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ZEUS-Experiment Abbildung 24: Produktion von simulierten ZEUS Ereignissen auf dem GRID. 68

ZEUS-Experiment · 2007. 9. 18. · ZEUS-Experiment Abbildung 26: Wirkungsquerschnitt fur Wechselwir-¨ kungen des neutralen Stroms in der tief-inelastischen e+p-Streuung in Abh¨angigkeit

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Abbildung 24: Produktion von simulierten ZEUS Ereignissen auf dem GRID.

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Beteiligte Institute: Univ. of the Aegean Chios, Inst. Phys. Technol. Almaty, NIKHEF und Univ. Amsterdam,ANL Argonne, Humboldt Univ. Berlin, Andrews Univ. Berrien Springs, Univ. und INFN Bologna, Univ. Bonn,Univ. Bristol, Panjab Univ. Chandigarh, RAL Chilton, Ohio State Univ. Columbus, Univ. della Calabria und INFNCosenza, Inst. of Nucl. Physics und Jagellonian Univ. Cracow, AGH Univ. Cracow, Univ. und INFN Firenze, Univ.Freiburg, Univ. Glasgow, DESY und Univ. Hamburg, Columbia Univ. Irvington, Univ. Malaya Kuala Lumpur,Chonnam Nat. Univ. Kwangju, Univ. Lodz, Imperial Coll. und Univ. Coll. London, Univ. Cathol. de Louvain,Univ. of Wisconsin Madison, Univ. Autonoma Madrid, McGill Univ. Montreal, Engin. Phys. Inst. und State Univ.Moscow, MPI Munchen, York Univ. North York, Oxford Univ., Univ. und INFN Padova, Weizmann Inst. Rehovot,Univ. La Sapienza und INFN Roma, Polytech. Univ. Sagamihara, Kyungpook Nat. Univ. Taegu, Tel Aviv Univ.,Inst. of Technol. Tokyo, Metropolitan Univ. und Univ. Tokyo, Univ. und INFN Torino, Univ. del Piemonte Ori-entale Novara, Univ. Toronto, KEK Tsukuba, Pennsylvania State Univ. University Park, Inst. for Nucl. Stud. undUniv. Warschau, Meiji Gakuin Univ. Yokohama, DESY Zeuthen.

Sprecher: E. Gallo, INFN Firenze, Italien

Das Jahr 2006 begann fur ZEUS und HERA mit ei-ner Betriebsunterbrechung wahrend der zum letz-ten Mal großere Umbauten und Verbesserungen anDetektor und Maschine vorgenommen wurden.

Daran anschließend wurde der sehr erfolgreicheElektron-Proton Betrieb fortgesetzt. In dieser ers-ten Jahreshalfte wurden Daten mit einer integrier-ten Luminositat von 61 pb−1 aufgezeichnet. Damitstehen ZEUS nunmehr 215 pb−1 Elektron-ProtonDaten zur Verfugung, das sind mehr als zehnmal soviele Daten wie bisher. Entsprechend dominiertendie Arbeiten an diesen Daten die Analyse im Jahr2006. Bei Positron-Proton Betrieb in der zweitenJahreshalfte erreichte ZEUS eine sehr hohe Effizi-enz von 90%.

In den Analysen der Daten, welche im HERA II Runaufgezeichnet wurden, sind signifikante Entwick-lungen und Schritte erreicht worden. Die gewonne-nen Erkenntnisse und Entwicklungen sind nicht nurmaßgeblich fur das Fortschreiten der neuen Analy-sen, sondern tragen auch wesentlich zu Verbesse-

rungen der laufenden Analysen der HERA I Datenbei. Im Berichtszeitraum erfolgte die Publikationder ersten vollstandig abgeschlossenen Analyse mitHERA II Daten.

ZEUS Betrieb

Bei der Betriebsunterbrechung zu Anfang des Jah-res ging es vorrangig um die Reparatur des Straw-Tube-Trackers (STT) sowie um die Verbesserung derKuhlung von dessen Ausleseelektronik. Diese Arbeitenwaren notig, da es sich gezeigt hatte, dass bei lange-rem Betrieb des STT die unmittelbare Umgebung unddamit insbesondere die zentrale Spurkammer und dersupraleitende Solenoid durch die Abwarme gefahr-det wurden. Diese Arbeiten konnten planmaßig aus-gefuhrt und abgeschlossen werden, sodass der STTin der im Februar begonnen Datennahmeperiode oh-ne eine Beeintrachtigung anderer Teile des Detektorsroutinemaßig betrieben werden konnte. Daruber hinauswurden große Teile des Hadron-Elektron Separators

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Abbildung 25: Die von HERA im Jahr 2006 fur ZEUSgelieferte Luminositat.

(HES) im Vorwartsteil des Uran-Kalorimeters repa-riert. Insbesondere mussten 5 sogenannte HES-Skis ausdem Uran-Kalorimeter gezogen, repariert und wiederinstalliert werden. Auch diese Arbeiten konnten imZeitplan erledigt werden.

Zusatzlich wurden allgemeine vorsorgende Wartungs-arbeiten durchgefuhrt, um zu erreichen, dass die folgen-de letzte Datennahmeperiode von HERA mit hochsterEffizienz durchgefuhrt werden kann. Beispielhaft dafurseien hier erwahnt:

– Verbesserung der Hochspannungsversorgung imUran-Kalorimeter,

– Installation einer neuen Ausleseelektronik imRADMON System mit dem Ziel, den Schutz desMikrovertexdetektors bei hoher Strahlenbelas-tung zu verbessern,

– Uberprufen und Beschaffen von Ersatzteilen fureine Vielzahl kritischer Komponenten.

Nach Abschluss dieser Arbeiten begann am 17. Fe-bruar der zweite Teil der Datennahme mit Elektronen,der bis zum 25. Juni andauerte. In diesem Zeitraumlieferte HERA 86 pb−1 von denen ZEUS 61 pb−1 auf-zeichnen konnte. Daran anschließend wurde wiederauf Positron-Strahlbetrieb umgeschaltet und unter die-sen Bedingungen ohne Unterbrechungen, sogar uberden Jahreswechsel 2006/2007, Daten genommen. Dieim gesamten Jahr 2006 gelieferte Datenmenge ist inAbbildung 25 dargestellt.

Simulation, Rekonstruktionund Analyse

Das wachsende Volumen der ZEUS Daten bedeuten furSimulation, Archivierung, Rekonstruktion und Analy-se neue Herausforderungen. Konkret heisst das zumBeispiel, dass es zunehmend schwieriger wird, dienotige Rechenleistung an einem Ort zur Verfugung zustellen. Bei ZEUS wurde daher fruhzeitig damit begon-nen, insbesondere die Simulation auf moglichst vieleRechner weltweit zu verteilen. Das von ZEUS ent-wickelte System, das diese Aufgaben realisiert, tragtden Namen Funnel. Funnel nahm gewissermassen dieIdeen des Computing Grid vorweg, lange bevor es imRahmen des LHC Computing realisiert wurde. Inzwi-schen stellt sich allerdings heraus, dass die fur Fun-nel zuganglichen Rechner weniger werden, in demMaße, in dem sich das LHC Computing GRID aus-dehnt. Aus diesem Grund wurde Funnel technisch demLHC Computing GRID angepasst, um auch auf lange-re Zeit Zugang zu ausreichenden Rechnerresourcenfur ZEUS zu garantieren. Diese Aktivitat stellte sichals ein durchschlagender Erfolg heraus. Durch dieseUmstellung konnten die fur ZEUS verfugbaren Simu-lationsresourcen nahezu verzehnfacht werden. DieseEntwicklung wird besonders durch Abbildung 24 ver-deutlicht, die die Anzahl der simulierten Ereignisseals Funktion der Zeit zeigt. Der steile Anstieg nachAugust 2006 zeigt die Verbesserung durch die Umstel-lung des ZEUS Funnel Systems auf die Nutzung desGRID.

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Physikalische Ergebnisse

Im Berichtszeitraum erwiesen sich die Daten desHERA I Runs als stetig sprudelnde Quelle fur eineFulle an neuen Ergebnissen. Dabei kamen vorwiegenderstmalige Analysen zu bislang unberuhrten Unter-suchungsschwerpunkten zum Tragen. Neu entwickelteAnalysetechniken ermoglichten dabei zum einen vorhernicht durchfuhrbare Studien und zum anderen signifi-kante Verbesserungen von bereits fruher publiziertenErgebnissen.

Das Standardmodell der Teilchenphysik beschreibt diegegenseitigen Wechselwirkungen von sub-atomarenTeilchen mit Hilfe von drei der vier bekannten Krafte,der elektro-magnetischen, der schwachen (vereinheit-licht in der elektro-schwachen Kraft) und der starkenKraft. Zur Einbeziehung der vierten Kraft, der Gravita-tion, existieren verschiedene theoretische Modelle, dieunterschiedliche Vorhersagen machen, welche erst mithoheren Energien, mit außerst seltenen Prozessen oderder Beobachtung von exotischen Teilchen experimen-tell uberpruft werden konnen. Doch auch Vorhersagendes gegenwartigen Standardmodells mit seinen dreiKraften, sind Gegenstand von intensiven Studien mitexperimentellen Messungen, denn auch nur kleinsteAbweichungen konnen indirekt auf mogliche Erweite-rungen zur vollstandigen Theorie hindeuten. Außerdemgibt es im Rahmen des Standardmodells, das in seinerderzeitigen Form schon seit rund 25 Jahren die Basisder Teilchenphysik bildet, Eigenschaften der Wechsel-wirkungen und der Teilchen, die in ihrer Struktur abernicht in ihrem Wert fest gelegt sind. Deshalb mussenverschiedene Parameter des Standardmodells und dieStruktur von Teilchen durch prazise Messungen expe-rimentell mit hochstmoglicher Genauigkeit bestimmtwerden.

In diesem Zusammenhang tragen die veroffentlich-ten elf Publikationen des Berichtzeitraumes zu demVerstandnis in vier Bereichen bei:

– Messung von Parametern der elektro-schwachenWechselwirkung (1),

– Messung der Struktur des Protons (2),

– Uberprufung von Vorhersagen der starken Wech-selwirkung (7),

– Suche nach exotischen Teilchen in theoretischenErweiterungen des Standardmodells (1).

Diese werden im Folgenden naher erlautert.

Messung von Parametern derelektro-schwachen Wechselwirkung

In den Streuereignissen bei HERA werden sogenann-te Leptonen, Elektronen, bzw. deren Anti-Teilchen,Positronen, an Protonen gestreut. Strahlt in dieseme±p-Streuprozess das Lepton ein Photon oder, ver-mehrt bei hoheren Impulsubertragen Q2, ein Z-Boson,ab, welches dann mit einem Quark oder Gluon imProton wechselwirkt, spricht man von einem neutra-len Strom (neutral current, NC) Ereignis. Strahlt dasLepton ein geladenes W-Boson ab, so bezeichnet mandieses als Ereignis des geladenen Stromes (chargedcurrent, CC). In der Theorie der elektro-schwachenWechselwirkung stellt die Spin-Struktur der Kopplun-gen der neutralen und der geladenen schwachen Stomeeine grundlegende Eigenschaft dar. Nur links-handi-ge Teilchen (Elektronen), bzw. rechts-handige Anti-Teilchen (Positronen) konnen an ein W-Boson koppeln.Dabei spricht man von Links-Handigkeit, wenn derEigendrehimpuls (Spin) des Teilchens in Bewegnungs-richtung zeigt, bzw. von Rechts-Handigkeit im umge-kehrten Fall. Schon im letzten Jahresbericht wurdenMessungen mit Ereignissen des geladenen Stroms be-schrieben, die zeigen, dass diese Eigenschaft die Naturexakt widerspiegelt.

In der ersten Veroffentlichung, deren Analyse die neu-en HERA II Daten zu Grunde liegen, wird eine weitereEigenschaft der Spin-Struktur der schwachen Kopp-lung getestet. Die neuen HERA II Daten ermoglichenden Zugang zu den statistisch seltener auftretendenStreuereignissen mit hoheren Impulsubertragen. Dabeierwartet man, dass die Starke der Wechselwirkung vonder Skala, dem negativen Quadrat des Vierer-Impulses,Q2, abhangt. Im Bereich von Q2 > 104 GeV2 ist dieschwache Wechselwirkung vergleichbar stark wie die

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Abbildung 26: Wirkungsquerschnitt fur Wechselwir-kungen des neutralen Stroms in der tief-inelastischene+p-Streuung in Abhangigkeit vom mittleren Q2 furzwei mittlere Werte des Polarisationsgrade der Po-sitronen (Punkte), im Vergleich mit der Vorhersageder elektro-schwachen Theorie (durchgezogene Linie).Die gestrichelte Linie markiert die Erwartung fur dasVerhaltnis der Messungen bei den beiden verschiede-nen Polarisationsgraden, wenn es keine Abhangigkeitvon der Polarisation gabe.

elektro-magnetische Wechselwirkung und dieser Mess-bereich eignet sich insbesondere, um die Vorhersagender vereinheitlichten elektro-schwachen Theorie zutesten. Diese HERA Ergebnisse sind komplementarzu denen von LEP am CERN. Sie vermitteln einenEinblick in einen anderen kinematischen Bereich. Des-halb stellen diese neuen Messungen erstrangige undentscheidende Ergebnisse dar, die sehr schnell ihrenEingang in die Lehrbucher finden.

Bei hohen Werten von Q2 sagt das Standardmodellvoraus, dass im neutralen Strom vermehrt Z-Bosonenanstelle von Photonen ausgetauscht werden. Dabeihangt die Haufigkeit der Wechselwirkung auf andereWeise von der Polarisation der Leptonen ab. In denHERA II Daten ist genugend Statistik fur verschiede-ne mittlere Polarisationsgrade vorhanden, so dass zweiverschiedene Datensatze mit unterschiedlicher Polari-sation untersucht werden konnten. Abbildung 26 zeigtden Wirkungsquerschnitt als Funktion von Q2 fur diebeiden analysierten Konfigurationen und vergleicht imuntersten Bild ihr Verhaltnis mit der Vorhersage desStandardmodells. Die Daten des neutralen Stroms be-finden sich in exzellenter Ubereinstimmung mit derVorhersage. Ein wichtiger Bestandteil der Vorhersa-gen des Standardmodells ist hierbei die Struktur desProtons, fur die eine fruher veroffentliche Messungdes ZEUS-Experimentes verwendet wurde. Im nachs-ten Abschnitt werden zwei neue Messungen in diesemBereich beschrieben.

Bestimmung der Strukturfunktiondes Protons

Die Struktur des Protons kann aufgrund mathemati-scher Schwierigkeiten bislang nicht aus dem Standard-modell abgeleitet werden, sie geht aber als wichtigerBestandteil in viele Vorhersagen ein. Eine der wichtigs-ten Motivationen fur Streuexperimente mit dem HERASpeicherring, war und ist es immer noch, den Aufbaudes Protons aus Partonen, den verschiedenen Arten vonQuarks und den Binde-Teilchen den Gluonen, prazisezu vermessen. Generell wird die Struktur von Teilchenmit den sogenannten Parton-Dichten parameterisiert,welche die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der je-weiligen Partonen als Funktion ihres Impulsbruchteilesam Teilchenimpuls, x, und Q2 in der Streuung angeben.Q2 ist dabei in diesem Zusammenhang ein Maß furdie Auflosung, mit der man, wie in einem Mikroskopdie kleinsten Bestandteile im Proton auflosen kann. Jehoher Q2, desto besser die Auflosung, aber auch destoseltener die Streuprozesse. Wahrend mit den unschatz-baren Beitragen von HERA im Bereich von kleinen xdas Verstandnis schon sehr weit fortgeschritten ist, gibt

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es bei hohen Impulsbruchteilen, x → 1, kaum Messun-gen weder von HERA noch von anderen Experimenten.Es ist eine Herausforderung einen solchen Zustand indem ein einziges Parton praktisch den gesamten Im-puls des Protons ubernimmt, sowohl experimentell zumessen und als auch theoretisch zu berechnen.

Eine neue Analysetechnik macht nun eine Bestimmungmoglich. Diese Analyse wird schematisch in Abbil-dung 27 verdeutlicht. Die Herausforderung besteht dar-in, die Ereignisse mit hohem Q2, das heisst mit einemhoch-energetischen Elektron bei großen Streuwinkeln,zu analysieren. Sie sind zwar leicht zu selektieren,jedoch kann die Kinematik des Streuprozesses nicht al-lein mit dem Elektron bestimmt werden. In diesem Be-reich ist die Auflosung des Detektors nicht fein genug.Mit Hilfe des hadronischen Endzustandes, welcher inder Abbildung als Jet bezeichnet wird, und aus einemBundel von Hadronen (Pionen, Kaonen, Protonen...)besteht, kann die Kinematik mit ausreichender Prazi-sion bestimmt werden. Fur Streuereignisse mit einemImpulsbruchteil x fast an dem Wert 1, liegt der hadro-nische Endzustand sehr nahe an der Strahlrohre, undgeht teilweise, wie auch ein Anteil des Proton-Restes,in der Abbildung mit proton remnant bezeichnet, verlo-ren. Deshalb wird fur diese sehr hohen Werte von x dasErgebnis uber einen großeren Bereich von x integriertangegeben und in der unteren Darstellung in Abbil-dung 27 mit einem Kreis anstelle eines Punktes ange-zeigt. Die Unsicherheiten in den derzeit verfugbarenParameterisierungen sind groß, das heisst ihre Vorher-sagen weichen recht stark voneinander ab. Die neuenMessungen werden helfen, die Parton-Dichten in die-sem Bereich von x genauer zu parameterisieren und dieerforderlichen theoretischen Berechnungen besser zuverstehen.

Auch in der nachsten Analyse werden Ereignisse miteinem oder mehreren produzierten Jets studiert. EinFaktorisierungstheorem der Quantenchromodynamik(QCD), der Theorie der starken Wechselwirkung, be-sagt, dass der Wirkungsquerschnitt in ein Produktaus zwei Faktoren zerlegt werden kann. Dieses Pro-dukt besteht aus einem Term, der den partonischenStreuquerschnitt beschreibt und einem zweiten Termder die Parton-Dichte-Funktion enthalt. Wie vorher

Abbildung 27: Oben: Schematische Darstellung desZEUS Detektors mit eingezeichneter typischer Topolo-gie der Ereignisse dieser Analyse. Die von links einlau-fenden Elektronen werden unter einem großen Winkelgestreut. Unten: Verhaltnis der gemessenen Daten zuden theoretischen Vorhersagen als Funktion von x furverschiedene Werte von Q2. Die Unsicherheiten in dentheoretischen Vorhersagen, die verschiedene Paramete-risierungen der Proton-Struktur verwenden, sind mit ei-nem gelben Band gekennzeichnet. Sie sind im Bereichvon x nahe 1 sehr groß.

erwahnt, lassen sich die Parton-Dichten im Standard-modell nicht berechnen, allerdings konnen sie, wenneine Startverteilung gemessen wurde, mit verschie-

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Abbildung 28: Wirkungsquerschnitte fur die Produktion von zwei Jets als Funktion von Q2

(links) und x (rechts). Die Daten (Punkte) werden mit theoretischen Vorhersagen (Linien)auf verschiedenen Skalen verglichen. Das Verhaltnis von Daten zu Vorhersagen wird jeweilsim unteren Abschnitt des Bildes dargestellt.

denen Ansatzen durch storungstheorische QCD Be-rechnungen in andere kinematische Bereiche entwi-ckelt werden. Die im vorangegangenen Abschnitt be-schriebene Messmethode gibt direkte Auskunft uberdie Quark-Dichten. Die Gluonen-Dichte dagegen istnur indirekt uber diese Entwicklungsberechnungenzuganglich. Die Produktion von Jets helfen daher, dieGluonen-Dichte im Proton mit hoherer Genauigkeit zubestimmen und die Gultigkeit der Berechnungen zuuberprufen.

Die Abbildung 28 zeigt den gemessenen Wirkungs-queschnitt fur Zwei-Jet Erzeugung als Funktion vonQ2 und x. Zum Vergleich sind auch die Ergebnisseeiner theoretischen Berechnung eingetragen, die ei-ne von mehreren moglichen Parameterisierungen derProton-Struktur verwendet. Die Daten und die Be-

rechnungen sind miteinander in guter Ubereinstim-mung. Bei dem Vergleich zeigt sich deutlich, dassfur die Daten eine exzellente Prazision erreicht wur-de, die durch das gelbe Band gekennzeichnet ist. ImGegensatz dazu bestehen in der Theorie große Un-sicherheiten (schwarz-schraffiertes Band). Die Unsi-cherheit wird von der anzuwendenden Skala domi-niert. In den Berechnungen ist es moglich, die Skala,auf der die Parton-Dichten in den relevanten kinema-tischen Bereich der Messung entwickelt werden, indrei verschiedenen Ansatzen zu wahlen. Fur die Jet-Produktion kann die Skala durch Q2 gegeben sein,durch die transversale Energie der erzeugten Jets (ET)oder durch eine Kombination der beiden. Um solcheUnsicherheiten in den theoretischen Modellberech-nugen zu verkleinern, werden große Anstrengungen,nicht nur in der Theorie, sondern auch experimentell

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durch spezielle Messungen, unternommen. Beispielesolcher Messungen werden im Folgenden naher be-schrieben.

Messungen fur dieQuantenchromodynamik

Wie schon im vorherigen Abschnitt erwahnt, spieltdie anzuwendende Skala in der Quantenchromodyna-mik eine bestimmende Rolle, denn von ihrer Großewird das Verhalten der starken Kraft bestimmt. DieAbhangigkeit der starken Kopplung αs von der Skalafuhrt bei großeren Impulsubertragen Q2, gleich bedeu-tend mit kleinen Abstanden, zur asymtotischen Frei-heit der stark wechselwirkenden Partonen. Jedoch beikleinen Impulsubertragen, großen Abstanden entspre-chend, fuhrt sie zum sogenannten Confinement derQuarks und Gluonen. Aufgrund der extremen Starkeder Kopplung bei großen Abstanden konnen die in derStreuung erzeugten Quarks und Gluonen nicht frei exis-tieren, sondern binden sich zu Hadronen zusammen.Dieser Prozess wird auch Hadronisierung genannt. Inden Messungen werden anschließend nah beieinan-derliegende Hadronen zu Jets zusammengefasst. Ab-bildung 29 verdeutlicht mit welch hoher Genauigkeitdie starke Kopplung in Abhangigkeit von der Skala,hier des Transversal-Impulses der Jets (ET), mit denJet-Daten bei HERA bestimmt werden kann. Weitereverschiedene Methoden stehen zur Verfugung, so dassletztendlich die HERA Daten zur prazisesten experi-mentellen Bestimmung dieser fundamentalen Großefuhren.

Die Reduzierung der Unsicherheit in der Bestimmungder starken Kopplung ist extrem wichtig fur die Teil-chenphysik, sowohl im ubergreifenden Bild der Krafteals auch im Rahmen der QCD. Der Verlauf ihrer Starkehat direkten Einfluss auf die Extrapolation der dreiKrafte im Standardmodell bis hin zur Planck-Skalazur Vereinheitlichung aller vier Krafte. Innerhalb derQCD spielt die fundamentale starke Kopplung αs ei-ne zentrale Rolle, denn die Wirkungsquerschnitte furstarke Wechselwirkungen werden zur Vereinfachungder hoch-komplexen Ausdrucke in Potenzreihen von αs

Abbildung 29: Werte fur αs als Funktion der trans-versalen Energie der Jets Ejet

T . Die Messungen (Punkte)werden mit einer QCD-Vorhersage (Kurve) verglichen.Die Unsicherheit in der theoretischen Vorhersage wirdmit einem gelben Band verdeutlicht.

entwickelt. Fur die Jet-Erzeugung bei HERA sind diestorungstheoretischen Berechnungen in der fuhren-den Ordnung (LO, leading order) und in der nachst-fuhrenden Ordnung (NLO, next-to-leading order) be-kannt. Nur fur sehr wenige Prozesse stehen auch schondie Berechnungen einer weiteren Ordnung (NNLO)zur Verfugung. Die Messungen, speziell bei HERA,ermoglichen einzigartige Einblicke in die QCD undfuhren direkt zu Weiterentwicklungen ihres theoreti-schen Verstandnisses. Der HERA Speicherring wirddeshalb auch gern als QCD-Maschine bezeichnet.

Die fur die QCD relevanten Veroffentlichungen desletzten Jahres lassen sich in zwei Kategorien einord-nen:

– Produktion von Teilchen, wie prompte Photonen,Teilchen mit Strange-Quarks und Teilchen mitBeauty-Quarks,

– Studien zur Ereignistopologie, wie der Ereig-nisform mit unterschiedlichen Messgroßen, von

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moglichen azimuthalen Asymmetrien oder derTrennung von zwei produzierten Jets durch einenBereich ohne Teilchenproduktion.

Die Ereignisse mit einem isolierten Photon, den so-genannten prompten Photonen, bieten ein exzellentesWerkzeug, um harte Streuprozesse bei HERA zu stu-dieren. Vier Beispiele zur Erzeugung dieser promptenPhotonen sind in Abbildung 30 dargestellt. Weil isolier-te Photonen nach der Streuung keine Hadronisierungdurchlaufen, kann man mit diesen Ereignissen die zu-grundeliegenden Prozesse auf der Parton-Ebene studie-ren. Die Erzeugung prompter Photonen zusammen miteinem Jet, ist direkt abhangig von den Quark-Dichtenim Proton (Abbildung 30 a) und b)). In der Wech-selwirkung dieser beiden Darstellungen regagiert dasPhoton punktformig. In den beiden Abbildung 30 c)und d) reagiert das Photon wie ein Hadron. Fur diesenFall konnen fur das Photon, ebenso wie fur das Proton,Parton-Dichten definiert und uber diese Reaktionen ge-messen werden. Durch Vergleiche mit theoretischen

Abbildung 30: Feynman-Diagramme von vier Prozes-sen in e p Streuungen, die zur Produktion eines promp-ten Photons und eines Jets fuhren. Das Elektron und dasProton laufen von links ein. Das Elektron strahlt einPhoton ab, das mit dem Proton entweder punktformigin (a) und (b) oder hadronisch in (c) und (d) wechsel-wirkt. Das erzeugte prompte Photon (γ) und der Jet ausdem hadronisierten Quark (q) verlassen nach rechts dieWechselwirkungszone.

Abbildung 31: Verteilungen der Masse von rekonstru-ierten Teilchenkandidaten im Datensatz fur Λ + Λ undK0

s Erzeugung. Insgesamt befinden sich nach der Sub-traktion des Untergrundes rund 10 730, bzw. 73 140,Teilchenkandidaten im Bereich zwischen den beidenMarkierungslinien.

Berechnungen werden auch diese Parton-Dichten imPhoton uberprufbar. In der Analyse zeigte sich, dassSimulationen in fuhrender Ordnung die gemessenenWirkungsqueschnitte unterschatzen. Mit der nachstenOrdnung in den Berechnungen werden diese Diskre-panzen reduziert, es bleibt allerdings bei einer Un-terschatzung der Vorhersagen im Bereich von kleinentransversalen Energien fur das Photon und den Jet. Hiersind die Berechnungen sehr abhangig von der Einbe-ziehung noch hoherer Ordnungen und der Behandlungder Hadronisierungseffekte fur den Jet. Eine bessereBeschreibung der Daten konnte durch Berechnungenerzielt werden, in denen eine QCD Faktorisierung rela-tiv zum intrinsischen transversalen Impuls der Partonen(kt) realisiert wurde und nicht wie sonst ublich zumlongitudinalen Impulsbruchteil x. Geht man in den Be-reich von hohreren transversalen Impulsen des Photons,stimmen alle Berechnungen gut mit den Daten uberein.

Die Produktion von neutralen Hadronen, die eine spe-zielle Art von Quarks, die Strange-Quarks enthalten,

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Abbildung 32: Verteilung der Massendifferenzen fur D∗µ Kandidaten. In den Daten (Punk-te) erhebt sich klar das Signal (gelb markiert) uber den kombinatorischen Untergrund (ge-stricheltes Histogramm).

gehort zum Messprogramm an allen Teilchenbeschleu-nigern, wie beispielsweise e+e− bei LEP, pp am Te-Vatron, pp bei RHIC, und wurde auch in ep bei HERAschon intensiv studiert. Die Daten wurden zu Tests derQCD Vorhersagen herangezogen und fur Weiterent-wicklungen von phanomenologischen Modellen ver-wendet. Letztere ermoglichen QCD Vorhersagen, diesich nicht nur aus den grundlegenden Prinzipien ablei-ten lassen. Die Ergebnisse gehen direkt in die Modelleein, mit denen die Produktion von Hadronen bei hohenEnergien beschrieben wird. Abbildung 31 zeigt das Sig-nal fur die untersuchten Hadronen, Λ und Λ, sowie K0

s .Im Allgemeinen sieht man eine gute Ubereinstimmungder Modelle mit den Daten. Die Messungen bei HERAdecken sich mit den Ergebnissen aus e+e− Kollisionenbei LEP.

Die Erzeugung von sogenannten Beauty-Quarks erlaubtstringente Tests fur storungstheoretische QCD-Berech-

nungen. Weil die Masse der Beauty-Quarks in etwa5 GeV/c2 betragt und der Prozess somit intrinsisch ubereine Skala verfugt, die hoch genug ist, geht man davonaus, dass die Vorhersagen schon in der nachst fuhrendenOrdnung verlasslich sind. In der publizierten Analysewurde konkret die Reaktion

ep → ebbX → eD∗µX′

studiert. Diese Reaktion liefert einen mit Beauty-Quarks angereicherten Datensatz, fur den gleichzeitigder Untergrund anderer Prozesse stark unterdruckt ist.Damit ist es moglich, sehr niedrige Transversal-ImpulsepT zu selektieren und so nah wie nie zuvor an die Pro-duktionsschwelle heranzureichen. Abbildung 32 zeigt,wie das Signal fur das durch die Reaktion produzierteD∗µ in der Massenverteilung aller Ereigniskandidatenheraustritt, wenn die richtigen Ladungskombinationengebildet werden. In der Abbildung sind die Datensatze

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Page 11: ZEUS-Experiment · 2007. 9. 18. · ZEUS-Experiment Abbildung 26: Wirkungsquerschnitt fur Wechselwir-¨ kungen des neutralen Stroms in der tief-inelastischen e+p-Streuung in Abh¨angigkeit

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fur sehr kleine Werte von Q2 nahe Null und fur hohe-re Werte getrennt dargestellt. Die gemessenen Wir-kungsquerschnitte sind großer als die Berechnungen innachst-hoherer Ordnung vorhersagen. Allerdings lie-gen die Abweichungen innerhalb der Unsicherheitender Messung und der Berechnungen.

In der zweiten Kategorie der QCD Studien wird diegenerelle Form der Ereignisse, die Verteilung der pro-duzierten Teilchen, analysiert. In der als nachstes be-schriebenen Publikation werden sechs verschiedeneMessgroßen fur die Ereignistopologie untersucht. Siesind innerhalb der QCD berechenbar, teilweise sinddie Vorhersagen in der nachst-hoheren Ordnung schonbekannt. Diese Prazisionstests fur die QCD Vorhersa-gen erfordern ein gutes Verstandnis aller Effekte, auchderjenigen, die nicht storungstheoretisch berechenbarsind, wie beispielsweise der Prozess der Hadronisie-rung. Der Einfluss dieser nicht-storungstheoretischenKorrekturen ist umgekehrt proportional zu einer Potenzvon Q2. Dabei wird zusatzlich zur starken Kopplung αs

eine effektive Kopplung α0 fur niedrige Energien defi-niert, die fur alle Ereignisformen universal ist. DieserAnsatz erlaubt es, sowohl αs als auch α0 durch An-passungen der Modell-Abhangigkeiten an die Daten zubestimmen. Die neue Veroffentlichung verbessert eineahnliche, fruher veroffentlichte Publikation mit weitaushoherer Statistik und durch die Hinzunahme von zweiweiteren Messgroßen. Mit der hoheren Statistik ist esmoglich, den Datensatz in verschiedene Untergruppenzu teilen, hierdurch werden die Tests zur Gultigkeit derangewandten Modellannahmen immer exakter.

Abbildung 33 stellt die sechs Messgroßen fur zweiverschiedene Bereiche in Q2 in Abhangigkeit von αs

und α0 dar. Unter den sechs Messgroßen befindet sichbeispielsweise der Thrust (T), der angibt wie stark daserzeugte hadronische System longitudinal ausgerichtetist, wahrend B, das jet broadening die Ausbreitung intransversaler Richtung beschreibt. Auch die invarianteJet Masse, M2, wird ausgewertet. In den beiden Dar-stellungen ist sichtbar, dass nicht alle Messgroßen diegleichen Werte fur αs und α0 bevorzugen, auch nichtinnerhalb der Unsicherheiten der einzelnen Messungen.Dies deutet auf Probleme in der theoretischen Beschrei-bung hin. Obwohl die angewandten nicht-storungstheo-

retischen Korrekturen die anderen studierten Abhangig-keiten generell gut beschreiben, wird hier klar, dass dieProzesse, die in den hoheren Ordnungen berechnet wer-den mussen und die in diesen Berechnungen noch nichteingeschlossen sind, einen großen Einfluss haben.

Eine ahnliche Schlussfolgerung lasst sich aus einerweiteren Studie der Ereignisform ableiten. In ihr wur-de der Energie-Fluss in den erzeugten hadronischenEndzustanden gemessen, um Ruckschlusse auf etwai-ge azimuthale Asymmetrien zu ziehen. Es zeigte sich,dass die Berechnungen in der nachst-hoheren Ordnungdie gemessenen Momente der azimuthalen Asymmetriebesser beschreiben als die etwas niedrigere Ordnung.Aber auch hier sind Defizite sichtbar, die darauf hinwei-sen, dass Berechnungen in der noch hoheren Ordnungerforderlich sind, um eine zufriedenstellende Beschrei-bung der Daten zu ermoglichen.

Eine ganz besondere Ereignistopolgie wurde in denDatensatzen mit zwei Jets untersucht. In diesen Da-tensatzen tauchen Ereignisse auf, in denen die Jetsdurch eine Rapiditatslucke, einem Bereich ohne Teil-chen-Aktivitat, getrennt sind. In den gewohnlichenWechselwirkungen der starken Kraft ist dies nur durchaußerst seltene statistische Fluktuationen moglich, dieexponentiell mit wachsendem Abstand der Jets unter-druckt sind. Erklarungsansatze gehen unter anderemvon einem gleichzeitgen Austausch zweier Gluonenaus. Dieser Zustand hat dann die Quantenzahlen des Va-kuums, kann aber trotzdem stark wechselwirken. NurSimulationen, die zusatzlich zu den ublichen Wech-selwirkungen auch ein Modell eines solchen Zustandesenthalten, konnen die Daten beschreiben. Diese Art vonWechselwirkungen mit einem Zustand mit Vakuum-Quantenzahlen erscheint auch in anderen Streuprozes-sen, beispielsweise mit einer Rapiditatslucke in derProton-Richtung. Wie bei der Messung der Struktur desProtons kann man auch in diesen speziellen, nach ei-nem Analogon in der Optik auch diffraktiv genannten,Ereignissen versuchen, die diffraktive Struktur des Pro-tons zu messen. In diesen Analysen gab es im vergan-genen Jahr große Fortschritte, beispielsweise konntenerstmalig innerhalb eines Experimentes die drei mogli-chen Selektionsmethoden fur diese speziellen Ereig-nisse gleichzeitig angewandt werden. Dadurch war es

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Page 12: ZEUS-Experiment · 2007. 9. 18. · ZEUS-Experiment Abbildung 26: Wirkungsquerschnitt fur Wechselwir-¨ kungen des neutralen Stroms in der tief-inelastischen e+p-Streuung in Abh¨angigkeit

ZEUS-Experiment

Abbildung 33: Werte fur αs und α0, extrahiert aus Anpassungen an die Verteilungen derverschiedenen Messgroßen zur Form der selektierten Ereignisse.

moglich, Diskrepanzen, die in den vergangenen Jahrenimmer wieder auftraten, zu verstehen und aufzulosen.Die Ergebnisse mit den einzelnen Selektionsmethodenstimmen im Generellen gut uberein und das Verstand-nis von noch vorhandenen, kleineren Abweichungenschreitet zugig voran.

Suche nach exotischen Teilchen

Das Standardmodell beinhaltet in seiner derzeitigenForm drei der vier bekannten Krafte. Zur Vereinheit-lichung aller vier Krafte gibt es verschiedene theore-tische Ansatze. Viele von ihnen erfordern eine neuefundamentale Symmetrie (Super-Symmetrie, SUSY)zwischen den Fermionen (Teilchen mit halbzahligemSpin, z. B. Elektronen) und den Bosonen (Teilchenmit ganzzahligem Spin, z. B. Photon, Gluon). ZurErfullung dieser neuen Symmetrie mussen neue Teil-chen existieren, welche die SUSY-Partner der Teilchen

im Standardmodell darstellen. Bei ihnen ist dann derSpin um jeweils 1/2 geandert. Die Suche nach die-sen super-symmetrischen Teilchen stellt einen weiterensehr intensiv verfolgten Analysebereich an allen Be-schleunigern der Welt dar. Bisher wurden allerdingsnoch keine Anzeichen fur diese exotischen Teilchengefunden.

Eine Veroffentlichung im Berichtszeitraum befasstesich mit der Suche nach einem dieser exotischen Teil-chen, dem Top-Squark. Dieses Teilchen ist der super-symmetrische Partner zum Top-Quark im Standardmo-dell und ist der leichteste Zustand fur Quarks in SUSY.Bei HERA kann das Top-Squark durch ein Positronund ein Down-Quark erzeugt werden und sein Zerfallkann in einem hoch-energetisches Positron oder Neu-trino und hadronischen Jets enden. Dies ist eine sehrklare Signatur, nach der im gesamten zur Verfugungstehenden Datensatz gesucht werden kann. Diese deut-liche Signatur hilft auch den Untergrund effizient zuseparieren.

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ZEUS-Experiment

Abbildung 34: Darstellung des fur Top-Squark-Produktion zuganglichen Bereiches in m0 und m1/2. Mitdem schraffierten Bereich wird die Existenz von Top-Squarks mit Massen bis zu 260 GeV/c2 (obere gestri-chelte Linie) ausgeschlossen.

Die Ergebnisse der Analyse konnen im Rahmen desminimalen Super-Gravitationsmodells (mSUGRA) in-terpretiert werden. Im mSUGRA Modell wird ange-nommen, dass zwei der freien Parameter festgelegtwerden konnen und zwar die Massenskalen, m0 undm1/2, die universell fur alle s-Fermionen und Gauginosgelten sollen.

Abbildung 34 zeigt das Ergebnis der Analyse als Korre-lation zwischen diesen beiden Massenskalen. Die Tatsa-che, dass kein Ereignis gefunden wurde, das mit einerTop-Squark-Produktion kompatibel ist, bedeutet, dassdie Existenz von Top-Squarks bis nahezu einer Massevon 260 GeV/c2 ausgeschlossen werden kann.

Ausblick

In der ersten beschriebenen ZEUS-Analyse in diesemBericht wurde gezeigt, wie neue Analysetechniken zumweiteren Verstandnis beitragen und weitere vorher nicht

durchfuhrbare Analysen erlauben. In den meisten bis-her gezeigten Analysen sind die Moglichkeiten der neueingebauten Detektorkomponenten noch nicht voll aus-geschopft und in diesem Ausblick wird demonstriert,welches Potenzial sich noch durch die neuen Detektor-komponenten, den Mikrovertex Detektor (MVD) undden Strawtube Tracker (STT), bieten.

Abbildung 35 zeigt in der linken Darstellung das Sig-nal fur D± Teilchen, so wie sie in den HERA I Datenmit den Spurdetektoren dieser Datennahmezeit selek-tiert werden konnten. Die obere Darstellung vermittelteinen Eindruck, wie das Signal in den HERA II Da-ten aussahe, wenn ahnliche Selektionskriterien ange-wandt wurden. Es entspricht in etwa dem Signal aus denHERA I Daten, allerdings kann man aufgrund der bes-seren Statistik in den HERA II Daten schon eine Ver-besserung in den statistischen Unsicherheiten erreichen.Dies wird durch die Zahlen in Tabelle 3 verdeutlicht.

Die absolute Anzahl der Ereignisse ist nicht in allenFallen gleich, weil unterschiedliche Schnitte zur Se-lektion angewendet wurden und die Datensatze unter-schiedlich groß sind. Bei der Ausnutzung der Moglich-keiten mit dem MVD, mit dem die Spuren der er-zeugten Teilchen ganz nah am Erzeugungpunkt prazisevermessen werden konnen, verbessert sich die Nach-weisgenauigkeit signifikant. In Tabelle 3 sieht man indem Ubergang von HERA I zu HERA II alt und neueine Verbesserung in der relativen Genauigkeit der Er-eignisanzahl von 10% auf 8% und durch die Analysedes MVD’s auf 4%. Auch in der Genauigkeit der Breitedes Signals werden große Fortschritte erreicht: sie wirdvon 1.3 MeV uber 0.8 MeV auf 0.5 MeV um fast einenFaktor drei verbessert.

HERA I HERA II HERA IIalt neu

Luminositat 80 pb−1 135 pb−1 135 pb−1

Q2 > 2 > 5 > 5Ereignisse 4790±10% 4419±8% 2181±4%Breite [MeV] 11.5±1.3 10±0.8 11±0.5Masse [MeV] 1866±1 1864±2 1865±1

Tabelle 3: Verfugbare Statistik und Ergebnisse zumNachweis von D± Teilchen.

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Abbildung 35: Verteilung der Massen fur D± Kandidaten in den HERA I Daten (links) undin den HERA II Daten (rechts). In den HERA II Daten ist einmal eine Selektion ahnlich wiein den HERA I Daten angewandt worden (oben) und einmal die Selektion unter Einsatz desMVDs verbessert worden (unten).

Dieses ausgewahlte Beispiel vermittelt einen Eindruckvon den Verbesserungen und den neuen Moglichkeiten,die sich mit der hohen Statistik der HERA II Datenund den neuen Detektorkomponenten ergeben. Viele

neue Analysen sind schon im Endspurt zur Veroffentli-chung und die neuen Daten mit verminderter Protonen-Energie stellen viele weitere hochst interessante undbedeutende Ergebnisse in Aussicht.

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