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nicht. Insbesondere ist keine Abwägung veranlasst, die an den Grad der (zu erwartenden) Behinderung des Kindes und dessen Entwicklung nach der Geburt anknüpft. Inso- weit missversteht das Berufungsgericht offenbar die vorste- hend zitierten Ausführungen des erkennenden Senats. Lie- gen die Voraussetzungen des § 218a Abs. 2 StGB vor, so ist der Schwangerschaftsabbruch von Gesetzes wegen erlaubt. Die erforderliche Abwägung zwischen dem Lebensrecht des Kindes und den Belangen der Mutter hat der Gesetz- geber durch die Ausgestaltung dieses Tatbestandes bereits vorgenommen. Die bei der Prüfung des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs zu stellende Prognose darf mithin nur dahin gehen, ob die Voraussetzungen für einen recht- mäßigen Schwangerschaftsabbruch vorgelegen hätten und ob die Mutter sich für den Abbruch entschieden hätte. Bei dieser Prognose können die Art und der Grad der zu erwar- tenden Behinderung indiziell durchaus eine Rolle spielen. Nur dahin ist es zu verstehen, wenn der erkennende Senat ausgeführt hat, die Gefahr einer schwerwiegenden Beein- trächtigung des Gesundheitszustandes müsse als so drohend erscheinen, dass bei der gebotenen Güterabwägung das Le- bensrecht des Ungeborenen dahinter zurückzutreten habe (Senatsurtt. a.a.O.). [14] III. Das die Klageabweisung bestätigende Berufungs- urteil kann demnach keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die nunmehr erforderlichen weiteren Feststellungen getroffen werden können. DOI: 10.1007 /s00350-007-1911-z Zum Straftatbestand des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse StGB § 278 Zur Anwendbarkeit des § 278 StGB bei Unterzeich- nung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ohne ärztliche Untersuchung. (Leitsatz des Bearbeiters) BGH, Urt. v. 8. 11. 2006 – 2 StR 384 /06 (LG Frankfurt a. M.) Problemstellung: Nach §278 StGB macht sich ein Arzt strafbar, wenn er ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft wider besseres Wissen ausstellt. Der Straftatbestand sichert die Beweiskraft ärztlicher Bescheinigungen, deren Inhalt in unterschiedlichen Bereichen der Rechtsordnung er- hebliche Rechtsfolgen auslösen kann. §278 StGB war bislang nur selten Gegenstand revisionsgerichtlicher Entscheidungen (vgl. etwa BGH, MedR 1998, 326). Mit seinem vorliegenden Urteil hat der BGH nun im Hinblick auf Rechtsfehler in der Beweiswürdigung ein erstinstanzliches Urteil aufgehoben, durch das ein Arzt von Vorwürfen nach § 278 StGB freigesprochen worden war. Zum Sachverhalt : Die Staatsanwaltschaft F. hatte dem Ange- klagten vorgeworfen, für 38 nicht existente Personen insgesamt 360 unrichtige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt zu haben, mit denen der gesondert Verfolgte G. entsprechend einem gemeinsamen Tatplan 391 Ausgleichszahlungen nach §10 des Lohn- fortzahlungsgesetzes (LFZG) erlangt haben soll. Das LG hat den An- geklagten von diesem Vorwurf freigesprochen. Es hat u.a. Folgendes festgestellt: Der Angeklagte betrieb eine Praxis für Allgemeinme- dizin in O. Bei seinen Patienten handelte es sich ganz überwiegend Bearbeitet von Rechtsanwalt Jürgen Pauly, Fachanwalt für Strafrecht, Wolfsgangstraße 92, 60322 Frankfurt a.M., Deutschland um Arbeitnehmer aus dem früheren Jugoslawien. Die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen handhabte der Angeklagte großzügig. Üblicherweise unterschrieb er Arbeitsunfähigkeitsbe- scheinigungen blanko im Behandlungsraum und verwies den Pati- enten damit an die Rezeption, wo eine seiner Arzthelferinnen das Formular mit den Daten, die der Angeklagte in der Patientendatei vermerkt hatte, ausfüllte. Die verfahrensgegenständlichen 360 Ar- beitsunfähigkeitsbescheinigungen tragen Ausstellungsdaten zwi- schen dem 1.11.2001 und dem 2.12.2003 und lauten auf die Namen von 38 verschiedenen Personen. Eine dieser Personen existiert nach Überzeugung des LG tatsächlich und ist vom Angeklagten unter- sucht worden. Die Daten aller Krankschreibungen wurden vom gesondert Verfolgten G. vorgegeben, der die Arbeitsunfähigkeits- bescheinigungen bei verschiedenen allgemeinen Ortskrankenkassen zur Erstattung nach dem LFZG einreichte. Der Angeklagte hatte im Ermittlungsverfahren eingeräumt, dass die Unterschriften von ihm stammen; weitere Angaben zu den Umständen, unter denen er diese Krankschreibungen unterzeichnet hat, hat er weder im Ermittlungs- verfahren noch in der Hauptverhandlung gemacht. Das LG hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Angeklagte aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes mit G. gehandelt hat. Es sei vielmehr nicht auszuschließen, dass die beiden Arzthelferinnen M. und K. den Angeklagten unter Vorwänden veranlasst haben könnten, vermeint- lich berechtigte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen blanko zu un- terschreiben, so dass ihm deren Unrichtigkeit bzw. der betrügerische Verwendungszweck nicht bewusst gewesen sei. Gegen den so begründeten Freispruch hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt und die Verletzung sachlichen Rechts gerügt. Das Rechtsmittel hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des freispre- chenden Urteils. Aus den Gründen: [3] II. Die den Freispruch tragenden Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. [4] 1. Nach § 278 StGB macht sich ein Arzt straf bar, der ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versiche- rungsgesellschaft wider besseren Wissens ausstellt. Die Vor- schrift soll die Beweiskraft ärztlicher Zeugnisse für Behör- den und Versicherungsgesellschaften sichern. Ein Zeugnis, das ein Arzt ohne Untersuchung ausstellt, ist als Beweismit- tel ebenso wertlos wie ein Zeugnis, das nach Untersuchung den hierbei festgestellten Gesundheitszustand unrichtig darstellt (BGHSt 6, 90, 92; RGSt 74, 229, 231). Ob dies auch dann gilt, wenn der Arzt eine Folgebescheinigung ausstellt, nachdem er den Patienten vor der Ausstellung der ersten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung untersucht hat, kann hier dahinstehen, weil es im vorliegenden Verfahren nicht um diese Fälle geht, sondern um Fälle, in denen nie eine Untersuchung stattgefunden haben soll. [5] Das LG ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass das Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne ärztliche Untersuchung den Tatbestand des §278 StGB in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht. Es hat seine Überzeugung geäußert, dass der Angeklagte auch ohne persönliche Vorsprache des Patienten auf tele- fonische Anforderung und damit wissentlich unrichtige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt hat. Es hat den Angeklagten dennoch aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse in den angeklagten Fällen freigesprochen, weil in keinem dieser angeklagten 360 Einzelfälle mehr festzustellen sei, unter welchem konkreten Vorwand die Arzthelferinnen die Blankounterschrift des Angeklagten erlangt hätten. Es komme neben dem Vorwand, dass ein Patient telefonisch eine Krankschreibung erbeten habe, eine Vielzahl von Be- gründungen in Betracht, aufgrund derer der Angeklagte geglaubt haben könne, dass die Ausstellung sachlich be- rechtigt sei, etwa wenn ihm gesagt worden sei, dass ein Pa- tient seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verloren habe oder wegen eines Eingabefehlers oder der Beschädigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eine neue Beschei- nigung ausgestellt werden müsse. Rechtsprechung 248 MedR (2007) 25: 248–249

Zum Straftatbestand des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse

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nicht.InsbesondereistkeineAbwägungveranlasst,dieandenGradder (zu erwartenden)BehinderungdesKindesunddessenentwicklungnachderGeburtanknüpft.Inso­weitmissverstehtdasBerufungsgerichtoffenbardievorste­hendzitiertenAusführungendeserkennendensenats.Lie­gendieVoraussetzungendes§218aAbs.2stGBvor,soistderschwangerschaftsabbruchvonGesetzeswegenerlaubt.Die erforderliche Abwägung zwischen dem LebensrechtdesKindesunddenBelangenderMutterhatderGesetz­geberdurchdieAusgestaltungdiesestatbestandesbereitsvorgenommen. Die bei der Prüfung des zivilrechtlichenschadensersatzanspruchszustellendePrognosedarfmithinnurdahingehen,obdieVoraussetzungenfüreinenrecht­mäßigenschwangerschaftsabbruchvorgelegenhättenundobdieMuttersichfürdenAbbruchentschiedenhätte.BeidieserPrognosekönnendieArtundderGradderzuerwar­tendenBehinderungindizielldurchauseineRollespielen.Nurdahinisteszuverstehen,wenndererkennendesenatausgeführthat,dieGefahreinerschwerwiegendenBeein­trächtigungdesGesundheitszustandesmüssealssodrohenderscheinen,dassbeidergebotenenGüterabwägungdasLe­bensrechtdesungeborenendahinterzurückzutretenhabe(senatsurtt.a.a.O.).

[14]III.DasdieKlageabweisungbestätigendeBerufungs­urteilkanndemnachkeinenBestandhaben.Diesacheistan das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dienunmehrerforderlichenweiterenfeststellungengetroffenwerdenkönnen.

DOI: 10.1007 /s00350-007-1911-z

Zum Straftatbestand des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse

StGB § 278

Zur Anwendbarkeit des § 278 StGB bei Unterzeich-nung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ohne ärztliche Untersuchung. (Leitsatz des Bearbeiters)BGH, Urt. v. 8. 11. 2006 – 2 StR 384 /06 (LG Frankfurt a. M.)

Problemstellung:Nach§278stGBmachtsicheinArztstrafbar,wennereinunrichtigeszeugnisüberdenGesundheitszustandeinesMenschenzumGebrauchbeieiner Behörde oder Versicherungsgesellschaft widerbesseresWissenausstellt.DerstraftatbestandsichertdieBeweiskraft ärztlicher Bescheinigungen, deren InhaltinunterschiedlichenBereichenderRechtsordnunger­hebliche Rechtsfolgen auslösen kann. §278 stGB warbislang nur selten Gegenstand revisionsgerichtlicherentscheidungen (vgl. etwa BGH, MedR 1998, 326).Mit seinemvorliegendenurteil hat derBGHnun imHinblickaufRechtsfehlerinderBeweiswürdigungeinerstinstanzlichesurteilaufgehoben,durchdaseinArztvonVorwürfennach§278stGBfreigesprochenwordenwar.

Zum Sachverhalt: Die staatsanwaltschaft f. hatte dem Ange­klagten vorgeworfen, für 38 nicht existente Personen insgesamt360 unrichtige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt zuhaben, mit denen der gesondert Verfolgte G. entsprechend einemgemeinsamentatplan391Ausgleichszahlungennach§10desLohn­fortzahlungsgesetzes(LfzG)erlangthabensoll.DasLGhatdenAn­geklagtenvondiesemVorwurffreigesprochen.eshatu.a.folgendesfestgestellt:DerAngeklagte betrieb einePraxis fürAllgemeinme­dizininO.BeiseinenPatientenhandelteessichganzüberwiegend

BearbeitetvonRechtsanwaltJürgenPauly,fachanwaltfürstrafrecht,Wolfsgangstraße92,60322frankfurta.M.,DeutschlandBearbeitetvonRechtsanwaltJürgenPauly,fachanwaltfürstrafrecht,Wolfsgangstraße92,60322frankfurta.M.,Deutschland

um Arbeitnehmer aus dem früheren Jugoslawien.DieAusstellungvonArbeitsunfähigkeitsbescheinigungenhandhabtederAngeklagtegroßzügig. Üblicherweise unterschrieb er Arbeitsunfähigkeitsbe­scheinigungenblankoimBehandlungsraumundverwiesdenPati­entendamitandieRezeption,woeine seinerArzthelferinnendasformularmitdenDaten,diederAngeklagte inderPatientendateivermerkthatte, ausfüllte.Dieverfahrensgegenständlichen360Ar­beitsunfähigkeitsbescheinigungen tragen Ausstellungsdaten zwi­schendem1.11.2001unddem2.12.2003undlautenaufdieNamenvon38verschiedenenPersonen.einedieserPersonenexistiertnachÜberzeugung des LG tatsächlich und ist vomAngeklagtenunter­sucht worden. Die Daten aller Krankschreibungen wurden vomgesondert Verfolgten G. vorgegeben, der die Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungenbeiverschiedenenallgemeinenOrtskrankenkassenzurerstattungnachdemLfzGeinreichte.DerAngeklagtehatteimermittlungsverfahreneingeräumt,dassdieunterschriftenvonihmstammen;weitereAngabenzudenumständen,unterdenenerdieseKrankschreibungenunterzeichnethat,haterwederimermittlungs­verfahrennochinderHauptverhandlunggemacht.DasLGhatsichnichtdavonzuüberzeugenvermocht,dassderAngeklagteaufgrundeinesgemeinsamentatplanesmitG.gehandelthat.esseivielmehrnichtauszuschließen,dassdiebeidenArzthelferinnenM.undK.denAngeklagtenunterVorwändenveranlassthabenkönnten,vermeint­lichberechtigteArbeitsunfähigkeitsbescheinigungenblankozuun­terschreiben,sodassihmderenunrichtigkeitbzw.derbetrügerischeVerwendungszwecknichtbewusstgewesensei.

GegendensobegründetenfreispruchhatdiestaatsanwaltschaftRevisioneingelegtunddieVerletzungsachlichenRechtsgerügt.DasRechtsmittel hatteerfolgund führte zurAufhebungdes freispre­chendenurteils.

Aus den Gründen:[3]II.Diedenfreispruchtragendenerwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nichtstand.

[4]1.Nach§278stGBmachtsicheinArztstrafbar,dereinunrichtigeszeugnisüberdenGesundheitszustandeinesMenschenzumGebrauchbeieinerBehördeoderVersiche­rungsgesellschaftwiderbesserenWissensausstellt.DieVor­schriftsolldieBeweiskraftärztlicherzeugnissefürBehör­denundVersicherungsgesellschaftensichern.einzeugnis,daseinArztohneuntersuchungausstellt,istalsBeweismit­telebensowertloswieeinzeugnis,dasnachuntersuchungden hierbei festgestellten Gesundheitszustand unrichtigdarstellt (BGHst6,90,92;RGst74,229,231).Obdiesauch dann gilt, wenn der Arzt eine folgebescheinigungausstellt,nachdemerdenPatientenvorderAusstellungderersten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung untersucht hat,kannhierdahinstehen,weilesimvorliegendenVerfahrennichtumdiesefällegeht,sondernumfälle,indenennieeineuntersuchungstattgefundenhabensoll.

[5]DasLGist rechtlichzutreffenddavonausgegangen,dassdasAusstelleneinerArbeitsunfähigkeitsbescheinigungohne ärztliche untersuchung den tatbestand des §278stGBinobjektiverundsubjektiverHinsichtverwirklicht.eshat seineÜberzeugunggeäußert,dassderAngeklagteauchohnepersönlicheVorsprachedesPatientenauf tele­fonische Anforderung und damit wissentlich unrichtigeArbeitsunfähigkeitsbescheinigungenausgestellthat.eshatdenAngeklagtendennochaustatsächlichenGründenvomVorwurfdesAusstellensunrichtigerGesundheitszeugnisseindenangeklagtenfällenfreigesprochen,weilinkeinemdieser angeklagten360einzelfällemehr festzustellen sei,unter welchem konkreten Vorwand die ArzthelferinnendieBlankounterschriftdesAngeklagtenerlangthätten.eskommenebendemVorwand,dasseinPatienttelefonischeineKrankschreibungerbetenhabe,eineVielzahlvonBe­gründungen in Betracht, aufgrund derer der Angeklagtegeglaubt haben könne, dass die Ausstellung sachlich be­rechtigtsei,etwawennihmgesagtwordensei,dasseinPa­tientseineArbeitsunfähigkeitsbescheinigungverlorenhabeoder wegen eines eingabefehlers oder der BeschädigungderArbeitsunfähigkeitsbescheinigungeineneueBeschei­nigungausgestelltwerdenmüsse.

Rechtsprechung248 MedR(2007)25: 248–249

[6]a)Demkannschondeshalbnichtgefolgtwerden,weildasLGselbstzurBegründung seinerentschädigungsent­scheidung, mit der eine entschädigung des Angeklagtennach dem Gesetz über die entschädigung für strafver­folgungsmaßnahmenabgelehntworden ist,dargelegthat,dassderAngeklagteinnichtunerheblichemumfangwis­sentlich unrichtige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungenerstellt hat, indem er Blankounterschriften für angeblichtelefonischerforderteArbeitsunfähigkeitsbescheinigungengeleistethat.DadiesfürdieArzthelferinnenderbequemsteWeggewesensei,seihiervonreichlichGebrauchgemachtworden.DamitistdieAnnahmedesLG,eskämeeineViel­zahl von Möglichkeiten in Betracht, aufgrund derer derAngeklagte geglaubt haben konnte, dass die AusstellungderArbeitsunfähigkeitsbescheinigungensachlichgerecht­fertigtsei,nichtohneweitereszuvereinbaren.

[7] b) Die Beweiswürdigung des angefochtenen urteilsistjedochauchdeshalbnichtfreivonrechtlichenBedenken,weildieurteilsgründeschonnichterkennenlassen,obdie38Personen,fürdiedieverfahrensgegenständlichenArbeits­unfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt wurden, tatsäch­lichexistierenodernicht.DasLGhatnurhinsichtlichdesN.G.festgestellt,dassesdiesenPatiententatsächlichgebe.Dieurteilsgründeteilenfernernichtmit,welcheerklärungderzeugeDr.R.,derPraxisvertreterdesAngeklagten,derebenfallsfüreinigedieser38PersonenArbeitsunfähigkeits­bescheinigungenunterzeichnethat,hierfürgegebenhat,oberdiePatientenuntersuchthatoderoberlediglichBlanko­unterschriftenaufAnforderungderArzthelferinnengeleistethat.VonBedeutungwäreinsoweit,obDr.R.tatsächlichmitBegründungen,diedasLGalsmöglichfürvermeintlichbe­rechtigte Blanko­Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an­gesehenhat,zumunterschreibenvonArbeitsunfähigkeits­bescheinigungenaufgefordertwordenist.DasArgumentdesLG,dassdieabgerechnetenärztlichenLeistungenangesichtsdergeringenHöhederVergütungkeinhinreichendesMotivdesAngeklagtenfüreinstrafbaresVerhaltenergäben,stehtimWiderspruchzuseinerfeststellung,dassderAngeklagtegenerellbereitwar, auf telefonischeAnforderungArbeits­unfähigkeitsbescheinigungenauszustellen,wofürdasMotivauchdieärztlicheVergütunggewesenseindürfte.schließlichtrifftauchdieerwägungdesLGnichtzu,dassumgerechnetaufdenangeklagtentatzeitraumdieArzthelferinnennichteinmaleineArbeitsunfähigkeitsbescheinigungproArbeits­tagvomAngeklagtenhättenerschleichenmüssen.WiederVertreterderBundesanwaltschaftzutreffendausgeführthat,sindvondenverfahrensgegenständlichen360Arbeitsunfä­higkeitsbescheinigungenallein302indemnuretwasmehrals zehnMonatewährendenzeitraumvom27.1. bis zum2.12.2003ausgestelltworden.

[8]c)DasLGverkenntzudemdieAnforderungen,wel­chedieRechtsprechungandiefeststellungdesschuldum­fangs bei serienstraftaten stellt. steht ein strafbares Ver­haltendestätersfest,kanneslediglichnichtbestimmteneinzelaktenzugeordnetwerden,kanndieBestimmungdesschuldumfanges,da[s]heißtdieBestimmungderzahldereinzelaktestrafbarenVerhaltens,imWegederschätzungerfolgen(BGHRstGBvor§1/serienstraftatenBetrug1;steuerhinterziehung2).BeiderfeststellungderzahldereinzelakteistderGrundsatzindubioproreozubeachten.einsolchesVerfahreniststetszulässig,wennsichfeststel­lungenaufandereWeisenicht treffen lassen. JedeandereBetrachtung, die von einer eingeengten, jedeneinzelfallisoliertbeurteilendensichtweiseausgeht,würdezumAus­schlussderstrafbarkeitbeizweifellosstrafbaremGesamt­verhaltenführen,wiedervorliegendefallzeigt.DasssichfüreineschätzungkeineausreichendsicherenGrundlagengewinnenließen,istdemurteilnichtzuentnehmen.

[9] 2. Der vorstehend aufgezeigte Rechtsfehler führtauch zur Aufhebung des freispruchs vom Vorwurf desgemeinschaftlichenBetruges.selbstwennderAngeklagte

nicht aufgrund einer Absprache mit dem gesondert Ver­folgtenG. zusammengewirkt haben sollte, hätte sich dasLGmitderfrageauseinandersetzenmüssen,oberbeiderwissentlichen Ausstellung falscher GesundheitszeugnissemitbedingtemVorsatzhinsichtlicheinermöglichenbetrü­gerischenVerwendungderselbengehandelthat.

Führung einer Tierarztpraxis in der Rechtsform der GmbH

HeilberG NW § 29 Abs. 2 S. 3; GmbHG §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2, 9c; GG Art. 12

§ 29 Abs. 2 S. 3 HeilberG NW ermöglicht die Füh-rung einer Tierarztpraxis in der Rechtsform der GmbH nur, wenn – wie bei der Tierärztekammer Nordrhein bislang nicht der Fall – die Berufsordnung insoweit die Anforderungen im Einzelnen festlegt.OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6. 10. 2006 – I-3 Wx 107 /06 (LG Kleve)

Problemstellung: Der streit um die sog. „Heil­kunde­GmbH“ ist in Rechtsprechung und Literatureigentlichlängstausgestanden.Anfangder1990erJah­re galt die ambulante ärztlicheBerufsausübung in derRechtsformderGmbHnochals„schlechterdingsnichtdiskutabel“ (so Taupitz, NJW 1992, 2317, 2318) unddieBerufsordnungen allerLandesärztekammern sowiemehrereKammergesetzeenthieltenNormen,dienachallgemeiner Lesart weitgehend alle juristischen Per­sonendesPrivatrechtsalsRechtsformenärztlicherPra­xen ausschlossen. Nachdem sich gewichtige stimmen,unter ihnen auch der BGH, für eine zulässigkeit derGmbH (und damit auch anderer juristischer Personendes Privatrechts) als Rechtsform ärztlicher tätigkeitausgesprochen hatten, wurden die satzungsrechtlichenundkammergesetzlichenVerboteweitgehendaufgeho­ben(zurentwicklungs.BGH,MedR1994,152ff.m.Anm.Taupitz;Laufs,MedR1995,11ff.;Rieger,MedR1995,87ff.;sowieKatzenmeier,MedR1998,113ff.,jew.m.zahlr.Nachw.).

DernachfolgendabgedruckteBeschlussbefasst sichmitdereigentlichalserledigtzubetrachtendenProble­matikderHeilkunde­GmbHinGestalteinesfallesausdem tierärztlichen Berufsrecht. Das OLG Düsseldorfhatdieeintragungeinertierarztpraxis inderRechts­formderGmbHindasHandelsregisterabgelehnt,weildieentsprechendeNormdesHeilberufsgesetzesNord­rhein­WestfalendieführungeinertierarztpraxisinderRechtsformderGmbHzwarseitdem17.3.2005erlaubt,dietierärztekammerNordrheinaberbislanguntätigge­blieben ist unddie vomHeilberGgefordertenberufs­rechtlichen Regelungen zu den Voraussetzungen dertierärztlichen tätigkeit in einer GmbH noch nicht indieBerufsordnungaufgenommenhat.AusdemBlick­winkelderdurchArt.12GGgeschütztentierärztlichenBerufsfreiheitbefremdetderBeschlussdesOLGDüssel­dorfaufdenerstenBlickzwarerheblich,formalrechtlichisteraberwohlnichtzubeanstanden.

Zum Sachverhalt:DieAst.isteineVeterinär­GmbHinGrün­dungundbegehrtihreeintragungindasHandelsregister.Nachihrersatzungv.28.9.2005istGegenstanddesunternehmensdieerrich­

eingesandtvonRiOLGPeterv.Wuuk­Lipinski,Düsseldorf;bearbeitetvonRechtsanwältinDr.iur.Maikeerbsen,Wegenerstraße5,71063sindelfingen,Deutschland

eingesandtvonRiOLGPeterv.Wuuk­Lipinski,Düsseldorf;bearbeitetvonRechtsanwältinDr.iur.Maikeerbsen,Wegenerstraße5,71063sindelfingen,Deutschland

MedR(2007)25: 249Rechtsprechung 249–251