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Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Bundesamt für Raumentwicklung ARE SCHLUSSBERICHT Perspektiven-Foren & Austausch-Forum zum Raumkonzept Schweiz

zum Raumkonzept Schweiz - Bundesamt für Raumentwicklung · Basel und Bern („mittendrin und überall am Rande“) bietet Chancen. Dadurch erfüllt das AareLand verschiedene Funktionen,

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Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK

Bundesamt für Raumentwicklung ARE

SCHLUSSBERICHT Perspektiven-Foren & Austausch-Forum zum

Raumkonzept Schweiz

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Inhalt Einleitung ............................................................................................................................... 3

Einzugsgebiete und Daten ..................................................................................................... 4

Das AareLand ........................................................................................................................ 5

Die Ostschweiz ...................................................................................................................... 7

Der Metropolitanraum Léman .............................................................................................. 10

Die Zentralschweiz .............................................................................................................. 13

Der Metropolitanraum Zürich ............................................................................................... 16

Der Metropolitanraum Basel ................................................................................................ 20

Städtenetz Tessin ................................................................................................................ 23

Der Jurabogen ..................................................................................................................... 26

Städtenetz Bern ................................................................................................................... 29

Resultate des Austausch-Forums ........................................................................................ 32

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Einleitung Perspektiven-Foren & Austausch-Forum Im März und April 2007 wurde in den 9 Städten Aarau, Rorschach, Lausanne, Luzern, Winterthur, Liestal, Lugano, La Chaux-de-Fonds und Bern durch das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) je ein Diskussionsforum zum Raumkonzept Schweiz veranstaltet. Um mit den Foren eine Verbindung zu einer breiteren Öffentlichkeit herzustellen, wurden jeweils rund 70 regionale Wissens- und Entscheidungsträger eingeladen. Dabei versuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre persönliche Wahrnehmung der räumlichen Entwicklung in ihrer Region darzustellen, deren Bedeutung im nationalen und internationalen Umfeld aufzuzeigen und die zentralen Herausforderungen an die zukünftige Raumentwicklung der Schweiz zu erörtern. Die Resultate wurden in einer gesamtschweizerischen Veranstaltung im Mai 2007 zusammengetragen und verglichen. Sie flossen in die Arbeiten am Raumkonzept Schweiz ein. Die folgenden Texte sollen einen Überblick über die in den Foren angesprochenen Themen und Inhalte geben. Dies dient einerseits der Gesamtdarstellung der Resultate, andererseits wird es so für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Foren leichter ersichtlich, in welch engem Zusammenhang die Foren mit dem Raumkonzept stehen.

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Einzugsgebiete und Daten

Perspektiven – Foren:

Aarau 08. März 2007 Rorschach 15. März 2007 Lausanne 20. März 2007 Luzern 22. März 2007 Winterthur 26. März 2007 Liestal 18. April 2007 Lugano 19. April 2007 La Chaux-de-Fonds 24. April 2007 Bern 27. April 2007

Austausch – Forum:

Zürich 30. Mai 2007

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Das AareLand (Forum Aarau – Einzugsgebiete AG, SO) Das AareLand – das Gebiet rund um die Städte Aarau, Zofingen und Olten – begreift sich zunehmend als gemeinsamer Raum. In den Kleinstrukturen der Region sehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des ersten Forums zum Raumkonzept Schweiz in Aarau eine Qualität, die in wohltuendem Kontrast steht zu den nahe gelegenen Agglomerationen. Die Überschaubarkeit und die Qualitäten als Erholungsraum prädestinieren die Region als Wohngebiet. Die hohe Diversifizierung der durch KMU geprägten Wirtschaft schaffe wirtschaftliche Stabilität. Eine bessere Koordination der Siedlungsgebiete mit dem Verkehr, aber auch die Neuorganisationen der politischen Strukturen identifizierte das Forum in Aarau als entscheidende Herausforderungen. Identität, Stärken und Schwächen des AareLand Die besondere Lage des AareLand zwischen den Agglomerationen der drei Städte Zürich, Basel und Bern („mittendrin und überall am Rande“) bietet Chancen. Dadurch erfüllt das AareLand verschiedene Funktionen, als Erbringer von Dienstleistungen für die Zentren, unter anderem dank seiner vielen KMU, wie auch als Energieproduzent. Darüber hinaus dient das AareLand als Erholungszone. Die Nähe zum Jura-Südfuss mit seinem Hügelland und den bewaldeten Hängen, wie auch die Flüsse und Täler erscheinen dafür besonders attraktiv. Gleichzeitig bildet der Jura-Südfuss eine natürliche Grenze. Das AareLand zeichnet sich durch eine hohe Lebensqualität aus. Die Kleinräumigkeit mit den drei regionalen Zentren Aarau, Olten und Zofingen kann als alternatives urbanes Modell verstanden werden, das sowohl ländliche als auch städtische Qualitäten bietet. Jedoch verfügt das AareLand über kein richtiges Zentrum. Die starke Zersiedelung (Strassendörfer) und das austauschbare Siedlungsbild erschweren die Bildung einer echten Identität „AareLand“ und damit auch einer Identifikation. Gleichzeitig sinkt die regionale Verwurzelung. Das AareLand als Raum ist wenig strukturiert und dadurch auch wenig fassbar. Aus dem Fehlen einer gemeinsamen Zielsetzung ergibt sich auch die fehlende Aussenwahrnehmung. Durch seine Lage, quasi im Zentrum der Deutschschweiz, nimmt das AareLand die Funktion eines Verkehrsknotens zwischen Zürich, Basel und Bern ein, welcher entscheidend ist für den nationalen Transitverkehr, und zwar auf der Ost-West wie auch auf der Nord-Süd-Achse. Diese Situation führt zwar durchaus zu Belastungen, die Region kann damit aber auch eine Brückenfunktion wahrnehmen. Gerade diese Situation im Spannungsfeld der drei urbanen Räume gilt es noch besser zu nutzen. Zwar ist das AareLand durch die Erschliessung von aussen sehr gut erreichbar, jedoch sind die lokalen Anbindungen (innere Erreichbarkeit) teilweise schlecht. Durch den Transitverkehr können sich auch Probleme für den Regionalverkehr ergeben (Überlastung). Das AareLand im nationalen Kontext – Bezüge zu anderen Regionen Während die Romandie, das Tessin und die Ostschweiz für das AareLand nur geringe Bedeutung haben, hat es seine engsten Bezüge zum Arc jurassien als Natur- und Erholungsraum und zu den umliegenden urbanen Räumen. Die Metropole Zürich dient dem AareLand einerseits dank dem Interkontinentalflughafen als „Tor zur Welt“, andererseits als Ort mit grossem Kultur- und Bildungsangebot, wie auch als Wirtschaftsmotor mit vielen Arbeitsplätzen. Die Bezüge zum Raum Basel gestalten sich in ähnlicher Weise. Das Dreiländer-Eck und der Flughafen verbinden das AareLand mit Europa. Basel hat aber auch als Kultur- und Messestadt eine wichtige Bedeutung und stellt ein breites Bildungsangebot wie auch Arbeitsplätze in Forschung und Industrie zu Verfügung.

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Über Luzern führt der Weg nach Süden und in die Zentralschweiz, die wegen Bergen und Seen als Ziel für den Tagestourismus und als Erholungsraum dient. Dank dem KKL hat Luzern auch eine kulturelle Bedeutung für das AareLand. Die kurzen Pendlerdistanzen zur Parlaments- und Verwaltungsstadt Bern machen dessen Bildungs- und Sportangebot für das AareLand verfügbar. Auch der Zugang zum alpinen Tourismus ins Berner Oberland und die Walliser Alpen führt über Bern, der Lötschbergtunnel verkürzt die Distanz ins Wallis zusätzlich. Fremdbild Das AareLand wird von den anderen Gebieten in erster Linie als logistisches Zentrum und als wichtiger Energieproduzent für die ganze Schweiz angesehen. Auch die Funktion als Transitregion ist von besonderer Wichtigkeit. Zürich betont zudem das Reservoir an Arbeitskräften, während die Basler den Ausbildungsplatz AareLand zusätzlich hervorheben. Herausforderungen und Schlüsselaufgaben Die Teilnehmer des Forums waren sich weitestgehend einig, dass die Zusammenarbeit über die institutionellen Grenzen hinweg zu verbessern sei, denn gerade das AareLand sei diesbezüglich besonders zersplittert. Darum müssten die politischen Strukturen den Problemen angepasst werden. Das regionale Denken und Entscheiden (Governance) mit gemeinsamen Interessen müsse weiter gestärkt, und die politischen und die funktionalen Räume besser aufeinander abgestimmt werden. Dabei könnten Anreizsysteme hilfreich sein. Das AareLand muss in der Raumordnung der Schweiz als eigenständiger Raum anerkannt werden (und sich auch selber als solcher sehen) und eine klare Positionierung erfahren. Dafür sollte das Städtenetz im AareLand weiter gestärkt und gefördert werden (etwa durch den regionalen öffentlichen Verkehr), das Neben- und Miteinander der kleineren und mittleren Städte erhalten, und eine stärkere Vernetzung mit den Zentren Basel, Zürich, Luzern und Bern erreicht werden. Die Frage des nationalen und internationalen (Transit-)Verkehrs ist für die Region AareLand zentral und muss mit der Planung der Siedlungsgebiete koordiniert werden. Die Gewährleistung des Transitkorridors ist eine der Schlüsselaufgaben für das AareLand. Die Entwicklung von gemeinsamen Strategien von Bund und Kantonen erscheint dafür unabdingbar. Die Hauptverkehrsachsen müssen so angelegt sein, dass nationale wie auch regionale Bedürfnisse gleichermassen berücksichtigt werden können. Um die gute Erreichbarkeit der Region sicherzustellen ist nicht nur die Infrastruktur für den Transitverkehr auszubauen. Vielmehr muss auch die innere Erreichbarkeit der Region verbessert werden. Dies soll durch eine Harmonisierung und einen qualitativen Ausbau der Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs geschehen (öV für die gesamte Region) und somit auch den Modal Split zu Gunsten des öffentlichen Verkehrs verändern. Die Wohnqualität der Region muss gewahrt werden. Dabei gilt es auch, die Zersiedelung einzudämmen und die bestehenden Freiräume zu erhalten. Verdichtetes Bauen, die Nutzung vorhandener Brachen und unbebauter Räume und eine sinnvolle Einteilung der Bauzonen („am richtigen Ort“) können die Abstimmung zwischen Natur-, Siedlungs- und Verkehrsbedürfnissen vereinfachen und eine Erhöhung des Verkehrsaufkommen verringern. Als (über-)regionalen Wert sahen die Teilnehmer des Forums die Aarelandschaft und den Jurabogen. Dieser Naturraum sei ein wichtiger Faktor für die Wohnqualität und müsse mit besonderer Sorgfalt behandelt werden. Diese „grüne Infrastruktur“ habe einen besonderen Charakter mit grossem Wert für die Region, den es zu erhalten gelte. Für die Bewältigung dieser Herausforderungen ist allerdings eine Zusammenarbeit und Koordinierung über die institutionellen Grenzen hinweg notwendig (Gemeinde- und Kantonsgrenzen).

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Weitere Anliegen der Teilnehmer waren die Sicherung der wirtschaftlichen Vielfältigkeit, der Kultur-, Sport- und Freizeitangebote, wie auch die Suche nach Antworten auf die Probleme der globalen Erwärmung und der Knappheit und Endlichkeit der nicht erneuerbaren Ressourcen, namentlich der fossilen Brennstoffe. Kernaussagen des Forums • Das AareLand ist eine eigenständige Region und muss als solche wahrgenommen werden.

Sie muss sich auch entsprechend positionieren. • Die politischen Strukturen erschweren gemeinsame Problemlösungen. Die

Zusammenarbeit über die institutionellen Grenzen hinweg muss verbessert werden. • Das AareLand ist im Zentrum und an den Rändern gleichzeitig. • Der Raum AareLand verfügt über kein starkes eigenes Zentrum. • Das AareLand hat die Funktion einer nationalen Verkehrsachse. Gleichzeitig müssen auch

regionale Verkehrsbedürfnisse berücksichtigt werden. Die innere und äussere Erreichbarkeit ist zu verbessern.

• Das AareLand erbringt Dienstleistungen für die umliegenden Metropolen. Dazu muss es auch mit den grossen Zentren vernetzt sein.

• Die drei Städte Olten, Aarau und Zofingen können ein alternatives urbanes Modell darstellen.

• Der Jurabogen ist ein wichtiges Element von überregionaler Bedeutung, das es zu schützen und erhalten gilt.

Die Ostschweiz (Forum Rorschach – Einzugsgebiete GR, AI, AR, SG) Im Austausch mit dem nahen Ausland eröffnet sich eine wachsende Chance für die Ostschweiz. Einen hohen Stellenwert nimmt für die Teilnehmenden des Forums auch die landschaftliche und kulturelle Vielfalt der Ostschweiz ein. Sie prädestiniert die Ostschweiz als Wohn- wie auch als Freizeitregion. Diese Vielfalt zwischen Bodensee und Alpenkamm soll erhalten bleiben und mit differenzierten Strategien unterstützt werden. Auch die Stärkung St. Gallens als regionales Zentrum ist notwendig. Identität, Stärken und Schwächen der Ostschweiz Die Ostschweiz hat kein eindeutiges Zentrum und bildet keine Einheit, sondern gliedert sich in unterschiedliche Regionen, die ihre Eigenständigkeit bewahren wollen und über eine eigene lebendige Kultur, Tradition und Identität verfügen. Ihre Bewohner fühlen sich in den Kleinräumen verwurzelt und charakterisieren sich entsprechend als traditionsbewusst, autoritätsgläubig, aber auch als weltoffen. Die Eigenständigkeit wird bewusst gelebt und soll erhalten werden. Unter den prägnanten Landschaftstypen finden sich von urban über ländlich (voralpin, alpin bis hochalpin) praktisch alle Landschaften. Diese landschaftliche und kulturelle Vielfalt nimmt einen hohen Stellenwert ein. Sie gilt als eine besondere Qualität und als Potenzial für die Zukunft und prädestiniert die Ostschweiz zur Wohn-, Freizeit- und Erholungsregion. Einige der Teilnehmenden empfinden das langsame Wachstum (kein Bauboom) als Qualität. Die dezentralen Siedlungsstrukturen und die vielen Grenzen stellen für die touristisch und industriell geprägte Regionalwirtschaft (viele KMU; lokales Handwerk) ein Problem dar. Die spezielle und prägende Grenzlage der Ostschweiz (Bodensee, Alpenrhein, Alpenraum) ermöglicht Kontakte zu den angrenzenden Gebieten und birgt Synergiepotenziale, eine klare Ausrichtung auf ein Gebiet oder Zentrum besteht aber nicht. Die Ostschweiz fühlt sich auf Grund ihrer Randlage durch Bern ein wenig vernachlässigt. Der

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Raum zeichnet sich durch Stille und Weite aus, liegt aber gleichzeitig in der Nähe des Metropolitanraums Zürich. Die Verkehrsanbindung ist allerdings mangelhaft. Bessere Verbindungen könnten den Zusammenhalt und eine gemeinsame Identität stärken. Im Verkehr über den Rhein und Bodensee liegt ein grosses Entwicklungspotenzial. Die Teilnehmenden bezeichneten die regionalen Verkehrsmittel als Identität stiftend, beispielsweise das Postauto oder die Appenzellerbahn. Eine feingliedrige Erschliessung wird grundsätzlich positiv gesehen, auf der anderen Seite schränkt der Verkehr aber die Lebensqualität ein. Bei der Siedlungsentwicklung konnten ursprüngliche Dorfstrukturen erhalten werden, das Landschaftsbild ist durch die Entstehung von Zweckbauten und fehlende Baukultur bei Neubauten aber Veränderungen ausgesetzt. Die Abwanderung aus den Talschaften schürt die Sorge ein „Museum“ zu werden. Es besteht ein Mangel an (überkommunaler) Kontrolle und einer klaren übergeordneten Orientierung, das Denken und Entscheiden ist zu sektoriell und kurzfristig anstatt regional, was die Kräfte oft verzettelt. Die Zersiedelung kann so nicht aufgehalten werden. Es fehlt an thematisch ausgerichteten und differenzierten Lösungen für Teilräume, es sollten vermehrt Schwerpunkte gesetzt werden. Den Teilnehmenden war es ein Anliegen, dass die Entwicklung vor Ort geschieht und nicht von Bern aus gesteuert wird. Die Ostschweiz im nationalen Kontext – Bezüge zu anderen Regionen Kennzeichnend für die Ostschweiz ist das Angrenzen an Deutschland, Liechtenstein, Österreich und Italien. Diese Grenzlage wird als Chance für eine trinationale Positionierung und als Alternative zur Ausrichtung nach Zürich gesehen. Die Ostschweiz ist wirtschaftlich mit dem Grossraum Zürich vernetzt, es besteht ein Verhältnis zwischen Konkurrenz und Profit. Zürich bietet der Region viele Arbeitsplätze und hervorragende Ausbildungsmöglichkeiten. Es erfüllt Zentrumsfunktionen für die Ostschweiz in Bezug auf Kultur, Freizeit und der internationalen Anbindung (z.B. durch den Flughafen). Der Grossraum ist ausserdem ein Quellgebiet für den Tourismus, zum einen nutzen die Zürcher die Landschaftsräume der Ostschweiz, zum anderen kommen viele Feriengäste über Zürich in die Region. Das umliegende Ausland hat für die Ostschweiz grosse Bedeutung. Österreich stellt eine Konkurrenz bei den touristischen Destinationen dar. Profitieren können aber beide Seiten von einem regen (Waren-)Austausch. Eine Zusammenarbeit mit Liechtenstein besteht bereits in gewissen Bereichen (z.B. Spital Grabs). Zwischen den Ländern gibt es viele Grenzgänger und es herrscht eine Art „Einkaufstourismus“. Wichtig ist Leichtenstein zudem als Arbeitskräftepool, Finanzplatz und Wohnstandort. Erleichtert werden diese Funktionen u.a. auch durch die vergleichbaren Bildungssysteme. Negativ zu bewerten sind allerdings die schlechte Infrastruktur und die fehlenden Verbindungen im öffentlichen Verkehr. In einer starken wirtschaftlichen Vernetzung wie auch Konkurrenz steht die Ostschweiz zu Deutschland (v.a. Süddeutschland). Deutschland ist ein wichtiger touristischer Quellmarkt und Arbeitskräftepool. Viele Grenzgänger kommen aus dem süddeutschen Raum, der Bodensee trennt aber viele Verkehrsverbindungen und erschwert die Mobilität. Italien ist ein wichtiger Partner im Güter- und Transitverkehr und Personenaustausch. Der wirtschaftlich starke Norden kann ein interessanter Partner sein. Viele Gäste aus Italien machen Ferien in Graubünden, in der Region sind auch viele Gastarbeiter aus Italien tätig. Das Tessin dient als Erholungsraum. Es ist integraler Bestandteil der Transitachse zwischen Deutschland und Italien. Auch die touristischen Ziele wirken sich auf das Verkehrssystem aus. Das Aareland hat ausser in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte kaum Bedeutung für die Ostschweiz, während bei Basel nur eine gewisse Wichtigkeit im Hochschulbereich erkannt wurde. Auch das Léman-Becken hat in erster Linie Bedeutung für die Bildung.

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Mit Bern verbindet man das politische Entscheidungszentrum, damit zusammenhängend die politische Obrigkeit („Vorschriften und Paragraphen“). Auch hier wurde der Hochschulbereich erwähnt. Eine gewisse Ähnlichkeit besteht zum Raum Luzern und der Zentralschweiz (Tourismus), nur dass diese im Unterscheid zur Ostschweiz über ein klares Zentrum verfügt. Fremdbild Bei den meisten Regionen der Schweiz ist die Ostschweiz, insbesondere Graubünden, als Ferienregion und Naherholungsgebiet bekannt. Der Kanton Graubünden wird deshalb mit der Zweitwohnungsproblematik in Verbindung gebracht. Die Ostschweiz gilt allgemein als landwirtschaftlicher Produktionsraum. Insbesondere für den Raum Zürich nimmt sie eine Wohnstandortsfunktion wahr und bildet einen Komplementärraum zur Metropole. Zumindest für die Deutschschweiz und das Tessin ist die Hochschule St.Gallen von Bedeutung. Für die Romandie stellt die Ostschweiz ein weitgehend unbekanntes Territorium dar. Herausforderungen und Schlüsselaufgaben Zu den wichtigsten Herausforderungen für die Ostschweiz gehören Fragen der Koordination. Handeln und Denken sind den Aufgaben anzupassen und Grenzen zu überwinden. Die grenzüberschreitenden Verkehrsbeziehungen müssen verbessert und administrative Hürden abgebaut werden. Entsprechend muss das Raumkonzept Schweiz in die europäische Raumkonzeption eingebettet sein. Uneinigkeit herrschte darüber, ob St.Gallen eine Zentrumsfunktion für die Ostschweiz (ohne Graubünden) einnimmt, oder ob dies eher Zürich oder München tun. St.Gallen als international bekannter Bildungsstandort soll jedoch unabhängig davon als Zentrum gestärkt werden. Es werden differenzierte Lösungen für differenzierte Räume gefordert. Dies könnte in Richtung eines weiterentwickelten Föderalismus unter Einbezug von Regionen gehen. Die Planung sollte allerdings flexibel bleiben um schnell reagieren zu können. Ein Ausgleich zwischen den Agglomerationen und den Randgebieten könnte auf Leistungsvereinbarungen basieren. Das Raumkonzept muss mit anderen Sektoralpolitiken abgestimmt und in die europäischen Konzepte eingebettet werden. Auch die Wirtschaftsentwicklung muss miteinbezogen werden, gleichzeitig sollte angestrebt werden, dass der Wohnort auch ein Raum für Freizeit sein kann. Für die Umsetzung ist eine Abstimmung mit anderen Gesetzgebungen notwendig. Ebenso ist eine Identifikation mit dem Raumkonzept wichtig, dazu braucht es Information und Bewusstseinsbildung, auch um Verständnis zu schaffen. Auf die Siedlungsentwicklung bezogen stellt sich die Frage nach dem Ausmass der Grundversorgung (wo und wie viel?). Ausserdem soll das „Bauen am falschen Ort“ verhindert werden. Es braucht Perspektiven für ungenutzte landwirtschaftliche Bauten, Verkehrsverbindungen müssen erhalten und ausgebaut werden (auch international). St.Gallen muss deshalb, inklusive Verkehrsachsen, als Zentrum im Raumkonzept vorhanden sein. Der Alpenraum benötigt ein Ressourcenmanagement, welches festlegt, wie stark dieser Raum genutzt werden soll. Leben und Arbeiten muss im Spannungsfeld zwischen Schutz und Nutzung zugelassen werden. Ein Indikatorensystem mit Beiträgen für bestimmte Leistungen könnte Abhilfe schaffen. Ein Raummanagement soll Nutzungsansprüche differenzieren und Freiräume schaffen. Es sollen beispielsweise Aussagen zu Spitalstandorten oder Kehrichtverbrennungsanlagen gemacht werden können. Eine Raumtypisierung muss von unten nach oben Aufgaben und Funktionen für die Räume bestimmen. Um wirksam zu sein müssen diese mit Fördermassnahmen verbunden werden. Kernaussagen des Forums

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• Eine besondere Qualität der Ostschweiz liegt in ihrer Vielfalt (Landschaft, Kultur, Sprache,

Architektur) und der Funktion als attraktiver Natur- und Erholungsraum. • Die Grenznähe stellt ein grosses, bisher zu wenig genutztes Potenzial dar. Dazu sind die

grenzüberschreitenden Verkehrsverbindungen und die allgemeine Erreichbarkeit (auch innerhalb der Region) zu verbessern.

• Um die Siedlungsqualität sicherzustellen muss der Siedlungsraum erhalten, erneuert und weiterentwickelt werden.

• Ein Raummanagement kann die Transformation und Verdichtung bestehender Bausubstanz fördern, differenzierte Lösungsansätze ermöglichen und Freiräume für Entwicklung schaffen.

• Es braucht eine Koordination unter den Funktionalräumen. Dafür ist eine Einbettung in die europäische Raumkonzeption notwendig, gleichzeitig soll aber auch die Regionalentwicklung zugelassen werden.

Der Metropolitanraum Léman (Forum in Lausanne – Einzugsgebiet Kantone GE, VD, VS, FR) Der Metropolitanraum im Léman-Becken ist der zweitgrösste Ballungsraum der Schweiz. Seine beiden wichtigsten Städte Genf und Lausanne verbinden eine internationale Ausrichtung mit einem hohen Bildungsstandard. Wichtige Herausforderungen für die Region ergeben sich beim verkehrstechnischen Anschluss an Europa und der Verbesserung der inneren Erreichbarkeit, wie auch bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Die Teilnehmenden hielten es für besonders wichtig, Governance-Strukturen zu schaffen, die sowohl auf spezifische Probleme anpassbar sind, als auch eine Partizipation einer möglichst grossen Zahl von Betroffenen zulassen. Bei allen Projekten soll allerdings besondere Rücksicht auf die Erhaltung der Schönheit des Landschaftsbilds genommen werden. Identität, Stärken und Schwächen des Léman-Beckens Prägende Elemente der Identität des Léman-Beckens sind der Genfer-See, der eine Art Herz der Region darstellt, die Nähe zu Frankreich, die hohe Lebensqualität und die landschaftliche Verschiedenheit und Schönheit. Aufgrund der grossen Unterschiede in der Bevölkerung gibt es keine einheitliche gesellschaftliche Identität, diese formiert sich eher über die geographischen Begebenheiten. Die authentische Landschaft erfüllt mehrere Funktionen. So dient sie unter anderem der landwirtschaftlichen Produktion und als Erholungsgebiet. Die Städte zeichnen sich durch ihre Nähe zu den Bergen und der Natur aus, die Natur wirkt als „grüne Lunge“. In der Region stimmen die funktionalen Räume nicht mit den institutionellen Räumen überein. Es bestehen zwar starke grenzübergreifende Beziehungen (sowohl zwischen Kantonen als auch zwischen der Schweiz und Frankreich), jedoch bilden die Grenzen immer noch ein Hindernis und beeinflussen die „jeder für sich“ - Mentalität. Als besondere Stärken bezeichneten die Teilnehmenden die Überschaubarkeit und Qualität der Landschaft, die von einer erhaltenswerten Vielfalt geprägt ist. Auch die Nähe der Städte zur Natur und der grosse kulturelle Reichtum sind wichtig. Hinter der Zukunft der Landwirtschaft und der Rolle der Landwirtschaftszonen steht aber weiterhin ein Fragezeichen. Die Region hat kein Hauptzentrum, sie ist aus einem mehrpoligen Netz belebter Städte zusammengesetzt. Die eher kleinen Städte haben die Qualitäten von Grossstädten. Jedoch bereiten Lärm und schlechte Luft Probleme. Auch das Wohnangebot erschien den

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Teilnehmenden verbesserungswürdig. Die zur urbanen Entwicklung angestellten Überlegungen sind oft ungenügend und die Tendenz der fortschreitenden Zersiedelung konnte noch nicht gestoppt werden. Das Potenzial für ein vedichtetes Bauen ist noch nicht ausgenutzt. Der Zugang zu Bildung, Kultur und Freizeitaktivitäten ist gut. Die dynamische wirtschaftliche Struktur der Region besticht durch ihre Stärke im Dienstleistungssektor, während der industrielle Bereich schwächer ausgeprägt ist. Ausserdem sind in der Region zahlreiche internationale Organisationen (CIO, UNO, WTO, IKRK u.v.m.) ansässig, wie auch Hochschulen (Uni Genf, Uni Lausanne, EPFL) und Forschungsstätten (CERN) von internationaler Bedeutung. Das Léman-Becken ist auf Grund seiner wirtschaftlichen Triebkräfte, die ein diversifiziertes und starkes Netz bilden, und dem Bildungsangebot besonders attraktiv. Das intellektuelle Potenzial und die hochwertige Bildung auf allen Ebenen sind herausragend, was das Léman-Becken zu einem Kompetenzzentrum im Bildungsbereich macht. Das touristische Potenzial der Region ist hoch. Jedoch ergeben sich durch die starke Konzentration auf die Zentren Unterschiede zum Umland. Es sollte eine Diversifizierung des Angebots auch über Wintersport und Angebote in den Städten hinaus geben. Einige Stimmen fordern eine verstärkte Kontrolle der ökonomischen Entwicklung. Die verkehrstechnische Erreichbarkeit des Léman-Beckens ist gut, sowohl über kurze, mittlere wie auch über längere Distanzen. Das bestehende Netz des öffentlichen Verkehrs befindet sich jedoch im Ausbau, was auch weiterhin notwendig ist. Das Transportnetz wird vor allem der institutionellen Zerstückelung und dem realen grenzüberschreitenden Lebensraum mit seinen hohen Pendlerzahlen nicht gerecht. Politisch besteht eine Schwäche in den fehlenden Visionen, so reagiert die Politik auch vielmehr statt vorausschauend zu agieren. Ein Defizit der Raumplanung wird in den fehlenden Rahmenbedingungen gesehen. Politik und Verwaltung sind aber auch gewisse Schranken gesetzt, beispielsweise durch die institutionellen Grenzen. Um diese Probleme zu lösen muss man sich besser aufeinander abstimmen und eine Führungsstruktur entwickeln (Weiterentwicklung der Governance). Entsprechende Institutionen bestehen aber noch nicht. Die Teilnehmenden des Forums waren sich uneinig über die politische Vision. Einige sehen Genf auch als 15. Stadt Frankreichs, es besteht die Befürchtung eines Autonomieverlusts. Das Léman-Becken im nationalen Kontext – Bezüge zu anderen Regionen Das Léman-Becken ist ein bedeutender Standort einer grossen Zahl internationaler Organisationen. Auch gewisse Bildungs- und Forschungseinrichtungen erreichen höchste Standards, die dem ganzen Land zugute kommen. Zu Frankreich bestehen starke Beziehungen (Zusammenarbeit, Partnerschaft, Waren- und Dienstleistungsaustausch) in verschiedenen Bereichen. Frankreich ist auch ein Reservoir an Arbeitskräften und Wohnraum. Die Region und das angrenzende Ausland bilden einen gemeinsamen Lebensraum. In der Region entsteht eine gewisse grenzüberschreitende Dynamik mit Norditalien, das ein grosses wirtschaftliches Potenzial hat. Der Jurabogen gilt als Region des sanften Tourismus, wie auch als Standort für Zweitwohnungen und Produktionsstandort verschiedener spezialisierter Produkte. Zu Basel gibt es keine engen Bezüge, jedoch sehen die Teilnehmenden eine gewisse Verwandtschaft auf Grund der ähnlichen grenzüberschreitenden Situation. Man hofft auch von den Basler Erfahrungen etwas aufnehmen zu können. Die Bundesstadt Bern wird als politisches Zentrum gesehen („Bundesbern“), das Entscheidungen für die ganze Schweiz trifft. Bern wird als wirtschaftlich schwache Region angesehen, der der Lötschberg aber neue Perspektiven eröffnet. Das AareLand gilt schlicht als logistisches Zentrum, darüber hinaus wird die Region kaum wahrgenommen. Die Zentralschweiz wird in erster Linie als Zentrum für Neureiche gesehen. Zürich ist eine ökonomische Konkurrenz und stellt einen starken Pol dar, dessen räumliche Entwicklung als ähnlich zu der eigenen betrachtet wird. Zürich ist Zentrum für Wirtschaft,

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Kultur (zusammen mit Basel), Finanzen und Dienstleistungen und somit die wirtschaftliche Hauptstadt. Daraus ergibt sich eine unsichtbare Abhängigkeit von Zürich. Das Tessin gilt in erster Linie als Ferienziel, während die Ostschweiz weitestgehend unbekannt ist. Fremdbild Die beiden am häufigsten genannten Aspekte, die mit dem Léman-Becken in Verbindung gebracht wurden, sind die Offenheit gegenüber der Welt, die diese Region mitbringt (Flughafen, internationale Organisationen) und das Angebot an Erholungsmöglichkeiten und Tourismus-Destinationen. Diese Bereiche sind fast für die ganze Schweiz wichtig. Von den umliegenden Gebieten (Jurabogen und Bern) werden zusätzlich die Möglichkeiten im Bildungsbereich und der Kultur hervorgehoben. Für den Jurabogen hat die Region eine besonders wichtige Funktion bezüglich Spitalwesen und im wirtschaftlichen Bereich sowohl bei der Zusammenarbeit wie auch als Abnehmer der Produkte. Allerdings ziehen viele Dienstleistungsunternehmen das Léman-Becken dem Jurabogen als Standort vor. Während die Innerschweiz Ähnlichkeiten zur Region wegen dem See und dem Tourismus sieht, ist sie für den Raum Zürich ein komplementärer Raum. Zu Basel bestehen Ähnlichkeiten wegen der Notwendigkeit der grenzübergreifenden Zusammenarbeit. Herausforderungen und Schlüsselaufgaben Für die städtischen Gebiete erkannten die Teilnehmenden als eine der wichtigsten Herausforderungen die Erhaltung und Förderung der Lebensqualität. Dies kann beispielsweise durch höhere Ansprüche in der Baukultur geschehen, durch Verdichtung, Schaffung von Geschäfts- und Freizeitzentren, kurze Distanzen im öffentlichen Verkehr und allgemein durch eine Aufwertung des öffentlichen Raumes. Eine Verdichtung unter Beibehaltung von Qualität und Unterschiedlichkeit soll gefördert werden. Ein Mittel zur Erreichung eines höheren gesellschaftlichen Zusammenhalts ist eine gesunde soziale Durchmischung. Die Anstrengungen zur Herstellung eines Gleichgewichts zwischen Stadt und Land müssen weiter verstärkt werden, wobei ein Netz der ländlichen Gebiete ein strukturierender Rahmen für die städtische Entwicklung sein kann. Nicht nur zwischen Stadt und Land soll ein Gleichgewicht angestrebt werden, dies kann auch das Verhältnis zwischen Kernstadt und Agglomeration, oder zwischen Arbeitsort, Wohnsitz und Steuersitz betreffen. Für die Teilnehmenden ist die Entwicklung im Verhältnis zwischen Stadt und Land zukunftsweisend. Die Bauzonen sollen daher so festgelegt werden, dass Qualität und Komplementarität gesichert werden, im ländlichen Raum im Sinne der Erhaltung der Qualität, in den Städten im Sinne einer Verdichtung. Die Ausdehnung der Städte soll beschränkt werden. Diesbezüglich wirkungsvoll können einschränkende Vorschriften wie auch eine Steigerung der Attraktivität der umliegenden ländlichen Räume (durch qualitativ hochstehende und sinnvolle Projekte). Viele Probleme können durch eine verbesserte Zusammenarbeit angegangen werden, deshalb ist die Entwicklung von Governance-Strukturen, die den funktionalen Räumen entsprechen, eine der grossen Herausforderungen. Es braucht Entscheidungsstrukturen auf der Ebene der jeweils zu behandelnden Frage. Für gewisse Themen ist eine regionale Governance vorzuziehen, die auch zwischen den Kantonen Zusammenarbeit und Konkurrenz managt. Derartige Strukturen sollen möglichst Öffentlichkeit, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft integrieren. Das politische Gewicht der Städte soll verstärkt werden, gleichzeitig müssen diese aber auch Verantwortung übernehmen für jene Räume, die durch die Städte beeinflusst werden oder in deren Abhängigkeit stehen. Auf die ländlichen Räume bezogen ist es den Teilnehmenden ein besonderes Anliegen, die Landschaft und ihre Lebenskraft zu erhalten. Dies muss bei den jeweiligen Projekten berücksichtigt werden. Die Funktion eines Raumes muss anerkannt und ein Ausgleich für eine Leistung in Betracht gezogen werden.

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Die Erhaltung der Landwirtschaft mit ihren vielfältigen Rollen (Erhaltung des Landschaftsbilds und Freizeitraums, Produktionsraum) ist eine ständige Herausforderung. Bezüglich des Gebrauchs von nicht-landwirtschaftlichen Gebäuden ausserhalb der Bauzone sollte die Gesetzgebung angepasst werden, so sollten die Kantone entsprechende Kompetenzen erhalten. Ökonomische wie umweltpolitische Aspekte sollten dabei stets berücksichtigt werden. Die Qualität und Innovationskraft des „Labels Schweiz“ muss erhalten werden, dies gilt auch für Infrastrukturprojekte. Dabei müssen die Bedürfnisse und Mittel angemessen abgewogen und die Lücken bei bestehenden Defiziten geschlossen werden. Die Agglomerationen sollten eigens berücksichtigt werden. Besondere Herausforderungen ergeben sich bei der verkehrstechnischen Erschliessung, wo Zürich als Vorbild gilt. Neben den regionalen Strategien ist insbesondere die Verbesserung des Anschlusses der Schweiz an Europa wichtig. Im Tourismus forderten die Teilnehmenden eine Diversifizierung des Angebots. Man soll sich nicht ausschliesslich auf Wintersportorte und Städte konzentrieren, sondern auch den ländlichen Raum stärken und eine Konkurrenzsituation fördern, die die Wettbewerbsfähigkeit verbessert. In den Städten braucht es auf den öffentlichen Raum und das kulturelle Angebot bezogene Qualitätssteigerungen. Andere Stimmen forderten beispielsweise, dass in die Kultur gleich viel investiert werden soll wie in die Landwirtschaft. Das Raumkonzept Schweiz muss auch grenzübergreifende Bereiche mit einbeziehen. Insbesondere müssen Siedlungsplanung und Mobilität (Verkehrsaufkommen) koordiniert werden. Dabei stellen sich Fragen zu entsprechenden Fördermassnahmen, der Anerkennung und Verbindlichkeit der Ausrichtung auf regionaler Ebene und zu den Instrumenten der variablen Geometrie. Die Einführung von Werkzeugen mit denen man die territoriale Entwicklung besser voraussehen kann, wäre wünschenswert. Kernaussagen des Forums • Die Lebensqualität im Léman-Becken ist hervorragend dank der Nähe zur vielfältigen Natur

und dem guten Zugang zu Bildung, Kultur und Freizeitaktivitäten. Eine weitere Verdichtung der Siedlungsentwicklung soll Qualität und Unterschiedlichkeit nicht verringern.

• Das Léman-Becken ist ein wichtiges Bildungs- und Kompetenzzentrum. • Die internationalen Beziehungen sind wichtig, insbesondere zu Frankreich. Das

Raumkonzept muss daher grenzübergreifend sein. • Das Landschaftsbild muss erhalten werden und die Ausdehnung der Siedlungen ist

einzudämmen. Ein Gleichgewicht zwischen Stadt und Land ist verstärkt zu suchen. • Es besteht ein mehrpoliges, diversifiziertes und starkes wirtschaftliches Netzwerk. • Es müssen neue Governance-Formen gefunden werden, die klare Ziele verfolgen, flexible

Strukturen haben und eine breite Partizipation zulassen. • Das politische Gewicht der Städte ist zu stärken. • Die Raumentwicklung soll auf Qualität und Diversifizierung setzen. • Insgesamt fehlt es für das Léman-Becken an einer politischen Vision.

Die Zentralschweiz (Forum Luzern – Einzugsgebiete LU, OW, NW, SZ) Im Sog des Zentrums Zürich hat die Zentralschweiz zunehmend Mühe, eine gemeinsame Identität zu definieren. Die Teilnehmenden des Forums in Luzern fragten sich gar, ob die „Region Zentralschweiz“ nicht ein Mythos sei. Sie forderten vom Bund klare Regelungen und Konzepte für die Siedlungsentwicklung, welche die Umsetzung in den Gemeinden erleichtern.

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Wie stark der Wirtschaftsmotor Zürich auf die Zentralschweiz wirkt, zeigte sich schon in den Vorbereitungen der Veranstaltungsreihe. So setzten sich die Vertreterinnen und Vertreter des Kantons Zug schon gar nicht mit der Zentralschweiz auseinander, sondern fühlten sich in erster Linie dem Grossraum Zürich zugetan. Ein weiterer Kanton sah dies ähnlich, nämlich Schwyz mit der Region March. Vorstellungen, wie sich die Zentralschweiz, im Besonderen die Stadt Luzern, diesbezüglich positionieren soll, blieben aber aus. Identität, Stärken und Schwächen der Zentralschweiz Die hohe Qualität des einzigartigen durch Gegensätze geprägten Naturraums - Seen, Berge und Landschaften - kennzeichnen die Zentralschweiz. Die vielfältigen, kleinstrukturierten Landschaften, die Landwirtschaft und die typischen Streusiedlungen wirken Identität stiftend. Hinzu kommt, dass „man sich kennt“. Einige der Teilnehmenden hoben das soziale Kapital und das damit zusammenhängende gesellschaftliche Engagement als Stärke der Region hervor. Dies ist zum Teil bedingt durch die Überschaubarkeit des Raumes und die Bodenständigkeit der Leute. Durch die Geschichte sowie die gemeinsamen Werte lässt sich ein Raum abgrenzen. Die traditionelle Werthaltung in der Innerschweiz, geprägt durch eine katholische Mentalität, ist heute auf Grund der gesellschaftlichen Entwicklung jedoch am verschwinden. Der Austausch mit dem Fremden gibt der eigenen Identität, die sich zwischen Tradition und Fortschritt bewegt, aber auch klarere Konturen. Von vielen Meinungsträgern wird eine gemeinsame Identität der Zentralschweiz allerdings in Frage gestellt, denn abgesehen von der gemeinsamen Geschichte definiere sich die Identität vor allem über den Naturraum. Nebst dem Faktor Landschaft und der Mischung aus Urbanität und Natur in einem Wohnraum trägt der durch die gute Verkehrsinfrastruktur gegebene Anschluss an andere Regionen dazu bei, dass die Wohnsituation heute als eine besondere Qualität der Region betrachtet wird. Ein Defizit besteht in der mangelnden regionalen Steuerung und der fehlenden Bereitschaft zu einer branchenübergreifenden Zusammenarbeit. Die kleinräumigen Strukturen sind ein Hindernis für viele Lösungen. Gleichzeitig sind aber die grössten Potenziale mit wirtschaftlichen Überlegungen verbunden, beispielsweise im Tourismus (Berggebiete für die Stadt), der Chancen und Gefahren birgt und als gemeinsamer Wirtschaftszweig der Region verbindend wirkt. Es besteht die Befürchtung, dass eine weitere Wertschöpfung nur über den Steuerwettbewerb geschieht. Ein zu wenig genutztes Potenzial liegt im grossen Wasserreichtum der Region, welches verstärkt für die Energiegewinnung verwendet werden könnte. Die Funktion als Transitachse bringt einerseits eine sehr gute Erreichbarkeit mit sich und lässt Räume somit zusammenwachsen. Dadurch entsteht eine gewisse Nähe zu den wirtschaftlich starken Räumen. Auf der anderen Seite ist der starke Einfluss des Verkehrs auf den Raum auch ein Problem. Auch die Sogwirkung der grossen Zentren ist zwiespältig. Das Potenzial dieser Entwicklung ist unbestritten, doch einige der Teilnehmenden befürchten, dass die Urkantone dadurch abgehängt werden und es zu einer Entsiedlung des Raumes kommt. Die Zentralschweiz im nationalen Kontext – Bezüge zu anderen Regionen Der benachbarte Raum AareLand ist für die Zentralschweiz eine Transitachse, sowohl durch die wichtige Nord-Süd-Achse (Basel-Luzern-Lugano), wie auch durch die an Bedeutung gewinnende West-Ost-Achse. Diese beiden Achsen begünstigen wirtschaftliche Verbindungen und erleichtern die für die Zentralschweiz immens wichtige Erreichbarkeit der Region für Touristen. Auch viele Pendler nutzen diese Verbindungen. Daneben dient das Aareland als Logistik- und Energiezentrum. Der dynamische Wirtschaftsmotor Zürich hat einen grossen Einfluss auf die Zentralschweiz und gibt der Region viele Impulse. Die zahlreichen Arbeitsplätze des Finanzplatzes Zürich bringen auch Geld in die Zentralschweiz. Auf der anderen Seite zieht es viele Leute aus der

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Region nach Zürich zum Einkaufen oder Arbeiten, aber auch um das breite und qualitativ gute Kultur- und Ausbildungsangebot zu nutzen. Der Flughafen Zürich ist aus der Zentralschweiz gut erreichbar und bedeutet das „Tor zur Welt“. Die Bezüge zur Ostschweiz sind gering. Lediglich die HSG wird als Anzugspunkt wahrgenommen. Daneben sieht man die Ostschweiz als landwirtschaftlichen Produktionsraum und als Konkurrenz im Tourismus (v.a. Graubünden). „In Bern oben“ werden die politischen Entscheidungen getroffen. Bern wird als Beamten- und Verwaltungsstadt gesehen, die durch die zunehmend besseren Bahnverbindungen immer näher rückt. Der Raum Bern hat sonst eher ein ländliches Image und gilt als Konkurrent im Tourismus (Alpen). Die Dreiländer-Region Basel ist „Tor zum Norden“. Der kulturelle Bereich hat eine grosse Ausstrahlung, wie in der Zentralschweiz ist auch in Basel die Fasnacht wichtiger Bestandteil des kulturellen Lebens. Mit Basel werden die chemische Industrie und die Funktion als Messeplatz assoziiert. Die Berührungspunkte mit der Romandie sind eher gering, dies ist unter anderem bedingt durch die Sprachgrenze. Am Jurabogen schätzt man aber die offene Landschaft, welche als Erholungsraum oder für Ferien genutzt werden kann. Bekannt ist die Region auch für die Produktion von hochwertigen Uhren. Beim Léman-Becken sahen die Teilnehmenden einige ähnliche Elemente wie in der Innerschweiz (See, Tourismus). Das Léman-Becken besticht durch seine internationale Ausrichtung, Weltoffenheit und Multikulturalität. Das Wallis bietet viele Möglichkeiten für Erholung und Ferien. Zum Tessin empfindet man eine „Transit-Solidarität“. Man sieht sich in einer Art Alpengemeinschaft und will den Alpenraum gemeinsam entwickeln. Man schätzt das Tessin als Naherholungsgebiet und Ferienregion mit einem grossen Naturpotenzial. Die Zentralschweiz hat auf Grund ihrer geographischen Lage keine grossen Bezüge zu den Nachbarländern, am ehesten zu Italien. Insbesondere die Metropole Mailand ist gut erreichbar und eignet sich für Kurzferien und Ausflüge. Zu Österreich erwähnten die Teilnehmenden die Konkurrenz im Tourismus und im Skisport. Die Kulturnation Frankreich ist als Feriendestination beliebt, insbesondere Paris. Zu Deutschland, das in der Zentralschweiz vor allem für Bier und Fussball bekannt ist, hat man eine ambivalente Beziehung, jedoch ist man sich bewusst, dass Deutschland einer der wichtigsten Exportmärkte und ein starker Wirtschaftsmotor ist. Fremdbild Von den anderen Regionen wird in der Zentralschweiz das KKL Luzern als Kulturzentrum stark wahrgenommen. Man sieht die Region als „Postkartenschweiz“ mit einer typischen Landschaft. Für das AareLand ist die Zentralschweiz als Natur- und Erholungsraum wichtig. Die Ostschweiz und Graubünden sehen gewisse Ähnlichkeiten, mit dem Unterschied, dass die Zentralschweiz ein klares Zentrum hat. Aus Zürcher Sicht gehört die Zentralschweiz als Agglomeration zum Grossraum Zürich. Die Region dient als Arbeitskräftepool und Erholungsraum mit vielen Freiräumen, auch als Zweitwohnungssitz ist die Zentralschweiz beliebt. Die Berner erwähnten zusätzlich den Steuerwettbewerb, der in der Region betrieben wird. Eine Verbindung entsteht durch den gemeinsamen Alpenraum. Herausforderungen und Schlüsselaufgaben Die Teilnehmenden fragten sich, ob ein Raumkonzept Schweiz den Randregionen in Bezug auf Wirtschaftsförderung und Sicherung der Arbeitsplätze, Verkehrswege und Umweltstrategien gerecht werden kann. Sie forderten einen neuen Umgang mit den Agglomerationen. Es sollen Prioritäten gesetzt und die Agglomerationen qualitativ aufgewertet werden.

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Eine aktive Wirtschaftsförderung soll Arbeitsplätze aufbauen, die in der Landwirtschaft verloren gegangen sind. Unter dem Aspekt der Konkurrenzfähigkeit soll der Tourismussektor ausgebaut werden. Im Zusammenhang mit der Siedlungsentwicklung muss der demographische Wandel vorausschauend berücksichtigt werden. Die Verbesserung der Qualität der Siedlungen hängt weitgehend von der Baukultur, ökologischen Aspekten und der Erschliessung (durch den öffentlichen Verkehr) ab. Dazu beitragen kann auch eine qualitative Verdichtung bei gleichzeitiger Erhaltung von öffentlichen Freiräumen. Das Siedlungsgebiet und damit auch die Bauzonen sollen beschränkt werden (keine weitere Zersiedelung). Der Fokus ist mehr auf eine Verdichtung zu legen. Auch die Baulandhortung soll aufgegeben werden. Die Idee von überkommunalen Nutzungszonen mit entsprechenden Ausgleichsmechanismen fand Anklang bei den Teilnehmenden, die Umsetzung stellt aber eine Herausforderung dar. Eine grosse Herausforderung ist die Erhaltung der Qualität des Raumes Zentralschweiz. Eine Abstimmung von Verkehrs- und Siedlungsräumen (in den Agglomerationen) trägt dazu bei. Wichtige Faktoren sind die Verlagerung des Schwerverkehrs der Nord-Süd-Achse auf die Schiene und eine raumsparende Erfüllung der Aufgaben. Die Landwirtschaft trägt zur Erhaltung der Kulturlandschaft bei, eine Ausrichtung auf Qualitätsprodukte und Agrotourismus kann den landwirtschaftlichen Sektor stärken. Ziel ist eine Verbindung von Landwirtschaft, Ökologie und Erhaltung des Landschaftsbildes. Zu den wichtigsten Herausforderungen für die Zentralschweiz gehören Fragen der Governance. Dies betrifft die gemeinsame Entwicklung einer Vision, deren Umsetzung von einem Konsens getragen werden muss. Auf Bundesebene sollten griffigere Zielvorgaben geschaffen werden (inkl. Controlling). Wichtig dabei ist, Konzepte mit den funktionalen Räumen entsprechenden Potenzialen zu entwickeln und zu vernetzen. Dies kann auch über Strukturreformen gehen (z.B. Fusionen). Im Vordergrund stehen jedoch Kooperation, Aufgabenteilung und Harmonisierung (interkantonal und –kommunal). Kernaussagen des Forums • Die landschaftliche Schönheit mit den Seen und Bergen in der Zentralschweiz ist eine

besondere Qualität. Dies macht die Region für den Tourismus und als Wohnraum attraktiv. Eine Symbiose aus Landwirtschaft und Tourismus könnte diese Attraktivität noch stärken.

• Die guten Verkehrsinfrastrukturen der Region führen zu einer hohen Erreichbarkeit und Mobilität. Die wichtigen Infrastrukturen müssen weiter gestärkt und mit der Siedlungsentwicklung abgestimmt werden.

• Zusammenarbeit und Governance müssen verbessert werden. Dies kann auch Strukturreformen und Fusionen betreffen.

• Es braucht eine aktive Wirtschaftsförderung um Arbeitsplätze zu schaffen. Dazu gehört die Entwicklung eines eigenständigen wirtschaftlichen Profils.

• Das Siedlungsgebiet muss beschränkt und verdichtet werden bei gleichzeitiger Verbesserung der Qualität der Siedlungsräume und Erhaltung von Freiräumen.

• Der Bund soll in der Raumentwicklung klarere Zielvorgaben machen und deren Umsetzung kontrollieren.

Der Metropolitanraum Zürich (Forum Winterthur – Einzugsgebiete ZH, SH, TG, ZG, GL, Teile des AG und SZ) Der Grossraum Zürich ist als führender Metropolitanraum der Deutschschweiz anzuerkennen und in dieser Rolle zu stärken. Dies ist die zentrale Forderung der Teilnehmenden am Forum in Winterthur. Die hohe Dichte, die Internationalität, aber auch ein hohes Ausbildungsniveau und die Bereitschaft für Veränderungen schaffen beste Voraussetzungen, damit Zürich weiterhin als Entwicklungsmotor der Schweiz

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agieren kann. Für diese Führungsrolle ist es auch wichtig, dass die Rolle der Nachbarräume (im Sinne von Komplementärräumen) festgelegt und die Beziehungen entsprechend ausgestaltet werden. Vor allem beim Verkehr sind aber Massnahmen notwendig, damit Zürich nicht ins internationale Abseits gerät. Identität, Stärken und Schwächen des Metropolitanraums Zürich Der Grossraum Zürich ist in jeder Hinsicht sehr heterogen. Das Siedlungsgebiet verzeichnet starke Wechsel in der Siedlungsdichte, die ausserhalb des Kerns der Stadt geringer wird. So entstehen nicht fassbare Zwischenstädte ohne Identität. Siedlung und Landschaft sind oft eng miteinander verzahnt. Die Kleinräumigkeit mit attraktiven Naherholungsgebieten und die Qualität und Vielfalt der Räume sorgen für eine hohe Lebensqualität. Einzigartige Elemente, wie zum Beispiel der Zürichsee und die Altstadt vermögen eine Identität zu schaffen, das gut ausgebaute S-Bahn-Netz fördert das Zusammenwachsen des gemeinsamen Raums. Ansonsten ist die Region zu heterogen und multikulturell um leicht eine gemeinsame Identität auszumachen. Zürich ist Forschungs- und Bildungszentrum der Deutschschweiz. Das hohe Ausbildungsniveau der Bevölkerung, die Bereitschaft zu Veränderung und die hohe Mobilitätsbereitschaft verschaffen Zürich eine starke Innovationskraft. Die hohe Dichte ermöglicht kurze Wege und ist damit neben dem Flughafen eine Voraussetzung für die Zentralität Zürichs und die damit verbundene Wertschöpfung. Der Hauptbahnhof bildet eine Art Zentrum in einem gut funktionierenden und weitläufigen ÖV-Netz. Der Verkehr ist auch Treibkraft von Entwicklungen. Die Verkehrserschliessung ist jedoch ambivalent, denn das Verkehrssystem ist zunehmend überlastet und überfordert. Die Dynamik und die hohe Dichte Zürichs bringen Wachstum, aber auch negative Aspekte mit sich, wie beispielsweise ein hohes Verkehrsaufkommen, Siedlungsdruck, die Dominanz der Wirtschaft, höhere Umweltbelastungen und soziale Konflikte. Lokaler Egoismus erschwert die Zusammenarbeit. Planungsprozesse sind weiterhin eher sektoriell und es fehlt an einer Koordination in der Planung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden, was eine Gesamtschau und Zusammenarbeit schwierig macht. Randgebiete fühlen sich zurückgestuft, wenn sie von den städtischen Gebieten nur als Erholungsraum gesehen werden. Gerade für urbane Zentren sind solche Erholungsräume jedoch wichtig. Der Metropolitanraum Zürich im nationalen Kontext – Bezüge zu anderen Regionen Zürich ist das wirtschaftliche, kulturelle und mediale Zentrum innerhalb der Schweiz. Zürich bietet eine hohe Internationalität und hat ein sehr positives Image in den Bereichen Wirtschaft und Tourismus mit einer hohen Dynamik, Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit. Vor allem der Finanzsektor ist sehr stark, was ein gewisses Cluster-Risiko birgt. Basel stellt für Zürich eine Partner-Stadt und einen komplementären Metropolitanraum dar, zu dem Netzwerke ausgebaut werden sollen. Basel ist auch ein Vorbild in der regionalen und internationalen Zusammenarbeit. Das AareLand wird als Wohngebiet Zürichs und als Pendlerraum und Arbeitskräftereservoir gesehen. Als Transitraum und Infrastrukturzentrum erbringt die Region wichtige logistische Dienstleistungen in den Bereichen der Ver- und Entsorgung. Zudem ist die Region ein wichtiger Energielieferant. Bern ist das Zentrum der Bundespolitik und –verwaltung und von Zürich aus in weniger als einer Stunde erreichbar. Daneben erfüllt es für Zürich kaum Funktionen, ausser als „Brücke zur Westschweiz“. Zum Jurabogen hat Zürich keine besonderen Beziehungen. Die Region ist eher unbekannt. Sie gilt als Heimat der Uhren und als Erholungsraum mit sanftem Tourismus, der von den Zürchern jedoch kaum genutzt wird.

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Im Léman-Becken mit seinen zahlreichen internationalen Organisationen, Verbands- und NGO-Sitze und der hohen Qualität als Bildungsraum sieht man als einen komplementären Raum zu Zürich. Die Ostschweiz dient Zürich als Wohn- und Naherholungsgebiet, ist aber gleichzeitig Teil des Wirtschaftsraumes Zürich. Im Bildungsbereich ist die HSG ein Ausstrahlungspunkt. Die Region Graubünden eignet sich sehr gut als Zweitwohnungssitz, als Naherholungsgebiet für den Tagestourismus und für Ferien und bildet somit einen Komplementärraum. Er dient auch als Stromlieferant. Das Tessin ist für Zürich mehr als nur Sonnenstube und Alters- und Zweitwohnsitz. Als Erholungs- und Tourismusraum eignet er sich für Kurzurlaube, darüber hinaus ist das Tessin das Tor zur Metropole Mailand und es bestehen Verbindungen zwischen den Finanzplätzen Zürich und Lugano. Die Entwicklungen im Bildungsbereich und die jetzt schon qualitativ hochwertige Ausbildung in der Architektur sind auch für Zürich wichtig. Allgemein gilt die EU als Taktangeber im Umwelt- und Energiebereich. Italien gilt traditionell als Ferienland, bringt jedoch auch potenzielle Gäste. Besonders wichtig ist der Wirtschaftsraum in Norditalien wie auch der starke Transitverkehr in diese Region. Durch die NEAT erhofft man sich gewisse Veränderungen. Frankreich ist eher ein unbekanntes Gebiet. Es ist Lieferant für Energie und Konkurrent in Hightech und Industrie. Ansonsten ist es ein beliebtes Ferienland. Zu Deutschland bestehen starke Wirtschaftsbeziehungen (einfache Produktionsbedingungen, Einkaufstourismus). Es ist ein Arbeitskräftepool für Hochqualifizierte und gilt als Quellgebiet für den Tourismus. Durch die wirtschaftliche Entwicklung in Süddeutschland könnte in der Schweiz ein gewisser Siedlungsdruck spürbar werden, auch die Zahl der Grenzgänger im Raum Zürich nimmt zu. Mit Deutschland werden die Probleme im Bereich des Luftverkehrs assoziiert. Österreich wird als Partner und „Anwalt“ in der EU gesehen. Die alpine Ferienregion ist ein Vorbild im Energiebereich, das Österreich ohne KKWs auskommt und einen grossen Teil seines Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien und Wasserkraft deckt. Es bestehen jedoch Defizite in der Verkehrsanbindung. Liechtenstein konkurriert mit Zürich im Bankensektor. Fremdbild Für die übrige Deutschschweiz und das Tessin ist der Grossraum Zürich die Metropole schlechthin. Sie ist das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Schweiz. Mit Zürich wird nebst der Wirtschaftskraft Lifestyle und Urbanität verbunden. Sie bildet kulturell, aber auch verkehrstechnisch, insbesondere durch den Flughafen, das „Tor zur Welt“. In Zürich konzentriert sich ein grosser Teil der Medienlandschaft. Die vielfältigen Impulse der Metropole möchten aufgenommen und wenn möglich soll davon profitiert werden. Gleichzeitig sind aber auch der Konkurrenzdruck, die hohe Dynamik und die Sogwirkung, die von diesem Raum ausgehen spürbar und man kommt nicht umhin, sich daran zu messen (Benchmark). Besonders Basel sieht sich in einer gewissen Konkurrenz in zentralen Funktionen. Für einige Regionen der Ostschweiz ist der Grossraum Zürich ein touristisches Quellgebiet. Gäste, die Erholung suchen, nutzen die Landschaft und investieren teilweise in den Ferien- und Freizeitregionen. Auch deshalb erachten die ländlichen Räume die gute Anbindung an den Metropolitanraum als wichtig. Für die Westschweiz stellt Zürich vor allem das wirtschaftliche und finanzielle Entscheidungszentrum dar. Herausforderungen und Schlüsselaufgaben

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Die Zentrumsfunktion des Grossraums Zürich und sein positives Image mit internationaler Ausstrahlung ist ein besonderes Potential der Region. Zürich muss als Metropolitanraum der Deutschschweiz entsprechend gefördert und gestärkt werden. Diese Rolle soll vom Bund anerkannt und bei der Strukturierung der Schweiz entsprechend berücksichtigt werden. Dazu müssen aber auch die Rollen der Nachbarräume und die Beziehungen zu diesen thematisiert werden. Sie sind für Zürich in erster Linie Komplementärräume, wie z.B. der Aargau, der als logistische Basis und als Wohnraum dient. Es gilt als eine Schlüsselaufgabe, die räumlichen Komplementariäten zu fördern, und deren Perspektiven aufzuzeigen. Es soll nicht mehr überall alles gemacht werden. Aufmerksamkeit ist auch der inneren Struktur der Metropolitanregion zu schenken. Sie muss so ausgestaltet werden, dass differenzierte Räume erkennbar bleiben und die Verzahnung von Siedlung und Landschaft als Merkmal der Siedlungsqualität erhalten bleiben (Trennung des Siedlungs- vom Nicht-Siedlungsgebiet). Eine weitere Zersiedelung muss verhindert werden. Die Verteilung der Siedlungsräume müsste diskutiert und die Siedlungsentwicklung in Regionen geplant werden. Der Bund soll nationale Interessen und Aufgaben formulieren, wie z.B. für die NEAT und den Flughafen. Bei der Abstimmung zwischen der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung mit der Landschaft besteht heute ein Defizit. Siedlung und Verkehr sind so zu planen, dass die Mobilität, insbesondere die Freizeitmobilität, minimiert werden kann. Eine hohe Qualität des öffentlichen Verkehrs ist besonders wichtig. Es bestehen allerdings Defizite insbesondere bei der internationalen Verkehrsanbindung, welche für die Wettbewerbsfähigkeit Zürichs äusserst wichtig ist. Um vor allem in Europa nicht weiter an die Peripherie gedrängt zu werden, muss die Anbindung an den Flugverkehr und der Anschluss ans internationale Schienennetz optimaler gestaltet werden. Im Bildungs- und Kulturbereich an der Spitze zu sein ist für Zürich unabdingbar. Das gute, internationale Image von Zürich ist eine optimale Ausgangslage für den Tourismus. Dieser könnte in der Schweiz noch stärker mit den Metropolitanregionen verknüpft werden. So wäre eine internationale Positionierung Zürichs mit der Achse Luzern - Titlis sowie Genfs mit dem Matterhorn denkbar. Dass der Finanzsektor der Hauptentwicklungsmotor der Metropole Zürich darstellt, wurde als Selbstverständlichkeit betrachtet, gleichzeitig aber auch als Cluster-Risiko identifiziert. Wie diesem Risiko begegnet werden könnte, ist unklar. In den Bereichen Tourismus, Bildung und Kultur sollen Netzwerke gepflegt und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit gefördert werden. Die Raumplanung muss stärker in funktionalen Räumen denken und handeln. Eine interkommunale und interkantonale Planung erfordert jedoch auch gute Methoden der Konsensfindung, mit der Ziele offen gelegt und die Sektoralpolitiken aufeinander abgestimmt werden können. Es gilt, den regionalen Verteilkampf um die Mittel zu beenden. Raumplanerisch sinnvolles Verhalten könnte finanziell belohnt werden. Es soll nach Möglichkeiten gesucht werden, um die Funktionalräume in irgendeiner Form institutionalisieren zu können. Die heutigen Raumplanungsinstrumente und die politischen Strukturen werden als ungenügend erachtet, um die anstehenden Probleme zu lösen. Kernaussagen des Forums • Der Raum Zürich nimmt national und international eine wichtige Zentrumsfunktion ein. • Die Metropolitanregion Zürich soll gefördert und gestärkt werden. In den Bereichen ÖV,

Bildung, Kultur und Innovationskraft hat Zürich bereits eine hohe Qualität erreicht. • Um eine Siedlungsbegrenzung zu erreichen braucht es eine nationale Siedlungspolitik.

Eine Abstimmung zwischen Siedlung, Verkehr und Landschaft ermöglicht die Sicherung der Qualität.

• Die Planung muss mehr in Funktionalräumen erfolgen. Diese müssen institutionalisiert werden, damit ein überregionaler Ausgleich möglich wird.

• Räumliche Komplementaritäten und die damit zusammenhängenden Perspektiven sollen gefördert werden.

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Der Metropolitanraum Basel (Forum Liestal – Einzugsgebiete BS, BL, AG, JU sowie Grenzgebiete Frankreich und Deutschland) Als trinationale Metropole und multimodale Verkehrsdrehscheibe nimmt der Raum Basel für die Schweiz im Austausch mit Europa eine einzigartige Rolle ein. Diese Position soll gestärkt und weiter ausgebaut werden. Gleichzeitig sollen die Rahmenbedingungen für den wichtigen Arbeitsplatzstandort Basel - vor allem für die Life Science und die chemische Industrie - optimal gestaltet werden. Auch der Messeplatz Basel hat eine internationale Ausstrahlung. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist in der trinationalen Agglomeration Basel zwar selbstverständlich, eine kohärente grenzübergreifende Siedlungsstrategie fehlt jedoch. Identität, Stärken und Schwächen des Metropolitanraums Basel Basel hat die Qualitäten einer Grossstadt. Durch seinen Hafen und Flughafen und die gute Eisenbahnanbindung erfüllt die Stadt eine Funktion als Tor zu Europa, für Waren wie für Personen. Kleinräumigkeit und viele Grenzen bestimmen das institutionelle Gefüge, die Region tritt nicht als „Ganzes“ auf (z.B. als „Nordwestschweiz“) und ist nicht klar definiert. Eine vielfältige und intakte Landschaft mit dem Rhein als zentrales Element in der Nähe der Siedlungsgebiete sind prägende Merkmale und erzeugen eine Art Mosaik im Landschaftsbild. Die Region vereint viele verschiedene Nutzungsansprüche auf engstem Raum und zeichnet sich durch kurze Wege aus. Die Beziehung zu den Nachbarn Deutschland und Frankreich ist geprägt durch Zusammenarbeit und Vielfalt, aber auch Abgrenzung. Die Trinationalität ist denn auch eines der Merkmale der Region. Dadurch (und durch die Zweisprachigkeit) wird sie zu einer europäischen Region mit einer internationalen Bevölkerung. Die Basler konnten bereits viele Erfahrungen in der grenzübergreifenden Zusammenarbeit sammeln. Es findet ein Informationsaustausch auch über die Landesgrenzen hinweg statt und anderen Kulturen begegnet man mit Offenheit. Basel zeichnet sich durch eine hohe städtebauliche Qualität aus, die schon eine hohe Dichte erreicht hat. Dennoch besteht in der Verdichtung des urbanen Raumes ein noch nicht völlig genutztes Potenzial. Dabei ist hinderlich, dass Partikularinteressen oft ein strategisches öffentliches Interesse überwiegen. Dadurch bleibt der Druck auf die Landschaft hoch, die Entwicklung ist schwieriger zu kontrollieren und der Raum wird zerschnitten. In der Peripherie ist die Qualität der Siedlungsentwicklung zu verbessern. Es besteht ein breites Verkehrsangebot in der Luft, auf der Strasse, der Schiene und im Wasser, Basel ist somit eine multimodale Verkehrsdrehscheibe. Der öffentliche Verkehr ist gut ausgebaut mit einem hohen Anteil am Modal Split. Ein grenzübergreifendes Netz im öffentlichen Verkehr (S-Bahn) fehlt aber. Strasse und Schiene zeigen zunehmend Anzeichen der Überlastung. Das Verkehrsmanagement und die Möglichkeiten im Langsamverkehr sollten ausgebaut werden. In der Durchlässigkeit beim internationalen Personenverkehr besteht noch Potenzial, damit Basel noch mehr zu einem „Tor“ werden kann. Die abwechslungsreiche Natur ist durch die kurzen Distanzen schnell erreichbar und dient als Naherholungsraum. Dieser Gegensatz von Stadt und Land wurde von den Teilnehmenden als Stärke gesehen. Die zunehmende Verwaldung und die Siedlungsentwicklung stellen eine Gefahr für die Landwirtschaftflächen dar. Die Landwirtschaft ist gekennzeichnet durch eine starke Zweiteilung in ihrer Ausrichtung auf Hochertragslandwirtschaft und ökologische Produktion in den Tälern. Defizite sind der Verbrauch an qualitativ hochwertigen Böden im Talbereich und die starke Fragmentierung der Landschaft. Die kleinen Strukturen sind Ausdruck von Partikularinteressen

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(Gemeindeautonomie), das Denken ist weiterhin ländlich, während die Ansprüche urban geworden sind. Im Tourismus bestehen noch grosse ungenutzte Potenziale. Vor allem trinationale Aktivitäten könnten stärker gefördert werden, auch bezüglich Kultur und Schulen. Das Bildungs- und Kulturangebot ist in Basel allerdings schon breit und auf hohem Niveau. Basel ist ein wichtiger Standort in der Life Science und chemischen Industrie, was einen grossen Teil der wirtschaftlichen Stärke der Region ausmacht und eine hohe Wertschöpfung bringt. Auch die wichtige Stellung als Arbeitsmarkt und die hohe Finanzkraft der Region ergeben sich z.T. daraus. In diesem Zusammenhang ist auch der Forschungsstandort ein wichtiger Faktor. Durch die starke Ausrichtung auf diesen Sektor besteht aber ein Cluster-Risiko. Zudem hat Basel als „Chemiestadt“ ein Imageproblem. Über die Grenzen hinweg sind bessere Beziehungen und Vernetzungen zu schaffen. Dies könnte u.a. bei der Verbesserung des gegenseitigen Images helfen, die Beziehungen zu Europa verbessern und die Mehrsprachigkeit fördern. Dafür muss die Gesetzgebung harmonisiert werden. Die politischen Grenzen sind nicht nur für die Zusammenarbeit ein Hindernis, auch bei steuerlichen Regelungen oder Schulen ergeben sich daraus Probleme. Zudem besteht eine ungenügende Abgeltung der Zentrumslasten. Der Metropolitanraum Basel im nationalen Kontext – Bezüge zu anderen Regionen Das grenznahe Ausland hat für den Raum Basel eine wichtige Bedeutung, beispielsweise für Freizeit und Kultur, aber auch als Wohnraum und für die Bildung. Für eine gemeinsame Siedlungsentwicklung im trinationalen Raum besteht noch grosses Potenzial. An Frankreich wird die kulturelle und kulinarische Vielfalt geschätzt. Hier finden sich auch grosse Landschaftsräume, die auf Schweizer Seite nicht da sind und für die Erholung genutzt werden. Die grenznahen Gebiete in Deutschland und Frankreich sind ein wichtiges Reservoir an Arbeitskräften. Stärker betont werden aber die Funktionen für den Handel und als Wirtschaftsraum, der auch viele Einkaufsmöglichkeiten bietet. Zum Jurabogen bestehen einige enge Bezüge. Vor allem die im Jura angesiedelte Uhren- und High-Tech-Industrie ist für Basel wichtig. Abgesehen davon dient der Raum für die Basler für Freizeit und Tagesausflüge, es gibt gewisse Sympathien zwischen den beiden benachbarten Regionen. Aus Balser Sicht ist die Randregion bedroht durch aussterbende Orte und Industriesterben. Auf Grund der vergleichbaren grenzüberschreitenden Situation im Léman-Becken werden von den Baslern Ähnlichkeiten zwischen den beiden Metropolitanräumen gesehen. Besonders hervorgehoben werden die spektakuläre Landschaft um den See und der internationale Charakter der Region, wie auch die Funktion als Bildungs- und Forschungszentrum. Bern hat die Bedeutung des Verwaltungs- und politischen Zentrums. Die wichtigsten Verflechtungen sind darauf bezogen. Bern erfüllt aber auch eine wichtige Funktion im Gütertransit. Im Gesundheitsbereich findet zwischen Basel und Bern eine Kooperation statt. Ansonsten wird die Region touristisch genutzt. Das AareLand ist der Raum „dazwischen“, viele sehen in erster Linie die Funktion der Transitregion und als Energielieferant. Sie übernimmt auch eine Rolle im Bildungsbereich und ist Pendlerregion mit vielen Arbeitskräften. Der Jura wirkt als verbindendes Element der Regionen. Einige der Teilnehmenden empfanden den Raum Basel-Aarau-Zürich als metropolitanen Grossraum. Ein starker Pendlerverkehr herrscht auch zwischen Basel und Zürich. Die beiden Metropolen stehen in einem wirtschaftlichen Wettbewerb, die Konkurrenz betrifft hochzentrale Funktionen. Andererseits wird Zürich auch als wirtschaftlicher Partner angesehen, der eine gewisse Dynamik ausstrahlt. Zürich ist auch ein wichtiger Finanzplatz und bietet hochwertige Ausbildungsmöglichkeiten. Eine zentrale Rolle nimmt der interkontinentale Luftverkehr ein.

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Bezüge zur Ostschweiz ergeben sich fast ausschliesslich über den Tourismus in der Bodensee-Region und Graubünden. Ein interessanter Aspekt der Region sind die Ausbildungsmöglichkeiten an der HSG. Der Raum Innerschweiz wird als Postkartenlandschaft („Urschweiz“) angesehen, seine wichtigsten Funktionen sind der Tourismus und die Transitachse in Richtung Süden. Erwähnenswert war für die Teilnehmenden die kulturelle Bedeutung des KKL. Auch der Steuerwettbewerb gehört zum Image der Region. Vom Tessin hat man das Bild des deutschschweizerischen „Altersheims“. Das mediterrane Flair ist Anzugspunkt für den Tourismus. Eine weitere wichtige Funktion betrifft den Transitkorridor der Nord-Süd-Achse nach Italien. Die Teilnehmenden erwähnten zudem die erfolgreichen Gemeindefusionen im Tessin. Fremdbild Die Region Basel wird von einem grossen Teil der Deutschschweiz als ein Zentrum für Kultur, Bildung und Forschung angesehen. Viele Regionen sehen Basels wichtige Rolle in der chemischen Industrie und Life Science, genauso wie es durch seine multimodale Verkehrsanbindung die Funktion der Pforte nach Europa erfüllt. Für das Aareland und den Jurabogen hat Basel eine wichtige Bedeutung als Arbeitsort. Zürich sieht in Basel ein Vorbild für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Die Region bildet auch eine Art Komplementärraum zu Zürich, beispielsweise in der Funktion als Messestandort. Für Bern ist Basel eine Zubringerregion (Waren, Verkehr). Herausforderungen und Schlüsselaufgaben Die Teilnehmenden des Forums sehen es als wichtige Aufgabe an, die Identität des eigenen trinationalen Raumes zu stärken. Eine polyzentrische Raumentwicklung im Sinne der Nachhaltigkeit würde eine Vielfalt und Mischung der Nutzungen ermöglichen, zu mehr Chancengleichheit führen und eine Sicherung des Potenzials bringen. Gefordert wird eine Konzentration des Mitteleinsatzes auf Stadtregionen und Entwicklungsachsen, insbesondere eine Stärkung der Metropolitanregionen und deren Infrastrukturen. Das Raumkonzept soll der industriellen Entwicklung nicht im Wege stehen. Auf die Siedlungsentwicklung bezogen ist eine Konzentration der Entwicklung mit Fokus auf Verdichtung wichtig, um den Verlust weiterer Flächen aufzuhalten. Auch Umweltaspekte müssen dabei berücksichtigt werden. Freiräume und Landschaftsräume müssen konsequent geschützt werden. Ein Problem stellt sich dabei aber beim Vollzug. In diesem Zusammenhang ist ein wirksames Management der bestehenden Siedlungs-, Verkehrs- und Landflächen wichtig. Eine Umnutzung (z.B. Industriebrachen) oder bessere und intensivere Ausnutzung einiger Flächen ist zu prüfen. Auch in einem weiter verdichteten urbanen Raum sind Kultur und Landschaft zu integrieren und die Vielfalt zu wahren. Die Verbesserung und Koordination der (transnationalen) Mobilität durch den Ausbau der regionalen S-Bahn (Feinerschliessung) und den Aufbau eines Tarifverbundes sind weitere Anliegen. Die Verkehrsinfrastruktur soll vom Transitverkehr entlastet werden. Zu berücksichtigen sind dabei sowohl die Chancen wie auch die Verteilung der Lasten des Verkehrs. Bezüglich Bauen in Landwirtschaftszonen herrscht Uneinigkeit. Während die eine Seite die Forderung vertritt, dass eine produzierende Landwirtschaft funktionale Gebäude errichten können muss, fordert die andere, dass bestehende Bauten in Landwirtschaftszonen nicht entwickelt werden und nur da erhalten werden sollen, wo es sinnvoll ist. Wenn ein Rückbau möglich ist, soll dieser geschehen. Eine zusätzliche Forderung war, dass auch das Thema Wald ins Raumkonzept integriert wird. Die wichtigsten Anliegen der Teilnehmenden betreffen die Bereiche Governance resp. die Umsetzung des Raumkonzepts. Der Bund braucht mehr Kompetenzen bei der Entscheidung zwischen Baugebiet und Nichtbaugebiet. Die Raumplanung in der Nordwestschweiz

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inklusive der grenzübergreifenden Region mit Deutschland und Frankreich muss koordiniert vor sich gehen und regional kohärent sein. Betreffen könnte dies die Bereiche Verkehr, Siedlung und Landschaft, jeweils unter dem Fokus der Erhaltung der natürlichen Ressourcen. Die Region muss bezüglich Arbeitsplätzen und Bevölkerung aber auch qualitativ entwickelt werden. Die Teilnehmenden halten eine Siedlungsbewirtschaftung mit grenzüberschreitenden Instrumenten für notwendig. Der Bund soll auch klare Vorgaben zur Siedlungsentwicklung machen und strategische Entwicklungsschwerpunkte festlegen. Die tatsächlichen funktionalen Räume müssen als Planungseinheiten etabliert und mit Kompetenzen und finanziellen Mitteln ausgestattet werden. Dabei sollten regionale kantonsübergreifende Richtpläne erstellt werden, dies erfordert allerdings eine starke Koordination (auch mit Blick auf das Spannungsfeld Steuerwettbewerb versus Raumplanung). Das Raumkonzept Schweiz muss dafür mit der europäischen Strukturpolitik und Raumordnung abgestimmt werden. Ein Konflikt besteht zwischen der Funktion als Verkehrsdrehscheibe und der Siedlungs- und Landschaftsentwicklung. Zu prüfen wäre eine durch den Bund finanzierte und mit dem Ausland abgesprochene Verlagerung. Kernaussagen des Forums • Der Sektor Chemie und Life Science ist von besonderer Wichtigkeit für die Region, der

Standort soll erhalten bleiben. • Es besteht eine Notwendigkeit der koordinierten Planung in der Nordwestschweiz, welche

die grenznahen Regionen Frankreichs und Deutschlands mit einbezieht. • Die Infrastruktur im öffentlichen Verkehr muss verbessert werden, inklusive S-Bahn und

einem trinationalen Tarifverbund. • Die Metropolitanregionen müssen gestärkt werden (Léman-Becken, Basel, Zürich). • Es müssen neue Formen der Governance gefunden werden, die die verschiedenen Akteure und Sachbereiche mit einbeziehen.

Städtenetz Tessin (Forum Lugano) Die italienische Schweiz befindet sich im Spannungsfeld zwischen Norden und Süden, dies macht einerseits eine bessere Integration in die Schweiz und andererseits eine stärkere Öffnung nach Italien notwendig. Am Forum in Lugano beschäftigte die Teilnehmenden die wichtige Frage wie man in Zukunft der Metropole Mailand begegnen soll. Eine intelligente Öffnung gegen Süden bedingt eine bessere Integration des Tessins in die Schweiz, wie auch die Erkenntnis nördlich der Alpen, dass die territoriale Entwicklung nicht in Chiasso aufhört, sondern sich vielmehr an der italienischen Logik ausrichten muss. Während Basel und Genf auch für grenznahe ausländische Territorien schwerpunktmässig das Zentrum bilden, übernimmt im Tessin die Metropole Mailand diese Funktion. Die italienische Schweiz hat eine wichtige Brückenfunktion zwischen Norden und Süden. Eine bessere Kenntnis des Tessins und eine kantonale Vision, die vom Bund integriert und unterstützt wird, würden der Region helfen eine Plattform des Austauschs zu werden, anstatt nur ein Transitkorridor zu sein. Identität, Stärken und Schwächen des Städtenetzes Tessin

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Die wertvolle Landschaft des Tessins wird bestimmt durch eine Dichte und Unterschiedlichkeit an Elementen in einem Landschaftsbild mit wenigen flachen Gebieten. Dies ist eine oft verkannte Qualität, die erhalten werden muss. Die Region ist durch ihre Lage und das unebene Gelände stark isoliert. Die periphere Lage und die Situation als Minderheit in der Schweiz bringen für das Tessin einige Nachteile. Die besonders hohe Lebensqualität zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass es möglich ist, in der Talebene zu leben, ein Ferienhaus in den Bergen zu haben und in der Stadt zu arbeiten ohne sehr grosse Distanzen zurücklegen zu müssen. Ein Teil der Identität ist die Verbindung zur Geschichte in Bezug auf Gesellschaft und Boden, dieser Aspekt geht jedoch zunehmend verloren. Überhaupt ist die Landschaft ein prägendes Element, die Weintraubenterrassen, die Steinmauern und die „rustici“ ergeben ein markantes Bild. Die Biodiversität bringt eine Vielzahl und grosse Reichhaltigkeit an Produkten mit sich, die in der ganzen Schweiz beliebt sind. Das Tessin ist ein Teil der „Regio Insubrica“, die Weiterentwicklung der Region wird aber durch die vielen Grenzen gehemmt. Die Region bildet die natürliche „grüne Lunge“ zwischen den nahen Metropolen Zürich und Mailand. Wichtig für die Eigenständigkeit des Tessins mit seiner eigenen Sprache und Kultur ist die Möglichkeit der Ausbildung auf eigenem Boden. Neben dem verbesserten Zugang führt dies zu einem besseren regionalen Gleichgewicht, grösserer Chancengleichheit und durch die Bildung in seiner eigenen Sprache auch zu einer grösseren Verbundenheit mit dem kulturellen Erbe der Region. Die Gesellschaft im Tessin befindet sich in einer Zwickmühle. Einerseits wird ein moderner Lebensstil gepflegt, auf der anderen Seite ist immer noch eine idyllische ländliche Vision mit archaischen Vorstellungen vorherrschend, die auch geprägt ist vom Verhältnis zwischen Berg und Tal. Die Verwurzelung im Raum nimmt allerdings stetig ab. Im Tessin hat man keine gemeinsame Vorstellungen und Visionen, viele Chancen bleiben somit ungenutzt. Die Funktion als Verkehrskorridor bringt verschiedene Konflikte mit sich, leider wird zu oft nur reagiert anstatt zu agieren. Für die Entwicklung des Territoriums ist die NEAT eine wichtige Chance, die es zu nutzen gilt. Der vorhandene Boden muss sparsam genutzt und beim Bauen auf Konzentration geachtet werden. Eine grosse Sorge besteht in der ständigen Zunahme der Verbauung der Landschaft, welche auch am Tessin nicht vorbei geht. Mit der Konzentration der Tätigkeiten auf die Zentren schreitet allerdings die Entvölkerung gewisser Gebiete voran. Bei der Ausnutzung vorhandener Potenziale bereitet die Projektierung, d.h. aus der Planungsphase in die Umsetzung zu kommen, oftmals besondere Schwierigkeiten. Auch der stark ausgeprägte Lokalpatriotismus kann manchmal ein Hindernis sein. Das Tessin im nationalen Kontext – Bezüge zu anderen Regionen Das Tessin nimmt für die Schweiz auf der Nord-Süd-Achse durch seine wichtige strategische Position eine Brückenfunktion wahr und bedeutet damit eine Öffnung gegen Süden. Die Lebensqualität der „dritten Schweiz“ mit seiner italienischen Kultur ist nicht nur im Inland bekannt. Im Tessin gibt es einige grenzübergreifende Beziehungen zu Italien. Ein wichtiger Grund dafür ist die gemeinsame Sprache. Auch im Logistikbereich spielt Italien eine sehr wichtige Rolle. Ein grosser Teil des Güterverkehrs zwischen Nord- und Südeuropa geht durch das Tessin, insgesamt besteht ein erheblicher Warenfluss. So findet sich in Italien ein Absatzmarkt für viele Tessiner Produkte (Weine DOC, Alpkäse etc.). Auf der anderen Seite kommen auch viele Produkte aus Norditalien in die Schweiz. Es gibt auch verschiedene Projekte oder Projektideen, welche die Zusammenarbeit in der Region verbessern könnten (INTERREG, „Parco“ Lombardo). Trotzdem stellen die Grenzen immer noch ein starkes Hemmnis für die Beziehungen dar. Zu Luzern und der Zentralschweiz bestehen durch die Verkehrsachse starke Bezüge, dadurch ist das Tessin auch touristisch erschlossen und aus der Zentralschweiz gut zu erreichen (z.B. für Tagesausflüge). Die beiden Regionen teilen sich auch das Gotthardgebiet

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(bestehend aus den Kantonen UR, TI, GR, VS), wo durch eine verstärkte Zusammenarbeit Projekte entstehen könnten. In der Deutschschweiz hat Zürich für das Tessin die grösste Bedeutung. Universitäre Bildung und Forschung, Kultur, der Finanzplatz und Wirtschaftsmotor Zürich stehen dabei im Zentrum. Eine Zusammenarbeit zwischen den beiden „Polen“ ist im Aufbau begriffen. Die wichtigsten Verbindungen in den Norden laufen in Bezug auf die Mobilität über Zürich. Der Aargau ist praktisch nur für seine Transitfunktion bekannt. In der Ostschweiz besteht vor allem zu Graubünden eine Verbundenheit auf Grund der italienischen Sprache und der Minderheiten-Situation und den gemeinsamen Berggebieten. Basel hat eine gewisse Bedeutung, weil es Erfahrung mit grenzübergreifenden Themen hat und für eine gewisse Öffnung gegenüber Europa steht. Daneben ist es logistisch von grosser Wichtigkeit, wie auch als Arbeits- und Ausbildungsplatz, vor allem im Zusammenhang mit dem Pharmazie-Bereich. Bern ist auch für das Tessin in erster Linie politisches und administratives Zentrum, viele Arbeitsmöglichkeiten resultieren aus dieser Funktion. Daneben hat die Bundesstadt im Ausbildungsbereich eine gewisse Relevanz. Die internationalen Beziehungen des Léman-Beckens und deren Ausstrahlung sind für das Tessin wichtig, durch die Flugverbindung Lugano-Genf ist diese Funktion für den Tessin auch erreichbar und nutzbar. Die Region bietet zudem hochwertige Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten (auch im Wallis). Abgesehen davon wird die Westschweiz als Peripherie wahrgenommen und hat kaum Bedeutung für das Tessin. Deutschland und Österreich haben für das Tessin ausser dem touristischen Potenzial und dem Verkehrsaufkommen kaum Bedeutung. Fremdbild Das Tessin wird von den anderen Regionen in erster Linie als Ferien- und Tourismusregion wahrgenommen („Sonnenstube der Schweiz“). Für die Deutschschweizer dient er auch als Alterssitz. In der Region Bern/VS wird von einem möglichen Synergiepotenzial mit dem Tessin ausgegangen. Gleichzeitig stellt sich aber auch die Frage, wie der Alpenraum als Erholungsgebiet genutzt werden kann. Dieser gemeinsame Raum wirkt für die angrenzenden Kantone (UR, TI, GR, VS) als verbindendes Element. Mit dem Gotthardraum werden aber auch Stau und Verkehrsprobleme assoziiert, da das Tessin Transitraum für den Personen- und Güterverkehr ist und das Tor nach Mailand bildet. Der Hochschulbereich im Tessin wird auch von den anderen Regionen wahrgenommen. Insbesondere der Fachbereich Architektur geniesst einen gewissen Bekanntheitsgrad. Herausforderungen und Schlüsselaufgaben Die grossen Verkehrsinfrastrukturprojekte der Nord-Süd-Achse und West-Ost-Achse werden als Chance gesehen ein neues Bild des Raumes zu zeichnen. Eine Verdichtung des Wohnraums und eine Integration des öffentlichen und privaten Verkehrs in diese Strukturen werden als notwendig angesehen. Augenmerk soll auf den Anteil des öffentlichen Verkehrs am Modal Split in und zwischen den Agglomerationen gelegt werden, wie auch auf die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Insgesamt soll mit dem knappen Boden sparsam umgegangen, ein Fortschreiten der Zersiedelung aufgehalten und der urbane Wohnraum aufgewertet werden. Um ein regionales Gleichgewicht herstellen zu können soll eine Konzentration der Ressourcen vorgenommen werden. Dafür sind Konzepte notwendig. Die strategische und institutionelle Dimension müssen mit einbezogen werden (Governance). Das Tessin könnte durch weitere Anstrengungen zu einem vierten Pol (neben Zürich, Basel und dem Léman-Becken) im Bildungsbereich werden. Dies kann eine Identität stiftende Wirkung haben. Es soll ein gemeinsames Bild der Region geschaffen werden mit dem man sich identifizieren kann. In der Planung sind Visionen nötig. Man muss begreifen, welche

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Dynamik von der Metropole Mailand ausgeht und diese für das Tessin in positivem Sinne nutzen. Eine weitere Herausforderung für das Tessin ist die Positionierung innerhalb und die Integration in der Schweiz. Durch ihre Brückenfunktion zwischen Norden und Süden kann die Region Bedeutung über die Grenzen hinaus erlangen und die Schweiz Italien näher bringen. Die Räume müssen miteinander vernetzt werden, so könnten die unterschiedlichen regionalen Projekte an Bedeutung gewinnen. Qualitativ hochwertige Lebensräume auch ausserhalb der Zentren sollten aufgewertet und innovative Modelle für ländliche Räume und Berggebiete entwickelt werden. Kernaussagen des Forums • Die vielseitige Landschaft muss eine höhere Wertschätzung erfahren und auf die

natürlichen Ressourcen ist besser zu achten. • Das Tessin nimmt eine strategisch wichtige Brückenfunktion zwischen Norden und Süden

(und damit auch zwischen Zürich und Mailand) ein. Dafür muss allerdings die Integration des Tessins in die Schweiz gestärkt werden und gleichzeitig eine Öffnung gegen Süden erfolgen.

• Die hohe Lebensqualität im Tessin mit seiner italienisch geprägten Kultur ist zu erhalten. • Für das Tessin ist es wichtig, den Ausbildungsstandort in der Region zu stärken. • Die Erreichbarkeit durch den öffentlichen Verkehr und die Mobilität sind zu verbessern. • Der knappe Boden muss sparsam genutzt werden und der Zersiedelung Einhalt geboten

werden. • Für eine intelligente Umsetzung der Strategien müssen funktionierende Governance-

Strukturen in der strategischen und institutionellen Dimension entwickelt werden. • Mailand hat für das Tessin eine zentrale Bedeutung. Die Beziehungen zur Metropole

müssen intensiviert werden.

Der Jurabogen (Forum La Chaux-de-Fonds – Einzugsgebiete Kanton Jura und Teile der Kantone NE, VD, BE) Die Teilnehmenden des Forums in La Chaux-de-Fonds beschreiben die Identität des Jurabogens und seine spezifischen Stärken und Schwächen als bevölkertes Berggebiet (montagne peuplée), das eine grosse Streuung aufweist. In der Region gibt es mehrere Zentren, aber kein Hauptzentrum. Die Region kann von einer althergebrachten Identität profitieren, zu der sich die Bewohner bekennen. Um den zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden, ist es wichtig, politische Strukturen zu finden, die den Bedürfnissen (beispielsweise der grenzübergreifenden Zusammenarbeit mit Frankreich) gerecht werden können. Von einer Einbindung in ein Netz von Kompetenzen kann die ganze Region profitieren, und komplementäre Leistungen zu den umliegenden Räumen erbringen. Dies bedingt eine Verbesserung der Koordination von Aktivitäten, der interkantonalen Beziehungen, wie auch der Beziehungen zwischen Städten und Dörfern und ganz allgemein des Angebots im öffentlichen Verkehr. Identität, Stärken und Schwächen der Region Jurabogen

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Ein bestimmendes Element der Identität des Jurabogens ist das Know-how in der Spitzentechnologie, das gleichzeitig zu den grossen Stärken der Region gehört. Der Jurabogen ist eine grenzüberschreitende Region, die zwischen der Léman-Region, dem Mittelland und Frankreich etwas abgeschieden liegt. Die vielen bewaldeten Berghänge sind trotz ihrer peripheren Lage bevölkert und bilden ein zentrales Merkmal. Die Landschaft des Jurabogens setzt sich aber aus verschiedenen Elementen zusammen, die wie ein Mosaik wirken. Dieses Landschaftsbild verhindert die Entstehung eines eigentlichen Zentrums. Einige Teilnehmer des Forums sehen das Juramassiv als Identität bildendes Zentrum. Andere hingegen bestreiten sogar die Existenz einer Region. Jedoch kann man den Jurabogen als Interessensgemeinschaft betrachten, wie auch als historische und geographische Realität. Die Bescheidenheit, Gastfreundlichkeit und die Authentizität, wie auch die Weltoffenheit sind weitere gemeinsame Merkmale der Region und ihrer Bevölkerung. Die Wirtschaftsstruktur setzt sich aus einer Kombination des ersten und des zweiten Sektors zusammen, dem traditionellen Erbe von Bauern und Uhrmachern („paysan horloger“). Zu den unbestrittenen Stärken des Jurabogens gehört die Qualität, Präzision und Spezialisierung in Nischen im Bereich der industriell-technischen Produkte wie auch der Forschung. Dabei verfügt man in der Region über qualifizierte Arbeitskräfte, ein immenses Know-how und Innovationsstärke, was die dort ansässigen Firmen auch international wettbewerbsfähig macht. Eine touristische Kultur ist nur schwach ausgeprägt, zudem sind die Übernachtungsmöglichkeiten gering. Ein Hindernis für die Ausschöpfung des touristischen Potentials ist die eher schlechte Erschliessung. Auch fehlt es dem Jurabogen an einem Anziehungspunkt. Die natürliche Umwelt ist weitgehend erhalten. Die Landwirtschaft bewahrt eine regionale Identität, ihr Qualitätsbewusstsein fördert die Verbreitung von AOC-Produkten und Labels. Entwickelte landwirtschaftliche Strukturen lassen die vielen Familienbetriebe die Vielfalt an Produkten und Landschaft bewahren. Das Potenzial in der Vermarktung der Region ist allerdings noch nicht völlig ausgeschöpft. Auch die periphere Lage stellt ein gewisses Defizit für die Region dar. Diese Lage bietet gleichzeitig eine grosse Chance, denn der Jurabogen (oder mindestens gewisse Teile) liegt in relativer Nähe zu den Metropolen Genf-Lausanne und Basel, und zum Städtenetz Bern. Dass die Region kein eigentliches Zentrum hat, wird von den Teilnehmern des Forums nicht nur als Schwäche angesehen. Jedoch erfordert diese Situation eine verstärkte institutionelle Koordination, welche im Moment noch eher schwach ist. Politisch wird denn auch eher reagiert, anstatt zu agieren. Der Jurabogen im nationalen Kontext – Bezüge zu anderen Regionen Die geographische Region Jura geht über die Landesgrenzen hinaus, daher bestehen zu Frankreich starke Beziehungen, welche für den Jurabogen zentral sind. Über Frankreich findet die Region den Zugang zu Europa, welcher für den Handel und den Absatz der in der Region hergestellten Produkte entscheidend ist. Von besonderer Wichtigkeit sind die grenznahen Gebiete auch als Arbeitskräftereservoir. Lausanne ist vor allem für Kultur und universitäre Ausbildung (EPFL) wichtig, aber auch der dritte Sektor im Léman-Becken, und die Nähe zum Interkontinentalflughafen in Genf. Die Nähe zu Bern kann ein Vorteil sein für den Zugang zur Bundespolitik und –verwaltung und um interkantonale Kontakte zu knüpfen. Auch das gut ausgeprägte Bildungs- und Spitalwesen ist von Bedeutung. Auch zu Basel hat die Region engere Beziehungen, zum einen wegen der Nähe zum Flughafen, dem Zugang zum Spitalwesen und den zahlreichen kulturellen Einrichtungen, darüber hinaus als Wirtschaftsstandort mit vielen Arbeitsplätzen. Zürich ist das Finanzzentrum und Ort vieler wirtschaftlicher Entscheidungen, der Flughafen hat auch für diese Region, wie fast für die gesamte Schweiz entscheidende Bedeutung.

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Zu den weiter entfernten Regionen hat der Jurabogen kaum nennenswerte Beziehungen. Das Aareland dient als Energieproduzent, die Region Luzern (wie z. T. auch die anderen Regionen) als Absatzmarkt für landwirtschaftliche und Luxusprodukte. Fremdbild Der Jurabogen wird von den anderen Regionen der Schweiz vor allem als Raum für Freizeit, Erholung und Tourismus gesehen. Auch die Fabrikation von Uhren und Mikrotechnik wird mit dem Jurabogen assoziiert. Für Bern bietet die Region zusätzlich gute Ausbildungsmöglichkeiten, während man in Basel und im Léman-Becken die Möglichkeiten bezüglich Zweitwohnungen im Jurabogen betont. Herausforderungen und Schlüsselaufgaben Eine der wichtigsten Herausforderungen für den Jurabogen besteht in den Bereichen der Governance. Die Region muss sich als wirkliche Region positionieren, und sich politisch fassbar machen. Dafür sind die politischen, institutionellen und wirtschaftlichen Differenzen zu überwinden. Gemeinsame Prioritäten und Entscheidungen könnten von einer überkantonalen Instanz behandelt werden, dafür wären die institutionellen Strukturen an die Gegebenheiten des Raumes anzupassen. Grenzüberschreitende Projekte könnten die Integration und Identität der Region stärken und für ein besseres Verständnis der Dynamik in der Grenzregion sorgen. Eine Streuung der durch die Grenzsituation bedingten negativen Folgen (Wohnen, Arbeiten und Steuern bezahlen in verschiedenen Kantonen resp. Ländern) wäre sinnvoll. Um das bereits bestehende Netz und das Städtenetz leistungsfähiger zu machen, braucht es insbesondere eine Verbesserung der internen Mobilität und der Anbindung an die nationalen und internationalen Netze. Die Zusammenarbeit mit allen umliegenden Gebieten und die Anbindung an diese können dem Jurabogen Vorteile bieten. Eine sinnvolle Verkehrsplanung und eine gute verkehrstechnische Erreichbarkeit könnten Impulse in Bereichen wie Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung bringen. Dies könnte unter anderem ein Mittel sein, der anhaltenden Zersiedelungstendenz Einhalt zu gebieten. Die Landschaft könnte durch die Entwicklung eines sanften Tourismus, beziehungsweise Agrotourismus („Ferien auf dem Bauernhof“, „Schlafen im Stroh“ etc.), aufgewertet werden. Die landwirtschaftlichen Zonen sollten besser geschützt und auf eine nachhaltige Entwicklung geachtet werden, wie dies bei Wäldern oder Rebbergen bereits geschieht. Die technischen Ausbildungen sind entscheidend für die Region, da diese für das wirtschaftliche Netzwerk unabdingbar sind. Diese gilt es zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch die Erhaltung eines universitären Zentrums im Jurabogen und die Forschung und Innovation in den Bereichen Mikrotechnik und Uhrenindustrie. Diese Industriezweige sind auch vom dritten Sektor abhängig. Des Weiteren ist es schwierig, einmal in die umliegenden urbanen Gebiete Abgewanderte wieder zurückzuholen. Um diese negative demographische Entwicklung umzukehren, müssen die Strukturen in Industrie und Ausbildung mindestens aufrechterhalten werden. Nach Möglichkeit sollte der Ausbildungsplatz gestärkt und die Wirtschaft koordiniert gefördert werden. Kernaussagen des Forums • Der Jurabogen soll als politische Region gestärkt werden und entsprechende Institutionen

im Sinne von Governance-Strukturen erhalten. • Die Kommunikationswege und die Verkehrsverbindungen im Jurabogen müssen verbessert

werden. • Die grenzüberschreitenden Beziehungen sind zu intensivieren und verstärkt zu suchen,

dies kann beispielsweise über Projekte geschehen.

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• Das touristische Potenzial muss besser entwickelt und ausgeschöpft werden, vor allem im Sinne eines sanften Tourismus. Auch in der Landwirtschaft steckt Entwicklungspotenzial, welches in einen sanften Tourismus integriert werden könnte (AOC, Labels, Weinbau, Pferdezucht).

• Im Jurabogen besteht eine starke industrielle Tradition. Die Ausbildungen, welche die spezialisierten Unternehmen (z.B. Mikrotechnik) der Region für ihre wirtschaftliche Tätigkeit benötigen, sind zu erhalten und zu fördern. Dies betrifft den zweiten wie auch den dritten Sektor.

• Der Jurabogen ist eine Region ohne regionales Zentrum.

Städtenetz Bern (Forum in Bern – Einzugsgebiete BE, SO, deutschsprachiger FR und Oberwallis) Die Region Bern und das zentrale Mittelland ringen mit ihrer Stellung mitten in einer Schweiz, die sich zunehmend nach Europa ausrichtet. Nicht Metropole sein zu müssen, eröffnet Bern auch Chancen. So könne etwa die Langsamkeit positiv verstanden werden und der Hektik der Metropolen entgegengesetzt werden. Auch Landschaft und Landwirtschaft bilden dabei wichtige Werte. Motiviert durch die sich abzeichnende Eröffnung der Lötschberg-Basislinie sucht das Oberwallis nach einer engeren Anknüpfung an den Raum Bern und bietet sich dabei als Wohn- und Naherholungsgebiet mit hoher Landschafts- und Lebensqualität an. Die Forumsteilnehmer erkannten in der Funktion als Bundesstadt ein Entwicklungspotenzial, das noch zu wenig genutzt werde. Ein wichtiges Anliegen war den Teilnehmern die Forderung nach mehr Planungskompetenzen auf regionaler Ebene, was eine verstärkte Zusammenarbeit erfordere. Identität, Stärken und Schwächen des Städtenetzes Bern Die gut vernetzten Zentren bilden eine der Stärken des heterogenen Mittellandes. Sie verfügen über ein gut ausgebautes Netz im öffentlichen Verkehr und dank der kurzen Wege sind sie schnell erreichbar. Obwohl das Hauptzentrum Bern ist, wird Arbeit und Freizeit dadurch an verschiedenen Orten möglich. Die NEAT (Lötschberg) verkürzt die Reisezeiten und das Wallis wird als Naherholungsraum und für den Tourismus noch interessanter. Eine gemeinsame Identität des Raumes Mittelland und Oberwallis existiert nicht. Vielmehr gibt es in den Räumen verschiedene Identitäten. Die Städte bilden ein Netzwerk von Lebenszentren, in denen der Siedlungsdruck (noch) nicht so gross ist wie andernorts. Zudem ist die Struktur der Siedlungen klar und weist starke Eigenheiten auf. Die Region bietet eine sehr hohe Lebens- und Wohnqualität. So ist die Region denn auch für viele eher Wohnraum als Wirtschaftsstandort. Nicht nur die Zentren, auch der ländliche Raum ist belebt. Die vielfältige Landschaft (See- und Flusslandschaften) ist vom Siedlungsraum getrennt und kann als Naherholungsraum dienen. Es besteht allerdings die Tendenz einer Zersiedelung und die Gefahr, dass eine Art „Siedlungsbrei“ entsteht, weil alle alles wollen und keine Schwerpunkte gesetzt wurden. Deshalb hat der Raum zwischen den wirtschaftlichen Zentren auch kein klares Profil. Insgesamt fehlt es an Visionen für Landschaft und Landwirtschaft, wie auch an einer Zusammenarbeit über die institutionellen Grenzen hinweg. Das Denken wie auch die politischen Strukturen sind zu kleinräumig, die Solidarität zwischen den Zentren ist gering. Die Landwirtschaft leistet einen Beitrag zur Qualität des Landschaftsbildes, denn sie pflegt die Kulturlandschaft. In Zukunft könnte sie auch darüber hinaus wieder grössere Bedeutung gewinnen. Leider unterliegt die Landwirtschaft keinen klaren Planungen. So können der Flächenverlust bei den besten Böden und der stetige Rückgang der offenen Landschaft

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eingedämmt. Auch ungestörte Naturräume werden immer seltener und die Entwicklungskorridore ufern aus. Die (auch gesellschaftlich) ausgewogene Vielfalt bietet die Chance, eher Bezüge herzustellen statt Abgrenzungen. Das Mittelland nimmt so eine Brückenfunktion zwischen den Grossräumen und zwischen der Romandie und der Deutschschweiz wahr. Durch die internationale Ausrichtung der Schweiz verliert die Bundesstadt Bern diese Bedeutung als Brücke zwischen den Landesteilen zunehmend. Die regional unterschiedliche Wirtschaftsstruktur weist eine gewisse Stabilität in allen Bereichen auf, verschiedene Branchen weisen eine hohe Wertschöpfung auf. Die Hochschulen und Universitäten stellen ein gutes Bildungsangebot zu Verfügung. Ein grosses Potenzial ist das beträchtliche Wasservorkommen, das als CO2-neutraler Energieträger genutzt werden kann. Für den Alpenbogen ergeben sich durch die Bahnverbindung der Lötschberg-Basislinie verschiedene Vorteile. Das Wallis ist dadurch sehr gut an den Raum Bern angeschlossen. Davon profitieren die starken Tourismuszentren. Es entsteht ein noch stärkere Verbindung zwischen Stadt und Land. Für die Walliser ergibt sich durch die NEAT die Möglichkeit, in Bern zu arbeiten und nicht mehr aus dem Wallis wegziehen zu müssen. Auf ihr ruht auch die Hoffnung, den jahrzehntelangen Brain-Drain einzudämmen. Der Verkehr innerhalb des Wallis stellt aber ein Problem dar. Auch hier fehlt es insgesamt an Strategien und Visionen, sowie an der Zusammenarbeit. Die Erschliessung und Aufrechterhaltung von Infrastrukturen wird in einigen Gebieten immer schwieriger. Vor allem die peripheren Berggebiete sind zunehmend entvölkert. Das Siedlungsbild im Alpenbogen ist starken Veränderungen ausgesetzt. Während die wertvollen Ortsbilder die soziokulturelle Eigenständigkeit mit einer starken Verwurzelung von Tradition und Kultur widerspiegeln, herrscht andererseits ein eigentlicher Boom beim Bau von Zweitwohnungen. Der Siedlungsdruck konzentriert sich auf die Talebene und verdrängt Fruchtfolgeflächen. Dieser Druck führt zu starken räumlichen Disparitäten, nicht nur zu einer Entleerung historischer Ortskerne, sondern zu ganzen Entleerungsgebieten, wo auch die Vergandung zunimmt. Der Alpenbogen besteht aus vielfältigen Siedlungsbildern und verschiedenen Landschaftstypen (Talebene, Seitentäler, Hanglagen, Alpengebiete). Die einzigartige Natur ist weitgehend intakt, Teile der Region wurden ins UNESCO Weltnaturerbe aufgenommen (Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn). Die Korrektion der Rhône wird als positiver Schritt angesehen, der nicht nur mehr Sicherheit vor Überschwemmungen bringen soll, sondern auch die Rhône als Natur- und Freizeitraum aufwertet. Die regionale Land- und Alpwirtschaft bringt verschiedene Spezialitäten und Qualitätsprodukte (AOC) hervor. Das Städtenetz Bern und das Oberwallis im nationalen Kontext – Bezüge zu anderen Regionen Der Raum Bern hat im nationalen Kontext durch seine Lage und Zweisprachigkeit eine Brückenfunktion und kann zwischen der Romandie und der Deutschschweiz vermitteln. Die Frage ist, ob diese Chance auch genügend genutzt wird. Durch seine gute Erreichbarkeit, die fast von überall her gegeben ist, ist Bern für diese Brückenfunktion und Vermittlerrolle geradezu prädestiniert. Zum Oberwallis wurden kaum Aussagen getroffen. Die umliegenden Metropolitanräume, insbesondere Zürich, haben für den Raum Bern und das Mittelland eine starke Bedeutung. Seine Positionierung bleibt aber eher unklar, der Raum Bern stellt eine Art Ergänzung zu den Metropolitanräumen dar. Zürich wird als kulturelles und wirtschaftliches Zentrum gesehen, das auch ein Bildungsangebot auf hohem Niveau zu Verfügung stellt. Zürich ist auch für Bern das Tor zur Welt. Die wichtige Pendlerachse Bern-Zürich wird von sehr vielen qualifizierten Arbeitskräften rege genutzt.

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Zu Basel hat der Raum Bern in erster Linie industrielle Bezüge (Pharmaindustrie), so hat Bern eine Zubringerfunktion und dient Basel als Sekundärstandort. Das Bildungs- und Kulturangebot ist ein weiterer bedeutender Faktor. Basel ermöglicht auch den Zugang zu Deutschland und Frankreich („Tor zu Europa“). Die Bezüge zu diesen beiden Ländern sind jedoch eher gering, sie haben eine gewisse Bedeutung für den Tourismus und die Wirtschaft, und Deutschland auch als Arbeitskräftepool. Der nahe gelegene Jurabogen ist durch seine Präzisionsindustrie ein wirtschaftlich relativ wichtiger Nachbar. Im Bildungsbereich wurde durch das Be-Ne-Fri-Abkommen ein Netzwerk geschaffen, das der Koordination der Ausbildung zwischen den drei Universitäten dient. Der Jurabogen wird zudem als Wandergebiet und Erholungsraum genutzt. Die Region um Aarau ist für viele Pendler wichtig. So wird sie denn auch als Verkehrsdrehscheibe und Durchreisegebiet (zur Metropole Zürich) gesehen und erbringt als Logistikzentrum und Standort für Energiegewinnung wichtige Dienstleistungen. Zu Luzern besteht eine Verbindung durch die gemeinsamen Alpengebiete und das Napfgebiet. Die Ausstrahlung Luzerns begrenzt sich vor allem auf Tourismus, Folklore und Kultur (insbesondere durch das KKL). Durch Genf/Lausanne ist die Region mit der Welt verbunden, über den Flughafen und die internationalen Organisationen. Bedeutend ist das Léman-Becken auch für Tourismus und Wirtschaft (Dienstleistungssektor) und garantiert einen hohen Bildungsstandard. Zur Ostschweiz bestehen kaum Bezüge, sie ist weitgehend „unbekanntes Territorium“. Das Tessin erfüllt eine Funktion als Ferien- und Freizeitraum, im Tourismus besteht Potential für Synergien. Verbindend könnte der gemeinsame Alpenraum wirken. Das Tessin stellt zugleich die Verbindung zu Italien her, das verkehrstechnisch wichtig ist, wie auch als Wirtschaftsraum und als Quellmarkt für den Tourismus. Aus Walliser Sicht sitzt Bern „im Loch der EU“. Zumindest für das Oberwallis ist Bern das Zentrum, bezüglich Politik, kulturellem Angebot, Ausbildung wie auch Dienstleistungen. Bern hat viele Beziehungen zur Auswahl, das erschwert die Ausrichtung. Hinzu kommt, dass Bern sich selbst genügt und somit auch nicht nach Beziehungen gegen aussen sucht. Fremdbild Bern wird von den anderen Regionen fast ausschliesslich als politisches und administratives Zentrum wahrgenommen. Vereinzelt werden Beziehungen im Hochschulbereich und die Funktion Berns als Ausbildungsstandort erwähnt. Bern und das Wallis sind für ihre Qualitäten als Ferien- und Freizeitregionen bekannt. Aus Basler Sicht gehört auch die Kooperation mit Bern im Bereich des Gesundheitswesens zu den wichtigen Faktoren. Herausforderungen und Schlüsselaufgaben Fehlende Strategien und Visionen für die Regionen sind ein grosses Defizit. Es stellt sich die Frage, wie diese gemeinsam entwickelt werden können und wie künftig die Solidarität zwischen den Räumen erhalten und gestärkt werden kann. Im Städtesystem soll an die Stelle von Hierarchien vermehrt eine Arbeitsteilung treten. Das Raumkonzept Schweiz soll Schwerpunkte setzen sowie Funktionen und Strategien für die verschiedenen Räume aufzeigen. Ein wichtiges Anliegen ist die Forderung nach mehr Planungskompetenzen auf regionaler Ebene. Neue Planungseinheiten sind nach funktionalen Kriterien zu bestimmen. Dass die Entscheidungskompetenz dabei an überregionale Trägerschaften geht, die Aufgaben an die kommunale Ebene delegieren können, ist für die einen zentral, während andere keine Einschränkung der Gemeindeautonomie wünschen. Konkret vorgeschlagen wird ein überkommunales Management der Bauzonenreserven. Diese könnten durch Landumlegungen, vor allem in Industrie- und Gewerbezonen, sinnvoll zusammengeführt werden. Dies verlangt jedoch nach einer besseren Zusammenarbeit auf allen Ebenen.

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Die ländlichen Gebiete dürfen nicht vernachlässigt werden (im Sinne von Brachen). Deren Aufgaben, z.B. als Freizeit- und Erholungsraum, sollen anerkannt und ihre Entwicklungsperspektiven aufgezeigt werden. Im Alpenraum könnten die erneuerbaren Energien stärker genutzt werden. Um die enge Verzahnung von Siedlungsgebieten und hochwertigen Landschaftsräumen zu erhalten, müssten die Instrumente im Natur- und Landschaftsschutz verbessert werden. Die Landwirtschaft soll durch Anreizstrategien für die Erhaltung und Entwicklung wertvoller Landschaften eingesetzt werden. Landschaft und Landwirtschaft bleiben wichtige Werte, die einen Kontrast zum Siedlungsbrei der Metropolitanregionen bilden. Allerdings nimmt der Druck auf die Agrarfläche und die Landschaft zu. Der Zersiedelungstendenz kann mit einer Begrenzung des Siedlungsgebiets begegnet werden. Leider wird die Raumplanung kaum für alle Probleme Lösungen bieten können. Auch Faktoren wie das Bodenrecht oder die Steuerpolitik prägen die räumliche Entwicklung immer noch stark. Die Grenzen zwischen den Bau- und Nicht-Bauzonen soll erhalten und Grundsätze für die Dimensionierung der Bauzonen festgelegt werden. Wichtig ist auch das Entwickeln intelligenter Verkehrsstrukturen, die die Verknüpfung zwischen den Zentren und ihrem Umland optimal gewährleisten. Durch eine Stärkung der Hauptachsen im öffentlichen Verkehr kann auch das Städtenetz gestärkt werden. Die vorhandenen Entwicklungskorridore im Mittelland sollen ausgenutzt werden, um das Spannungsfeld "Siedlungsbrei-Wirtschaftsentwicklung" zu verhindern. Kernaussagen des Forums • Es sollen gemeinsame Visionen mit räumlichen Schwerpunkten entwickelt werden. Dabei

soll der Fokus der Zusammenarbeit nicht auf Zwang liegen, sondern auf Solidarität. • Eine intelligente Verkehrsplanung gestützt auf den ÖV soll die wichtigsten Städte und deren

Vernetzung untereinander stärken und diese mit der Peripherie verbinden. • Die Planung muss auf eine regionale Ebene verlegt werden. Ob sich auch eine

Verlagerung der Entscheidungskompetenz auf eine regionale Ebene mit der Gemeindeautonomie verträgt, ist umstritten. Einigkeit herrscht darüber, dass die horizontale und vertikale Zusammenarbeit verbessert werden muss.

• Es sollen funktionale Räume definiert werden (und z.B. regionale Zonen gebildet werden). Diese müssen auch funktionsfähig sein.

• Es müssen konkrete Ziele formuliert und Schwerpunkte gesetzt werden. • Durch differenzierte Anreizstrategien können verschiedenen (auch wirtschaftlich

schwächeren) Regionen Entwicklungsperspektiven aufgezeigt werden.

Resultate des Austausch-Forums Das Austausch-Forum, das am 30. Mai 2007 vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) in Zürich durchgeführt wurde, bildete den Abschluss der ersten Reihe von Forumsveranstaltungen, die das ARE im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Raumkonzepts Schweiz in neun Regionen veranstaltete. Die rund 200 Teilnehmenden aus der ganzen Schweiz hatten bereits an einem der regionalen Foren im März/April 2007 teilgenommen. Diese befassten sich mit der Identität und den Potenzialen der einzelnen Regionen. Ziel des gesamtschweizerischen Austausch-Forums war es, die Vernetzung zwischen den verschiedenen Räumen des Landes herzustellen, sowie Verständnis für die Herausforderungen der Raumentwicklung auf nationaler Ebene zu schaffen. Im Austausch-Forum wurden in einem ersten Teil die wichtigsten Resultate aus den regionalen Foren präsentiert. In einem zweiten Teil diskutierten die Teilnehmenden vier Fragen, die in den meisten Foren als Herausforderung für die

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zukünftige Raumentwicklung bezeichnet wurden. Es waren dies die "Spezialisierung" der Räume, die Siedlungsentwicklung, Governance sowie die Einbindung der Schweiz in Europa. Diese vier Fragen und die Resultate dazu aus den Workshops werden im Folgenden kurz dargestellt. Spezialisierung der Räume Die Schweiz zeichnet sich durch ihre grosse landschaftliche und kulturelle Vielfalt und Kleinräumigkeit aus. Kleinräumig bedeutet, dass Wohnraum, Arbeitsort, Versorgungs- und Erholungseinrichtungen in der nahen Umgebung liegen. Auch landschaftlich, kulturell und funktional unterschiedliche Räume grenzen eng aneinander an und greifen ineinander über. So sind die wirtschaftlich starken Metropolitanräume mit einem breiten Angebot an Arbeitsplätzen, Gütern und Dienstleistungen, die Wohn- und Arbeitsgebiete ausserhalb der Metropolen wie auch die Erholungs- und Tourismusgebiete im Alpenbogen untereinander gut erreichbar. Sie ergänzen sich, ermöglichen Synergien, stehen jedoch auch in Konkurrenz zueinander. Durch eine Spezialisierung auf ihre Stärken könnten die einzelnen Räume konkurrenzfähiger werden. Vielfalt und Kleinräumigkeit würden dadurch besser zum Tragen kommen und könnten zu einem wichtigen Standortfaktor werden. Eine Spezialisierung wirft aber die Frage auf, inwieweit dabei Chancengleichheit und die Nutzungsdurchmischung be-wahrt werden können. Ergebnisse aus dem Austausch-Forum: Es herrschte Einigkeit darüber, dass angesichts des internationalen Standortwettbewerbs eine Spezialisierung der Räume stattfinden muss. Das Raumkonzept soll im Rahmen nationaler Prioritäten und strategischer Ziele auf eine grossräumige Spezialisierung (ohne strikte Bestimmungen) und Raumtypen hinweisen, aber gleichzeitig auf regionaler Ebene eine höchstmögliche Vielfalt und Autonomie zulassen. Spezialisierungen sollen in erster Linie auf bereits vorhandenen Stärken basieren. Es sollen nationale Aufgaben definiert werden, beispielsweise in den Bereichen Bildung, Spitzenmedizin und Verkehr, welche die Bedürfnisse von Wirtschaft und Gesellschaft in und zwischen den spezialisierten Räumen decken. Spezialisierungen der Räume und Netzwerke sind an Mobilität und Erreichbarkeit gebunden, was auch wichtig ist für die Einbindung der Räume in übergeordnete Strukturen. Innerhalb der Metropolitanregionen sind Spezialisierungen von Teilräumen denkbar, damit Stärken optimal ausgebaut und ausgespielt werden können. Wirtschaftlich unrentable Spezialisierungen müssen durch einen Abgleich entschädigt werden, dies kann z.B. durch Leistungsverträge geschehen oder durch die im politischen System der Schweiz vorgesehenen (oder anzupassenden) Ausgleichsmechanismen. Wenn kein Ausgleich vorgenommen wird, besteht die Gefahr des Auseinanderdriftens der Regionen, was den Zusammenhalt in der Schweiz gefährden könnte. Eine Planung der Spezialisierungen muss in den funktionalen Räumen von unten nach oben (bottom up) geschehen. Um die Potenziale ausschöpfen zu können, müssen die Regionen über eine klare Identität, Mittel und Instrumente verfügen und deren Kernkompetenzen gestärkt werden. Dies soll in einem partizipativen Prozess geschehen, wobei auch die ländlichen Räume eine aktive Rolle spielen können. Die ländlichen Räume möchten nicht einfach Komplementärräume für die städtischen Gebiete sein, sondern als echte Partner wahrgenommen werden, denen auch Entwicklungsperspektiven zuzugestehen sind. Aspekte wie Wald, Natur, Heimatschutz und Landwirtschaft sollen in die raumplanerische Interessenabwägung einbezogen werden. Der Alpenraum nimmt mit der Erhaltung der Natur- und Kulturlandschaft und der natürlichen Ressourcen, wie auch mit dem Schutz vor Naturgefahren und seiner Rolle als Freizeit- und Tourismusraum nationale und internationale Aufgaben wahr. Damit der Alpenraum ein echter

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Partnerraum sein kann, müssen seine Wertschöpfung gesteigert und seine Kernkompetenzen (z.B. Umgang mit Natur und ihren Gefahren; Umgang mit Gästen / Tourismus; Handwerk und Technologie) gestärkt werden. Mit einem langfristigen Denken und einer stärkeren Identifikation können Synergien genutzt werden und neue Kooperationen entstehen. Siedlungsentwicklung Die Siedlungsstruktur der Schweiz ist heute gekennzeichnet von einer starken kaum gebremsten Ausdehnung der bebauten Fläche, was soziale, ökologische und wirtschaftliche Probleme mit sich bringt. Verschiedene Fragen der Siedlungsentwicklung wie das Ausscheiden von Bauzonen, die Festlegung von Standorten für zentrale Einrichtungen oder die Planung von Verkehrsinfrastrukturen sind deshalb für eine nachhaltige Raumentwicklung der Schweiz von übergeordneter Bedeutung. Eine geordnete Steuerung der Siedlungsentwicklung ist für die Zukunft der Schweiz unabdingbar. Da die Siedlungsentwicklung das Resultat des Zusammenwirkens verschiedener Akteure ist, müssen fallweise die heutigen Strukturen verlassen werden. Ergebnisse aus dem Austausch-Forum: Das Raumkonzept kann die Siedlungsentwicklung steuern, und zwar (unter einer ganzheitlichen Betrachtung) nach Kriterien der Verdichtung nach innen, eines geringen Flächenverbrauchs und einer sinnvollen Planung des öffentlichen Verkehrs in Abstimmung mit der Siedlungspolitik. Überkommunale oder regionale Planungen mit Konzepten für die funktionalen Räume und eine Konzentration auf die bestehenden (oder zukünftigen) Achsen können diese Steuerung vereinfachen. Das Raumkonzept kann als Grundlage zur Prioritätensetzung, für Definitionen und Ausgleichsmechanismen dienen. Es soll auch als Kommunikationsinstrument eingesetzt werden, um ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Räume zu schaffen. Für die Steuerung der Siedlungsentwicklung stehen zahlreiche Instru-mente zur Verfügung, die jedoch konsequenter angewendet werden müssen. Ergänzende Instrumente wie Leistungsvereinbarungen und Kompensationsmechanismen sind denkbar (z.B. im Bereich der Steuerpolitik oder einer Ergänzung des NFA). Es bereitet Schwierigkeiten, Baulandreserven der Baulandhortung zu entziehen oder die Bauzonen an optimale Standorte zu verlagern. Hier fehlen Kompensationsmechanismen, die den Verzicht auf Bauland von Privaten oder von Gemeinwesen entschädigen. Verzichtsleistungen müssten honoriert werden. Der Bund könnte die Zusammenarbeit in den Regionen nach dem Vorbild der Agglomerationsprogramme fördern. Auch Modellvorhaben und ein Austausch guter Praktiken könnten ihren Teil dazu beitragen. Wichtig ist dabei, dass Raumtypen definiert werden und ein Gleichgewicht zwischen den Regionen gewahrt werden kann. Grundsätzlich werden die Verdichtung des Siedlungsgebiets und die Konzentration auf die durch den öffentlichen Verkehr gut erschlossenen Standorte als wichtig erachtet. Durch eine Abstimmung zwischen Siedlung und Verkehr und einen qualitativen Ausbau des bestehenden Verbindungsnetzes können die bestehenden Siedlungsstrukturen optimal genutzt werden. Gleichzeitig wird aber auch auf die Gefahren der Verdichtung hingewiesen. Als wichtig wird auch die Steuerung der Pendlerströme erachtet. Nebst der Verdichtung in den städtischen Räumen müsse im Alpenraum die Besiedlung erhalten bleiben. Governance Die politischen Entscheidungsstrukturen stimmen oftmals nicht mehr mit den funktionalen Räumen überein. Fragen der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung, der Erhaltung wertvoller

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Landschafts- und Erholungsräume oder der Ver- und Entsorgung können deshalb immer weniger innerhalb der Gemeinde-, Kantons- oder sogar der Landesgrenzen gelöst werden. Die Zusammenarbeit und Koordination innerhalb und zwischen den funktionalen Räumen ist deshalb unabdingbar. Ergebnisse aus dem Austausch-Forum: Der Bund soll seine Kompetenzen zur Rahmengesetzgebung strikter wahrnehmen. Dabei sollen auf regionaler oder Bundesebene klare Grenzen gesetzt werden, innerhalb derer aber eine grosse Freiheit und dynamische Entwicklung möglich ist. Er soll Instrumente entwickeln, die die Zusammenarbeit und Aufgabenteilung über die Grenzen hinweg fördern. Kompensationsinstrumente, Leistungsvereinbarungen oder Flächezertifikate (analog zu Emissionshandel) könnten die Umsetzung grenzüberschreitender Projekte unterstützen. Allfällige Planungsgewinne könnten an die Zusammenarbeitenden verteilt werden. Mit einer Neuordnung der Kompetenzen könnte die Zuständigkeit für das Erteilen von Bewilligungen von der Bedeutung eines Projekts abhängig gemacht werden: Projekte von nationaler Bedeutung: Bewilligung durch den Bund; regionale Bedeutung: Kanton; kommunale Bedeutung: Gemeinde. So könnten differenzierte Lösungsstrategien für regionale Probleme entwickelt und eine Kompetenzdelegation ermöglicht werden. Wichtig ist, dass die Entscheidungsebene dem funktionalen Raum angepasst wird. Gefordert werden zum Teil auch grundsätzlich neue Strukturen, die es vor allem den urbanen Räumen erlauben, grenzübergreifende Entwicklungen zu bewältigen, bis hin zur expliziten Vertretung der städtischen Räume in den eidgenössischen Räten – analog zum Ständerat. Von anderer Seite wurde ein schrittweises Vorgehen vorgeschlagen, das auf überkommunal angelegten Projekten beruht und zu einem späteren Zeitpunkt in Gebietsreformen münden könnte. Vorerst gilt es aber, die mentale Distanz zwischen den Regionen zu verringern. Das grenzüberschreitende Denken und Handeln soll verbessert werden, mit dem Ziel, den konkreten Nutzen (der je nach Raum sehr unterschiedlich sein kann) aufzuzeigen und Anreize zu schaffen. Dies ist häufig mit Förderprogrammen verbunden und erfordert teilweise Marketingstrategien (Sensibilisierung, Überzeugungsarbeit, Wissen vermitteln). Eine Koordination der Sektoralpolitiken und eine projektbezogene Organisation sind Voraussetzung. In den Berggebieten haben die IHG-Regionen bereits jahrzehntelange Erfahrungen in der überkommunalen Zusammenarbeit, die genutzt werden können. Einbindung in Europa Die räumliche Anbindung an Europa ist für die Schweiz von hoher Bedeutung. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verflechtungen über die Landesgrenzen sind bereits sehr ausgeprägt. Die Romandie orientiert sich an Frankreich, der Raum Basel positioniert sich als trinationaler Eurodistrict, der Kanton Tessin ist das Tor zur Metropole Mailand und die Ostschweiz lehnt sich zunehmend an die Nachbarländer Deutschland, Österreich und Liechtenstein an. Für die grenznahen Regionen ergeben sich durch die Landesgrenzen zusätzliche Erschwernisse in Planungsfragen, wie beispielsweise bei der Gestaltung des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs. Ergebnisse aus dem Austausch-Forum: Kontakte zu internationalen Gremien sind aufzubauen und die bestehenden zu pflegen. Die internationalen Verkehrsanbindungen auf Schiene, Strasse und in der Luft sind eine zentrale Voraussetzung für die Anbindung an Europa.

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Der Bund soll Instrumente schaffen, die ein «Planen ohne Grenzen» auf allen Ebenen ermöglichen, beispielsweise grenzübergreifende Agglomerationsprogramme (evtl. inkl. Steuerharmonisierung in den Agglomerationen). Die Positionierung und Stärkung der Metropolitanräume schafft gute Voraussetzungen im internationalen Standortwettbewerb und trägt dazu bei, sich mitten in Europa zu behaupten. Dazu gehören auch eine Vernetzung innerhalb der Metropolitanräume und eine Bündelung der Kräfte in allen Bereichen (Wirtschaft, Bildung, internationale Organisationen etc.). Dem Raumkonzept fällt dabei die Aufgabe zu, ein Bewusstsein für die raumwirksamen Probleme zu schaffen, die Sektoralpolitiken zu koordinieren und öffentliche bzw. nationale Interessen gegenüber Partikularinteressen zu stärken. Des Weiteren soll darin die nähere Anbindung grenznaher Regionen ans Ausland und an andere Regionen in der Schweiz aufgenommen werden. Dazu können Bereiche wie eine gemeinsame Verkehrs- und Raumplanung, kultureller Austausch oder Arbeitsrecht gehören. Das Raumkonzept soll klare Aussagen zum Hauptfokus machen und die Schweiz im Ausland in Bezug auf Fragen der Raumordnung (oder auch bezüglich Standortwettbewerb, Stellung der Metropolitanräume in der EU, Verkehrsfragen, Vernetzung in Industrie und Wirtschaft) positionieren. Grundlage für eine gemeinsame Positionierung der Schweiz in Europa ist allerdings der Zusammenhalt innerhalb der Schweiz. Damit eine gemeinsame Planung über die Landesgrenzen hinweg möglich wird, ist die Abstimmung mit den Konzepten der Nachbarländer und die Schaffung grenzüberschreitender Gremien notwendig.