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9 Diagnostik im Dialog • Ausgabe 50 • 08/2016 | Zika – ein weiteres Virus auf Weltreise | Medizin Erreger und Epidemiologie ZIKV gehört zu den sogenannten Arboviren (Arthropod-borne viruses), einer Gruppe aus rund 400 Erregern, die sich in Wirbel- tieren vermehren und durch Gliederfüßer (z. B. Stechmücken oder Zecken) auf andere Vertebraten übertragen werden. Blutsau- gende Insekten nehmen die Viren während der virämischen Phase vom Wirt auf und werden so zum Vektor. Systematisch ist das ZIKV ein Flavivirus. Die Familie der Flaviviren umfasst die Erreger zahlreicher, mitunter tödlich verlaufender Tropenkrankheiten, wie dem Dengue- und dem Gelbfieber, aber auch die eher in nörd- lichen Breiten vorkommende Frühsommer- Meningoenzephalitis. Anhand des Genoms lässt sich ZIKV in eine asiatische und eine afrikanische Linie unterteilen. Als hauptsächlicher Übertragungsweg gilt der Stich der Gelbfiebermücke (Aedes aegyp- tii). Darüber hinaus kommen weitere Vertre- ter der Gattung Aedes, die ihr Hauptverbrei- tungsgebiet in den Tropen und Subtropen haben, als Vektor infrage, z. B. die Asiatische Tigermücke (Ae. albopictus). Sie existiert aber auch im südlichen Europa und dringt in den Sommermonaten bis nach Baden- Württemberg vor. Die Vektorkompetenz die- ser Spezies muss weiter untersucht werden. Experten halten die Gefahr einer Ausbrei- tung in Europa – potenziell betroffen wären momentan 18 Länder* – für mäßig bis hoch. In Deutschland ist das Risiko einer lokalen Übertragung eher als gering einzuschätzen. Die Mensch-zu-Mensch-Übertragung des Virus durch ungeschützten Geschlechts- verkehr oder Bluttransfusionen spielt momentan eine untergeordnete Rolle. Weit bedeutsamer dagegen scheint die perinatale Übertragung auf den Fötus im ersten Trime- non, was mit Fehlbildungen, neurologischen Komplikationen und Fehlgeburten einher- geht. Noch allerdings ist der Prozentsatz der infizierten Frauen, die das Virus an ihr Ungeborenes weitergeben, unklar. Krankheitsbilder Bereits wenige Tage nach der ZIKV-Über- tragung kann es zu grippeähnlichen Symp- tomen wie schwachem Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen sowie juckendem Hautausschlag und Bindehaut- entzündung kommen. Diese Symptome ähneln denen, des in den betroffenen Regio- nen ebenfalls vorkommenden Dengue- und Chikungunya-Fiebers, was die klinische Das Zika-Virus (ZIKV) breitet sich rasant aus und bislang gibt es weder eine Therapie noch einen Impfstoff. Rund 60 Länder und Staats- gebiete sind weltweit betroffen und über 500 Millionen Menschen leben mit der Gefahr, sich zu infizieren. Ein aktueller Brennpunkt ist Brasilien, der Austragungsort der Olym- pischen Spiele 2016. Ende Mai hatten sich 150 Wissenschaftler öffentlich an die WHO gewandt, mit der Forderung, wegen der Infek- tions- und Verbreitungsgefahr die Spiele zu verschieben oder zu verlegen. Die WHO hat diese Bedenken zurückgewiesen, die Absage würde die internationale Ausbreitung des ZIKV nicht signifikant beeinflussen. Auch wir vom Bernhard-Nocht-Institut sind dieser Ansicht. Dass Sportler ihre Teilnahme oder Besucher ihre Reise wegen des ZIKV absagen, ist übertrieben, da gibt es etliche, potenziell gefährlichere virale oder bakterielle Infek- tionsquellen. Lediglich Schwangere sollten nicht in die aktuellen Epidemie-Regionen reisen. Derweil versucht Brasilien mit dem Einsatz von 550 Tonnen Mückenschutzmit- teln und Pestiziden, der Bereitstellung kos- tenloser Kondome sowie zahlreicher weiterer Maßnahmen seine Bevölkerung und Gäste vor Infektionen zu schützen. Zeitgleich arbeiten Experten weltweit an der verbesserten Diag- nostik und einem Impfstoff gegen ZIKV. Zika – ein weiteres Virus auf Weltreise Dr. Jessica Tiedke und Prof. Dr. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Bernhard-Nocht-Institut, Hamburg fotolia/gustavofrazao 150 Wissenschaftler forderten die Verschiebung oder Verlegung der Olympischen Spiele.

Zika – ein weiteres Virus auf Weltreise - roche.de · fälle auf Mikrozephalie gemeldet, davon 1600 genauer untersucht. Laut Aussage des dortigen Gesundheitsministeriums bestätigte

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Diagnostik im Dialog • Ausgabe 50 • 08/2016 | Zika – ein weiteres Virus auf Weltreise | Medizin

Erreger und EpidemiologieZIKV gehört zu den sogenannten Arboviren (Arthropod-borne viruses), einer Gruppe aus rund 400 Erregern, die sich in Wirbel-tieren vermehren und durch Gliederfüßer (z. B. Stechmücken oder Zecken) auf andere Vertebraten übertragen werden. Blutsau-gende Insekten nehmen die Viren während der virämischen Phase vom Wirt auf und werden so zum Vektor.

Systematisch ist das ZIKV ein Flavivirus. Die Familie der Flaviviren umfasst die Erreger zahlreicher, mitunter tödlich verlaufender Tropenkrankheiten, wie dem Dengue- und dem Gelbfieber, aber auch die eher in nörd-lichen Breiten vorkommende Frühsommer-Meningoenzephalitis. Anhand des Genoms lässt sich ZIKV in eine asiatische und eine afrikanische Linie unterteilen.

Als hauptsächlicher Übertragungsweg gilt der Stich der Gelbfiebermücke (Aedes aegyp-tii). Darüber hinaus kommen weitere Vertre-ter der Gattung Aedes, die ihr Hauptverbrei-tungsgebiet in den Tropen und Subtropen haben, als Vektor infrage, z. B. die Asiatische Tigermücke (Ae. albopictus). Sie existiert aber auch im südlichen Europa und dringt in den Sommermonaten bis nach Baden-

Württemberg vor. Die Vektorkompetenz die-ser Spezies muss weiter untersucht werden. Experten halten die Gefahr einer Ausbrei-tung in Europa – potenziell betroffen wären momentan 18 Länder* – für mäßig bis hoch. In Deutschland ist das Risiko einer lokalen Übertragung eher als gering einzuschätzen.

Die Mensch-zu-Mensch-Übertragung des Virus durch ungeschützten Geschlechts-verkehr oder Bluttransfusionen spielt momentan eine untergeordnete Rolle. Weit bedeutsamer dagegen scheint die perinatale Übertragung auf den Fötus im ersten Trime-non, was mit Fehlbildungen, neurologischen Komplikationen und Fehlgeburten einher-geht. Noch allerdings ist der Prozentsatz der infizierten Frauen, die das Virus an ihr Ungeborenes weitergeben, unklar.

KrankheitsbilderBereits wenige Tage nach der ZIKV-Über-tragung kann es zu grippeähnlichen Symp-tomen wie schwachem Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen sowie juckendem Hautausschlag und Bindehaut-entzündung kommen. Diese Symptome ähneln denen, des in den betroffenen Regio-nen ebenfalls vorkommenden Dengue- und Chikungunya-Fiebers, was die klinische

Das Zika-Virus (ZIKV) breitet sich rasant aus und bislang gibt es weder eine Therapie noch einen Impfstoff. Rund 60 Länder und Staats-gebiete sind weltweit betroffen und über 500 Millionen Menschen leben mit der Gefahr, sich zu infizieren. Ein aktueller Brennpunkt ist Brasilien, der Austragungsort der Olym-pischen Spiele  2016. Ende Mai hatten sich 150 Wissenschaftler öffentlich an die WHO gewandt, mit der Forderung, wegen der Infek-tions- und Verbreitungsgefahr die Spiele zu verschieben oder zu verlegen. Die WHO hat diese Bedenken zurückgewiesen, die Absage würde die internationale Ausbreitung des ZIKV nicht signifikant beeinflussen. Auch wir vom Bernhard-Nocht-Institut sind dieser Ansicht. Dass Sportler ihre Teilnahme oder Besucher ihre Reise wegen des ZIKV absagen, ist übertrieben, da gibt es etliche, potenziell gefährlichere virale oder bakterielle Infek- tionsquellen. Lediglich Schwangere sollten nicht in die aktuellen Epidemie-Regionen reisen. Derweil versucht Brasilien mit dem Einsatz von 550 Tonnen Mückenschutzmit-teln und Pestiziden, der Bereitstellung kos-tenloser Kondome sowie zahlreicher weiterer Maßnahmen seine Bevölkerung und Gäste vor Infektionen zu schützen. Zeitgleich arbeiten Experten weltweit an der verbesserten Diag-nostik und einem Impfstoff gegen ZIKV.

Zika – ein weiteres Virus auf WeltreiseDr. Jessica Tiedke und Prof. Dr. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Bernhard-Nocht-Institut, Hamburg

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150 Wissenschaftler forderten die Verschiebung oder Verlegung der Olympischen Spiele.

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Diagnose erschwert.1 Die Symptome klin-gen bereits nach 2‒7 Tagen ab und werden deshalb selten als Tropenkrankheit wahrge-nommen und ärztlich dokumentiert. Nach Expertenschätzungen bemerken 60‒80  % der Patienten die Infektion gar nicht, da sie asymptomatisch verläuft.2 Schwere bzw. tödliche Verläufe ließen sich bislang nur bei Immungeschwächten und Patienten mit anderen Grunderkrankungen feststellen.

Nach erstmaliger Infektion besteht ein lebenslanger Immunschutz. In den klassi-schen Endemiegebieten, zu denen Regionen in Afrika, Asien und auf den Pazifischen Inseln zählen,3 haben sich wahrscheinlich große Teile der Bevölkerung bereits im Kin-desalter mit ZIKV infiziert. Deshalb besteht bei einer Schwangerschaft vermutlich keine Gefahr mehr für das Ungeborene und neu-rologische Folgen blieben bislang unerkannt. Diesen Immunschutz besitzt die Bevölke-rung in den aktuellen Epidemiegebieten, insbesondere Südamerika, nicht.

Ein Zusammenhang zwischen ZIKV-Infektion und neurologischen Komplikationen wurde erstmals 2013 bei der großen Epidemie in Französisch Polynesien postuliert (s. Kasten "Ausbreitungschronologie"). Vor allem das Guillain-Barré-Syndrom (GBS),* eine Autoim-munkrankheit, die damals – genau wie beim derzeitigen Ausbruch – gehäuft auftrat, steht unter Verdacht. Anfang 2016 erschienen in „The Lancet“ die Ergebnisse einer ersten wis-senschaftlichen Untersuchung.4 Demnach wiesen alle 42 rekrutierten Patienten mit

sicher diagnostiziertem GBS auch neutralisie-rende, also infektionshemmende Antikörper gegen ZIKV auf. In 88  % der Fälle zeigten diese Patienten kurz vor dem Auftreten der neurologischen Symptome Zeichen einer Infektionserkrankung. Das zeitgleich gras-sierende Dengue-Virus konnte als Auslöser des GBS ausgeschlossen werden. Die in der Studie berechnete Inzidenz von 0,24  GBS-Fällen / 1000 ZIKV-Infizierten ist allerdings als gering einzuschätzen. Sie liegt noch knapp unter dem GBS-Risiko nach Infektion mit Campylobacter jejuni (infektiöse Gastroenteri-tis). Derzeit sind die genauen physiologischen Hintergründe noch nicht geklärt.

Aktuell wird zudem eine Verbindung zwi-schen ZIKV-Infektion im ersten Schwanger-schaftstrimenon – in dieser Zeit bilden sich die Schädelknochen aus und alle Gehirnabschnitte werden angelegt – und einer kongenital auf-tretenden Mikrozephalie vermutet.1 Es han-delt sich um eine intrauterine, neurologische Entwicklungsstörung mit verkleinertem Kopf und damit einhergehend geringerer Gehirn-masse. Derzeit fehlen Erfahrungen, wie sich betroffene Säuglinge weiterentwickeln, spätere zusätzlich Hör- und Sehschäden oder andere Störungen sind nicht auszuschließen. Bis Ende 2015 wurden aus Brasilien (s.  Kasten "Aus- breitungschronologie") circa 6000 Verdachts-fälle auf Mikrozephalie gemeldet, davon 1600 genauer untersucht. Laut Aussage des dortigen Gesundheitsministeriums bestätigte sich der Verdacht bei einem Drittel dieser Fälle, 12,8 % zeigten außerdem Blutmarker einer Zika-Virus-Infektion. Kurz darauf gab es erste Hin-

weise auf einen kausalen Zusammenhang: In der Gehirnmasse von zwei mit Mikrozephalie geborenen Säuglingen wurde die Virus-RNA nachgewiesen, genau wie in der Plazenta zweier Frauen, deren Feten mit Mikrozepha-lie tot geboren wurden.5 Der wissenschaftliche Beweis eines ätiologischen Zusammenhangs ist aber bis heute noch nicht erbracht.

Schwierige DiagnostikDie Diagnostik einer ZIKV-Infektion gestal-tet sich aus mehreren Gründen schwierig:6

O Der sichere Nachweis der Virus-RNA mittels Real-Time-PCR im Blut gelingt nur in den ersten sieben Krankheitsta-gen, in denen eine Virämie vorliegt.

O Der serologische Antikörpernachweis ab Tag 8 (bis Tag 28) nach erfolgter Infektion ist wegen der Kreuzreaktivität mit den genetisch verwandten Erregern des Denguefiebers, die in denselben Regionen vorkommen, sehr unsicher. Ein neues kommerziell verfügbares Ver-fahren weist eine signifikant verringerte Kreuzreaktivität auf, muss sich allerdings in der routinemäßigen Diagnostik erst noch etablieren und ist derzeit aus-schließlich in spezialisierten Referenz- labors durchführbar.

O Die Einleitung diagnostischer Maßnah-men setzt voraus, dass sich der Patient gleich zu Beginn der Krankheit in ärztli-che Behandlung begibt, was in der Rea-lität aufgrund der unspezifischen und meist milden Symptomatik eher unwahr-scheinlich ist.

Derzeit ist eine valide Diagnostik, wenn überhaupt, nur in Referenzlabors, wie bei-spielsweise dem Tropeninstitut in Hamburg möglich. Zur Unterstützung ärztlicher Kol-legen wurde hier auch ein Testschema zum labordiagnostischen Vorgehen bei Verdacht auf ZIKV-Infektion formuliert (Abb. 1). An ein entsprechend entwickeltes diagnosti-sches Vorgehen in den betroffenen Ländern selbst ist momentan nicht zu denken.

Impfstoff in EntwicklungBislang erfolgt die Behandlung rein sympto- matisch, z. B. mit Schmerzmitteln. Ein mög-licher Impfstoff ist in Entwicklung. Laut National Institute of Allergy and Infectious

Medizin | Zika – ein weiteres Virus auf Weltreise | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 50 • 08/2016

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Die ZIKV-Infektion verläuft meist harmlos mit schwacher

Grippesymptomatik. Die perinatale Übertragung im ersten

Schwangerschaftstrimenon dagegen könnte eine

Mikrozephalie des Kindes verursachen.

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Diseases (NIAID) soll dieser im September 2016 mit rund 80 Personen in die erste Test-phase gehen. Bewährt sich das Impfserum (Auslösung einer Immunreaktion), soll im Frühjahr 2017 eine zweite Phase in einem der betroffenen Länder an mehreren tau-send Personen folgen. Im besten Fall könnte die Impfung dann Anfang 2018 zur Verfü-gung stehen. Wie lange es tatsächlich dau-ern wird, ist nicht nur von der klinischen Wirksamkeit der Impfsubstanz, sondern auch von der weiteren Infektions-Inzidenz abhängig. Ein grundsätzlich begrüßenswer-tes Abebben der Fälle erschwert andererseits die Forschung, wie es sich zuletzt bei der Ebola-Epidemie in Westafrika zeigte.

Diagnostik im Dialog • Ausgabe 50 • 08/2016 | Zika – ein weiteres Virus auf Weltreise | Medizin

Abb. 1: Empfehlungen des Tropeninstituts Hamburg für das labordiagnostische Vorgehen bei Verdacht auf ZIKV-Infektion (Quelle: BNITM v160220).

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Der Kampf gegen die Vektoren der Arboviren erfolgt in Brasilien mit enormem Einsatz von Mückenschutzmitteln und Pestiziden.

* Glossar

Potenziell von ZIKV bedrohte europä-ische Länder: Frankreich, Italien, Malta, Kroatien, Israel, Spanien, Monaco, San Marino, Türkei, Griechenland, Schweiz, Bulgarien, Rumänien, Slowenien, Georgien, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro (Reihenfolge nach zunehmen-der Wahrscheinlichkeit). Quelle: http://www.euro.who.int/de/health-topics/emergencies/zika-virus/zika-virus/frequently-asked-questions-zika-virus-expected-to-spread-in-europe-in-late-spring-and-summer-overall-risk-is-low-to-moderate#308948

Guillain-Barré Syndrom (GBS): Lähmungs-erscheinungen durch Beeinträchtigung der Erregungsleitung des peripheren Nerven- systems, hervorgerufen durch das körper- eigene Immunsystem. Häufig Folge einer Infektionserkrankung, z. B. HIV.

Diagnostik auf Zika-Virus-Infektion nicht notwendig

Ab Tag 28 nach Rückkehr:

Ý Serologischer Test aus Serum

ODER

Ab Tag 28 nach Rückkehr:

Ý Serologischer Test aus Serum

ja

nein

Bis zum 7. Tag nach Symptombeginn:

Ý PCR aus Serum oder Plasma UND

Ý PCR aus Urin

8 bis 28 Tage nach Symptombeginn: Ý Serologie aus Serum (IgG/IgM) UND

Ý PCR aus Urin

Mehr als 28 Tage nach Symptombeginn:

Ý Serologischer Test aus Serum

nein

nein

nein

nein

Aufenthalt in Epidemie- gebiet für Zika-Virus in den letzten 3 Wochen?

ja

ja

Aktuelle oder vorher- gehende Symptome einer

Zika-Virus-Infektion?

ja

Bekannte Schwangerschaft?

ja

Geschlechtspartner mit Auf-enthalt in Epidemiegebiet in

den letzten 3 Wochen?

ja

Geschlechtspartner einer Schwangeren?

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Literatur 1 Ginier et al: Travel Med Infect Dis. (2016); 14(1): 16-20 2 Petersen et al: MMWR (2016); 65(2): 30–33 3 Center for Disease Control – CDC; http://www.cdc.gov/

zika/index.html 4 Cao-Lormeau et al: The Lancet (2016); 387 (10027):

1531–1539 5 Petersen et al: N Engl J Med (2016); 374: 1552-1563 6 Bernhard Nocht Institut für Tropenmedizin – BNITM;

https://www.bnitm.de/aktuelles/mitteilungen/954-empfehlungen-zur-diagnostik-der-zika-virus-infektion/

7 World Health Organisation – WHO; http://www.who.int/topics/zika/en/

Korrespondenzadressen

Prof. Dr. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit

Stv. Direktor des Kooperationszentrums der WHO für Arbo- und hämorrhagische Fieberviren

[email protected]

Dr. Jessica Tiedke

Presse- und Öffentlichkeits- referentin

[email protected]

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Bernhard-Nocht-Straße 74, 20359 Hamburg http://www.bnitm.de

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Ausbreitungschronologie des ZIKV7

1947–2006: Zirkulation in Afrika und Asien. Seinen Ursprung hat das ZIKV in den Wäldern Afrikas, genauer im Zika-Wald im Südosten Ugandas an den Ufern des Viktoria Sees. Hier wurde es im Jahre 1947 im Rahmen einer rou-tinemäßigen Gelbfieber-Überwachung erstmals aus dem Blut eines in Gefangenschaft lebenden Rhesusaffen isoliert. Bereits kurze Zeit später waren Stechmücken der Gattung Aedes identi-fiziert. Der erste Übertragungsnachweis auf den Men-schen gelang 1952 in Uganda. Ein klinisch mildes Krankheitsbild mit Ausschlag und grippeähnli-chen Symptomen zeigte sich erst zehn Jahre spä-ter, nachdem sich ein Wissenschaftler während seiner Forschungsarbeit mit dem Virus infiziert hatte. In den folgenden zwei Jahrzehnten wurde das Virus vermehrt bei Rhesusaffen und ver-einzelt im Menschen in Äquatorialafrika doku-mentiert, genaue Zahlen gibt es wegen der gering ausgeprägten Symptomatik nicht. Ab 1969 ließ

sich das Virus sporadisch auch bei Stechmücken-populationen in Äquatorialasien nachweisen.

2007: Erster dokumentierter Ausbruch. 2007 kam es auf der mikronesischen Insel Yap zum ersten dokumentierten Ausbruch mit 49 bestä-tigten Fällen. In den folgenden drei Jahren infi-zierten sich rund 73  % der Bevölkerung. Der Ausbruch blieb jedoch ohne großes Aufsehen, da die Infektion durch ihre milde Symptomatik nicht zu Krankenhausaufenthalten führte.

2013‒2014: Bisher größte Epidemie in Franzö-sisch Polynesien. Die ZIKV-Ausbrüche auf vier Inselgruppen im Südpazifik generierten rund 32 000 Verdachtsfälle. Parallel stieg dort die Zahl der GBS-Fälle um das 20-fache vom Üblichen an. Damals wurde die Virusinfektion erstmals mit einer ernstzunehmenden Symptomatik in Ver-bindung gebracht, die wissenschaftliche Unter-suchung dieses Zusammenhangs jedoch durch eine zeitgleiche Ausbreitung des Dengue-Fiebers erschwert. Anfang 2016 erschienen die im Text aufgeführten Ergebnisse in der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“.

2015: Bislang schwerwiegendster Ausbruch seit der Entdeckung. Im März 2015 berich-tete die WHO erstmals über die Häufung einer mit Ausschlag einhergehenden Erkrankung im Nordosten Brasiliens. Noch im gleichen Monat bestätigte das Tropeninstitut in Hamburg diese Fälle als autochthone (vor Ort entstandene) Zika-Virus-Infektionen, worauf die WHO eine Sicherheitswarnung für Brasilienreisende heraus gab. Im Juli 2015 meldete der Bundesstaat Bahia

den Anstieg neurologischer Erkrankungen – 49 bestätigte GBS-Fälle, denen meist eine Infek-tion voran ging. Bis Oktober erweiterte sich der ZIKV-Radius auf weitere 18 Bundes- bzw. süd- und mittelamerikanische Staaten. Zur gleichen Zeit wiesen die brasilianischen Gesundheitsbe-hörden auf einen Anstieg von Mikrozephalien bei Neugeborenen hin. In den folgenden fünf Monaten wurden 6000 Verdachtsfälle gemeldet und in etwa einem Drittel bestätigt. Aufgrund dieser Entwicklung erklärte Brasilien im Novem-ber 2015 den nationalen Gesundheitsnotstand und die WHO rief betroffene Staaten auf, neue Fälle von Mikrozephalie und anderen Komplika-tionen zu melden.

2016: Aktuelle Situation. Die rasante Aus-breitung des ZIKV und die Häufung neurolo-gischer Komplikationen veranlasste die WHO im Februar 2016 den diesbezüglichen „globalen Gesundheitsnotfall“ auszurufen, um die inter-nationale Koordination von Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung zu erleichtern. Im Mai erreichte das Virus mit dem Inselstaat Kap Verde auch den afrikanischen Kontinent, wo es zwischenzeitlich mehr als 7000 Verdachtsfälle gibt. Untersuchungen zufolge handelt es sich um den asiatischen Stamm, der auch für die Aus-bruchswelle in Lateinamerika verantwortlich ist.Aktuell melden 13 Länder und Staatsgebiete den Anstieg von GBS und acht die Häufung von Mikrozephalie. Die WHO empfiehlt betroffe-nen Ländern und solchen, in denen die Aedes-Mücke vorkommt bzw. die ein dafür günstiges Klima bieten, die Einhaltung eines Maßnah-menkatalogs.

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lia/M

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