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Eine wunderschöne Ausstellung von Kunstgärten
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Anke Blieschies
ZAUNKÖNIG – Gärten auf Zeit
„Eduard – so nennen wir einen reichen Baron im besten Mannesalter – Eduard hatte in seiner
Baumschule die schönste Stunde eines Aprilnachmittags zugebracht, um frisch erhaltene
Pfropfreiser auf junge Stämme zu bringen. Sein Geschäft war eben vollendet; er legte die
Gerätschaften in das Futteral zusammen und betrachtete seine Arbeit mit Vergnügen, als der
Gärtner hinzutrat und sich an dem teilnehmenden Fleiße des Herrn ergetzte.
„Hast du meine Frau nicht gesehen?“ fragte Eduard, indem er sich weiterzugehen anschickte.
„Drüben in den neuen Anlagen“, versetzte der Gärtner, „Die Mooshütte wird heute fertig, die
sie an der Felswand, dem Schlosse gegenüber gebaut hat. Alles ist recht schön geworden und
muss Euer Gnaden gefallen. Man hat einen vortrefflichen Anblick: unten das Dorf, ein wenig
rechter Hand die Kirche, über deren Turmspitze man fast hinwegsieht, gegenüber das Schloss
und die Gärten.“
„Ganz recht, „ versetzte Eduard; „einige Schritte von hier konnte ich die Leute arbeiten
sehen.“
„Dann“, fuhr der Gärtner fort, „öffnet sich rechts das Tal und man sieht über die reichen
Baumwiesen in eine heitere Ferne. Der Stieg die Felsen hinauf ist gar hübsch angelegt. Die
gnädige Frau versteht es; man arbeitet unter ihr mit Vergnügen.“
„Geh zu ihr“, sagte Eduard, „und ersuche sie, auf mich zu warten. Sage ihr, ich wünsche die
neue Schöpfung zu sehen und mich daran zu erfreuen.“
Der Gärtner entfernte sich eilig, und Eduard folgte bald. Dieser stieg nun die Terrassen
hinunter, musterte im Vorbeigehen Gewächshäuser und Treibebeete, bis er ans Wasser, dann
über einen Steg an den Ort kam, wo sich der Pfad (…) teilte.“
Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften,
Das Paradies wird in der Bibel als Garten beschrieben und schon seit der Antike gilt das
Motiv des Gartens als Idealbild in Kunst und Kultur. Ausgehend von der Prämisse, dass schon
die Natur an sich eine Künstlerin ist, folgt die Veredelung derselben durch Menschenhand.
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Das Credo des bekanntesten deutschen Gartenbautheoretikers Hirschfeld ist richtungweisend:
„Bewege durch den Garten stark die Einbildungskraft und die Empfindung, stärker als bloß
eine natürlich schöne Gegend bewegen kann.“
Um 1850 entstand hier auf dem Gelände ein in Grundzügen noch erkennbarer englischer
Garten. Ziel eines Englischen Gartens war es, eine möglichst natürliche Landschaft künstlich
zu schaffen, die in ihren Gestaltungsmöglichkeiten ausgenutzt und perfektioniert sein sollte.
Im Laufe des 18. Jahrhunderts bildeten sich in England zwei Hauptströmungen heraus. Die
erste Variante sah die Schaffung von arkadischen Ideallandschaften nach Bildvorlagen von
Malern wie z.B. Claude Lorrain vor. Um 1800 entwickelte sich eine weitere Richtung, die
sich schließlich durchsetzen sollte: hier wurde versucht, eine ästhetische
Landschaftsgestaltung mit Landwirtschaft zu verbinden. Die Abgrenzung von wirtschaftlich
genutzter Fläche und eigentlichem Park sollte aufgehoben werden, ohne den ästhetischen
Gesamteindruck zu schmälern.
Diese Gartenkonzeption greift nicht ohne Grund im 19. Jahrhundert weiter Raum. Sind doch
vor allem auch das romantische Naturverhältnis und die Entwicklung so genannten modernen
Gedankenguts im gesamtgesellschaftlichen Diskurs Grund für neue Konzepte auch im
Verständnis des Gartens. Gartengestaltung sollte sich in einem freieren Denken, Fühlen und
Handeln niederschlagen. Goethe konzipierte den Park von Eduard und Charlotte eindeutig als
Englischen Garten.
Waren sie in der Zeit der Renaissance und des Barock noch regelrechte Gesamtkunstwerke,
so werden Gärten im 19. Jahrhundert immer „architektonischer“ und „landschaftlicher“. Der
Landschaftsgarten legte mit seiner Inszenierung auch die Grundlage für das Verständnis des
Raums in der Moderne: Als Raum, der vielfältigste Bilder, Farben, Gerüche, Geräusche sowie
unterschiedliche Stoffe in sich vereint, spricht der Garten alle Sinne an
Am Donnerstagabend traf ich so gegen halb sieben auf dem Gelände hier ein und es fiel ein
Sonnenstrahl durch die dichten Wolken, der das bunte kleine Gartenhäuschen aus der grünen
Umgebung auf das Schönste herausstrahlen ließ. In der Ferne sah ich Margret beim
liebevollen Harken des gemähten Rasens und weiter hinten erblickte ich Familie Kuban mit
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geschäftigem Treiben auf 4x4 Metern. Rechts hinüber standen Autos, die ihre Spuren im
nassen Gras hinterlassen hatten und David zählte Steine.
Ich bin Städterin, meine schönen Schuhe wurden nass und später kam noch ein sintflutartiger
Regen herunter. Dennoch konnte ich mich der besonderen Atmosphäre der „Gärten auf Zeit“
nicht entziehen. Das ambitionierte Projekt zeigt parallel zur Landesgartenschau mit 12
Künstlergärten wie spannungsvoll das Thema „Garten“ sein kann. Dabei war es den Machern
von Anfang an wichtig, darauf hinzuweisen, dass es sich hier weniger um ein
Skulpturenprojekt im Sinne bekannter Freiluftausstellungen handeln sollte. Zum Leitbild
machten die Organisatorinnen Helga Mols, Ulrike Oeter und Margret Schopka sich vielmehr
ein Zitat aus Meyers Konversationslexikon von 1887: „Ein Garten ist ein Stück Land, auf
welchem Gewächse mit besonderer Sorgfalt gezogen werden, sei es zu materiellem, sei es zu
ästhetischem Genuss.“
Empfangen wird man beim Betreten des Geländes von dem Holzhaus, das Georg Gartz so
lakonisch wie genau durchdacht in die Wiese platziert hat.
Gartz findet von seiner farbintensiven Malerei immer wieder faszinierende Wege, den
Pigmenten einen Weg ins Dreidimensionale zu bahnen. Dabei sind ihm die Spuren
abgenutzten Materials eine weitere Möglichkeit, Experimente zu Licht, Raumwirkung und
Farbe anzustellen. Immer auch den Augenweg des Betrachters im Blick hängt Georg Gartz
den Vogelkasten in den Baum, der erst beim Näher kommen als farbiger Akzent
wahrnehmbar wird.
Nachdem bei den „artgenossen“ in Lindlar bereits das Haus des Gärtners in Szene gesetzt
wurde, darf sich hier nun die romantische Idylle eines aus Fundstücken konstruierten Objekts
vollenden. Die Agave – einerseits als formales Moment interessant und spannend – verweist
in eine erträumte Existenz. Einheit von Mensch und Natur unter südlicher Sonne – eine neue
Heimat!!
Farbakzente fallen auf in der überwiegend grünen Umgebung der Wiese. Die Rechnung von
Viola Kramer ist aufgegangen: blaugrün changierend stehen ihre Rotkohlköpfe als
Eckbepflanzung um die 13 Bulte, auf denen sie blau blühenden Leinsamen ausgesät hat. Dass
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dieser zurzeit nicht in ganzer Pracht zu sehen ist, stört sie weniger. Schließlich ist ja gerade
das Prozesshafte so spannend an der Gartengestaltung.
Viola Kramer beschäftigt sich in ihren Arbeiten immer wieder mit Naturthemen und bedient
sich dabei der unterschiedlichsten Medien. Sie widmet sich den eher unsichtbaren
Geheimnissen der Natur, die durch ihre Arbeiten ins Bewusstsein gebracht werden.
Bulte sind gras bewachsene Hügelchen, die vor allem in Sumpflandschaften die einzigen
festen Punkte markieren. Wie in einem Archiv der Natur haben sich in ihnen Samen und
Blütenstaub mehrerer Generationen erhalten, aus denen man die Entwicklung der Landschaft
rekonstruieren könnte.
Ähnlich wie Viola Kramer interessiert sich auch Ulrike Oeter für die Heilkraft der Pflanzen
und durchstreifte Köln und Umgebung, um versteckte Blumen zu finden, die ihren
besonderen Vorstellungen entsprachen.
Die vor allem auf die Aufarbeitung von Geschichte spezialisierte Künstlerin sieht sich dabei
einerseits in ihre Kindheit zurückversetzt, als sie mit Botanisiertrommel und Himbeersaft auf
den Spuren von Knabenkraut und Raunfarn unterwegs war.
In ihrem Garten stehen nun Nachtkerzen in der formalen Anordnung eines Sternes, eines
Davidsterns. Hier ist noch als subtile Erinnerung die Verbindung zu Oeters langjähriger
Auseinandersetzung mit den Themen des Holocaust. Bei ihrer intensiven Beschäftigung mit
Vergangenem und mit den Spuren, die heute nicht mehr oder nur schwer zu finden sind,
scheinen ihr die Pflanzen eine Metapher zu liefern. Von ihren Ursprungsorten entfernt haben
gerade die Nachtkerzen sehr gelitten. Die Reaktion auf die Umsiedelung lässt sich in ihrem
Wuchs nachvollziehen und bleibt sichtbar.
So hat Ulrike Oeter ihr Gelände mit den „Wächtern“ aus Brennnesseln und dem schützenden
Weidenzaun angelegt als eine Art Garten der Erinnerungen, von menschlicher Hand geordnet
jedoch die Pflanzen ihrem eigenen Zyklus freigegeben.
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Gärten können ihr Eigenleben entwickeln, sie können jedoch ebenso als stark gelenktes
künstliches Arrangement ihre Wirkung entfalten. Das künstlerische Konzept von Margret
Schopka hat sich dem Aspekt des Gartens als dekorative Ergänzung zur Architektur gewidmet
und hier die Besonderheit des gestalteten Vorgartens ins Blickfeld gerückt.
Mit wachsender Begeisterung nahm die Künstlerin, die selbst häufig mit Naturmaterialien
experimentiert, den Garten ihrer Nachbarin als ästhetisches Gesamtkonzept wahr.
Schneewittchen und die sieben Zwerge stachen als liebevoll arrangierte kleine Idylle in der
Abfolge sich einander ähnelnder Vorgärten hervor. Nach reiflicher konzeptioneller
Überlegung beschloss Schopka für die „Gärten auf Zeit“ ein völlig neue künstlerische
Ausdrucksweise zu bedienen.
Sie wollte die ihr bis dahin eher unbekannte Nachbarin bitten, in ihrem Auftrag den Garten
originalgetreu für die Laufzeit der Ausstellung auf der Wiese aufzubauen. Nach der
aufregenden Nachricht, dass die Nachbarin samt Garten mittlerweile verzogen war und der
darauf folgenden Recherche ist es ihr nun also tatsächlich gelungen, Frau Büchels Garten zur
Zaunkönig-Ausstellung zu präsentieren. Damit liefert sie einen wichtigen Beitrag zur
Beschäftigung mit Gartenkunst, der nicht nur formal-ästhetisch völlig neue Betrachtungen
ermöglicht - „Kitsch as Kitsch can… - sondern auch einen interessanten Gegenentwurf zur
Eigenständigkeit der Natur liefert.
Wie es aussieht, wenn die Natur mit völlig fremden Materialien nachgebildet wird, zeigt der
Objektkünstler Christoph Kuban. Auch hier erhalten Fundstücke eine neue Funktion – sei es
als abstrahierter Baum, als Idee eines kleinen Vogels (Zaunkönig?) oder als Spatzen auf der
Stange.
Der Künstler, der schon mal mit klassischen Landschaftsaquarellen aufwartet, liebt die
Experimente mit Plastikbechern, Katzenaugen, Bindfäden. Fast wirkt er wie ein kleiner Junge,
der alles, was sich in seiner Hosentasche befindet, zu einem neuen Ding zusammenbaut.
Kuban setzt – ganz in der Tradition dadaistisch-surrealistischer Vorbilder – auf Irritation, auf
das Moment der Überraschung. Das den Objekten innewohnende Eigenleben kitzelt er durch
Antreibung mittels solarer Zellen hervor und beobachtet amüsiert, ob und wie es funktioniert.
Dabei verleiht er bereits abgelegten Dingen neu Bedeutungen und unterzieht sie so einer
besonderen Wertschätzung, die er auch beim Betrachter erreichen möchte.
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Hinter einem schützenden Zaun aus blauem Plastik hat Eva Bodemer eine geheime Zone
eingerichtet, die den Ort als solchen definiert. Es entsteht für die Zeitdauer der Ausstellung
ein intimes Versteck, das Ruhe und Geborgenheit vermittelt.
Für die Assoziationskette, die beim Thema Garten angestoßen wird, spielte auch die vorherige
Nutzung der Wiese als Kuhweide eine wesentliche Rolle für die Künstlerin. Auch das
Fallobst und die entsprechenden Gerätschaften – wie in einer Collage zusammengehalten
durch den formalen Rahmen des Zauns – geben dem Ort seine Bestimmung. Eva Bodemer
hinterfragt die funktionsorientierte Seite der Natur. Ob man den Zaun als Abgrenzung aber
auch als Einladung verstehen kann, liegt ganz im Auge des Betrachters. Das belebte Innere
der geheimen Zone ist bewusst auf Zeit angelegt und nur ein möglicher Entwurf innerhalb der
großen Konzeption allen Naturhaften.
Der Eingriff, den die beiden Künstlerinnen Andrea Goost und Regine Kleiner in die Natur
unternommen haben, fällt größer aus, als man auf den ersten Blick vielleicht meinen mag.
Säuberlich umsäumt von Tortenspitze liegt dort nämlich verräterischer Rollrasen im direkten
Vergleich mit der Natur aus. Angelockt von der Zartheit und Weißheit der Spitze sieht man
das zunächst jedoch nicht unbedingt und so nähert man sich mit einer gewissen Irritation, die
sich dann bei genauerem Hinsehen aufzulösen beginnt.
Der „Garten adrett“ nimmt Aspekte der Vorgarten-Idee wieder auf, die wir schon bei Frau
Büchels Garten gesehen haben und löst gleichzeitig ästhetische Versprechen von Landschaft
und geordneter Natur ein.
Mit Justyna Bonikowskas „Fliegender Garten“ erhebt sich der Künstlergarten in die Lüfte und
spannt einen Bogen von der poetischen Visionen des Mittelalters zu der Zartheit heutigen
Materials im Spiel mit den Witterungsbedingungen am konkreten Ort.
Der Betrachter ist gefordert, seine Wahrnehmung zu schärfen und im Spiel mit dem Licht und
in der Bewegung des Stoffes ein Bild aus Hildegard von Bingens „Liber divinorum operum“
zu entdecken. Hildegard von Bingen als die Urmutter allen ökologischen Denkens ist hier
nicht zufällig angeführt und die Künstlerin verweist auf ihr Wissen und ihre Bedeutung als
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Heilerin. Als Verbindung zum Garten des 21. Jahrhunderts sind die Durchblicke zwischen
den einzelnen Stoffstreifen zu sehen.
Auch bei Christine Tyrell geht es um Durchblicke. Als eine Variante barocker Irrgärten mit
modernen Mitteln nachempfunden durchläuft man ihre Weidengasse und sieht durch die
farbigen Plastikplanen immer nur winzige Ausschnitte der umgebenden Landschaft.
Formal gereizt hat die Künstlerin der Überrest einer Hecke aus dem ehemaligen englischen
Garten, die aus ihrer Sicht nach Ergänzung und Weiterführung verlangte. So hat sich die
Beschäftigung mit dem naturgewachsenen Ort zu einer eigenen künstlerischen Arbeit
manifestiert, die nicht zuletzt durch die starke Farbigkeit und die bewusste Künstlichkeit des
Materials einen deutlichen Eingriff in die Natur darstellt.
Aus den Lüften wieder zurück zum steinigen Boden des Tales.
Das Element des barocken Gartens entdeckt man auch bei Helga Mols, die als Malerin
erstmals eine Arbeit in der Natur vorstellt und neben der Auseinandersetzung mit den
ästhetischen Problemen sich auch ganz praktischen Herausforderungen stellen musste. Wo
bekomme ich um diese Zeit Hopfen her und wie bewältige ich die Übermacht der
Kieselsteine, die einer Verankerung meiner Figuren in der Erde entgegenstehen? Gartenkunst
ist schön, macht aber viel Arbeit!!
Mit Humulus lupulus hat die Künstlerin eine Gartenwelt geschaffen, die mit bekannten
Figuren aus größeren Gartenanlagen und Parkflächen eine völlig neue Inszenierung vorstellt.
Übrigens gibt es eine so genannte Schauseite - im Kontrast zu der intensiv leuchtenden
Rotbuche sticht der hellgrüne Hopfen besonders hervor. Die besonderen Eigenheiten des
Hopfens, der als pflanzliche Erscheinung ungeheuer ornamental wirkt – allerdings lässt er
sich nur in eine Richtung drehen – haben Helga Mols begeistert. Mit den dekorativen
Gartenobjekten gestaltet sie eine Insel der Ruhe, der Entspannung und lädt ein, sich
träumerisch der Betrachtung hinzugeben.
Die Betrachtung ins Meditative zu vertiefen lädt der Garten „nanayama“ von David ein. Als
unübersehbares Zitat eines japanischen Gartens, der mit der Ausrichtung auf bestimmte
ästhetische Regeln ein Ausdruck von philosophischen Betrachtungsweisen ist, hat David
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jedoch eine „eurasische“ Version mit stark lokalem Bezug gewählt. Der Künstler, der sich seit
langem mit der japanischen Kultur beschäftigt, wollte sich – obwohl durchaus kenntnisreich
auf dem Gebiet – nicht anmaßen, einen echten japanischen Garten zu errichten. So sind seine
nana yama – sieben Berge – die Umsetzung des allseits bekannten Gebirgszugs am Rhein.
David hat sich genau an die topographische Umsetzung der Gebirgskette gehalten, die er
zunächst konzeptionell auf dem „Reißbrett“ erarbeitete. Es ist ihm gelungen, Lavasteine zu
besorgen, die in der Silhouette den Bergen ähneln, die sie repräsentieren sollen. Dabei ist es
nicht nur von Bedeutung, dass die Berge des Siebengebirges ebenfalls aus Lavagestein
aufgebaut sind, sondern ebenfalls ästhetisch interessant ist die haptische Qualität dieser
Steine, die stellenweise an experimentelle Glasuren ostasiatischer Keramik erinnert.
Das besondere Verständnis von Natur, das die Japaner in ihren Gartengestaltungen oftmals
auch als „geborgte Landschaft“ bezeichnen, manifestiert sich auch in dem reduziert
Geordneten, dem allerdings auch das Wilde und Unberechenbare des Wachstums
gegenüberstehen kann.
Mit der Idee von Nachhaltigkeit und Bedachtheit im Umgang mit der Natur arbeitet Ines
Braun in der Inszenierung ihres „Friedhofs der Arten“.
Die Rotflügelige Schnarrenschnecke, wer kennt sie schon? Ausgestorben 1986! Oder die
Kornweihe? Nie gesehen? Seit 1988 existiert diese Art nicht mehr in Nordrhein-Westfalen.
Die Vielfalt der Natur ist der Ausgangspunkt des künstlerischen Nachdenkens über das, was
war.
Ines Braun, die in ihrem unerschöpflichen Fundus an Materialien für ihre skurrilen Objekte
auch den einen oder anderen Tierschädel aufbewahrt, möchte bewusst machen, welchen
Bedrohungen die Natur ausgesetzt ist.
Wenn Ulrike Oeter sich fragt, wo die Blumen ihrer Kindheit sind, so stehen wir jetzt am Grab
der Fauna unserer Region und nehmen noch das Wissen um unmittelbar bevorstehende
Bedrohungen der Kreuzotter und des Springfrosches mit.
Die Mahnmale von Ines Braun sind jedoch bewusst martialisch aufgestellt. Mit ihrem
metallenen Glänzen und den rüstungsähnlichen Materialien wirken sie wie eine Armee, die
gegen das Verschwinden der Arten ausgesandt werden soll.
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Mit einem Gedicht von Eugen Roth möchte ich Sie nun einladen, durch die Gärten auf Zeit zu
wandern und wünsche Ihnen viel Spaß mit der Ausstellung!
Man trifft heut machen Zaungast zwar,
doch der Zaunkönig, der wird rar,
der durch die Gärten, grün umbuscht,
so winzig wie ein Mäuschen huscht.
Eugen Roth
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