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484 Berioht: Chemische Analyse anorganiseher KSrper. Zur Bestimmung des Selens. Einer ausfahrlicheren Abhandlung won B. R a t h k e * ) , Beitr~ge zur Kenntniss des Selens enthaltend, entnehmen wir Einiges tiber die Methode, nach welcher er eine Yerbindung des Schwefels mit Selen analysirte. Die aus Schwefelkohlenstoff krystallisirte, auf's Feinste pulverisirte Substanz wurde, nachdem sie einige Tage lang zur Yerfliichtigung yon eingesehlossenem Schwefelkohlenstoff an der Luft gelegen hatte und dana fiber Schwefels~ure getrocknet worden war, einige Stunden lang mit einer con- centrirten LSsung yon reinem Cyankalium digerirt, wobei sie sich vollst~ndig und als Ganzes 15ste, und nicht etwa in der Weise, dass zuerst haupt- s~chlich Selen unter Zur|icklassung yon Schwefel in LSsung ging. Nach- dem die Fl~issigkeit verdiinnt worden war, wurde das Selen durch ver- dannte Salzs~ure gef~llt, das Filtrat mit Natronlauge alkaliseh gemacht, der Schwefel durch Einleiten yon Chlor in der Ititze in Sehwefels~ure verwandelt und letztere mit Chlorbarynm gef~llt. Bei einem ¥ersuche wurde die FaUung des Selens, wie H. R o s e das vorgeschlagen hat, durch W~rme beschleunigt und zuletzt gekoeht, his keine Gasentwickelung mehr bemerkt werden konnte, wahrend die D~mpfe in vorgeschlagene Natronlauge traten, wo etwa mitverfl~ichtigter Schwefelcyanwasserstoff zurffckgehalten werden sollte. Als der Kolben geSffnet wurde, war starker Geruch nach Schwefelwasser- stoff zu bemerken, und Yerf. aberzeugte sich durch einen besonderen Vet- such, dass reines Schwefelcyankalium, mit sehr verdannter Salzs~ure ge- kocht, Schwefelwasserstoff entwickelt. 0ffenbar wird durch verdilnnte S~ure in der Hitze, ebenso wie durch concentrirte, Kohlenoxysulfid ent- wickelt, welches sich aber mit dem kochenden Wasser sogleich zu Kohlen- saure und Schwefelwasserstoff umsetzt. Der durch diesen Umstand be- dingte ¥erlust ist indessen ausserordentlich gering. Statt 100 Proc. wurden 99,92 Proc. erhalten. Zur Controle fahrte der Yerf. einige Selenbestimmungen in der ge- wShnlichen Weise, durch Oxydation und F~llang des Selens mittels schwefliger S~ure, aus, wobei er auf eine Fehlerquelle aufmerksam wurde, welche leicht zu den grSbsten Irrthtimern fiihren kann. Bekanntlich kann selenige Saure, welche durch 0xydation ~on Selen mit Salpeters~ure er- halten worden ist, yon letzterer dureh einmaliges Eintrocknen ira Wasser- bade nicht vollst~ndig befreit werden, sondern es ist dazu die Wieder- holung dieser Operation erfordcrlich. Im vorliegenden Falle, wo die neben *) Journ. f. prakt. Chem. Bd. 108, p. ~35.

Zur Bestimmung des Selens

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484 Berioht: Chemische Analyse anorganiseher KSrper.

Zur Bestimmung des Selens. Einer ausfahrlicheren Abhandlung won B. R a t h k e * ) , Beitr~ge zur Kenntniss des Selens enthaltend, entnehmen wir Einiges tiber die Methode, nach welcher er eine Yerbindung des Schwefels mit Selen analysirte.

Die aus Schwefelkohlenstoff krystallisirte, auf's Feinste pulverisirte Substanz wurde, nachdem sie einige Tage lang zur Yerfliichtigung yon eingesehlossenem Schwefelkohlenstoff an der Luft gelegen hatte und dana fiber Schwefels~ure getrocknet worden war, einige Stunden lang mit einer con- centrirten LSsung yon reinem Cyankalium digerirt, wobei sie sich vollst~ndig und als Ganzes 15ste, und nicht etwa in der Weise, dass zuerst haupt- s~chlich Selen unter Zur|icklassung yon Schwefel in LSsung ging. Nach- dem die Fl~issigkeit verdiinnt worden war, wurde das Selen durch ver- dannte Salzs~ure gef~llt, das Filtrat mit Natronlauge alkaliseh gemacht, der Schwefel durch Einleiten yon Chlor in der Ititze in Sehwefels~ure verwandelt und letztere mit Chlorbarynm gef~llt. Bei einem ¥ersuche wurde die FaUung des Selens, wie H. R o s e das vorgeschlagen hat, durch W~rme beschleunigt und zuletzt gekoeht, his keine Gasentwickelung mehr bemerkt werden konnte, wahrend die D~mpfe in vorgeschlagene Natronlauge t ra ten , wo etwa mitverfl~ichtigter Schwefelcyanwasserstoff zurffckgehalten werden sollte. Als der Kolben geSffnet wurde, war starker Geruch nach Schwefelwasser- stoff zu bemerken, und Yerf. aberzeugte sich durch einen besonderen Vet- such, dass reines Schwefelcyankalium, mit sehr verdannter Salzs~ure ge- kocht, Schwefelwasserstoff entwickelt. 0ffenbar wird durch verdilnnte S~ure in der Hitze, ebenso wie durch concentrirte, Kohlenoxysulfid ent- wickelt, welches sich aber mit dem kochenden Wasser sogleich zu Kohlen- saure und Schwefelwasserstoff umsetzt. Der durch diesen Umstand be- dingte ¥erlust ist indessen ausserordentlich gering. Statt 100 Proc. wurden 99,92 Proc. erhalten.

Zur Controle fahrte der Yerf. einige Selenbestimmungen in der ge- wShnlichen Weise, durch Oxydation und F~llang des Selens mittels schwefliger S~ure, aus, wobei er auf eine Fehlerquelle aufmerksam wurde, welche leicht zu den grSbsten Irrthtimern fiihren kann. Bekanntlich kann selenige Saure, welche durch 0xydation ~on Selen mit Salpeters~ure er- halten worden ist, yon letzterer dureh einmaliges Eintrocknen ira Wasser- bade nicht vollst~ndig befreit werden, sondern es ist dazu die Wieder- holung dieser Operation erfordcrlich. Im vorliegenden Falle, wo die neben

*) Journ. f. prakt. Chem. Bd. 108, p. ~35.

Berieht: Chemische Analyse anorganischer KSrper. 485

der selenigen S~are entstandene Schwefelsaure das Eintrocknen der Fltissig- keit unmSglich machte, war die vSllige Entfernung der Salpeters~ture noch schwieriger. Es wurde daher, am dieselbe zu zerstiiren, wiederholt mit einigen Tropfen Salzsaure eingedampft, was nach R o s e statthaft erscheint, nnd erst dann durch schweflige S~ure das Selen gef~llt. Die so gefun- denen Selenmengen stimmten unter sich nieht iiberein and blieben am viele Procente unter den durch die Analyse mittels Cyankalimns gefun- denen zurilck, was, wie der Verf. sich durch directe Versuche iiberzeugte, daher kommt, dass selenige Snare, mit Salzsaure im Wasserbade zur Trockne gedampft, sich zum grossen Theil verfltichtigt.

0,2314 Grin. Selen wurden mit rauchender Salpeters~ure oxydirt, die LSsung nach der Verjagung der Untersalpeters~ure mit Wasser ver- dtinnt, im Wasserbade in einem Sch~lchen zar Troekne gebracht, der Riickstand, um Verluste durch Chlorentwickelung und dadm'ch bedingtes Spritzen zu vermeiden, noch einmal in Wasser gelSst and die LSsung wieder abgedampft, der Rtickstand sodann 4real mit verdiinnter Salzs~ture zur Trockne gebraeht, endlich aus der mit Salzsaure anges~uerten LOsung das Selen dutch schwefiige Saute gefallt, bei 100 o getrocknet and ge- wogen. Es warden so nur 0,1038 Cxrm. ~ 44,85 Proc. des angewandten Selens wiedererhalten.

Um sicher zu sein~ dass der Verlust nicht durch irgend welche andere Ursachen veranlasst sei, warden zum Vergleich daneben 0,2608 Grin. Selen ganz in derselben Weise behandelt, indem nat start der Salzs~ure gleiche Mengen Wassers angewandt warden. Der Verf. erhielt 0,2572 Grin. Selen, d. h. 98 ,60 Proc. wieder. Bei so anhaltender Erhitzung im Wasser- bade (ira Ganzen 6 S~unden lung) scheinen also geringe Mengen yon seleniger S~ture auch bei ¥ermeidung yon Salzs~ure sich zu verfltichtigen.

Ganz unstatthaft aber ist es, Selen dureh KOnigswasser zu oxydiren, wenigstens bei Abwesenheit yon starken Busen. Selenigsaure Salze seheinen namlich tier Zersetzung dutch 8Mzsi~ure nicht zu unterliegen, wie der Verf. aas der sehr ann~hernden Richtigkeit einiger yon ihm ausgeftihrten Bestimmungen yon Selen in organischen Substanzen schliesst. So wurden in reinem, bei 107 bis 108 o siedendem Seleniithyl dutch Oxydation mit Sall)etersi~ure and chromsaurem Kali, seehsmaliges Eindampfen mit Salz- snare his zur Trockne and Fallen des Selens durch schweflige S~ure 57,12 Proc. statt 57,82 Proe. Selen gefunden. Auch als der Verf. bei der Oxydation organischer Substanzen statt des chromsaaren Kalis Chrom- saure anwandte und zu deren Zersetztmg 2 bis 3 real mit Salzsi~ure ab-

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dampfte, wurde bis auf Differenzen yon ungefi~hr 1 Proc., welche sich leicht aaders erkli~ren lassen, die theoretische Menge Selens gefunden. Es scheint also die selenige Si~ure, auch wenn sie an Chromoxyd go- bunden ist, dutch Salzs~ture nicht h'eigemaeht und ~erfltiehtigt zu werden. ttiernach ist es wahrscheinlich auch statthaft, das Selen durch Salzs~ure and ehlorsuures Kali zu oxydiren~ eine Muthmaassung, welche der VerL iibrigens noch nicht durch Versuche best~tigt hat.

Ueber die Zersetzung verdiinnter Eisenoxydsalzl~sungen in tier Hitze. Der ~iederschlag, welcher in einer EisenoxydsalzlSsung beim Kochen derselben mit essigsaurem ~Natron entsteht, wird bald als bas.isch essigsaures S a l z , bald als 0xydhydrat angesehen. H. D e b r a y *) halt ihn, gesttitzt auf das sogleich zu beschreibende Yerhalten verdtinnter Eisenchloridl(isungen ftir Oxydhydrat und zwar in seiner colloidalen Form, in welcher es in kaltem Wasser und verdtinnten S~uren l(is!ich, in Salz- 15sungen aber unlSslich ist, worin aueh der Grund liegt, dass es, wie schon langst bekannt ist, mit einer LSsung yon Salmiak oder yon essigsaurem Ammon ausgewaschen werden mass.

Wean man n~mlich-eine LSsung yon Eisenchlorid so stark verdtinnt, dass ihre Farbe kaum sichtbar ist: und dann erw~rmt, so bemerkt man, dass sich die Fltissigkeit yon 270 an stark fi~rbt und die charakteristische Farbe der basischen EisenchloridlOsung annimm~. Diese Umwandlung wird nicht durc, h Salzs~tureverlust bewirkt, weil sie auch in verschlossenen Gefiissen erfolgt. Die L(isung behalt auch nach dem Erkalten die rothe Farbe bei a n d die chemischen Eigenschaften des Eiseasalzes sind nun ~¢ollsti~ndig veriindert, denn FelTocyankalium fitllt kein Berlinerblau mehr, sondern nur einen blass grtinlich blauen Niederschlag, und KochsalzlSsung f~llt aus der erw~rhLten LSsung einen gallertartigen Niederschlag yon 0xydhydrat, welches, wenn es sofort ausgewaschen wird, in reinem Wasser sich auflSst, aber nach 1 bis 2ti~giger Bertihrung mit der Salzl(isung seine LSslichkeit verliert. Wird die durch Wi~rme modificirte LSsung dialysirt, so diffundirt fast ganz eisenfl'eie Salzsiiure ~nd im Dialysator bleibt 15s- liches Eisenoxyd. Das Eisenchlorid zersetzt sich demnach bei etwa 700 in Salzs~ure and ein Eisenoxyd, welches in Wasser und verdtinnter Salz- si~ure 15slich, in SalzlSsungen jedoch unlOslieh ist and somit in seinen Eigenschafte n ganz mit dem colloidalen Eisenoxyd G r a h a m ' s fiberein- stimmt.

*) Compt. rend. Bd. 68, p. 913.