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Abhandlungen Seitz, Zeit für Neues: Ein Modellvorschlag zur Kaufpreisaufteilung 142 GuG 3 2017 Zeit für Neues: Ein Modellvorschlag zur Kaufpreisaufteilung In den Fällen, in denen Sachverständige beauftragt werden, den Ge- bäude- und Bodenwertanteil des Kaufpreises eines bebauten Grund- stücks separat auszuweisen (z.B. im Einkommenssteuerrecht bei der Ermittlung der Absetzung für Abnutzung i.S.d. § 7 EStG), kann die nicht zutreffende Erfassung des Bodenwertes zu nicht unerheblichen Nach- teilen für den Steuerzahler führen. Vereinzelte Autoren und Gutachter- ausschüsse haben sich dieser Problematik bereits angenommen; an einer universell anwendbaren Berechnungsmethode mangelt es jedoch bisher. Im folgenden Beitrag wird hierzu ein Versuch unternommen. 1 Einleitung Der vom Finanzamt festgesetzte Gebäudewertanteil einer Im- mobilie kann insbesondere durch ein Gutachten widerlegt werden; hier bietet sich ein Gutachten über den Verkehrswert des Grundstücks i.S.d. § 194 BauGB an. 1 Innerhalb der Finanz- verwaltung wird hinsichtlich der Anwendung der zutrefenden Wertermittlungsverfahren teilweise dogmatisch gestritten. Auch die Rechtsprechung ist nicht stringent hinsichtlich der Wahl des Verfahrens bei unterschiedlichen Besitzverhältnissen in Ver- bindung mit den persönlichen Merkmalen im Sinne des § 194 BGB. 2 Die normierten Verfahren der ImmoWertV zur Ableitung des Verkehrswerts gem. § 194 BauGB sind aus sachverständi- ger Sicht grundsätzlich hierfür geeignet: Das Sachwertverfah- ren (§§ 21 bis 23 ImmoWertV) sowie das Ertragswertverfahren (§§ 17 bis 20 ImmoWertV) führen auf der Grundlage eines Ge- bäudewertanteils (nachfolgend: GWA) und eines Bodenwert- anteils (nachfolgend: BWA) zum Verkehrswert. 3 Allerdings sind diese zwei »Hilfsgrößen« lediglich für die Anwendung innerhalb der Wertermittlungsverfahren zur Ermittlung des Verkehrswerts als Gesamtwert des Grundstücks bestimmt – den Anspruch, eine selbstständige Aussagekraft über die Höhe des Bodenwerts und des Gebäudewerts außerhalb der Verfahren ab- zubilden, erheben sie jedoch nicht in jedem Fall. In Regionen mit hohem Bodenpreisniveau kann unter Anwen- dung der Verfahren nach ImmoWertV schnell ein Missver- hältnis zwischen Bodenwert und Gebäudewert entstehen: Der mittels der normierten Verfahren der ImmoWertV ermittelte Bodenwert eines unbebauten Grundstücks kann den Verkehrs- wert eines bebauten, ertragsorientierten Grundstücks errei- chen oder gar überschreiten – obwohl die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 ImmoWertV gegeben sind, wird am Markt das Ob- jekt jedoch keinesfalls als Liquidationsobjekt wahrgenommen. Der Thematik der Ausweisung des Bodenwertanteils bebauter Grundstücke in Regionen mit hohem Bodenpreisniveau haben sich bereits verschiedene Gutachterausschüsse angenommen. 4 Die Modelle beschränken sich jedoch häufg auf den regio- nalen Markt; an einem universell anwendbaren Modell zur Modifzierung des Bodenwerts eines bebauten Grundstücks als Grundlage zur Ermittlung des Bodenwert- und Gebäude- wertanteils mangelt es bisher. Im Fokus dieser Ausarbeitung steht die Kaufpreisaufteilung von ertragsorientierten Grundstücken, die rein wohnwirt- schaftlich genutzt werden (d.h. mit Mehrfamilienwohnhäusern bebaute Grundstücke). 2 Kaufpreisaufteilung im Rahmen der ImmoWertV 2.1 Schwachstellen des Sachwertverfahrens (§§ 21 bis 23 ImmoWertV) Bei der Ermittlung des Gebäudewertanteils des Kaufpreises wird vorrangig von den Finanzbehörden im Rahmen eines typsierenden Verfahrens das Sachwertverfahren herangezo- gen. Hierzu wurde von den obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern eine »Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreis- Albert M. Seitz, Köln 1 Vgl. Jardin, A.: Die steuerliche Bewertung, 10.1.3 (S. 22), in: Gerardy, Theo/ Möckel, Rainer/Trof, Herbert/Bischof, Bernhard, Praxis der Grundstücksbe- wertung, Ausgabe 3/2015. 2 Vgl. BFH v. 15.11.2016 – IX B 98/16 –; v. 16.09.2015 – IX R 12/14 –; v. 29.05.2008 – IX R 36/06 –; v. 23.06.2005 – IX B 132/04 –; v. 03.06.2005 – IX B 117/04 –; v. 25.05.2005 – IX R 46/04 –; v. 11.02.2003 –IX R 13/00 –; v. 27. 06.1995 – IX R 130/90 –; v. 02.02.1990 – III R 173/86 –; v. 15.01.1985 – IX R 81/83. 3 Das Vergleichswertverfahren scheidet i.d.R. bei der Kaufpreisaufteilung für steuerliche Zwecke aus, da keine Unterscheidung in Boden- und Gebäudewert- anteil erfolgt. 4 Zu nennen seien hier bspw. die »Düsseldorfer Türmchen« (vgl. hierzu auch Mann, W.: »Düsseldorfer Türmchen«, GuG 2003, 193–198), das Rechenmodell des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Bereich der Landeshaupt- stadt München (vgl. hierzu auch Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Bereich der Landeshauptstadt München: Der Immobilienmarkt in München, 2014, S. 64 f.) oder das Erste und Zweite Berliner Modell (vgl. hierzu auch Möckel, R.: Ertragsorientierte Grundstücke, 4.1.3, in: Gerardy, Theo/Möckel, Rainer/Trof, Herbert/Bischof, Bernhard, Praxis der Grundstücksbewertung, Ausgabe 3/2015, S. 23 f.).

Zeit für Neues: Ein Modellvorschlag zur Kaufpreisaufteilung · einem Grundstück, bei der Ermittlung des Bodenwerts zu be - rücksichtigen. Obwohl ausschließlich auf die bauliche

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Page 1: Zeit für Neues: Ein Modellvorschlag zur Kaufpreisaufteilung · einem Grundstück, bei der Ermittlung des Bodenwerts zu be - rücksichtigen. Obwohl ausschließlich auf die bauliche

Abhandlungen Seitz, Zeit für Neues: Ein Modellvorschlag zur Kaufpreisaufteilung

142 GuG 3 ■ 2017

Zeit für Neues: Ein Modellvorschlag zur Kaufpreisaufteilung

In den Fällen, in denen Sachverständige beauftragt werden, den Ge-

bäude- und Bodenwertanteil des Kaufpreises eines bebauten Grund-

stücks separat auszuweisen (z.B. im Einkommenssteuerrecht bei der

Ermittlung der Absetzung für Abnutzung i.S.d. § 7 EStG), kann die nicht

zutreffende Erfassung des Bodenwertes zu nicht unerheblichen Nach-

teilen für den Steuerzahler führen. Vereinzelte Autoren und Gutachter-

ausschüsse haben sich dieser Problematik bereits angenommen; an

einer universell anwendbaren Berechnungsmethode mangelt es jedoch

bisher. Im folgenden Beitrag wird hierzu ein Versuch unternommen.

1 Einleitung

Der vom Finanzamt festgesetzte Gebäudewertanteil einer Im-mobilie kann insbesondere durch ein Gutachten widerlegt werden; hier bietet sich ein Gutachten über den Verkehrswert des Grundstücks i.S.d. § 194 BauGB an.1 Innerhalb der Finanz-verwaltung wird hinsichtlich der Anwendung der zutreffenden Wertermittlungsverfahren teilweise dogmatisch gestritten. Auch die Rechtsprechung ist nicht stringent hinsichtlich der Wahl des Verfahrens bei unterschiedlichen Besitzverhältnissen in Ver-bindung mit den persönlichen Merkmalen im Sinne des § 194 BGB.2 Die normierten Verfahren der ImmoWertV zur Ableitung des Verkehrswerts gem. § 194 BauGB sind aus sachverständi-ger Sicht grundsätzlich hierfür geeignet: Das Sachwertverfah-ren (§§ 21 bis 23 ImmoWertV) sowie das Ertragswertverfahren (§§ 17 bis 20 ImmoWertV) führen auf der Grundlage eines Ge-bäudewertanteils (nachfolgend: GWA) und eines Bodenwert-anteils (nachfolgend:  BWA) zum Verkehrswert.3 Allerdings sind diese zwei »Hilfsgrößen« lediglich für die Anwendung innerhalb der Wertermittlungsverfahren zur Ermittlung des Verkehrswerts als Gesamtwert des Grundstücks bestimmt – den Anspruch, eine selbstständige Aussagekraft über die Höhe des Bodenwerts und des Gebäudewerts außerhalb der Verfahren ab-zubilden, erheben sie jedoch nicht in jedem Fall.

In Regionen mit hohem Bodenpreisniveau kann unter Anwen-dung der Verfahren nach ImmoWertV schnell ein Missver-hältnis zwischen Bodenwert und Gebäudewert entstehen: Der mittels der normierten Verfahren der ImmoWertV ermittelte Bodenwert eines unbebauten Grundstücks kann den Verkehrs-wert eines bebauten, ertragsorientierten Grundstücks errei-chen oder gar überschreiten – obwohl die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 ImmoWertV gegeben sind, wird am Markt das Ob-jekt jedoch keinesfalls als Liquidationsobjekt wahrgenommen.

Der Thematik der Ausweisung des Bodenwertanteils bebauter Grundstücke in Regionen mit hohem Bodenpreisniveau haben sich bereits verschiedene Gutachterausschüsse angenommen.4

Die Modelle beschränken sich jedoch häufig auf den regio-nalen Markt; an einem universell anwendbaren Modell zur Modifizierung des Bodenwerts eines bebauten Grundstücks als Grundlage zur Ermittlung des Bodenwert- und Gebäude-wertanteils mangelt es bisher.

Im Fokus dieser Ausarbeitung steht die Kaufpreisaufteilung von ertragsorientierten Grundstücken, die rein wohnwirt-schaftlich genutzt werden (d.h. mit Mehrfamilienwohnhäusern bebaute Grundstücke).

2 Kaufpreisaufteilung im Rahmen der ImmoWertV

2.1 Schwachstellen des Sachwertverfahrens (§§ 21 bis 23 ImmoWertV)

Bei der Ermittlung des Gebäudewertanteils des Kaufpreises wird vorrangig von den Finanzbehörden im Rahmen eines typsierenden Verfahrens das Sachwertverfahren herangezo-gen. Hierzu wurde von den obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern eine »Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreis-

Albert M. Seitz, Köln

1 Vgl. Jardin, A.: Die steuerliche Bewertung, 10.1.3 (S. 22), in: Gerardy, Theo/Möckel, Rainer/Troff, Herbert/Bischoff, Bernhard, Praxis der Grundstücksbe-wertung, Ausgabe 3/2015.

2 Vgl. BFH v. 15.11.2016 – IX B 98/16 –; v. 16.09.2015 – IX R 12/14 –; v. 29.05.2008 – IX R 36/06 –; v. 23.06.2005 – IX B 132/04 –; v. 03.06.2005 – IX B 117/04 –; v. 25.05.2005 – IX R 46/04 –; v. 11.02.2003 –IX R 13/00 –; v. 27. 06.1995 – IX R 130/90 –; v. 02.02.1990 – III R 173/86 –; v. 15.01.1985 – IX R 81/83.

3 Das Vergleichswertverfahren scheidet i.d.R.  bei der Kaufpreisaufteilung für steuerliche Zwecke aus, da keine Unterscheidung in Boden- und Gebäudewert-anteil erfolgt.

4 Zu nennen seien hier bspw. die »Düsseldorfer Türmchen« (vgl. hierzu auch Mann, W.: »Düsseldorfer Türmchen«, GuG 2003, 193–198), das Rechenmodell des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Bereich der Landeshaupt-stadt München (vgl. hierzu auch Gutachterausschuss für Grundstückswerte im

Bereich der Landeshauptstadt München: Der Immobilienmarkt in München, 2014, S. 64 f.) oder das Erste und Zweite Berliner Modell (vgl. hierzu auch Möckel, R.: Ertragsorientierte Grundstücke, 4.1.3, in: Gerardy, Theo/Möckel, Rainer/Troff, Herbert/Bischoff, Bernhard, Praxis der Grundstücksbewertung, Ausgabe 3/2015, S. 23 ff.).

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AbhandlungenSeitz, Zeit für Neues: Ein Modellvorschlag zur Kaufpreisaufteilung

GuG 3 ■ 2017 143

aufteilung)« in Form einer Excel-Datei zur Verfügung gestellt, welche die Kaufpreisaufteilung in einem typisierten Sachwert-verfahren ermöglichen soll. Das typisierte Verfahren stellt eine vereinfachte Form des Sachwertverfahrens dar, wobei u.a. eine Marktanpassung (Sachwertfaktor) nicht berücksichtigt wird.

Die Anwendung des Sachwertverfahrens zur Ermittlung des Verkehrswerts eines ertragsorientieren Grundstücks wider-spricht den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten, da hier vorrangig Renditeerwartungen und nicht Substanzgesichtspunkte im Vordergrund stehen. Den-noch scheint das Sachwertverfahren den Anspruch der Fi-nanzverwaltung im Rahmen eines vereinfachten Massenver-fahrens mit Hilfe eben genannter Arbeitshilfe dahingehend zu genügen, den Gebäudewert durch Anwendung der Rege-lungen der SW-RL5 abzubilden, hier insbesondere durch die in der Anlage 1 der SW-RL veröffentlichten NHK 2010 i.V.m. Anlage 2 (Beschreibung der Gebäudestandards), Anlage 3 (Orientierungswerte für die übliche Gesamtnutzungsdauer bei ordnungsgemäßer Instandhaltung) und Anlage 4 (Mo-dell zur Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer für Wohngebäude unter Berücksichtigung von Modernisie-rungen). Durch die NHK 2010 sollen die Herstellungskos-ten für die Errichtung eines dem Wertermittlungsobjekt in vergleichbarer Weise nutzbaren Neubaus bezogen auf den Kostenstand des Jahres 2010 (Jahresdurchschnitt) abgebil-det werden; als bundesdurchschnittliche Kostenkennwerte können sie die Individualität eines einzelnen Objektes nicht berücksichtigen. Es handelt sich bei den NHK 2010 um syn-thetische Werte, die innerhalb des Sachwertverfahrens erst durch Anwendung des Sachwertfaktors den Marktbezug herstellen und marktferne Gebäudesachwerte »heilen«.6 Bei dem Sachwertfaktor handelt es sich daher um einen Modell- bzw. Systemkorrekturfaktor, der nicht nur eine reine Anpas-sung an die Lage auf dem Grundstücksmarkt herstellt.6

Bei ertragsorientieren Grundstücken mangelt es häufig an geeigneten Sachwertfaktoren: Da viele Gutachterausschüs-se Sachwertfaktoren nur für Objekte ableiten, bei denen das Sachwertverfahren auch einschlägig ist, werden Sachwertfak-toren für wohn-/gewerbewirtschaftlich genutzte Grundstücke nicht ermittelt bzw. nicht veröffentlicht.

Der Annahme, dass der Sachwertfaktor auf das Ergebnis der Kaufpreisaufteilung keinen Einfluss hat, da er sich auf den Bodenwert und auf den Gebäudewert zu gleichen Anteilen auswirkt, kann nicht bedingungslos gefolgt werden:  Bei der Berücksichtigung von besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmalen i.S.d. § 8 Abs. 3 ImmoWertV wird deutlich: Werden diese dem Gebäudewert (z.B. Abschlag für Baumängel und Bauschäden) oder Bodenwert (z.B. Wert-minderungen aufgrund Altlastenverdacht) zugeordnet, ver-schiebt sich das Verhältnis von Gebäude- und Bodenwert-anteil. Bei Nichtberücksichtigung des Sachwertfaktors führt dies zu verzerrten Gebäude- bzw. Bodenwertanteilen. Auch bei der Berücksichtigung von abweichenden Mieterträgen durch Over- oder Underrent-Berechnungen stellt sich die Frage, ob diese – im Einklang mit dem Grundgedanken des Sachwertverfahrens – dem Gebäudewert zugeschrieben wer-den können.

2.2 Kaufpreisaufteilung auf der Grundlage des Ertragswerts des Grundstücks i.S.d. §§ 17 bis 20 ImmoWertV

Bei der Verkehrswertermittlung von Renditeobjekten (also auch Mehrfamilienhäusern) wird dem Marktverhalten ent-sprechend vorrangig das Ertragswertverfahren herangezogen. Zwar spielt die Höhe des Bodenwerts bei der Ermittlung des Ertragswerts nur eine untergeordnete Rolle – große Bedeu-tung erlangt dieser aber im Rahmen der Kaufpreisauftei-lung: Der Bodenwertanteil (BWA) ermittelt sich aus dem Ver-hältnis Bodenwert7 zu Ertragswert des Grundstücks:

Der verbleibende Rest ist dem Gebäudewertanteil (GWA) zuzuordnen:

GWA [in %] = 100 % – BWA (2)

Bezogen auf den tatsächlich erzielten Kaufpreis (KP) bedeu-tet dies:

Wird der Bodenwert zu hoch geschätzt, hat dies direkten Ein-fluss auf den Gebäudewertanteil. Selbiges gilt für das Sach-wertverfahren. Hier stellt sich also die Frage, wie der Boden-wert eines bebauten, ertragsorientieren Grundstücks durch die Verfahren der ImmoWertV marktkonform ermittelt wer-den kann.

2.3 Grundsätze der Bodenwertermittlung gemäß § 16 ImmoWertV

Mit § 16 Abs. 1 ImmoWertV werden nachstehende Grundsät-ze zur Ermittlung des Bodenwerts formuliert:

– Der Wert des Bodens ist ohne Berücksichtigung der vor-handenen baulichen Anlagen auf dem Grundstück zu er-mitteln. (§ 16 Abs. 1 Satz 1).

– Der Bodenwert ist vorrangig im Vergleichswertverfahren gem. § 15 ImmoWertV zu ermitteln (§ 16 Abs. 1 Satz 1).

– Der Bodenwert kann auf der Grundlage geeigneter Bo-denrichtwerte ermittelt werden, wenn die Grundstücks-merkmale des Richtwertgrundstücks hinreichend mit den Grundstücksmerkmalen des Bewertungsgrundstücks über-einstimmen (§ 16 Abs. 1 Satz 2 und 3).

Die Anwendung des Vergleichswertverfahrens scheidet (v.a. in innerstädtischen Lagen) regelmäßig aufgrund mangelnder Kauffälle über unbebaute Grundstücke aus. Dies dürfte auch

BWA [in %] = 

BW ± boGb × 100 (1)

EW

GWA [in €] =

KP × GWA [in %] (3)

100 %

5 Richtlinie zur Ermittlung des Sachwertes (SW-RL) des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 05.09.2012.

6 Vgl. Kleiber, W., »Aktuelle Normalherstellungskosten (NHK 2010) – eine neue Chance für das Sachwertverfahren?«, GuG 2012, 203.

7 Bodenwert evtl. unter Berücksichtigung von besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmalen, die dem Bodenanteil zuzuordnen sind (boGb) wie bei-spielsweise Abschläge aufgrund Bodenverunreinigungen, Wertbeeinflussungen aufgrund Überbauten, Grunddienstbarkeiten u.ä.

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144 GuG 3 ■ 2017

bei der Ermittlung und dem Beschluss der Bodenrichtwerte für den Gutachterausschuss eine Hürde darstellen: Gem. § 10 ImmoWertV sollen Bodenrichtwerte vorranging im Ver-gleichswertverfahren ermittelt werden, alternativ mittels de-duktiver Verfahren oder in anderer geeigneter, nachvollzieh-barer Weise. In der Praxis bedeutet dies, dass Bodenrichtwerte häufig durch Indexierung fortgeschrieben werden. Ein einmal fehlerhaft ermittelter Bodenrichtwert wird somit durch Inde-xierung über viele Jahre fortgeschrieben mit dem Ergebnis, dass sich der zu korrigierende Betrag immer weiter fortpflanzt.

Zudem stellt sich die Frage, ob alleine die mit § 16 Abs. 1 ImmoWertV formulierte Festlegung, dass der Bodenwert eines bebauten Grundstücks über den Bodenwert eines unbebauten Grundstücks zu ermitteln ist, auch den Marktgepflogenheiten entspricht: Durch die Bebauung von Grund und Boden wird die Nutzung für die Dauer des Bestands des Gebäudes festge-legt; das Grundstück dient nun als ein Träger des Gebäudes und Mittel zur Benutzung, stellt selbst jedoch – für den Fall, dass das Grundstück voll ausgenutzt ist, keinen Nutzen dar.8 In dem Bodenwert eines unbebauten Grundstücks ist die erwartete Ren-dite aus einer zukünftigen Nutzung im Rahmen eines Neubaus (und möglicherweise Aufteilung in Wohnungs- bzw. Teileigen-tum) enthalten. Die Mieten in Bestandsgebäuden liegen jedoch häufig unter den Mieten in Neubauten.9 Diese gegensätzlichen Entwicklungen dürften mit der Absenkung der Kappungsgrenze (z.B. in Nordrhein-Westfalen von 20 % auf 15 %) und mit der Einführung der Mietpreisbremse bei Neuvermietungen noch verstärkt werden: Neumieten z.B.  in einem Neubau steigen weiter an; Mieten in Bestandsgebäuden werden weiter durch den Gesetzgeber begrenzt. Steigende Bodenrichtwerte können hier auf steigende Renditeerwartungen zurückgeführt werden.

Hieraus resultiert, dass der Bodenwert eines bebauten Grund-stücks, wenn er als selbstständige Größe z.B. zum Zwecke der Kaufpreisaufteilung benötigt wird, von dem Bodenwert eines (vergleichbaren) unbebauten Grundstücks abweichen muss. Der Ansatz eines modifizierten Bodenwerts (B

mod) erscheint hier

marktkonform.

Ausnahmen von § 16 Abs. 1 ImmoWertV werden in den Absät-zen 2 bis 4 formuliert. Der § 16 Abs. 4 ImmoWertV bildet das Fundament für das Kölner Modell: Hiernach ist ein erhebliches Abweichen der tatsächlichen von der nach § 6 Abs. 1 maßgeb-lichen Nutzung, wie insbesondere eine erhebliche Beeinträch-tigung der Nutzbarkeit durch vorhandene bauliche Anlagen auf einem Grundstück, bei der Ermittlung des Bodenwerts zu be-rücksichtigen. Obwohl ausschließlich auf die bauliche Nutzbar-keit abgestellt wird, wird nachfolgend davon ausgegangen, dass der § 16 Abs. 4 ImmoWertV auch dann Anwendung findet, wenn eine signifikante Abweichung der marktüblich erzielbaren Miete in einem Bestandsgebäude im Vergleich zu der marktüblich er-zielbaren Miete in einem Neubau festzustellen ist. Dies ist regel-mäßig dann der Fall, wenn die Abweichungen außerhalb eines denkbaren Ermessungsspielraums liegen. Prinzipiell gilt für B

mod bei ertragsorientierten Grundstücken, dass die Anpassung

des Bodenwerts nur für die Restnutzungsdauer der baulichen Anlage gilt. Der Bodenwert eines bebauten Grundstücks setzt sich aus der Summe eines rentierlichen (ersten) Bodenwertan-teils (B

ren) und eines unrentierlichen (zweiten) Bodenwertanteils

(Bunr

) zusammen, wobei Bunr

die auf die Restnutzungsdauer der

baulichen Anlage diskontierte Differenz des Bodenwerts unter Berücksichtigung der zulässigen baulichen Nutzung (B

zul_ST)

und des rentierlichen Bodenwerts bezogen auf den bauzeittypi-schen Standard der baulichen Anlage (B

ren) abbildet.

Das Problem bei der Ermittlung von Bmod

besteht darin, dass auf dem Grundstücksmarkt stets das Grundstück mit den bau-lichen und sonstigen Anlagen als »Gesamtpaket« veräußert wird – eine selbstständige Marktgängigkeit eines bebauten Grundstücks ohne bauliche und sonstige Anlagen muss hier im Rechengang fiktiv unterstellt werden.

3 Grundgedanken des »Kölner Modells«

Nachfolgend wird das »Kölner Modell« vorgestellt, das im November 2015 im Rahmen einer Masterarbeit an der Hoch-schule Anhalt10 entworfen wurde. Die theoretisch überzeu-gende Darstellung soll kurz wiedergegeben und anhand eines Beispiels veranschaulicht werden.

Dem Modell liegt der Gedanke zugrunde, dass innerhalb des Ertragswertverfahrens der modifizierte Bodenwert B

mod Ein-

gang in das Verfahren findet. Aus dem Verhältnis von Bmod

zum (unter Heranziehung von B

mod ermittelten) Ertragswert des

Grundstücks wird der Bodenwertanteil (prozentual) gemäß Formel (1) ermittelt. Der Gebäudewertanteil des Kaufpreises ermittelt sich dann unter Anwendung der Formeln (2) und (3).

Bei dem Modell wird der Bodenwert in einen rentierlichen Anteil und einen unrentierlichen Anteil zerlegt, deren Summe im Ergebnis den modifizierten Bodenwert B

mod ausweist. Im

nachstehenden Beitrag wird der rentierliche Bodenwertanteil als erster Wertanteil B

1 und der unrentierliche Bodenwertanteil

als zweiter Wertanteil B2 bezeichnet. Dies bedeutet:

Bmod

 = B1 + B

2 (4)

Zum Zeitpunkt der Neubebauung eines Grundstücks mit einem Renditeobjekt t

BJ gilt: B

2 = 0, daher: B

mod = B

1. Ein un-

rentierlicher Bodenwertanteil besteht nicht. Das aufstehende Gebäude ist vom Zeitpunkt t

BJ an wesentlicher Bestandteil des

Grund und Bodens; durch die Bebauung wird die Nutzung des Grund und Bodens für die Dauer des Bestands des Gebäudes und somit der nutzungsabhängige Bodenwert festgelegt.

Zum Zeitpunkt tBJ

ermittelt sich der Rohertragsfaktor des Boden-werts rob

BJ aus dem Verhältnis des Jahresrohertrags ROE

BJ (unter

Berücksichtigung der marktüblich erzielbaren Miete) zum Bo-denwert zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage (B

BJ):

Durch die »Verschmelzung« von Grund und Boden mit dem Gebäude ist die wirtschaftliche Entwicklung des Grundstücks nun gebunden an die Erträge, die im Wesentlichen von dem bauzeittypischen Standard des Gebäudes abhängig sind. Es er-

rob

BJ =

BBJ (5) ROEBJ

8 Vgl. Moll-Amrein, M./Schaper, D., »Ermittlung des Gebäudewertanteils von Ren-diteobjekten in Gebieten mit hohem Bodenpreisniveau«, GuG 2013, 257–267.

9 Vgl. Moll-Amrein, M./Schaper, D., GuG 2013, 257 (259).10 Thema der Masterarbeit: Entwicklung eines Modells zur Bestimmung des Bo-

denwertanteils für ertragsorientierte Grundstücke in Regionen mit hohem Bo-denwertniveau für die Kaufpreisaufteilung von Grundstücken für steuerliche Zwecke; erstellt von Julia Maria Seitz.

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GuG 3 ■ 2017 145

geben sich über die Restnutzungsdauer des Gebäudes »irrepa-rable« Beeinträchtigungen, die nach § 16 Abs. 4 ImmoWertV bei der Bodenwertermittlung zu berücksichtigen sind.11 Wie die Abbildung 1 anhand des Kölner Marktes beispielhaft zeigt, hinkt die konjunkturelle Entwicklung der Mieten in einem Be-standsgebäude dem Bodenwert hinterher: je älter das Gebäu-de, desto signifikanter ist der abweichende Verlauf. Hieraus folgt, dass der Bodenwert in zwei Anteile zerlegt werden sollte und zwar in einen rentierlichen Bodenwertanteil (erster Wert-anteil B

1) und einen unrentierlichen Bodenwertanteil (zweiter

Wertanteil B2). Der zweite Wertanteil ist unter den besonderen

objektspezifischen Grundstücksmerkmalen i.S.d. § 8 Abs. 3 ImmoWertV abgezinst über die Restnutzungsdauer des Ge-bäudes zu berücksichtigen.

Das Kölner Modell verfolgt den Gedanken, den Bodenwert im Zusammenhang mit der Verbindung des Gebäudes als wesent-lichen Bestandteil des Grundstücks (§ 94 BGB) und der damit verbundenen Kopplung an die Erträge zu mindern.

Ab dem Zeitpunkt der Bebauung des Grund und Bodens ist die Entwicklung des Bodenwerts nur noch mit dem ersten Boden-wertanteil B

1 an die Entwicklung der Mieten im (Bestands-)

Gebäude gekoppelt – robBJ

bleibt für die Dauer des Bestands des Gebäudes konstant; hierdurch gilt für den Rohertragsfak-tor des Bodenwerts zum Wertermittlungsstichtag rob

ST:

robST

 = robBJ

 = co. (6)

Der erste Bodenwertanteil zum Wertermittlungsstichtag (B1)

kann nun über den Jahresrohertrag zum Wertermittlungsstich-tag ROE

ST (unter Berücksichtigung der marktüblich erzielba-

ren Miete zum Wertermittlungsstichtag) und robBJ

ermittelt werden:

B1 = ROE

ST × rob

BJ (7)

Der zweite Bodenwertanteil zum Wertermittlungsstichtag (B2)

ermittelt sich dann aus der Differenz zum Bodenwert, der sich

ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre (B

zul_ST), also nach Ablauf

der Restnutzungsdauer, abgezinst auf den Wertermittlungsstichtag (Abzinsungsfak-tor A

LZ, RND):

B2 = (B

zul_ST – B

1) × A

LZ,RND (8)

Der Abzinsungsfaktor ALZ,RND

unter Be-rücksichtigung des objektspezifischen Liegenschaftszinssatzes LZ i.S.d. § 14 Abs. 3 ImmoWertV und der Restnut-zungsdauer RND i.S.d. § 6 Abs. 6 ImmoWertV entspricht dem Barwertfak-tor für die Abzinsung gemäß Anlage 2 ImmoWertV:

Wurden Modernisierungsmaßnahmen oder Instandsetzungsmaßnahmen durch-geführt, die zu einer Verlängerung der

Restnutzungsdauer führen bzw. liegen Umstände vor, die zu einer Verkürzung der Restnutzungsdauer führen, wird emp-fohlen, das fiktive Baujahr anzusetzen.

Eine Übersicht zur Ermittlung von Bmod

ist der Abbildung 2 zu entnehmen.

Zusammenfassend basiert das Modell auf der Ermittlung von Parametern, die auf veröffentlichten Daten des lokalen Grund-stücksmarktes beruhen (z.B. Bodenwert, Jahresrohertrag, Lie-genschaftszinssatz); es handelt sich um ein allgemeingültiges Modell, das bundesweit universell anwendbar sein dürfte.

Die stichtagsbezogenen Variablen (ROEST

, Bzul_ST

, ALZ,RND

) sollten mit wenig Aufwand über aktuell veröffentlichte Daten (Mietspiegel, Bodenrichtwertkarten, Grundstücksmarktbe-richte, etc.) bestimmbar sein. Aufwendiger gestaltet sich die Ermittlung der vergangenheitsbezogenen Variablen ROE

BJ

und BBJ

.

4 Das »Kölner Modell« in der Praxis

Im Folgenden wird das Kölner Modell an einem (fiktiven) Beispiel veranschaulicht. Dargestellt wird die Kaufpreis-aufteilung eines mit einem beidseitig angebauten Mehrfa-milienwohnhaus (Baujahr 1978) bebauten Grundstücks im zentrumsnahen Kölner Stadtteil Neustadt-Süd innerhalb eines Stadtviertels mit sehr hoher Nachfrage nach vergleich-baren Objekten. Die Rahmendaten zum Bewertungsobjekt »M-Straße 11« sind der Tabelle 1 zu entnehmen. Gemäß Plötz-Immobilienführer12 handelt es sich bei der M-Straße

A

LZ,RND = 

1 (9)

(1+LZ)RND

0,0

50,0

100,0

150,0

2,00 €/m²

4,00 €/m²

6,00 €/m²

8,00 €/m²

10,00 €/m²

12,00 €/m²

1974 1981 1989 1997 2005 2013 BodenpreisindexGeschosswohnungsbau

(linksrheinisch),Basis2010=100

Miete

(Ne�okalt)fürWohnungeninKöln

Bodenpreisindex Geschosswohnungsbau (linksrheinisch)1: Gruppe 1 (bis 1960)2: Gruppe 2 (1961 1975)3: Gruppe 3 (1976 1989)4: Gruppe 4 (1990 2004)5: Gruppe 5 (ab 2005)

1

2

34

5

Abbildung 1: Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete (Nettokalt, jeweils Mittelwert der Mietwertspanne) des Kölner Mietspiegels für frei finanzierte Wohnungen (unterteilt in die Bau-jahresgruppen 1 bis 5, hier: für eine 80 m2 große Wohnung der Ausstattungsstufe 2 »mit Hei-zung, Bad/WC«) im Vergleich zum Bodenpreisindex (Bodenpreisindexreihe für Geschosswoh-nungsbaugrundstücke im linksrheinischen Stadtgebiet, Basis 2010 =100, Quelle: Gutachteraus-schuss für Grundstückswerte in der Stadt Köln).

11 An dieser Stelle ist der Hinweis wichtig, dass abweichende Mindermieterträ-ge – beispielsweise aus in der Vergangenheit versäumten Mietanpassungen oder sonstigen vertraglichen Regelungen – im Kölner Modell bei der Ermittlung des modifizierten Bodenwerts nicht berücksichtigt werden; dies muss vielmehr bei den boG in Ansatz gebracht werden.

12 Vgl. Immobilien Manager Verlag (Hrsg.): Plötz Immobilienführer, Köln und Um-gebung, Köln 2010.

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um eine sehr gute Wohnlage; nach den objektiven Kriterien des Mietspiegels der Stadt Köln für frei finanzierte Wohnun-gen (früher: nicht öffentlich geförderte Wohnungen) lässt sich die M-Straße als mittlere Wohnlage klassifizieren. Die Infrastruktur dieses Bereiches ist ausgezeichnet. Nachteile der verdichteten Bebauung werden aufgewogen durch die günstige zentrale Verkehrslage des Objektes. Die besondere Wertigkeit der Lage mit innerstädtischer Infrastruktur und Umfeldentwicklung ergibt eine überdurchschnittliche Be-wertung der Lagequalität.

Der im Juli 2016 notariell beurkundete Kaufpreis beträgt 1.590.000,00 €.

4.1 Ermittlung der vergangenheitsbezogenen Parameter (ROE

BJ, B

BJ)

Die Anforderungen an eine geeignete Datenquelle zur Schät-zung des Jahresrohertrags zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlagen (ROE

BJ) können wie folgt formuliert werden:

Abbildung der Neumiete

– in einem Neubaugebäude– für eine vergleichbare Wohnungsgröße– für einen vergleichbaren Ausstattungsstandard der Wohnung– innerhalb eines vergleichbaren Objektes (Gebäudeart)– für eine vergleichbare Lage innerhalb der Gemeinde

Abbildung 2: Systematische Darstellung des Kölner Modells zur Ermittlung des modifizieren Bodenwerts als Sum-me aus dem ersten Bodenwertanteil B

1 (als Grundlage zur Ermittlung des vorläufigen Ertragswerts des Grund-

stücks) und dem zweiten Bodenwertanteil B2 (als besonderes objektspezifisches Grundstücksmerkmal i.S.d. § 8

Abs. 3 ImmoWertV). Die Daten beziehen sich auf das Berechnungsbeispiel »M-Straße 11«. Darstellung in Anlehnung an: Masterarbeit »Entwicklung eines Modells zur Bestimmung des Bodenwertanteils für ertragsorientierte Grundstü-cke in Regionen mit hohem Bodenwertniveau für die Kaufpreisaufteilung von Grundstücken für steuerliche Zwecke«, Julia Maria Seitz.

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GuG 3 ■ 2017 147

bauliche Anlagen BauartMehrfamilienwohnhaus, beidseitig angebaut, bestehend aus Vollunterkel-lerung, 4 Vollgeschossen und Flachdachabschluss

Baujahrum 1978Teilmodernisierungen erfolgten im Rahmen der laufenden Instandhaltung, durchgreifende Modernisierungsmaßnahmen erfolgten nicht

Restnutzungsdauer42 Jahre(übliche Gesamtnutzungsdauer: 80 Jahre, Alter zum Wertermittlungsstich-tag: 38 Jahre)

Nutzungreine Wohnnutzung

Wohnflächen648 m2 Wohnfläche(8 Wohnungen mit 78 bis 84 m2 Wohnfläche)

Ausstattung und Beschaffenheit der Wohnungen zum Zeitpunkt des Erst-bezugs im Jahr 1978isolierverglaste FensteranlagenBad mit separater Duscheseparates WC

Grundstück Grundstücksgröße204 m2

zulässige bauliche Nutzung§ 34 BauGB

Wertermittlungsstichtag Juli 2016

Kaufpreis (2016) 1.590.000,00 €

STICHTAGSBEZOGENE PARAMETER

Jahresrohertrag auf Grundlage der marktüblich erzielbaren Miete zum Wertermittlungsstichtag (ROE

ST)

69.984,00 €

(= Ø 9,00 €/m2 Wohnfläche x 648 m2 x 12)

Bewirtschaftungskosten, frei geschätzt Mietausfallwagnis: 1.400,00 €Verwaltungskosten: 2.400,00 €Instandhaltungskosten: 8.424,00 €Bewirtschaftungskosten gesamt: 12.224,00 €

objektspezifischer Liegenschaftszinssatz (LZ) 3,2 %

Bodenwert unter Berücksichtigung der vorhandenen baulichen Nutzung auf Grundlage des Bodenrichtwerts zum Wertermittlungsstichtag

rd. 305.000,00 €

Bodenwert unter Berücksichtigung der zulässigen baulichen Nutzung zum Wertermittlungsstichtag (B

zul_ST)

rd. 305.000,00 €

(Das Bewertungsgrundstück ist voll ausgenutzt)

VERGANGENHEITSBEZOGENE PARAMETER

Jahresrohertrag auf Grundlage der marktüblich erzielbaren Miete zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage (ROE

BJ)

31.104,00 €(= Ø 4,00 €/m2 Wohnfläche x 648 m2 x 12)Bezugsgrundlage bildete der Mietspiegel für nicht öffentlich geförderte Wohnungen der Stadt Köln des Jahres 1977.

Bodenwert zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage (BBJ

) rd. 71.000,00 €Bezugsgrundlage bildete hier der für das Jahr 1978 veröffentlichte Boden-richtwert.

Tabelle 1: wertrelevante Daten zum (fiktiven) Bewertungsobjekt »M-Straße 11«

Die Anforderungen an eine geeignete Datenquelle zur Schät-zung des Bodenwertes zum Zeitpunkt der Errichtung der bau-lichen Anlagen (B

BJ) können wie folgt formuliert werden:

Abbildung des Bodenwertes zum Zeitpunkt der Errich-

tung der baulichen Anlage

– für ein Grundstück mit denselben wertbestimmenden Grundstücksmerkmalen

– für eine vergleichbare Lage

Um in der täglichen Sachverständigentätigkeit praktikabel zu sein, sollten der Rechercheaufwand für den Sachverständigen und der Kostenaufwand für den Auftraggeber zumutbar sein.

4.2 Jahresrohertrag zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage (ROE

BJ)

Zur Bestimmung von ROEBJ

wurde der Mietspiegel für nicht öffentlich geförderte Wohnungen im Stadtgebiet Köln nach dem Stand vom 01.02.1977 herangezogen (hier: Gruppe V, vgl. Tabelle 2). Die im Mietspiegel ausgewiesenen Mieten basieren auf der Auswertung »einer repräsentativen Zahl« von Wohnungsmieten, die von den beteiligten Interessenver-bänden der Stadt Köln vorgelegt worden sind. Die Ortsüb-lichkeit der in den einzelnen Gruppen und Untergruppen in den Mietspiegel übernommenen Mieten (bezogen auf den m2 Wohnfläche) kann als zutreffend unterstellt werden. An dieser

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Stelle ist der Hinweis wichtig, dass der Kölner Mietspiegel für nicht öffentlich geförderte Wohnungen erstmals für das Jahr 1971 veröffentlicht wurde. Es müssten Untersuchungen ange-stellt werden, ob der Preisindex der Mieten des Statistischen Landesamtes13 hilfsweise z.B. für Stichtage vor 1971 zu nach-vollziehbaren Ergebnissen führt; diese Untersuchungen sind nicht Gegenstand dieses Beitrags.

Der Mietspiegel weist Mieten aus, die als Grundlage zur Er-mittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete sowohl Neu- als auch geänderte Bestandsmieten der letzten 4 Jahre abbilden. An dieser Stelle stellt sich die Frage, von welcher Miete zum Zeitpunkt des Erstbezugs – »ortsübliche Vergleichsmiete« oder »Marktmiete« – für um 1978 erstellte, bezugsfertig gewordene Neubauwohnungen auszugehen ist. Bei einer bezugsfertig er-stellten Neubauwohnung ist grundsätzlich entsprechend dem Marktgeschehen von der »Marktmiete« auszugehen. Im Rah-men der Ertragswertermittlung ist aber nicht die Miete zum Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit der Neubauwohnung zu defi-nieren, sondern die Miete, die über die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes durch die Mietgesetzgebung repräsentiert wird. So wird die Marktmiete, die zum Zeitpunkt der Bezugsfertig-keit der Wohnung erzielt wird, über kurz oder lang von der ortsüblichen Vergleichsmiete »eingeholt«.14 Somit bildet die ortsübliche Vergleichsmiete i.S.d. § 558 Abs. 2 BGB auch den marktüblich erzielbaren Ertrag ab. Kleiber15 führt hierzu aus, dass in der Regel die Liegenschaftszinssätze auf der Grund-lage von Bestandsimmobilien abgeleitet werden und somit die ortsübliche Vergleichsmiete den »langfristig« bedeutsamen Grundstücksertrag darstellt.

Im vorliegenden Fall muss davon ausgegangen werden, dass der ortsübliche Mietpreis für die zu begutachtenden Wohnun-gen im Hause »M-Straße 11« in

– der Gruppe V (Wohnungen in Gebäuden, die seit 1970 bezugsfertig wurden) bzw. der Gruppe 3 (Wohnungen in Gebäuden die von 1976 bis 1989 bezugsfertig wurden)

– Wohnungen um 80 m2 Größe– Wohnungen in mittleren Wohnlagen Kölns– Wohnungen mit Heizung und Bad/WC

zu finden ist.

Für das nachfolgende Mietwertermittlungsverfahren wird die intuitive Methode angewandt, bei der mehr oder weniger mit

verbalen Abwägungen Wohnungen ins untere, mittlere oder obere Drittel der Mietwertspanne des Mietspiegels eingeord-net werden. Da in der praktischen Anwendung Vergleichsmie-ten über Jahrzehnte bis zum Erstbezug einer Wohnung sich i.d.R. nicht oder nur schwer zurückverfolgen lassen, scheidet das statistische Mietwertermittlungsverfahren aus.

Bei der Einordnung der Wohnungen im Hause M-Straße 11 in die Spanne der ortsüblichen Vergleichsmieten ist zunächst die Lage in der Gesamtbewertung – mittlere Wohnlage – dem oberen Rahmenwert zuzuordnen. Die besondere Wertigkeit der zentralen Lage innerhalb des Stadtgebiets der Stadt Köln ergibt eine über-durchschnittliche Bewertung der Lagequalität. Das Bewertungs-merkmal »Art der Wohnungen« im Hause M-Straße 11 ist unter Berücksichtigung des Wohnobjekts in einem Mietwohnhaus mit 8 Wohnungen als auch der Baualtersklasse innerhalb dieser Gruppe dem Mittelwert des Spannenrahmens zuzuordnen. Nach den Wertigkeitsmerkmalen »Ausstattung« und »Beschaffenheit« weichen die Wohnungen vom Standard – hierzu zählen die für diese Baualtersklasse noch nicht obligatorisch isolierverglasten Fensteranlagen, die Bäder mit separater Dusche und die separaten WCs – wertigkeitsmäßig positiv ab. Hierfür ist eine Einordnung oberhalb des Mittelwerts des Spannenrahmens wertangemessen. Bei Abwägung aller mietwertrelevanten Besonderheiten der Wohnungen innerhalb des Bewertungsobjekts kann unter Zu-grundelegung des Kölner Mietspiegels Stand 01.02.1977 zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein ortsüblich an-gemessener Mietwert im oberen Drittel des Spannenrahmens i.H.v. ca. 7,75 DM pro m2 (das sind 3,96 €/m2) als sachgerecht und angemessen erachtet werden.

Die marktüblich erzielbare Miete wird zum Zeitpunkt der Er-richtung der baulichen Anlage im Jahr 1978 auf Grundlage des Mietspiegels für nicht öffentlich geförderte Wohnungen der Stadt Köln auf 4,00 €/m2 geschätzt. Hiernach ergibt sich der Jahresrohertrag ROE

BJ zum Zeitpunkt des Erstbezugs der

Wohnungen im Jahr 1978 zu:

4,00 €/m2 × 648 m2 × 12 = 31.104,00 €.

Mietspiegel (Stand 01.02.1977)Gruppe V(Wohnungen in Gebäuden die seit 1970 bezugsfertig wurden)mittlere Wohnlage80 m2 Wohnfläche

Mietspiegel (Stand Januar 2015)Gruppe 3(Wohnungen in Gebäuden die von 1976 bis 1989 bezugs-fertig wurden)mittlere Wohnlage80 m2 Wohnfläche

mit Heizung, Bad/WC 3,07–4,09 € (6,00–8,00 DM)Mittelwert: 3,58 €

6,80–9,30 €Mittelwert: 8,05 €

mit besonderer Ausstattung 3,83–5,11 € (7,50–10,00 DM)Mittelwert: 4,47 €

7,60–9,80 €Mittelwert: 8,70 €

Tabelle 2: Auszug aus dem Mietspiegel der Stadt Köln für nicht öffentlich geförderte Wohnungen (Stand: 01.02.1977) und dem Mietspiegel der Stadt Köln für frei finanzierte Wohnungen (Stand: Januar 2015)

13 In Nordrhein-Westfalen wurden Daten zur Entwicklung der Mieten seit 1962 abgeleitet, wobei bis 1994 die Preisindexreihe lediglich zur Entwicklung der Bruttomiete vorliegt.

14 Vgl. Kleiber, W., a.a.O., S. 1754 Rn. 29.15 Kleiber, W., a.a.O., S. 1732 Rn. 15.

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GuG 3 ■ 2017 149

Zum Wertermittlungsstichtag im Juli 2016 kann eine markt-üblich erzielbare Miete i.H.v. 9,00 €/m2 als marktkonform er-kannt werden. Hiernach ergibt sich der Jahresrohertrag ROE

ST

zum Wertermittlungsstichtag im Juli 2016 zu:

9,00 €/m2 × 648 m2 × 12 = 69.984,00 €.

4.3 Bodenwert zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlagen (B

BJ)

Mögliche Datenquellen zur Schätzung von BBJ

für ein rein wohnwirtschaftlich genutztes Bewertungsobjekt in der Stadt Köln können sein:

– Auskunft aus der Kaufpreissammlung– Bodenrichtwerte des Gutachterausschusses– Bodenpreisindices des Gutachterausschusses für Grund-

stückswerte in der Stadt Köln

Kaufpreise für unbebaute Grundstücke aus dem Jahr 1978 la-gen für die Wertschätzung nicht vor. Der Bodenwert zum Zeit-punkt der Errichtung der baulichen Anlagen wird durch Heran-ziehung des Bodenrichtwertes der M-Straße zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlagen i.H.v. 348 €/m2 ermittelt. B

BJ

ermittelt sich demnach zu rd. 71.000,00 €.

4.4 Ermittlung des modifizierten Bodenwerts

Hiernach ermittelt sich der modifizierte Bodenwert zum Wert-ermittlungsstichtag im Juli 2016 wie folgt:

Der modifizierte Bodenwert liegt demnach rd. 106.000,00 € unter dem Bodenwert gemäß ImmoWertV.

4.5 Kaufpreisaufteilung auf Grundlage des Ertragswertverfahrens

Der Ertragswert des Grundstücks ermittelt sich nun unter Berücksichtigung des modifizierten Bodenwerts B

mod i.H.v.

199.000,00 € wie folgt:

Ertragswertermittlung gemäß

ImmoWertV

Jahresrohertrag unter Berücksichtigung der marktüblich erzielbaren Miete

zum Wertermittlungsstichtag im Juli 2016 69.984,00 €

Bewirtschaftungskosten

Verwaltungskosten, Instandhaltungs-kosten, Mietausfallwagnis

nach Erfahrungssätzen (durch Umlagen gedeckte Betriebskosten

bleiben unberücksichtigt), vgl. Tabelle 1 ./. 12.224,00 €

Jahresreinertrag 57.760,00 €

Anteil des ersten Bodenwertanteils B1

am Reinertrag

161.000,00 € × 3,2 % ./. 5.152,00 €

Anteil der baulichen Anlagen am

Reinertrag: 52.608,00 €

Bei einem Liegenschaftszinssatz von 3,2 % und einer rech-nerischen Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen von 42 Jahren stellt sich der Barwertfaktor gemäß Anlage 1 zu § 20 ImmoWertV auf 22,9

Ertragswert der baulichen Anlagen

52.608,00 € × 22,9 1.204.723,20 €

rd. 1.205.000,00 €

erster Bodenwertanteil B1

161.000,00 €

vorläufiger Ertragswert des

Grundstücks 1.366.000,00 €

Berücksichtigung objektspezifischer Grundstücksmerkmale16

16 Zur Vereinfachung bleiben Vereinbarungen aus bestehenden Mietverhältnissen und somit auch Under- und Overrent-Berechnungen unberücksichtigt.

Bodenwert zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage im Jahr 1978 (B

BJ) rd. 71.000,00 €

Jahresrohertrag auf Grundlage der markt-üblich erzielbaren Miete (nettokalt) zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage (ROE

BJ) ÷ 31.104,00 €

Rohertragsfaktor des Bodenwerts (robBJ

) 2,3

Jahresrohertrag auf Grundlage der markt-üblich erzielbaren Miete zum Wertermitt-lungsstichtag im Juli 2016 (ROE

ST) 69.984,00 €

erster (rentierlicher) Bodenwertanteil

bezogen auf den bauzeittypischen Stan-

dard der baulichen Anlage (B1)

69.984,00 € x 2,3 = 160.963,20 € rd. 161.000,00 €

Bodenwert unter Berücksichtigung der zulässigen baulichen Nutzung zum Wertermittlungsstichtag (B

zul_ST) rd. 305.000,00 €

erster (rentierlicher) Bodenwertanteil be-zogen auf den bauzeittypischen Standard der baulichen Anlage (B

1) ./. 161.000,00 €

144.000,00 €

Abzinsungsfaktor bezogen auf die Rest-nutzungsdauer der baulichen Anlage von 42 Jahren und einem objektspezifischen Liegenschaftszinssatz von 3,2 % (A

LZ,RND) 0,266

zweiter (unrentierlicher) Bodenwertan-

teil bezogen auf den bauzeittypischen

Standard der baulichen Anlage (B2)

144.000,00 € x 0,266 = 38.304,00 € rd. 38.000,00 €

B1 + B

2

161.000,00 € + 38.000,00 € 199.000,00 €

modifizierter Bodenwert (Bmod

) rd. 199.000,00 €

zum Vergleich:

Bodenwert unter Berücksichtigung der baulichen Anlagen auf Grundlage des Bodenrichtwerts zum Wertermittlungs-stichtag (B

ST) rd. 305.000,00 €

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Abhandlungen Seitz, Zeit für Neues: Ein Modellvorschlag zur Kaufpreisaufteilung

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Hinweis: Durch die Aufspaltung des Bodenwerts in einen ers-ten und zweiten Bodenwertanteil ist eine modellkonforme Er-tragswertermittlung unter Heranziehung der von den Gutach-terausschüssen ermittelten Liegenschaftszinssätze möglich. Einer Anpassung der veröffentlichen Liegenschaftszinssätze bedarf es nicht.

4.6 Vergleichsbetrachtung

Bei Einführung des Bodenwertes unter Berücksichtigung der zulässigen baulichen Nutzung i.H.v. 305.000,00 € in das Er-tragswertverfahren gemäß ImmoWertV würde sich der Gebäu-dewertanteil von 1.367.400,00 € (86 %) auf rd. 1.240.000,00 € (78 %) reduzieren. Bei Anwendung des Sachwertverfahrens, das vorzugsweise von der Finanzverwaltung im Rahmen der Massenbewertung angewandt wird, würde sich der Gebäude-wertanteil weiter reduzieren auf 1.017.600,00 € bzw. 64 % (vgl. auch Abbildung 3). Entsprechend vermindert sich das Abschreibungspotential für den Steuerpflichtigen.

5 Zusammenfassung

Im Beitrag wurde ein universell anwendbares Modell zur Ab-leitung des Gebäude- und Bodenwertanteils eines Kaufpreises vorgestellt, wobei der Fokus auf dem Wohnimmobilienmarkt lag. Die Plausibilisierung der Datengrundlage zur Anwendung von gewerblich genutzten Objekten und öffentlich geförder-ten Objekten wurde bisher nicht angestellt. Im Kölner Modell werden vergangenheitsorientierte Parameter herangezogen, um Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Errichtung der bau-lichen Anlage abzubilden. Die Datengrundlage zur Ableitung der vergangenheitsorientierten Parameter ist für wohnwirt-schaftlich genutzte Immobilien mit Baujahr ab 1971 für das Kölner Stadtgebiet vorhanden. Inwiefern dies auch für andere Städte und Regionen zutreffend ist, bedarf weiterer Untersu-chungen. Darüber hinaus müssten noch Untersuchungen da-hingehend angestellt werden, ob der Preisindex der Mieten des Statistischen Landesamtes hilfsweise z.B. für Stichtage vor 1971 zu nachvollziehbaren Ergebnissen führt.

Bei der Kaufpreisaufteilung in Gebäudewertanteil und Bo-denwertanteil geht es um einen Interessenkonflikt auf zwei Seiten: dem Steuerzahler und dem Finanzamt. Und um große Vermögenswerte. Eine Berechnungsmethode, die von beiden Seiten als »angemessen« erachtet wird, wird hier dringend be-nötigt. Das »Kölner Modell« versucht an dieser Stelle ein uni-versell anwendbares Instrument zur angemessenen Ermittlung des Abschreibungspotentials zu schaffen.

Der Ansatz eines modifizierten Bodenwerts geht nicht kon-form mit § 16 ImmoWertV. Auch geht das Kölner Modell nicht konform mit der Rechtsprechung des BFH.17

Der Beitrag soll dazu dienen, die bislang grundsätzlich an-ders lautende Rechtsprechung des BFH mit ihren als teilweise ungerecht empfundenen Ergebnissen in Richtung einer maß-geblichen Berücksichtigung von differenzierten Bodenwert-anteilen zu sensibilisieren.

zweiter Bodenwertanteil B2

abgezinst auf den Wertermittlungsstichtag 38.000,00 €

1.404.000,00 €

Ertragswert des Grundstücks unter

Berücksichtigung des modifizierten

Bodenwerts rd. 1.400.000,00 €

Der ermittelte Ertragswert lässt sich dann wie folgt in einen Gebäude- und Bodenwertanteil aufteilen:

Bodenwertanteil gemäß Ertragswertver-fahren mit modifiziertem Bodenwert B

mod

= 199.000,00 €/1.400.000,00 € × 100 rd. 14 %

Bezogen auf den erzielten Kaufpreis i.H.v. 1.590.000,00 €

14 % von 1.590.000,00 € rd. 222.600,00 €

Gebäudewertanteil gemäß Ertragswertverfahren mit modifiziertem Bodenwert B

mod

= 100 % – 14 % rd. 86 %

Bezogen auf den erzielten Kaufpreis i.H.v. 1.590.000,00 €

86 % von 1.590.000,00 € rd. 1.367.400,00 €

Abbildung 3: Drei Verfahren (Kölner Modell, Ertragswertverfahren, Sachwertverfahren) zur Ermittlung des Bodenwertanteils und des Gebäudewertanteils für das (fiktive) Bewertungsobjekt »M-Straße 11« im Vergleich.

Abkürzungsverzeichnis

A Barwertfaktor für die Abzinsung

B1

erster (rentierlicher) Bodenwertanteil

B2

zweiter (unrentierlicher) Bodenwertanteil

BBJ

Bodenwert zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage

Bmod

modifizierter Bodenwert

Bzul_ST

Bodenwert (zulässig) zum Wertermittlungsstich-tag

boGbbodenbezogene besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale

BWA Bodenwertanteil

GWA Gebäudewertanteil

KP Kaufpreis

LZ Liegenschaftszinssatz

RND Restnutzungsdauer

robBJ

Rohertragsfaktor des Bodens zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage

17 Urt. v. 29.05.2008 – IX R 36/06 –, GuG 2009, 55.

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AbhandlungenSeitz, Energetische Objekteigenschaften und ihr Einfluss auf die Preisbildung von Wohneigentum

GuG 3 ■ 2017 151

Dipl.-Ing. Albert M. Seitzvon der Industrie- und Handelskammer zu Köln öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewer-tung von bebauten und unbebauten Grundstückeninfo@sv- seitz. de

Abkürzungsverzeichnis

robST

Rohertragsfaktor des Bodens zum Wertermitt-lungsstichtag

ROEBJ

Jahresrohertrag zum Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage

ROEST

Jahresrohertrag zum Wertermittlungsstichtag

tBJ

Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage

tST

Zeitpunkt zum Wertermittlungsstichtag