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Zeppelin Universität | artsprogram | Cicerone 2013

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Der Kunstführer präsentiert die für das artsprogram der Zeppelin Universität zwischen 2004-2014 entstandenen Werke der internationalen KünstlerInnen Sandra Boeschenstein (CH), Ecke Bonk (D), Margit Czenki & Christoph Schäfer (D), Marcos Chaves (BR), Armin Chodzinski (D), Mark Formanek (D), Gunilla Klingberg (SE), Thomas Locher (D), Harald F. Müller (D, CH), Andrew McNiven (GB), Oliver Ressler (A), Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger (CH) und Tilo Schulz (D). Die Publikation im Zeitungsformat verspricht einen Überblick über die künstlerischen Interventionen am Campus, zeigt die Werke allerdings zunächst nur in fragmentierter Ansicht, so dass erst durch den ordnenden Eingriff der Lesers das Gesamtbild erscheint. So wird die Aufmerksamkeit des Lesers auf die von ihm aufzubringende Aktivität im Wahrnehmen von Kunst gerichtet.

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artsprogram

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Mit der Präsenz von zeitgenössischer Kunst an der Zeppelin Universität wird einer logisch-rationalen Welter-fassung eine mit Bildern arbeitende Reflexion ergänzend zur Seite gestellt. Durch ihre Andersartigkeit lässt Kunst einen Mehrwert für den nichtmusealen Ort entstehen, indem sie Gelegenheiten zu Erfahrungen besonderer Art schafft und neuartige, visuell strukturierte Anregungsare-nen generiert.

Für einen Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft werden KünstlerInnen, die in ihren Kunstpositionen ge-sellschaftsrelevante Fragen stellen und Kunst als For-schung verstehen, eingeladen auf den universitären Kontext und seine Themen Bezug zu nehmen. Ihre künst-lerischen Produktionen und Projekte, die für die spezifi-schen lokalen und sozialen Fragestellungen entwickelt werden, prägen die ästhetische Identität und Atmosphäre der Universität und nehmen vielseitigen Einfluss auf das universitäre Leben.

Die Einladungen an KünstlerInnen, in längerfristigen Projekten zu forschen, Ereignisse und Feste inhaltlich mit Beiträgen zu bereichern, in Veranstaltungen und Eröffnun-gen ihren spezifischen Ansatz vorzustellen, studentische Initiativen und Projektarbeiten in der Lehre zu betreuen, ermöglichen an der Zeppelin Universität eine lebendige Erfahrung künstlerischer Praxis.

Durch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Künst-lerInnen können zeitgenössische künstlerische Methoden und Handlungsweisen erlebt und gemeinsam praktiziert werden. Gleichzeitig wird die komplexe Vielfalt aktueller Kunstproduktion in öffentlichen Veranstaltungen reflek-tiert, indem zur Erforschung künstlerischer Praxis Künst-lerInnen zum Gespräch über ihr Werk und ihre Methodik eingeladen werden. Kunst, die sich als Erkenntnisinst-rumentarium versteht, wird in den Künstlergesprächen selbst zum Untersuchungsgegenstand.

Die künstlerischen Techniken des Denkens in Bildern und der Sichtbarmachung von Ideen können an der Zep-pelin Universität auch an der sinnlichen Präsenz der teils temporär, teils dauerhaft installierten konzeptuellen Ar-beiten nachvollzogen werden. Die den Ort definierenden Werke, Installationen und Interventionen fordern vertrau-te Wahrnehmungs-, Wertungsmuster und Sehgewohnhei-ten heraus und lassen einen kollektiven Erfahrungs- und Dialograum entstehen.

Ob in konzeptueller Strenge, opulenter Gestaltung oder minimalistischer Geste, jedes der Werke an der Zep-pelin Universität hat seine ganz eigene Identität, Komple-xität und Pluralität der Bedeutungen, die es zu entdecken gilt. Hier ist die Aktivität des Betrachters gefragt im Dia-log mit dem Gezeigten seine persönliche Lesart zu entwi-ckeln und an dessen Auslegung mitzuwirken

Für eine subjektive Aneignung des Vorgegebenen, für ein Erleben der Kunst in der Bewegung und Wahrneh-mung ist diese Publikation aus einer ästhetischen Frage-stellung heraus von dem Künstler Ruediger John, Berlin, entwickelt worden. Sie lädt ein das mit zeitgenössischer Kunst bespielte Terrain zu erkunden, lenkt den Blick auf die ereignishaften Situationen und fordert heraus mit dem Auge zu denken.

The presence of contemporary art at the Zeppelin Uni-versity is intended to complement a logical/rational world view with one more image-based and reflective. The “oth-erness” of art provides additional value in the university context by offering the opportunity to experience new, vi-sually structured challenges.

Artists who in their art research socially relevant issues are invited to comment on the university context, themes and topics. Artistic productions and projects specific to lo-cal and social issues are developed and characterize the aesthetic identity and atmosphere of the university, exert-ing a wide and varied influence on university life.

The Zeppelin University is highly interested in promot-ing a living experience of artistic practice and invites artists to engage in longer-term projects on its campus, to enrich its events and parties with artistic contributions, and to support student initiatives and project work with their spe-cific artistic techniques.

Through continuous collaboration with artists, contem-porary artistic methods and practices can be experienced and practiced together. At the same time, the complex di-versity of contemporary art production is communicated by artists who are invited to talk about their work and meth-odologies. In these talks and workshops, art, in its function as an instrument of knowledge, becomes itself the subject of scrutiny and reflection.

Artistic techniques of thinking in images and the visu-alization of ideas can be understood through the material presence of both temporary and permanent conceptual works at the Zeppelin University. The artistic works define their spatial contexts – the installations and interventions challenge familiar perceptions, judgmental patterns and viewing habits and establish a collective community expe-rience and dialogue space.

Whether through conceptual rigor, opulent design or minimalist gesture, each of the works at the Zeppelin Uni-versity invites the observer to discover its own particular identity, complexity and plurality of meaning. In dialogue with the art works viewers are encouraged to develop their own interpretive and critical abilities and to contribute to the appreciation of the pieces.

To promote the experience of art at the Zeppelin Uni-versity, artist Ruediger John (Berlin) has developed this publication. The guide invites guests to explore the works and their context. It directs their attention to the situational experience and encourages a visual comprehension.

Bildende Kunst an der Zeppelin Universität

Herausgeber artsprogram der Zeppelin Universität Zeppelin Universität gemeinnützige GmbH Am Seemooser Horn 20 88045 Friedrichshafen

artsprogram der Zeppelin Universität http://zu.de/artsprogram

Künstlerische Konzeption, Gestaltung Ruediger John, Künstler, lebt und arbeitet in Boston, USA http://artrelated.net/ruediger_john

Redaktion, Text Ulrike Shepherd, Kuratorin am artsprogram, [email protected]

Fotos Margit Czenki, Mark Formanek/Datenstrudel, Ruediger John, Cornelius Klingel, Andrew McNiven, Oliver Ressler, Christof Salzmann, David Shepherd, Ulrike Shepherd, Karina Urbat

Druck Bodensee Medienzentrum, Tettnang

© 2013 artsprogram der Zeppelin Universität

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Titelaufnahme Shepherd, Ulrike; John, Ruediger: Cicerone – Eine Führung durch die Bildende Kunst an der Zeppelin Universität Friedrichshafen: Zeppelin Universität, artsprogram, 2013

ISBN 978-3-9813950-2-0

CiceroneEine Führung durch die Bildende Kunst an der Zeppelin Universität

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O.T.

Thomas Locher

Im Zentrum der Arbeiten von Thomas Lo-cher steht jeweils die Frage, wie sich Sprache mit der Welt verbindet. Ausgehend von Über-legungen zur Grammatikalität der Sprache behandelt Locher existentielle Fragen. Dabei sind Befragung und Kommentierung immer wiederkehrende künstlerische Methoden, mit denen Kommunikationsformen auf ihre ideo-logischen und poetischen Inhalte hin analy-siert werden. Die Intervention “O.T.“ (2005) an der Zeppelin Universität besteht aus Prä-fixen (Vorsilben), welche Wortbedeutungen vorherbestimmen. Lochers Arbeit spielt auf den Ort bezogen mit einer Ironisierung der Wissenschaftssprache und der Deutungsof-fenheit von Sprachstrukturen.

At the centre of Thomas Locher’s work is the question, how does language relate to the world? He deals with existential questions starting from an analysis of the grammatical nature of language and examines forms of communication to determine their ideological and poetical content. His intervention “O.T.” (2005) in the Zeppelin University consists of the prefixes which assign and modify and as-sign meaning to words. In the context of the university, his work is an ironic comment on a scientific form of language. O.T. | 2005 | Thomas Locher | D | Intervention mit Folienplot

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SUPERCHUNK

Tilo Schulz

Schon seit Mitte der 90er Jahre hinterfragt der Leipziger Künstler Tilo Schulz aus einem Engagement für politische und gesellschaft-liche Fragen heraus die Kunst aus ideologie-kritischer Sicht. Modellhaft eingesetzte künst-lerische und kunsthandwerkliche Methoden und Stoffe reflektieren kunstgeschichtliche und kulturelle Entwicklungen. Mit der Lounge SUPERCHUNK gestaltete Tilo Schulz einen permanenten „Raum für eine kommunikative Situation“ an der Zeppelin Universität. Das Ausstellungsdisplay, eine multifunktionale Wand zur temporären Präsentation von Kunst, fordert den Betrachter heraus als Akteur in eine aktive Beziehung zum Gezeigten zu tre-ten und legt damit Prozesse der Kunstrezep-tion offen.

Since the middle of the 1990’s Leipzig art-ist Tilo Schulz has engaged his political and so-cial interest in examining the ideological con-text in which art is produced. He relates artistic methods and materials to art historical and cultural developments. He designed the lounge “SUPERCHUNK” as a permanent “Space for a Communicative Situation” in the Zeppelin Uni-versity. The multifunctional display wall houses temporary art presentations and invites the observer to actively relate with the exhibitions. SUPERCHUNK | 2008 | Tilo Schulz | D | Lounge und Display

“Ein Raum für eine kommunikative Situation”—Tilo Schulz

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Brand New View

Gunilla Klingberg

Einen Ort der Überraschung, der Ambi-valenz und der Komplexität schuf die schwe-dische Künstlerin Gunilla Klingberg für den universitären Kontext, in dem Fragen der Wirt-schaft, Politik und Kultur verhandelt werden. Ihre Arbeit „Brand New View“ (2009) verwan-delt aus dem Wirtschaftsleben entlehnte For-men und Zeichen zu ekstatischen Strukturen. Logos von Discountern verweisen ambivalent sowohl auf die beim Einkauf erlebten hypnoti-sierenden Werbebotschaften als auch auf Me-ditationsbilder wie Mandalas oder Fensterro-setten gotischer Kathedralen. Mit ihrem Werk, welches zwischen Sakralem und Banalem, zwischen Wirtschaft und Religion uneindeutig schwingt, bringt Klingberg verdeckte Aspekte visueller Sprache ins Bewusstsein.

Swedish artist Gunilla Klingberg has cre-ated an ambivalent and complex ambience in the foyer of the university which touches on economic, political and cultural issues. Her work “Brand New View” (2009) transforms the iconography of discount supermarkets into an ecstatic and hypnotic display reminiscent of meditational mandalas or gothic cathedral win-dows. Her work pulsates between the sacred and the banal and uncovers hidden aspects of modern visual languages. Brand New View | 2009 | Gunilla Klingberg | SE | Intervention

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Live Despite Capitalism

Oliver Ressler

Der Wiener Künstler Oliver Ressler verbin-det künstlerische und aktivistische Belange und Methoden zur Diskussion umstrittener gesellschaftlicher und politischer Themen. Für die Zeppelin Universität konzipierte er mit der Installation „Live Despite Capitalism“ (2008) einen Diskursraum aus gesellschaft-lichen Utopien und Realitätsverweisen. Die vier Plakatwände, welche mit Zitaten aus der Anti-Globalisierungsbewegung die Frage nach gesellschaftlichen Alternativen stellen, wer-den durch zwei Videoarbeiten ergänzt. „What would it mean to win?“ (2008) von Zanny Begg und Oliver Ressler wurde während des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm gefilmt. „5 Fabriken - Arbeiterkontrolle Venezuela“ (2006) von Dario Azzellini und Oliver Ressler ist ein Film über Mit- und Selbstverwaltung in Venezuela.

The Vienna artist Oliver Ressler encourag-es the discussion of controversial social ques-tions by combining the means and methods of art and political activism. His installation “Live Despite Capitalism”, created especially for the Zeppelin University, confronts utopian refer-ences with political reality . Large scale post-ers citing anti-globalization slogans provide a frame of reference to multiple videos showing scenes of a G8 summit meeting or the autono-my initiatives of workers in Venezuela.Live Despite Capitalism | 2008 | Oliver Ressler | A | Installation

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Laughing Container

Marcos Chaves

Für den brasilianischen Künstler Marcos Chaves (Rio De Janeiro) gibt es schon so vie-le Dinge in der Welt, dass er es vorzieht sie zu recyceln. Sein künstlerisches Interesse gilt deshalb nicht der Produktion weiterer ästhetischer Objekte, sondern vorgefunde-nen Alltagsgegenständen, welchen er eige-ne Assoziationen beifügt. In Chaves fragilen Transformationen spielen insbesondere der Zufall und der Humor häufig die entscheiden-de Rolle. Wenn aus dem „Laughing Container“ im Außenbereich der Zeppelin Universität mehrstimmiges Gelächter ertönt, entsteht die Illusion, es befänden sich Menschen im Innern und ein Sinnzusammenhang, der zwischen La-chen, aber auch Weinen, Komödie und Tragö-die, Ankunft oder Migration oszilliert.

The Brazilian artist Marcos Chavez is con-vinced that there are already so many things in the world that he prefers to recycle them. Instead of creating new aesthetic products he takes ready made objects and imbues them with his own associations – with coincidence and humour often playing the decisive role. When laughter is heard from the interior of his “Laughing Container” in the grounds of the Zeppelin University it is as if people are inside enjoying themselves, but its’ significance oscil-lates between comedy and tragedy, arrival and migration.Laughing Container | 2009 | Marcos Chaves | BRA | Installation mit Soundarbeit

“Humor opens up new paths.”—Marcos Chaves

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BEL AMI

Harald F. Müller

Wie in seinen Fotografien arbeitet Harald F. Müller auch in seinen Schriftskulpturen mit dem Blow Up, dem Vergrößern von Objekten der alltäglichen Konsum- und Massenkultur. BEL AMI, ein aus massivem Lindenholz ge-fertigter Schriftzug, der im Treppenaufgang in leuchtendem Orange den Besucher begrüßt, geht auf den gleichnamigen Roman von Guy de Maupassant zurück. In der Gegenwärtig-keit der Signalfarbe, der selbstbewussten Mo-dernität im Zuschnitt der Buchstaben und der offensichtlichen Gemachtheit der Holzlettern ist die Skulptur ein optimistisches Bekenntnis, in welchem aber auch die beißende Ironie des Romans mitschwingt.

Harald F. Müller works with “blow-up” techniques, the enlargement of objects from mass culture, in both his photographic works as well as in his lettering sculptures. His large script sculpture BEL AMI, which greets visitors with its brilliant orange coloring in a stair well, is constructed from massive lime-tree wood and cites the novel of the same name by Guy du Maupassant. Its signal coloring, the mo-dernity of the lettering style and its obviously self-made character combine to impart an opti-mistic aura, while still resonating with the biting irony of the novel. BEL AMI | 2004 | Harald F. Müller | D | Holzskulptur vor Farbwand

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Standard Time | 2009 | Mark Formanek | D | 24-h Digitalfilm, realisiert mit datenstrudel

Standard Time

Mark Formanek

Als ein Fenster zur Hauptstadt Berlin und zugleich als Uhr funktioniert der Digitalfilm von Mark Formanek. Insgesamt 70 Arbeiter fertigen darin synchron zur Echtzeit aus Holz-brettern eine 4 x 12 Meter große fortlaufen-de digitale Zeitanzeige: 1611 Umbauten in 24 Stunden. Lückenlos aufgenommen auf Video entstand daraus ein 24-Stunden Film bzw. eine Uhr. Wer sich Standard Time ansieht, sieht eine Uhrzeit, aber auch Menschen, die diese Zeitanzeige bauen. Menschen, die mit beinahe stoischem Pflichtbewusstsein einer scheinbar sinnlosen Tätigkeit nachgehen, die jedoch eine Funktion erfüllt: Die Zeit zu zei-gen.

Standard Time is an artwork by Mark For-manek. Filmed in Berlin, it shows 70 work-ers building a wooden 4 x 12 m “digital” time display in real time: a work that involves 1611 changes within 24 hour period. The film shows the time, but also the people who, with a stoical sense of duty in fulfilling an apparently sense-less mission, build up and tear down the “digi-tal display” in rapid succession.

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Fountainhead/Wissensquelle

Ecke Bonk

Ecke Bonk entwickelte 2004 als „Ty-posoph in Residence“ die visuelle Identi-tät der Zeppelin Universität mit ihrem Non-Logo, sowie die Idee der ZU|Wörter (zu|viel, zu|ckerbäcker, zu|fall) auf der Homepage. Als Künstler befasst sich Bonk mit Zeichen-systemen aus Kunst, Naturwissenschaften, Typografie und Philosophie, um so die Be-dingungen und Zusammenhänge kultureller Leistungen zu erforschen. Die Büchersamm-lung bestehend aus 225 Bänden der österrei-chischen K+K Akademie der Wissenschaften 1848-1918 in der Universitätsbibliothek bildet den physischen Anteil von „Fountainhead/Wissensquelle“ - an einer rechnergestützten Installation wird gearbeitet.

As an artist Ecke Bonk deals with symbolic systems of art, natural sciences, typography and philosophy and thus researches the con-ditions of and relationships between cultural achievements. As “typosoph in residence” (2004) he helped to develop the visual identity of the Zeppelin University with its “non-logo” and “ZU-Words”. The book collection in the university library was created by Bonk and con-sists of 225 volumes from the K+K Academy of Sciences 1848-1918. It represents the physi-cal part of the work “Fountainhead/Wissen-squelle” – a computer-based part of the work is currently in progress.Fountainhead/Wissensquelle | 1993, 2010 | Ecke Bonk | D | work in progress

“die sprache ist allen bekannt und ein geheimnis”—Jacob Grimm

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Brainforest Strategien zur Wertvermehrung

Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger

Weltweit entwickelt das Schweizer Künst-lerpaar raumgreifende und vielteilige Ins-tallationen, die vom Werden und Vergehen, von komplexen Kreisläufen und chaotischen Wucherungen, vom Wundersamen und Ver-wunderlichen berichten und welche sie einer modernistischen Welt lustvoll und mit Witz entgegensetzen. Auf der Fotografie einer solchen Großproduktion im Kunstmuseum in Kanazawa, Japan basiert auch das sich wie-derholende Motiv der Tapete „Brainforest“ – näheres Hinsehen entlarft das Ornament als zarte Komposition aus Unbedeutendem und Skurrilem. In der Arbeit „Strategien zur Wertvermehrung“, einer Glasvitrine mit kurio-sem Inhalt, werden die Souvenirs aus Asien und Europa durch ihre Kombination mit Text zu absurden Symbolen für national geprägte Strategien zur Schaffung von Mehrwert.

The Swiss artist duo Gerda Steiner and Jörg Lenzlinger create strange and wondrous installations involving complex circulations and chaotic growths, dealing with becoming and decaying and generally confronting the modernistic world with sensuality and humour. The repeating patterns on the wallpaper “Brain Forest” originated in such a large scale produc-tion for the Kanazawa Art Museum in Japan, but upon closer inspection they reveal themselves as a delicate composition of whimsical and meaningless elements. A glass cabinet displays their work “Strategien zur Wertvermehrung” consisting of a number of curiosities; souvenirs from Asia and Europe, which, in combination with text comments, become absurd symbols for national strategies for added value.Brainforest, Strategien zur Wertvermehrung | 2005, 2008 | Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger | CH | Installation

“The Mystery of Fertility”—Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger

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Raum für Zärtlichkeiten

Mark Formanek

Den „Raum für Rückzug und Zärtlichkei-ten“ gilt es zunächst zu entdecken. Am Ende eines langen Ganges zwischen verwechselba-ren Bürotüren findet sich eine mit lackierten Holzbrettern ausgeschlagene Kammer, die Raum für zwei bis drei Personen bietet und mit mildem Licht und sanfter Musik zum Ver-weilen einlädt. Mark Formanek arbeitet auf der einen Seite mit dem Beiläufigen, schein-bar Wertlosen und Zufälligen, das mit seltsam magischen, kaum rational vermittelbaren Be-deutungen aufgeladen wird. Auf der anderen Seite will er aber auch „nützlich“ sein: seine „Positiven Apparate für den privaten Haus-halt“ liefern in per Knopfdruck abrufbarer Endlos-Tonschleife elementare Emotionen wie Trost, Zärtlichkeit, Motivation, Romantik, Ge-sellschaft.

The first issue with Mark Formanek’s “Raum für Rückzug und Zärtlichkeiten” (“Room for Retreat and Tenderness”) is actually find-ing it. Located at the end of a long corridor be-tween unremarkable office doors, it is a small room with varnished wood paneling offering space for two or three people with a gentle lighting and soothing music. Mark Formanek’s work consists of apparently random and worth-less elements, which he infuses with a strange-ly magical and irrational nimbus. On the other hand he strives to be “useful”: at the push of a button his “Positive Instruments for the Private Household” deliver sound loops expressing elementary emotions such as solace, tender-ness, motivation, romance, society. Raum für Zärtlichkeiten | 2006 | Mark Formanek | D | Raum mit Soundinstallation

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Ungelöste Kausalnähte | 2010 | Sandra Boeschenstein | CH | Wandzeichnung

Ungelöste Kausalnähte

Sandra Boeschenstein

Sandra Boeschenstein zeichnet Bildge-schichten von poetischer und philosophischer Dimension. Die komplexen und vielschichti-gen Zeichnungen zeigen Figuren und vertraute Gegenstände in paradoxen Räumen und Situ-ationen, in denen Wirkliches und Mögliches beständig ineinander übergehen. Ihre Inter-vention im Eingangsbereich des Campus Fal-lenbrunnen entwickelte die Schweizer Künst-lerin in einem einwöchigen Zeichenprozess aus den Bedingungen des Ortes heraus. Mit der großformatigen Wandzeichnung wurde in den kreidefarbenen Grund eine bildnerische Erzählung eingeschrieben, die den funktiona-len Raum mittels feiner Linien in einen narra-tiven überführt.

Sandra Boeschenstein’s stories are of a poetical and philosophical nature – her com-plex and multilayered drawings show familiar figures and objects in paradoxical spaces and situations. The Swiss artist developed her graphic intervention in the entrance hall of the Fallenbrunnen Campus in a weeklong on-site process. The fine, large format drawings on the chalk colored walls impart an artistic narrative to the otherwise functional space.

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“It takes a great deal of time and thought to install work carefully. This should not always be thrown away... otherwise art is only show and monkey business.”

—Donald Judd

Monkey Business

Andrew McNiven

„Monkey Business“ ist ein künstlerisches Forschungsprojekt des schottischen Künst-lers Andrew McNiven, welches Ausstellen als Kulturpraxis dokumentierend und archi-vierend untersucht. Mit seiner fotografischen Spurensuche versucht Andrew McNiven den Beweis anzutreten, dass dem Prozess des Zeigens, Hängens, Installierens, also dem In-szenieren und Ausstellen von Kunst, ebenso viel Bedeutung zu kommen kann wie dem, was gezeigt wird. Strahlen viele Installationen in Kunsträumen eine Art von Selbstverständ-lichkeit aus, als wären die Werke schon immer dort gewesen, so zeigen McNivens kleinfor-matige Fotografien, welche an renommierten Kunstorten wie der Tate Modern aufgenom-men wurden, die Fehlerstellen, Konventionen und Spuren im Prozess des Ausstellens.

“Monkey Business” by Scottish artist An-drew McNiven relates to Judd’s quote and fo-cuses on the significance and aesthetics of ex-hibiting and the process of art presentation. In a series of photographs McNiven investigates the thesis that the process of installing, hang-ing and exhibiting art is as important as the ac-tual material being shown. Art installations are often surrounded by an aura of permanence and necessity – McNiven’s photos offer a side-long glance at the process of exhibiting, high-lighting some of its’ conventions and mistakes.Monkey Business | 2010 | Andrew McNiven | UK | Fotoserie

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Cicerone

Ruediger John

Ruediger John beschäftigt sich mit Wahr-nehmungs- und Wertefragen; sie bilden den Ausgangspunkt seiner theoretischen und praktischen Arbeit zur künstlerischen For-schung. Dieser Fokus interessierte ihn auch an der Entwicklung der artsprogram Publikati-onen. Mit dem von ihm konzipierten Kunstfüh-rer „Cicerone“ (2010/2013) wendet er sich an den produktiven Betrachter zu Fuß, im Lesen, Sehen und Erzeugen von Bedeutung. Die Pu-blikation im Zeitungsformat zeigt einen Über-blick und gleichzeitig doch nur Fragmente und richtet damit die Aufmerksamkeit des Lesers auf die aufzubringende Aktivität im Wahrneh-men von Kunst - im Lesen, Sehen und Er-zeugen von Bedeutung. Die Postkartenserie (2013) ist eine Fortsetzung und Erweiterung davon. Beide Printwerke schließen wiederum an die temporäre Intervention „Orientierung“ (2007) am Campus der Zeppelin Universität an.

At the root of Ruediger John’s practical and theoretical work on artistic research are ques-tions of sense and value. His arts guide “Cice-rone”, designed to promote the perception of art at the Zeppelin University, is also very much concerned with the art of perception itself, and the interplay of the two. The publication con-tains an overview of the works, but in its frag-mentary character appeals to the observer to produce their own frames of interest and signif-icance; the postcard series (2013) is a continu-ation and extension of that. These publications follow his temporary intervention “Orientation” at the Zeppelin University in 2007.Orientierung | 2007 | Ruediger John mit Christof Salzmann | A, D | temporäre installative Intervention, Momentaufnahme

“Der profanen Beschilderung in den Universitätsgebäuden wird eine Bildwelt und architek-tonische Modellbaulandschaft zur Seite gestellt, deren Fragilität und Exponiertheit, sowie konsumistische Nutzung durch die Passanten, zwangsläufig zu ihrem Rückbau beiträgt.” —Ruediger John

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EINE IDEE UND NOCH EINE IDEE ..

Thomas Locher

Für den HauptstadtCampus im Projekt-Zentrum Berlin der Stiftung Mercator entwi-ckelte Thomas Locher eine Arbeit, welche aus einem geometrischen, mehrfarbigen Liniensystem mit Pfeilen besteht. Was in die-sen Räumen kommunikativ erwünscht oder geplant sein mag, soll in einer luziden ‘Spra-che’ als Zusammenhang und auch als dessen Entgrenzung Form bekommen. Das grafische System von korrelierenden Zeichen gibt nicht einen spezifischen Sinn vor; die Herstellung von Sinn oder Bedeutung bleibt Sache derjeni-gen, die dort tätig sein werden. Locher betont, dass es sich hier um Räume einer Universität handelt, deren eigentliche Aufgabe in der Produktion und Vermittlung von Wissen und Erkenntnis liegt, welche sich nicht immer auf direktem, sondern auch auf indirektem Wege einstellen.

Thomas Locher has developed a work that consists of a geometric, multicoloured direc-tional line system for the “HauptstadtCam-pus”, located in the Project Centre of the Stif-tung Mercator in the center of Berlin. Whatever may be communicatively desired or planned in these rooms should be contextualized and delineated in a lucid form of ‘language’. The graphical system of correlated symbols do not prescribe a specific meaning; the production of sense or meaning remains the responsibility of those who work there. Locher emphasizes that we are dealing with rooms of a university whose real object is the production and ex-change of knowledge and understanding which is not always conveyed directly, but also via indirect paths. EINE IDEE UND NOCH EINE IDEE .. | 2011 | Thomas Locher | D | Intervention am HauptstadtCampus (Berlin)

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Local Knowledge Institute | 2009 | Christoph Schäfer | D | Wandarbeit

Local Knowledge Institute

Christoph Schäfer

Christoph Schäfer spannt mit seiner In-stallation „Local Knowledge Institute“ ein diskursives Feld zwischen den Begriffen „Immaterielle Arbeit“ und „Kreative Klasse“. Entstanden ist eine Ideenlandschaft oder wohl besser ein Schlachtengemälde urbaner Vorstellungen und Begriffe. Mit dieser Raum-arbeit greift der Hamburger Künstler auf sein früheres Kunstprojekt zur Standortentwick-lung der Zeppelin Universität auf dem Konver-sionsgelände zurück. Schäfer erkundete im Sommer 2008 das urbane Gefüge Fallenbrun-nen und führte über Wochen Gespräche mit Nachbarn der Zeppelin Universität unter der Fragestellung wie das im Alltag entstandene Wissen der Anrainer und universitäre Lehre in Beziehung gebracht werden können.

Christoph Schäfers’ art project “Local Knowledge Institute” was specially created as a contribution to the development of the Zep-pelin University. Since 1989 Hamburg based artist Christoph Schaefer’s work is concerned with urbanism, gentrification, fashion and daily life in the city. As artistic coordinator Schäfer took part in the collective self-organised proj-ect “Park Fiction”, which was presented at the Documenta 11.

“Es geht bei der kollektiven Wunschproduktion darum, neu zu bestimmen, was die Stadt ist, darum, ein anderes Netz über die Stadt zu legen, sich die Stadt anzueignen, überhaupt sich vorzustellen, wie es anders laufen könnte, und dann das Spiel nach anderen Regeln zu spielen.”

—Christoph Schäfer

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How to suceed in Business without really tryin’...

Armin Chodzinski

Armin Chodzinski ist als Künstler erkennt-nisorientiert zwischen den Bereichen Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft unterwegs. In Selbstexperimenten, Performances, Veröf-fentlichungen und seinem bildnerischen Werk fokussiert sich sein Arbeiten auf das „Orga-nizational Behaviour“, also auf das Verhalten des „organisierten“ Subjektes. Chodzinski forscht indem er sich als Teilnehmer in unter-schiedliche Kontexte begibt. So entstammt die Werkgruppe „How to suceed in Business without really tryin‘ seiner Zeit als Mitarbeiter im Management eines Handelsunternehmens. Im Kontext der beruflichen Tätigkeit ließ sich Chodzinski immer wieder mit einer „Hasskap-pe“ zwischen „Incentives“, Raststätten und Meetings fotografieren. Es entsteht so eine vertrackte Poesie zwischen Affirmation und der Sehnsucht nach Widerständigkeit.

Armin Chodzinski is a knowledge-oriented artist working between the fields of art, busi-ness and science. In self-experiments, perfor-mances, publications, and in his artistic work, he focuses on “Organizational Behaviour”, that is, the behaviour of the “organized” subject. Chodzinski researches by participation in dif-ferent real-world contexts. His work series “How to suceed in business without really try-ing” is based on his time as an employee in the management of a commercial enterprise. In the context of professional activities, Chodzin-ski was repeatedly photographed with a “hate cap” between “incentivized situations”, ser-vice areas and meetings. The result is a quirky poetry between longing and affirmation and resistance.How to suceed in Business without really tryin’... | 2001/2011 | Armin Chodzinski | D | Fotoserie

Page 19: Zeppelin Universität | artsprogram | Cicerone 2013

Container Uni

Margit Czenki & Christoph Schäfer

Die Hamburger Künstler interessiert wie Kunst städtische Situationen wirksam verän-dern kann. Im Universitätskontext verwandeln sie das Provisorium des Container-Campus in ein räumliches Experiment, das Kunst, Ar-chitektur, Stadtplanung und Lehre auf neu-artige Weise verknüpft. Ausgehend von den Wünschen der künftigen Nutzer entwickelten sie in Kooperation mit dem Leipziger Archi-tekturbüro quartier vier ein Gesamtwerk. Sein Herzstück ist das studentisch verwaltete OpenTestHaus, ein „Hangar“ bildet das sozi-ale Zentrum. Drei Häuserblöcke leiten ihre Themen aus den sogenannten „Inserts“ ab: ein retrofuturistischer Mond-Container, ein DDR-Wohnwagen und ein Nachbau von G.B. Shaws drehbarem Dichterhäuschen geben die Motive für Gestaltungen vor, die auf Utopien, Ideen und Versprechen vergangener Epochen anspielen.

The Hamburg artists Margit Czenki and Christoph Schäfer are interested in how art can change urban situations effectively and sustainably. In the university context, they have developed the temporary container-campus into a spatial experiment, linking art, archi-tecture, urban planning and teaching in a new way. Based on the needs of future users, they developed a comprehensive work in coopera-tion with the Leipzig architects “quartier vier”. Its centerpiece is the student-managed “Open Test House”. A “Hangar” forms the social cen-ter. Three blocks derive their themes from the so-called “Inserts”: a retro-futuristic “Moon-Container”, a DDR caravan and a replica of GB Shaw’s revolving poet’s cottage provide the motives for designs that allude to utopian ideas and the promises of past eras.Container Uni | 2011-2014 | Margit Czenki & Christoph Schäfer | D |

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OG 3

OG 2

OG 1

EG

Oliver ResslerLive Despite Capitalism

Ecke BonkFountainhead/Wissensquelle

Harald F. MüllerBEL AMI

Thomas LocherO.T.

Mark FormanekRaum für Zärtlichkeit

Marcos ChavesLaughing Container

Gunilla KlingbergBrand New View

Tilo SchulzSUPERCHUNK

Gerda Steiner, Jörg LenzlingerBrainforest

OG 1

EG

Christoph SchäferLocal Knowledge Institute

Andrew McNivenMonkey Business

Sandra BoeschensteinUngelöste Kausalnähte

Mark FormanekStandard Time

Armin ChodzinskiHow to suceed in Business...

Thomas LocherEINE IDEE UND NOCH EINE IDEE ..

SeeCampus CampusFAB18

CampusContainerUniHauptstadtCampus

Margit Czenki, Christoph SchäferContainer Uni

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OG 3

OG 2

OG 1

EG

Oliver ResslerLive Despite Capitalism

Ecke BonkFountainhead/Wissensquelle

Harald F. MüllerBEL AMI

Thomas LocherO.T.

Mark FormanekRaum für Zärtlichkeit

Marcos ChavesLaughing Container

Gunilla KlingbergBrand New View

Tilo SchulzSUPERCHUNK

Gerda Steiner, Jörg LenzlingerBrainforest

OG 1

EG

Christoph SchäferLocal Knowledge Institute

Andrew McNivenMonkey Business

Sandra BoeschensteinUngelöste Kausalnähte

Mark FormanekStandard Time

Armin ChodzinskiHow to suceed in Business...

Thomas LocherEINE IDEE UND NOCH EINE IDEE ..

SeeCampus CampusFAB18

CampusContainerUniHauptstadtCampus

Margit Czenki, Christoph SchäferContainer Uni

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Container Uni

Margit Czenki & Christoph Schäfer

Die Hamburger Künstler interessiert wie Kunst städtische Situationen wirksam verän-dern kann. Im Universitätskontext verwandeln sie das Provisorium des Container-Campus in ein räumliches Experiment, das Kunst, Ar-chitektur, Stadtplanung und Lehre auf neu-artige Weise verknüpft. Ausgehend von den Wünschen der künftigen Nutzer entwickelten sie in Kooperation mit dem Leipziger Archi-tekturbüro quartier vier ein Gesamtwerk. Sein Herzstück ist das studentisch verwaltete OpenTestHaus, ein „Hangar“ bildet das sozi-ale Zentrum. Drei Häuserblöcke leiten ihre Themen aus den sogenannten „Inserts“ ab: ein retrofuturistischer Mond-Container, ein DDR-Wohnwagen und ein Nachbau von G.B. Shaws drehbarem Dichterhäuschen geben die Motive für Gestaltungen vor, die auf Utopien, Ideen und Versprechen vergangener Epochen anspielen.

The Hamburg artists Margit Czenki and Christoph Schäfer are interested in how art can change urban situations effectively and sustainably. In the university context, they have developed the temporary container-campus into a spatial experiment, linking art, archi-tecture, urban planning and teaching in a new way. Based on the needs of future users, they developed a comprehensive work in coopera-tion with the Leipzig architects “quartier vier”. Its centerpiece is the student-managed “Open Test House”. A “Hangar” forms the social cen-ter. Three blocks derive their themes from the so-called “Inserts”: a retro-futuristic “Moon-Container”, a DDR caravan and a replica of GB Shaw’s revolving poet’s cottage provide the motives for designs that allude to utopian ideas and the promises of past eras.Container Uni | 2011-2014 | Margit Czenki & Christoph Schäfer | D |

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How to suceed in Business without really tryin’...

Armin Chodzinski

Armin Chodzinski ist als Künstler erkennt-nisorientiert zwischen den Bereichen Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft unterwegs. In Selbstexperimenten, Performances, Veröf-fentlichungen und seinem bildnerischen Werk fokussiert sich sein Arbeiten auf das „Orga-nizational Behaviour“, also auf das Verhalten des „organisierten“ Subjektes. Chodzinski forscht indem er sich als Teilnehmer in unter-schiedliche Kontexte begibt. So entstammt die Werkgruppe „How to suceed in Business without really tryin‘ seiner Zeit als Mitarbeiter im Management eines Handelsunternehmens. Im Kontext der beruflichen Tätigkeit ließ sich Chodzinski immer wieder mit einer „Hasskap-pe“ zwischen „Incentives“, Raststätten und Meetings fotografieren. Es entsteht so eine vertrackte Poesie zwischen Affirmation und der Sehnsucht nach Widerständigkeit.

Armin Chodzinski is a knowledge-oriented artist working between the fields of art, busi-ness and science. In self-experiments, perfor-mances, publications, and in his artistic work, he focuses on “Organizational Behaviour”, that is, the behaviour of the “organized” subject. Chodzinski researches by participation in dif-ferent real-world contexts. His work series “How to suceed in business without really try-ing” is based on his time as an employee in the management of a commercial enterprise. In the context of professional activities, Chodzin-ski was repeatedly photographed with a “hate cap” between “incentivized situations”, ser-vice areas and meetings. The result is a quirky poetry between longing and affirmation and resistance.How to suceed in Business without really tryin’... | 2001/2011 | Armin Chodzinski | D | Fotoserie

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Local Knowledge Institute | 2009 | Christoph Schäfer | D | Wandarbeit

Local Knowledge Institute

Christoph Schäfer

Christoph Schäfer spannt mit seiner In-stallation „Local Knowledge Institute“ ein diskursives Feld zwischen den Begriffen „Immaterielle Arbeit“ und „Kreative Klasse“. Entstanden ist eine Ideenlandschaft oder wohl besser ein Schlachtengemälde urbaner Vorstellungen und Begriffe. Mit dieser Raum-arbeit greift der Hamburger Künstler auf sein früheres Kunstprojekt zur Standortentwick-lung der Zeppelin Universität auf dem Konver-sionsgelände zurück. Schäfer erkundete im Sommer 2008 das urbane Gefüge Fallenbrun-nen und führte über Wochen Gespräche mit Nachbarn der Zeppelin Universität unter der Fragestellung wie das im Alltag entstandene Wissen der Anrainer und universitäre Lehre in Beziehung gebracht werden können.

Christoph Schäfers’ art project “Local Knowledge Institute” was specially created as a contribution to the development of the Zep-pelin University. Since 1989 Hamburg based artist Christoph Schaefer’s work is concerned with urbanism, gentrification, fashion and daily life in the city. As artistic coordinator Schäfer took part in the collective self-organised proj-ect “Park Fiction”, which was presented at the Documenta 11.

“Es geht bei der kollektiven Wunschproduktion darum, neu zu bestimmen, was die Stadt ist, darum, ein anderes Netz über die Stadt zu legen, sich die Stadt anzueignen, überhaupt sich vorzustellen, wie es anders laufen könnte, und dann das Spiel nach anderen Regeln zu spielen.”

—Christoph Schäfer

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EINE IDEE UND NOCH EINE IDEE ..

Thomas Locher

Für den HauptstadtCampus im Projekt-Zentrum Berlin der Stiftung Mercator entwi-ckelte Thomas Locher eine Arbeit, welche aus einem geometrischen, mehrfarbigen Liniensystem mit Pfeilen besteht. Was in die-sen Räumen kommunikativ erwünscht oder geplant sein mag, soll in einer luziden ‘Spra-che’ als Zusammenhang und auch als dessen Entgrenzung Form bekommen. Das grafische System von korrelierenden Zeichen gibt nicht einen spezifischen Sinn vor; die Herstellung von Sinn oder Bedeutung bleibt Sache derjeni-gen, die dort tätig sein werden. Locher betont, dass es sich hier um Räume einer Universität handelt, deren eigentliche Aufgabe in der Produktion und Vermittlung von Wissen und Erkenntnis liegt, welche sich nicht immer auf direktem, sondern auch auf indirektem Wege einstellen.

Thomas Locher has developed a work that consists of a geometric, multicoloured direc-tional line system for the “HauptstadtCam-pus”, located in the Project Centre of the Stif-tung Mercator in the center of Berlin. Whatever may be communicatively desired or planned in these rooms should be contextualized and delineated in a lucid form of ‘language’. The graphical system of correlated symbols do not prescribe a specific meaning; the production of sense or meaning remains the responsibility of those who work there. Locher emphasizes that we are dealing with rooms of a university whose real object is the production and ex-change of knowledge and understanding which is not always conveyed directly, but also via indirect paths. EINE IDEE UND NOCH EINE IDEE .. | 2011 | Thomas Locher | D | Intervention am HauptstadtCampus (Berlin)

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Cicerone

Ruediger John

Ruediger John beschäftigt sich mit Wahr-nehmungs- und Wertefragen; sie bilden den Ausgangspunkt seiner theoretischen und praktischen Arbeit zur künstlerischen For-schung. Dieser Fokus interessierte ihn auch an der Entwicklung der artsprogram Publikati-onen. Mit dem von ihm konzipierten Kunstfüh-rer „Cicerone“ (2010/2013) wendet er sich an den produktiven Betrachter zu Fuß, im Lesen, Sehen und Erzeugen von Bedeutung. Die Pu-blikation im Zeitungsformat zeigt einen Über-blick und gleichzeitig doch nur Fragmente und richtet damit die Aufmerksamkeit des Lesers auf die aufzubringende Aktivität im Wahrneh-men von Kunst - im Lesen, Sehen und Er-zeugen von Bedeutung. Die Postkartenserie (2013) ist eine Fortsetzung und Erweiterung davon. Beide Printwerke schließen wiederum an die temporäre Intervention „Orientierung“ (2007) am Campus der Zeppelin Universität an.

At the root of Ruediger John’s practical and theoretical work on artistic research are ques-tions of sense and value. His arts guide “Cice-rone”, designed to promote the perception of art at the Zeppelin University, is also very much concerned with the art of perception itself, and the interplay of the two. The publication con-tains an overview of the works, but in its frag-mentary character appeals to the observer to produce their own frames of interest and signif-icance; the postcard series (2013) is a continu-ation and extension of that. These publications follow his temporary intervention “Orientation” at the Zeppelin University in 2007.Orientierung | 2007 | Ruediger John mit Christof Salzmann | A, D | temporäre installative Intervention, Momentaufnahme

“Der profanen Beschilderung in den Universitätsgebäuden wird eine Bildwelt und architek-tonische Modellbaulandschaft zur Seite gestellt, deren Fragilität und Exponiertheit, sowie konsumistische Nutzung durch die Passanten, zwangsläufig zu ihrem Rückbau beiträgt.” —Ruediger John

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“It takes a great deal of time and thought to install work carefully. This should not always be thrown away... otherwise art is only show and monkey business.”

—Donald Judd

Monkey Business

Andrew McNiven

„Monkey Business“ ist ein künstlerisches Forschungsprojekt des schottischen Künst-lers Andrew McNiven, welches Ausstellen als Kulturpraxis dokumentierend und archi-vierend untersucht. Mit seiner fotografischen Spurensuche versucht Andrew McNiven den Beweis anzutreten, dass dem Prozess des Zeigens, Hängens, Installierens, also dem In-szenieren und Ausstellen von Kunst, ebenso viel Bedeutung zu kommen kann wie dem, was gezeigt wird. Strahlen viele Installationen in Kunsträumen eine Art von Selbstverständ-lichkeit aus, als wären die Werke schon immer dort gewesen, so zeigen McNivens kleinfor-matige Fotografien, welche an renommierten Kunstorten wie der Tate Modern aufgenom-men wurden, die Fehlerstellen, Konventionen und Spuren im Prozess des Ausstellens.

“Monkey Business” by Scottish artist An-drew McNiven relates to Judd’s quote and fo-cuses on the significance and aesthetics of ex-hibiting and the process of art presentation. In a series of photographs McNiven investigates the thesis that the process of installing, hang-ing and exhibiting art is as important as the ac-tual material being shown. Art installations are often surrounded by an aura of permanence and necessity – McNiven’s photos offer a side-long glance at the process of exhibiting, high-lighting some of its’ conventions and mistakes.Monkey Business | 2010 | Andrew McNiven | UK | Fotoserie

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Ungelöste Kausalnähte | 2010 | Sandra Boeschenstein | CH | Wandzeichnung

Ungelöste Kausalnähte

Sandra Boeschenstein

Sandra Boeschenstein zeichnet Bildge-schichten von poetischer und philosophischer Dimension. Die komplexen und vielschichti-gen Zeichnungen zeigen Figuren und vertraute Gegenstände in paradoxen Räumen und Situ-ationen, in denen Wirkliches und Mögliches beständig ineinander übergehen. Ihre Inter-vention im Eingangsbereich des Campus Fal-lenbrunnen entwickelte die Schweizer Künst-lerin in einem einwöchigen Zeichenprozess aus den Bedingungen des Ortes heraus. Mit der großformatigen Wandzeichnung wurde in den kreidefarbenen Grund eine bildnerische Erzählung eingeschrieben, die den funktiona-len Raum mittels feiner Linien in einen narra-tiven überführt.

Sandra Boeschenstein’s stories are of a poetical and philosophical nature – her com-plex and multilayered drawings show familiar figures and objects in paradoxical spaces and situations. The Swiss artist developed her graphic intervention in the entrance hall of the Fallenbrunnen Campus in a weeklong on-site process. The fine, large format drawings on the chalk colored walls impart an artistic narrative to the otherwise functional space.

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Raum für Zärtlichkeiten

Mark Formanek

Den „Raum für Rückzug und Zärtlichkei-ten“ gilt es zunächst zu entdecken. Am Ende eines langen Ganges zwischen verwechselba-ren Bürotüren findet sich eine mit lackierten Holzbrettern ausgeschlagene Kammer, die Raum für zwei bis drei Personen bietet und mit mildem Licht und sanfter Musik zum Ver-weilen einlädt. Mark Formanek arbeitet auf der einen Seite mit dem Beiläufigen, schein-bar Wertlosen und Zufälligen, das mit seltsam magischen, kaum rational vermittelbaren Be-deutungen aufgeladen wird. Auf der anderen Seite will er aber auch „nützlich“ sein: seine „Positiven Apparate für den privaten Haus-halt“ liefern in per Knopfdruck abrufbarer Endlos-Tonschleife elementare Emotionen wie Trost, Zärtlichkeit, Motivation, Romantik, Ge-sellschaft.

The first issue with Mark Formanek’s “Raum für Rückzug und Zärtlichkeiten” (“Room for Retreat and Tenderness”) is actually find-ing it. Located at the end of a long corridor be-tween unremarkable office doors, it is a small room with varnished wood paneling offering space for two or three people with a gentle lighting and soothing music. Mark Formanek’s work consists of apparently random and worth-less elements, which he infuses with a strange-ly magical and irrational nimbus. On the other hand he strives to be “useful”: at the push of a button his “Positive Instruments for the Private Household” deliver sound loops expressing elementary emotions such as solace, tender-ness, motivation, romance, society. Raum für Zärtlichkeiten | 2006 | Mark Formanek | D | Raum mit Soundinstallation

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Brainforest Strategien zur Wertvermehrung

Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger

Weltweit entwickelt das Schweizer Künst-lerpaar raumgreifende und vielteilige Ins-tallationen, die vom Werden und Vergehen, von komplexen Kreisläufen und chaotischen Wucherungen, vom Wundersamen und Ver-wunderlichen berichten und welche sie einer modernistischen Welt lustvoll und mit Witz entgegensetzen. Auf der Fotografie einer solchen Großproduktion im Kunstmuseum in Kanazawa, Japan basiert auch das sich wie-derholende Motiv der Tapete „Brainforest“ – näheres Hinsehen entlarft das Ornament als zarte Komposition aus Unbedeutendem und Skurrilem. In der Arbeit „Strategien zur Wertvermehrung“, einer Glasvitrine mit kurio-sem Inhalt, werden die Souvenirs aus Asien und Europa durch ihre Kombination mit Text zu absurden Symbolen für national geprägte Strategien zur Schaffung von Mehrwert.

The Swiss artist duo Gerda Steiner and Jörg Lenzlinger create strange and wondrous installations involving complex circulations and chaotic growths, dealing with becoming and decaying and generally confronting the modernistic world with sensuality and humour. The repeating patterns on the wallpaper “Brain Forest” originated in such a large scale produc-tion for the Kanazawa Art Museum in Japan, but upon closer inspection they reveal themselves as a delicate composition of whimsical and meaningless elements. A glass cabinet displays their work “Strategien zur Wertvermehrung” consisting of a number of curiosities; souvenirs from Asia and Europe, which, in combination with text comments, become absurd symbols for national strategies for added value.Brainforest, Strategien zur Wertvermehrung | 2005, 2008 | Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger | CH | Installation

“The Mystery of Fertility”—Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger

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Fountainhead/Wissensquelle

Ecke Bonk

Ecke Bonk entwickelte 2004 als „Ty-posoph in Residence“ die visuelle Identi-tät der Zeppelin Universität mit ihrem Non-Logo, sowie die Idee der ZU|Wörter (zu|viel, zu|ckerbäcker, zu|fall) auf der Homepage. Als Künstler befasst sich Bonk mit Zeichen-systemen aus Kunst, Naturwissenschaften, Typografie und Philosophie, um so die Be-dingungen und Zusammenhänge kultureller Leistungen zu erforschen. Die Büchersamm-lung bestehend aus 225 Bänden der österrei-chischen K+K Akademie der Wissenschaften 1848-1918 in der Universitätsbibliothek bildet den physischen Anteil von „Fountainhead/Wissensquelle“ - an einer rechnergestützten Installation wird gearbeitet.

As an artist Ecke Bonk deals with symbolic systems of art, natural sciences, typography and philosophy and thus researches the con-ditions of and relationships between cultural achievements. As “typosoph in residence” (2004) he helped to develop the visual identity of the Zeppelin University with its “non-logo” and “ZU-Words”. The book collection in the university library was created by Bonk and con-sists of 225 volumes from the K+K Academy of Sciences 1848-1918. It represents the physi-cal part of the work “Fountainhead/Wissen-squelle” – a computer-based part of the work is currently in progress.Fountainhead/Wissensquelle | 1993, 2010 | Ecke Bonk | D | work in progress

“die sprache ist allen bekannt und ein geheimnis”—Jacob Grimm

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Standard Time | 2009 | Mark Formanek | D | 24-h Digitalfilm, realisiert mit datenstrudel

Standard Time

Mark Formanek

Als ein Fenster zur Hauptstadt Berlin und zugleich als Uhr funktioniert der Digitalfilm von Mark Formanek. Insgesamt 70 Arbeiter fertigen darin synchron zur Echtzeit aus Holz-brettern eine 4 x 12 Meter große fortlaufen-de digitale Zeitanzeige: 1611 Umbauten in 24 Stunden. Lückenlos aufgenommen auf Video entstand daraus ein 24-Stunden Film bzw. eine Uhr. Wer sich Standard Time ansieht, sieht eine Uhrzeit, aber auch Menschen, die diese Zeitanzeige bauen. Menschen, die mit beinahe stoischem Pflichtbewusstsein einer scheinbar sinnlosen Tätigkeit nachgehen, die jedoch eine Funktion erfüllt: Die Zeit zu zei-gen.

Standard Time is an artwork by Mark For-manek. Filmed in Berlin, it shows 70 work-ers building a wooden 4 x 12 m “digital” time display in real time: a work that involves 1611 changes within 24 hour period. The film shows the time, but also the people who, with a stoical sense of duty in fulfilling an apparently sense-less mission, build up and tear down the “digi-tal display” in rapid succession.

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BEL AMI

Harald F. Müller

Wie in seinen Fotografien arbeitet Harald F. Müller auch in seinen Schriftskulpturen mit dem Blow Up, dem Vergrößern von Objekten der alltäglichen Konsum- und Massenkultur. BEL AMI, ein aus massivem Lindenholz ge-fertigter Schriftzug, der im Treppenaufgang in leuchtendem Orange den Besucher begrüßt, geht auf den gleichnamigen Roman von Guy de Maupassant zurück. In der Gegenwärtig-keit der Signalfarbe, der selbstbewussten Mo-dernität im Zuschnitt der Buchstaben und der offensichtlichen Gemachtheit der Holzlettern ist die Skulptur ein optimistisches Bekenntnis, in welchem aber auch die beißende Ironie des Romans mitschwingt.

Harald F. Müller works with “blow-up” techniques, the enlargement of objects from mass culture, in both his photographic works as well as in his lettering sculptures. His large script sculpture BEL AMI, which greets visitors with its brilliant orange coloring in a stair well, is constructed from massive lime-tree wood and cites the novel of the same name by Guy du Maupassant. Its signal coloring, the mo-dernity of the lettering style and its obviously self-made character combine to impart an opti-mistic aura, while still resonating with the biting irony of the novel. BEL AMI | 2004 | Harald F. Müller | D | Holzskulptur vor Farbwand

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Laughing Container

Marcos Chaves

Für den brasilianischen Künstler Marcos Chaves (Rio De Janeiro) gibt es schon so vie-le Dinge in der Welt, dass er es vorzieht sie zu recyceln. Sein künstlerisches Interesse gilt deshalb nicht der Produktion weiterer ästhetischer Objekte, sondern vorgefunde-nen Alltagsgegenständen, welchen er eige-ne Assoziationen beifügt. In Chaves fragilen Transformationen spielen insbesondere der Zufall und der Humor häufig die entscheiden-de Rolle. Wenn aus dem „Laughing Container“ im Außenbereich der Zeppelin Universität mehrstimmiges Gelächter ertönt, entsteht die Illusion, es befänden sich Menschen im Innern und ein Sinnzusammenhang, der zwischen La-chen, aber auch Weinen, Komödie und Tragö-die, Ankunft oder Migration oszilliert.

The Brazilian artist Marcos Chavez is con-vinced that there are already so many things in the world that he prefers to recycle them. Instead of creating new aesthetic products he takes ready made objects and imbues them with his own associations – with coincidence and humour often playing the decisive role. When laughter is heard from the interior of his “Laughing Container” in the grounds of the Zeppelin University it is as if people are inside enjoying themselves, but its’ significance oscil-lates between comedy and tragedy, arrival and migration.Laughing Container | 2009 | Marcos Chaves | BRA | Installation mit Soundarbeit

“Humor opens up new paths.”—Marcos Chaves

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Live Despite Capitalism

Oliver Ressler

Der Wiener Künstler Oliver Ressler verbin-det künstlerische und aktivistische Belange und Methoden zur Diskussion umstrittener gesellschaftlicher und politischer Themen. Für die Zeppelin Universität konzipierte er mit der Installation „Live Despite Capitalism“ (2008) einen Diskursraum aus gesellschaft-lichen Utopien und Realitätsverweisen. Die vier Plakatwände, welche mit Zitaten aus der Anti-Globalisierungsbewegung die Frage nach gesellschaftlichen Alternativen stellen, wer-den durch zwei Videoarbeiten ergänzt. „What would it mean to win?“ (2008) von Zanny Begg und Oliver Ressler wurde während des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm gefilmt. „5 Fabriken - Arbeiterkontrolle Venezuela“ (2006) von Dario Azzellini und Oliver Ressler ist ein Film über Mit- und Selbstverwaltung in Venezuela.

The Vienna artist Oliver Ressler encourag-es the discussion of controversial social ques-tions by combining the means and methods of art and political activism. His installation “Live Despite Capitalism”, created especially for the Zeppelin University, confronts utopian refer-ences with political reality . Large scale post-ers citing anti-globalization slogans provide a frame of reference to multiple videos showing scenes of a G8 summit meeting or the autono-my initiatives of workers in Venezuela.Live Despite Capitalism | 2008 | Oliver Ressler | A | Installation

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Brand New View

Gunilla Klingberg

Einen Ort der Überraschung, der Ambi-valenz und der Komplexität schuf die schwe-dische Künstlerin Gunilla Klingberg für den universitären Kontext, in dem Fragen der Wirt-schaft, Politik und Kultur verhandelt werden. Ihre Arbeit „Brand New View“ (2009) verwan-delt aus dem Wirtschaftsleben entlehnte For-men und Zeichen zu ekstatischen Strukturen. Logos von Discountern verweisen ambivalent sowohl auf die beim Einkauf erlebten hypnoti-sierenden Werbebotschaften als auch auf Me-ditationsbilder wie Mandalas oder Fensterro-setten gotischer Kathedralen. Mit ihrem Werk, welches zwischen Sakralem und Banalem, zwischen Wirtschaft und Religion uneindeutig schwingt, bringt Klingberg verdeckte Aspekte visueller Sprache ins Bewusstsein.

Swedish artist Gunilla Klingberg has cre-ated an ambivalent and complex ambience in the foyer of the university which touches on economic, political and cultural issues. Her work “Brand New View” (2009) transforms the iconography of discount supermarkets into an ecstatic and hypnotic display reminiscent of meditational mandalas or gothic cathedral win-dows. Her work pulsates between the sacred and the banal and uncovers hidden aspects of modern visual languages. Brand New View | 2009 | Gunilla Klingberg | SE | Intervention

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SUPERCHUNK

Tilo Schulz

Schon seit Mitte der 90er Jahre hinterfragt der Leipziger Künstler Tilo Schulz aus einem Engagement für politische und gesellschaft-liche Fragen heraus die Kunst aus ideologie-kritischer Sicht. Modellhaft eingesetzte künst-lerische und kunsthandwerkliche Methoden und Stoffe reflektieren kunstgeschichtliche und kulturelle Entwicklungen. Mit der Lounge SUPERCHUNK gestaltete Tilo Schulz einen permanenten „Raum für eine kommunikative Situation“ an der Zeppelin Universität. Das Ausstellungsdisplay, eine multifunktionale Wand zur temporären Präsentation von Kunst, fordert den Betrachter heraus als Akteur in eine aktive Beziehung zum Gezeigten zu tre-ten und legt damit Prozesse der Kunstrezep-tion offen.

Since the middle of the 1990’s Leipzig art-ist Tilo Schulz has engaged his political and so-cial interest in examining the ideological con-text in which art is produced. He relates artistic methods and materials to art historical and cultural developments. He designed the lounge “SUPERCHUNK” as a permanent “Space for a Communicative Situation” in the Zeppelin Uni-versity. The multifunctional display wall houses temporary art presentations and invites the observer to actively relate with the exhibitions. SUPERCHUNK | 2008 | Tilo Schulz | D | Lounge und Display

“Ein Raum für eine kommunikative Situation”—Tilo Schulz

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O.T.

Thomas Locher

Im Zentrum der Arbeiten von Thomas Lo-cher steht jeweils die Frage, wie sich Sprache mit der Welt verbindet. Ausgehend von Über-legungen zur Grammatikalität der Sprache behandelt Locher existentielle Fragen. Dabei sind Befragung und Kommentierung immer wiederkehrende künstlerische Methoden, mit denen Kommunikationsformen auf ihre ideo-logischen und poetischen Inhalte hin analy-siert werden. Die Intervention “O.T.“ (2005) an der Zeppelin Universität besteht aus Prä-fixen (Vorsilben), welche Wortbedeutungen vorherbestimmen. Lochers Arbeit spielt auf den Ort bezogen mit einer Ironisierung der Wissenschaftssprache und der Deutungsof-fenheit von Sprachstrukturen.

At the centre of Thomas Locher’s work is the question, how does language relate to the world? He deals with existential questions starting from an analysis of the grammatical nature of language and examines forms of communication to determine their ideological and poetical content. His intervention “O.T.” (2005) in the Zeppelin University consists of the prefixes which assign and modify and as-sign meaning to words. In the context of the university, his work is an ironic comment on a scientific form of language. O.T. | 2005 | Thomas Locher | D | Intervention mit Folienplot

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Mit der Präsenz von zeitgenössischer Kunst an der Zeppelin Universität wird einer logisch-rationalen Welter-fassung eine mit Bildern arbeitende Reflexion ergänzend zur Seite gestellt. Durch ihre Andersartigkeit lässt Kunst einen Mehrwert für den nichtmusealen Ort entstehen, indem sie Gelegenheiten zu Erfahrungen besonderer Art schafft und neuartige, visuell strukturierte Anregungsare-nen generiert.

Für einen Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft werden KünstlerInnen, die in ihren Kunstpositionen ge-sellschaftsrelevante Fragen stellen und Kunst als For-schung verstehen, eingeladen auf den universitären Kontext und seine Themen Bezug zu nehmen. Ihre künst-lerischen Produktionen und Projekte, die für die spezifi-schen lokalen und sozialen Fragestellungen entwickelt werden, prägen die ästhetische Identität und Atmosphäre der Universität und nehmen vielseitigen Einfluss auf das universitäre Leben.

Die Einladungen an KünstlerInnen, in längerfristigen Projekten zu forschen, Ereignisse und Feste inhaltlich mit Beiträgen zu bereichern, in Veranstaltungen und Eröffnun-gen ihren spezifischen Ansatz vorzustellen, studentische Initiativen und Projektarbeiten in der Lehre zu betreuen, ermöglichen an der Zeppelin Universität eine lebendige Erfahrung künstlerischer Praxis.

Durch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Künst-lerInnen können zeitgenössische künstlerische Methoden und Handlungsweisen erlebt und gemeinsam praktiziert werden. Gleichzeitig wird die komplexe Vielfalt aktueller Kunstproduktion in öffentlichen Veranstaltungen reflek-tiert, indem zur Erforschung künstlerischer Praxis Künst-lerInnen zum Gespräch über ihr Werk und ihre Methodik eingeladen werden. Kunst, die sich als Erkenntnisinst-rumentarium versteht, wird in den Künstlergesprächen selbst zum Untersuchungsgegenstand.

Die künstlerischen Techniken des Denkens in Bildern und der Sichtbarmachung von Ideen können an der Zep-pelin Universität auch an der sinnlichen Präsenz der teils temporär, teils dauerhaft installierten konzeptuellen Ar-beiten nachvollzogen werden. Die den Ort definierenden Werke, Installationen und Interventionen fordern vertrau-te Wahrnehmungs-, Wertungsmuster und Sehgewohnhei-ten heraus und lassen einen kollektiven Erfahrungs- und Dialograum entstehen.

Ob in konzeptueller Strenge, opulenter Gestaltung oder minimalistischer Geste, jedes der Werke an der Zep-pelin Universität hat seine ganz eigene Identität, Komple-xität und Pluralität der Bedeutungen, die es zu entdecken gilt. Hier ist die Aktivität des Betrachters gefragt im Dia-log mit dem Gezeigten seine persönliche Lesart zu entwi-ckeln und an dessen Auslegung mitzuwirken

Für eine subjektive Aneignung des Vorgegebenen, für ein Erleben der Kunst in der Bewegung und Wahrneh-mung ist diese Publikation aus einer ästhetischen Frage-stellung heraus von dem Künstler Ruediger John, Berlin, entwickelt worden. Sie lädt ein das mit zeitgenössischer Kunst bespielte Terrain zu erkunden, lenkt den Blick auf die ereignishaften Situationen und fordert heraus mit dem Auge zu denken.

The presence of contemporary art at the Zeppelin Uni-versity is intended to complement a logical/rational world view with one more image-based and reflective. The “oth-erness” of art provides additional value in the university context by offering the opportunity to experience new, vi-sually structured challenges.

Artists who in their art research socially relevant issues are invited to comment on the university context, themes and topics. Artistic productions and projects specific to lo-cal and social issues are developed and characterize the aesthetic identity and atmosphere of the university, exert-ing a wide and varied influence on university life.

The Zeppelin University is highly interested in promot-ing a living experience of artistic practice and invites artists to engage in longer-term projects on its campus, to enrich its events and parties with artistic contributions, and to support student initiatives and project work with their spe-cific artistic techniques.

Through continuous collaboration with artists, contem-porary artistic methods and practices can be experienced and practiced together. At the same time, the complex di-versity of contemporary art production is communicated by artists who are invited to talk about their work and meth-odologies. In these talks and workshops, art, in its function as an instrument of knowledge, becomes itself the subject of scrutiny and reflection.

Artistic techniques of thinking in images and the visu-alization of ideas can be understood through the material presence of both temporary and permanent conceptual works at the Zeppelin University. The artistic works define their spatial contexts – the installations and interventions challenge familiar perceptions, judgmental patterns and viewing habits and establish a collective community expe-rience and dialogue space.

Whether through conceptual rigor, opulent design or minimalist gesture, each of the works at the Zeppelin Uni-versity invites the observer to discover its own particular identity, complexity and plurality of meaning. In dialogue with the art works viewers are encouraged to develop their own interpretive and critical abilities and to contribute to the appreciation of the pieces.

To promote the experience of art at the Zeppelin Uni-versity, artist Ruediger John (Berlin) has developed this publication. The guide invites guests to explore the works and their context. It directs their attention to the situational experience and encourages a visual comprehension.

Bildende Kunst an der Zeppelin Universität

Herausgeber artsprogram der Zeppelin Universität Zeppelin Universität gemeinnützige GmbH Am Seemooser Horn 20 88045 Friedrichshafen

artsprogram der Zeppelin Universität http://zu.de/artsprogram

Künstlerische Konzeption, Gestaltung Ruediger John, Künstler, lebt und arbeitet in Boston, USA http://artrelated.net/ruediger_john

Redaktion, Text Ulrike Shepherd, Kuratorin am artsprogram, [email protected]

Fotos Margit Czenki, Mark Formanek/Datenstrudel, Ruediger John, Cornelius Klingel, Andrew McNiven, Oliver Ressler, Christof Salzmann, David Shepherd, Ulrike Shepherd, Karina Urbat

Druck Bodensee Medienzentrum, Tettnang

© 2013 artsprogram der Zeppelin Universität

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Titelaufnahme Shepherd, Ulrike; John, Ruediger: Cicerone – Eine Führung durch die Bildende Kunst an der Zeppelin Universität Friedrichshafen: Zeppelin Universität, artsprogram, 2013

ISBN 978-3-9813950-2-0

CiceroneEine Führung durch die Bildende Kunst an der Zeppelin Universität

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artsprogram