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2014 STUDIE DAS IMPORTIERTE RISIKO DEUTSCHLANDS WASSERRISIKO IN ZEITEN DER GLOBALISIERUNG

WWF Studie Wasserrisiko Deutschland

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  • 2014

    STUDIE

    DAS IMPORTIERTE RISIKODEUTSCHLANDS WASSERRISIKO IN ZEITEN DER GLOBALISIERUNG

  • Titelfoto: Neben der bernutzung von Wasserressourcen ist in Staaten mit unzureichender Regulierung die Wasserverschmutzung ein groes Problem. In China werden Kontrollen immer strikter, weshalb ein verbessertes Abwassermanagement fr lokale Unternehmen verpflichtend wird.

    ISBN 978-3-9813048-2-4Herausgeber WWF Deutschland Stand Juli 2014Hauptautoren Philipp Wagnitz/WWF Deutschland, Andrea Kraljevic Mitwirkende Autoren Oliver Mnnicke/WWF International, Katalina Engel, Britta Ptzold,

    Jrg-Andreas Krger/WWF DeutschlandKontakt Philipp Wagnitz/WWF DeutschlandRedaktion Thomas Kberich/WWF DeutschlandGestaltung Thomas Schlembach/WWF Deutschland, Anita Drbohlav/www.paneemadesign.comProduktion Maro Ballach/WWF Deutschland, Sven Ortmeier/WWF Deutschland Bildnachweise 1, 4, 16, 21, 32, 40, 42, 45, 50, 58: Getty Images/iStockphoto; 37: Michel Gunther/WWF-Canon; 64: R.Maro/version-foto.de; 90: USGS/NASA Landsat; 91: Kompsat

    Dank an folgende Mitwirkende: Stuart Orr/WWF International, Alexis Morgan/WWF Inter - na tional, Jochem Verberne/WWF International, Matthias Kopp/WWF Deutschland, Aurelie Shapiro/ WWF Deutschland, Robin Farrington/GIZ, Martin Geiger/DEG, Andr Bckler/EDEKA

  • INHALTSVERZEICHNIS1 ZUSAMMENFASSUNG 52 WASSERRISIKEN GLOBAL ZU LOKAL 82.1 DIE ZUKUNFT DES WASSERS IN DEUTSCHEN UNTERNEHMEN 82.2 UNSERE GLOBALE WASSERPROBLEMATIK 92.3 WAS BEDEUTET DAS FR DIE UNTERNEHMEN? DEN GRUNDSTEIN LEGEN! 122.4 DIE ZUKUNFT DES WASSERS FR DEUTSCHE UNTERNEHMEN 143 DEUTSCHLANDS WASSERRISIKO VERSTEHEN 173.1 WASSERRISIKOANALYSE UND METHODIK 173.2 ANALYSE NACH SEKTOREN 193.2.1 TEXTIL- UND BEKLEIDUNGSINDUSTRIE 193.2.2 ROHSTOFFE 263.2.3 LANDWIRTSCHAFT 343.2.4 CHEMIKALIEN 433.2.5 EINZELHANDEL 503.2.6 FINANZDIENSTLEISTUNGEN 534 WATER STEWARDSHIP VOM RISIKO ZUR CHANCE 594.1 WATER STEWARDSHIP SCHRITT FR SCHRITT 605 AUFRUF ZUM HANDELN 655.1 UNTERNEHMEN: WERDET GUTE WATER STEWARDS! 665.2 INVESTOREN UND KREDITINSTITUTE: PRFT RISIKOBEHAFTETE KUNDEN UND SUCHT DEN DIALOG! 675.3 REGIERUNGEN: SEID VORBILDER UND SUCHT DIE ZUSAMMENARBEIT! 685.4 VERBRAUCHER: VERLANGT BESSERE PRODUKTE! 696 ANHANG: DATEN PRO WIRTSCHAFTSSEKTOR 707 LITERATURVERZEICHNIS 808 ENDNOTEN 86 Bemerkung: Aus Grnden der Einheitlichkeit wurde der Wechselkurs von US-Dollar zu Euro vom 20. Mai 2012 gewhlt. Dieser Kurs entspricht etwa dem Jahresmittel von 2012; am 20. Mai 2012 lag der Wechselkurs bei 1 = 1,27 US $.

  • Der Privatsektor ist weltweit der grte Wassernutzer. Aufgrund von globalen Wertschpfungsketten und Investments knnen lokale Wasserprobleme zu Wasserrisiken multinationaler Unter-nehmen werden.

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 5

    Im Vergleich mit anderen Lndern ist Wasser in Deutschland in ausreichender Menge verfgbar und gut verwaltet. Doch als drittgrte Importnation

    sttzt sich Deutschland auf Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland. Dabei werden neben Produkten auch Wasserrisiken importiert, da viele dieser Waren aus Lndern mit Wasserknappheit, schlechter Wasserqualitt, unzureichender Gesetzgebung und empfindlichen kosystemen stammen. Wasserrisiken knnen in drei Kategorien unterteilt werden: physische Risiken, regulative Risiken und reputative Risiken. Sie treten im direkten Geschft eines Unternehmens (unternehmensbezogen) und innerhalb der Produktions-sttte (flussgebietsbezogen) auf.

    Wasser ist damit kein Problem der Zukunft, sondern fr Unternehmen ein Kernthema der Gegenwart. In Zukunft werden die akuten Wasserrisiken in vielen Gebieten der Welt zunehmen. Eine wachsende Bevlkerung, ein sich vernderndes Konsumverhalten und der Klimawandel werden sich direkt auf die Verfgbarkeit und Qualitt von Wasser auswirken und damit weiteren Druck auf die Politik, Unternehmen und Gesellschaft aufbauen.

    Wichtige ErkenntnisseBasierend auf einer Kombination ihrer Abhngigkeit von Wasser und ihrem Wasserrisiko wurden fr diesen Bericht vier Wirtschaftssektoren mit direktem Wasserrisiko (Landwirtschaft, Chemie-, Textil- u. Bekleidungsindustrie sowie Rohstoffindustrie) und zwei Sektoren mit indirekten Wasserrisiken (Finanz-dienstleistungen und Einzelhandel) ausgewhlt und analysiert. Als indirekt gelten die Wasserrisiken fr den Einzelhandel und fr Finanzdienstleister, da sie vor allem Wasserrisiken von Zulieferern oder ihrer Investments verant-worten. Darber hinaus wurden Lnder mit hohem Wasserrisiko identifiziert, die fr den Warenimport mindestens eines Wirtschaftssektors von groer Bedeutung sind:

    China, Bangladesch und Indien bei Textil- und Bekleidungsindustrie Russland, Libyen, Sdafrika bei Rohstoffen thiopien, Indonesien, Argentinien in der Landwirtschaft China, Indien, Marokko bei Chemikalien

    Wasserrisiken treten in allen Sektoren auf, jedoch in unterschiedlichen Phasen und Intensitten innerhalb der Wertschpfungskette. So ist beispielsweise der Baumwollanbau der wasserintensivste Teil in der Wertschpfungskette der Textil- und Bekleidungsindustrie. Auerdem ist er sehr anfllig fr klimabedingte physische Wasserrisiken. In der Chemieindustrie hingegen sind die grten Risiken (in Lndern mit unzureichender Regulierung) auf Wasserverschmutzungen in der Produktion oder auf die Rohstoffgewinnung zurckzufhren.

    1 Zusammenfassung

    Wasser ist kein Problem der Zukunft,

    sondern fr Unter-nehmen ein Kernthema

    der Gegenwart.

  • 6Aufruf zum HandelnZur Reduktion von Wasserrisiken hat der WWF das Water Stewardship-Konzept entwickelt. Mit einem schrittweisen Ansatz ist es Unternehmen dabei mglich, ein Wasserbewusstsein zu entwickeln, Wasserrisiken zu analysieren und darauf mit internen und externen Manahmen zu reagieren.

    Unternehmen knnen nicht alle Wasserrisiken alleine beseitigen, die sie mit anderen Nutzern in einem Flussgebiet oder mit anderen Unternehmen in der Wertschpfungskette teilen. Im Fokus der Water Stewardship-Manahmen stehen daher gemeinsame Aktivitten mit anderen Wassernutzern, Behrden und der Zivilgesellschaft in den betroffenen Flussgebieten.

    Eine wesentliche Ursache von Wasserrisiken ist (neben der Wasserverschmut-zung) oft nicht die Verfgbarkeit und die effiziente Nutzung von Wasser, sondern die unzureichende Verwaltung und Verteilung der Wasserressourcen. Water Stewardship bietet eine Mglichkeit fr Unternehmen, ber Manahmen zur Effizienz hinaus aktiv zu einem verantwortungsvollen und nachhaltigen Management von Swasserressourcen im Flussgebiet beizutragen.

    Unternehmen, die dadurch ihre Wasserrisiken verringern, werden von Wett - bewerbsvorteilen profitieren knnen. Sie stabilisieren ihre Produktionsvolumina und -qualitt und investieren mit ihrem Engagement in langfristige Kundenbeziehungen und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihren Partnern.

    Darber hinaus steigen auch die Erwartungen an Regierungen und Unter neh-men, nachhaltige Wassermanagementstrategien zu entwickeln und Wasser - vorkommen gerecht aufzuteilen. Dass Wirtschaft, Regierung und Zivilbevl ke - r ung Hand in Hand an nachhaltigen Lsungen arbeiten, ist dabei unerlsslich.

    Nach Ansicht des WWF ist es jetzt an der Zeit fr Unternehmen, langfristige und intelligente Wasserstrategien zu entwickeln, die ber kurzfristige Ertrags-optimierungen und interne Effizienzstrategien hinausgehen.

    Um gute Water Stewards zu werden, sollten deutsche Unternehmen u. a.: die eigene Verantwortung erkennen und ihre Wasserrisiken und Auswir-kungen analysieren;

    das eigene Risiko minimieren und Water Stewardship-Strategien umsetzen;

    gemeinsam mit anderen Unternehmen sektorspezifische Lsungen zur Risikominderung entwickeln und diese Lsungen in ihr unternehmerisches Handeln berfhren.

    Um nachhaltige Lsun-gen zu entwickeln, ist eine Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft,

    Regierung und Zivilge-sellschaft unerlsslich.

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 7

    Um gute Water Stewards zu werden, sollten Investoren und Kreditinstitute u. a.: Systematisch Finanzierungs- und Anlageentscheidungen auf wasserbezogene Risiken und die Wasservertrglichkeit prfen und hierzu Standards und Richtlinien entwickeln bzw. bestehende Prozesse ergnzen, insbesondere im- Risikomanagement (z. B. fr Kreditrisiken oder Marktrisiken, Risikolimits,

    und berfhrung in Kennzahlen wie z. B. VaR)- Bewertung und Analyse (z. B. Unternehmens- oder Kreditbewertung)- Prozess von Engagement und Investmentstrategie bis zum Aus schluss

    bestimmter Titel und Unternehmen aufgrund unzureichen der Mitigation solcher Risiken;

    Transparenz und Offenlegung des Wasserrisikos bzw. der Wasservertrglich-keit fr Kunden oder Projekte aktiv einfordern und Transparenz ber die Wasservertrglichkeit eigener Portfolios im eigenen Reporting herstellen;

    Sektorspezifische Strategien zur nachhaltigen Reduzierung von Wasserrisiken verstehen und ggf. entwickeln, um mit risikobehafteten Kunden und/oder Investitionen in den Dialog treten zu knnen (ggf. wo mglich Angebot der technischen Untersttzung).

    Um ein guter Water Steward zu werden, sollte die deutsche Regierung: mit Regierungen ausgewhlter Lnder mit hohem Wasserrisiko und in Fluss-gebieten, die wichtig fr Deutschlands Handel und Konsum sind, auch ber die Entwicklungshilfe hinaus zusammenarbeiten und den wirtschaft lichen Aspekt des Wassers vor Ort strker beleuchten;

    mit wichtigen Unternehmen zum Thema gemeinsamer Risiken und gemein-samer Manahmen in Bezug auf gefhrdete Flussgebiete zusammenarbeiten;

    Deutschlands internationaler Verpflichtung als Unterzeichnerstaat der Biodiversittskonvention der UN nachkommen und sicherstellen, dass die Aichi-Ziele bis 2020 erreicht werden.

    Um gute Water Stewards zu werden, sollten Verbraucher: sich ber die Herkunft von Produkten und damit verbundenen Wasser-problemen zu informieren;

    Nachhaltigkeit fr alle Produkte einfordern und Kaufentscheidungen davon abhngig machen;

    von den Unternehmern Transparenz ber verschiedene Informationswege, u. a. am Verkaufsort, fordern.

  • 8Deutsche Unternehmen sind in hohem Mae ab-hngig von Waren und Dienstleistungen aus anderen Lndern. Unabhngig von der Branche ist sauberes Wasser in ausreichender Menge ein wichtiger Produktionsfaktor. Daher hngt der Erfolg eines

    Unternehmens direkt oder indirekt von der Verfgbarkeit von Wasserressourcen in der Wertschpfungskette ab.

    Wasser wird jedoch immer knapper. Tatschlich wurde die Wasserkrise vom Weltwirtschaftsforum (WEF) als eines der fnf weltweit grten Risiken ein-gestuft.1 Immer hufiger kmpfen Unternehmen und Wirtschaftszweige gegen extreme mit Wasser verbundene Ereignisse. Dem Globalen Wasserbericht des Carbon Disclosure Project (CDP) von 2012 zufolge sind 90 % der deutschen Unter nehmen, die zu den 500 umsatzstrksten der Welt zhlen, in ihrer Ge-schftsttigkeit oder in ihrer Wertschpfungskette Wasserrisiken ausgesetzt.2

    Fr Unternehmen ist Wasser damit kein Problem der Zukunft mehr, sondern ein sehr aktuelles. Ausdruck dafr sind die durch die Wasserrisiken entstehen-den Kosten fr Unternehmen, aber auch fr Regierungen und die Gesellschaft. Vorausschauende Unternehmen ergreifen daher schon heute die Gelegenheit, ihre Wasserstrategien zu berdenken.

    2.1 Die Zukunft des Wassers in deutschen Unternehmen

    Alle groen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts Klimawandel, steigende Bevlkerungszahlen, politische Unruhen, Nahrungsmittelsicherheit haben einen gemeinsamen Nenner: Wasser. Wasser ist schon lange kein Problem der Armen und Schwachen mehr, sondern betrifft alle gleichermaen. Wir mssen verstehen, dass die Bereitstellung von Wasser fr menschliche Zwecke eine Dienstleistung der Natur ist, die von kosystemen rund um die Welt zur Verfgung gestellt wird. Ohne eine wesentliche Verringerung unseres Fuabdruckes werden die Folgen schwerwiegend sein. Schon heute spren wir die negativen Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und wie wir unsere Handelsgter in einem glo-balisierten Markt herstellen, verarbeiten und transportieren. Deutschland trgt wegen seiner starken Abhngigkeit vom internationalen Warenhandel eine besonders groe Verantwortung. Daher gehren kluge, nachhaltige Wasserlsungen ins Pflichtenheft eines jeden Unternehmens zum Schutz unseres Planeten, aber auch aus wirtschaft-lichem Eigeninteresse. Eberhard Brandes, Geschftsfhrer des WWF Deutschland3

    Die mit Wasser verbundenen Probleme und Risiken zu ignorieren, wird sich fr Unternehmen dauerhaft nicht auszahlen. Einen Wettbewerbsvorteil werden solche Unternehmen haben, die ihre Risiken reduzieren, indem sie die Situation vor Ort analysieren, verstehen und beispielsweise durch die Untersttzung und nachhaltige Verwaltung gemeinsamer Wasserressourcen, Zusammen-arbeit mit anderen Stakeholdern vor Ort verbessern helfen. Strategien zur Risikoredu zierung helfen so, Investitionen langfristig zu sichern und die eigene Reputation zu erhalten. Mehr noch: Die Unternehmen stabilisieren ihre Produktionsvolu mina und -qualitt und investieren mit ihrem Engagement in langfristige Kun denbeziehungen und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihren Partnern.

    Das ffentliche Bewusstsein fr herstellungsbedingte Umweltschden wchst. Damit steigen die Erwartungen an Wirtschaft und Politik, nachhaltige Wasser-managementstrategien zu entwickeln und Wasservorkommen gerecht aufzu-

    2 Wasserrisiken global zu lokal

    Wir mssen verstehen, dass die Bereitstellung

    von Wasser fr menschliche Zwecke

    eine Dienstleistung der Natur ist.

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    teilen. Dafr mssen Wirtschaft, Regierungen und Zivilbevlkerung Hand in Hand arbeiten. Der Privatwirtschaft kommt aufgrund ihrer internationalen Handels- und Wertschpfungsketten dabei eine besondere Bedeutung zu. Sie muss sich aktiv in aktuelle und zuknftige Diskussionen einbringen, um ihre Produktion, auch aus soziokologischer Verantwortung heraus, abzusichern.

    2.2 Unsere globale WasserproblematikSwasser die Quelle des Lebens ist auf der Erde ungleich verteilt. Jede Region verfgt ber ihren eigenen Wasserkreislauf, der von einer Vielzahl natrlicher Faktoren geprgt ist. Das weltweite Wasserproblem hingegen ist menschengemacht. Steigende Bevlkerungszahlen, wirtschaftliche Entwicklun-gen und der Klimawandel beschleunigen den Druck auf unsere erneuerbaren, aber dennoch endlichen Wasservorkommen vor allem in Trocken regionen.

    Im letzten Jahrhundert ist der Wasserverbrauch weltweit doppelt so stark an-gestiegen wie das Bevlkerungswachstum.4 Obwohl sich die Vereinten Natio nen den Zugang zu sauberem Trinkwasser im Jahr 2000 als ein Millennium-Entwick lungsziel gesetzt haben5 und der Zugang zu Wasser und sanitren Einrichtungen 2010 zum Menschenrecht erklrt wurde6, werden noch immer lebenserhaltende, wasserliefernde kosysteme zerstrt. Schon heute leben Milliarden Menschen in Regionen mit hohem Wasserrisiko. Ob Nahrungs-mittel, Strom, Industriewaren oder Dienstleistungen jeder einzelne Mensch braucht und verbraucht immer mehr Wasser und belastet so die Wasserres-sourcen vor Ort. Der Kampf um Wasserressourcen hat direkte Auswirkungen auf Unternehmen, Regierungen, Mensch und Natur. Und durch den weltweiten Klimawandel wird sich das Wasserrisiko in vielen Regionen weiter erhhen.

    Wasserfakten global2,7 Mrd. Menschen leben derzeit in Wassereinzugsgebieten mit massiver Wasser-knappheit whrend mindestens eines Monats im Jahr7; 783 Mio. Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser.8

    50 % der um 1900 noch weltweit existierenden Feuchtgebiete wurden im 20. Jh. zerstrt. Europas Feuchtgebiete gingen in diesem Zeitraum um 60 % zurck.9

    Der weltweite Wasserbedarf wird zwischen 2000 und 2050 um 55 % steigen, vor allem in den Bereichen Produktion (+400 %), Elektrizitt (+140 %) und Hausgebrauch (+130 %).10

    Ein hoher Wasserverbrauch wird das Austrocknen von Fliegewssern in Sd-, West- und Zentraleuropa um 10 30 % verstrken, in geringerem Umfang auch im Vereinigten Knigreich.11

    Der Zustand der weltweiten Swasserkosysteme verschlechterte sich zwischen 1970 und 2008 um 37 % strker als der aller anderen kosysteme.12

    Weltweit ist der gesamte Swasserbedarf zwischen 1987 und 2000 um ca. 1 % pro Jahr gestiegen ein sich vermutlich fortsetzender Trend.13

    Die Grundwasservorrte sinken. Geschtzte 20 % der weltweiten Grundwasservor-kommen werden bernutzt.14

    Untersuchungen zeigen, dass je investierte 0,79 in Wasserinfrastruktur langfristig einen umfassenden wirtschaftlichen Nutzen von knapp 3,94 bringen.15

    Pro 7 % Bevlkerungswachstum und jedem weiteren Grad Celsius weltweitem Tempe-raturanstieg sinken die erneuerbaren Wasserressourcen um mindestens 20 %.16

    Im letzten Jahrhundert ist der Wasserverbrauch

    weltweit doppelt so stark angestiegen wie

    das Bevlkerungs-wachstum.

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    Hoch (5)

    Gering (1)

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 11

    Globale physische Wasserrisikokarte des WWF(2014), basierend auf Daten zu Wasserknappheit, Verschmutzung und dem Zustand von kosystemen. Fr detaillierte Informationen bitte www.waterriskfilter.org aufrufen.

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    Diese Entwicklungen machen neue, innovative Anstze zum Umgang mit Wasser ntig. Gefordert sind dabei vor allem die Hauptnutzer (Landwirtschaft und andere Wirtschaftssektoren). Bisher haben viele Unternehmen ihre Rolle noch nicht ausreichend verstanden und angenommen, obwohl sie Teil dieser weltweiten Herausforderungen im Wasserbereich sind. Ein erster wichtiger Schritt zur Reduzierung der Wasserrisiken besteht daher darin, die eigenen Probleme und Risiken zu verstehen.

    2.3 Was bedeutet das fr die Unternehmen? Den Grundstein legen!WasserrisikoDer Erfolg eines Unternehmens steht oft direkt oder indirekt mit den lokalen Wasserressourcen in Ver-bindung, die es fr die Produktion bentigt. Wasserrisiken knnen somit die Produktionsfhigkeit eines Unternehmens gefhrden. Je nachdem, wie wahrscheinlich und wie schwerwiegend ein Wasserrisiko ist, ziehen sie dann finanzielle Konsequenzen nach sich. Daher mssen Unternehmen ihre Wasserrisiken ver-stehen und versuchen, sie wirksam zu reduzieren.

    Wasserrisiken knnen in drei Kategorien unterteilt werden: physische Risiken, regulative Risiken und Reputationsrisiken. Sie treten in der Geschftsttigkeit eines Unternehmens (unternehmensbezogen) und in der Produktionssttte (flussgebietsbezogen) auf.

    physisches Risiko regulatives Risiko Reputationsrisiko

    flussgebietsbezogenes Risiko (in Verbindung mit Standort)

    Wassermenge (Verfgbar-keit, Knappheit, ber-flutung, Drre), Wasser-qualitt (Verschmutzung) und die Gesundheit von kosystemen (Verletzlich-keit eines kosystems, Biodiversitt) im Fluss-gebiet und die mglichen Auswirkungen auf Unternehmen, Gesellschaft und Umwelt.

    Kraft und Durchsetzung von Wassergesetzgebung und die Folgen von Rest-riktionen durch ffentliche Einrichtungen entweder durch direkte regulative Ttigkeit oder durch Nicht-beachtung, Blockierung oder Nichtdurchsetzung. Potenzial fr Konflikte oder politische Unstimmigkeiten ber grenzbergreifende Flussgebiete bzw. nationa-le politische Auflagen wie Handelsbeschrnkungen fr Nahrungspflanzen mit virtuellem Wasser.

    Bewusstsein fr die Wassernutzung, Verschmutzung und Verhaltensweisen, die sich negativ auf das Unterneh-mensimage auswirken und Kaufentscheidungen beeinflussen knnen. Das Interesse der ffent-lichkeit kann umgehend geweckt werden, sobald lokale Wassersysteme und der Zugang von Gemein-den zu Wasser betroffen sind.

    unternehmensbezogenes Risiko (in Verbindung mit Verhalten)

    Probleme mit der Was-serquantitt und -qualitt verbunden mit dem direkten Geschft und der Wertschpfungskette.

    Mgliche nderungen in der Preisgestaltung von Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Wasserrechten, Quali-ttsstandards und der Betriebserlaubnis eines bestimmten Unternehmens oder Sektors. Besonders in Krisenzeiten (ausgelst durch physische Risiken), wenn Regierun-gen pltzlich verndert werden oder neue Bedin-gungen wegen Inkompe-tenz oder Korruption nicht konsequent angewendet werden.

    Wenn sich das Unterneh-men falsch verhlt, falsch verstanden wird oder fehlerhaft an lokale Stake-holder kommuniziert, kann dessen Wahrnehmung und Image leiden.

    Tabelle 1: Allgemeiner berblick ber wesentliche Wasserrisiken fr Unternehmen

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 13

    Deutsche Unternehmen aus zahlreichen Wirtschaftssektoren stehen aufgrund ihrer Wertschpfungsketten mit verschiedensten Orten weltweit in Verbindung. In einem ersten Schritt mssen deutsche Unternehmen ihre Wasserrisi ken besser verstehen lernen. Aufbauend auf dieser Analyse knnen die Risiken in der ei-genen Produktion dann reduziert werden. Der vom WWF und der Deutschen Investitions- und Entwick-lungsgesellschaft (DEG) entwickelte Wasserrisikofilter (siehe Exkurs 1) ist eine Mglichkeit, die Wasserrisiken in einer bestimmten Region schnell und einfach zu analysieren.

    Exkurs 1: Der Wasserrisikofilter (WWF/DEG)Der Wasserrisikofilter ist das weltweit erste Instrument, um wasserbezogene Risiken fr alle Branchen in allen Lndern flchendeckend zu ermitteln. Es hilft Unternehmen, relevante Aspekte am Produktionsort darzustellen, um negative Folgen fr das Unternehmen, umliegende Gemeinden und andere Wassernutzer einzuschtzen. Auf dieser Basis knnen Manahmen zur Verminderung des Wasserrisikos entwickelt sowie die Einfhrung nachhaltiger Wassermanagement-Praktiken untersttzt werden. Dadurch knnen das Wassermanagement auf Unternehmens-ebene verbessert und Water Stewardship-Aktivitten auf Flussgebietsebene gefrdert werden.

    In einer Welt, in der immer mehr unternehmerische Transparenz gefordert wird, hilft der Wasserrisikofilter so nicht nur ein Bewusstsein fr Wasserrisiken zu entwickeln, sondern auch Hot-Spots zu erkennen und daraufhin weiterfhrende Manahmen durchzufhren.

    Unternehmensbezogenes Risiko Flussgebietsbezogenes Risiko

    Physisches Risiko

    Wasserkanppheit (Menge)

    Wasserverschmutzung (Qualitt)

    Auswirkungen auf kosysteme

    Wasserrisiken des Zulieferers

    Regulatives Risiko

    Reputationsrisiko

    Gesamtes Unternehmens- und Flussgebietsrisiko

    Ein Beispiel fr die Abschtzung des Wasserrisikos in einem Unternehmen.Fr weitere Informationen siehe die Webseite http://waterriskfilter.panda.org/

    3,4 2,7

    3,6 2,5

    3,7 4,0

    3,9

    3,1

    2.5 2,6

    1,7 3,5

    2,7 2,8

    Wasser-FuabdruckJedes Unternehmen hat einen sogenannten Wasser-Fuabdruck. Dieser bezeichnet die Gesamtmenge an Wasser, die zur Erzeugung eines Produkts, fr dessen direkten Verkauf oder fr die Wertschpfungsketten aufgewendet wird (siehe Exkurs 2).

    Der Unterscheidung zwischen Wasser-Fuabdruck und Wasserrisiko ist wichtig, da die Menge des ben-tigten Wassers nicht unbedingt gleichbedeutend mit einem hohen Risiko ist. So kann z. B. ein Risiko auch dann bestehen, wenn ein Unternehmen zwar nur wenig Wasser bentigt, aber in einer Region mit hoch-gradig unsicherer Wasserversorgung ansssig ist oder in einem Gebiet produziert, in dem es zwar ausrei-chend Wasser gibt, das Wasserrisiko jedoch wegen schlechten politischen Managements hoch ist. Wenn ein Unternehmen seinen Fuabdruck reduziert, ohne auf das Wasserrisiko zu achten, mag es zwar seine Effizienz steigern, minimiert jedoch nicht zwingend sein Risiko.

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    Exkurs 2: Wasser-FuabdruckDer Wasser-Fuabdruck eines Produkts ist die Menge an Swasser, die zur Erzeugung von Konsumgtern oder Handelswaren bentigt wird. Eingerechnet ist auch das Wasservolumen, das in verschiedenen Stufen der Wert-schpfungskette bentigt und dabei verschmutzt wird. Unterschieden wird zwischen17Blauer Fuabdruck Menge an Oberflchen- und Grundwasser, das zur Erzeugung eines Handelsguts oder einer Dienstleistung verbraucht wirdGrner Fuabdruck Menge an Regenwasser, die im Produktionsprozess verbraucht wirdGrauer Fuabdruck Indikator der Swasserverschmutzung, die whrend der Erzeugung eines Produkts im Laufe der gesamten Wertschpfungskette verursacht wird

    Der direkte Wasserverbrauch bezieht sich auf die Menge an Swasser, die von einem Konsumenten konkret verbraucht wird (z. B. fr Kochen oder Waschen) bzw. die ein Unternehmen innerhalb seines lokalen Produktions-prozesses bentigt. Als indirekter Wasserverbrauch wird die Menge an Swasser bezeichnet, die in Waren ein - geflossen ist, die in unterschiedlichen Regionen produziert und aus diesen importiert wurden. Dazu zhlen u. a. Lebensmittel, Papier, Baumwollbekleidung oder im Unternehmensbereich Produkte aus frheren Phasen der Wertschpfungskette.

    Der Wasser-Fuabdruck eines Unternehmens ist die Gesamtmenge an Wasser, die es beim unternehmerischen Handeln verbraucht. Bisher haben nur wenige Unternehmen berechnet, wie viel Wasser ihr eigenes Wachstum verbraucht. 2009 berechnete der WWF Deutschland den Wasser-Fuabdruck der deutschen Wirtschaft und fand heraus, dass fr Konsumgter und Handelswaren des tglichen Gebrauchs am meisten Wasser bentigt wird. Ein deutscher Brger konsumiert im Schnitt rund 5.200 l Wasser pro Tag, davon aber nur 120 Liter direkt (z. B. im Haushalt).18

    Wasser-Fuabdrcke von Gegenstnden des tglichen Gebrauchs:1 T-Shirt = 2.500 Liter1 Becher Kaffee = 130 Liter 1 Apfel = 125 Liter1 Liter Ethanol (aus Zuckerrohr) = 2.107 Liter1 Mikrochip = 30 Liter

    Die Berechnung eines Wasser-Fuabdrucks ist gut geeignet, um fr die Wasserprobleme zu sensibilisieren, um Kaufentscheidungen zu hinterfragen und die Wassernutzungseffizienz zu verbessern.

    Fr weitere Informationen und Datenquellen siehe: http://www.waterfootprint.org

    2.4 Die Zukunft des Wassers fr deutsche Unternehmen2008 war Deutschland das grte Exportland der Welt; 2012 lag es nach China und den USA auf Rang drei mit einem globalen Exportwert von 1.107.938 Mio. (1.407.082 Mio. US $).19 Mit einem Warenwert von 919.083,7 Mio. (1.167.236,3 Mio. US $)20 war Deutschland im Jahr 2012 auch das dritt-grte Importland der Welt.

    Im Vergleich zu anderen Lndern verfgt Deutschland selbst ber Wasser in ausreichenden Mengen, eine vielerorts gute Wasserqualitt der Flsse und vor allem einen starken Gesetzesrahmen, der von Behrden berwacht wird. Ehemalige wie zuknftige Investitionen in diese Wasserstrukturen sind Gewhr dafr, dass sich das Wasserrisiko fr die heimische Produktion in berschaubaren Grenzen hlt.

    Doch die deutsche Wirtschaft sttzt sich auf aus dem Ausland importierte Waren und Dienstleistungen wie Textilien und Bekleidung, landwirtschaftliche Erzeugnisse, Energietrger und Rohstoffe. Die meisten dieser Gter stammen aus Lndern, in denen Wasser knapp, die Wasserqualitt unzureichend, die Gesetzgebung und die Durchsetzungskraft von Regierungen oft schwach, die Infrastrukturen schlecht oder schutzbedrftige Bevlkerungsgruppen und empfindliche kosysteme betroffen sind.

    Die deutsche Wirt-schaft sttzt sich

    auf Waren aus dem Ausland - und sieht sich womglich mit Wasser-

    risiken konfrontiert.

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 15

    Ein Unternehmen, das in einem schlecht verwalteten Flussgebiet produziert oder seine Rohstoffe aus einer solchen Region bezieht, sieht sich womglich mit einer Vielzahl von Wasserrisiken konfrontiert: absolute Wasserknappheit, steigende Wasserkosten, strenge Vorschriften oder Imageschden durch echte oder vermeintliche Auswirkungen der eigenen Geschftsttigkeit auf den Wasserhaushalt benachbarter Gemeinden und Lebensrume.21

    Die zentrale Botschaft fr Unternehmen ist, dass zunchst Men-

    schen und kosysteme auf lokaler Ebene bzw. Flussgebiets ebene den

    Wasserrisiken ausge-setzt sind. Ein erfolgrei-ches Risikomanagement braucht daher Lsungen,

    die sowohl fr die Un-ternehmen als auch fr

    die Wassernutzer vor Ort umsetzbar sind.

    Lloyds (2010), Global Water Scarcity Risks

    and challenges for business

    Sind Sie gerstet fr die Zukunft? Ein Gedankenspiel zu mglichen zuknftigen Wasserszenarien*Szenario 1: Durch die fortgeschrittene Gletscherschmelze im Hochland von Tibet ist der Gelbe Fluss saisonal ausge-trocknet. Bis 600 km tief ins Inland hinein fhrt der Fluss kein Wasser mehr. Globale Versorgungsengpsse sind die Folge, und die Gewinne deutscher Unternehmen, die sich auf den Import von industriell verarbeiteten Lebensmitteln, Schuhwerk und Bekleidung sttzen, brechen ein.

    Szenario 2: ber mehrere Jahre hinweg wurden Grundwasservorkommen in Nordindien bernutzt. Nachdem die indische Regierung beschlossen hat, die Subventionen fr Grundwasserentnahmen zu streichen, frchtet sie Bevl-kerungsunruhen und verbietet dem Privatsektor die Grundwassernutzung. Auch deutsche Unternehmen mit lokalen Produktionsstandorten in Indien mssen ihre Produktion vorbergehend beenden. Unternehmen, die von lokalen Zulieferern abhngen, mssen kurzfristig neue Geschftspartner suchen, um Lieferengpsse auszugleichen.

    Szenario 3: Aufgrund einer lokalen Wasserkrise wendet sich der lautstarke Protest der lokalen Bevlkerung gegen die international ttigen Unternehmen vor Ort. Die deutsche ffentlichkeit greift die fernen Unruhen auf und pltzlich stehen deutschen Unternehmenszentralen unter medialem Beschuss. Von ihnen wird verantwortungsvolles Handeln verlangt.

    *Diese Szenarien dienen ausschlielich als Planspiele fr mgliche Situationen, die zuknftig entstehen knnten.

    Stewardship vs. Effizienz Vernderung in der Wertschpfungs ketteViele Flusseinzugsgebiete weltweit stehen bereits heute unter Wasserstress Tendenz steigend. Sind Unternehmen in diesen Flusseinzugsgebieten ttig, knnen sie in Konflikte ber die Aufteilung von Wasservorkommen zwischen Haushalten, Landwirtschaft, Industrien und anderen Nutzern geraten. Abhn-gig von der rtlichen Entwicklung kann die Akzeptanz eines Unternehmens in der Bevlkerung und in Abhngigkeit von Manahmen der Behrden auch die Betriebserlaubnis gefhrdet werden. Soziale Unruhen knnen dazu fhren, dass der Ruf eines Unternehmens in Mitleidenschaft gezogen wird.

    Die einfache Verlagerung von Produktionsstandorten in Gebiete mit heute noch geringen Wasserrisiken ist bei vielen Produkten mittelfristig keine L-sung. Knapper werdende Ressourcen, standrtliche Einschrnkungen und globale Trends wie Bevlkerungswachstum, Klimawandel und steigende Nach-haltigkeitsanforderungen von Konsumenten werden ein solches Ausweichen weiter erschweren. Wollen Unternehmen ihre Risiken kontrollierbar halten und ihren Geschfts-betrieb und ihre Wertschpfungsketten aufrechterhalten, mssen sie in das nachhaltige Management gemeinsamer Wasserressourcen vor Ort investieren. Unternehmen, die sich dabei allein auf Effizienzmanahmen (interne Was-serquantitt und -qualitt) konzentrieren, mssen erkennen, dass dies nicht unbedingt ihre Wasserrisiken verringert. Gerade fr die Unternehmen, die Deutschlands Wirtschaft sttzen, wird es unumgnglich sein, ber Betriebs-, Sektoren- oder Lndergrenzen hinaus zu denken.

  • Deutschland ist die drittgrte Importnation der Welt. Die Wirt-schaft hngt stark von Waren aus dem Ausland ab. Um Risiken zu reduzieren, wird eine Verlagerung der Wertschpfung in Gebiete mit niedrigem Risiko mittelfristig nicht ausreichen. Stattdessen mssen nachhaltige Lsungen vor Ort entwickelt werden.

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 17

    Die vorliegende Studie baut auf Erkenntnissen der WWF-Studie Deutschlands Wasserfuabdruck (2009) und einer Analyse der deutschen Wirtschafts-sektoren unter Verwendung des WWFRisikofilters auf. Ziel ist es, aufzuzeigen, inwiefern Wasser risi-ken wichtige deutsche Wirtschaftszweige und deren

    Importe betreffen. Dadurch soll das Verstndnis von Wasserrisiken bei Entschei-dungstrgern und die Entwicklung von Lsungsanstzen gefrdert werden.

    3.1 Wasserrisikoanalyse und MethodikDie Methodik, die zur Identifizierung fr den Import relevanter Industriesekto-ren und relevanter Ursprungslnder herangezogen wurde, setzt sich im Wesent-lichen aus drei Teilen zusammen. Diese werden in Abbildung 1 ver an schau licht. Bei jedem Schritt wurden mehrere Variablen verwendet, um Deutschlands Wirtschaftssektoren mit dem hchsten Wasserrisiko zu bestimmen.

    Fr die Auswahl von Wirtschaftssektoren und der Lnder, aus denen die meis-ten Importe fr diese Sektoren stammen, wurden zunchst Basis-Importdaten (Wirtschaftssektoren, Ursprungsland der Importware, Importwert und Im-portmenge) aus dem Jahr 2012 des Statistischen Bundesamts22, 23 analysiert.

    Im zweiten Schritt wurden relevante Wirtschaftssektoren und Informationen zu Importlndern mit dem WWFWasserrisikofilter24 analysiert, um die Wasserrisiken fr 32 Sektoren auf Flussgebiets- und Unternehmensseite zu ermitteln. Die flussgebietsbezogenen Risiken basieren auf 19 standortspezifi-schen Risikoindikatoren und umfassen physische und regulative Risiken sowie Reputationsrisiken in Verbindung mit Wasser. Die unternehmensbezogene Risikobewertung erfolgt nach denselben Kriterien wie die flussgebietsbezogene Bewertung. Sie besteht aus einem spezifischen Unternehmensfragebogen zum Standort sowie automatisch zugewiesenen allgemeinen Informationen auf Industrieebene zur Wasserintensitt und -verschmutzung bezogen auf den fr die Bewertung ausgewhlten Sektor.

    In Bezug auf das sektorspezifische Risiko unterscheiden sich die Indikatorengewichtungen zwischen den verschiedenen Risikokategorien (physisches Risiko, regulatives Risiko und Reputationsrisiko). Alle Bewertungen einzelner Indus-trien sind auf der Webseite des Wasserrisikofilters25 zu finden. Die Risikowerte variieren zwischen 1 (kein/geringes Risiko) und 5 (sehr hohes Risiko).26

    Um den Wasserrisikowert eines Landes zu bestimmen, wurden der lnderspezifi-sche maximale physische Risikowert (Wasserknappheit) und das industriespezifi-sche Wasserrisiko mit dem gewichteten Mittelwert der Einfuhrmenge (in Tonnen) der zehn grten Importlnder berechnet. Wenn z. B. das Haupt importland eines Sektors 80 % des Importvolumens der Top 10 darstellt, erhielt sein Risikowert eine Gewichtung von 80 % innerhalb der Berechnung. Somit konnten die Top-10- Lnder, welche in dieser Studie pro Sektor vorgestellt werden, ermittelt werden.

    Im dritten Schritt wurden vier mit dem WWFWasserrisikofilter herausgear-beitete Variablen genutzt, um relevante Industrien mit direkten Auswirkungen und deren Herkunftslnder auszuwhlen: Lnder mit mittlerer und hoher Wasserknappheit, flussgebietsbezogenes Wasserrisiko, typische Wasserintensitt und typische Wasserverschmutzung pro Industrie.

    3 Deutschlands Wasserrisiko verstehen

    Flussgebietsbezogene Risiken basieren auf

    19 standortspezifischen Indikatoren und um-

    fassen physische und regulative Risiken sowie

    Reputationsrisiken in Verbindung mit Wasser.

  • 18

    Als Ergebnis wurden vier Wirtschaftssektoren mit direkten Wasserrisiken (Landwirtschaft, Chemieindustrie, Textil- und Bekleidungsindustrie sowie Rohstoffindustrie) und zwei Sektoren mit indirekten Wasserrisiken (Finanz-dienstleistungen u. Einzelhandel) ausgewhlt, die nachfolgend detaillierter dargestellt sind (vollstndiger berblick ber die Sektordaten s. Anhang).

    Abbildung 1: Methodische Schritte zur

    Erkennung deutscher Industriesektoren mit

    potenziellen Wasserrisiken.

    Deutsche Importdaten (Statistisches Bundes-amt)

    Die 30 wichtigsten Im-portsektoren anhand von Importvolumen & -wert ermitteln Die 10 wichtigsten Quellenlnder der ermittelten Sektoren ermitteln

    WWF-Wasserrisiko-filter & Branchen Wasserdaten

    die Anzahl von Ln-dern mit mittlerer bis hoher Wasserknapp-heit ermitteln Gewichteten Durch-schnitt (basierend auf den Importvolu-mina der 10 wich-tigsten Lnder) fr allgemeines fluss-gebietsbezogenes Risiko berechnen Typische Wasserin-tensitt der entspre-chenden Branche (und wenn mglich der Unterbranchen) ermitteln Typische Wasserver-schmutzung durch die Industrie ermitteln

    Abschlieende Analyse/Auswahl relevanter Branchen fr den Wasserrisiko bericht

    Die folgenden Bran-chen wurden unter Verwendung von Daten zum Import-volumen und -wert, Wasserknappheit, gewichtetem Risiko je Sektor, Wasser- intensitt und -ver-schmutzung ermittelt - Sektoren mit

    direkten Auswirkun-gen: Landwirtschaft, Chemieindustrie, Textil- und Beklei-dungsindustrie, Rohstoffindustrie

    - Indirekt betroffene Sektoren: Finanz-dienstleistungen, Einzelhandel

    Exkurs 3: Fragen zur MethodikWie werden Wiederausfuhren bercksichtigt?Fr alle dargestellten Sektoren knnen sich unter den wichtigsten Importlndern solche befinden, die nicht zu den Ursprungslndern der jeweiligen Waren oder Rohstoffe zhlen. In diesen Fllen importiert ein Land Waren und fhrt sie wieder aus, ohne sie weiterzuverarbeiten. Die Niederlande z. B. sind fr die EU vor allem in der Textil- und Mineralindustrie, in der Landwirtschaft und in der Chemieindustrie ein wichtiger Wiederausfhrer.

    Woraus ergeben sich Abweichungen der Risikowerte?Mgliche Abweichungen in den Risikowerten, die die regulativen Risiken zwischen EU-Lndern betreffen, basieren auf Ergebnissen der Indikatoren (wie z. B. der Durch-setzung von Gesetzgebung) gem dem Wasserrisikofilter.

    Wo befinden sich die Daten?Detaillierte Informationen zu den Risikokategorien, Datenstzen und der Gewichtung bei der Bewertung von Daten in diesem Report mit dem Wasserrisikofilter-Onlinetool finden sich unter www.waterriskfilter.org. Die zugrundeliegende Methodik der Wasser-risikobewertung und die entsprechenden Datenstze werden regelmig berarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht, um den Nutzern die aktuellsten Informationen zur Verfgung zu stellen. Getestet wurde die Methodik von mehreren Organisationen aus der Privatwirtschaft, dem ffentlichen Sektor und dem Finanzsektor. Damit sollte sichergestellt werden, dass all jene wesentlichen Wasserfragen (dargestellt durch herausgearbeitete individuelle Risikoindikatoren innerhalb der Kategorien physisches Risiko, regulatives Risiko und Reputationsrisiko) abgedeckt sind, die fr den Geschfts - betrieb eines Unternehmens finanzielle Risiken bergen knnten.

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 19

    3.2 Analyse nach SektorenMit der Analyse der branchen und flussgebietsspezifischen Wasserrisiken auf Grundlage der deutschen Auenhandelsdaten aus dem Jahr 2012 wurden sechs Wirtschaftssektoren ausgewhlt: Textil- und Bekleidungsindustrie, Roh-stoffindustrie (einschlielich l, Gas, Kohle, Bergbau), Landwirtschaft (Pflan-zen), Chemieindustrie, Einzelhandel und Finanzdienstleistungen. Fr alle genannten Sektoren werden die Wasserrisiken (physische u. regulative Risiken sowie Reputationsrisiken) dargestellt.

    3.2.1 Textil- und Bekleidungsindustrie2011 wurden in der Textil- und Bekleidungsindustrie weltweit Waren im Wert von 555,91 Mrd. (706 Mrd. US $) exportiert. Dies entsprach 4 % des weltwei-ten Warenhandels und 6 % des Welthandels an produzierten Fertigwaren. Fr die Jahre 2000 2010 liegt laut Welthandelsorganisation die weltweite Wachs-tumsrate von Exporten aus der Textil- und Bekleidungsindustrie bei 5,5 % pro Jahr. Vietnam, China, Bangladesch, die Trkei und Indien gehren in diesem Zeitraum unter die am schnellsten wachsenden Lnder.27 Deutschland impor-tierte 2012 Textilien und Bekleidung im Wert von 35,75 Mrd. (45,4 Mrd. US $), was 6,4 % des weltweiten Handels entspricht.

    Wichtigste Importlnder fr Deutschland und ihr WasserrisikoHinsichtlich des Importvolumens und -werts importiert Deutschland den Gro - teil seiner Textil- und Bekleidungswaren aus China (siehe Abbildung 2 u. 3 und Tabelle 2 u. 3). Weitere Informationen zur Wiederausfuhr siehe Exkurs 3.

    Land Importwert (Tausend

    )

    Importvolumen

    (t)

    physisches Risiko

    regulatives Risiko

    Reputationsrisiko

    China 8.018.707 396.341

    Trkei 3.063.985 112.439

    Bangladesch 2.917.409 204.948

    Indien 1.074.751 43.940

    Italien 1.046.574 20.975

    Niederlande 817.241 29.032

    Vietnam 607.912 23.644

    Indonesien 550.462 23.815

    Rumnien 539.117 12.860

    Frankreich 484.395 19.673

    Tabelle 2: Die zehn wichtigsten Lnder, aus denen Deutschland Bekleidungswaren importiert, und deren Wasserrisiko (gemessen an Importwert) Hoch Mittel Gering

    *weitere Details siehe 3.1 Wasserrisikoanalyse und Methodologie

    Abbildung 2: berblick ber die Lnder, aus denen

    Deutschland Bekleidungs-waren importiert (gemessen

    in Importtonnagen)

    China 34 %Bangladesch 17 %Trkei 10 %Indien 4 %Pakistan 2 %Niederlande 2 %Kambodscha 2 %Indonesien 2 %Vietnam 2 %Italien 2 %Andere (102 Lnder) 23 %

    China 20 %Trkei 8 %Indien 7 %Italien 6 %Niederlande 6 %Belgien 6 %Polen 5 %Tschech. Rep 5 %sterreich 4 %Pakistan 3 % Andere(132 Lnder) 30 %

    Abbildung 3: berblick ber die Lnder, aus denen

    Deutschland Textilwaren importiert (gemessen in

    Importtonnagen)

  • 20

    Land Importwert (Tausend

    )

    Importvolumen

    (t)

    physisches Risiko

    regulatives Risiko

    Reputationsrisiko

    China 1.791.384 317.829

    Italien 971.749 105.784

    Trkei 771.609 132.373

    Niederlande 521.336 101.259

    Polen 517.505 88.071

    Indien 466.037 106.594

    Schweiz 414.178 25.893

    Belgien 407.814 100.285

    Tsch. Rep. 398.921 81.765

    sterreich 341.019 38.191

    Tabelle 3: Die zehn wichtigsten Lnder, aus denen Deutschland Bekleidungswaren importiert, und deren Wasserrisiko (gemessen an Importwert) Hoch Mittel Gering

    *weitere Details siehe 3.1 Wasserrisikoanalyse und Methodologie

    Wasserrisiko und Wasserintensitt des SektorsIn der Herstellung von Textilien und Bekleidung entstehen betrchtliche Was-serrisiken (siehe Tabelle 4) durch Verbindungen zu den Wasserrisiken in der Landwirtschaft und der Chemieindustrie innerhalb der Wertschpfungskette, die beide groe Wassermengen bentigen und das Wasser verschmutzen. Die Textilindustrie verschmutzt nach der Landwirtschaft das Wasser am zweit-strksten.28 Jedes Jahr hinterlassen Textilfabriken Millionen Liter Abwasser, welches giftige Chemikalien wie Formaldehyd und Chlor sowie Schwerme-talle wie Blei und Quecksilber enthlt. Viele dieser Chemikalien lassen sich nicht einfach herausfiltern oder entfernen und knnen Umweltschden und menschliche Erkrankungen verursachen.29 In der Wertschpfungskette des Sektors ist der Baumwollanbau das wasserintensivste Segment. Gleichzeitig ist es auch das Segment mit einer hohen Anflligkeit fr klimabedingte physi-sche Wasserrisiken.

    Zum Beispiel haben Wasserrisiken fr Bekleidungsunternehmen wie H&M sprbare konomische Auswirkungen: Das Unternehmen machte weniger Gewinn, nachdem im Jahr 2011 der Zugang zu Baumwolle infolge einer ber-flutung von groen Baumwollanbaugebieten in Pakistan, Australien und China erschwert war und das Unternehmen die in die Hhe geschossenen Baumwoll-preise auffangen musste.30, 31

    Wasserfakten bei der Baumwollherstellung32, 33

    Der Wasserverbrauch bei der Baumwollherstellung ist von Land zu Land verschieden: China (6.000 l/kg), Indien (22.500 l/kg), Pakistan (9.600 l/kg) und Usbekistan (9.200 l/kg).10 % aller landwirtschaftlichen Chemikalien und 25 % aller weltweit eingesetzten Pestizide werden jedes Jahr in der konventionellen Baumwollherstellung eingesetzt. Die Weltbank schtzt, dass das Frben von Textilien und deren Behandlung weltweit rund 20 % der industriellen Wasserverschmutzung verursacht.

    Der Baumwollanbau ist das wasserintensivste

    Segment der Wertschp-fungskette. Gleichzeitig

    zeigt dieser auch eine hohe Anflligkeit fr

    klimabedingte physische Wasserrisiken.

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 21

    Abbildung 4: Allgemeine Wertschpfungskette des

    Textil- und Bekleidungs-sektors und damit ver -

    bundene Wasserintensitt und -verschmutzung.

    Wichtiger Schritt in der Wertschpfungskette

    Kann im Fall von vertikaler Integration von Textil- &

    Bekleidungsunternehmen betrieben werden

    Die Textil- und Bekleidungsproduktion

    braucht viel Wasser innerhalb der Wert-

    schpfung. Die Produk-tions- und Anbaugebiete

    befinden sich oft in Lndern mit hohen

    Wasserrisiken (z. B. China, Bangla-

    desch, Indien, Trkei, Vietnam).

    Zulieferer aus Land-wirtschaft und Chemie-industrie

    Garn-/Faser-produktion, Spinnereien

    52 %46 %

    8 %4 %

    65 %

    WasserverbrauchWasserentnahme

    kotoxizittVersauerung

    Eutrophierung

    Weben

    Stricken

    Frben und Textilver-edelung

    43 %47 %

    66 %26 %33 %

    Herstellung von Beklei-dungsware

    1 %1 %

    2 %1 %1 %

    Transport

    Lager-verwaltung

    4 %6 %

    24 %69 %0 %

    Geschfte

    Marketing

    Werbung

    0 %0 %

    0 %0 %0 %

    Waschen

    keine Datenkeine Daten

    keine Datenkeine Datenkeine Daten

    Faser- produktion

    Verarbeitung von Fasern

    Herstellung von Bekleidung

    Vertrieb und Lagerung

    Marketing und Verkauf Verbraucher

    Wasserintensitt

    Wasserverschmutzung

  • 22

    physisches Risiko regulatives Risiko Reputationsrisiko

    Risiken, die von Unternehmen beeinflusst werden knnen

    Hohe Abhngigkeit von groen Mengen an Swasser, vor allem bei Zulieferern in der Landwirtschaft, in der Petrochemie und in der Nassbehandlung von Textilien (Frben und Bleichen). Groe Mengen Abwas-ser, die direkt und oft ohne Klrung eingeleitet werden.- Groe Mengen an

    Pestiziden und Insek-tenvernichtungsmitteln, die fr die Herstellung landwirtschaftlicher Rohstoffe (vor allem Baumwolle) verwendet werden.

    - Groe Mengen an Chemikalien, die fr die Nassverarbeitung der Textilherstellung bentigt werden und um landwirtschaftliche Rohstoffe weiterzuver-arbeiten und Synthetik-fasern herzustellen.

    Regulationsbehrden sind sich der Umwelt- und Gesundheitsproble-me bei der Textilverar-beitung bewusst; oft gibt es strenge Auflagen.- Oft ist die Durchset-

    zung der Gesetze eher lax; dies wird sich vermutlich ndern.

    - Viele Unternehmen wurden von Lokalre-gierungen gezwungen, ihre Betriebe aufzu-geben.

    - Die Regulierung in der Agrarproduktion ist oft weniger streng, obwohl Wasserverknappung und -verschmutzung weit verbreitet sind.

    Anwohner vor Ort kennen die negativen Auswirkungen der Indus-trie auf kosysteme und Gesundheit.- Oftmals werden S -

    wasserquellen ver schmutzt oder auf-gebraucht, wodurch es dann an ausreichend sauberem Trinkwasser mangelt.

    - Neu aufkeimende Gesundheitsprobleme knnen nicht ignoriert werden.

    - Einheimische verfolgen manchmal Hinweise von Missbruchen.

    Kunden und NROs achten verstrkt auf Wasserrisiken.- Da vor allem internatio-

    nale Marken im Fokus stehen, werden diese zustzliche Standards und Richtlinien festle-gen, denen Zulieferer entsprechen mssen.

    von den Flussgebiet- Stakeholdern beeinflussbare Risiken

    Versorgung mit Swasser (Quantitt) wird knapper aufgrund steigender Nachfrage von anderen Nutzern des Flussgebiets- Starker Wasser-

    bedarf erschpft Oberflchen- und/oder Grundwasser-vorkommen.

    - Textilindustrie ist oftmals geografisch konzentriert.

    Flsse sind oft so verschmutzt, dass das Wasser fr die Benut-zung nicht ausreichend geklrt ist. Bodenerosion tritt hufig dort auf, wo Baumwolle angebaut wird.

    Strikte Regulierung ist ntig, um Schaden von der Marktposition abzuwenden. - Nicht existierende oder

    eingeschrnkte Regu - lierung bzw. nicht exis- tierende oder einge-schrnkte Durchset-zung von Seiten der Regionalregierungen kann die Wasser-quantitt und qualitt beeintrchtigen.

    - In einem multinationa-len Flussgebiet wirken sich die je nach Land unterschiedlichen Regulierungen und Durchsetzungsma-nahmen evtl. fluss-abwrts verstrkt auf Quantitt und Qualitt des Wassers aus.

    Da Textillieferanten oft geografisch konzentriert sind, steht der Ruf jedes im Gebiet ttigen Unternehmens auf dem Spiel, wenn das Gebiet gefhrdet ist.

    Tabelle 4: Allgemeiner berblick ber die wasserbezogenen Risiken fr den Textil- und Bekleidungssektor

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 23

    Lnder-Fallstudie China: Textil- u. Bekleidungswaren

    Anteil an weltweiten Exporten34

    Anteil an Importen nach Deutschland

    Textilien 32 % 19,6 %

    Bekleidung 37 % 33,8 %

    Die Textilproduktion ist ein traditionelles Standbein der chinesischen Wirt-schaft und trgt mit ber 40 % zur Industrieproduktion bei.35 2010 stammten 34 % aller weltweiten Textilexporte mit einem Gesamtwert von 157,48 Mrd. (200 Mrd. US $)36 aus China.

    Wassersituation Ein Fnftel der Weltbevlkerung lebt in China. Gleichzeitig verfgt das Land ber nur 7 % der weltweiten Swasserreserven.37 China kann in neun groe Flussgebietsgruppen unterteilt werden, doch ca. 80 % der erneuerbaren Ober-flchenwasserressourcen liegen im Sden des Landes. Um diese ungleiche Verteilung auszugleichen, wird derzeit ein gro angelegtes Wasserumleitungs-projekt durchgefhrt, um Wasser aus dem Sden in den Norden zu transpor-tieren. Dies kann unter Umstnden ernste Umweltfolgen fr den Sden nach sich ziehen.

    Die grten Wasserprobleme Chinas sind: bernutzung des Grundwassers und sinkende Grundwasserspiegel (besonders im Norden), Verschmutzung (70 % der Flsse und Seen Chinas sind stark verunreinigt, in 50 % der chine-sischen Stdte ist das Grundwasser verschmutzt und ber 30 % der Landflche sind von saurem Regen betroffen38) und akuter Wasserstress (in 44,7 % des Landes39). Wassermangel und Drren beeintrchtigen die wirtschaftliche Ent-wicklung Chinas, da sie jhrlich direkte wirtschaftliche Verluste in Hhe von 27,56 Mrd. (35 Mrd. US $) nach sich ziehen.40 Umweltkatastrophen sind in China keine Seltenheit, und beinahe die Hlfte der 1.400 Zwischenflle im Jahr 2005 ging mit Wasserverschmutzung einher.41

    Physische RisikenIn der Produktion bentigt die chinesische Textilindustrie drei- bis viermal so viel Wasser wie die Unternehmen in Industrielndern. Die industrielle Wasser-nutzung und -ableitung ist einer der Hauptgrnde fr verschrfte Probleme mit Wasserknappheit und Wasserverschmutzung in China und fhrt darber hinaus zur Vergiftung von Lebensmitteln und Fischereierzeugnissen. Die Tex-tilindustrie gehrt in China zu den grten Wasserverschmutzern. Whrend in der Bekleidungsindustrie die Produktionsschritte der Schnitt- und Nharbeit zunehmend in andere Teile Asiens verlagert werden, findet der Groteil der Nassverarbeitungsprozesse wie Frben und Veredelung nach wie vor in China statt. Durch das Frben und die Fertigung anfallendes Abwasser macht 80 % des gesamten Abwassers in der Herstellungskette aus.42

    Sowohl Xinjiang, eine Region im Nordwesten und das wichtigste Baumwoll-anbaugebiet des Landes, als auch einige Regionen im Osten, in denen ebenfalls Baumwolle angebaut wird, leiden unter Wasserstress.

    Die Textilindustrie ist einer der grten

    Wasserverschmutzer in China.

  • 24

    Regulative RisikenDas Regulierungsumfeld ist in China je nach Region unterschiedlich, sodass Unternehmen sowohl den lokalen als auch den nationalen Vorschriften beson-dere Beachtung schenken mssen. Die Verantwortung fr Wasserressourcen, Daten und Informationen, Errichtung von Infrastruktur, Umweltschutz, land-wirtschaftliche Entwicklung, Transport und andere wasserbezogene Manah-men liegt bei Einrichtungen mit unterschiedlichen Interessen.43

    Mit der Einfhrung des Gesetzes ber die Vorsorge und Bekmpfung von Wasserverschmutzung im Jahr 1984 (2008 berarbeitet) und dem Wasser-recht im Jahr 2002 hat China gesetzliche Kontrollen eingefhrt, um die Nutzung von Wasserressourcen und die Verschmutzung von Swasser zu verhindern und zu kontrollieren. Einige der Bestimmungen des Wasserrechts sehen neben strengeren Strafen fr Verursacher von Umweltschden auch Einleitungsgenehmigungen, Sammelklagen der Bevlkerung gegen Umwelt-snder, bessere Standards sowie erhhte Transparenz und strenge Strafen bei unzulnglicher Durchsetzung von Regierungsseite vor.44

    Historisch gesehen ist es fr Unternehmen in China gnstiger, Strafen wegen Verschmutzung zu zahlen, als Prventionsmanahmen umzusetzen dies geht so weit, dass einige Unternehmen diese Strafzahlungen schon in ihr Budget einplanen. Novellierungen des Gesetzes zur Kontrolle von Wasserverschmut-zung haben jedoch mittlerweile dafr gesorgt, dass Verschmutzern in schweren Fllen Strafzahlungen in unbegrenzter Hhe drohen.45

    Die Sicherung lokaler Industrien und Arbeitspltze, die Korruption in der Regierung, der Wunsch, das schnelle Wirtschaftswachstum beizubehalten, und eine schwache nationale Umweltregulierungsbehrde (SEPA) haben den Kampf gegen Chinas Wasserprobleme von Seiten der Regierung erschwert.46 Derzeit hrt man jedoch, dass das Umweltschutzgesetz von 1989 infolge der Umweltzerstrung in China zugunsten des Umweltschutzes berarbeitet wird.47

    ReputationsrisikenEin wachsendes Umweltbewusstsein in der chinesischen Bevlkerung geht mit strkerem Aktivismus gegen Wasserverschmutzung einher. 2012 fanden etwa 187.000 Protestveranstaltungen zugunsten der Umwelt statt also im Durch-schnitt 500 Proteste am Tag.48

    2012 verffentlichte Greenpeace einen Bericht zur Wasserverschmutzung durch Chinas Textilindustrie namens Toxic Threads: Alarmstufe Rot: Wie die chinesische Textilindustrie die Umwelt vergiftet. 2011 rief eine Gruppe die chinesische NRO China Water Risk ins Leben, eine gemeinntzige Initiative, die Unternehmen Informationen zu Wasserrisiken bereitstellt.

    2012 fanden etwa 187.000 Protest-

    veranstaltungen zugunsten der Umwelt statt im Durchschnitt 500 Proteste am Tag.

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 25

    Lnder-Fallstudie Bangladesch: Textil- und Bekleidungswaren

    Anteil an weltweiten Exporten49

    Anteil an Importen nach Deutschland

    Textilien 0,5 % 1 %

    Bekleidung 4,8 % 17,5 %

    In weniger als zehn Jahren hat sich Bangladesch zum weltweit zwlftgrten Herstellungsland fr Kleidung entwickelt.50 Bangladeschs Textilsektor trgt knapp 79 % zu den Exporterlsen des Landes bei und sichert die Arbeitspltze von 3,6 Mio. Menschen.51 Dem produzierenden Sektor des Landes wird ein Wachstum vorhergesagt, da niedrige Lhne in Bangladesch den Einkauf fr Bekleidungsunternehmen attraktiv machen.52 Die Produktion konzentriert sich rund um Dhaka.

    WassersituationBangladesch liegt in der grten Deltamndung der Welt, dem Ganges-Delta. Hier flieen Ganges, Brahmaputra und Meghna zusammen. Nur 7 % des ge-samten Delta-Reservoirs liegen in Bangladesch. Die meisten Flsse in Bang-ladesch sind Zuflsse zum Flusssystem des GangesDeltas bzw. dessen Neben-arme. Charakteristisch fr den Wasserhaushalt des Flusssystems ist eine groe Spanne zwischen berflutungen whrend des Monsuns und Niedrigwasser in der Trockenzeit. Der Klimawandel hat die Hufigkeit und Intensitt der Mon-sunregen verndert und bewirkt eine schnellere Schneeschmelze der Gletscher des Himalaya, der Quelle zweier der drei Hauptflsse in Bangladesch. Auch dies wird in Zukunft fr Swasserknappheit sorgen, da Indien und China flussaufwrts mehr Staudmme planen, um ihre eigenen Wasser und Energie-engpsse auszugleichen.53 Aufgrund natrlicher Vorkommen von Arsen kmpft Bangladesch auerdem gegen eine Verunreinigung des Grundwassers. Das Trinkwasser ist deshalb belastet und der Grundwasserspiegel permanent er-schpft, vor allem im Ballungsraum Dhaka und im Nordwesten des Landes.54, 55

    Physische RisikenDie Bekleidungsindustrie trgt zu Bangladeschs Wasserproblemen bei. Fr ber 1.700 Wasch-, Frbe- und Veredelungseinheiten pro Jahr werden mehr als 1.500 Mrd. Liter Grundwasser bentigt. Dabei werden groe Mengen an Abwasser produziert, sodass der Sektor das Leben der 12 Mio. Einwohner von Dhaka beeinflusst.56

    Regulative RisikenBangladeschs Bekleidungsindustrie wurde lange Zeit von der Regierung kom-plett verschont, da diese nur unzureichend regulierte. Dies ndert sich gerade auf Druck ffentlichkeit, die eine strikte Regulierung fordert, nachdem es 2012 und 2013 zu schweren Unfllen in Textilfabriken gekommen ist (siehe Reputa-tionsrisiken unten).

    ReputationsrisikenSeit die Regierung schwere Regulierungsfehler einrumen musste, nachdem im November 2012 117 Personen bei einem Brand in einer Textilfabrik in Dhaka ums Leben kamen und beim verheerenden Einsturz einer Bekleidungsfabrik in Savar im April 2013 1.129 Menschen starben, steht die Textilindustrie in Bang-ladesch unter strenger Beobachtung. Infolgedessen wchst das Bewusstsein der ffentlichkeit fr Probleme in diesem Sektor (und auch in puncto Wasser).

    In ber 1.700 Wasch-, Frbe und Veredelungs-anlagen werden jhrlich

    1.500 Milliarden Liter Grundwasser ver-

    braucht. Das ungerei-nigte Abwasser gelangt direkt in die Flsse und gefhrdet die Gesund-

    heit der 12 Millionen Einwohner Dhakas.

  • 26

    3.2.2 Rohstoffel und Gas sind unverzichtbare Rohstoffe fr viele Industrien und die gesamte Gesellschaft. 2011 wurden weltweit rund 4.060 Mio. Tonnen l verbraucht. Die grten Konsumenten sind hochentwickelte Staaten in Nordamerika und Europa/Eurasien, die 2011 jeweils 25,3 % bzw. 22,1 % des gewonnenen ls konsumierten.57 Die Erdlindustrie ist durch Frderung, Vertrieb, Raffinerie und Handel weltweit der umsatzstrkste Industriezweig.

    Wichtigste Importlnder fr Deutschland und deren Wasserrisiko2011 machten Brenn- und Rohstoffe 22,5 % des weltweiten Warenhandels aus.58,59 2012 importierte Deutschland Rohstoffe (Minerall, Gas, Kohle und Erz) im Wert von 110 Mrd. (139,7 Mrd. US $) und konsumierte 2,7 % des 2011 weltweit gefrderten ls sowie 2,2 % des Erdgases.60 Deutschland im-portiert l, Gas und Kohle vor allem aus Russland, gefolgt von Norwegen, den Nieder landen und dem Vereinigten Knigreich (siehe Tabelle 5 und Abbildung 5). Erze importiert Deutschland vorwiegend aus Brasilien (siehe Tabelle 6 und Abbildung 6). Weitere Informationen zur Wiederausfuhr siehe auch Exkurs 3.

    Land Importwert (Tausend

    )

    Importvolumen

    (t)

    physisches Risiko

    regulatives

    Risiko

    Reputationsrisiko

    Russland 32.829.331 72.529.771

    Norwegen 22.477.247 46.741.204

    Niederlande 11.723.085 25.623.804

    Vereinigtes Knigreich

    7.258.692 14.180.493

    Libyen 5.449.903 8.089.927

    Nigeria 4.281.702 6.481.509

    Kasachstan 3.520.847 5.160.972

    Algerien 1.506.394 2.200.190

    Aserbaid-schan

    1.449.772 2.170.780

    Saudi-Arabien 1.192.858 1.973.588

    Tabelle 5: Die zehn wichtigsten Lnder, aus denen Deutschland l/Gas/Kohle importiert, und deren Wasserrisiko (auf Grundlage des Importwerts). Der Importwert und die Import-menge sowie Wasserrisikowerte setzen sich aus einzelnen Gtern zusammen (einzelne Gter siehe Anhang 1). Hoch Mittel Gering

    *weitere Details siehe 3.1 Wasserrisikoanalyse und Methodologie

    Russland 32 %Norwegen 20 %Niederlande 11 %Verein. Knigr. 6 %USA 4 %Kolumbien 4 %Libyen 4 %Nigeria 3 %Kasachstan 2 %Australien 2 %Andere (37 Lnder) 12 %

    Abbildung 5: berblick ber die Lnder, aus denen

    Deutschland l, Gas und Kohle importiert (auf Grund-

    lage importierter Tonnen)

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 27

    Land Importwert (Tausend

    )

    Importvolumen

    (t)

    physisches Risiko

    regulatives

    Risiko

    Reputationsrisiko

    Brasilien 2.746.074 23.119.169

    Kanada 771.482 4.541.891

    Schweden 731.446 5.153.571

    Sdafrika 713.097 2.778.054

    Peru 707.789 382.717

    Australien 544.449 1.219.735

    Argentinien 473.095 571.610

    Chile 387.036 255.800

    Mauretanien 133.798 1.253.371

    Papua-Neuguinea

    123.892 43.281

    Tabelle 6: Die zehn wichtigsten Lnder, aus denen Deutschland Erze importiert, und deren Wasserrisiko (auf Grundlage des Importwerts). Hoch Mittel Gering

    *weitere Details siehe 3.1 Wasserrisikoanalyse und Methodologie

    Wasserrisiko und Wasserintensitt des SektorsDie Frderung von Rohstoffen, l und Gas kann nicht an einen anderen Ort verlegt werden, da sie von der spezifischen Lage des Erzes, ls, Gases oder der Kohle abhngt. Dies macht den Sektor anfllig fr vernderte Verfgbarkeit und Qualitt von Wasser vor Ort und ebenso fr Sorgen der Gemeinde hin-sichtlich der Wassernutzung.61

    Die Rohstoffindustrie hat seit jeher massive Auswirkungen auf die kosyste-me, in denen sie ttig ist. Sie bentigt groe Mengen Wasser und beeintrch-tigt oftmals dessen Qualitt. Die Tatsache, dass Rohstoff, l und Gasunter-nehmen hufig in Gegenden angesiedelt sind, in denen Wasser knapp und nicht immer von guter Qualitt ist, verstrkt diese Probleme noch.62

    Derzeit werden in mehreren Lndern, aus denen Deutschland Erdgas im-portiert, unkonventionelle Energiequellen wie Schiefergas erforscht, u. a. in den Niederlanden und dem Vereinigten Knigreich. Zu den Risiken bei der Schiefergasgewinnung durch Fracking zhlt nicht nur der Wasserverbrauch, sondern auch Bodenverunreinigung durch Chemikalien und eine noch zu schwache behrdliche Regulierung.

    Brasilien 53 %Schweden 12 %Kanada 11 %Sdafrika 6 %Guinea 5 %Mauretanien 3 %Australien 3 %Argentinien 1 %Norwegen 1 %Peru 1 %Andere(64 Lnder) 12 %

    Abbildung 6: berblick ber die Lnder, aus

    denen Deutschland Erze importiert (auf Grundlage von

    importierten Tonnen)

  • 28

    l und Gas Kohle und Erzabbau

    Fr l- und Gasgewinnung werden groe Mengen Wasser fr Brunnenbau, Standorterschlieung und Fracking bentigt.

    Die Verschmutzung von Wasser ist ein Risiko, wenn l- und Gasgewinnung Berhrungspunkte mit der Trinkwasser-versorgung haben oder wenn l und Gas durch lange Pipelines geleitet wer-den, die man nur schlecht berwachen kann, wenn unkontrolliert Abwasser austritt oder auch bei unkonventionellen Formen der Frderung von Erdgas wie Flzgas, lsand oder Schiefergas.

    Beim Pumpen von l und Gas aus dem Boden entstehen groe Mengen minderwertigen Wassers, das als Produced Water bezeichnet wird. Die Befrderung und Beseitigung dieses hochgradig verschmutzten Wassers ist Teil der Debatte ber die Umweltfolgen bei der l- und Gasgewinnung.

    lraffinerien liegen aus Transport-grnden oft in der Nhe von schiffbaren Flssen, Seen oder Seehfen. Durch einen niedrigen Wasserspiegel steigen die Kosten fr die Verschiffung von l und Gas.

    Erz wird oftmals unterhalb des Grundwasserspiegels abgebaut, was sich auf die lokale Wasserwelt und die kosys teme auswirken kann.

    Surehaltige Abflsse beeintrchtigen die Wasserqualitt, da sie den pH-Wert senken und die Konzentration von toxischen Metallen oder Schwermetal-len wie Kupfer, Blei und Quecksilber im Grubenwasser erhhen.

    Austretender Kohleschlamm oder Zyanid knnen schwere Auswirkungen auf Swasservorkommen haben.

    Stillgelegte Minen knnen die Umwelt langfristig belasten, da sie auf unbe-grenzte Zeit ausgepumpt und geklrt werden mssen, damit weder Oberfl-chen- noch Grundwasser verunreinigt werden.

    Abbildung 7: Auswirkungen des Rohstoffsektors fr das Wasser63

    Rohstoffindustrien werden oft als strategische nationale Industrien mit guten Verbindungen zur Regierung gesehen. Es liegt im Wesen dieser Industrien, dass sie Substanzielles berhren oft auch die Wasservorkommen, die, wenn sie in Mitleidenschaft gezogen werden, Auslser fr politische Unruhen sein knnen. Wasserrechte und -preise stehen pltzlich in der Kritik, eine Betriebs-erlaubnis wird unvermittelt infrage gestellt. So hat die lpest im Golf von Mexiko 2010 dem Image der lindustrie insgesamt immens geschadet und sie dazu gezwungen, ihre Sicherheits- und Umweltrichtlinien zu berdenken.

    Fakten zum Wasser und dem Bergbausektor Um 1 Liter l zu raffinieren, werden 2,5 l Wasser fr die Verarbeitung und Khlung bentigt. Um einen Liter l von Teersand zu trennen, werden 4 5 l Wasser bentigt. Um einen typischen Schiefergasbrunnen zu bohren und danach durch Fracking Gas zu gewinnen, werden (je nach Flussgebiet und geologischer Formation) 20 Mio. Liter Wasser bentigt.64 Um 1 kg Erz zu gewinnen, werden (je nach Art des Erzes) 0,1 80 l Wasser bentigt. Die geschtzten Kosten fr die Reinigung verschmutzten Einzugsgebiets aus jahrelanger Bewirtschaftung von Kohleminen in West Virginia beluft sich auf 4 12 Mrd. .

    Um einen Liter l von Teersand zu trennen,

    werden 4-5 Liter Wasser bentigt.

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 29

    Abbildung 8: Allgemeine Wertschpfungskette

    des l- und Gassektors und damit verbundener Wasserverbrauch und

    -verschmutzung

    Abbildung 9: Allgemeine Wertschpfungskette des

    Bergbausektors und damit verbundener Wasserver-

    brauch und -verschmutzung

    Standort-suche & Bewertung neuer Vorkommen

    4 %5 %

    17 %5 %46 %

    WasserverbrauchWasserentnahme

    kotoxizittVersauerung

    Eutrophierung

    Bau von l- oder Gas-brunnen

    l und Gas Frderung

    Interner Transport

    50 %64 %

    Raffinerie

    erste chemische Prozesse

    40 %26 %

    46 %15 %33 %

    21 %19 %12 %

    6 %5 %

    17 %61 %9 %

    Handel

    Markt

    Untersttzung der Verbraucher

    keine Datenkeine Daten

    keine Datenkeine Datenkeine Daten

    Exploration Produktion Verarbeitung Transport Markt

    Wasserintensitt

    Wasserverschmutzung

    Standort-suche & Bewertung neuer Vorkommen

    4 %5 %

    20 %3 %

    49 %

    WasserverbrauchWasserentnahme

    kotoxizittVersauerung

    Eutrophierung

    Bau einer Mine

    Frderung

    Interner Transport

    40 %55 %

    33 %50 %20 %

    Aussortie-rung

    Brechen

    erste chemische Prozesse

    50 %35 %

    28 %10 %22 %

    6 %5 %

    20 %37 %9 %

    Handel

    Markt

    Unterstt-zung der Ver braucher

    keine Datenkeine Daten

    keine Datenkeine Daten

    keine Datenkeine Datenkeine Daten

    keine Datenkeine Datenkeine Daten

    Exploration Bergbau Verarbeitung Transport Markt Verbraucher

    Wasserintensitt

    Wasserverschmutzung

  • 30

    physisches Risiko regulatives Risiko Reputationsrisiko

    vom Unternehmen beeinflussbare Risiken

    Hohe Abhngigkeit von groen Mengen an Swasser. Bergbau und Bohrungen knnen im Falle von Wasserknappheit nicht auf einen anderen Standort verlagert werden.- Bergbau und Bohrungen

    finden oft in abgelegenen Gegenden (u. a. auf Plattformen im Ozean) mit begrenztem Zugang zu Trinkwasser statt.

    - Grundwasserquellen knnen aufgebraucht werden, wenn sie sich nicht ausreichend wieder auffllen.

    - Intensive Entsalzung fhrt zu Verschmutzung.

    - Die Frderung von lsand und Schiefergas bentigt besonders viel Wasser.

    Unterbrechungen der Frderung bei extremen Wetterbedingungen wie schweren Regenfllen oder berflutung durch Klimawandel.

    Regierungen reagieren immer strker auf die Forderungen von Gemein-den, neue Bergbau-/lprojekte abzulehnen. Zunehmender Wettbewerb mit anderen Wassernut-zern im Flussgebiet knnte zum Entzug von Wasser-rechten fhren. Strengere Regulierungen und ihre verstrkte behrdliche Durchsetzung knnten den Preis fr S-wasser- und Abwasserrei-nigung und -entsorgung in die Hhe treiben. - Unternehmen knnten

    gesetzlich dazu verpflich-tet werden, innovative Produktionstechnologien einzusetzen, um die Auswirkungen auf die Wasservorrte zu reduzieren.

    - Wesentliche Auswirkun-gen auf Preise unter Bercksichtigung der erforderlichen Mengen.

    Das Austreten von l ist in hohem Mae rufsch-digend. Regierungen, Kommunen, NROs und Unternehmen sind in Bezug auf ihre eigene Wertschp-fungskette zunehmend besorgt angesichts der hohen Mengen toxi schen Abwassers und Gruben-wassers und der mgli-chen Konsequenzen fr Wasservorkommen und die umgebenden kosysteme. Mgliche Erschpfung der Swasserquelle, was Auswirkungen auf alle Nutzer im Flussgebiet haben kann. Rufschdigung kann direkte Auswirkungen auf die Verkaufszahlen von l- und Gasunter nehmen haben, da diese oftmals vertikal integriert sind und direkt an den Endverbrau-cher verkaufen. Fr die Bergbauindustrie ist die Rufschdigung dadurch begrenzt, dass die meisten Unternehmen nicht direkt an Endverbrau-cher verkaufen.

    von den FlussgebietStakeholdern beeinflussbare Risiken

    Versorgung mit S wasser (Menge) wird knapper aufgrund steigender Nachfrage seitens anderer Nutzer des Flussgebiets- z. B. in abgelegenen

    Gegenden, in denen sich die Landwirtschaft nur mithilfe von Bews serung entwickeln kann.

    Mgliche Verschmutzung der Swasserquellen durch andere Nutzer des Flussgebiets (Qualitt). Aufgrund steigender Luft- und Wassertemperaturen werden grere Mengen Wasser fr Khlung und Betriebsablufe ntig sein, whrend gleichzeitig die Wasserverdunstung zunimmt.

    Groe multinationale Kon-zerne bieten (regionalen) Regierungen hufig eine leichte Angriffsflche.- Lokale Unternehmen

    werden z. B. in Bezug auf Besteuerung und Regu-lierung hufig gegenber groen multinationalen Konzernen begnstigt.

    Nicht existierende oder ein-geschrnkte Regulierung bzw. nicht existierende oder eingeschrnkte Durchsetzung von Seiten der Regionalregierungen kann die Wasserquantitt und -qualitt beeintrch-tigen. In einem grenzber-schreitenden Flussgebiet haben die je nach Land unterschiedlichen Regu-lierungen und Durchset-zungsmanahmen unter Umstnden verstrkte Auswirkungen.

    Hohes Reputationsrisiko vor allem fr groe multinationale Unter-nehmen im Falle lokaler Wasserknappheit oder Verschmutzung durch Abwasser im Flussgebiet, in dem das Unternehmen arbeitet. Dies ist sogar der Fall, wenn das Unterneh-men vorbildlich die besten Praktiken in den Bereichen Wasser und Abwasser an-wendet und Wasserrechte auf ordentliche Weise erworben wurden. Druck durch Endnutzer (Verbraucher), die keine Produkte aus derart betroffenen Flussgebieten kaufen mchten.

    Tabelle 7: Allgemeiner berblick ber Wasserrisiken im Zusammenhang mit Wasser fr den Bergbausektor

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 31

    Laut russischer Regierung stehen 40 % des Staats-

    gebietes unter hohem oder recht hohem

    kologischen Stress.

    Lnder-Fallstudie Russland: l, Gas, Kohle

    Anteil an weltweiter Produktion65

    Anteil an Importen nach Deutschland

    l 12,8 % 37,3 %

    Erdgas 18,5 % 28,9 %

    Kohle 4,0 % 25,7 %

    Russland ist die fnftgrte Wirtschaftsmacht der Welt und einer der fhren-den Exporteure von l und Erdgas. Der Anteil des Bergbaus an Russlands BIP lag 2013 bei 11 %.66 Da Russland ber 21,4 % aller weltweit nachgewiesenen Erdgasreserven verfgt, wird sich Russlands Gasfrderung vermutlich erh-hen. Zwar stammen aus Russland nur 4 % der weltweit abgebauten Kohle, den-noch ist das Land der drittgrte Kohle-Exporteur der Welt und Deutschlands Hauptimportquelle fr Kohle. ber die Hlfte der russischen Kohle wird im sdsibirischen Kuzbass abgebaut, das gleichzeitig die Hauptquelle fr deutsche Importkohle ist.67

    WassersituationDer Groteil der Swasservorkommen Russlands bleibt ungenutzt. Sie liegen im Permafrost, der den nrdlichen Teil des europischen Teils Russlands, den Groteil von Sibirien und fast die gesamte fernstliche Region bedeckt. Russland verfgt ber ein geschtztes Oberflchenwasservolumen von 4.222,24 km3; die Swasserquellen sind jedoch ungleich im Land verteilt. Die zentralen und sdlichen Regionen des europischen Russlands, in denen 80 % der Bevlkerung und Industrie ansssig sind, verfgen nur ber ca. 9 % Ober-flchen und Grundwasservorkommen.68 Nachdem die Umwelt jahrzehntelang vernachlssigt wurde, stufte die Regierung in den 1990er Jahren rund 40 % des russischen Staatsgebiets als Gebiete ein, die unter hohem oder recht hohem kologischen Stress stehen.69 Am schlechtesten ist die Qualitt des Trinkwas-sers im Norden und Nordwesten des Landes, vor allem in Gegenden, in denen die l und Chemieindustrien ansssig sind.70

    Physisches RisikoDa die lfrderung nicht von unverschmutzten Wasservorkommen abhngt, ist das Risiko der russischen lindustrie durch Wasserverschmutzung vor allem ein Reputationsrisiko (siehe unten). Umweltverschmutzung durch Ab-wsser und austretendes l hat jedoch direkte finanzielle Auswirkungen auf lgesellschaften, wenn diese ihre Umweltkosten bernehmen mssen.

    Regulatives RisikoDie russischen Umweltgesetze galten lange als unzulnglich, um die unver-meidbaren Unflle zu regeln, die in der lindustrie passieren. Schon immer waren Umweltrichtlinien in Russland schwer durchzusetzen. Doch in einer Umfrage von 2011 werden Bedenken an zuknftigen Regulierungen der l und Gasindustrie laut: Die Regierung beabsichtigt, eine Haushaltslcke mit-hilfe von Einnahmen aus der l und Gasindustrie auszugleichen.71

    ReputationsrisikoDas Reputationsrisiko fr die Rohstoffindustrie in Russland ist enorm. 2013 wurden Greenpeace-Aktivisten festgenommen, als sie gegen Bohrungen in der Arktis protestieren, woraufhin ein internationaler Medienrummel ffentliche

  • 32

    Untersttzung mobilisierte. Trotzdem: Schwere von der russischen lindustrie verursachte Umweltprobleme, die den Ruf der Industrie schdigen, sind nach wie vor zu befrchten:

    Jedes Jahr werden aus russischen Kohleminen 200 Mio. Tonnen Wasser herausgepumpt. Nach einem Bericht von 2011 werden in der Region Kemerovo nahe Kuzbass pro Jahr ber 0,5 Mio. m schadstoffhaltiges Wasser abgelassen. Die durch Industriegebiete flieenden Gewsser der Region seien verschmutzt, stark verschmutzt oder in manchen Fllen sogar hochgradig verschmutzt, so der Bericht.72

    Abraumhalden (Rckstandsmaterial nach der Trennung von wertvollen und wertlosen Erzbruchteilen) enthalten groe Mengen an Sure, die in Wasserwege und Grundwasserleiter eindringen und zu einer weiteren Verschmutzungsquelle fr das Trinkwasser werden. Saurer Regen wscht Metalle aus Halden, Steinabfllen und Klinker aus, die in Flsse, Seen und Meere flieen.73

    Durch extreme Wetterbedingungen und einen Mangel an Wartung tritt l aus kaputten Pipelines aus. In lerschlieungsgebieten bildet ausgelaufenes l giftige Seen, durchdringt den Boden und sickert ins Grundwasser.74 Laut Greenpeace laufen auf Russlands lfeldern pro Jahr 5 Mio. Tonnen Rohl aus.

    Jedes Jahr flieen mehrere Hunderttausend Tonnen Erdlerzeugnisse in Flsse. Im Grund und Trinkwasser der l und Gasfelder von Westsibirien ist die Konzentration von Erdlkohlenwasserstoffen, Phenolen und anderen Schadstoffen aus der l und Gasproduktion 10 35mal hher als die erlaubte Maximalkonzentration.75

    Abraumhalden enthalten groe Mengen an Sure,

    die in Wasserwege und Grundwasserleiter ein-dringen und das Trink-wasser verschmutzen.

    Russland ist das grte l, Gas und

    Kohle-Importland fr Deutschland. Aufgrund

    von lkatastrophen und der Verursachung

    weiterer Umwelt-probleme ist die l

    und Gasindustrie vielen reputativen Risiken

    ausgesetzt.

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 33

    Im Jahr 2013 waren Platinhersteller nach

    einer Trockenheit in der nordwestlichen Provinz

    von Wasserbeschrn-kungen rund um die

    Bergbaustadt Rusten-burg betroffen.

    Lnder-Fallstudie Sdafrika: Erze (Platin, Gold, Kohle)Anteil an weltweiter Produktion: 80 %76

    Anteil an Importen nach Deutschland: 6,4 %

    Sdafrika ist eines der fhrenden Bergbaulnder der Welt mit den weltgrten Vorkommen an Gold und Platin sowie bedeutenden Diamanten- und Kohle-vorkommen. Sdafrika exportiert pro Jahr mineralische Rohstoffe im Wert von rund 75 Mrd. (100 Mrd. US $).77 2010 machten die Gewinne aus dem Bergbau 9 % des BIP von Sdafrika aus.76

    WassersituationAufgrund der Geologie des Landes sind Sdafrikas Grundwasservorkommen begrenzt. Grundwasserleiter zweiter Ordnung, die nur schwache Ertrge lie-fern, durchziehen die Bden des Landes. In den nrdlichen Teilen Sdafrikas sind sowohl Oberflchen als auch Grundwasservorkommen nahezu vollstndig erschlossen und genutzt. Im wasserreichen Sdosten hingegen gibt es noch Potenzial zur Erschlieung neuer Vorkommen.79 Sdafrika kmpft vor allem mit den folgenden Problemen: Dmme, die weitreichende Wasserspar- und Kontrollmanahmen erfordern; Wasserverbrauch bersteigt die Wasserver-sorgung; Verschmutzung von Flssen durch Wasserablauf aus Landwirtschaft und Stdten; saures Grubenwasser; Luftverschmutzung, die zu saurem Regen fhrt; Bodenerosion und Desertifikation.80 Der wichtigste Fluss, der Vaal, ist berbeansprucht und bentigt Wassertransfers aus den Flssen Tugela und Oranje.81

    Physische RisikenDie Gebiete mit aktueller und geplanter Nutzung durch Bergbau liegen in den trockensten Regionen des Landes.82 Bergbauunternehmen in Sdafrika haben bereits die nachteiligen finanziellen Auswirkungen von Risiken wie berflutung und Wasserstress zu spren bekommen.83 2013 waren Platinhersteller nach einer Trockenheit in der nordwestlichen Provinz von Wasserbeschrnkungen rund um die Bergbaustadt Rustenburg betroffen.84

    Saures Grubenwasser ist das grte Umweltproblem der Bergbauindustrie in Sdafrika: Es fliet nicht nur anhaltend, sondern ist auch kostspielig und eine Langzeitverpflichtung fr Minen, nachdem diese ihren Betrieb lngst eingestellt haben.85 Saure Grubenwasser entstehen, wenn Pyrit aus Gold-, Kohle- oder Platinablagerungen oxidiert und Schwefelsure entsteht. Das surehaltige Wasser erhht die Lsbarkeit von Aluminium und Schwermetallen, die in den betroffenen Gegenden vorkommen. Wenn die gelsten Metalle ins Wasser flie-en, wird dieses toxisch.86

    Regulative RisikenFr den Bergbau und den Abbau von Bodenschtzen bentigt man Wasser, welches durch Lizenzen des Ministeriums fr Wasserwirtschaft vergeben wird. Das Ministerium bekmpft Verursacher von Umweltverschmutzung, wenn es sie ausfindig machen kann. Einige Flle industrieller Verschmutzung wurden bereits vor Gericht gebracht.87 Das Wassergesetz von 1998 sieht harte Strafen vor, wenn eine ineffiziente Wassernutzung nachgewiesen werden kann.88 Die Durchsetzung scheint jedoch eher lax zu sein, da in Sdafrika ber 50 Minen ohne gltige Wasserlizenzen betrieben werden, was wiederum weitere regulative Risiken mit sich bringt.89

  • 34

    Steigende Wasserpreise haben die Bergbauindustrie dazu veranlasst, in Tech-nologien zur Wassereinsparung zu investieren.90 Platinminen im Olifants-Gebiet sind von langfristigen Risiken im Zusammenhang mit immer hheren Wasserkosten bedroht; in Zukunft werden die Wasserkosten um das Zehnfache steigen.91 Wird das Wassergesetz in Zukunft strenger befolgt, mssen Minen auch fr die Kosten der Klrung von saurem Grubenwasser vor dessen Einlei-tung in die Umwelt aufkommen.

    ReputationsrisikenWasserbezogene Reputationsrisiken entstehen durch die schwerwiegenden Probleme, die saures Grubenwasser verursacht. Wasserknappheit und konkur-rierende Wassernutzung im Olifants-Gebiet haben zu negativen Eindrcken bei Stakeholdern zum Thema Wasser beim Bergbau gefhrt, was wiederum Auswirkungen auf Entscheidungen zur Wasserverteilung in der Region hatte. Daher wurde trotz wirtschaftlicher Einbuen die Landwirtschaft dem Bergbau bevorzugt.92

    3.2.3 LandwirtschaftAgrarerzeugnisse machten 2011 9,3 % des gesamten weltweiten Warenhandels aus.93 Deutschland importierte 2011 landwirtschaftliche Erzeugnisse im Wert von 72,2 Mio. (92,33 Mio. US $) und war somit das drittgrte Importland.94,95

    Wichtigste Importlnder fr Deutschland und deren WasserrisikoDie grten landwirtschaftlichen Handelspartner Deutschlands sind in der EU ansssig und Brasilien, die USA und Vietnam sind die wichtigsten Importln-der auerhalb der EU (siehe Abbildung 10).96 Besonders in der Landwirtschaft ist das Thema der Wiederausfuhren (siehe Exkurs 3) von groer Bedeutung. Die Niederlande z. B. sind fr Deutschland einer der grten Wiederausfhrer von Soja, lpalmen, Kakao, Reis, Ananas und Zitrusfrchten (siehe Tabelle 8). Bei der Berechnung des Wasserrisikos fr den landwirtschaftlichen Sektor ist es deshalb dringend notwendig, die gesamte Wertschpfungskette zu unter-suchen und indirekte Wasserrisiken zu identifizieren.

    Niederlande 15 %Spanien 8 %Brasilien 6 %Frankreich 11 %Italien 4 %USA 4 %Dnemark 3 %Polen 6 %Vietnam 1 %Tschech. Rep. 2 %Andere (166 Lnder) 12 %

    Abbildung 10: berblick ber die Lnder, aus

    denen Deutschland land-wirt schaftliche Erzeugnisse

    importiert (auf Grundlage importierter Tonnen)

    Handelsware

    Importwert (in Mio. )

    Importvolumen

    (in Tonnen)

    Land physisches Risiko

    regulatives Risiko

    Reputationsrisiko

    Sojaprodukte

    2.950 7.001.724 Brasilien

    Niederlande

    USA

    Argentinien

    Paraguay

    lpalmen 1.451 2.128.763 Indonesien

    Niederlande

    Malaysia

    Papua-Neuguinea

    Thailand

  • Handelsware Importwert (in Mio. )

    Import volumen (in Tonnen)

    Land physisches Risiko

    regulatives Risiko

    Reputationsrisiko

    Wein trauben 3.149 2.081.176 Italien

    Spanien

    Frankreich

    Sdafrika

    Chile

    Kaffee 4.188 1.261.228 Brasilien

    Vietnam

    Honduras

    Peru

    thiopien

    Bananen 729 1.182.907 Ecuador

    Kolumbien

    Costa Rica

    Dom. Rep.

    Peru

    Kakao 3.204 1.167.886 Niederlande

    Cte dIvoire

    Belgien

    Indonesien

    Ghana

    Reis 327 448.490 Italien

    Niederlande

    Belgien

    Spanien

    Indien

    Ananas 253 317.794 Costa Rica

    Thailand

    Sdafrika

    Niederlande

    Indonesien

    Zuckerrohr 130 312.415 Indien

    Swasiland

    Brasilien

    Dnemark

    Australien

    Zitrus frchte 350 298.054 Spanien

    China

    Niederlande

    Italien

    Argentinien

    Tabelle 8: Die zehn grten Wasserrisiken im Bereich Agrarprodukte von Import erzeugnissen nach Deutschland Hoch Medium Gering

    *weitere Details siehe 3.1 Wasserrisikoana lyse und Methodologie

  • 36

    Rund 70 % des weltweit genutzten Oberflchen und Grundwassers werden in der Landwirtschaft97 verbraucht, in Entwicklungslndern sogar bis zu 90 %.98 Viele der landwirtschaftlichen Nutzflchen liegen in semiariden Gegenden, die aufgrund des Klimawandels vermutlich noch trockener werden.

    Ein groes Risiko fr den Sektor ist der hohe Bedarf an Wasser innerhalb der Bewsserung. Diese Tendenz wird durch den steigenden Konkurrenzkampf zwischen Landwirtschaft, Urbanisierung und Industrialisierung und durch die Folgen des Klimawandels von Ort zu Ort weiter ansteigen. Der Klimawandel wird die Wasserversorgung und die Landwirtschaft insofern beeinflussen, als dass Verschiebungen von Regenzeiten und Schneeschmelzen zu erwarten sind und die Hufigkeit und Schwere von berflutungen und Drren zunehmen wird.99

    Zwischen 15 und 35 % des in der Landwirtschaft verwendeten Wassers stam-men aus nicht nachhaltigen Quellen. Hinzu kommt, dass die Landwirtschaft jedes Jahr 60 % des von ihr benutzten Wassers verschwendet100. Die Landwirt-schaft ist in vielen Lndern der Hauptverursacher von Wasserverschmutzung. Dies liegt an der Ausleitung von Schadstoffen und Sedimenten ins Oberfl-chen- und/oder Grundwasser, einem Verlust an fruchtbaren Bden durch schlechte landwirtschaftliche Praktiken sowie an Versalzung und Staunssung von bewssertem Land.101 Gleichzeitig ist der Sektor abhngig von Wasserres-sourcen von guter Qualitt, damit Nutzpflanzen nicht kontaminiert werden.

    Die Wasserrisiken der in Deutschland produzierten Landwirtschaftsprodukte sind vergleichsweise niedrig, da es hierzulande ausreichende Wasservor-kommen und ein gut entwickeltes Wasserbewirtschaftungssystem gibt. Dennoch knnten deutsche Hersteller und Hndler Probleme mit gravieren-den Wasserrisiken in ihren Wertschpfungsketten bei landwirtschaftlichen Rohstoffen bekommen, die aus Gegenden mit Wasserproblemen importiert werden. Besonders betroffen sind der Lebensmitteleinzelhandel- und der Getrnkesektor, da Wasser sowohl innerhalb der Wertschpfung als auch bei der Weiterverarbeitung ein wichtiger Produktionsstoff ist.

    Ein groes Risiko fr den Sektor ist der hohe

    Bedarf an Wasser innerhalb der Bews-

    serung. Weltweit verbraucht die Land-

    wirtschaft ca. 70 % der Wasserressourcen.

    Durchschnittlicher Wasser-Fuabdruck landwirtschaftlicher Erzeugnisse102:Tomaten: 200 l/kgOrangen: 560 l/kgReis: 2.500 l/kgRindfleisch: 15.400 l/kgKaffee: 15.900 l/kg

    *weitere Informationen zum Wasser-Fuabdruck siehe Exkurs 2

  • DAS IMPORTIERTE RISIKO Deutschlands Wasserrisiko in Zeiten der Globalisierung | 37

    Abbildung 10: Allgemeine Wertschpfungskette fr den Lebensmitteleinzel-

    handel und damit verbun-dene Wasserintensitt und

    -verschmutzung

    Wichtiger Schritt in der Wertschpfungskette

    Kann im Fall von vertikaler Integration von landwirt-

    schaftlichem Unternehmen betrieben werden

    Landwirtschaft

    Erstverarbeitung

    60 %57 %

    29 %24 %87 %

    WasserverbrauchWasserentnahme

    kotoxizittVersauerung

    Eutrophierung

    Verarbeitung

    Verpackung

    40 %42 %

    Transport

    Vertriebszentren

    Einzelhndler

    Gastronomie

    1 %1 %

    63 %49 %13 %

    8 %27 %0 %

    0 %0 %

    0 %0 %0 %

    Zubereitung von Lebensmitteln und Getrnken

    Essen und Trinken

    Rohstofflieferanten Produktion Vertrieb Produktgebrauch durch Verbraucher

    Wasserintensitt

    Wasserverschmutzung

    Weltweit ist die Landwirtschaft mit ca. 70 % der grte

    Wasserverbraucher. In vielen Lndern gehen

    durch veraltete und schlecht gewartete

    Systeme bis zu 70 % des Bewsserungswassers

    beim Transport zum Feld verloren.

  • 38

    physisches Risiko regulatives Risiko Reputationsrisiko

    vom Unternehmen beeinflussbare Risiken

    Hohe Abhngigkeit von gro-en Mengen an Swasser fr den direkten Gebrauch.- Trinkwasser ist eine Haupt-

    zutat fr die Getrnkeher-stellung. Wasserknappheit bzw. die Verunreinigung von Wasserquellen zwingt Abfllanlagen oder Pro-duktionssttten zur Schlie-ung oder zum Umzug.

    Weltweit wird das meiste Wasser fr den Anbau von Nutzpflanzen bzw. fr die Viehhaltung bentigt (Zulieferer).- Vernderte Niederschlags-

    muster und schwere Drren und berflutungen auf grund des Klimawandels knnen den Ernteertrag und die Qualitt des Ertrags verringern und den Wasserbedarf von Nutzpflanzen und Vieh erhhen.

    Zunehmender Wettbewerb mit anderen Wassernutzern im Flussgebiet kann zu einem Entzug von Wasserrechten fhren. Eine strengere Regulierung und verstrkte Durchsetzung durch Regierungen knnen die Preise fr Frischwasser und die Klrung von Abws-sern erhhen.- Unternehmen knnten

    gesetzlich dazu ver - pflichtet werden, innovative Produktionstechnologien einzusetzen, um die Auswir-kungen auf die Wasservor-rte zu reduzieren.

    - Die Auswirkungen mg-licher Preiserhhungen oder Vernderungen in der Preisstruktur sind unter Bercksichtigung der bentigten Mengen enorm, vor allem fr Zulieferer in der Landwirtschaft.

    Verbraucher reagieren sen-sibler auf Auswirkungen der Lebensmittel- und Getrn-keherstellung auf die lokale Umwelt und Bevlkerung. Abwsser aus der Land - wirtschaft und aus Lebens-mittel-/Fleisch verarbeitungs-betrieben knnen negative Folgen fr die lokalen Swasser ressourcen und kosysteme haben und zu einer mglichen Imagesch-digung des Unternehmens fhren.

    von den Flussgebiet-Stakeholdern beeinflussbare Risiken

    Versorgung mit Swasser (Quantitt) wird durch steigende Nachfrage seitens anderer Nutzer des Flussge-biets knapper. Mgliche Verschmutzung der Swasserquellen (Qualitt) durch andere Nutzer des Flussgebiets. Aufgrund steigender Luft- und Wassertemperaturen werden grere Mengen Wasser fr Bewsserung ntig sein, whrend gleichzeitig die Wasserverdunstung zunimmt.

    Nicht existierende oder eingeschrnkte Regulierung bzw. nicht existierende oder eingeschrnkte Durchsetzung von Seiten der Regional-regierungen kann die Wasserquantitt und -qualitt beeintrchtigen.- Neuverteilung von Wasser-

    rechten, wenn Regierungen mehr Wasserrechte verteilt haben, als Ressourcen verfgbar sind.

    In einem grenzberschreiten-den Flussgebiet haben die je nach Land unterschiedlichen Regulierungen und Durch-setzungsmanahmen unter Umstnden flussabwrts verstrkte Auswirkungen auf Quantitt und Qualitt des Wassers. Groe multinationale Unternehmen sind oftmals einfache Ziele fr (lokale) Regierungen.- Lokale Unternehmen

    werden u. a. hinsichtlich der Steuern und Regulierungen oftmals groen multin