17
78 ÜBERBLICK 5 Worum geht es inhaltlich? Nach der Göttin Diana, die dramaturgisch die Gelenkstelle zu den Incitatus-Kapiteln vom Buchan- fang hergestellt hat, folgt in Lektion 5 der Prometheus-Mythos, der bis heute zentral ist für die Sichtweise auf unsere Welt und auf unser Menschenbild. Mit Lektion 5 haben wir uns endgültig von Incitatus und der Welt der Wagenrennen gelöst. Worum geht es sprachlich? Substantive: a- / o-Deklination (Genitiv) Genitiv als Attribut Substantive der o-Deklination: Neutra auf -um Verben: konsonantische Konjugation Abfragen von Satzgliedern Kompetenzraster 1. Formen des Genitivs (a- und o-Deklination) bestimmen, im Text identifizieren und kontext- angepasst übersetzen. 2. Attribute als Satzergänzung analysieren (Satzbauplan). 3. Genitiv als Füllungsmöglichkeit der Satzposition Attribut benennen. 4. Formen der konsonantischen Konjugation (Präsens) nennen, bestimmen und angemessen übersetzen. 5. Verben der konsonantischen Konjugation von denen der drei anderen Konjugationen unter- scheiden (vor allem von denen der e- und der i-Konjugation) und deren Formen richtig bilden und bestimmen. 6. Neutra der o-Deklination nennen, bestimmen (vor allem im Kontrast zu den gleichendigen Formen der a-Deklination) und kontextangepasst übersetzen. 7. Die Übersetzungstechnik des „Abfragens“ erproben und bei der Übersetzung anwenden. 8. Mit einem Satzmodell den syntaktischen Auau von Sätzen analysierend nachgestalten. 9. Den Prometheus- und den Tantalus-Mythos wiedergeben und die überzeitlichen Relevanz dieser Mythen erläutern. A B C D M

Worum geht es inhaltlich? Worum geht es sprachlich ...Marcus, Aulus, Brutus gaudent et dicunt: „Salve, magister!“ Eutropus: „Scribĕre et legĕre debetis.“ Marcus et Aulus:

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Page 1: Worum geht es inhaltlich? Worum geht es sprachlich ...Marcus, Aulus, Brutus gaudent et dicunt: „Salve, magister!“ Eutropus: „Scribĕre et legĕre debetis.“ Marcus et Aulus:

78

ÜBERBLICK5Worum geht es inhaltlich?

Nach der Göttin Diana, die dramaturgisch die Gelenkstelle zu den Incitatus-Kapiteln vom Buchan-fang hergestellt hat, folgt in Lektion 5 der Prometheus-Mythos, der bis heute zentral ist für die Sichtweise auf unsere Welt und auf unser Menschenbild. Mit Lektion 5 haben wir uns endgültig von Incitatus und der Welt der Wagenrennen gelöst.

Worum geht es sprachlich?

Substantive: a- / o-Deklination (Genitiv)

Genitiv als Attribut

Substantive der o-Deklination: Neutra auf -um

Verben: konsonantische Konjugation

Abfragen von Satzgliedern

Kompetenzraster

1. Formen des Genitivs (a- und o-Deklination) bestimmen, im Text identifi zieren und kontext-angepasst übersetzen.

2. Attribute als Satzergänzung analysieren (Satzbauplan).3. Genitiv als Füllungsmöglichkeit der Satzposition Attribut benennen.4. Formen der konsonantischen Konjugation (Präsens) nennen, bestimmen und angemessen

übersetzen.5. Verben der konsonantischen Konjugation von denen der drei anderen Konjugationen unter-

scheiden (vor allem von denen der e- und der i-Konjugation) und deren Formen richtig bilden und bestimmen.

6. Neutra der o-Deklination nennen, bestimmen (vor allem im Kontrast zu den gleichendigen Formen der a-Deklination) und kontextangepasst übersetzen.

7. Die Übersetzungstechnik des „Abfragens“ erproben und bei der Übersetzung anwenden.8. Mit einem Satzmodell den syntaktischen Aufb au von Sätzen analysierend nachgestalten.9. Den Prometheus- und den Tantalus-Mythos wiedergeben und die überzeitlichen Relevanz

dieser Mythen erläutern.

A

B

C

MD

M

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5UNTERRICHTSFAHRPLAN

obligatorisch Möglichkeiten zur Diff erenzierung

Etap

pe I

Grammatik entdecken TB 38: A (Genititiv der a- / o- Deklination)

Grammatik üben TB 39, A1, A2 T 32 A2

Grammatik entdecken TB 38: B (konsonantische Konjugation)

Grammatik üben TB 39, B1, B2 T 32/33 B1, B2; Z

Wortschatz aneignen BB 34 (1) BB 36 (1)

Etap

pe II

Grammatik entdecken TB 38: C (o-Dekl., Neutra) TB 39: C2

Grammatik üben TB 39: C1 T 33 C1

Wortschatz aneignen BB 34 (2) BB 36 (2)

Text vorbereiten TB 40, Inhalt

TB 40, Sprache

Wortschatz aneignen BB 35 (3) BB 36 (3)

T 34 „Spielerisch üben“ A

Etap

pe II

I

Text erschließen (I) TB 41, Aufgabe 1

TB 41, Z. 1-14 T 35 „Erfolgreich übersetzen“, Z. 1-14

Wortschatz aneignen BB 35 (4) BB 36 (4)

Text erschließen (II) TB 41, Z. 15�-�23 T 36 „Erfolgreich übersetzen“, Z. 15�-�23

TB 41, Aufgabe 3, 4

Wortschatz aneignen BB 35 (5) BB 36 (5)

Etap

pe IV

Vertiefen TB 42: Inhalt

TB 42: Sprache

Teste dich selbst! TB 43 (EA / PA) TB 43: „think – pair – share“

Teste dich selbst! TB 43 (EA / PA) TB 43 (s.o.)

T 37 „Übersetzen üben“

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GRAMMATIK ENTDECKEN5

Genitiv

Neutra

Konsonan-tische Konj.

Schulunterricht

In Rom fand Schulunterricht häufi g bei Privatlehrern in kleinen Läden an der Straße statt. Eutropus ist Privatlehrer (magister) und wartet vor seinem Laden auf seine Schüler (discipuli) Marcus, Aulus und Brutus:

Eutropus discipulos exspectat. Marcus, Aulus, Brutus ad tabernam Eutropi properant. Eutropum ad portam tabernae vident. Primo Eutropus discipulos non videt; nam turba servorum et servarum in via est.

Tandem Eutropus discipulos videt et gaudet. Tum dicit: „Salvete!“Marcus, Aulus, Brutus gaudent et dicunt: „Salve, magister!“Eutropus: „Scribĕre et legĕre debetis.“ Marcus et Aulus: „Gaudemus! Libenter (gern) scribimus et legimus.“ At Brutus: „Ego non gaudeo. Scribĕre nolo – non scribo.“Eutropus: „Nunc scribitis et legitis. Et tu, Brute, scribis.“

Consilium Eutropi Marco et Aulo placet. Consilia Eutropi discipulis semper placent. At Brutus verba et consilia Eutropi audire non vult.

A

B

C

Eutropus discipulos videt

et gaudet

Brutus verba et consilia Eutropi audire non vult.

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5GRAMMATIK ENTDECKEN

1 fi gūradie Figur

2 ōceanus das Meer

3 nimium zu viel

4 ferulader Pfl an-zen stiel

5 portārebringen

6 māchina die Maschi-ne

3

6

9

12

15

18

21

Der Menschenfreund Prometheus

Prometheus will die unbewohnte Erde mit eigenen Geschöpfen besiedeln und formt zunächst Figuren aus Lehm. Die Göttin Minerva hilft ihm.

Minerva dea fi guras1 Promethei videt. Figurae Pro me thei deae placent; itaque dea Prometheo adest: Figuris1 vitam et animum donat. Donum Minervae deae Prometheo placet. Mox Prome-theus creaturas per campos et silvas ducit; terram, oceanum2, caelum ostendit. Ita creaturae naturam terrae, oceani2, caeli cognoscunt. De caelo turba deorum dearumque creaturas Promethei spectat. Deis creaturae non placent; neque Iuppiter crea-turas amat. Itaque Prometheo dicit: „Tu creaturis nimium3 ostendis; creaturae nimium cognoscunt, nimium sciunt. Ego autem postulo: Creaturae deis parere debent, deos quasi dominos colere debent. Itaque sacra a creaturis postulamus.“

Im Namen der Menschen schlachtet nun Prometheus einen Stier und macht daraus zwei Haufen, einen größeren aus den Knochen und einen kleineren aus dem Fleisch. Dann umhüllt er beide mit Stierhaut, um den Inhalt zu verbergen. Schließlich fordert er Jupiter auf, einen der Haufen zu wählen. Dieser nimmt den größeren, aber wertlosen.

Statim Iuppiter dolum Promethei cognoscit. Ira animum dei movet; nam superbiam Promethei non iam sustinet. Itaque de poena cogitat: „Flamma in terra adhuc deest. Promethei creaturas sine fl ammis vivere cogo; creaturas a fl ammis prohibeo.“At Prometheus creaturis iterum providet; imperio deorum resistere audet: Caelum petit, fl ammam caeli ferulā4 tangit; ita ferulam accendit. Tandem fl ammam de caelo in terram portat5. Ita creaturis fl ammam caeli dat. Postea Prometheus linguam copiamque verborum creaturis donat. Mox creaturae operā Promethei etiam litteras legunt et scribunt. Tum machinas6 inveniunt et oppida constituunt.Prometheus creaturis consilio semper adest.

Vergleiche die Zeichnung mit der Einleitung. Benenne, welche Informationen der Zeichner zur Verdeutlichung hinzugefügt hat.Ira animum dei movet. (Z. 15) Gib den Satz in gutem Deutsch wieder.(PA) Weist das Verhalten des Prometheus in einer Tabelle den Begriff en „Hilfsbereitschaft“ oder „Hochmut“ zu. Diskutiert dann sein Verhalten.(GA) Stellt das Verhältnis zwischen Jupiter, Prometheus und den Menschen in einem Standbild dar.

1.

2.3.

4.

Figurae Promethei deae placent.

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UMSETZUNG DER LEKTION5

1. Umsetzung der Lektion

Die neuen grammatischen Inhalte A , B und C (TB 38) lassen sich unmittelbar aus dem Textzusammenhang erschließen (so ist z.�B. der lateinische Satz Marcus, Aulus, Brutus ad tabernam Eutropi properant aus dem oberen Bild eindeutig erschließbar). Nur die neuen Vokabeln stellen eine echte Hürde dar. Sind diese vorgegeben, so können die Texte auf S. 38 auch in Gruppen- oder Partne-rarbeit erschlossen und übersetzt werden. Danach müssen allerdings alle Inhalte systematisiert, vertieft, besprochen und geübt werden, da alle drei Themen mehr „Fallstricke“ enthalten, als dies bei einer ersten fl üchtigen Übersetzung den Anschein hat.

2. Spracharbeit

Nach der Erschließung bzw. Übersetzung von A muss thematisiert werden, dass die Endungen des Genitivs doppeldeutig sind (-i = Gen. Sing. mask / Nom. Pl. mask.; -ae = Gen. Sing. fem. / Nom. Pl. fem.). Eine kontextangemessene und kompetenzorientierte Übersetzung erfordert auch, den Blick auf das Satzganze zu richten: Genitive sind – zumindest im Anfangsunterricht – Genitivattribute, sie tauchen also fast immer in Verbindung mit einem Substantiv auf, von dem sie abhängen (taberna Eutropi); diese Verbindung ist manchmal so eng, dass sich das Substantiv und sein Genitivattribut im Deutschen sogar zu einem Wort zusammenfassen lassen: porta tabernae = „Ladentür“, ira deorum = „Götterzorn“.Auch B (TB 38) kann von den SuS allein und selbstständig erarbeitet werden, da alle Endungen der neuen Verben bereits bekannt sind (ost mus tisnt), nach der Übersetzung muss aber auch hier das Neue besprochen, systematisiert und geübt werden, insbesondere die Ähnlichkeiten und Unterschie-de zur e- und i-Konjugation (vgl. BB 38 zu B ). Ganz ähnlich ist es in C : Auch hier lässt sich der Text für SuS problemlos übersetzen, wenn die neuen Vokabeln bekannt sind. Probleme werden erst deutlich in der Nachbesprechung: Ob die Endung -a in consilia einen Neutrum Plural anzeigt oder einen Nominativ Singular (wie in den neuen Vokabeln vita, terra oder creatura), hängt nur von der „Lernform“ ab: Steht das Wort als „vita, vitae f“ im Vokabelverzeichnis, ist es a-Deklination, die Endung -a steht also für den Nominativ Singular (oder den Ablativ Singular), steht es als „consilium, consilii n“ oder als „donum, doni n“ im Vokabelver-zeichnis, so ist es ein Neutrumwort der o-Deklination, und die Endung -a markiert den Plural. So kann also – und damit haben viele SuS Probleme – die Form dona (als Akkusativ Plural neutrum) sogar ein Akkusativobjekt sein. Wichtig ist daher der Hinweis, dass beim Lernen der Vokabeln Geschlecht und Genitiv mitgelernt werden müssen. Grundregel für Neutra: Formen des Nominativ und Akkusativ sind gleich.

3. Textarbeit

Auch der Text der Lektion 5 (TB 41) zerfällt in zwei Hälften, die wieder auf zwei Unterrichtseinheiten aufgeteilt werden sollten. Inhaltlich geht es in Z. 1�-�14 um die Erschaff ung der Menschen, in Z. 15�-�23 um den Aufstieg der neu geschaff enen Geschöpfe und um die Errungenschaften der Kultur. Prometheus ist eine schillernde und facettenreiche Gestalt des Mythos. Er schuf die Menschen und blieb weiterhin ihr Wohltäter: Er gab ihnen das Feuer und weitere Kulturtechniken; vor allem in dem großen Mythos bei Platon (Prot. 321 c ff .) fungiert er als Kulturbringer. Aber er setzte sich auch über Weisungen der Götter hinweg, stahl Zeus�/�Jupiter das Feuer aus dem Himmel, betrog ihn mit dem „Opfertrick“ und wurde dafür grausam bestraft (vgl. „Der Helfer muss büßen“ auf S. 42 im Textband). Der gesamte Text spielt mit diesem „Doppelcharakter“ des Prometheus, den die Zuneigung zu „seinen“ Menschen in Konfl ikt mit den Göttern bringt.

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5SPRACHARBEIT

Das Bild (TB, S.41) visualisiert die recht abstrakte deutsche Einleitung und stellt das Thema des ersten Textabschnittes dar: die Erschaff ung der Menschen aus Lehm durch Prometheus und Minerva�/�Athe-ne. Eine Vorerschließung des Inhalts ist über die Eigennamen (Prometheus, Minerva, Jupiter) und ihr Verhältnis zu einander gut möglich. Entscheidende Schlüsselwörter, die sich mehrfach wiederholen, helfen weiter (Z. 1�-�4):Minerva dea fi guras Promethei videt.Figurae Promethei deae placent;dea Prometheo adest.(dea) fi guris vitam et animum donat.Donum Minervae deae Prometheo placet.

Minerva (4x dea�/�deae) und Prometheus erschaff en gemeinsam die Menschen; Prometheus formt sie aus Lehm, Minerva haucht ihnen als göttliches Geschenk Leben und Seele ein (2x donum bzw. donat). Beiden gefällt ihr Werk (2x placent bzw. placet). Im nächsten Teil (Z. 4�-�7) übernimmt Prometheus die Verantwortung für seine Geschöpfe (creatu-ras), indem er ihnen die ganze Welt zeigt. Doch mit seiner Hilfe legt er gleichzeitig auch den Grund-stein für den Konfl ikt mit den Göttern (in fast jedem Satz steht ab hier eine Form von deus oder dea): Den Göttern sind die Geschöpfe des Prometheus suspekt, besonders Jupiter mag sie nicht: non placent; neque Iuppiter […] amat. Dieses Thema beherrscht den gesamten Rest des Textes bis Z. 23. Der Grund für diesen Konfl ikt ist in dem dreimal wiederholten nimium zu sehen: Tu creaturis nimium ostendis; creaturae nimium cognoscunt, nimium sciunt. Jupiter fürchtet also, dass Promet-heus und seine Geschöpfe der Hybris (Hochmut, Selbstüberschätzung) verfallen und die Götter nicht mehr achten. Um ihre Achtung vor den Göttern zu beweisen, verlangt er von ihnen Opfer. Das zielt wohl weniger auf die Geschöpfe ab als auf ihren Schöpfer. Die verlangten Opfer sind symbolischer Art, sie sollen dem Prometheus deutlich zu machen, dass auch er immer noch unter Jupiter steht. Doch genau diese Botschaft versteht Prometheus nicht! Statt sich Jupiter zu unterwerfen, betrügt er ihn durch einen Trick bei den eingeforderten Opfern (deutscher Zwischentext) und setzt sich sogar noch über das „Feuerverbot“ Jupiters für seine Menschen hinweg. Auch der zweite Teil des Textes (Z. 15�-�23) lässt sich anhand der Schlüsselbegriff e recht gut vorer-schließen, wobei gerade diese Begriff e direkt auf den Kern des Prometheus-Mythos weisen: Alle Schlüsselbegriff e des Textes, die das Verhalten des Prometheus beschreiben, changieren zwischen den Begriff en „Hilfe“ und „Selbstüberschätzung“: dolum, superbiam Promethei, poena, providet, resistere audet, fl ammam dat, donat, opera Promethei, machinas inveniunt et oppida constituunt. Die Geschichte der Menschen ist eine Erfolgsgesichte, und sie ist nur möglich mit der Hilfe des Prometheus! Der letzte Satz (Prometheus creaturis consilio semper adest) wirkt fast wie eine Übersetzung seines Namens („der Vorausdenkende“), und seine spektakulärste Aktion (caelum petit, fl ammam de caelo in terram portat) fasst symbolisch die gesamte Ambivalenz der Prometheus-Gestalt zusammen: Prometheus stürmt den Himmel und hilft den Menschen.Wenn man diese Begriff e nicht zur Vorerschließung nutzen möchte, sollte man sie – nach der Über-setzung – als Ausgangspunkt für die Gesamtinterpretation nutzen (vgl. Frage 3).

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5 MATERIALIEN

4. Materialien

M1 KREUZWORTRÄTSEL: Formen

M2 SCHÜLER-INFO I: Schulalltag in Rom

M3 SCHÜLER-INFO II: Der Mythos des Prometheus nach Gustav Schwab

M4 LEHRER-INFO: Götterstammbaum nach Hesiods Theogonie

M5 BILDBESCHREIBUNG: Schulszene auf einem römischen Relief (TB 39) / Römisches Schmuckstück mit einem Bildnis des Göttervaters Jupiter (TB 40) / Peter Paul Rubens: der gefesselte Prometheus (TB 42)

M6 DIAGNOSEBOGEN

Kai Brodersen, Bernhard Zimmermann: Antike Mythologie. Stuttgart – Weimar 2005.

Otto Holzapfel: Lexikon der abendländischen Mythologie. Hohe, Erftstadt 2007.

Christoph Jamme: „Gott an hat ein Gewand“. Grenzen und Perspektiven philosophischer Mythos-Theorien der Gegenwart. Frankfurt am Main 1999.

Carl Gustav Jung, Karl Kerényi: Das göttliche Kind. Einführung in das Wesen der Mythologie. Düsseldorf 2006.

C. Scott Littleton: Das Große Buch der Mythologie. München 2003.

Nach wie vor der Klassiker:

Gustav Schwab, Richard Carstensen (Hrsg.): Die schönsten Sagen des klassischen Altertums von Gustav Schwab. München 392005.

Dimiter Inkiow: Griechische Sagen I, erzählt von Dimiter Inkiow, vorgetragen von Peter Kämpfe. Igel-Records Dortmund 1997 und öfter (sehr gut zum Stundeneinstieg geeignet; der Prometheus-Mythos ist Nr. 2).

Neue und moderne Herangehensweise an die Welt der Mythologie: Rick Riodarn: Percy Jackson. Carlsen Verlag (inzwischen fünf Bände , erhältlich auch als Hörbuch).

Ähnliches Konzept mit ebenfalls großem Erfolg:

Josephine Angelini: Göttlich. Oettinger Verlag (abgeschlossene Trilogie).Rick Riodarn: Helden des Olymp. Carlsen Verlag (inzwischen fünf Bände).

speziell für Mädchen:

Suzanne Williams, Joan Holub: Die sagenhaften Göttergirls. Die Neue auf dem Olymp. Köln 2012.

Literatur

Tipps für Leseratten

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5LÖSUNGEN

5. Lösungen

GRAMMATIK ÜBEN

tabernAEAE – tabernARUMS – populORORUM – populII E campIP – portARUM E amicAORUM bzw. amicAORUM – dominAIE

1. der Zorn der Göttin – der Zorn der Göttinnen 2. das Unrecht des Schülers – das Unrecht der Schüler E 3. die Schuld der Kinder 4. der Sieg des Eutropus E die Freunde des Sklaven – die Sklaven des Freundes

1. narro et dico: ich erzähle und sage 2. narramus et dicimus: wir erzählen und sagen 3. vides et legis: du siehst und liest 4. vident et legunt: sie sehen und lesen 5. respondete et dicite: antwortet und sagt! E 6. cogita et scribe: überlege und schreib! 7. cogitat et scribit: er, sie überlegt und schreibt E 8. legere et scribere volumus: wir wollen lesen und schreiben

1. Brutus sagt: „Ich schreibe nicht.“ 2. Marcus und Aulus sagen: „Aber wir schreiben.“ 3. Brutus: „Warum schreibt ihr?“ 4. Marcus und Aulus antworten: „Wir wollen schreiben E 5. Dann schreit Eutropus: „Schreibt, schreibt, schreibt, Freunde!“ 6. Auch Marcus und Aulus schreien: „Schreib, Brutus, schreib, Brutus!“ E 7. Eutropus dicit: „Cur Brutus scribere non vult?“

1. consilium E consilia E consiliis E consilio E consilio E 2. verba E verba E verbum E verbi E verbum E verba

1. Eutropus gibt den Schülern einen Rat: „Schreibt die Wörter!“ 2. Marcus und Aulus gehorchen den Worten des Eutropus. 3. Sie überlegen: „Eutropus will uns mit seinem Rat helfen.“ 4. Die Worte des Eutropus gefallen dem Brutus nicht. E 5. Brutus ist kein Freund der Worte des Eutropus. 6. Brutus gehorcht dem Rat des Eutropus nicht. E 7. Brutus consilia Eutropi non audit.

SPRACHE VORENTLASTEN

a-Konjugation: spectatisYYihr betrachtet, postuloYYich fordere, cogitatYYer, sie überlegte-Konjugation: videmusYYwir sehen, sustinesYYdu erträgst, placentYYsie gefallen, debetisYYihr müsst, movetYYer, sie, es bewegt i-Konjugation: sciuntYYsie wissen, scioYYich weiß

poena (auch Nom.)YYdominis (auch Dat.)YYsilva (auch Nom.)YYsilvis (auch Dat.)YYcampo (auch Dat.)

1. cogitare 2. spectare 3. amare 4. audere 5. sustinere

S. 39

A1

A2

B1

B2

C1

C2

S. 40

1

2

3

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5 LÖSUNGEN

TEXT ERSCHLIESSEN

Eigentlich veranschaulicht die Zeichnung die ersten beiden Sätze des lateinischen Textes: Minerva betrachtet die Figuren des Prometheus und es gefällt ihr, was sie sieht.Der Gott wird zornig; der Gott lässt seinem Zorn freien Lauf; der Zorn überkommt den Gott.Es ist eine Frage der Perspektive. Insgesamt scheint er die Akzeptanz der Menschen durch deren wachsende Fähigkeiten zu schwächen, wobei er wenig Respekt gegenüber den Göttern zeigt (vgl. S. 83 „Textarbeit“). Hilfsbereitschaft: Er steht konsequent für seine Kreaturen ein und sorgt für sie: ducit – ostendit – List beim Opfer: dolum – fl ammam caelit dat – linguam et copiam verborum donat – opera Promethei – consilio semper adest // Hochmut: Er erregt wachsendes Missfallen der Himmelsgötter an den Menschen: nimium ostendis, nimium sciunt – List beim Opfer: superbiam – imperio deorum resistere audet: fl ammat de caelo in terrram portat.

Jupiter müsste sich von den Menschen distanzieren und über ihnen stehen, Prometheus müsste schützend über den Menschen und als Gegner von Jupiter dargestellt werden; die Menschen sind wie Marionetten in der Zerreißprobe.

INHALT VERTIEFEN

Auch hier kann eine Positionierung erfolgen, die ihn eher eigennützig oder eher uneigennützig zeigt. Dass er auch die Menschen in Ungnade brachte, wäre eine Bewusstseinserweiterung.Nein: Prometheus hat selbstständig gehandelt, indem er seine Geschöpfe gefördert hat. Ja: Ab einer bestimmten Entwicklungsstufe entwickeln sie sich selber weiter. Das könnte auch Prometheus angelastet werden. Da aber die Menschen auch bestraft werden, wird er nicht stellvertretend für sie bestraft.

SPRACHE VERTIEFEN

1. Die Götter sehen die Geschöpfe des Prometheus. 2. Die Geschöpfe gefallen der Menge der Götter und Göttinnen nicht. 3. Aber Prometheus leistet dem Befehl der Götter Wider-stand. 4. Er schenkt den Geschöpfen eine Fülle an Wörtern. 5. Bald erfi nden die Geschöpfe durch das Geschenk des Prometheus / durch Prometheus’ Geschenk auch die Buchstaben.

WIEDERHOLEN

Teil 1 ausschließlich 3. Person, d.�h. ein darstellender, erzählender Text; Teil 2 in der wört lichen Rede überwiegend 1. + 2. Person Sg., also ein Dialog; die Dialogeinleitungen sind in 3. Sg.

Tantalus will zeigen, dass die Götter nicht allmächtig sind, sondern in menschlicher Weise auf Tricks reinfallen – wie bei Ceres zu sehen.

Menippus geht davon aus, dass der Tartaros tatsächlich das Reich der Toten ist. Daher verlieren die menschlichen, d.�h. sterblichen Bedürfnisse ihre Bedeutung. Die Tantalusqual ist nur für einen lebenden Menschen eine wirkliche Qual, der Mythos verliert seinen eigent-lichen Inhalt.

S. 27

1.

2.3.

4.

S. 42

1.

2.

S. 42

S. 42

1.

2.

3.

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5MATERIALIEN

Kreuzworträtsel Formen

Übersetze die Substantiv- und Verbformen ins Lateinische. Das Lösungswort ist der Name eines Dir bereits bekannten Helden aus ROMA.

M1

1. Gen. Pl. von serva

2. 2. Pers. Pl. von scribere

3. Akk. Pl. von consilium

4. Gen. Sg. von vita

5. Akk. Sg. von sacrum

6. Gen. Sg. von deus

7. 1. Pers. Sg. von donare

8. 3. Pers. Pl. von dicere

9. Inf. von vivo

10. 1. Pers. Pl. von legere

11. Dat. Pl. von imperium

12. 1. Pers. Sg. von scire

13. Imperativ Sg. von properare

14. 2. Pers. Sg. von velle

15. 3. Pers. Pl. von nolle

4

2

3 73

94

12 82

65

11 1

113

6

15 5 9

14

10

87

1 2 3 4 5 6 7 8 9

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5 MATERIALIEN

Schüler-Info I: Schulalltag in Rom

Das Schulwesen im antiken Rom ist mit dem heutigen Schulwesen nur sehr bedingt vergleichbar. Zwar gab es auch bei den Römern öff entliche Schulen. Träger dieser Schulen waren aber Privatleute, nicht der Staat. Nur diejenigen, deren Eltern es sich leisten konnten, erhielten im antiken Rom eine Schul-ausbildung. Wie gut diese Ausbildung war, hing ebenfalls von der fi nanziellen Ausstattung der Eltern ab. Reiche schickten ihre Kinder nicht in eine öff entliche Schule, sondern erzogen und lehrten diese im Idealfall selbst. Da das wegen der berufl ichen und gesellschaftlichen Verpfl ichtungen des Vaters nur selten möglich war, übertrug man die Ausbildung normalerweise einem gebildeten Sklaven (paedago-gus; custos). Weil die Kommunikationssprache im östlichen Mittelmeerraum das Griechische war, wählte man bevorzugt Lehrer aus dem griechischen Sprach- und Kulturbereich. Das hatte zur Folge, dass man die Kinder zunächst Griechisch lernen lassen musste. Dies erfolgte parallel zu der an den römischen politischen und militärischen Werten orientierten Ausbildung im heutigen Grundschulalter (7�-�10 Jahre). Auf Grundlage dieser römischen Werteerziehung wurde ein Schüler dann von seinem Privatlehrer in der Auseinandersetzung mit griechischer Literatur und Philosophie weiter zum „Mann von Welt“ erzogen.Kinder weniger reicher Eltern wurden in die Elementarschule zu einem magister ludi bzw. litterator geschickt. Diese befand sich meist in gemieteten Räumen oder Läden am Forum. Dort lernten Jungen und Mädchen zusammen Lesen, Schreiben und Rechnen, wobei stillschweigend auch mancher junger Sklave, der besser gestellte Kinder zum Unterricht begleitete, Grundkenntnisse im Lateinischen erwarb. Die Unterrichtsmethoden waren grob; körperliche Züchtigung war nicht nur erlaubt, sondern als Lernmethode anerkannt. Die Lernumstände waren wenig komfortabel; da es weder Schulhefte noch Schulbücher im modernen Sinn gab, musste nahezu alles auswendig gelernt werden. Der Lernerfolg hing wesentlich davon ab, wie gut das Gedächtnis eines Schülers war! Unterrichtsbeginn war der frühe Morgen, die Dauer des Unterrichts betrug meist sechs Stunden, die normalerweise von einer Mittagspause unterbrochen wurden. Ferien gab es nur einmal im Jahr, dann allerdings von Juli bis Oktober, also in der heißesten Zeit des Jahres. Diese für die Schüler schönste Zeit des Jahres war für einen Lehrer nicht unbedingt ebenso erholsam wie heute, da er für die Ferien-zeit keine Bezahlung erhielt. Da die Bezahlung für einen Elementarlehrer normalerweise schlecht war, konnte es also in der Ferienzeit durchaus zu fi nanziellen Engpässen kommen. Dass die Bezahlung so schlecht war, hing sicher auch damit zusammen, dass ein Elementarlehrer keine besondere Qualifi ka-tion nachweisen musste. Letztlich konnte jeder als Elementarlehrer arbeiten, wenn er nur selber Lesen, Schreiben und Rechnen konnte und bereit war, diese Kenntnisse anderen zu vermitteln.(nach KÖNIG, INGEMAR: Vita Romana. Vom täglichen Leben im alten Rom. Darmstadt 2004, S. 107�-�126.)

M2

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89

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Schüler-Info II: Der Mythos des Prometheus nach Gustav Schwab

Diese griechische Sage berichtet auf mythologische Art, wie die Menschen das Feuer erhielten. Dabei wird deutlich, dass der Umgang mit dem Feuer in der menschlichen Bewusstseinsentwick-lung einen besonderen Stellenwert einnimmt.Himmel und Erde waren erschaff en, das Meer wogte in seinen Ufern, und die Fische spielten durch die Fluten. In den Lüften sangen die Vögel, und auf dem Lande wimmelte es von Tieren. Aber noch fehlten Geschöpfe, in deren Leib der Geist Wohnung nehmen und von ihm aus die Welt beherrschen könnte. Da stand Prometheus auf. Er war ein Sprössling jenes älteren Göttergeschlechts, das von Zeus entthront worden war, und ein kluger Erfi nder.Prometheus nahm Ton, befeuchtete und knetete ihn und formte daraus den Menschen nach dem Ebenbild der Unsterblichen, der Herren der Welt. Um seinen Erdenkloß aber auch zu beleben, entlehnte er von den Tieren gute und böse Eigenschaften und senkte sie in die Brust des Irdischen ein. Unter den Göttern hatte er eine Freundin, Athene. Sie bewunderte die Schöpfung des Titanensohnes und blies dem halbbeseelten Bilde den Geist, den Atem ihrer Weisheit, ein.So entstanden die ersten Menschen und füllten bald die Erde. Lange wussten sie nicht, wie sie ihre Körperteile und den göttlichen Funken bedienen sollten, den sie empfangen hatten. Sehend sahen sie umsonst, hörend hörten sie nicht; wie Traumgestalten liefen sie umher und ahnten nichts von der Schöpfung und ihrem Sinn. Unbekannt war ihnen die Kunst, Steine auszugraben und zu bebauen, aus Lehm Ziegel zu brennen, Balken aus dem gefällten Holze des Waldes zu hauen und sich Häuser zu erbauen. In sonnenlosen Höhlen wimmelte es von Menschen wie von beweglichen Ameisen; nicht den Winter, nicht den blütenvollen Frühling, nicht den früchtereichen Sommer kannten sie an sicheren Zeichen; planlos war alles, was sie verrichteten.Da nahm sich Prometheus seiner Geschöpfe an; er lehrte sie den Auf- und Niedergang der Gestirne und wies ihnen die Kunst zu zählen wie auch die Buchstabenschrift. Er zeigte ihnen, wie sie Tiere ins Joch spannen und als Genossen ihrer Arbeit verwenden könnten; er gewöhnte die Rosse an Zügel und Wagen und erfand Nachen und Segel für die Schiff fahrt. Sogar für das kleine Leben der Irdischen sorgte Prometheus. Wenn damals jemand krank wurde, wusste man kein Mittel und nicht, was an Speise und Trank ihm zuträglich sei, noch kannte man Salböl zur Linderung seiner Schäden. Prome-theus zeigte den Menschen die Mischung milder Heilmittel, um Krankheiten damit zu bekämpfen. Er lehrte sie das Wahrsagen, deutete ihnen Vorzeichen und Träume, Vogelfl ug und Opferschau. Er führte ihren Blick unter die Erde und ließ sie die Erze, Eisen, Silber und Gold, entdecken. In viele Künste des Lebens weihte er sie ein.Im Himmel herrschte mit seinen Kindern Zeus, der seinen Vater Kronos entthront und das alte Göttergeschlecht, von dem auch der Titanensohn Prometheus abstammte, gestürzt hatte.Jetzt aber wurden die neuen Herren aufmerksam auf das Menschenvolk. Sie verlangten Verehrung von ihm für den Schutz, den sie ihm willig angedeihen ließen. In Mekone in Griechenland wurde ein Tag der Begegnung zwischen Sterblichen und Unsterblichen abgehalten, um die Rechte der Irdischen zu bestimmen. Bei dieser Versammlung erschien Prometheus als Anwalt seiner Geschöpfe, um dafür zu sorgen, dass für die übernommenen Schutzämter die Götter den Sterblichen nicht allzu viele Pfl ichten auferlegten. Dabei verführte ihn seine Liebe zu Listen, er versuchte, die Unsterblichen zu betrügen. Er schlachtete im Namen der Menschen einen großen Stier; die Himmlischen sollten wählen, was sie davon für sich verlangten. Er hatte aber nach Zerstückelung des Opfertieres zwei Haufen gebildet; auf der einen Seite sammelte er Fleisch und Speck in der Haut des Tieres und legte die Eingeweide darüber, auf der anderen - und dieser Haufen war der größere - die kahlen Knochen, künstlich in das Unschlitt des Schlachtopfers eingehüllt. Zeus, der Göttervater, der Allwissende, aber durchschaute den Betrug. „Sohn des Japetos", sagte er, „guter Freund, wie ungleich hast du geteilt!"Prometheus glaubte, dass die List gelungen sei, und antwortete: „Erlauchter Zeus, größter der ewigen Götter, wähle den Teil, den dir dein Herz anrät zu wählen."Zeus wurde zornig, fasste aber mit beiden Händen gefl issentlich das weiße Unschlitt. Als er es nun auseinandergedrückt hatte und die bloßen Knochen gewahrte, tat er, als entdeckte er erst jetzt die List. „Ich sehe wohl", zürnte er, „dass du die Kunst des Truges noch nicht verlernt hast!"

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Dann überdachte der Göttervater, wie er sich an Prometheus rächen könnte, und versagte dessen Lieblingen, den sterblichen Menschen, die letzte Gabe, deren sie zur Gesittung bedurften, das Feuer. Doch auch dafür wusste der schlaue Sohn des Japetos Rat. Er nahm den langen Stengel des Riesenfenchels, näherte sich mit ihm dem vorüberfahrenden Sonnenwagen und setzte den Schaft in glosenden Brand. Mit seinem Zunder kam er zur Erde, und bald loderte der erste Holzstoß gen Himmel.Es schmerzte den Vater der Götter, als er das fernhinleuchtende Feuer unter den Menschen emporsteigen sah. Da er den Sterblichen indes den Brand nicht mehr zu nehmen vermochte, erdachte er ein Übel für sie. Der wegen seiner Schmiedekunst berühmte Feuergott Hephästos musste ihm das Scheinbild eines schönen Mädchens anfertigen; Athene selbst, die sich inzwischen auch gegen Prometheus gestellt hatte, warf dem Bild ein weißes, schimmerndes Gewand über, ließ einen Schleier über sein

Gesicht wallen, bekränzte der Jungfrau Haupt mit frischen Blumen und umschlang es mit einer goldenen Binde, die Hephästos ebenfalls seinem Vater kunstreich verfertigt und mit bunten Tierge-stalten herrlich verziert hatte. Hermes, der Götterbote, musste dem holden Gebilde Sprache und Aphrodite allen Liebreiz verleihen. Pandora nannte Zeus die Gestalt, das heißt die Allbeschenkte. Jeder der Unsterblichen hatte ihr nämlich irgendein Unheil für die Menschen mitgegeben.Vergebens hatte Prometheus die Menschen gemahnt, niemals eine Gabe von Zeus anzunehmen, damit ihnen kein Leid dadurch widerführe. Epimetheus, uneingedenk der Warnung, empfi ng die schöne Jungfrau mit Freuden und empfand das Übel erst, als es über ihn kam.Denn bisher lebten die Geschlechter der Menschen, von seinem Bruder beraten, sorgenlos, ohne beschwerliche Arbeit, ohne quälende Krankheit. Die Fremde trug in den Händen eine große geschlos-sene Büchse. Kaum im Haus des Epimetheus angekommen, schlug sie den Deckel zurück, und sogleich entfl ogen dem Gefäße viele Übel und verbreiteten sich mit Blitzesschnelle über die Erde. Ein einziges Gut war zuunterst verborgen, die Hoff nung. Auf den Rat des Göttervaters warf Pandora den Deckel wieder zu, ehe sie herausfl attern konnte, und verschloss sie für immer in ihrer Büchse.Das Elend erfüllte inzwischen alle Gestalten auf der Erde, in der Luft und im Meer. Die Krankheiten irrten bei Tag und bei Nacht unter den Menschen umher, heimlich und schweigend, denn Zeus hatte ihnen keine Stimme gegeben; Fieber belagerten die Erde, und der Tod, der früher nur langsam die Sterblichen beschlich, befl ügelte seinen Schritt.Danach wandte sich Zeus mit seiner Rache gegen Prometheus. Er übergab den Verbrecher dem Hephästos und seinen Dienern. Die mussten ihn in die skythischen Einöden schleppen und hier, über einem schauerlichen Abgrund, an eine Felswand des Berges Kaukasus mit unaufl öslichen Ketten festschmieden. So musste Prometheus fortan an der freudlosen Klippe der Berge hängen, aufrecht, schlafl os, niemals imstande, das müde Knie zu beugen.Zusätzlich schickte Zeus dem Gefesselten einen Adler, der täglich an seiner Leber zehrte, die sich immer wieder erneuerte. Die Qual sollte nicht aufh ören, so hatte der Götter Oberster bestimmt, bis Prometheus rede oder ein Dritter bereit sei und sich freiwillig erböte, Stellvertreter für ihn zu werden.Jener Tag der Erlösung nahte, er nahte früher, als der Verurteilte hoff en durfte. Als er schon viele Jahre an dem Felsen gehangen, kam Herakles des Weges, der auf der Fahrt nach den Hesperiden und ihren Äpfeln begriff en war. Von Prometheus erwartete der Sohn des Zeus einen guten Rat zu gewinnen.

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Ihn erbarmte auch das Geschick des Gefangenen. Er musste sehen, wie der Adler, auf den Knien des Prometheus sitzend, an der Leber des Unglückseligen riss und fraß. So legte Herakles Keule und Löwenhaut vor sich nieder, spannte den Bogen, entsandte den Pfeil und traf den grausamen Vogel. Dann löste er den Gefesselten und führte ihn mit sich. Damit aber des Zeus Bedingung erfüllt würde, stellte er ihm den Zentauren Chiron, der erbötig war, an Prometheus' Statt zu sterben. Bis dahin war er unsterblich gewesen.Auf dass jedoch auch das Urteil des Göttervaters, der den Prometheus auf lange Gezeiten an den Felsen verwünscht hatte, nicht unvollzogen bliebe, musste der Titan einen eisernen Ring tragen, an dem sich ein Stein vom Kaukasus befand. So konnte sich Zeus rühmen, dass sein Feind noch immer an den Kaukasus geschmiedet lebe.

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Lehrer-Info: Götterstammbaum nach Hesiods Theogonie

Das ältere und das jüngere Göttergeschlecht (nach Hesiod, Theogonie).

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Bildbeschreibung

Schulszene auf einem römischen Relief. 2. Jh. n. Chr. Rheinisches Landesmuseum, Trier (E TB 39)(Das Schulrelief aus Neumagen, Original gefunden 1878)Das Schulrelief zeigt zwei aus Buchrollen lesende Schüler links und rechts ihres Lehrers. Alle drei Figuren sitzen in Lehnstühlen; der Lehrer verfügt als Autoritätsperson zusätzlich über einen Fußsche-mel. Bart und Frisur des Mannes erinnern an einen griechischen Philosophen. Von rechts kommt ein jüngerer Schüler mit einem Wachstafelbündel zum Schreibunterricht, der vermutlich nach der Schulstunde seiner älteren Brüder stattfi nden wird.

Römisches Schmuckstück mit einem Bildnis des Göttervaters Jupiter. 1. Jh. n. Chr. (Cabinet des Medailles, Paris) (E TB 40)Bei dem abgebildeten Schmuckstück handelt es sich um eine sog. Kamee, d.�h. Mini-Scherenschnitt, ein Relief, das aus Schmuckstein hergestellt wird. Die Schmuckstücke waren nicht nur in der Antike, sondern später vor allem in der Renaissance und im 17. und 18. Jahrhundert beliebt. Da Kameen für Ringe meist zu groß sind, werden sie zu Broschen, Ohrgehängen oder Hals- und Brustketten verarbei-tet. Bekannt sind sie bereits seit dem vierten Jahrhundert v. Chr., hergestellt wurden und werden sie aus den unterschiedlichsten Materialien: aus Schmucksteinen wie Sardonyx oder Achat, aus Mu-scheln, Korallen oder auch Elfenbein.Diese Kamee zeigt Jupiter frontal stehend, den Kopf nach links, das Zepter in der einen Hand, den Blitz in der anderen und den Adler zu seinen Füßen. Er trägt eine Krone aus Eichenlaub, durch die die römischen Kaiser ihre bürgerliche Macht unterstrichen. Früher sah man in dem Abbild ein Porträt von Tiberius als Jupiter. Allerdings ist es zeitlich näher an den Kameen aus der Zeit des Claudius, von denen es einige gibt, auf denen der Kaiser als Jupiter zu sehen ist. Auch ähnelt die gesamte Jupiter-darstellung sehr der Claudiusstatue, die im Metroon (Olympia) gefunden wurde. In das Jahr 46�/�47 datieren Münzen, auf denen Claudius mit Eichenkrone abgebildet ist. Der dreifarbige Rand, der das Bildnis einrahmt, ist auf mehreren Kameen, die in die zweite Hälfte des 1. Jhds. n. Chr. datieren, ebenfalls zu fi nden.Diese Kamee wurde im Jahre 1367 von Karl V. während einer Pilgerreise in der Kathedrale von Chartres dargebracht, um den Schrein der Heiligen Jungfrau zu schmücken. Während der Französischen Revolu-tion wurde der Schrein zerstört, die Kamee entfernt und am 17. September 1793 dem „Cabinet des Medailles“ übergeben. Perlen und Rubine des Rahmens waren durch Lilien und Delfi ne ersetzt worden.(Gekürzte Übersetzung der offi ziellen Beschreibung auf der Homepage des Cabinet des Medailles.)

Peter Paul Rubens: Der gefesselte Prometheus. 1612.Philadelphia Museum of Art (E TB 42)In der griechischen Mythologie stahl der Titan Prometheus den Göttern das Feuer, um es der Menschheit zu geben. Rasend vor Wut befahl Zeus, Prometheus für immer an einen Felsen zu ketten, wo jeden Tag ein Adler seine sich ständig regenerierende Leber verschlingen würde. Dieses Gemälde, das Rubens als eines seiner wichtigsten Werke betrachtete, bedeutete die Schaff enshöhe des Künst-lers. Das Bild entstand in Zusammenarbeit mit dem berühmten Tier- und Stillebenmaler Frans Snyders, was eine gängige Praxis für Künstler in Antwerpen der ersten beiden Jahrzehnte des 17. Jhdts. darstellte; Snyder malte den Adler. Der Schnabel des riesigen Vogels reißt dem Titan den Torso auf, und legt die blutgetränkten Eingeweide frei. Das linke Auge des Prometheus ist auf den Adler gerich-tet und signalisiert, dass er sich seiner Folter, während seine Beine sich winden, bewusst ist. Die geballte Faust und die zerzausten Haare zeigen seine unglaubliche Qual. Rubens, der auf seinen Reisen nach Italien, Spanien und England intensiv alle Kunst studiert hatte, leitet die massige Gestalt des Prometheus mit seiner dichten Muskulatur von Prototypen Michelangelos ab. Die asymmetrische Komposition des Bildes, in der Prometheus taumelnd nach hinten fällt und sein linker Arm fast über die Leinwand hinaus geht, wurde durch ein Gemälde von Tizian inspiriert (1548�-�1549; Museo del Prado, Madrid). (Übersetzung der offi ziellen Beschreibung auf der Homepage des Philadelphia Museum of Art.)

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Diagnosebogen Name: ��������� ��������

So schätze ich mich selbst ein:

1. Ich beherrsche alle neuen Vokabeln.

2. Ich kann sie im Text passend wiedergeben.

3. Ich kann Genitivformen auffi nden und sie auch bilden.

4. Ich kann Genitivformen im Text richtig übersetzen.

5. Ich kann den Begriff „Genitivattribut“ erklären.

6. Ich kann von Verben der konsonantischen Konjugation alle sechs Formen des Präsens bilden; ich kann erklären, bei welchem Formen ein „Bindevokal“ eingefügt werden muss.

7. Ich kann die Verben der konsonantischen Konjugation von denen der anderen drei Konjugationen unterscheiden.

8. Ich kann die Neutrum-Wörter der o-Deklination auffi nden und von Maskulinum- und Femininum-Wörtern unterscheiden.

9. Ich kann die Formen der Neutrum-Wörter nennen, bilden und im Text richtig übersetzen.

10. Ich kann erklären, was man unter „Abfragen“ versteht, und wie ein „Satzmodell“ oder „Satzbauplan“ aussieht.

11. Ich kann sagen, was Prometheus und Tantalus gemacht haben und warum die Geschichten über sie noch heute für uns wichtig sind.

Das nehme ich mir vor:

1.

2.

3.