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Zur Bestimmung von Carboxylgruppen in linearen Polyurethanen Herrn Prof. Dr. Gerhard Ackermann zum 60. Geburtstag gewidmet Freie Carboxylgruppen in Polyurethan (PUR) entstehen durch unerwunschte Alterungsprozesse. I n Polyesterurethanen dominiert die autokatalytische Spaltung der Estergruppe [l], [2]. Ein ge- naues Bestimmungsverfahren fur Carboxylgruppen kann Alte- rungsuntersuchungen uber physikalische Kennwerte sinnvoll erganzen. Die fur Polyamid- und Polyesterfasern bekannten Carboxylgrup- pentitrationsverfahren konnen wegen der Unloslichkeit der Poly- urethane in den venvendeten alkoholischen Losungsmittelsy- stemen nicht ubertragen werden, andere scheiden aus chemischen Grunden aus [3], [4]. Titrationen im heterogenen System [5], [6] oder im Acetonextrakt [7] garantieren keine vollstiindige Er- fassung der Carboxylgruppen. Zu den wenigen fur lineare Polyurethane geeigneten Losungs- mitteln ziihlen Dimethylformamid (DMF) und Dimethylsulfoxid (DMSO). DMF hat sich als Titrationsmedium fur Carbonsiiuren [5] und Carboxylendgruppen in Polyester [8] bewiihrt. Brown, Lowry und Smith [2] titrieren saure PUR-Bestandteile in DMF mit Tetrabutylammoniumhydroxid (TBAH) in Methanol/Iso- propanol/Toluen unter Verwendung von Thymolblau. Die Ver- fasser schiitzen aber den Indikatorumschlag als kritischen Schritt ein. Das steht im Einklang rnit unseren Erfahruugen bei der Rein- heitskontrolle von DMF [9]. Wir entschieden uns deshalb fur die potentiometrische Titration. Schulz und Fijolka [8] wiesen nach, daB der pK,-Wert der sauren Ester zwischen dem ersten und zweiten pK,-Wert der entspre- chenden Siiure liegt und vom Molekulargewicht des Esters unab- hiingig ist. Diese Aussage gilt auch fur die sauren Hydrolyse- bruchstucke der Polyesterurethane. Fur technische Polyester- urethane werden vorwiegend Adipinsiiureester und fur spezielle Systeme gelegentlich Phthalsaureester eingesetzt. Die Siiure- konstanten enthalt Tab. 1. Tabelle 1 Saurekonstanten KS1 Ks2 Adipinsiiure 3,9.10-5 5,3 * 10-6 o-Phthalsiiure i,i . 10-3 4,7 10-5 ErwartungsgemiiB werden in DMF nur die beiden Carboxyl- gruppen der Phthalsaure getrennt erfaBt (Bild 1). Die Potential- sprunge sind gut ausgebildet. Beim Vorliegen geringer Konzen- trationen freier Phthalsiiure ist allerdings nur die erste Carboxyl- gruppe auswertbar. Zwischen Kaliumhydroxid und TBAH be- steht in der Hohe der Potentialsprunge kein Unterschied. Durch Zusatz von 8% Wasser erhoht sich der Potentialsprung um etwa 100 mV, insbesondere auch bei der Blindwertermittlung (Bild 1). Der Carboxylgruppengehalt wird auch bei Wasserzusatz richtig erfa0t. Aromatische und aliphatische Aminogruppen storen die Bestimmung nicht. Obwohl DMSO dem DMF hinsichtlich Basizitiit und Polaritiit sehr nahe kommt (Tab. 2), 1ii5t sich die Titration der Carboxylgruppe im DMSO nicht durchfuhren. Dieser uberraschende Effekt wird Tabelle 2 Siiurekonstanten und DK der Losungsmittel PK: DK DMF -0,5') 36,7 DMSO --om, +0,9*) 45 1) eigene Messung, photometrisch mit Salzsiiure a) Andersen u. a. [ll] : iiber das Halbneutralisationspotential in Essigsiiureanhydrid unter Verwendung einer fur Amine gultigen Korrelation auf Wasser extrapoliert mit der schlechten Solvatation der riiumlich kleinen Carboxylat- anionen erkliirt, die beispielsweise die Siiurekonstante der Benzoe- siiure um 6 GroBenordnungen beim Ubergang von Wasser zu DMSO erniedrigt [lo]. Experimentelles Maximal 1 g zerkleinerte Probe wird in 50 ml DMF bei Raum- temperatur unter Riihren gelost. Nach Zugabe von 4ml COX- freiem Wasser werden ausgefiillte PUR-Teilchen durch Ruhren wieder in Losung gebracht und danach unter Stickstoff in 0,l-ml- Schritten rnit 0,Ol M methanolischer KOH oder TBAH potentio- metrisch titriert. Es ist ein Blindwert zu ermitteln. Die Bestim- mungsgrenze liegt bei 5 ~/1000 g, das Vertrauensintervall der Doppelbestimmung bei ~/1000 g. Es ist DMF rnit einem Ameisensiiuregehalt < 5 - zu verwenden. Die Reinigung erfolgt mit Molekularsieb 4 A. Geeignete Mejkette: Glaselektrode GC 50, mittelohmig, des For- schungsinstitutes Meinsberg, in Wasser konditioniert ; Kalomel- elektrode. Literatur [l] DD-WP-132969 [2] Brown, D . W.; Robert, E . L.; Smith, L. E.: Macromolecules [3] Nissen, D.; Rossbach, V.; Zahn, H.: Angew. Chem. 85 (1973) [4] Schmitz, F . P.; Rossbach, V.: Polymer. Bull. 2 (1980) 491 [5] Kaiser, R.: Quantitative Bestimmung org. funktioneller Gruppen, Frankfurt/Main, Akademische Verlagsgesellschaft 1966, S. 197 [6] Emelin, E. A.; Lepim, T. V.; Rotenberg, Ju. B.; Savinov, V. M.: Vysokomol. Soedin. Ser a 23 (1981) Nr. 1, 231 [7] Vieweg, R.; Hochtlen, A.: Kunststoffhandbuch, Band VII, Polyurethane, Munchen Hanser-Verlag 1966, S. 419 [8] Schulz, G.; F(ijoZka, P . : Plaste und Kautschuk 15 (1968) 407 [9] Hesse, D.; Wehner, D.; Masczyk, A.; Hadecke, D.: 2. Chem. [lo] Martin, D.; Weise, A.; Niclas, H. J.: Angew. Chem. 79 (1907) [ll] Andersen, K . K.; Edmonds, W . H.; Biasotti, J. B.; Strecker, 13 (1980) 248 691 18 (1978) 189 340 R. A.: J. org. Chemistry 31 (1966) 2859 Dieter Hesse, Forschungsinstitut fur Leder- und Kunstledertech- nologie, DDR-9200 Freiberg, Thalmann-Ring 1 eingegangen am 27. Mai 1982 ZCM 7363 mV 540 Praxisnahe Neohweisgrenzen bei der Itontgeniluoreszenzanelyse von Sohwebstluben Hewn Prof. Dr. Gerhard Ackermann zurn 60. Geburtstag gewidmet Plesch hob hervor, daB die bei der RFA von Schwebstiiuben er- zielbaren Nachweisgrenzen erheblich vom verwendeten Triiger- material abhgngen. Die rnit dessen zunehmender Masse ansteigende Streustrahlung des Untergrundes ist von negativem EinfluB [I]. Auch die chemische Zusammensetzung des Triigermaterials ist Bild 1 Titrationskurven; von EinfluO. So ist Aluminium vorteilhafter als Cellulose und I und 3 Blindwert des DMF, 2 und 4 Adipinsiiure, 5 o-Phthalsiiure, Silber einsetzbar, wenn auch auf die Vielzahl der zu bestimmenden 6 PUR (kunstlich gealtert), 1 und 2 ohne, 3 bis 6 mit Wasserzusatz Elemente Bezug genommen wird [2]. \ 2 e Em m I I I I 1 1 Deshalb sind extrem leichte Materialien, z. B. Mylarfolie, optimal. ml LjOIMmethanol KOH- 342 2. Chem., 22. Jg. (Ins?) Hcfr 9

Zur Bestimmung von Carboxylgruppen in linearen Polyurethanen

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Zur Bestimmung von Carboxylgruppen in linearen Polyurethanen Herrn Prof. Dr. Gerhard Ackermann zum 60. Geburtstag gewidmet Freie Carboxylgruppen in Polyurethan (PUR) entstehen durch unerwunschte Alterungsprozesse. I n Polyesterurethanen dominiert die autokatalytische Spaltung der Estergruppe [l], [2]. Ein ge- naues Bestimmungsverfahren fur Carboxylgruppen kann Alte- rungsuntersuchungen uber physikalische Kennwerte sinnvoll erganzen. Die fur Polyamid- und Polyesterfasern bekannten Carboxylgrup- pentitrationsverfahren konnen wegen der Unloslichkeit der Poly- urethane in den venvendeten alkoholischen Losungsmittelsy- stemen nicht ubertragen werden, andere scheiden aus chemischen Grunden aus [3], [4]. Titrationen im heterogenen System [5], [6] oder im Acetonextrakt [7] garantieren keine vollstiindige Er- fassung der Carboxylgruppen. Zu den wenigen fur lineare Polyurethane geeigneten Losungs- mitteln ziihlen Dimethylformamid (DMF) und Dimethylsulfoxid (DMSO). DMF hat sich als Titrationsmedium fur Carbonsiiuren [5] und Carboxylendgruppen in Polyester [8] bewiihrt. Brown, Lowry und Smith [2] titrieren saure PUR-Bestandteile in DMF mit Tetrabutylammoniumhydroxid (TBAH) in Methanol/Iso- propanol/Toluen unter Verwendung von Thymolblau. Die Ver- fasser schiitzen aber den Indikatorumschlag als kritischen Schritt ein. Das steht im Einklang rnit unseren Erfahruugen bei der Rein- heitskontrolle von DMF [9]. Wir entschieden uns deshalb fur die potentiometrische Titration. Schulz und Fijolka [8] wiesen nach, daB der pK,-Wert der sauren Ester zwischen dem ersten und zweiten pK,-Wert der entspre- chenden Siiure liegt und vom Molekulargewicht des Esters unab- hiingig ist. Diese Aussage gilt auch fur die sauren Hydrolyse- bruchstucke der Polyesterurethane. Fur technische Polyester- urethane werden vorwiegend Adipinsiiureester und fur spezielle Systeme gelegentlich Phthalsaureester eingesetzt. Die Siiure- konstanten enthalt Tab. 1.

Tabelle 1 Saurekonstanten

KS1 Ks2

Adipinsiiure 3,9.10-5 5,3 * 10-6 o-Phthalsiiure i,i . 10-3 4,7 10-5

ErwartungsgemiiB werden in DMF nur die beiden Carboxyl- gruppen der Phthalsaure getrennt erfaBt (Bild 1). Die Potential- sprunge sind gut ausgebildet. Beim Vorliegen geringer Konzen- trationen freier Phthalsiiure ist allerdings nur die erste Carboxyl- gruppe auswertbar. Zwischen Kaliumhydroxid und TBAH be- steht in der Hohe der Potentialsprunge kein Unterschied. Durch Zusatz von 8% Wasser erhoht sich der Potentialsprung um etwa 100 mV, insbesondere auch bei der Blindwertermittlung (Bild 1). Der Carboxylgruppengehalt wird auch bei Wasserzusatz richtig erfa0t. Aromatische und aliphatische Aminogruppen storen die Bestimmung nicht. Obwohl DMSO dem DMF hinsichtlich Basizitiit und Polaritiit sehr nahe kommt (Tab. 2), 1ii5t sich die Titration der Carboxylgruppe im DMSO nicht durchfuhren. Dieser uberraschende Effekt wird

Tabelle 2 Siiurekonstanten und DK der Losungsmittel

PK: DK

DMF -0,5') 36,7 DMSO --om, +0,9*) 45

1) eigene Messung, photometrisch mit Salzsiiure a) Andersen u. a. [ll] : iiber das Halbneutralisationspotential in Essigsiiureanhydrid unter Verwendung einer fur Amine gultigen Korrelation auf Wasser extrapoliert

mit der schlechten Solvatation der riiumlich kleinen Carboxylat- anionen erkliirt, die beispielsweise die Siiurekonstante der Benzoe- siiure um 6 GroBenordnungen beim Ubergang von Wasser zu DMSO erniedrigt [lo].

E x p e r i m e n t e l l e s Maximal 1 g zerkleinerte Probe wird in 50 ml DMF bei Raum- temperatur unter Riihren gelost. Nach Zugabe von 4 m l COX- freiem Wasser werden ausgefiillte PUR-Teilchen durch Ruhren wieder in Losung gebracht und danach unter Stickstoff in 0,l-ml- Schritten rnit 0,Ol M methanolischer KOH oder TBAH potentio- metrisch titriert. Es ist ein Blindwert zu ermitteln. Die Bestim- mungsgrenze liegt bei 5 ~ / 1 0 0 0 g, das Vertrauensintervall der Doppelbestimmung bei ~ / 1 0 0 0 g. Es ist DMF rnit einem Ameisensiiuregehalt < 5 - zu verwenden. Die Reinigung erfolgt mit Molekularsieb 4 A. Geeignete Mejkette: Glaselektrode GC 50, mittelohmig, des For- schungsinstitutes Meinsberg, in Wasser konditioniert ; Kalomel- elektrode.

L i t e r a t u r

[l] DD-WP-132969 [2] Brown, D . W.; Robert, E . L.; Smith, L. E.: Macromolecules

[3] Nissen, D.; Rossbach, V.; Zahn, H.: Angew. Chem. 85 (1973)

[4] Schmitz, F . P.; Rossbach, V.: Polymer. Bull. 2 (1980) 491 [5] Kaiser, R.: Quantitative Bestimmung org. funktioneller

Gruppen, Frankfurt/Main, Akademische Verlagsgesellschaft 1966, S. 197

[6] Emelin, E . A.; Lepim, T . V.; Rotenberg, Ju. B.; Savinov, V. M.: Vysokomol. Soedin. Ser a 23 (1981) Nr. 1, 231

[7] Vieweg, R.; Hochtlen, A.: Kunststoffhandbuch, Band VII, Polyurethane, Munchen Hanser-Verlag 1966, S. 419

[8] Schulz, G.; F(ijoZka, P . : Plaste und Kautschuk 15 (1968) 407 [9] Hesse, D.; Wehner, D.; Masczyk, A.; Hadecke, D.: 2. Chem.

[lo] Martin, D.; Weise, A.; Niclas, H . J . : Angew. Chem. 79 (1907)

[ll] Andersen, K . K. ; Edmonds, W . H.; Biasotti, J . B.; Strecker,

13 (1980) 248

691

18 (1978) 189

340

R. A.: J. org. Chemistry 31 (1966) 2859

Dieter Hesse, Forschungsinstitut fur Leder- und Kunstledertech- nologie, DDR-9200 Freiberg, Thalmann-Ring 1

eingegangen am 27. Mai 1982 ZCM 7363

mV 540 Praxisnahe Neohweisgrenzen bei der

Itontgeniluoreszenzanelyse von Sohwebstluben Hewn Prof. Dr. Gerhard Ackermann zurn 60. Geburtstag gewidmet Plesch hob hervor, daB die bei der RFA von Schwebstiiuben er- zielbaren Nachweisgrenzen erheblich vom verwendeten Triiger- material abhgngen. Die rnit dessen zunehmender Masse ansteigende Streustrahlung des Untergrundes ist von negativem EinfluB [I].

Auch die chemische Zusammensetzung des Triigermaterials ist Bild 1 Titrationskurven; von EinfluO. So ist Aluminium vorteilhafter als Cellulose und I und 3 Blindwert des DMF, 2 und 4 Adipinsiiure, 5 o-Phthalsiiure, Silber einsetzbar, wenn auch auf die Vielzahl der zu bestimmenden 6 PUR (kunstlich gealtert), 1 und 2 ohne, 3 bis 6 mit Wasserzusatz Elemente Bezug genommen wird [2].

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2 e Em

m I I I I 1 1 Deshalb sind extrem leichte Materialien, z. B. Mylarfolie, optimal. ml LjOIMmethanol KOH-

342 2. Chem., 22. Jg. (Ins?) Hcfr 9