenk der Vorsehung: die Begegnung mit dem seligen Starez

5

Siluan.Dieser glühende Asket, Russe bäuerlicher Herkunt, in dem Tomas Merton 6 „den authentischen Mönch

des zwanzigsten Jahrhunderts“ sah, erhielt nicht nur die Gnade, Christus zu "sehen", sondern auch ein Wort

4 Logos' (griech.) bedeutet im eigentlichen Sinn , das Wort' [siehe Joh 1,1]. Logos wird auch als Name ür die zweite Person in der  Heiligen rinität, den Sohn Gottes, benutzt.

5 Das Wort Starez kommt aus dem Russischen und wird benutzt ür die Bezeichnung eines älteren, im geistigen Leben erprob-ten Mönchs oder Einsiedlers. Dieser ist, obwohl ot nicht einmal Priester, mit den Gaben des Heiligen Geistes und Wunderkräten ausge-stattet. Er unterweist Mönche und Laien im geistigen Leben. Das Starzenturn geht mit wenigen Unterbrechungen durch die Geschichtedes östlichen Mönchtums. Seit der zweiten Hälte des 18. Jh. bekamen die Starzen große Bedeutung im Klosterleben Russlands und inder geistigen Betreuung der Laien, Männer und Frauen, die bei den Starzen Rat und Hile suchten. Einer der bedeutendsten Vertreter 

des russischen Starzentums ist der hl. Seraphim von Sarov (1859-1933).

6 Tomas Merton (geb. am 15.01.1915) war ein amerikanischer katholischer Geistlicher und Schritsteller, der in New York lebte.1939 wurde er zum Priester geweiht, 1941 trat er dem Orden der rappisten bei. Schriten in Deutsch: Der Berg der sieben Stuen (1951);

 Der Austieg zur Wahrheit (1952).

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zur Rettung ür unsere Zeit: "Bewahre deinen Geist in der Hölle und verzweife nicht." In diesem demütigen

Menschen, der ag und Nacht ür die ganze Welt betete und weinte wie ür sich selbst, der die Liebe zu den

Feinden im höchsten Maße verwirklichte, erlebte Vater Soronij die Inkarnation der hypostatischen7 Vollen-

dung in Person: einen Menschen nach dem Ebenbilde Gottes.

Nach dem ode seines Starez im Jahre 1938 macht sich Vater Soronij au, um in der "Wüste"8

zu leben mitdem Ziel, die reue seiner Liebe zu Gott unter Beweis zu stellen. Als Eremit kostet er die unendliche Freiheit

des reinen Gebetes jenseits des odes. Doch in der iee seiner Höhle hört er auch den Schrei der Welt. Gott

schenkt ihm die Gnade des Gebetes ür den ganzen Adam9 - die Gnade, in seinem Herzen an den Leiden und

Schrecken der ganzen Menschheit teilzuhaben, die sich seit dem Sündenall im Kriegszustand bendet. Für

mehrere Jahre ist Vater Soronij der geistige Vater einiger Klöster. Im Jahre 1947 ühlt er sich zu einer neuen

 Augabe beruen, verlässt den Berg Athos und kehrt nach Frankreich zurück. Im darauolgenden Jahr verö-

entlicht er die Schriten des Starez Siluan und eine Einührung in seine Lehre.

Sie werden ein Klassiker des asketischen Lebens gemäß der orthodoxen radition: Starez Siluan, Mönch vom Berg Athos.10 In Sainte-Genevievedes- Bois, unweit von Paris lebend, sammelt sich eine kleine Gruppe

 von Personen verschiedener Herkunt um ihn, angezogen von seiner geistigen Ausstrahlung. Enrsthat er-

krankt und inolge verschiedener widriger Lebensumstände kann Vater Soronij nicht zum Berg Athos zu-

rückkehren. 1959, von seinen Schülern begleitet, siedelt er nach England um, wo er das Kloster des Heiligen

 Johannes des äuers gründet. Nach Jahren der Erahrung des zönobitischen11 Klosterlebensll und dann als

Eremit au dem Berge Athos wird er nun ,,Zeuge des ungeschaenen Lichts", mitten in der Welt.

7 ,Hypostase' ist das griechische Wort ür ,Person'. In Abgrenzung zum Individuum ist die Person vornehmlich als Ebenbild Got-tes angesehen. Als solches ist die Person rei vom Determinismus der menschlichen Natur. Die Person lebt in Gemeinschat mit Gott.Vom Heiligen Geist inspiriert, ist sie rei und bereiend, ähig zu lieben und geliebt zu werden, unabhängig von natürlichen Zwängen.

 Als Ebenbild Gottes ist die Person ein Mysterium. Einmalig und unwiederholbar kann sie nicht mit wissenschatlichen Mitteln deniert werden. Die iee ihres Geheimnisses oenbart sich in ihrer liebenden Beziehung zu Gott und den Mitmenschen. Die Liebe der drei 

 göttlichen Personen in der rinität nachahmend, nach deren Ebenbild die Person geschaen ist, lebt sie in dauernder, ungebrochener  Beziehung mit Gott und mit den Menschen. Durch ihre Liebe zu allen Menschen und durch das ununterbrochene Gebet ür sie wird die ganze Menschheit, augrund der gemeinsamen Natur aller Menschen, in der liebenden Person zu ,einem Adam'.

8 Wüste' ist die Bezeichnung ür die Südspitze des Bergs Athos; hier gibt es keine Klöster. Sie wird nur von einzelnen Eremiten bewohnt.

9 "Der ganze Adam" ist ein typischer Ausdruck Vater Soronijs ür die Bezeichnung der ganzen Menschheit. Diese Bezeichnung beruht darau. dass in Adam nicht Ein Einzelwesen, sondern der „universelle Mensch „ geschaen wurde. Ebenso wie in der Heiligen

 Dreialtigkeit, nach deren Ebenbild der Mensch geschaen ist, alle drei Personen die gleiche göttliche Natur besitzen, so besitzt die ganze Menschheit eine einzige menschliche Natur, die allen Menschen gemeinsam ist. So verstehen wir, dass das Wirken und Denkeneines einzelnen Menschen einen Einfuss au die gesamte Menschheit hat.

10 Deutsche Ausgabe: Starez Siluan, Mönch vom Berg,Athos, Sein Leben und seine Lehre, Bd. I und 11, Patmos,Verlag, Düssel-dor 1991,Französische Ausgabe: Archimandrite Sophrony, Starets,Silouane, Moine du Mont At/ws, Vie - Doctrine,- Ecrits, Editions

 Presence, Paris 1973; traduit,du Russe par le Hieromoine Symeon.

11 Zönobitisches Klosterleben ' ist die aus dem Griechischen stammende Bezeichnung ür ein Gemeinschatskloster. Im Gegen-satz zu der Einsiedelei der Eremiten, die allein in der Wüste leben, ist das zönobitische Kloster eine Form religiöser Gemeinschat, inder die Mitglieder im gleichen umgrenzten Gelände leben.

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 Au seine ersten Begabungen zurückgreiend, malt er Ikonen und schreibt mehrere Bücher, darunter seine

geistige Autobiographie: Gott sehen wie Er ist.12 Als wahrhater Grenzührer önet er dem Westen die Or-

thodoxie und der Orthodoxie den Westen. Im Kloster von Essex wird die Liturgie des heiligen Chrysostomus

ins Englische übersetzt und in mehreren Sprachen zelebriert. Als Bestandteil des Gottesdienstes wird das

 Jesusgebet in der Gemeinschat, von jedem in seiner Muttersprache gebetet. 1988 wird die wesentliche In-

tuition Vater Soronijs von der Heiligkeit des Starez Siluan bestätigt und seine grundlegende Arbeit belohnt:

Starez Siluan wird durch den Patriarchen von Konstantinopel heilig gesprochen. Heute13

zählt das Klosterdes heiligen Johannes des äuers insgesamt vierundzwanzig Mönche und Nonnen aus zwöl verschiedenen

Nationen. Als ein Zentrum ür den Empang von Hunderten von Pilgern aus der ganzen Welt, ist das Kloster

nicht nur einer der bedeutendsten Pole, von wo die Orthodoxie in den Westen ausstrahlt, sondern auch eine

der stärksten Bestätigungen ihrer Universalität. Sich dem Ende seiner Lebens zuneigend, verspürt Vater So-

ronij in diesen letzten Jahren das Bedürnis, das Wesentliche seiner Erahrung aus dem Leben in Christus

seinen geistigen Kindern zu übermitteln. Woche um Woche hat er die Mitglieder seiner Gemeinschat mit

seinem Wort genährt, ihr tägliches Leben mit seinem Rat und seinen Weisungen ,,inspiriert".

Die im vorliegenden Bändchen zusammengestellten, bisher unveröentlichten Aphorismen sind Auszüge von ungeähr vierzig dieser Unterredungen. Fragmentarisch, verfacht durch das geschriebene Wort, geben

sie nur unvollkommen den Reichtum seiner Lehre wieder. Denn man muss wirklich erlebt haben, wie Vater

Soronij sprach, man muss seinen Blick gesehen haben, der voller Liebe im Gebet seine Brüder und Schwes-

tern umng, um das Ausmaß der Energie und des göttlichen Atems, die seine Worte belebten, wahrhat

ermessen zu können. Die ür die Veröentlichung ausgewählten eile sind weder metaphysisches Gedan-

kengut, noch Lebensregeln, noch moralische Vorschriten. Genährt vom Wort Gottes und von den Schriten

der asketischen Väter, ist das Wort Vater Soronijs im wahrsten Sinne evangelisch und "philokalisch". 14

Dem Herzen entspringend richtet es sich nicht an den urteilenden Intellekt, sondern an diese "eine Stelle

der Seele" - das verborgene Herz des Menschen. Vater Soronijs Wort, Frucht des Heiligen Geistes, wird jedes

Mal von neuem Keim des Lebens im Geiste. Hervorquellend aus der Anruung des Namens Jesu Christi ist es

Gebet und Einladung zum Gebet. Von Gott eingehaucht, ührt es zu Gott. Stark ist es sant.

 Voller Liebe ist es krätigend. Bis au den Grund des Wesentlichen Führend, bereit es. Indem es die person

heruasordert, lindert es ihre Bürde. Allumassend verweist er jeden au seine Einmaligkeit und Einzigar-

tigkeit. Schließlich schar wie ein Schwert rut es au zur Metanoia, zur Umwandlung unseres "Herzens aus

Stein" in ein "Herz aus Fleisch und Blut", zur Umkehr des Geistes, zur Wiederentdeckung unserer Innerlich-keit, dem Ebenbild Gottes.

 Dieses Ebenbild Gottes - versiegelt in den tiesten Tieen unserer Seele - ist verhüllt von all den Masken, mit denen unser Ego es bis zur Unkenntlichkeit bedeckt.

12 Bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt. Französische Ausgabe: Archimandrite Soronij, Voir Dieu el qu'll est, Labor et Fides,Geneve 1983; traduit du Russe par le Hieromoine Symeon Englische Ausgabe: Archimandrite Soronij (Sakharov), We shall see Him as

 He is, Edition Stavropegic Monastery o St. lohn the Baptist, Essex 1987 

13 Ende des Jahres 2003.

14 Philokalisch = zur ,Philokalie' gehörend. Die Philokalie ist eine Sammlung der wichtigsten exte der Kirchenväter über das geistige Gbet, as geistige Wachen(nepsis) und den Kamp der Seele gegen die Leidenschaten und die bösen Gedanken.

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 Vater Soronij versucht weder zu überzeugen noch zu bekehren. Sein Wort berührt oder berührt nicht. Ein

Samenkeim kann nur Wurzeln assen und Frucht bringen in einer Erde, die bereit ist, ihn auzunehmen.

 Alles hängt von unserem Vermögen ab zuzuhören, von unserem Wunsch uns zu verwandeln, von unserem

 Willen Ja zu sagen. Sind wir bereit, uns zu önen und uns selbst hinzugeben? Wir sind rei. "Jedes Wort kann

durch ein anderes Wort in Abrede gestellt werden, aber welchesWort kann das Leben abstreiten?", bemerkt

der heilige Gregor Palamas im vierzehnten Jahrhundert.

 Maxime Egger 

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GEISTIGE APHORISMENMeine geliebten Brüder und Schwestern, önet eure Herzen, damit ihnen der Heilige Geist die Spuren des

 Abbildes Christi einpräge. Dann werdet ihr nach und nach ähig werden, Freude und Leid, od und Auer-stehung in euch zu leben. Die Welt kennt nichts Größeres als die Beruung zum Christsein. Doch je höherdas Ziel gesteckt ist, desto schwieriger ist seine Verwirklichung. Veranschaulicht euch das großartige Ge-mälde, das uns Gott in der Schöpung des Kosmos und in der Schöpung des Menschen nach Seinem Bilde

und Gleichnis enthüllt. Das, wonach wir au der Suche sind, ist nicht au unser kleines alltägliches Lebenbeschränkt. Wir streben nach der Gemeinschat mit Gott und nach der Erlangung des Lebens in all seinerFülle, mit seinen kosmischen und göttlichen Dimensionen. In unserer geistigen Vision müssen wir das kos-

mische und das göttliche Sein – das Geschaene und das Ungeschaene – in uns selbst vereinen.

"lm Anang war das Wort." Ohne das Wort existiert nichts Geschaenes. ag ür ag machen wir die schmerz-

liche Erahrung eines erbärmlichen Daseins in unserer Leiblichkeit. Und dennoch sind wir nach dem Bilde

Christi, des Absoluten, geschaen. Die Augabe unseres Lebens, oder vielmehr das Mysterium, ist der Über-

gang vom Relativen zum Absoluten. Wenn das Sein von Gott geschaen ist, dann dar es nicht dem ode

 preisgegeben sein. Gott hat das Leben geschaen; Er hat nicht den od erschaen. Unser Ziel ist das Lebenmit Christus, unserem Gott, die eilhabe an der Unsterblichkeit und am ewigen Leben. Gemäß der Gött-

lichen Oenbarung kann uns diese eilhabe an der Ewigkeit Gottes ermöglicht werden. Wir müssen Gott

selbst als Person, das heißt das Erhabenste, zum Ziel unserer ganzen Aumerksamkeit machen, damit wir

ähig werden, unserem zur rägheit neigenden Körper einen stetigen Auschwung zu verleihen.

 Wie können wir unser Heil15 erlangen? Wie können wir unseren Körper unbestechlich machen, wie uns

bereien aus dem Herrschatsbereich der Sünde und der Macht des odes? Diese Sorge um unser Heil muss

in jedem Augenblick unsere vordringlichste Augabe sein, die immer stärker, immer intensiver Wird. Das

Leben ist so kurz, das Ziel so hoch, doch auch so ern. Für die orthodoxe Kirche ist das Heil des Menschen

seine Vergöttlichung.

 Wir müssen lernen, aus dem Quell ewigen Lebens zu leben - aus Gott Selbst. Was bedeutet die Vergöttli-

chung des Menschen? Das bedeutet, so zu leben, wie der Herr Selbst gelebt hat, sich die Gedanken und Ge-

ühle Christi zu eigen zu machen, besonders jene der letzten Stunden Seines irdischen Lebens. 16

Nach dem Sündenall ist der Mensch zum Kampplatz zwischen Gott und Seinem Widersacher geworden.

Der Same, den Satan in das Herz und in den Intellekt17 Adams gestreut hat - die Idee, Gott zu werden ohne

Gott - hat unser gesamtes Sein so tie durchdrungen, dass wir ununterbrochen dem Herrschatsbereich der

Sünde ausgesetzt sind.

15 Für Vater Soronij ist das Heil des Menschen gleichbedeutend mit seiner Vergöttlichung, denn erst wenn der Mensch dieseVollendung erreicht hat, ist er wirklich gerettet.

16 Im Originaltext - "derniers moments"; gemeint ist: Abendmahl, Gethsemane, Golgatha.

17 Der Intellekt (griech. tioo) ist die höchste Fähigkeit im Menschen, durch welche er, unter der Voraussetzung, dass er gereinigt ist, Gott durch unmittelbares geistiges Verständnis oder unmittelbare geistige Wahrnehmung erkennen kann. Der Sitz des Intellekts

ist in der iee der Seele (Isaak der Syrer) und macht die tieste, geheimste Stelle des Herzens aus (hl. Diadochus). Daher wird der In-tellekt auch das Organ der Kontemplation, das "Auge des Herzens" genannt (hI. Makarios der Große). Der Begri des Intellekts musssorgältig unterschieden werden von dem der Vernunt (lat. ratio). Die Vernunt ist die diskursive, konzeptbildende logische Fähigkeit im Menschen. Augrund von atsachen, Oenbarungen oder geistiger Erkenntnis kann die Vernunt logische Schlüsse ziehen. Das Er-kenntnisniveau der Vernunt ist jedoch weitaus niedriger als das des Intellekts.

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Mit unserer Geburt werden wir die Erben Adams. Wir können so weit kommen, dass wir den Zustand der

Sünde, die eine urchtbare Abkehr von der Liebe des Himmlischen Vaters ist, als einzige Realität unseres

menschlichen Daseins leben. Wir leben eingetaucht in der Atmosphäre und in dem Kult der Welt nach dem

Fall. Wir leben leicht dahin, und allzu ot schämen wir uns, unseren Glauben zu bekennen, zu sagen, dass

 wir Christen sind.

Setzt nicht zu viel Vertrauen in die höhere Bildung, die ihr in der Welt erworben habt.

Die Zivilisation, in der wir leben, ist eine Kultur des Falles.

Nach zwei Weltkriegen - und die Kriege sind die Sünde im eigentlichen Sinne - hat die modeme Welt die

Gnade des Heiligen Geistes verloren. Doch ohne den Heiligen Geist ist es unmöglich, die Gottheit Christi zu

begreien. Zu glauben, dass dieser Mensch - wahrhat ein Mensch - der Schöper des Weltalls ist, geht über

unser Fassungsvermögen hinaus. Vielen Menschen unserer Zeit, besonders den Wissenschatlern,. mangelt

der Glaube, dass Gott Selbst Fleisch geworden ist, dass Er uns zu einem Leben mit Ihm in Ewigkeit beruen

hat.

 Was bedeutet das Heil? Ist der leibliche od die Vorbedingung ür den Übergang in das Reich Christi? Wie

können wir unsere Fähigkeit entalten, gemäß den Geboten Christi, im Sinne des Heiligen Geistes zu leben?

Nur eines ist wichtig: Die Spannung des immerwährenden Gebetes und der Reue zu wahren. Dann wird der

od kein Bruch sein, sondern ein Übergang in das Königreich Gottes, worau wir uns ständig vorbereiten

durch die eilhabe am Leib und am Blut Christi, durch das Gebet und durch die Anruung Seines Namens:

"Herr, Jesus Christus, unser Gott, habe erbarmen mit uns und mit Deiner ganzen Welt.

"Ich erwarte die Auerstehung der oten und das Leben der zuküntigen Welt." Was bedeutet dieser letzte

Satz des Glaubensbekenntnisses? Den Gedanken an ein ewiges Leben können wir nur ertragen, wenn diese

Ewigkeit bereits jetzt in unser Leben hineinwirkt.

Gott hat nicht den od erschaen. Wenn Gott - wie Christus sagt - wirklich der Gott Abrahams, Isaaks und

 Jakobs ist, dann sind diese nicht tot. Für Gott sind sie alle lebendig.

 Akedia' (griech.) bedeutet: ,Abwesenheit der Sorge um das Heil'. Bis au ganz wenige Ausnahmen lebt die

gesamte Menschheit im Zustand der Akedie. Die Menschen sind ihrem Seelenheil gegenüber gleichgültiggeworden. Sie suchen nicht nach dem göttlichen Leben. Ihre Lebensorm beschränkt sich au die Bedürnis-

se des Körpers, die alltäglichen Notwendigkeiten, die Leidenschaten der Welt und au Routinehandlungen.

Doch Gott hat uns aus dem Nichts geschaen, als das Ebenbild des Absoluten und als Sein Gleichnis. Ist

diese Oenbarung wahr, dann ist die Abwesenheit der Sorge um das Heil nichts anderes als der od der

Person.

Die Verzweifung ist der Ausdruck des Verlustes des Bewusstseins, dass Gott uns das ewige Leben schenken

 will. Die Welt lebt im Zustand der Verzweifung. Die Menschen haben sich selbst zum ode verurteilt. Wir

müssen den Kamp mit der Akedie ühren, Kop an Kop.

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Das weltliche Leben dreht sich um bestimmte menschliche Leidenschaten18, und das geistige Leben ist völ-

lig an den Rand gedrängt. Wir müssen diesen Zustand umkehren und das geistige Leben zur Mitte unseres

Lebens werden lassen.

Die Weisheit dieser Welt kann die Welt nicht retten. Parlamente, Regierungen, umassende Organisationen

moderner, hochentwickelter Staaten der Erde sind ohnmächtig. Die Menschheit leidet ohne Ende. Der ein-zige Ausweg besteht darin, in uns selbst die Weisheit zu nden und den Entschluss zu assen, nicht gemäß

den Vorstellungen dieser Welt zu leben, sondern Christus zu olgen.

 Wie können wir unseren Weg nden? Gemäß dem Evangelium ist Christus unser Weg.

 Wesentlich ist das Bewusstsein, dass Christus Gott ist. Wer Ihn liebt, wird Ihm in alle Ewigkeit nahe sein, wo

immer Er ist.

 Wo ist unser Geist? Wollen wir mit Christus sein, mit dem Wort Gottes, in den der Vater alles gelegt hat, wasEr Selbst seit Urbeginn ist, dann müssen wir Ihn als Gott-Menschen anerkennen. Erkennen wir Ihn als Gott,

ist Er vollkommener Gott. Betrachten wir Ihn als Menschen, ist Er vollkommener Mensch. Weisheit, Demut,

Leben, ewiges Licht, all dies ist in Ihm.

 Jeder Schritt in unserem Leben ist untrennbar mit den undamentalen Dogmen unseres glaubens verbun-

den.

So wie Christus in Gethsemane und au Golgatha ununterbrochen in Gedanken an den Vater lebte, so müs-

sen auch wir in jedem Augenblick in Gedanken an Gott leben -jedoch vielmehr durch Christus als durch den

 Vater. Denn durch den Sohn kommen wir zum Vater. Dadurch wird das Leben christozentrisch.

Das Einzige, was uns anzieht, ist Christus, Seine Person. Wir müssen Christus - das Maß alles Göttlichen

und Menschlichen - in uns verwirklichen. In Christus haben wir Gott, unseren Schöper. In Christus haben

 wir das Vorbild, die Oenbarung des Planes Gottes vom Menschen. Immerwährend muss die Liebe Christi

unser Herz erüllen. Leben in Gott erreichen wir nicht durch intellektuelles Denken. Gott oenbart sich in

uns durch Sein Wirken. Wir leben Christus als unser eigenes Leben, nicht als jemanden, den wir von außen

her kennen.

Christus hat gesagt: "Ich bin der Weg." Wenn Er der Weg ist, müssen wir Ihm olgen - nicht äußerlich, sondern

innerlich. Vergegenwärtigen wir uns, dass Er au Golgatha und in Gethsemane kämpte - gegen alle. Allein.

Zuweilen, wenn Die Liebe Christi uns berührt, spüren wir die Dimension des Ewigen. Dies können wir nicht

mit dem Verstand begreien. Gott wirkt au eine Weise, die Ihm eigen ist und sich unserem Verstand ent-

zieht. In unserem Leben als Christen düren wir nicht allzu logisch sein.

18 Es gibt zwei grundverschiedene Ansichten über die Leidenschaten bei den griechischen Vätern: Die einen (z. B. der hl. Johan-

nes Klimakos) behaupten, dass sie nicht etwas von Gott Geschaenes sind, sondern übel an sich, eine Krankheit der Seele, die die Seelebeherrschen (wie z. B die Leidenschaten des Ärgers oder der Sucht). Andere griechische Väter sehen die Leidenschaten Als Impulse,die Ursprünglich von Gott in den Menschen gelegt worden und daher grundsätzlich gut seien, in ihrer gegenwärtigen Form jedochdurch die Sünde verborgen seien. Sie müssten daher Ziel der Erziehung, nicht der Ausrottung sein, das heißt, sie müssten umgewandelt (oder positiv genutzt) und nicht unterdrückt werden. Evagrios Pontikos (345-399 n. Chr.) beschreibt acht Hauptormen der Leiden-schaten, denen jeder Mensch ausgesetzt ist: Fresssucht, Unzucht, Gier, Zorn, Kummer, Überdruss, Ruhmsucht und Hochmut.

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Es gibt "äußere" Kriterien, die uns erlauben, unsere Enternung von Gott zu messen: Folgen wir dem Wort

des Evangeliums? Haben wir das Maß der Vollkommenheit erreicht, das heißt die Liebe ür die ganze Welt,

ohne zwischen Freunden und Feinden zu unterscheiden?

Es gibt keinen Unterschied zwischen den Geboten Christi und dem Leben Gottes Selbst.

 Wenn wir in Seinen Geboten bleiben, werden wir au natürliche Weise Christus gleich.

 Wie können wir einen ganzen ag ohne Sünde, das heißt au heilige Weise leben? Das ist unser tägliches

Problem. Wie können wir unser ganzes Sein, unsere Gedanken, unsere Geühle, ja sogar unsere physischen

Regungen umwandeln, damit wir uns nicht versündigen gegen unseren himmlischen Vater, gegen Christus,

den Heiligen Geist, die menschliche Person, unseren Bruder und gegen alles in unserem Leben?

"Herr, würdige uns, diesen ag ohne Sünde zu leben." Dieses Gebet der Kirche habe ich euch ot wiederholt.

Das Leben ohne Sünde au Erden önet uns die ore des Himmels. Es ist nicht der intellektuelle Reichtum,der die Person rettet. Es ist das Leben ohne Sünde, das uns au das Leben mit Gott im zuküntigen Zeitalter 19 

 vorbereitet. Die Gnade des Heiligen Geistes lehrt uns die Wirklichkeit des Ewigen Lebens in dem Maße, wie

 wir olgende Gebote leben: Liebe Gott deinen Schöper mit deinem ganzen Wesen und liebe deinen Nächs-

ten wie dich selbst. Ja, bewahret allezeit diese Gebote!

 Verharret im Gebet, haltet aus im ständigen Bemühen, lebt einen ag ohne Sünde. Alles Übrige wird von

Gott Selbst gegeben werden.

Um die Gnade des Heiligen Geistes zu bewahren, müssen wir uns jeglichen Gedankens enthalten, der Gott

nicht wohlgeallig ist - so empehlt es uns der Starez Siluan.

Das ist unser Bemühen. Das ist unsere Kultur. Und da es sich um das Ewige Heil dreht, nimmt dieses Bemü-

hen niemals ein Ende. Wieder und wieder beginnen, immer von neuem.

 Wir können das Bild Christi in uns nur verwirklichen, wenn wir wahrhat eins miteinander sind, wie Chris-

tus es von Seinen Jüngern verlangte: Liebet einander, damit die Welt erkenne, dass ihr aus Christus seid.

"Das Leben der anderen hat ür mich mehr Wert als mein eigenes Leben, ja sogar mehr als ich selbst." Wennihr dies begrien habt, wird es keinen Konfikt mehr unter euch geben. Die Lösung eines Problems oder

Konfiktes hängt weder von einer Organisation noch von einer Verhaltensweise ab, sondern von unserer

Entschiedenheit, alles zu ertragen. Ein jeder von uns muss ür die anderen die Liebe einer Mutter in sich

hegen.

 Wir müssen äußerst empndsam werden ür die Bedürnisse der anderen. Dann werden wir eins miteinan-

der sein, und der Segen Gottes wird immerdar au uns ruhen - im Überfuss.

19 Es ist die Zeit der Erüllung in der Ewigkeit (eschatologischesZeitalter).

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 Wir müssen das Bewusstsein Christi haben, der die ganze Welt in Sich trägt; hierin besteht die Universalität

der menschlichen Person. Das Wort Christi macht nirgendwo Halt, es ist ohne Grenzen. Im Glaubensbe-

kenntnis erklären wir, dass Christus der wahre Gott, der Retter des Universums, der Schöper der Welt ist,

"durch den alles geschaen ist". Wie können wir uns im Bewusstsein solcher Oenbarung noch au Fragen

 von Nationalität, Ort und Epoche einlassen?

Ich kenne keinen griechischen, russischen, englischen, arabischen Christus ... Für mich ist Christus allum-

assend, das suprakosmische Sein. In der Heiligen Schrit wird wiederholt gesagt, dass Christus ür die ganze

 Welt gestorben ist, ür die Sünden der ganzen Welt. Sobald wir die Person Christi begrenzen, sobald wir sie

au die Ebene der Nationalitäten herabsetzen, verlieren wir alles und allen in die Finsternis. Damit ist der

 Weg geönet ür den Hass zwischen den Nationen, ür die Feindseligkeit zwischen den Gesellschatsgrup-

 pen ...

Lest den heiligen Siluan. Für ihn hat jeder in der Welt seine Rolle: Der eine ist König, ein anderer Patriarch,

Lehrer oder gar Arbeiter. Dies ist nicht von Bedeutung. Ob König oder Arbeiter, das machte ür Siluan kei-nerlei Unterschied. Denn wer Christus liebt, wer die Geühle, die in Jesus Christus waren, zu seinen eigenen

macht und sie in sich trägt, lebt die Welt als Adam, betet ür den ganzen Adam. Dies ist das wahre Christen-

tum.

Christus ist der unendliche Gott. Er ist nicht nur ür die Gläubigen gekreuzigt worden, sondern ür alle, von

 Adam bis zum letzten Menschen, der von einer Frau geboren wird. Christus zu olgen bedeutet, zu leiden ür

die Heilung und die Rettung der gesamten Menschheit. Es kann gar nicht anders sein.

Den Nächsten lieben wie uns selbst, gemäß den Geboten Christi leben, dies ührt uns in den Garten Gethse-

mane, wo Christus ür die gesamte Welt betete.

"Liebe deinen Nächsten wie dich selbst." Es war mir gegeben, den Sinn dieses Gebotes in der Gestalt eines

gigantischen kosmischen Baumes zu begreien , dessen Wurzel Adam ist. Ich selber bin nur ein Blättchen an

einem Ast dieses Baumes. Doch dieser Baum ist mir nicht remd; er ist mein Fundament. Ich gehöre ihm an.

Für die ganze Welt zu beten bedeutet, ür diesen Baum in seiner Gesamtheit, mit seinen Milliarden Blättern

zu beten.

Christus zu olgen bedeutet, sich dem Bewusstsein Christi Selbst zu önen, der die gesamte Menschheit, die

Gesamtheit des Baumes, ohne Ausnahme eines einzigen Blattes in sich trägt. Wenn wir dieses Bewusstsein

erlangen, beten wir ür alle wie ür uns selbst.

 Wenn wir zum Ebenbild Christi werden, räger sowohl der gesamten Menschheit als auch Gottes, wird un-

ser "Ich" Ebenbild des Absoluten sein. Wenn auch in mikroskopischer Dimension, aber doch wahrhat

Ebenbild des Absoluten.

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Reue und Umkehr sind eine persönliche Angelegenheit, doch unsere Leidenschaten sind auch die gleichen,

die die Welt beherrschen. Das zeigt, dass das, was wir leben, nicht vom kosmischen Leben getrennt ist. Nach

und nach, au natürliche Weise, beginnen wir, unseren Zustand als Abbild des Zustandes der gesamten

Menschheit zu leben. Wir beginnen, unser Leben zu leben wie durch die Augen Gottes, in einer allumassen-

den Weise. Durch unsere Reue erleben wir nicht nur unser persönliches Drama, sondern auch die ragödie

der gesamten Menschheit, das Drama ihrer Geschichte seit Beginn der Zeit. .

In Christus weitet sich unser Bewusstsein, unser Leben wird ohne Grenzen. In dem Gebot „liebe deinen

Nächsten wie dich selbst" muss man das "wie dich selbst" so verstehen: Jeder Mensch, der "ganze Adam", ist

mein Sein.

Das Königreich Christi, schreibt der heilige Siluan, besteht darin, das ganze Universum und Gott den Schöp-

er Selbst in unserem Herzen zu tragen. Wenn ihr betet, betet ür alle und ür jeden Einzelnen. Und ügt

hinzu: ,,Durch ihre Gebete, durch sein Gebet habe auch Erbarmen mit mir." Au diese Weise weitet sich euer

Bewusstsein immer mehr. ,,Liebet eure Feinde." Ja, das ist schwer. Ja, das ist schmerzhat. Doch die ethischeSchönheit Christi zieht uns in einem Maße an, dass wir bereit sind, alle Prüungen zu ertragen, weil wir die

Gewissheit haben, dadurch in Seinem Geiste erhöht zu werden. Es gibt keine andere Wahl.

Christus hat Sein göttliches Leben denen gegeben, die nach Seinem Ebenbilde geschaen sind, doch als

einzige Antwort hat Er nur Hass erhalten. Was sehen wir heute, nach zweitausend Jahren Christentum? Die

modeme Welt verliert Christus, das ewige Leben, immer mehr. iee Finsternis der sündhaten Leidenscha-

ten, Hass, Herrschsucht, Kriege aller Arten prägen unser irdisches Dasein. In dieser Situation gibt Christus

denen, die sich entscheiden, Ihm zu olgen, dieses Gebot:“ Liebet eure Feinde.“ Warum hat die Welt vor

einem solchen Gott Angst? Kann man ein besseres Lebensprinzip als dieses nden: Segnet, die euch verfu-

chen, liebet eure Feinde?

Man kann nicht lieben, ohne zu leiden. Der größte Schmerz ist es, bis zum Ende zu lieben. Christus hat in

solchem Maße geliebt, dass Er sich einem ürchterlichen ode ausgelieert hat. Ebenso die Heiligen. Para-

dies und Hölle haben immer diesen Preis. Das Gebet ür die Welt ist die Frucht eines äußerst tieen und

intensiven Leidens.

Christus au dem Weg zum Berge Golgatha zu olgen. Dieser Austieg ist nichts anderes als der Kamp, denChristus in Seiner Liebe ür die ganze Welt ührte. Wenn sich der Kamp lediglich au der Ebene der dies-

seitigen Welt und der Leidenschaten abspielt, dann erschöpen sich die Menschen und altem sehr schnell.

 Wenn das Leiden hingegen vom Kamp gegen die Leidenschaten herrührt, der im Geiste Christi geührt

 wird,· dann werden die Menschen wiedergeboren.

Nichts ist schmerzhater, als die Liebe Christi in sich zu haben und mit dieser Liebe in der Welt zu leben. Das

ist ein Kamp von kosmischen Dimensionen. Wie gelangt man zu Gott? Wenn man sein ganzes Wesen au 

dieses eine Ziel hin ausgerichtet hat, wird alles Übrige zu einer Quelle von Leid und Schmerz. Doch dieses

Kreuz trägt man in aller Stille.

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So sieht das Paradoxon christlichen Lebens aus: Indem wir das Leiden Christi ür die Welt wählen, ühlen

 wir größere Nähe zu Ihm und zum ewigen Leben.

 Wenn wir uns entscheiden, Christus zu olgen, wird jeder ag unseres Lebens ein ag des Leidens, der rä-

nen, der Schmerzen. Zuweilen taucht diese Frageau: "Herr, warum hast Du uns so geschaen, dass wir

durch so viel Leiden gehen müssen?" Es gelingt uns einach nicht zu verstehen, dass diese negative Erah-rung der Weg zum Heil sein soll.

Das Dasein au Erden bedeutet ür den Menschen ein Leiden ohne Ende. Warum ertragen wir all dies? Weil

der Schöper gekommen ist und unter uns gewohnt hat. Und nun kennen wir Ihn persönlich.

 Wir sind nach dem ,,Ebenbild und Gleichnis Gottes" geschaen. Wenn wir die Realität unseres täglichen

Lebens an dieser göttlichen Oenbarung messen, geraten wir in Verzweifung. Warum ist es so schwierig, im

Hier und Jetzt als Christ zu handeln? Weil es um das göttliche, ewige Leben geht. Welches Verhältnis besteht

ür uns, die wir aus dem Nichts geschaen sind, zwischen unserer Nichtigkeit, unserer Armseligkeit unddem so erhabenen unendlichen Ziel?

Der Kamp um das Heil kann manchmal sehr einach, manchmal sehr kompliziert sein, jenseits aller

menschlichen Krat.

Gewiss ist es besser nicht zu sündigen. Doch wenn die Reue zur Flamme wird, kann sie jeglichen Verlust

 wieder gutmachen.

Wir müssen den Geist der Reue während unseres ganzen Lebens aurechterhalten, bis ans Ende. Die Reue

ist das Fundament allen asketischen und geistigen Lebens. Das Gespür, die Intuition ür das, was Sünde ist,

können so stark in uns werden, dass sie tatsächlich eine tiee Reue in uns bewirken.

 Wir können ür Stunden, Wochen, Jahre weinen, bis unser Wesen gänzlich durch das Wort Christi, durch

Seine Gebote, und vor allem durch die Gnade des Heiligen Geistes erneuert ist. Diese Umwandlung unseres

 Wesens - nach dem Fall Adams - verlangt große Anstrengungen. Und viel Zeit.

Die Reue nimmt kein Ende au Erden, weil das Ende der Reue bedeuten würde, dass wir in allem Christusgleich geworden sind. Der geringste Unterschied zwischen Christus und uns verlangt nach einer tiegehen-

den Reue: ,,Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, habe Erbarmen mit uns." Diese Worte drücken die Distanz aus,

die wir zwischen Ihm, dem absoluten und ewigen Sein, und uns selbst empnden. "Wenn wir nicht wirklich

in allem dem Herrn ähnlich sind, wie können wir dann ewig bei Ihm sein?" Diese Frage stellt sich der heilige

Symeon der Neue Teologe. Für ihn wie ach ür uns ist das unmöglich. Uns bleibt nur die Geduld.

Die Menschen können nicht aus sich selbst heraus verstehen, wann sie sündigen und wann nicht. Einzig der

Herr und der Heilige Geist können dies oenbaren. Im Paradies, als Jesus Christus mit Adam sprach, stritt

dieser die Anklage ab: "Du bist es doch, der mir diese Frau gegeben hat, und sie ist es, die mir diese Frucht zukosten gab." Geben wir uns doch alle Mühe, nicht Gott anzuklagen.

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 Versuchen wir, in den kleinen Dingen und einachen Handlungen olgende innere Haltung einzunehmen:

,,Ich widersage dem Willen meines ,geallenen' Blutes. Ich will, dass in meinen Adern das Leben Gottes

Selbst fießt."

 Wenn ich die Existenz Gottes anerkenne, dann weiß ich, dass alle Fehler von mir und nicht von Ihm herrüh-

ren. Wenn ich eine solche Einstellung bewahre, wird Gott mir den Geist der Reue geben.

 Wenn wir Christus sehen, wie Er ist, beginnen wir, uns selbst zu sehen und wahrzunehmen, welch große

und erbärmliche Sünder wir sind. Und wir beginnen, bitterlich über uns selbst zu weinen. Diese reuevollen

ränen werden zur Quelle unserer Liebe ür die ganze Welt. Dann hört jede Spaltung au, und wir sind alle

eins in Christus.

 Allein das göttliche Licht lässt uns, wenn es uns Erleuchtet, unsere Sünden erkennen. Durch das Gebet be-

greit unser Herz allmählich den Einfuss der Geister, die den kosmischen Raum üllen. Anstatt Fortschritte

zu machen, nehmen wir mit immer klarerer Schäre die Leidenschaten wahr, die uns beherrschen. Parado- xerweise ist gerade dieses Geühl des Nicht-Fortschreitens ein Fortschritt. Selbst wenn wir das Ungescha-

ene Licht Gottes noch nicht erblickt haben, ist es doch gerade dieses Licht, durch das wir unsere Sünden

sehen.

Das reine Gebet kann man nur durch Reue erlangen. Indem wir bereuen, das heißt uns von aller sündhaten

Leidenschat reinigen, werden wir nach und nach ähig, in das göttliche Licht einzutreten.

Der Weg zur Erkenntnis Gottes ührt vor allem über den Glauben, die Liebe Christi und die Reue. Möge Gott

euch allen den Geist der Reue geben. Weint über eure Verehlungen, weint, damit euer Herz nicht ausdorrt.

Der tiegreiendste und radikalste Weg ist es, Gott gegenüber stets das Geühl unserer Unzulänglichkeit zu

 wahren. Wir gelangen dann in einen Zustand ständiger Spannung zwischen der Selbstverdammung und der

Liebe Christi, der Reue und der Honung au das Erbarmen Gottes. Einerseits leben wir in dem Schmerz,

so weit von Gott, den wir lieben, enternt zu sein; andererseits wirken dieses Leid und diese Liebe wie ein

inneres Feuer und drängen uns mit aller Krat Gott entgegen. Diese Spannung hat ihren stärksten Ausdruck 

in dem Wort geunden, das Christus Starez Siluan gab: ,,Bewahre deinen Geist in der Hölle und verzweife

nicht." Dieses Wort kann Furcht, Angst und Panik auslösen, aber es dar uns nicht erdrücken. Es bildet das wesentliche Prinzip unseres Lebens in Christus.

 Wie kann man sich ständig im "Feuer" der Hölle und der Leidenschaten bemden und gleichzeitig vom Hei-

ligen Geist das Geühl empangen, von Ihm erlöst zu werden? Der innere Zustand Christi au Golgatha gibt

uns Auschluss. Zuerst sagt er zu dem Räuber: "Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein." Später stößt

er den Schrei aus: "Warum hast Du mich verlassen?" Diese bei den Seinszustände bilden eine Einheit. In sei-

nen verschiedenen Formen ist dieser Zustand Christi au Golgatha im Menschen ständig gegenwärtig und

 verwandelt den gesamten Inhalt seines Lebens. "Freuet euch mit denen, die in der Freude sind, und weint

mit den Weinenden", sagt der Apostel Paulus. Für uns sind diese Worte unverständlich.

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Man dar nicht behaupten, dass sich die Erahrungen der Heiligen - Siluan, Isaak der Syrer, Symeon der Neue

Teologe, Gregor Palamas oder Seraphim von Sarov - wiederholen. Im geistigen Leben gibt es keine exak-

ten, identischen Wiederholungen, sondern nur eine Analogie im Geiste, in der Spannung, die die Formel

andeutet:“Bewahre deinen Geist in der Hölle und verzweife nicht.“

Niemals dar man sich mit anderen vergleichen. Jeder von uns, so klein er auch sein mag, ist groß vor demEwigen. Gott baut mit jedem Menschen eine herzliche und einmalige Beziehung au.

 Warum sind die Konsequenzen von Adams Ungehorsam so katastrophal? Warum nimmt das geistige Leben

in Christus in dieser Welt die tragische Form eines Ringkampes mit dem ode an? Warum ist die Schöpung

Gottes an diese Negation, an den od, an diesen Kamp voller Leiden gebunden? Warum ührt die Schöp-

ung nicht au harmonische Weise zur Vollendung des Menschen als Ebenbild Gottes? Warum muss ich

gegen Dinge kämpen, die mich töten, ohne dass ich die Krat dazu habe? Ich verstehe nicht. Mein Wissen

oder meine Unwissenheit um viele Dinge ist eng verbunden mit dem Maß, in dem Christus und der Heilige

Geist ür mich die Lösung aller Probleme sind, die mich übersteigen. Christus ist das Fundament meinesLebens. Seine Weise zu handeln zieht mich an. Ich begreie nicht, was Er gesagt hat, aber das, was Er gesagt

hat, genügt mir. Ich werde verstehen, wenn ich von dieser Welt in die jenseitige hinübergehe.

 Warum sind Gethsemane und Golgatha notwendig ür das Heil der Welt? Der Konfikt Christi mit der Welt

ist absolut unbegreifich. Wenn wir die Leiden von Millionen von Menschen sehen, können wir nicht gleich-

gültig bleiben. Wie können wir ihnen dienlich sein? Aus christlicher Sicht ist diese ragödie au Erden die

Folge des Ungehorsams. Adam strebte nach dem Zustand der Vergottung, dem ewigen Leben, indem er das

Band mit seinem himmlischen Vater und Schöper zerriss. Christus als Mensch war der erste in der Ge-

schichte der Menschheit, der den Berg Golgatha erstiegen hat. Er hat den allerschmerzvollsten od gewählt,

um diesen Fluch zu brechen. Sich zu entscheiden, Christus zu olgen, bedeutet, sich dem Leiden auszulie-

ern. Das ist unvermeidlich! Insoern wir seit Erschaung der Welt eine Zelle des großen Leibes der gesam-

ten Menschheit sind und das kosmische Leben durch uns fießt, leben wir die ragödie der Menschheit als

unsere eigene ragödie.

 Wenn wir das Evangelium lesen, erstaunen uns die Reaktionen Christi au alles, was rund um Ihn geschieht.

 Als Judas sich aumacht, um Ihn zu verraten, sagt Er: ,,Nun ist der Menschensohn verherrlicht." In jeder

Liturgie eiern wir diesen Augenblick und wiederholen ihn in unserem Bewusstsein. Wenn eine eindliche,gegnerische oder militärische Macht uns ergrie, um uns zu töten, wären dann auch wir imstande zu sagen:

"Nun werde ich verherrlicht, und Gott wird durch mich verherrlicht?" Ihr alle kennt diese Geschichte; sie ist

der eigentliche Inhalt unseres täglichen Lebens.

Es gibt viele sehr subtile und Interessante Aspekte im geistigen Leben. Aber wir können ihrer beraubt wer-

den, wenn wir in den äußeren Schwierigkeiten steckenbleiben. Um unser Leben zu ändern, bedüren wir

einer Askese; wir müssen lernen, unseren Geist von den banalen niederen Dingen und den Leidenschaten

 weg und zu Gott hin zu lenken. Au diese Weise kann unser Leben sehr interessant werden, selbst wenn es

stets mit schmerzhater Anstrengung verbunden ist. Wir düren keineswegs versuchen, uns diesem Schmerzzu entziehen. Lebt ihn! Gerade dadurch drücken wir unser Verlangen aus, Christus zu olgen.

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Es ist sehr schwierig zum Ausdruck zu bringen, was dies bedeutet: "Nehmt euer Kreuz au euch und olget

mir nach." Wenn wir Christus wählen, müssen wir uns bewusst machen, dass es um die Liebe des Vaters, die

Liebe des Sohnes, die Liebe des Heiligen Geistes in dieser Welt voller Leiden geht. Wenn es keine Auerste-

hung gibt, sind die Christen die unglückseligsten Menschen der Welt, sagt der heilige Paulus. Warum? Weil

die Liebe Christi in dieser Welt immer gekreuzigt wird. Unser Leben wird ein unauhörliches Leiden sein, bis

die Welt als Ganzes errettet sein wird.

 Weil Gott Liebe ist, werden wir Christen, und nicht, weil dies uns eine irdische Karriere erleichtert. In un-

serem Leben als Christen sind wir einzig glücklich wegen Christus, wegen des Bewusstseins, dass Er die

 wahrheit ist, und aus keinem anderen Grunde.

Ein Besucher des Berges Athos richtete einst olgende Frage an mehrere Starzen: "Was ist das Wichtigste in

unserem Leben?" Jedesmal erhielt er die gleiche Antwort: "Es ist die Liebe Gottes - Gott zu lieben und seinen

Nächsten zu lieben." Und er bemerkte: "Ich habe keine Liebe, weder ür das Gebet, noch ür Gott, noch ür

die anderen. Was soll ich tun?" Da beschloss er bei sich selbst: "Ich werde so tun, als ob ich diese Liebe hätte."Dreißig Jahre später schenkte ihm der Heilige Geist die Gnade der Liebe.

Unvermeidlich werden wir Stunden, Wochen, sogar Jahre durchleben, ohne das Wirken des Geistes in uns

 wahrzunehmen. Dies sind wichtige Zeitspannen, in denen wir die Gelegenheit haben, die reue unserer

Liebe zu Christus zu beweisen. Selbst wenn wir das Wirken der Gnade nicht wahrnehmen, müssen wir so

leben, als wohne der Heilige Geist in uns. Starez Siluan war der Ansicht, dass, wenn wir die Gebote Gottes

treu halten, sich einst die Zeit erüllen wird, da die Gnade sich oenbart und immer in uns bleiben wird. Es

ist also nicht vonnöten, sich zu übereilen. Manche Väter vorn Berg Athos haben erst nach vierzig Jahren des

Kampes oder gar erst kurz vor ihrem ode große Gnade empangen und Gott erkannt.

Zu Beginn belehrt uns die Gnade und bewirkt in uns, dass wir gemäß dem Geist der Gebote des Evangeli-

ums handeln Alles ällt leicht. Die stete Anwesenheit des Heiligen Geistes erzeugt in uns ein Wohlwollen

gegenüber den anderen. Dies ist wie eine ganz normale, natürliche Haltung. Aber dies ist nicht von Dauer.

Eines ages verlässt uns die Gnade in dieser ühlbaren Form. Eine zweite, schwierige Phase beginnt, in der

die Frage autaucht: "Wie ist es nur möglich, ohne Gnade zu leben?" Man muss einach so weiterleben, als ob

der Heilige Geist mit uns sei; man muss sich bemühen, die gleiche Lebensorm zu wahren, in der wir durch

die Gnade gewisse Einstellungen unseren Brüdern und Schwestern gegenüber erworben haben. Darin mussman sich Gewalt antun. Ebenso mit dem Gebet. Am Anang ist es wie ein natürlicher Zustand. Das Beten

ällt leicht: Das Gebet quillt spontan aus dem Herzen. Wenn der Heilige Geist uns verlässt, müssen wir uns

zwingen, so zu beten wie zuvor, als wir uns noch im Zustand der Gnade beanden - mit unserem ganzen

Sein, mit unserem ganzen Herzen, mit unserem ganzen Denken und sogar mit unserem ganzen Körper.

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 Wenn wir uns im Geiste au das absolute Sein hin bewegen, erscheint uns dieser Weg unendlich weit. Gott

ist wie der Polarstern. Wie können wir zu diesem Gestirn gelangen, das so viele Lichtjahre von uns enternt

zu sein scheint? Und plötzlich entdecken wir, dass dieser so lange Weg abgekürzt werden kann, dass der

Herr sich in unserer nächsten Nähe bendet und uns anspricht: ,,0 ihr unverständigen Herzen, ihr Langsa-

men im Begreien und Glauben!“ Wie soll man leben, um nicht der äuschung zum Oper zu allen? Wenn

 wir in unserem ganzen SeinGeist, Intellekt, Herz und Körper - zutiest leiden, um keine Sünde zu begehen,so düren wir nur ja nicht glauben, dass wir schon teilhaben am Leiden Christi. Allein Gottes Urteil kann

entscheiden, ob unsere Leiden eilhabe an der Kenose20 Seines Eingeborenen Sohnes sind. Unser Weg ist

es, uns zu demütigen, uns ständig zu erniedrigen; einzig Gott kann uns erheben und uns mit Herrlichkeit

bekleiden.

Ohne Inspiration kann man als Christ nicht leben. Wenn ein wahrer Künstler ag und Nacht durch die Bil-

der seiner Kunst lebt, um wieviel mehr müssen wir dann als Christen achtsam sein. Wir müssen die Bemü-

hungen der Künstler übertreen, um gemäß dem Geist des Evangeliums zu leben.

Das Wichtigste ist jetzt, dass Gott euren Kamp um das Heil inspiriert. Wenn die Inspiration gegeben ist,

erüllt sich unser gesamtes Leben mit Licht und Freude. Dann schenkt man den Kleinigkeiten keine Beach-

tung mehr.

Durch unsere eigene Askese können wir uns nicht vergöttlichen. Die Vergöttlichung wird durch das Inne-

 wohnen Gottes in uns bewirkt und nicht durch unser eigenes Vermögen. Einbildung ist hier eine große

Geahr. Wir müssen äußerst achtsam sein und uns Nicht vormachen, dieses Ziel bende sich im Bereich

unseres eigenen Vermögens. Für Gott hingegen ist alles möglich. Er kann uns in der schwersten Krankheit

ausuchen, wenn wir am allerschwächsten sind.

  20 Kenose bedeutet: sich entleeren, entäußern, gering machen um des Vorteils eines anderen willen. Kenose hat ihre Wurzeln inder Hl. rinität. Vater Soronij charakterisiert die Dynamik der kenotischen Liebe der göttlichen Personen wie olgt: Jede der drei Perso-nen gibt sich selbst in äußerster Liebe mit ihrem ganzen Sein ür die anderen Personen. Jede Person wird durch diese völlige Entleerung ihrer selbst ähig, die andere Person mit ihrem ganzen Sein in sich zu empangen. Durch die selbstlose Hingabe ihrer selbst und dasvöllige Empangen der anderen Person in sich ist es den Personen möglich, ihre eigene Existenz in die andere Person zu übertragen.

 Dies hat zwei entscheidende Folgen ür die Existenz der göttlichen Personen in der rinität: es macht jede Person ür die andere völlig transparent, und die Einheit zwischen den Personen wird unzerbrechlich. Die Menschwerdung Christi (Inkarnation) ist die Form der 

 Kenose des Sohnes Gottes, die er au sich genommen hat, um uns Menschen zu beähigen, wieder ungebrochene eilhabe am göttlichen Leben zu gewinnen. Indem Christus in Seiner göttlichen Person die Menschliche und die öttliche Natur vereint, konnte Er durch Seinekenotische Liebe die göttliche Energie von der göttlichen Natur au die menschliche Natur übertragen. Au diese Weise wurde die Be-dingung ür die Vergöttlichung des Menschen wieder neu geschaen. Durch seine Kenose hat Christus aus Liebe zu uns Menschen und 

um uns zu retten, alle Bedingungen des Menschen als Geschöp, das dem Leiden und dem od unterworen ist, angenommen. Nicht nur Seine Inkarnation, sondern das ganze Leben Christi war eine Kenose, eine ständige demütige Annahme der Bedingungen der Be-

 grenztheit der geallenen Welt und des Menschen. Wenn wir in der Nacholge Christi leben wollen, wird die Kenose zum eil unsereschristlichen Lebens. In dem Maße unserer Nachahmung der kenotischen Liebe der göttlichen Personen wirken wir mit Gott an unserem

 Heil mit, das heißt an unserer Vergöttlichung.

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Das allerhöchste Ziel des Menschen, räger des göttlichen Lebens ohne Anang und. ohne Ende zu werden,

setzt totale Freiheit voraus. Das Alltagsdasein zeigt uns indessen, dass die Welt aus Mangel an Erkenntnis

und Verständnis in einer ragödie ohne Ende lebt. Menschen, die Gott nicht kennen, sind an der Macht und

üben Autorität aus; Millionen Wesen leiden unter ihrer absurden, ausweglosen Situation. Darum müsste

man den Menschen eigentlich die Freiheit wegnehmen. Die göttliche Gabe der Freiheit ist in der at un-

trennbar mit der Erkenntnis des Ewigen verbunden; wir jedoch benden uns in der Finsternis der Unwis-senheit. Dennoch ahrt die Kirche ort, die Notwendigkeit dieser absoluten Freiheit zu verkünden. Denn

 wenn wir au die eine oder andere Weise determiniert sind, existieren wir nicht, und wir können nicht wie

Christus sagen: ,,Ich bin."

Dostojevskij sagte: ,,Alles ist mir erlaubt." Dieser Ausspruch trit ganz und gar im geistigen Sinne zu, aber

nicht ür die Wirklichkeit, in der wir leben. Worin irrt sich Dostojevskij, alls er sich irrt? In seinem Werk 

zitiert er nicht den heiligen Paulus, der sagt: ,,Alles ist mir erlaubt, doch nicht alles ist mir dienlich. Alles

ist mir erlaubt, doch ich dar von nichts Beherscht sein.21 Haben wir diese Unabhängigkeit, diese Krat in

uns? Oensichtlich nicht. Also sind wir der Fähigkeit beraubt, gemäß dieser Gabe der göttlichen Freiheit zuleben. Was tun? Christus ablehnen , den Weg der Welt wählen? Vielleicht, aber dann werden wir in Gleich-

gültigkeit leben und in Gleichgültigkeit sterben, und das Leben verliert seinen Sinn.

 Wie können wir einen Ausweg aus unserem alltäglichen Leben nden? Wie unser Heil aubauen? Ohne die

göttliche Gabe der Freiheit haben wir keine wahre Existenz, doch diese Freiheit übersteigt uns. Sie ist not-

 wendig, doch wir können sie weder begreien noch ertragen. Wie sollen wir leben? Die orthodoxe Askese

gibt uns eine Antwort. Durch sie beginnen wir im Bewusstsein unserer Grenzen und in der Furcht vor Gott

zu leben.

Kämpt ür die Einverleibung jeden Gedankens, der euch inspiriert, und verjagt jeden Gedanken, der euch

tötet, damit ihr den Segen, den Gott euch gegeben hat, nicht verliert.

 Wie können wir unser Wesen von jeglicher Spur der Ursünde reinigen? Das ist der Sinn des asketischen

Lebens. Außerhalb davon gibt es kein Heil.

 Viele Geister sind stärker als wir. Aber wenn wir mit Christus sind, wird es uns gelingen, sie zu besiegen.

Die äußeren Formen der Askese, wie das Einhalten des Fastens, genügen nicht. Wir müssen von Grund au 

neu geboren werden.

 Wie gelingt es uns, keine Angst vor der Großen Fastenzeit zu haben? Zu Beginn meines Auenthaltes au 

dem Berg Athos war die Große Fastenzeit ür mich ein großes Fest: die Zeit der Vorbereitung, die Oenba-

rung unserer Auerstehung zu empangen. Wenn wir die Abstinenz von der Nahrung mit einem inspirie-

renden Gebet willkommen heißen, wird unser Organismus sie nicht nur leicht ertragen, sondern wird auch

manche Krankheit geheilt werden.

  21 1 Kor 10,23

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Diejenigen, die mit einer guten Gesundheit gesegnet sind und sich ür einige Wochen der Nahrung enthal-

ten können, erreichen einen Zustand der Glückseligkeit. Die Leidenschaten sind beruhigt. Ein lebendiges

Geühl von Frieden und von der Anwesenheit Gottes begleiten das Gebet. Es ist ein Unglück, dass es uns

heute vielach an solcher Ausdauer ehlt.

In unserer Zeit ist es unmöglich, die Regeln der Kirche vollständig auzuerlegen. Da ihr alle sehr verschieden voneinander seid, legt euch die Regeln ür das Fasten selbst est.

Der Nachteil genau estgelegter Regeln besteht in der Beruhigung des Gewissens derer, die sie einhalten

können, in der Vermittlung des Geühls, gerettet zu sein. Das ist sehr naiv. Die Pharisäer, die Asketen und

die Teologen des Alten Bundes haben auch Enthaltsamkeit geübt, aber das war nicht ausreichend. Christus

hat gesagt:“ Wenn eure ugend nicht die der Pharisäer übersteigt, könnt ihr nicht gerettet werden.“22

Der heilige Paulus - dieser Genius, ein Geschenk der göttlichen Vorsehung - versichert, dass kein einziges

Gesetz jemals auch nur irgend einen Menschen zur Vollendung geührt hat. Das bedeutet, dass die Regelnder Kirche zu Anang eine Hile sein können. Ist man jedoch von Anang an sich selbst, seiner reien Willens-

entscheidung überlassen, kann man sich etwas verloren vorkommen.

Der Mensch, dem es gelungen ist, über jedes Gesetz erhaben zu sein, hat den Zustand der Vergöttlichung

erreicht. Dies ist gleichbedeutend mit der Erlangung des Heils. Es ist wichtiger, dass man sich jeder Regung

seines Herzens und seines Geistes bewusst ist und Verantwortung daür übernimmt, als eine Regel zu ha-

ben.

Es ist viel schwieriger, ein gewisses Unterscheidungsvermögen zu entwickeln, als sich Regeln auzuerlegen.

Für das tägliche Leben ist es wesentlich, dass wir ständig aumerksam sind ür die Hinweise, die Gott uns

gibt, was wir tun sollen und wie wir es tun sollen. rotz allem können wir uns nicht gänzlich von schlechten

Gedanken bereien; niemand, nicht einmal die Vollkommensten vermögen dies. Wie hoch auch der Grad

der Vollkommenheit sein mag, sie bewahrt keinen Menschen davor, sich zu täuschen. Durch die Erahrung

des geistigen Lebens lernen wir au ganz Einache eise Schwirigkeiten zu überwinden, die uns zuvor noch

erschüttern.

In der Wüste weist Christus die Versuchungen des euels unmittelbar zurück und gibt sogar die

theo'logischen Begründungen seiner Antwort. Das ist eine Lehre ür uns. Jedes Mal, wenn uns ein schlechter

Gedanke kommt, müssen wir ihn unmittelbar zurückweisen und jeden Dialog mit ihm verweigern. Diese

Haltung können wir uns jedoch nur durch sehr lange Askese und durch die Wirkung der Gnade in uns an-

eignen.

  22 Mt 5,20 

8/14/2019 Worte Des Geistes Worte Des Lebens

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 Was bedeutet es, unser Heil auzubauen? Das bedeutet, von all dem, was wir im kosmischen Dasein vor-

nden, das auswählen, was Gott wohlgeällig ist, und uns von dem trennen, was gegen Gott ist. Wenn wir

so handeln, sehen wir, wie sich nach und nach unser Leben verändert. Doch habt Geduld. Natürlich kann

Gott uns in einem Augenblick heimsuchen und uns die Augen ür die Ewigkeit önen. Doch in der Regel ist

dies eine mühsame Arbeit, die mehrere J ahre in Anspruch nimmt und nichts mit einer Hervorbringung der

Einbildungskrat zu tun hat. Lest die Schriten des heiligen Siluan, und ihr werdet erkennen, dass er stets inGott weilte. Dann werdet ihr sein Wort verstehen, dass die Heiligen nicht eine Sekunde ohne Gebet vorüber-

gehen lassen.

''Wie kann man zwischen den Gedanken unterscheiden, die von außen an uns herantreten, und denen, die

unserem Herzen entspringen? Meist ist das Eindringen der dämonischen Energie so subtil, dass wir sie als

etwas von uns selbst Kommendes ansehen. Die geistige Wissenschat, die wir von unseren Vätern ererbt

haben, ist uns eine Hile, doch sie ist nicht ausreichend. Entsteht durch einen Gedanken ein ungutes Geühl,

ein Missbehagen in unserem Herzen, ist dies das Zeichen daür, dass dieser Gedanke vom Widersacher aus-

geht. Dies gilt insbesondere ür die Gedanken der Gotteslästerung. Wenn wir uns über einen Gedanken, den wir in unserem Herzen hegen, nicht erreuen können, wenn wir nicht zurieden sind, ist dies das Zeichen

daür, dass dieser Gedanke nicht von Gott ist, sondern vom Feind, der in uns eindringt.

Es ist sehr schwierig zu unterscheiden zwischen dem, was aus unserem Herzen kommt, und dem, was vom

Einfuss des Widersachers herrührt. Diese Fähigkeit der Unterscheidung lernt man ortschreitend durch

 Askese, durch Kamp gegen die Leidenschaten, die wir als Kinder Adams in uns haben. Nach und nach be-

ginnen wir zu unterscheiden, zu ühlen, dass dieser Gedanke und jene Regung der Seele nicht von Gott sind,

sondern vom Widersacher kommen. Nicht durch Nachdenken, sondern durch Empnden, durch unmittel-

bare Intuition, die äußerst subtil und schwer zu beweisen und immer das Resultat mehrerer Jahre Askese ist.

Gemäß dem heiligen Isaak des Syrers und unserem Vater Siluan hängt das Unterscheidungsvermögen auch

 von der Weise ab, wie der Heilige Geist in unserem Herzen wirkt, von der Erahrung mit der Gnade und der

Erahrung mit den Angrien der Dämonen. Die Verminderung oder der Verlust der Gnade ist das Zeichen,

das ein Gedanke vom Widersacher kommt. Umgekehrt, kommt ein Gedanke von Gott, von einem Engel oder

 vom Heiligen Geist Selbst, macht er uns überglücklich und erülltuns mit einem Frieden ganz besonderer

 Art.

 Am besten ist es, den Gedanken überhaupt keine Beachtung zu schenken, sich ganz und gar in dasGebet zu versenken und mit Gott durch unser Gebet zu sprechen.

Es gibt verschiedene Weisen, au schlechte Gedanken zu reagieren und unseren Geist von allen leidenschat-

lichen oder gotteslästerlichen Gedanken zu bereien. Die erste, anempohlen von den Vätern der Kirche, ist

die Reue. Die zweite besteht darin, unsere Aumerksamkeit und unser inneres Wesen au etwas anderes zu

lenken. Wenn sich dieses Interesse ür etwas anderes verstärkt, schenkt der Widersacher uns keine Beach-

tung mehr und verlässt uns.

 Wenn die Leidenschaten stark sind und wenn ein schrecklicher, triebhater, sündiger Gedanke nicht vonuns lassen will, bleibt uns nur noch der Kamp unter ränen, solange bis dieser böse Geist uns verlässt.

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Unser Intellekt bendet sich im ständigen Kamp mit dem des Widersachers. Um unser Leben auzubauen,

ist diese Haltung unauhörlichen Kampes notwendig. Denn wenn wir schlaen, lassen wir den Widersacher,

der sich niemals der Ruhe hingibt, ungehindert sein Werk treiben, und wir riskieren unser Heil zu verlie-

ren.

 Wachsamkeit. Dies ist es, womit wir beginnen müssen, um möglichst nichts außerhalb Gottes· zu tun.

Die Welt, in der wir heute leben, hat einen dynamischeren Rhythmus als rüher. Doch je mehr Aktivität in

der Welt ist, desto schwieriger wird es, ein christliches Bewusstsein zu bewahren. Von allen Seiten werden

 wir angegrien, von Ideen aller Art, die das Äußere unseres Lebens in Unruhe versetzen. In den Stürmen

unserer Zeit heißt es, stets wachsam zu sein.

Dies lege ich euch dringlichst ans Herz: Hört au das Wort des Evangeliums, seid wachsam und bleibt nicht

länger unmündig.

Lasst uns diese Aumerksamkeit bewahren, die unseren Körper in permanenter Spannung hält. Dank dieserSpannung können wir sogar im Schla das Ziel unseres Lebens geistig bewusst halten. Das Gebet kann selbst

bis in jene Schicht dringen, die die Psychologen das Unterbewusstsein nennen. Ein wahrer Asket hat sich

immer unter Kontrolle, selbst im Schla. Wenn schlechte Gedanken autauchen, steht er au und betet. Au 

diese Weise wird das Bewusstsein allmählich alles erleuchten, was wir im täglichen Leben tun.

Lasst euch nicht durch die Dinge dieser Welt zerstreuen. Sammelt all eure Energie und setzt sie ür ein Le-

ben ein, das dem Geist des Evangeliums entspricht.

 

 Wachen wir über unseren Intellekt, damit er nicht durch die Außenwelt abgelenkt wird. Ohne asketische

 Anstrengung kann unser Intellekt niemals ständig in Gott verweilen. Bereits in diesem Leben müssen wir

lernen, in Gott zu bleiben, so wie unser Geist nach dem od in Gottes Gegenwart lebt.

 Wenn wir von der Anwesenheit Gottes in unserem Geiste sprechen, bedeutet dies nicht, dass wir Gott sehen,

sondern dass Gott uns sieht. Dies ist die rechte Einstellung: Wir handeln im Bewusstsein, dass Gott anwe-

send ist und uns zuschaut.

 Was die räume angeht, so kann ich nicht über das hinausgehen, was der heilige Johannes Klimakos sagt.Gemäß den Kirchenvätern ist die beste Einstellung, überhaupt nicht an räume zu glauben. Um uns von der

Glaubwürdigkeit unserer Visionen zu überzeugen, kann der Feind in der at räume hervorruen, die sich

dann tatsächlich im täglichen Leben erüllen. Es ist daher ratsam, äußerst vorsichtig zu sein. Eine einzige

äuschung genügt, und die Illusion23 ist da, mit all ihren Geahren. Wir haben das Wort Christi und der Apo-

stel: Dies genügt uns.

  23 Illusion bedeutet wörtlich: Abirrung vom rechten Pad durch Irrtum oder äuschung. Das ständige Herzensgebet schützt unsvor der Illusion, das heißt vor der Geahr, das Ziel unseres Lebens zu verehlen. Die ununterbrochene Anruung des Namens Jesu ver-treibt jeglichen Gedanken der Illusion.

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Man kann ein großer Gelehrter sein, akademische itel besitzen und in völliger Unwissenheit über den Weg

zum ewigen Heil verharren.

 Wenn man ein heiliges, sündenreies Leben ührt, kann die geistige Erkenntnis herrliche Früchte hervor-

bringen. Ein Wissen ohne Liebe jedoch vermag die Person nicht zu retten.

Ohne den Geist der Reue, ohne Erahrung des wahren Gehorsams kann man nicht wirklich Teologe oder

Priester werden, das heißt eine Person, die ähig ist, anderen den wahren christlichen Weg zu lehren.

Um die Wissenschat des Lebens in Christus zu lernen, ist es nicht notwendig, Dutzende oder Hunderte von

Büchern zu lesen. Mein geistiger Vater gab mir den Rat, nur wenige Seiten pro ag zu lesen, eine Viertel-

stunde, eine halbe Stunde, aber immer behutsam darau bedacht zu sein, das Gelesene im täglichen Leben

anzuwenden.

Gemäß dem heiligen Petrus kann die königliche Priesterschat25 durch unsere eilnahme an der Liturgie verwirklicht werden. Schreckt davor zurück, aus purer Gewohmheit zur Liturgie zu gehen. Bemüht euch

 jedesmal noch tieer das nachzuleben, was Christus während des heiligen Abendmahls lebte, als Er jenes

große Mysterium, das Sakrament der Eucharistie, einsetzte. So gereicht die Göttliche Liturgie zum Heil,

nicht nur ür euch, sondern auch ür all diejenigen, die daran teilnehmen. Es kommt nicht nur den Priestern

zu, in ihrem Herzen die Leiden Gottes ür die Welt zu leben, die der Sünde und dem od preisgegeben ist.

 Alles Sein hat sein Dasein, weil Gott die Welt denkt. Gott denkt die Welt, und die Welt existiert.26 Wenn ihr

den Willen Gottes in aller Einalt und Demut zu erüllen sucht, kann Gott jedwede, selbst die schlimmste

Situation verwandeln. Wenn ihr also eurem geistigen Vater gehorcht, wenn ihr Vertrauen in ihn habt, dann

habt keinerlei Beürchtung, irregeleitet zu werden. Gott wird immer das Mittel nden, euch die Wahrheit

zu oenbaren. Wenn ihr im Gehorsam ortschreitet, wird euer Herz einühliger werden ür jede geistige

Regung in eurem Leben.

Es ist von geringer Bedeutung, ob die Sicht unseres geistigen Vaters unvollkommen ist. In dem Maße, wie

 wir den Gehorsam und den Glauben an Christus verwirklichen, wird Gott unser Handeln richtig stellen.

 Was zunächst alsch erschien, wird sich als richtig erweisen. Was dagegen im Lichte unserer Vernunt als

 vollkommen erschien, erweist sich allzu ot als bloße Spiegelung unseres sündhaten Willens, und Gott wirdnicht mit uns sein.

Der einachste Weg ist zu gehorchen und nicht zu beehlen. Doch dies ist der schlimmste Krieg gegen die

Leidenschaten.

Um das Mysterium des Heils in Christus zu begreien, müssen wir dem Pad des Gehorsams olgen. Und dies

bedar großer Achtsamkeit. Soern seine Perspektive richtig ist, kann der Mensch selbst während der ein-

achsten Arbeit, zum Beispiel in der Küche, von großer Inspiration erüllt sein. Ohne Gehorsam jedoch kann

er verloren gehen - mag er auch Patriarch, Bischo oder Priester sein.

  25 1 Petr 2,9   26 Vgl. Jona 1,3

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 Wir haben die Ursünde in uns, dieses Git der ersten Versuchung Adams im Paradies - "Ihr werdet sein wie

Gott" - doch der Gehorsam kann uns davon bereien.

 Alles hängt von unserer Beziehung zu Gott ab. Wenn wir Vertrauen in Seine Vorsehung haben, dann werden

 wir auch den Mut haben, dem Wort unseres geistigen Vaters zu olgen. Die Logik, die unserem alltäglichen

Leben und unserer Vernunt eigen ist, reicht nicht aus. Gott zieht sich von dem zurück, der zuviel Vertrau-en in seine eigene Vernunt setzt. Es schadet nichts, ob ein Wort sich gegen uns richtet, ob ein Rat dem

gesunden Menschenverstand widerspricht. Sind wir bereit, Ihm zu olgen und Vertrauen in Ihn zu haben,

 wird Gott letztendlich die Dinge immer zum Positiven wenden. Das Mysterium des Gehorsams ist eine der

schwerwiegensten Realitäten au dem wege zum Heil.

Möge der Herr euch behüten! Und ihr, bewahret die rechte Lebenshaltung! Von außen gesehen ist es ein

Leben ohne jede Besonderheit - im Inneren benden wir uns jedoch dank des Gehorsams in einem Zustand

ständiger Spannung. So soll der Christ sein: eine ,,Hochspannungsleitung", au der ein kleiner Vogel sich

niederlassen kann, ohne den geringsten Schaden zu nehmen, durch die jedoch eine Energie fießt, mächtiggenug, die gesamte Welt zu sprengen. Dies ist der Weg, wie wir Zugang zum ewigen Reich Christi erlangen.

Durch die kleine Übung des Gehorsams geht der Mensch ein in das Sein Gottes, das ohne Anbeginn ist.

Der Gehorsam ist unabdingbar ür das ewige Heil. Bereitet euer Herz und euren Geist darau vor und bewah-

ret eine positive innere Haltung.

Nach dem Ebenbild Gottes sein." Dahin kann man nur durch einen Gehorsam gelangen, der dem Gehorsam

Christi, der heiligen Jungrau und all derer gleich ist, die ihren Spuren olgten.

 Wenn wir zusammen sind, sollten wir wie ein Mensch sein, nach dem Bilde des Dreialtigen Gottes, der ein

einziger Gott ist. Dahin können wir nur gelangen, wenn wir den Heiligen Geist in uns haben und nicht die

Unordnung unserer schlechten Gedanken. Wie solch eine Gnade erlangen ? was tun, damit Gott und Sein

Heiliger Geist in uns wohnen? Mann muss gehorchen. Einzig durch eine ständige Aumerksamkeit unserem

Bruder und unserer Schwester gegenüber können wir eine Sensibilität in uns entwickeln, um die Gedanken,

den Willen und den Zustand zu erspüren, in dem sie sich au der geistigen Ebene benden. Leben wir dage-

gen ohne Gehorsam und trachten vornehmlich nach unserem eigenen Wohlbenden, dann werden wir vonden anderen getrennt sein, und das bedeutet Krieg.

Der geistige Gehorsam ist unabdingbar ür das tägliche Leben. Zieht den Willen eines anderen eurem ei-

genen vor. Nehmt jede Bitte eures geistigen Vaters, eines Bruders oder einer Schwester in einer positiven

Haltung entgegen. Au diese Weise wird nach und nach in euch und in eurer Umgebung eine Atmosphäre

geschaen, in der das Herz sehr santmütig, sehr einühlig ür jegliche innere Regung und ür alle geistigen

 Veränderungen wird.

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 Wenn wir alle beisammen sind, möge doch jeder einzelne Gott bitten, dass Er uns den Geist des Gehorsams

gegenüber Seinem Willen schenke und dass Er uns alle segnen möge. Ob euer Nächster jung oder alt ist,

lauscht seinen Worten mit dem Herzen, um wahrzunehmen, wann der Geist Gottes durch ihn spricht. Es

 war ein zwanzigjähriger Diakon, der heilige Athanasius, und nicht die Patriarchen, Bischöe oder andere

Glaubenszeugen, der während Des Ersten Ökumenischen Konzils im Jahre 325 den Begri, homoousius27 

 vorgeschlagen hat, um die Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn in der Dreialtigkeit deutlich zumachen. Doch um au diese Ebene zu gelangen, bedar es vieler Mühen. Allein durch Gehorsam kommt man

dahin.

Durch den Gehorsam wird unser Herz immer einühliger ür das Leben der anderen, ür ihre Leiden, ihre

Fortschritte und ihre Bedürnisse.

Durch Dienen und nicht durch Beherrschen wird man dem Herrn gleich. Christus hat diesen Weg während

des Heiligen Abendmahls geoenbart. Er war der Herr, und Er wusch die Füsse Seiner Jünger. Durch den

Gehorsam werden sich euer Herz und euer Geist bis ins Unendliche weiten.

Durch den Gehorsam wird unser Leben in höchstem Grade bewusst, selbst bis in den ieschla hinein.

Nur durch Gehorsam besiegt man die Leidenschaten, so dass kein einziger leidenschatlicher Gedanke uns

in Knechtschat halten kann.

 Wir müssen bereit sein, den Willen jeder anderen Person unserem eigenen Willen vorzuziehen. So

 weitet sich unser Bewusstsein. Nach und nach beginnen dann, au völlig unerwartete Weise, die ränen

ür den "ganzen Adam" in uns zu fießen.

Gehorsam beginnt mit den unbedeutendsten Kleinigkeiten des alltäglichen Lebens, mit der bescheidensten

 Arbeit. Und seine Erüllung ndet er im Bewusstsein des "Ich bin".28 Diese Geisteshaltung müssen wir mit

der Krat des Glaubens an die Auerstehung bewahren.

  27 Homoousios' (griech.) bedeutet Wesens gleichheit der göttlichen Personen, das heißt, alle drei Personen besitzen die gleiche

 göttliche Natur.

 28 Vater Soronij nimmt hier Bezug au Ex 3,14. Gott oenbart sich hier Moses als der lebendige Gott - ICH BIN DER ICH BIN -,der den Menschen liebend au allen seinen Wegen begleitet. Durch die Vergöttlichung nimmt der Mensch teil am Bewusstsein des "Ichbin". Der Gehorsam wird im mönchischen Leben als einen der direktesten Wege zur unmittelbaren Gotteserahrung betrachtet.

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Christus hat gesagt: "Wer nicht seinen Vater, seine Mutter, seine Brüder, seine Kinder und sogar sich selbst

hasst, der kann mir nicht olgen. "29 Das Wort des Herrn ist sehr ernst zu nehmen. Es geht nicht um Karriere

und um Kleinigkeiten dieses Lebens, sondern um die Überwindung der Leidenschaten und der Sünden

dieser Welt, damit wir ür alle Ewigkeit mit dem Himmlischen Vater leben können. Nach dem Fall ist unsere

menschliche Natur in allen ihren Erscheinungsormen das Gegenteil von dem, was der Himmlische Vater

 von uns erwartet. Das ist der Grund, weshalb wir uns selbst hassen müssen30

, das heißt den Zustand unsererSündhatigkeit, in dem wir uns in der Welt nach dem Fall benden.

Durch den Gehorsam kann unser Geist wieder rein werden vor Gott.

"Wenn jemand seinen Vater, seine Mutter, seine Kinder mehr liebt als mich, kann er mir nicht olgen. "31 Ob-

 wohl es ür die Menschen dieser Welt keine schrecklicheren Worte gibt als diese, müssen wir dennoch über

all das hinausgehen, was uns an die Menschen bindet, die uns am nächsten stehen. Ansonsten werden wir

niemals zu der universalen und absoluten Liebe Gottes gelangen.

Gehorsam ist der vollkommene Verzicht au unseren eigenen Willen. Dies ist der Weg, dem wir olgen müs-

sen, um rei zu werden, um wieder die Stimme des Heiligen Geistes in unserem Herzen wahrzunehmen.

Solange noch eine einzige Leidenschat in uns hatet, wird unser Leben eine ausweglose ragik: bleiben.

Frieden können wir nur durch den vollkommenen Verzicht au unseren eigenen Willen nden.

Nur wenn wir uns von unseren eigenen Gedanken, Ideen und Willensregungen bereien, können wir in voll-

kommener Reinheit in der ,,Atmosphäre" Gottes leben.

Zu gehorchen bedeutet, sich von seinem eigenen, individuellen Willen abzuschneiden. Im Alltag heißt dies,

sich darau einzustellen, seinen eigenen Ideen zu widersagen, um sich von diesem mühsamen, erbärmli-

chen Kamp gegen die Leidenschaten zu bereien.

Ist dieser Krieg einmal beendet, stehen wir schon an der Schwelle der Ewigkeit.

Sagt ihr euch von eurem eigenen Willen los und sucht den Willen Gottes, wird Gott mit euch sein. Folgt ihr

 jedoch eurem eigenen Gutdünken, wird Gott euch verlassen.

Für den Menschen gibt es keine größere Strae, als wenn Gott ihn seinem eigenen Willen überlässt. In un-

serer Zeit, die Christus verworen hat, versteht niemand, das die Gebundenheit an unseren eigenen Willen

eine Oenkundige Sklaverei ist.

  29 Vgl. Lk 14,26 

30 Vater Soronij grenzt den Selbsthass, den Christus selbst als Gebot ordert, ganz schar von der pathologischen Selbstzerstö-rung ab. Er sieht das Wesen des spirituellen Selbsthasses des Evangeliums als Ausdruck der kenotischen Liebe und bezeichnet ihnals heilig, da er seine Wurzeln in Gott selbst hat. Er ist eine der Formen der Kenose, die das Herz und den Geist der Person von allem

Unreinen entäußert und sie beähigt ür die göttliche Erleuchtung. Der spirituelle Selbsthass ist Frucht der Gnade Gottes.

31 Vgl. Lk 14,26 

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Das reine Gebet setzt Freiheit von aller Sorge voraus. Es ist erreicht, wenn unser Intellekt bei jeder Arbeit rei

 von allem Denken bleibt und nur noch durch den göttlichen Namen, durch die Gnade des Heiligen Geistes

lebt.

Ich bin nicht gekommen, um meinem Nächsten meinen Willen auzuwingen, sondern um ihm nach

dem Vorbild Christi zu dienen. Versucht danach zu handeln, und ihr werdet erleben, dass die Gnade Gottesin euch weilt. Macht euch alsdann diese Haltung in jedem Augenblick eures Lebens zu eigen.

 Wenn wir nicht erkennen, was es bedeutet, unserem Nächsten zu dienen, wird unser Leben sinnlos. Wenn

 wir unsere Natur erneuern wollen, wenn wir zum Gleichnis Gottes werden wollen, dann muss das Verlan-

gen, dem Nächsten zu dienen, unser Leben bestimmen. Der Dienst am Nächsten hat eine heilsame Krat, die

unendlich größer ist als jedwede theologische Teorie.

 Wie können wir Gott erkennen, so, wie Er ist? Christus zeigt uns den Weg. Er bittet uns, in Heiligkeit

zu leben, niemandem zu schaden, die anderen uns selbst vorzuziehen und nicht zu kämpen, um sie zu be-herrschen.

 Wir müssen uns selbst sterben, au dass die anderen leben. Christus hat gesagt: “Fürchtet euch nicht, durch

diesen Dienst euer Leben zu verlieren."32 Wer seinem Nächsten dient, errettet seine Seele ür das ewige Le-

ben.

 Welche Wae benutzt der Widersacher gegen unser Heil? Die Eiersucht. Wie das Evangelium berichtet,

 weiß Pilatus, dass die Juden Jesus aus Eiersucht töten wollen. Die Eiersucht ist die stärkste Macht des Wi-

dersachers. Darum müssen wir uns insbesondere gegen jeden Gedanken der Eiersucht verwahren.

Eiersucht ist allen Menschen eigen - ganz unabhängig von ihrer gesellschatlichen Stellung. Denn überall

gibt es jemanden, der stärker ist als wir. Die anderen haben immer etwas, was wir selber gerne haben möch-

ten. In der Eiersucht stoßen wir die anderen zurück, und so wird das Leben zu einem verdunkelten Zerrbild

Gottes.

 Versucht niemals, einen anderen anzuklagen, sondern betet ür ihn. Jemand anderen wegen seiner Fehler zu

 verurteilen bedeutet, die eigenen Fehler nicht zu sehen.

In unserem Zustand der Sündhatigkeit sind wir unähig, unseren Bruder richtig zu beurteilen. Seid nicht

so sicher, dass euer Bruder sich täuscht. Richtet ihn nicht

Es ist besser nicht zu urteilen. In der Furcht Gottes zu leben heißt, sich davor zu ürchten, den anderen in

sündhater Weise zu richten, und nicht so, wie Gott ihn richten würde.

32 Joh l2,25.

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 Was habe ich im Sinn, wenn ich meinen Bruder richte? Solange ich ihn nicht so sehe, wie Gott ihn sieht,

 wird alles verkehrt. Beginnt mit dem Gebet, mit dem Gedanken, gehorsam zu sein und eure Brüder nicht

zu richten. Beginnt mit dem Wunsch, den Nächsten in Liebe zu dienen, wie Siluan, der darum bat, an Fei-

ertagen im Reektorium Hunderte von Mönchen bedienen zu düren. Er war von Glück erüllt, wenn er sah,

 wie sehr Christus diese Menschen liebte, diese Kinder Gottes. Er bediente sie mit viel Liebe. Werden die täg-

lichen Arbeiten in einem solchen Geist verrichtet, können sie zu einer köstlichen geistigen Speise werden.Dank dieser Haltung des Dienens wird euer Herz am Abend sehr santmütig sein, und ihr werdet vor Gott

ränen vergießen über eure eigenen Fehler und euren Mangel an Liebe.

Die Schwierigkeit, mit anderen zusammenzuarbeiten, rührt immer von einem Mangel an Gebet und an Lie-

be. Wie Starez Siluan sagt, kann es vorkommen, dass der Fortschritt trotz glühender Gebete nur mühsam

zu erreichen ist. Doch wenn es uns durch die Anruung des göttlichen Namens gelingt, mit einer Person

ständig zusammenzuleben, werden wir ähig sein, mit Millionen anderer Personen zusammenzuleben, die

 jener einen ähnlich sind.

Für den anderen zu beten bedeutet, ihm dank unseres Herzens voller Zuneigung zu helen, den negativen

Gedanken zu widerstehen, die er vielleicht nicht ohne Grund gegen uns haben mag. Wenn wir hingegen aus

Mangel an Liebe nicht ür ihn beten, rechtertigen wir die schlechten Gedanken, die er uns gegenüber hegen

mag. Lasst uns die Einheit im Gebet bewahren, versammelt um den Kelch Christi, und wir werden erahren,

 wie leicht es ist zu lieben.

Seid überaus wachsam! Erlaubt keinem einzigen negativen Gedanken, in euer Herz einzudringen.

Ihr dürt die Geahr der negativen Gedanken, die ihr gegen andere hegt, wenn ihr alleine seid, nicht unter-

schätzen. Hütet euch vor jedem verletzenden Wort. Das ist sehr wichtig. Erinnert euch auch jener Worte

Christi: "Was ihr nicht wollt, dass man euch tut, das ügt auch keinem andern zu. "33

Folgt dem Beispiel unseres Vaters Missaei, den Gott so sehr liebte und der Abt des Klosters des heiligen Pan-

teleimon war zu der Zeit, als ich dort lebte. Seine Einstellung war: "Wenn jemand Widerstand leistet, gebe

ich nach."

 Wenn ihr in Gesellschat der Auserwählten Gottes seid, die euch wohlwollend empangen und euren Dienstannehmen, so nehmt olgende Haltung ein: Erachtet euch als unwürdig und überaus geehrt.

Und ihr werdet sehen, dass sich euer Leben verändert. Wenn ihr jedoch die anderen wegen belangloser und

äußerer Dinge richtet, werdet ihr alles verlieren.

33 Mt7,12

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 Alles, was ihr in euren inneren Kämpen erringt, hat eine Wirkung au euer Leben in Gott. Kämpt gegen

 jede Leidenschat, die in euch Gedanken der Kritik gegenüber anderen hervorrut. Nehmt nicht an, was der

 Widersacher euch gegen denjenigen einfüstert, der euch ungerecht behandelt. Ob ihr allein seid in eurem

Zimmer oder mit anderen zusammen seid, jeder Gedanke der Kritik, jede innere negative Regung bewirkt

einen Riss in eurer geistigen Festung und in der eurer Gemeinschat. Nicht ein einziger Gedanke entsteht

und vergeht, ohne seine Spuren zu hinterlassen. Mit guten Gedanken in eurem Herzen könnt ihr in jederPerson, der ihr begegnet, einen liebenswerten Menschen erkennen. Wenn ihr jedoch über den Ausdruck 

eures Gesichts, über eure psychische Energie negative Gedanken ausstrahlt, verderbt ihr eure Beziehungen

und eure Umgebung.

 Wohnt die Gnade in euch, seht ihr nicht die Fehler der anderen, sondern nur die Leiden und die Liebe eurer

Brüder.

Es ist alsch und illusorisch, von einer Gruppe oder Von einer Einzelperson Vollkommenheit zu erwarten.

Zum einen, weil wir selbst keine wahre und richtige Vorstellung von dem haben, was Vollkommenheit ist,und zum anderen, weil Vollkommenheit völlige Gleichheit mit Christus bedeutet.

 Weist jeden Geist der Neugier zurück. Verrichtet eure Arbeit, ohne euch darum zu kümmern, ob die anderen

die ihrige tun. Ist keine Neugierde vorhanden, erhält jeder von Gott, was ihm zusteht. Man kann Gott nicht

hintergehen. Er ist so mächtig und so gerecht, dass man nichts vor Ihm verbergen kann.

Der heilige Ephrem der Syrer betet: "Gib mir, dass ich meine eigenen Fehler erkenne und meine Brüder nicht

richte." Wenn wir anangen, unsere eigenen Anstrengungen mit denen anderer zu vergleichen, dann kann

der Widersacher Mittel und Wege nden, uns zu entmutigen.

Entstehen Streitigkeiten, Feindseligkeiten und Rivalitäten zwischen Personen, kann die Einheit nur gewahrt

 werden, wenn jeder die Schwächen der anderen erträgt. Für den Apostel Paulus ist es besser, eine Beleidi-

gung zu ertragen, als andere zu beleidigen.

 Wenn wir ununterbrochen um die Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern beten, um die Fähigkeit, im

gleichen Geist und in der Einheit der geistigen Liebe den Lebensweg bis zum Ende zu gehen, dann wird es

 viel leichter, Christus gleich zu werden.

Halten wir uns dagegen an unvermeidlichen Kleinigkeiten und Mängeln des äußeren Lebens au, verlieren

 wir die Gnade der Kontemplation des Ewigen.

Einem Problem gegenübergestellt, helen die Stärksten den Schwächeren. Dies ist die einzig mögliche Lö-

sung. Wie Christus sagt: "Wer der Größte sein will, mache sich zum Diener und Knecht, selbst der Schwächs-

ten. "34

Das Leben in der Welt ist gegründet au Macht und Gewalt. Das Ziel des Christen ist nicht au Macht undGewalt augebaut, sondern au deren Gegenteil. Gewalt gehört nicht zum ewigen Leben. Keine mit Gewalt

erzwungene at kann uns retten.

34 Mt 20,26-27. Dies entspricht christlicher Kenose

8/14/2019 Worte Des Geistes Worte Des Lebens

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In unserem Leben als Gemeinschat gewährt uns der Gehorsam nach und nach den Zugang zum Verständ-

nis der Psychologie der anderen Personen. Wenn wir lernen, mit einer Person zu leben, dann können wir

auch mit Millionen anderer Personen leben, die dieser einen ähnlich sind. So lassen wir uns ortschreitend

au ein immer tieeres Leiden ür die gesamte Menschheit ein. Es ist notwendig, dass unser Geist sich im

gesamten Ausmaß menschlichen Seins entaltet und nicht nur au der Ebene der täglichen Augaben und

Schwierigkeiten. Diese kleinen Mühen und die Reibereien, die mit ihnen einhergehen, sind unvermeidlich,aber sie sind nicht das Endziel unseres Lebens Unser ziel ist es, Ebenbild Christi zu werden.

 Wenn ich als "Ich" nicht einmal vermag, eine kleine Gemeinschat zu tragen, wie könnte ich dann wie Chris-

tus die Gesamtheit der Menschheit in Zeit und Raum tragen?

Ein christliches Leben zu ühren bedeutet, Christus gleich zu werden, die gleichen Regungen des Herzens,

die gleichen Gedanken wie der Sohn des Vaters zu haben, sagt uns der heilige Paulus. Wenn wir uns dieses

Ziels bewusst bleiben, wenn unser ganzes Wesen au dieses innere Geschehen ausgerichtet ist, wird der

Intellekt sich nicht in Kleinigkeiten verlieren. Neid, Eiersüchteleien, Reibereien und kleine Probleme des Alltags werden völlig unbemerkt vorübergehen.

 Wir eiern die Göttliche Liturgie miteinander. Doch wir zahlen den Preis daür: Ein jeder von uns muss um

das Heil aller besorgt sein. Unser Leben ist ein Martyrium ohne Ende.

Es gibt keinen anderen Weg als das ununterbrochene Gebet während der Arbeit. Verwandelt alles in Gebet -

all euer un. Ihr önet eine ür und bittet den Herrn, euch die ür zur Umkehr, zur Reue zu önen. Setzt ihr

beim Bauen Stein au Stein aueinander, so sagt zu euch selbst, dass ihr vergeblich arbeitet und dass nichts

 von Bestand ist, wenn nicht Gott selbst am Bau mitwirkt35 Ich habe zwar nicht die Gewohnheit, bei Staats-

ches und Generälen geistigen Rat zu suchen, doch der Fall Cromwells ist interessant. Während er sich au 

eine Schlacht vorbereitete, sagte er: "Herr, ich werde gar zu sehr beschätigt sein; es ist möglich, dass ich

Dich vergesse, doch vergiss Du mich nicht. "

Findet immer einen Grund, mit Gott zu sein.

Zu der Zeit, als ich au dem Berg Athos noch Novize war, sagte mir eines ages ein alter Mönch etwas Be-

merkenswertes über die bescheidensten Verrichtungen des täglichen Lebens: "Keine Arbeit setzt den Wertder Person herab. Einzig die Sünde verringert das göttliche Leben in uns." Für das geistige Leben eignen sich

am besten jene Arbeiten, die nicht zur Leidenschat werden können. Wenn ich Koch bin , bereite ich die

Nahrung zu, indem ich ür die bete, die unser Herr liebt. Da gibt es keine Leidenschat. Gleichzeitig hat diese

 Arbeit einen großen Wert, weil sie mir erlaubt, den Menschen zu dienen, die Christus liebt. Mit einer solchen

Haltung kann man sehr gut leben.

 Wer wird der Erste sein? Der Herr sagt: "Suchet zuerst das Reich Gottes, und alles Übrige wird euch hinzu ge-

geben werden. "36 Das ist unser Grundsatz, selbst wenn das materielle Leben vom Morgen bis zum Abend au 

uns lastet. Die Zielsetzungen des weltlichen Lebens sind andere, und niemand hat mehr Zeit zum Gebet.

35 Ps 126 36 Vgl.Mt 6,33

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 Wenn unser Geist und unser Herz au Gott ausgerichtet sind, wird alles leicht. Ohne diese dynamische Be-

 wegung au Gott hin verliert das Leben seinen Sinn.

Im Kloster des heiligen Panteleimon hatte ich einmal vierzehn verschiedene Augaben gleichzeitig auszu-

ühren. Ich sprach mit meinem geistigen Vater darüber: "Ich schae es nicht, meine Augaben zu erüllen:

Ich habe vierzehn Arbeiten zu erledigen!" Er antwortete mir: "Du irrst, du hast nur eine einzige Augabe.""Aber nein, Vater", entgegnete ich, "ich habe vierzehn!" "Aber nein", wiederholte er, "du erüllst jeweils nur

eine einzige Augabe au einmal. Erülle sie also gut und geh dann zur nächsten über ... "

Das Ziel, das wir unserem Leben setzen, prägt all unser un. Ist unser Bestreben zum Beispiel, in erster Linie

Geld zu verdienen, dann wird alles, was wir tun, von diesem Beweggrund geleitet.

Die Arbeit und die gesellschatliche Stellung sollten von keinerlei Bedeutung ür die zwischenmenschlichen

Beziehungen sein. Privilegien sind keine äußere, sondern eine innere Angelegenheit: Wer Gott am meisten

liebt, wer am meisten betet, wer sich am meisten anstrengt, die Gebote zu erüllen, der wird dem Herrn amnächsten sein. Dies ist sehr wichtig. Bereit euren Geist von allem Karrieredenken. Im geistigen Leben Gibt

es keine Karriere.

Ist das Heil in Christus das einzige Ziel unseres Lebens, wird all unser un zum Gebet, zur Liturgie.

 Alles, was ihr tut, auch eure Arbeit, kann zum Heil dienen. Dies hängt von euch ab, von der Weise, wie ihr

es tut. In der Geschichte kennen wir unzählige Beispiele von Mönchen, die große Heilige wurden, indem sie

kochten und Leintücher wuschen. Der Weg des Heils besteht darin, die Arbeit rei von Leidenschaten, im

Gebet, zu verrichten.

 Vielleicht kennt ihr die Geschichte von jenem Mönch, der sein Leben lang in einem Kloster in Kiev Koch

 war. In das Feuer seines Herdes schauend, sah er sich stets in den Flammen der Hölle. Er wurde ein Heiliger.

Seine Arbeit hinderte ihn nicht daran, stets in Gott zu weilen.

 Vergeudet nicht eure Zeit, indem ihr dahinlebt ohne Gebet, in Gedankenlosigkeit.

 Alles in unserem Leben hat einen geistigen Sinn. Suchen wir daher zuerst, wie wir bei unserer Arbeit unserHerz, unseren Geist und unser Denken in Gott bewahren können. Möge Gott euch die Krat geben, euren

Geist, euren Intellekt und euer Herz unversehrt in Christi Geist zu wahren. Dann kann alles, was euch wi-

derährt, eine schnelle und tiee Umwandlung erahren. Langeweile und Entmutigung wird es nicht mehr

geben, denn sie werden umgewandelt durch eure Sehnsucht, dort zu sein, wo Christus ist, euer Gott.

Um unseren Geist und unser Herz in Frieden vor dem Urteil Gottes zu wahren, düren wir nichts tun, was

unserem Nächsten zur Last werden könnte. Unseren Lebensunterhalt müssen wir selbst verdienen, durch

unsere eigene Arbeit.

'Wir müssen um jeden Preis vermeiden, dass die Sorgen des alltäglichen Lebens uns daran hindern, im Geis-

te mit Christus, der zur Rechten des Vaters sitzt, und dem Heiligen Geist zu sein.

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Die Kirchenväter bedienen sich zuweilen olgenden Bildes: Wenn wir irgendwo mit einem König zusammen

sind, beeinfusst seine Anwesenheit alles, was wir tun. Warum sollte es nicht gleichermaßen mit unserem

ewigen König sein? Da Er allgegenwärtig ist, lasst uns also so handeln, dass wir uns ständig seines Anblickes

bewusst sind.

 Jeden ag, jede Nacht lasst uns bedenken, dass Gott uns sieht, dass Er unsere Gebete hört, dass Er in dieieen unseres Geistes schaut. Dies will natürlich nicht heißen, dass wir Gott sehen, so wie Er ist, doch das

Bewusstsein seiner Anwesenheit schat eine Atmosphäre, die es uns ermöglicht, unsere Unvollkommenhei-

ten, die Zerstreutheit unseres Geistes und unsere Mängel in der Beziehung zu anderen im Laue des ages

 wahrzunehmen.

Im Zusammenleben mit anderen Menschen sind wir gewissen Begrenzungen, äußeren Regeln und Zwängen

unterworen. Doch der Geist, der von Gott ausgeht, ist über alle diese Formen erhaben.

Unser Denken soll da sein, wo Christus ist. Dann wird auch unser Gebet bei Ihm sein, und es wird kaumnoch Raum bleiben ür Leidenschaten. Wir werden uns an diese Lebensweise gewöhnen, und durch dieses

riedvolle Leben werden wir unser ganzes Sein wieder neu aubauen.

Im Leben gibt es nichts Banales, Geringes, Unbedeutendes. Wenn man seinen Geist in Gott bewahrt, ist es

leicht, alle äußeren Gesetze, Regeln und Einschränkungen zu beachten, ohne ihre Sklaven zu werden. Die

äußeren Formen des Lebens lassen sich leicht mit dem geistigen Bewusstsein in Einklang bringen. Die sicht-

bare Ordnung bleibt die gleiche, doch der Inhalt des Lebens verwandelt sich.

Unser geistiger Fortschritt hängt vor allem von unserer inneren Einstellung ab.

Es ist beremdlich, doch wir sind nicht gewohnt, au all das zu achten, was um uns und in unserem Innern

 vorgeht. Wir vergessen es. Die Eindrücke des äußeren, materiellen Lebens drängen sich uns so stark au,

dass wir darüber das geistige Leben vergessen.

 Wir müssen gleichzeitig sowohl einen unwiderstehlichen Drang zu Gott als auch das Bewusstsein unserer

Unzulänglichkeit und Armseligkeit in uns bewahren. Wenn wir jedoch aus Selbstzuriedenheit au uns selbst

bezogen sind, dann hört das Gebet au, das zu sein, was es sein sollte - der Ausbruch eines Vulkans.

In einer Gesellschat, wo jeder sich ür den Ersten hält, gibt es ür niemanden einen Fortschritt. Erachtet

man sich selbst jedoch stets als den Letzten, wird jede Begegnung mit einem anderen Menschen zu einer

Gelegenheit geistigen Gewinns und Fortschritts. Es ist also ratsam, der Letzte zu sein. Bin ich der Erste, so

ist dies die Hölle der Langeweile. Bin ich der Letzte, ist dies ständige Freude; denn ich lerne stets Nützliches

hinzu.

Uns ständig zu demütigen, das ist unsere Augabe. Der Herr hat gesagt: "Wer sich selbst erniedrigt, wird er-

höht werden. "37

Doch nur Gott allein kann erhöhen.

37 Lk 18,14 

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 Von der Askese her betrachtet, ist das tägliche Leben an die Gottesurcht gebunden. Diese ist eine Überaus

kostbare Gabe. Aus der Furcht heraus bitten wir Gott, in jedem Augenblick unseres Alltages die Führung

zu übernehmen. Durch das Wirken der Gnade, die sich unserer Logik entzieht, gehen wir unmerklich in die

Freiheit der Kinder Gottes ein.

Lasst uns jeden Augenblick unseres Lebens in der Furcht Gottes verbleiben. So wird es uns gelingen, unse-ren Nächsten zu dienen und unser Heil auzubauen.

 Versäumt es nicht, Gott ag ür ag darum zu bitten, euch den Heiligen Geist zu geben, die Gnade, die Gebo-

te Christi zu erüllen und so zu verinnerlichen, bis sie euch zur zweiten Natur werden.

Das Ziel ist die ständige Vereinigung unseres Intellekts mit unserem Herzen. Wenn Herz und Intellekt ver-

eint sind, kann das Gebet Wohnung in uns nehmen.

Die geistigen Väter geben ür die Ausübung des Herzensgebetes38 den allgemeinen Rat, einach dazusitzenund das Gebet lautlos im Herzen zu sprechen. Zu Beginn muss man das Gebet mit der Atmung verbinden.

 Wenn man einatmet, sagt man: "Herr, Jesus Christus, Sohn Gottes", wenn man ausatmet: "erbarme Dich mei-

ner". Dabei richtet man seine ganze Aumerksamkeit au den Namen Christi und die Worte: "erbarme Dich

meiner". Man lässt keinen anderen Gedanken zu. Anangs ist das, was so einach erscheint, ziemlich schwie-

rig anstatt Frieden hat man Kamp. Doch nach und nach gewöhnt man sich daran, seine Aumerksamkeit

au den höchsten Punkt des Herzens gerichtet zu halten. Allmählich gewöhnt man sich an das Gebet.

'Wenn wir beginnen, den Namen Christi auszusprechen, überschwemmt uns eine Flut von "Gedanken". So-

bald wir das Gebet beenden, hört der Angri au. Unser Geist ist wieder rei, wogegen wir während des Ge-

bets von "Gedanken" überallen wurden. Das Gebet enthüllt die in uns verborgenen Leidenschaten. In den

meisten Fällen oenbaren solche Angrie das Innere unseres Seins. Während des Gebets kämpen wir gegen

all diese Bilder, all diese Leidenschaten und vorgeassten Meinungen, um den Namen Christi mit reinem

Geist aussprechen zu können.

aucht das Geühl einer Abneigung gegenüber jemandem au, ist es am besten, sich weder das Bild dieser

Person zu vergegenwärtigen, noch den Grund ür den Hass, sondern einach zu beten, unberührt von alle-

dem. Durch dieses innere Bemühen können wir unsere Abneigung überwinden und die aus unseren Leiden-schaten geborene Vorstellung zurückweisen.

'Wenn uns "Gedanken" angreien und uns am reinen Gebet hindern, müssen wir geduldig sein und ruen:

"Erbarme Dich meiner!" Durch solch aktiven Widerstand verwandeln wir nach und nach unsere geallene

menschliche Natur, die uns zu Kindern des ersten Adams macht. Wir kämpen, und dieser kamp muss

 wahrlich so tie und gewaltig sein, dass er kosmischen Charakter annimmt.

Nein, wir sind nicht nur von "Gedanken" geplagte Individuen. Ruen wir beharrlich: ,,Erbarme Dich meiner,

erbarme Dich meiner!" Dies ist das Mittel, den schlechten "Gedanken" zu widerstehen und sie daran zu hin-

38 Jesusgebet' ist eine andere Bezeichnung ür das Herzensgebet. Es hat olgenden Wortlaut: Herr, Jesus Christus, Sohn Gottes,erbarme Dich meiner (oder: habe Erbarmen mit mir Sünder). Das Buch Aurichtige Erzählungen eines russischen Pilgers gibt eine gute

 Einührung in die Welt des Herzensgebetes.

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dern, uns zu beherrschen.

Seid nicht allzu schnell entmutigt, sondern wiederholt das Gebet, bis es die tiesten ieen eures Bewusst-

seins durchdringt.

"Herr, Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme Dich unser." Durch dieses Gebet stellen wir zu Christus eine

 persönliche Beziehung her, die sich unserem Verstand entzieht. Mit der Zeit strömt das Leben Christi in unsein und durchdringt uns.

Einige beten mit dem Denken, mit dem Intellekt. Aber ohne Beteiligung des Herzens kann es kein Gebet

geben. Im Gebet sind Herz und Intellekt untrennbar vereint.

Betet in eurer Kammer. Einige können eine Stunde rüher austehen, andere eine halbe Stunde, wiederum

andere eine Viertelstunde oder nur zehn Minuten. Dies hängt von den Kräten eines jeden ab. Doch man

muss es tun. Euer Herz und euer Intellekt Werden sich au diese Weise daran gewöhnen, immer

und überall mit dem Gebet zu leben.

 Während ihr das Jesusgebet sprecht, hindert ihr jeden Gedanken daran, euch zu bedrängen. Die Anänger

im geistigen Leben müssen lernen, gegen die Forderungen des Körpers anzukämpen.

Betet am Abend, am Morgen und zu anderen Zeiten eures täglichen Lebens. Betet ür die anderen. Einzig

durch die Einheit im Heiligen Geiste werdet ihr ähig sein, euer Heil auzubauen. Betet ür eure Nächsten

und bittet Gott, dass Er euch durch ihre Gebete segne. Wenn wir ür eine kranke Person beten, nennen wir

ihren Namen und gedenken ihrer, wobei wir Gott bitten, sie zu heilen. Dies ist keine Illusion, sondern Reali-

tät. Dies ist keine Leidenschat, sondern eine Haltung christlicher Nächstenliebe.

 Wenn unser Geist völlig au Gott konzentriert ist, hören alle Fragen au. Dann gibt es nur noch eine einzige

Frage: Wie kann man vorn Heiligen Geist erüllt sein und wie kann man Ihn bewahren?

 Wenn sich unser Geist zu Gott auschwingt, können wir den Zustand des reinen Gebets erreichen. Wird das

Gebet rein, taucht eine andere Ordnung im Menschen au. Dann lässt er alles hinter sich, was er in der Welt

durch Erahrung oder Studium erlangte. Im Zustand des reinen Gebets kennt der Mensch Weder sein Alter

noch seine soziale und hierarchische Stellung. Er übersteigt alle Einzelheiten seines irdischen Daseins. Dann versteht man den Sinn des Wortes Christi besser : An jenem age werdet ihr mich nichts mehr ragen.39 

 Wie soll man sich in der Kirche verhalten? Man soll äußerst gesammelt und aumerksam sein, um nicht von

oberfächlichen Dingen und remdartigen Gedanken abgelenkt zu werden.

Ist unser Geist rei von Leidenschaten, dann ist unsere durch den Sündenall entstellte Natur in ihrer ur-

sprünglichen Schönheit wieder hergestellt.

Haben wir das Ebenbild Gottes in uns verwirklicht, werden Oenbarungen zur Selbstverständlichkeit. Der

christliche Weg besteht darin, unseren Geist und unser Herz mit der höheren Gotteserkenntnis zu erüllen.

Nur durch lange Erahrung, die Monate und Jahre in Anspruch nehmen kann, erwirbt man allmählich eine

39 Joh 16,23

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christliche Haltung im Gebet.

Seid verrückt, verrückt wie die wahren Asketen! Warum verrückt? Weil Christ-Sein bedeutet, au zwei Ebe-

nen gleichzeitig zu leben: in der Gegenwart und in der Ewigkeit.

Ich wiederhole es: Schären wir jetzt unsere Aumerksamkeit ür den Aubau unseres Lebens

Bewahret an dies behutsam in eurem Bewusstsein, und euer Leben wird voller Anregung sein - nicht nur

täglich, sondern in jedem Augenblick.

Vergess diese Wore nich.

Got ha euch die Zei gegeben, dami ihr euer ewiges Heil aufbau.

Vergeude sie nich!

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