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(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut fiir Genealogie und I)emographie der Deutschen Forschungsanstalt fiir Psychiatrie in Miinchen.) Zur genotypisehen Beschaffenheit von Elternpaaren mit einem epileptischen Partner. Von Bruno Schulz, Assistent des Instituts. (Eingegangen am 30. April 1941.) In Band 159 dieser Zeitschrift verSffentlichte Conrad 1 seine Er- hebungen an den Kindern yon 306 idiopathischen, 79 symptomatischen und 134 einer Zwischengruppe zugeordneten, insgesamt also yon 519 Epileptikern. (Bei 34 weiteren als ungekl~rt bezeichneten Probanden wurden die Kinder nicht untersucht.) Als wiehtigstes Ergebnis jener Untersuehung sind wohl die Ziffern ffir die H~ufigkeit der Epilepsie und des Sehwachsinns unter den Kindern der 306 idiopathischen Epi- leptiker anzusehen, die in der Zusammenfassung der damaligen Arbeit mit etwa 6--9% ftir die Epilepsie und mit etwa 16,5% ffir den Schwach- sinn angegeben wurden. Wie bei allen Untersuchungen fiber die Kinder aus Verbindungen, bei denen der eine Partner Tr~ger eines bestimmten Merkmals (im vor- liegenden Falle also der Epilepsie), der andere nur dadurch charakterisiert ist, dab er das betreffende Merkmal nicht zeigt, wird man auch hier fragen, inwieweit die Paare, deren Kinder beforscht wurden, als erb- biologisch gleiehwertig zu betrachten sind, wenigstens als gleichwertig in bezug auf die MSglichkeit, Kinder mit dem in Rede stehenden Merkmal zu zeugen. Im Einvernehmen mit Conrad sei daher hier fiber einen Ver- such, jene Frage zu beantworten, wie folgt berichtet. Ich mSchte dabei auch an dieser Stelle Conrad auf das herzliehste dafiir danken, dab er mir in bereitwilligster Weise alle Fragen, die ich in bezug auf das yon ihm gesammelte und bearbeitete Material an ihn stellte, beantwortete; ebenso dafiir, dal~ er das Manuskript dieser Arbeit auf etwaige MiB- verst~ndrSsse hin durehgesehen hat. Auch sei gleich hier bemerkt, daI~ die ,gesamte Kasuistik vorliegender Arbeit wortwSrtlich allein yon Conrad stammt. -- Eine entsprechende Untersuehung an 222 Ver- bindungen zwisehen einem Schizophrenen und einem Nichtschizophrenen wurde schon friiher vorgenommen 2 und es ~4rd auf sie hier, wenn auch 222 Verbindungen zur Beantwortung einer derartigen Fragestellung ein zu kleines Material darstellen, bisweilen bezug genommen werden. (~brigens wird sich die gleiche Frage auch erheben, wenn es sich um Kinder aus Verbindungen handelt, deren Partner man beide als Tr~ger des gleichen 1 Conrad: Z. Neur. 159, 521 (1937). -- 2 Schulz: Z. Neut. 162, 327 (1938). Z. f. d. g. Neut. u. Psych. 173. 1

Zur genotypischen Beschaffenheit von Elternpaaren mit einem epileptischen Partner

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Page 1: Zur genotypischen Beschaffenheit von Elternpaaren mit einem epileptischen Partner

(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut fiir Genealogie und I)emographie der Deutschen Forschungsanstalt fiir Psychiatrie in Miinchen.)

Zur genotypisehen Beschaffenheit von Elternpaaren mit einem epileptischen Partner.

Von B r u n o Schu lz ,

Assistent des Instituts.

(Eingegangen am 30. April 1941.)

In Band 159 dieser Zeitschrift verSffentlichte Conrad 1 seine Er- hebungen an den Kindern yon 306 idiopathischen, 79 symptomat i schen und 134 einer Zwischengruppe zugeordneten, insgesamt also yon 519 Epileptikern. (Bei 34 weiteren als ungekl~rt bezeichneten Probanden wurden die Kinder nicht untersucht.) Als wiehtigstes Ergebnis jener Untersuehung sind wohl die Ziffern ffir die H~ufigkeit der Epilepsie und des Sehwachsinns unter den Kindern der 306 idiopathischen Epi- leptiker anzusehen, die in der Zusammenfassung der damaligen Arbeit mi t etwa 6 - - 9 % ftir die Epilepsie und mit etwa 16,5% ffir den Schwach- sinn angegeben wurden.

Wie bei allen Untersuchungen fiber die Kinder aus Verbindungen, bei denen der eine Pa r tne r Tr~ger eines best immten Merkmals (im vor- liegenden Falle also der Epilepsie), der andere nur dadurch charakter is ier t ist, dab er das betreffende Merkmal nicht zeigt, wird man auch hier fragen, inwieweit die Paare , deren Kinder beforscht wurden, als erb- biologisch gleiehwertig zu betrachten sind, wenigstens als gleichwertig in bezug auf die MSglichkeit, Kinder mit dem in Rede stehenden Merkmal zu zeugen. I m Einvernehmen mit Conrad sei daher hier fiber einen Ver- such, jene Frage zu beantworten, wie folgt berichtet. Ich mSchte dabei auch an dieser Stelle Conrad auf das herzliehste dafiir danken, dab er mir in bereitwilligster Weise alle Fragen, die ich in bezug auf das yon ihm gesammelte und bearbei te te Material an ihn stellte, beantworte te ; ebenso dafiir, dal~ er das Manuskript dieser Arbeit auf etwaige MiB- verst~ndrSsse hin durehgesehen hat . Auch sei gleich hier bemerkt , daI~ die ,gesamte Kasuis t ik vorliegender Arbeit wortwSrtlich allein yon Conrad s t ammt . - - Eine entsprechende Untersuehung an 222 Ver- bindungen zwisehen einem Schizophrenen und einem Nichtschizophrenen wurde schon friiher vorgenommen 2 und es ~4rd auf sie hier, wenn auch 222 Verbindungen zur Beantwor tung einer derartigen Fragestel lung ein zu kleines Material darstellen, bisweilen bezug genommen werden.

(~brigens wird sich die gleiche Frage auch erheben, wenn es sich um Kinder aus Verbindungen handelt, deren Partner man beide als Tr~ger des gleichen

1 Conrad: Z. Neur. 159, 521 (1937). - - 2 Schulz: Z. Neut. 162, 327 (1938). Z. f. d . g . N e u t . u . P s y c h . 173. 1

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2 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaaren

Merkmals ansieht oder mit denen man wenigstens entsprechend verf~hrt, bei denen abet doch die erbbiologische Gleichartigkei~ der Gesamtheit der Partner nicht gesichert ist, und dasselbe gilt, wenn man in einer Gruppe yon Paaren jeweils den einen Partner als Tr~ger eines bestimmten Merkmals A betrachtet bzw. be- handelt, den anderen als Tr~ger eines bestimmten anderen Merkmals B. Auch an einigen Gruppen dieser Art wurde bereits der genannten Frage nachzugehen versucht 1. Doch sei auf jene Untersuchungen hier nicht weiter eingegangen, um so weniger, als es sich dabei um ganz besonders kleine Gruppen handelte.

1. Die idiopathische Gruppe. Hinsichtlich der Kinder der Epileptiker werden wir uns zuns

und in der Hauptsache mit den Verh~ltnissen bei der 306 Probanden umfassenden idiopathischen Gruppe beschaftigen. Dieser Gruppe kommt ja auch naturgem~B, ganz abgesehen yon ihrem zahlenm~13igen ~ber- gewieht, eine weir grSBere Bedeutung als der Gruppe der symptomatischen Epilepsie und der Zwischengruppe zu. Zwar wird sich zeigen, dab auch die an der idiopathisehen Gruppe sich in bezug auf unsere Fragestellung ergebenden Befunde keineswegs bereits als allgemeingfiltig zu betraehten sind; besonders die Ziffern der Tabelle 1 und 6 werden das mit aller I)eutliehkeit erkennen lassen. Von einem gewissen Wert dfirften die an dieser Gruppe erhobenen Befunde abet dennoch sein. Es w~re das ja selbst dann der Fall, wenn sie uns nur zeigten, wie wenig genaue Kennt- nisse wir in bezug auf das betreffende Problem noeh besitzen; man wird aber wohl doeh als wahrseheinlich ansehen kSnnen, dab die sich etwa sparer an einem grSBeren Material ergebenden Befunde wenigstens nicht allzusehr yon denen der vorliegenden Untersuchung abweichen diifften. ])emgegenfiber wird sich bei den Gruppen der 79 sympto- matischen und der 134 der Zwischengruppe zugeordneten Probanden zeigen, dab sie zu klein sind, als dab sieh aus ihnen auch nur mit Wahr- scheinliehkeit derartige Schlfisse ziehen lieBen; wir werden uns daher mit diesen Gruppen nur ganz kurz, gleichsam anhangsweise, besch~ftigen.

a) Verteilung der Epileptiker au/ die Kinderreihen.

Bei den Kindern der idiopathischen Gruppe gilt unsere Betrachtung an erster Stelle der Epilepsie. Die Kinder der 306 idiopathisehen Pro- banden entstammen (mindestens ~) 337 fruchtbaren Verbindungen; ver- schiedene Probanden waren mehrere solche Verbindungen eingegangen. Als fruehtbar sind dabei alle jene Verbindungen gerechnet, aus denen mindestens ein fiber 5 Jahre altes Kind hervorgegangen war. Die Zahl atler fiber 5 Jahre alten Kinder betr~gt 994. Kinder unter 5 Jahren wurden, wie auch in der Arbeit Conrads, nicht berficksichtigt. Wie

1 Schulz: Z. Neur. 168, 350 (1940); 169, 365 (1940); 170, 470 (1940). Besonders wenn eine Probandin mehrere illegitime Kinder hatte, liel3 sich

nicht immer feststellen, ob diese yon einem oder mehreren V~tern stammten.

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mit einem epileptischen Partner. 3

sich die 994 K i n d e r auf die 337 Verb indungen ver te i len , ze ig t die fo lgende (~bersicht , in de r s d ie A n z a h l de r K i n d e r p ro Kinder re ihe , n die A n z a h l de r be t r e f f enden K i n d e r r e i h e n bedeu te t .

s 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Sa . n 96 73 63 43 24 16 9 8 2 3 337

Von a l len 994 K i n d e r n z~hl te C o n r a d 55, a lso 5 ,5%, a ls Ep i l ep t ike r . Bei de r gegebenen Ver te i lung der 994 K i n d e r auf K i n d e r r e i h e n ver - seh iedener GrSBen l~13t s ich errechnen, wie sieh die 55 E p i l e p t i k e r nach der W n h r s c h e i n l i e h k e i t au f die 337 K i n d e r r e i h e n ver te i l en wii rden, d. h. dann , wenn a l le E l t e r n p a a r e als erbbiologisch g le ichwer t ig anzusehen w~ren u n d Aul~enumst~nde bei der Man i f e s t a t i on der ep i l ep t i schen Anlage ke ine (oder s t e t s d ie gleiche) Rol le sp ie l ten . Die so zu e r w a r t e n d e Anznhl de r K i n d e r r e i h e n ohne Epi - l ep t iker , sowie de r m i t e inem, zwei, dre i und m e h r E p i l e p t i k e r n i s t aus Tabe l le I zu ersehen, ebenso die t a t - sgehlich ge fundene Anzah l der be- t r e f fenden K i n d e r r e i h e n . Es w~ren d e m n a c h i n s g e s a m t 50 K inde r r e ihen m i t e inem ode r m e h r E p i l e p t i k e r n zu e rwar t en ; es l i n d e n sich jedoeh nur 45 (ngmlich 38d-4d-3 ) . Die Ep i leps ien t r e t e n a lso n i c h t , ,g leichm~Big" auf die K i n d e r r e i h e n v e r t e i l t auf, sondern einige K i n d e r r e i h e n s ind s t a r k e r be- fa l len, a ls de r W a h r s c h e i n l i c h k e i t ent- sp r i eh t ; wie m a n s ieht , s ind besonders die K i n d e r r e i h e n m i t 3 E p i l e p t i k e r n

Tabelle 1. G e f u n d e n e u n d b e i e r b b i o l o g i s c h e r G l e i c h w e r t i g - k e i t de r E l t e r n p a a r e a ls wah r - "

s c h e i n l i c h zu e r w a r ~ e n d e V e r t e i l u n g d e r E p i l e p t i k e r

au f d ie 337 K i n d e r r e i h e n .

Anzahl der Epi lept iker pro Reihe

0 1 2 3 4 5

6 und meh

Summe

Gefundene I E r w a r t e t e

A n z a h l der ti~inderreihen

292 286,880 38 45,837 4 3,976 3' 0,272

- - 0,016 - - 0 , 0 0 1 - - 0 , 0 0 0

337 336,982

al lzu s t a r k v e r t r e t e n . Die E r w a r t u n g fiir a l le K i n d e r r e i h e n m i t 3 und m e h r E p f l e p t i k e r n b e t r ~ g t n i e h t ganz 0,3, t a t s~eh l i ch v o r h a n d e n s ind j edoeh 3 solche K i n d e r r e i h e n .

Die Bereehnung der zu erwartenden Anzahl der Kinderreihen ohne bzw. mit einer bestimm~en Anzahl yon Epfleptikern I~B~ sich naeh Bernoull is bekannter

Formel W ~ I s ) ( 1 - - p ) * - a ~a, ida vornehmen, in der s die Gr6~e einer Kinderreihe, a die Anzahl der Epfleptiker pro Kinderreihe, p die Prozentzahl der Epfleptiker im gesamtmn Material, bier also 5,5% bzw. 0,055. Im vorliegenden Falle wurde

s! a b e nach der erweiterten l~ormel Wa, b, c - - a ! b ! c ! Pa Pb Pc gereehnet, in der a wieder

die Anzahl der Epfleptiker, b die der Schwachsinnigen mad c die der weder epi- leptischen noch schwachslnnigen Kinder pro Kinderrethe darstell t . ~a, Pb und Pc sind die entspreehenden Prozentzahlen im gesamten Material. Die Formel gestattet gleichzeitig festzustellen, in welchem Grade Schwachsinn und Epflepsie bei gleich- mafliger, yon einander unab~ngiger Verteflung in den gleichen Kinderreihen zu- sammentreffen wiirden. Kinder, die sowohl epfleptisch wie schwaehsinnig waren, warden bei diesen Bereehnungen den Epfleptikern zugeteflt (vgl. S. 16, FuBnote 6).

1"

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4 Bruno Schu]z: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaaren

Tabelle 2. C b e r b l i c k fiber die K i n d e r r e i h e n m i t e p i l e p t i s c h e n K i n d e r n n a e h K i n d e r r e i h e n g r 6 B e u n d A n z a h l tier E p i l e p t i k e r pro Reihe.

(Ohne Altersberticksichtigung. )

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10

Summe

Ver te i lung bei B e r i i c k s i e h t i g u n g

a l ler 55 I de r 41 i m enge ren S inne I de r 28 i m e n g s t e n Sinne

e p i l e p t i s c h e n t t : inder $ A n z a h l

der Re ihen m i t

1 1 2 1 3 S u m m e

E p i l e p t i k e r n

A n z a h l de r R e i h e n m i t

1 1 2 1 3 E p f l e p t i k e r n

S u m m e

35

A n z a h l de r Re ihen m i t

1[ !3 E p i l e p t i k e r n

i ; - - i 5 1 ! 10 7

4 1 2 7 5 5 43 2 a 6 1 1

38 I 4 3 45

5 7 5 a 3 2 4 33 23 1 1 1

13

30 4 1

3 5 2 3 1 2 2 2 a

1 1

19 3

13

S u m m e

3 5 2 4 2 4

1 1 1

23

I)al~ die Abweichung v o n d e r , ,g leichms bzw. ,,zu e r w a r t e n d e n " Ver te i lung ziemlich betr~chtl ich ist, geht vie l le icht noch deut l icher aus folgendem hervor : Wfirden wir bei , ,gleichm~Biger" Ver te i lung die Epi lepsieh~ufigkei t an H a n d nu r der jen igen Kinder re ihen , in denen mindes tens ein Epi lep t iker auf t r i t t , nach der aprior ischen oder Ge- schwis termethode berechnen, so wiirde m a n a n H a n d dieser , ,befaUenen" Kinder re ihen die gleiche Epi lepsieh~ufigkei t e rha l t en wie bei e infachem Ausz~hlen der Epi lepsien un t e r den g e s a m t e n 994 K inde rn , n~mlich 5,5%. (Als Kont ro l le wurde eine derar t ige B e r e c h n u n g auf G r und der fiir die e inzelnen Kinderre ihengrSBen e r r echne ten Erwartungszif fern, durch deren Add i t ion die Erwar tungsz i f fe rn der Tabel le 1 gewonnen wurden, vorgenommen. Das Ergebnis l au t e t e i n der T a t 5,5%.) A n den wirklich befa l lenen 45 K inde r r e ihen dagegen ergeben sich nach der apr ior ischen Methode 13,0%. (Die U n t e r l a g e n fi ir die Berechnung nach der aprior ischen Methode s ind aus dem l i nken Dr i t t e l der Tabelle 2 zu ersehen.)

Bei der Kleinheit des Materials ist der Befund yon 5,5% einerseits und der yon 13,0 % andererseits natfirlieh betraehtliehen Zufallsschwankungen unterworfen; der Unterschied zwisehen beiden kann in der gefundenen HShe also nieht als ge- siehert angesehen werden. Berechnet man aber ffir die 45 befallenen Kinderreihen unter der Voraussetzung, da0 sich dort nach der apriorisehen Methode eine Epi-

1 Einer der Epfleptiker gleichzeitig beschri~nkt. - - 3 2 der Epfleptiker gleich zeitig beschrankt, 2 schwachsinnig. - - a Einer der Epfleptiker gleiehzeitig schwaeh- sinnlg. - - ~ Einer der Epfleptiker gleichzeitig besehr~nkt, einer sehwachsinnig.

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mit einem epileptischen Partner. 5

Tabelle 3. ~ b e r b l i c k fiber die K i n d e r r e i h e n m i t e p i l e p t i s c h e n K i n d e r n n a c h K i n d e r r e i h e n g r 6 B e u n d A n z a h l der E p i l e p t i k e r p ro Reihe .

(Halbrechnung der yore 5.--20. Jahr ausgeschiedenen Kinder.)

1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,5 6,0 7,0 7,5 8,5

10,0

Summe

Verteilung bei Beri~cksichtigung

~lZ~r 55 [ d~r ~1 ~ n o n g ~ e ~ Smn~ [ a ,~ 28 ~ ~ n ~ t ~ . S ~ n ~

epileptischen Kinder s Anz~ahl

der Reihen mit

Epileptikern

5 1

1 0 1 1 33 52 1 7 ~ 2 1 1 1 2 22 2 1

38 4 3

Summe

5 1

11 3 5 1 9 1 1 3 2 1 1 1

45

Anzahl der Reihen mit

3

Epileptikern

5

8 1 32 31

6 1

1 1 2 2 2 , _ _ , 2 1

12

30 4 1

Summe

5

9 3 3

7

1 3 2 1

Anzahl der Reihen mit

11 13 E p i l e p t i k e r n

31-T 6 2 1

- - I 4 1 - -

1 1 - - - - - - I 2 2 - -

I ] - - - - 1 1 - - - -

1

~5 [ 1 9 1 3

summe

3

6 2 1

I 5 I - -

1 , 2

1 1

121 1

I 1 2 3

lepsieh~ufigkeit yon 5,5% finder, die in ihnen zu erwartende Anzahl yon Epi- leptikern, so betr~gt diese 48,92 • 3.1,984. Die Anzahl der in den 45 Kinderreihen vorhandenen 55 Epileptiker liegt also jenseits des dreifachen mittleren Fehlers der Erwartung, so dab sich immerhin sagen ls dab unter der Voraussetzung yon 5,5% Epilepsieh~ufigkeit unter allen 994 Kindern die ungleichm~Bige Ver- teilung der Epfleptiker auf die 337 Kinderreihen als gesichert anzusehen 1st.

Man kSnn te n u n zuns ve rmu ten , die auf diese Weise ge fundene ungleichms Ver te i lung sei ganz al lein da rauf zuri ickzufi ihren, da b bei den B e r e c h n u n g e n der Al t e r sau fbau n ich t beri icksichtigt wurde. Es kSnne eine Anzah l yon K i n d e r r e i h e n n u t deshalb (noch) frei y o n Epi lepsie gebl ieben sein, weil die be t re f fenden K i n d e r noch in e inem zu jugend- l ichen Alter s tehen. Es l~Bt sich indes zeigen, dab zum m i n d e s t e n n i c h t i n diesem U m s t a n d e al le in die Ursaehe fiir die ungleiehms Ver- t e i l ung erb l ickt werden k a n n .

Stel l t m a n n~ml ich eine en t sprechende Berechnung an, bei der m a n d ie jen igen Kinder , die noch w~hrend des Gef~hrdungsal ters fiir Epi leps ie aussehieden, bei B i l dung der Bezugsziffer, bzw. der Kinderre ihengrSBe,

1 ]~iner der Epfleptiker gleichzeitig beschr~nkt. - - 2 Einer der Epfleptiker gleichzeitig schwachsinnig. - - a 2 der Epfleptiker gleichzeitig beschr~nkt, einer schwachslnnlg.

Die Berechnung des mittleren Fehlers erfolgte nach der yon Bern~ein [Arch. Rassenbiol. 22, 243 (1930)] angegebenen l~ormel m 2 = ws.(q--wsq').

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6 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaaren

Tabelle 4. l~berb l iek t iber die K i n d e r r e i h e n mi t e p i l e p t i s e h e n K i n d e r n n a c h K i n d e r r e i h e n g r S B e u n d A n z a h l der E p i l e p t i k e r p ro Reihe.

(Halbrechnung der vom 5.---30. Jahr ausgeschiedenen Kinder.)

Verteilung bei Beriicksichtigung

aller 55 I der 41 im engeren Sinne I tier 28 im engsten Sinne

epileptischen Kinder

0,5 1,O 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 6,0 7,0

10,0

Summe

Anzahl der l~eihen mit 1 I 2 j 3 Summe

Epileptikern I

4 4 5 ~ 5 5 2 5 8 z 1 9 53 5

- - 1 3

1 - - 4 - - 1 ~ - - 1

1 ~ 1

38 4 3 45

Anzahl der Reihen mit

1 1 ~ L 3 Epileptikern

4 3 52 4 1 4 z 3 1 1 - - 2 3 12 - -

_ _ _ _ 12 1

30 4 1

Sllmnle

I 4 3 5 5

- - - - I 4 3 2 2 4 1 1

I 1

i - -

35

Anzahl der l=teihen mit

1 1 2 1 3 S u r e

Epileptikern

21 2 - - , - -

3 4 i - - , - - 1 i - - ' - - 3 ! - - , q

- - ! 1 2 i __ , __ 2 ! 1

- - I 1 2

; i - 19 3

2 2 3 4 1

! 3 1 2 3

1~! 1 1

1 23

n u r ha lb z/~hlt, so erh/~lt m a n bei A n n a h m e eines Gef/~hrdungsalters vom 5.--20. Lebens jahr am gesamten Mater ia l eine Epilepsieziffer yon 6,0%, a n H a n d der 45 befa l lenen K i n d e r r e i h e n nach der apr ior ischen Methode dagegen wiederum eine weir hShere Zahl , n/~mlich 15,1%. Bei A n n a h m e einer Gef/ ihrdungszeit vom 5 . - -30 . Lebens j ah r wfirden die Ziffern 7,9% u n d 21,4% lau ten . (Die U n t e r l a g e n ffir die Be rechnungen nach der apriorischen Methode lassen sich jeweils dem l i n k e n Dr i t te l der Tabel len 3 u n d 4 en tnehmen . ) Da also auch hier die nach der aprior isehen Methode a n H a n d n u r der yon Epilepsie befa l lenen Kinder - re ihen errechneten Ziffern deut l ieh fiber den durch e infaches Ausz/~hlen a n der Gesamthei t aller K inde r r e ihen gewonnenen liegen, wird m a n ver- m u t e n , dab die ungleichm/~13ige Ver te i lung wenigs tens z um grSBten Tell dadurch bedingt ist, dab die E l t e r n p a a r e in bezug auf die MSglichkeit, epileptische K inde r zu zeugen, als verschiedenwer t ig a nz use he n sind.

E ine solche erbbiologische Verschiedenhei t der Paa re k S n n t e zweierlei Ur sachen haben. E i n m a l kS imten die als id iopath ische Ep i lep t ike r zu- sammengefaBten P r o b a n d e n erbbiologisch in de m g e n a n n t e n Sinne ver- schieden zu wer ten sein. Diese MSglichkeit soll n i c h t be s t r i t t en werden.

z Einer der Epfleptiker gleichzeitig beschriinkt. - - 2 Einer der Epfleptiker gleichzeitig schwachsinnig. - - a Einer der Epfleptiker gleiehzeitig beschr~nkt, einer sehwachsinnig.

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mit einem epileptlschen Partner. 7

Wfirden wir jedoch zu einer solchen A n n a h m e gezwungen, so w~ixe uns dami t eigentl ich auch die Berecht igung genommen, die P robanden , wie es bier geschehen ist, ohne weiteres zu einer als erbbiologiseh einheitlich behandel ten Gruppe zusammenzufassen. Tats~chlich zwingt uns aber der bier erhobene Befund keineswegs zu einer solchen Annahme . Vielmehr liegt es viel nigher, die ungleichm~Bige Vertei lung der Epi lept iker dami t zu erld~ren, daB die Zeugungspar tner der P robanden als erbbiologisch versehieden anzusehen sind. Es ist ja durchaus mi t der M6glichkeit zu rechnen, daft ein Tell der Zeugungspar tner der Epi lept iker so gear te t ist, dab aus der bet reffenden Kreuzung unmSglich ein offenbar epi- leptisches K i n d he rvorgehen kSnnte. - - Die Frage liegt nahe, yon min- destens wievielen der 337 Paare vorliegender Unte r suchung sich sagen l~Bt, dab sie ihrer Beschaffenhei t nach zum Zeugen epileptischer K inde r imstande gewesen sind. Bewiesen haben - - wie aus Tabelle 1 h e r v o r g e h t - - 45 Paare , daB sie dazu imstande waren. Eine weitere Anzah l yon Kinder- reihen wird nur zuf~llig frei yon Epi lept ikern geblieben sein. Ihre wahr- scheinliche Anzah l l~Bt sich (allerdings unter der Voraussetzung, daft die 45 Kinder re ihen El te rnkreuzungen gleicher Art en t s t ammen 1) fiber die Formel W ~ - ( 1 - - p a ) s errechnen.

In ihr bedeutet W die Wahrscheinlichkeit des Auftretens yon merkmalsfreien Reihen. Wiirde sich also W als 1/s ergeben, was etwa dann der Fall w~re, wenn Pa = 1/2 und s ~ 3, so ware 1--W = 7/s; auf 7/s Reihen waren demnach noch 1/s Reihe als nur zuf~llig freigeblieben hinzuzuz~hlen, auf eine Reihe also 1/s:7/8 Reihen oder 1/7 Reihe. Bezeichnet man einen Merkmalstr~ger mit a, einen Nicht- merkmalstr~ger mit b, so wiirde z.B. auf die 7 Reihen aaa, aab, aba, baa, abb, bab, bba im ganzen eine Reihe bbb hinzuzuz~hlen sein 2.

Nach Tabelle 5 vorl iegender Arbei t ergibt sich, daft unter den ge- nann ten Vorausse tzungen zu den 45 befallenen Kinderre ihen noch 99,1 nur zuf~llig y o n Epilepsie freigebliebene hinzuzuz~hlen sind. (Die Unter- lagen fiir die Tabelle 5 sind wiederum dem linken Dr i t te l der Tabelle 2 zu entnehmen.) I n s g e s a m t ws also yon den 337 Verb indungen mindestens 144,1, das ist 42,8%, als ihrer Beschaffenhei t nach zum Zeugen epileptischer Kinder imstande anzusehen. ])er Al tersaufbau wurde bei dieser Be rechnung nicht berficksichtigt. Er l~tl3t sich auf Grund der im l inken ])r i t te l der Tabelle 3 und 4 wiedergegebenen Unter lagen berficksichtigen. W i r h~ t t en dann, wie eine der Tabelle 5 entspreehende Berechnung ergibt , bei Ann~hme einer Gef~hrdungsperiode vom 5. his 20. Lebens jahr 90,2 nu r zuf~ l ig leere Kinderre ihen zu v e r m u t e n u n d bei der en tspreehenden Berechnung unter A n n a h m e einer Gef~hrdungszeit

1 Trifft diese Voraussetzung nicht zu, so wiirde die Formel W -~ (1--pa)s einen - - a]]erdings nut um ein geringes - - zu niedrigen Wert liefem.

2 N~heres dariiber s. Z. Neut. 162, 327 (1938). Die dortigen Tabellen 1 und 2 entsprechen genau der Tabelle 5 vorliegender Arbeit, nut ist in ihnen die GreBe der Kinderreihen nicht - - wie in vorliegender Arbeit - - mit s, sondern mit n be- zeichnet.

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8 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaaren

Tabelle 5. Dars te l lung der Berechnung der ve rmut l i ch nur zuf~llig von Epilepsie freigebliebenen Kinder re ihen , wenn Pa ---- 0,13.

1 2 3 4 5 6 2~nzahl Gr6Be

der K i n d e r - d e r K i n d e r - ( l ~ p a ) s 1 -- (1--~a)s S p a l t e 3 : S p a l t e 4 S p a l t e 5 �9 S p a l t e 1 re ihen (n) r e i h e n (s)

5 10 7 7 5 6 1 1 1 2

45

1 2 3 4 5 6 7 8 9

l0

0,870 0,757 0,658 0,573 0,498 0,434 0,377 0,328 0,285 0,248

0,130 0,243 0,341 0,427 0,501 0,566 0,623 0,672 0,714 0,751

6,69 3,11 1,93 1,34 0,99 0,76 0,60 0,49 0,40 0,33

33,45 31,10 13,51 9,38 4,95 4,56 0,60 0,49 0,40 0,66

99,10

vom 5.--30. Lebensjahre 92,1 derartige Kinderreihen. Dementsprechend w/ire also yon 135,2 bzw. 137,1, d. h. yon 40,1% bzw. 40,7% aller 337 Elternpaare zu vermuten, dab sie ihrer Beschaffenheit nach ein epileptisches Kind h/itten hervorbringen kSnnen.

DaB stets ann/ihernd die gleiche Prozentzahl der 337 Elternpaare als ihrer Beschaffenheit nach zum Zeugen epileptischer Kinder f/ihig errechnet wird - - ganz gleich, ob das Alter berficksichtigt wird oder nicht und welche der beiden Gef/ihrdungszeiten wit' bei der Alters- berticksichtigung zugrunde legen - - , ist deshalb besonders zu begriiBen, weft sich nicht recht sagen 1/iBt, welche Form der Altersberiicksichtigung als die richtigste anzusehen ist. Zwar ist bei Conrad 1 bemerkt, dab man, wenn das Alter nach dem StrSmgren-Verfahren unter Zugrunde- legung eines von Kraepelin angegebenen Standardmaterials beriicksichtigt wird, zu gleichen Ergebnissen kommt wie beim Rechnen mit einer Gef/ihrdungsperiode vom 5.--30. Lebensjahr. Aber es ist wohl doch fraglich, ob in einem Material wie dem Kraepelins, das sich aus Auf- nahmen einer Psychiatrischen Klinik zusammensetzt, nicht die Sp/it- erkrankungen st/irker vertreten sind als unter der Gesamtheit aller Epileptiker. - - Eine Altersberiicksichtigung der Kinder an Hand einer regelrechten Morbidit/itstafel ist leider nicht mSglich, da sich bei etwa einem Drittel der epileptischen Kinder das Erkrankungsalter nicht fest- stellen lieB. (Immerhin sei erw/ihnt, dal3 kein Kind, dessen Erkrankungs- alter angegeben war, nach dem 24. J ah r erkrankte.)

In j edem Falle liegen die gefundenen Werte (42,8%, 40,1%, 40,7 %) deutlich unter den Werten, die sich bei einer entsprechenden Berechnung an den Verbindungen eines Schizophrenen mit einem Nichtschizophrenen ergaben 2. Dort waren mindestens 60---66% der Paare als zum Zeugen schizophrener Kinder f/ihig anzusprechen. Sehen wir diese Befunde und

1 Conrad: Z. Neur. 159, 548 (1937). - - 2 Schulz: Z. Neut. 162, 327 (1938).

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mit einem epileptischen Partner. 9

die vorliegender Arbeit einmal als gesiehert an - - obwohl sie es natiirtich noch nicht sind - - und machen nun die Annahme, dab fiir einen Schizo- phrenen wie fiir einen Epileptikei: die MSglichkeit, ein schizophrenes bzw. ein epileptisches Kind hervorbringen, ganz allein yon der ]~e- schaffenheit seines Par tners abh~ngig ist, so lieI~e sich auf Grund unseres Befundes auch sagen, daft die Schizophrenen hgufiger auf einen Par tner stol]en, der ihnen die Zeugung eines schizophrenen Kindes ermSglicht, als die Epileptiker auf einen entsprechenden Partner stoBen. Das kSnnte dadurch bedingt sein, d a ] die Schizophrenen bei der Gattenwahl Par tner mit den erforderlichen Anlagen besonders bevorzugen, und zwar ver- hgltnism~Big mehr als die Epileptiker Partner mit den entsprechenden Anlagen. Nach dem bisherigen Stande unseres Wissens ist diese MSg- lichkeit aber wohl wenig wahrscheinlich, viehnehr ist nach den, wenn auch noch keineswegs beweisenden Untersuchungen L e i s t e n s c h n e i d e r s 1 zu vermuten, dab Personen, die mit sparer an Sehizophrenie Erkrankenden eine Ehe eingehen, etwa der DurchschnittsbevSlkerung entsprechen; auch scheint es, als ob die Schizophrenie in keiner bestimmten sozialen Schicht bevorzugt auftr i t t . Demgegentiber diirften die Epileptiker, wir kommen sparer noch darauf zuriick, sowohl selbst vornehmlich den niederen sozialen Schichten angehSren, wie auch in diese hineinheiraten, haben also wahrscheinlich einen engeren Heiratskreis als die Schizo- phrenen, und zwar einen ihrer eigenen Art verwandten. - - Man wird daher auf Grund unserer Befunde eher annehmen, dal~ die Anlagen, die bei den Par~nern der Epileptiker vorliegen mfissen, dami t aus der betreffenden Verbindung ein epileptisches Kind hervorgehen kann, iiber- haupt seltener in der BevSlkerung vorhanden sind als die entsprechenden Anlagen, die beim Par tner eines Schizophrenen erforderlich sind, damit aus der betreffenden Verbindung ein schizophrenes Kind hervorgehen kann.

Absichtlich wurde soeben diese vorsichtige Ausdrucksweise gew~hlt, und nicht einfach gesagt, es sei auf Grund unserer Befunde anzunehmen, dab die Anlage zur Schizophrenie verbreiteter sei als die zur Epilepsie. Dal~ dem so sein kSnnte, ist zwar auf Grund unserer Befunde durchaus mSglich. Aueh ist die Schizophrenie selbst ja verbreiteter als die Epi- lepsie, obwohl diese bereits in jiingeren Jahren auftri t t . Doeh lassen sich die soeben erhobenen Befunde auch auf die Weise erld~ren, dal] man annimmt, ein Sehizophrener sei, um ein schizophrenes Kind hervor- zubringen, verh~ltnism~]ig h~ufig nur auf solehe erggnzenden Anlagen bei seinem Par tner angewiesen, die ziemlich allgemein in der BevSlkerung verbreitet sind und die man deshalb wohl nieht gut als ,,Anlagen zur Sehizophrenie" oder gar aIs , ,Schizophreniefaktor" bezeiehnen kann, w~hrend die Anlagen, deren ein Epileptiker zu einer entsprechenden Erg~nzung bedarf, weniger in der BevSlkerung verbreitet sein k5nnten.

1 Leis tenschneider: Z. Neur. 162, 289 (1938).

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] 0 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaaren

so dal3 sie sich als spezifisch fiir Ep i l eps i e ansp rechen liel]en; v ie l le ich t w~re sogar zu ve rmuten , d a b - - bei p o l y m e r e r Beding the i$ de r Ep i l eps i e - - m indes t ens eine de r Anlagen , ohne d ie ke ine mani fes te i d iopa th i sche E p i l e p s i e en t s tehen kSnnte , u n b e d i n g t in h o m o z y g o t e m Z u s t a n d e vor- h a n d e n sein miil]te. I n d iesem Sinne wi i rden unsere Befunde also da f i i r sp rechen , d a b die Schizophrenie eher a ls d o m i n a n t erbl ich angesehen w e r d e n k a n n als die Epi lepsie . - -

N u n scheint mi t Ri ieks ich t au f d a s A u f t r e t e n u n d die Ver t e i lung der Ep i l eps i e un te r den K i n d e r n noch fo lgendes be a c h t e nsw e r t zu sein. Es w u r d e seinerzei t yon Conrad ausdr i i ck l i ch e rw~hnt 1, d a b sich u n t e r den als ep i lep t i sch ausgez~hl ten K i n d e r n de r 306 id iopa th i s chen E p i l e p t i ke r , wie i ibr igens auch un te r denen de r be iden a n d e r e n P r o b a n d e n g r u p p e n , auch F~l le befanden, die, wenn sie u n t e r den P r o b a n d e n a u f g e t r e t e n w~ren, als solche wegen ihrer zwe i fe lha f t en Diagnose vorauss ich t l i eh ke ine Ve rwendung gefunden h~t ten , so F~ l l e yon vor t ibe rgehenden AnfaUs- zus t~nden m i t BewuBtlosigkei t , be i d e n e n n i ch t e indeu t ig gek l~r t werden konn t e , ob das volle Bi ld eines ep i l ep t i s chen Anfa l l s bes tand , auch ge- wisse F ~ l e m i t s ieheren ep i l ep t i schen Anf~l len, welehe j edoeh nu r eine ku rze Ze i t des Lebens h indurch a u f t r a t e n u n d dann , wenigs tens angebl ich , wieder verschwanden. U n t e r d iesen U m s t ~ n d e n e rsche in t es a ls zweck- m~l]ig, zu pr'fifen, ob dann , wenn m a n d ie i m genann ten Sinne zweifel- h a f t e n F~lle n ich t mi tbe r i i eks i ch t ig t , s ich die ve rb l e ibenden s icheren Fs a ls gleichm~Biger oder ungleichm~13iger f iber die K i n d e r r e i h e n v e r t e i l t zeigen.

Die Verteflung wird unter im tibrigen gleichen Umst~nden als um so gleich- m~Biger erscheinen, eine je kleinere Prozentzalff von Merkmalstr~gern sich nach der apriorischen oder Geschwistermethode an den befallenen Kinderreihen ergibt; aus der l~ormel W ~ (1--pa)S geht das ohne weiteres hervor. Es kSnnte also durchaus sein, dab bei Nichtberiicksichtigung der zweife]haften Epflepsien unter den Kindem an Hand der dann als befallen zu betrachtenden Kinderreihen sich nach der apriorischen Methode eine so niedrige Prozentzahl (Pa) fiir die Epilepsie- h~ufigkeit ergibt, dal] auf Grund dessen nach einer der TabeUe 5 entsprechenden Berechnung eine weir gr6Bere Anzahl yon Elternpaaren als ihrer Beschaffenheit nach zum Zeugen epileptischer Kinder f~hig anzusprechen w~re. Das wiirde etwa vor allem dann zu erwarten sein, wenn sich die ,,zweifelhaften" F~lle yon Epilepsie verh~ltnism~Big bevorzugt in denjenigen Kinderreihen gefunden h~tten, in denen auch die sicheren F~lle auftraten. Die Anzahl der tats~ehlich befaUenen Kinder- reihen wird sich dann durch Nichtberficksichtigung der zweifelhaften F~lle kaum vermindem, wolff aber die in den befallenen Kinderreihen nach der apriorischen Methode sich ergebende Prozentzahl der Epilepsieh~ufigkeit. H~tten sich die zweifelhaften F~lle dagegen verh~ltnism~Big bevorzugt in Kinderreihen gefunden, in denen die ,,sicheren" Epflepsien fehlen, so ist besonders leicht die MSglichkeit gegeben, dab an Hand d e r n u r yon sicheren Epilepsien befallenen Kinderreihen sich doch noch eine so hohe Prozentzahl ftir die H~ufigkeit sicherer Epfleptiker nach der apriorischen Methode errechnen laBt, dab das (dann verh~ltnism~Big betr~chtliche) Sinken der Anzahl der befallenen Kinderreihen nicht wieder aus- gegliehen wiirde. Eine entsprechende Berechnung wiirde somit ergeben, dab ein

1 Conrad: Z. Neur. 159, M5 (1937).

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mit einem epileptischen Partner. 11

geringerer Teil tier Gesamtheit der - - in unserem Falle 337 - - Eltempaare zum Zeugen sicherer Epileptiker imstande ware als zum Zeugen yon Epilepsien in weiterem Sinne, und daraufhin helle sich - - werm der Befund als gesichert gelten kfinnte - - vermuten, dab die unter den Kindem gefundenen Epilepsien im engeren Sinne genotypisch anders zu werten wi~ren als die Epilepsien im weiteren Sinne, die vielleicht nut einen Teil tier Erbanlagen jener in sich triigen.

Zur Vornahme einer entspreehenden ~berpri i fung wurden die 55 his- her ganz allgemein als epileptiseh angesproehenen Kinder in drei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe umfaflt 28 F~lle, die, wenigstens im R a h m e n dieser Arbeit, als im engsten Sinne epileptiseh bezeiehnet seien. (Damit sei nieht behauptet , daft e twa aueh ein Erbgesundheitsgericht bei allen diesen F/~llen auf Grund der kurzen Schilderungen zur Diagnose einer genuinen Epilepsie kommen sollte.) Die Verteilung dieser 28 F/~lle ergibt sieh jeweils aus dem rechten Drit tel der Tabellen 2, 3 und 4. Auf Grund dieser Verteilung 1/~Bt sich nach der iiblichen Berechnung (vgl. Tabelle 5) feststellen, dab nur 20,4% bzw. 21,7% bzw. 23,6% der 337 Paare ihrer Besehaffenheit nach zum Zeugen yon im engsten Sinne epileptisehen Kindern imstande w/~ren. Ein Vergleich mit den Befunden, die sich unter Beriicksichtigung aller 55 Fs ergaben - - in Tabelle 8 l inden sieh alle Ergebnisse zusammengestel l t - - , 1/~Bt wenigstens bis zu einem gewissen Grade vermuten, dab die Epilepsien in diesem engsten Sinne erb- biologiseh etwas anderes darstellen als die Gesamtheit aller 55 als epi- leptisch geftihrten Kinder, und dall nieht alle Elternpaare, die zum Zeugen der Epilepsien im weiteren Sinne f/~hig w/~ren, auch solehe im engsten Sirme zu zeugen vermSchten.

Werden aul3er den 28 im engsten Sirme epileptischen Kindern noeh 13 weitere mi t in die Reehnung einbezogen, so ergibt sich eine Gruppe yon 41 wohl nieht mehr als im engsten, aber doeh noeh als im engeren Sinne epileptiseh bezeichneten Kindern. Ihre Verteilung auf die Kinder- reihen ist jeweils aus dem mitt leren Drit tel der Tabellen 2, 3 und 4 zu ersehen. Eine entspreehende Berechnung ergibt (s. wieder Tabelle 8), daB 38,6% bzw. 38,8% bzw. 42,1% aller 337 Elternpaare znm Zeugen yon epileptischen Kindern im hier begrenzten Sinne imstande w/~ren. Die Ziffern bleiben k a u m noeh hinter denjenigen zurtiek, die sich unter Beriicksiehtigung after 55 epileptisehen Kinder ergaben, so dab entweder zu ve rmuten ist, daft die nur im weitesten Sinne als epileptisch anzu- sehenden Kinder bevorzugt in Kinderreihen festgestell~ wurden, in denen ohnehin sehon Epflepsien im engeren und engsten Sinne festgesteUt wurden, oder daB El ternpaare , die zum Zeugen yon im weitesten Sinne epfleptisehen Kindern imstande sind, ohne weiteres aueh als zum Zeugen der bier als Epileptiker im engeren Sinne bezeiehneten Personen (wenn aueh nicht zum Zeugen yon Epilept ikern im engsten Sinne) imstande anzusehen w/~ren.

In der gleiehen Weise, wie auf S. 4und5 for die Gruppe, bei der alle 55 Epfleptiker ohne Altersberiicksichtigung verwendet wurden, erreehnet worden war, ob mater

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12 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaare~

der Voraussetzung der in der Gesamtheit der Kinderreihen gefundenen Epflepsie- h~ufigkeit in den 45 befallenen Reihen die dort vorhandene Anzah] yon 55 Epi- |eptikern auBerhalb des mittleren Fehlers der Erwartung yon 48,92 Epfleptikern fiel, wurde eine entsprechende Berechnung fiir alle Gruppen der Tabelle 8 an- gestellt. Bei 7 der 9 in bezug auf die Epflepsieverteilung angestellten Berechnungen zeigt sich, dab die Anzahl der tats~chlieh vorhandenen (55 bzw. 41 bzw. 28) Epi- leptiker jenseits etwa des dreifaehen mitt|eren Fehlers tier Erwar~ung liegt; bei den 2 anderen Berechnungen (der vierten und f~nften der Tabelle 8) liegen sie jenseits etwa des 2a/~achen mitt|eren Fehlers. - - I)emgegenfiber liegt bei den in den zwei letzten Reihen der Tabelle 8 zum Vergleich mit angefiihrten Kinderreihen yon Sehizophrenen die Anzahl der dort tats~ch]ich vorhandenen 43 Schizophrenen* nut jenseits des ll]2fachen mittleren Feh|ers der entsprechend erreehneten Er- wartung. Die Ungleiehm~Bigkeit der Ver~eilung der Schizophrenien auf die dortigen 222 Kinderreihen ist also nicht im gleiehen Grade gesichert wie die der Epileptiker auf die 337 Kinderreihen der idiopathischen Epfleptiker.

Es dfirfte angezeigt sein, dem Leser eine n~here Vorstellung davon zu vermitteln, welche der insgesamt 55 als epileptisch angesprochenen Kinder hier den .Epilepsien im engsten, engeren und weitesten Sinne zugerechnet wurden. Es seien deshalb in der Kasuis t ik (s. S. 29ff.) yon allen F~llen, bei denen nur irgendein Zweifel fiber ihre Zuordnung be- stehen k6nnte, die Schilderungen nebst den vorl~ufigen ]0iagnosen wieder- gegeben, wie sie seinerzeit unmit te lbar nach der Beforschung der l~ l le yon dem Untersucher (Conrad) in die Z~hlkarten eingetragen, abet bisher noch nicht ver6ffentlicht worden waren. Von den insgesamt 55 F~llen habe ieh bei 17, bei denen auch die vorl~ufige Diagnose Conrads ohne jede Einschr~nkung genuine Epilepsie lautete, auf Grund se[ner Schilderungen keinen Zweifel, dab sie als idiopathische Epilepsien in engstem Sinne anzusehen sind. Ich habe es daher unterlassen, die Schilderungen dieser 17 F~lle in v0rliegender Arbeit wiederzugeben. Von den fibrigen 38 als epileptisch geffihrten Kindern der 306 idio- pathischen Probanden finden sich zun~chst diejenigen 11 F~lle in der Kasuis t ik angefiihrt, die ich neben den soeben erw~hnten 17 F~llen ebenfalls der engsten, insgesamt also 28 F~lle umfassenden, in den rechten Dritteln der Tabellen 2, 3 und 4 angeffihrten Epilepsiegruppe zurechnen m6chte. Es folgen dann die 13 weniger eindeutigen F~lle, deren Einbeziehung die 41 F&lle umfassende Gruppe liefert, die nicht mehr als Epilepsiegruppe im engsten, wohl aber noch als solche im engeren Sinne bezeichnet wurde (angeffihrt in den mit t leren Drit teln der Tabellen 2, 3 und 4). SchlieBlich folgen 14 wohl nur im weitesten Sinne der Epilepsie zuzurechnende F~lle, deren Einbeziehung zu der 55 F~lle umfassenden Gruppe ffihrt, die in den linken Dri t te ln der Tabellen 2, 3 und 4 wiedergegeben ist.

Zum mindesten in bezug auf diese 14 letzten F~lle (Kasuist ik S. 33 bis 35) wird man sich meines Erachtens fibrigens fragen kSnnen, ob sie ohne weiteres mi t als Epilepsien h~tten gez&hlt werden sollen. (Das

1 Vgl. Schulz: Z. Neur. 162, 332 (1938).

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mit einem epileptischen Partner. 13

gilt sowohl ffir den Fall, dab man sich, bei rein empirischem Vor- gehen, damit begnfigen will, die t a t ~ h l i e h e n Befunde m6glichst ein- gehend zu schildern, als auch ffir Arbeiten, in denen man zwecks Ab- grenzung eines Merkmals und Kl~rung seines Erbgangs l~berlegungen dariiber anstellen wird, ob ~uberlich ungleiche, wenn vielleicht auch einander ~hnliche Bilder, wie etwa ausgesprochene epileptische Krank- heitsbilder einerseits und Neigungen zu Ohnmachten und Herzanf~llen andererseits, nut verschiedene ~uberungsformen des gleichen Genotyps sein kSnnten.) Doch wird man auch wieder nicht yon vornherein be- haupten diirfen, es best~nde kein Zusammenhang zwischen der Epilepsie des jeweiligen epileptischen Elters und dem Auftreten dieser 14 F~|le; fiir das der 13 weniger zweifelhaften gilt das in verst~rktem Mabe.

Die 14 hier nur in weitestem Sinne der Epilepsie zugerechneten F~lle betragen 1,4% oder, bei entsprechender Beriicksichtigung des Alters- aufbaues, 1,5% bzw. 2,0% der hier insgesanrt untersuehten 994 Kinder. Sollten zuverl~ssige Ziffern fiber die H~ufigkeit in gleicher Weise (wie diese 14) eharakterisierter Fs in der DurchsehnittsbevSlkerung vor- liegen, die deutlich hinter den eben genannten zurfiekbleiben, so wiirde das daffir sprechen, dab ein Zusammenhang mit der Epilepsie des be- treffenden Elters anzunehmen ist. Bisher sind derartige Ziffern aller- dings wohl nicht bekannt; auch diirften sie nicht leieht zu erhalten sein. Denn selbst wenn bei einigen der bisherigen Untersuchungen yon DurehsehnittsbevSlkerungen mit gleicher Griindlichkeit wie hier naeh Anf~llen auch leichtester Art gefragt wurde, bleib~ doch ~mmer noeh zu beriieksichtigen, dab solche Anf~lle in Durehsehnittsfamflien vielfaeh nieht die gleiche Beachtung finden wie in der n~heren Verwandtsehaft yon Epfleptikern.

Eher ist schon damit zu rechnen, dab bei den bisherigen Durchschnitts- untersuchungen Fs wie die 13 als weniger zweifelhaft bezeichneten Beriicksichtigung gefunden h~tten. Da derartige F~lle sich in der Dureh- schnittsbevSlkerung aber nicht in einer solchen H5he (1,3%) angegeben linden wie unter den 994 Kindern der vorliegenden Untersuchung, wird man einen Zusammenhang zum mindesten eines Teils dieser 13 F~lle mit der Epilepsie des Elters vermuten kSnnen. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, dab die betreffenden Kinder in gleicher Weise wie die als epileptisch im engsten Sinne bezeiehn~ten alle ffir das Auftreten einer Epilepsie erforderlichen Anlagen in sich trfigen. Vielleieht besitzen sie nur einen Tell dieser Anlagen. Die Ergebnisse der auf den vorigen Seiten angestellten Untersuchungen lassen an diese MSgliehkeit denken.

b) Verteilung der Schwachsinnigen au/ die Kinderreihen. Soziale Schichtung.

In entsprechender Weise wie die Verteilung der Epilepsien auf die Kinderreihen der idiopathischen Probanden sei nun auch die dortige

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14 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaaren

Verteilung der Schwachsinnigen untersucht. Wir erw/~hnten bereits, dab die Schwachsinnsh/~ufigkeit unter den Kindern dieser Probanden in der VerSffentlichung Conrads mit 16,5% angegeben wurde. Auch wenn sich diese 16,5%, wie Conrad hervorhebt , aus 10,5% nur Beschr/~nkten und nur 5% Debilen und 1% in hSherem Grade Schwachsinnigen zu- sammensetzen, verlangt der Befund nach einer Erkl/~rung; Conrad weist darauf hin, dab Juda in der yon ihr untersuchten Verwandtschaf t yon Normalschfilern nur etwa 3% Beschr/~nkte, 1% Debile und 1% in hSherem Grade Sehwachsinnige gefunden hat te . (Diese Vergleichsziffern wurden in Conrads VerSffentlichung nur aus den Geschwistern und Neffen und Nichten der Normalschfiler errechnet l ; durch eine Mit- einbeziehung auch der Kinder der Normalschfiler ~ erhShen sic sich nicht.)

DaB die hohe Schwachsinnsziffer unter den Kindern der idiopathisehen Gruppe nicht auf genetische Zusammenh/~nge zwischen Schwachsinn und Epilepsie zuriickgeffihrt w6rden muB, sondern vielleicht nur auf einer entsprechend gerichteten Gat tenwahl beruht, ha t Conrad bereits mehr- fach ausgesprochen 3. Es diirfte ohne weiteres einleuchten, dab Epi- leptiker, die bereits yon ihrem Leiden befallen sind, oft genug nur einen Zeugungspartner yon mangelhaf ter Verstandesbegabung linden werden. Es w/~re also nicht verwunderlieh, wenn unter den Kindern yon Epi- leptikern mangelhafte Verstandesbegabung, ja auch ausgesprochener Sehvcaehsinn in erhShter Anzahl auftr i t t . Das g/~lte vor allem darm, wenn der Sehwachsinn sich dominant vererbt , ganz gleieh, ob man in ihm den Ausdruek der k rankhaf ten Veranderung eines einzigen oder einiger weniger bes t immter Gene erbliekt oder ihn nur als eine - - aller- dings erblich bedingte - - unterwertige Variante der menschlichen Per- sSnlichkeit ansieht 4. In beiden F~llen wiirde das Auftreten schwaeher Begabung wie des ausgesproehenen Schwachsinns unter den Kindern sich allein auf eine entspreehende Beschaffenheit des Par tners des epi- leptischen Elters zuriickffihren lassen.

Aber auch beim recessiven Erbgang des Sehwachsinns wiirde sein vermehrtes Auftreten unter den Kindern yon Epi lept ikern allein auf Grund der besonderen Beschaffenheit der Par tner erkl/~rlich sein. Wenn n/~mlich Epileptiker ganz allgemein besonders h/~ufig auf Par tne r mi t Schwachsinnsanlagen stoBen, wiirde doch immerhin in den F/~llen, in denen der Epileptiker selbst eine solche Anlage besitzt, aueh besonders oft Gelegenheit zum Zusammentref fen derart iger Anlagen bei den Kindern gegeben sein. Doch wird man ohnedies dami t rechnen kSnnen (und zwar selbst dann, wenn keine genetischen Zusammenh/~nge zwisehen Epilepsie und Sehwaehsirm bestehen), dab Epilept iker nicht nur in durehsehnittlicher H/~ufigkeit, sondern besonders oft Sehwachsinns-

1 Conrad: Z. Neur. 169, 555 ~(1937). - - z Juda: Z. Neur. 1~1, 265 (1934). - - a Siehe z. B. auch Conrad: Arch. Rassenbiol. 31, 316 (1937). - - 4 Vgl. Luxenburger: In Bumkes Handbuch der Geisteskrankheiten, Erg.-Bd., S. 23 Berlin 1939.

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mit einem epileptischen Partner. 15

anlagen in sich tragen; dana n/~mlich, wenn das Ineinanderheiraten yon Epilepsie- und Sehwachsinnsfamilien mehrere Generationen hin- durch stattgefunden haben sollte.

Alle diese l~berlegungen lassen es als wiinschenswert ansehen, sich zun/~chst einmal dariiber Klarheit zu beschaffen, ob die Gesamtheit der untersuchten Paare so veranlagt ist, dal~ sie sehwachsinnige Kinder hervorbringen kSnnte, oder nur ein Teil von ihnen und gegebenenfalls ein wie groBer. Tabelle 6, deren Erwartungsziffern durchaus in ent- sprechender Weise gewonnen sind wie die Erwartungsziffern in der Tabelle 1, also nach der auf S. 3 angegebenen Formel, zeigt, dab auch die Schwachsinnigen, wie die Epileptiker, sich nicht gleichm/~l~ig fiber alle 337 Kinderreihen verteilen, sondern in manchen Reihen geh/~uft

�9 Tabelle 6. Gefundene und bei erb- biologischer Gleichwert igkei t der El ternpaare als wahrschein l ich zu erwartende Ver te i lung der Schwachsinnigen und Beschr~nk- ten auf die 337 Kinderre ihen.

Anzahl der Schwach-

sinnigen pro Reihe

0 1 2 3 4 5 6 7 8

Summe I

Gefundene t Erwartete

&nzahl der Kinderreihen

235 213,350 6 3 96,242 28 22,329 7 4,279 3 0,695 1 0 , 0 9 4

- - 0 , 0 1 0 - - 0 , 0 0 1 - - 0,000

337 337,000

auftreten. Die Unterlagen, um an Hand allein der von Schwachsinn befallenen Kinderreihen die Anzahl der nur zuf/~llig yon Schwachsinn frei gebliebenen Kinderreihen zu errechnen, lassen sich aus Tabelle 7 entnehmen.

Von der Wiedergabe der dor Tabelle 5 entsprechenden Tabellen wurde ab- gesehen, doch sei fiir die Kinderreihen verschiedener GrSBe (s) zun~ehst (A) unter Beriicksichtigung auch der Beschr~nkten, sodann (B) untor Berticksichtigung nur der ausgesprochen Schwachsinnigen jeweils die Anzahl der yon Schwachsinn befallenen Reihen und die dernur zufMlig yon ihm freigebliebenen angegeben.

i I i 1 2 3

Befallene Re ihen . . 13 219,5 25 A ZufMlig freie 29,5 12,5

{ Befallene Re ihen . . 29,4 B Zuf~llig freie 32,9 17,0

l k0hTis!0 10

0,7 0,4 4 - - ] 2 102 4,2 2,3 0,2 - - ] 0,1 69,4 9 6 , 8 4 3 - - - - - - 4 6

11,8 100,7

Das Ergebnis dieser Berechnungen finder sieh wiederum in der Tabelle 8 angefiihrt. Werden die Beschr~nkten nicht mit beriicksichtigt, sondern nur die ausgesprochen Schwachsinnigen, so sind 43,5% aller Paare als zum Zeugen Schwachsinniger f~hig anzusprechen; die H/~ufig- keit des Schwachsinns wie die Ungleichm/~Bigkeit seiner Verteilung ent- spricht dann also beinahe der in der ersten Epilepsiegruppe der Tabelle 8. Auch kann die Ungleichmi~Bigkeit in der Verteilung in gleichem Grade

Page 16: Zur genotypischen Beschaffenheit von Elternpaaren mit einem epileptischen Partner

16 Bruno Schulz: Zur genotypischen Besehaffenheit yon Elternpaaren

Tabelle 7. l~berb l ick fiber die K i n d e r r e i h e n mi t s c h w a c h s i n n i g e n K i n d e r n naeh K i n d e r r e i h e n g r S B e u n d A n z a h l der S c h w a c h s i n n i g e n pro Reihe. (Die in diesen 102 bzw. 46 Reihen auftretenden 24 bzw. 10 Epfleptiker

sind ebenfalls angefiihrt.)

V e r t e i l u n g b e i B e r t ~ c k s i c h t i g u n g

a l l e r 157 i m w e i t e r e n S i n n e S c h w a c h s i n n i g e n

A n z a h l t i e r R e i h e n m i t

I n d i e s e n 63 R e i h e n s i n d ,

E p i l e p t i k e r ~ =

=~ 3 I , ~ l o ~ ~'~ �9 ~ ~ ~ .~.~ ~= ~ r ~ ~ ~~

13 - - 1 1 17 2 1 ~ - -

5 2 - - I ~ ~ --~

10 2 i 3 ~ ] - - [ - -

Summe 63 18 16 13 28

I n d i e s e n 28 R e i h e n s i n d

E p i l e p t i k e r

m NI o

T- ' I '

4 1 1 2

3 4 5

S c h w a c h - s i n n i g e n

!!!

n u r d e r 55 i m e n g e r e n S i n n e S c h w a e h s i n n i g e n

A n z a h l t i e r R e i h e n m i t

I n d i e s e n 39 l ~ e i h e n s i n d

E p f l e p t i k e r

~ ~ t o ~ ~.= ' ~

-

o ~ ~

? T T

6 l

wie bei jener Gruppe als gesichert ge l ten (vgl. die in Tabel le 8 angegebenen mi t t l e r en Fehler). Werden die Beschri~nkten mitber i icksicht igt , so s ind 50,9% aller Paare als zum Zeugen schwachsinniger oder beschr~nkter K i n d e r f~hig anzusprechen. Die ge fundene Anzah l yon 157 Merkmals- t r~gern liegt aul3erhalb des zweifachen mi t t l e r en Fehlers der nach der apr ior ischen Methode sich e rgebenden Anzah l yon 126,78 Merkmals- t r~gern (s. wieder Tabelle 8) 6.

I n jedem Falle ist ein so be t r~cht l icher Teil der E l t e rnpaa re als zum Zeugen schwachsinniger K inde r f~hig anzusehen , dab m a n a n der An- n a h m e eines recessiven Erbgangs fiir die Schwachs innsanlage wohl nu r d a n n fes thal ten kann , wenn sich a n n e h m e n l~0t, dab n ich t n u r die

z Hiervoneiner gleichzeitig beschr~nkt. - - 2 Hiervon einer gleiehzeitig schwach- sinnig. - - a Die mit Kennziffer 3 Versehenen gehSren der gleichen Kinderreihe an. - - 4 Zwei dieser Falle gehSren der gleichen Kinderreihe an. - - 5 Diese 3 Epi- leptiker gehSren der gleichen Kinderreihe an; einer yon ihnen ist gleichzeitig schwachsinnig.

e DaB die in Tabelle 8 angegebenen Ziffern ftir die Sehwachsinnsh~ufigkeit unter allen 994 Kindern 15,8% bzw. 5,5% und nieht wie bei Conrad 16,5% (genauer 16,6%) bzw. 6% lauten, kommt daher, dab yon mir, wie S. 3 bereits erw~thnt, epfleptische K~der, die gleichzeitig schwachsirmig waren, in diesem Zusammenhang nur als Epilepsien gez~hlt wurden. Aus den Tabellen 2--4 geht hervor, dab sieh unter den 994 Kindern 8 derartige F~lle linden. Sie alle treten aueh in der Kasuistik vorliegender Arbeit auf.

Page 17: Zur genotypischen Beschaffenheit von Elternpaaren mit einem epileptischen Partner

mit einem epileptischen Partner. 17

TabeUe 8. Z u s a m m e n s t e l l u n g der Be funde bei B e r e c h n u n g der yon M e r k m a l s t r a g e r n b e f a l l e n e n und zuf~l l ig n i ch t be f a l l enen K i n d e r -

reihen.

E s w e r d e n be-

r i icks icht ig t

Alle 55 Epilepsien

Die 41 Epilepsien [m engeren

Sinne

Die 28 Epilepsien im engsten

Sinne

B e r e e h n u n g d e r H a u f i g k e i t (p" b z w . p ) de r Merkma l s t r~ge r

Ge f~h rdungs - e in fache Be- B e r e e h n u n g zei t f i ir r e e h n u n g u n t e r n a c h de r a rp ior i schen Methode

Epi leps ie a l len K i n d e r n bzw~

Sehizophrenie ~ ~ ~ l~rozent e r w a r t e t e A n z a h l ~ v ~ �9 derMerk- der Merkmalstr~lger ~ . ~ m a l s t r h - u n t e r A n n a h m e ~:~ ~ ge r (~) y o n io'

I unbertick- sichtigt }

5.--20. Jahr 5.--30. Jahr

unberiick- sichtigt }

5.--20. Jahr 5.--30. Jahr

unberfick- siehtigt }

5.--20. Jahr 5.--30. Jahr

klle 157 Schwachsinni- ] gen und Beschr~nkten ] Die 55 Schwachsinnigen}

ohne Beschr~nkte /

unberiick- 43 Schizo- sichtigt phrenien 16. bzw.

20.--40. Jahr

i

~ P r o z e n t ~ der/~Ierk~ ~ m a l s t r ~ - ~ g e r (lo')

994 5,5 911 6,0 692 7,9

994 4,1 911 4,9 692 5,9

994 2,8 911 3,1 692 4,0

994 15,8

994 5,5

471 t 9,1

I 45 13,0 45 15,1 45 21,4

35 10,4 35 12,3 35 17,9

23 12,0 23 14,2 23 21,1

102 30,6

46 13,2

37 13,1

37 15,2

48,92-V 3- 1,98 48,63 ::~ 3- 1,68 48,43 • 3. 1,82

37,21 • 3- 1,50 37,21 -V 3. 1,49 36,94 :=L 3 �9 1,35

24,O6 • 3 �9 1,03 23,96 • 3 �9 0,99 23,84 ::t= 3 �9 0,92

126,78 ~ 3 �9 15,52

49,47 • 3. 1,86

4 0 , 2 1 1 3 . 1,79

40,28 =t= 3. 1,80

Prozen t E r rech - S u m m e dieser

n e t e d e r be- S u m m e Z a h l al lenen y o n d e r n n d al len

zuf~l l ig zufg~lHg 337 n i c h t n i c h t bzw. be- be - 222

f a l I e n e n [al lenen K in d e r - R e i h e n R e i h e n re lhen

99,1 144,1 42,8 90,2 135,2 40,1 92,1 137,1 40,7

106,9 141,9 42,1 95,8 130,8 38,8 95,0 130,0 38,6

56,5 79,5 23,6 50,2 73,2 21,7 45,9 68,9 20,4

69,4 171,4 50,9

100,7 146,7 43,5

60,2

66,0

Pa r tne r der 306 id iopa th ischen Epileptiker, sondern auch diese selbst Anlagen zum Schwachsinn , sei es auf Grund genetischer Zusammen- h~nge zwischen Schwachs inn und Epilepsie, sei es auf Grund eines mehrere Genera t ionen h indu rch for tgesetz ten Ine inanderhei ra tens , weit h~ufiger in sich t r agen als Personen der Durchschni t t sbevSlkerung.

Eine MSglichkeit, eine Personengruppe daraufhin zu priifen, ob ein besonders grol]er Teil y o n ih r die Anlagen zu einem bes t immten Merkmal verdeck t in sich t r~gt , bes teh t darin, ihre n~chsten Verwandten , a m besten ihre Geschwister und El tern , au f die H~ufigkei~ of fenbarer Tr~ger des bet ref fenden Merkmals zu untersuchen. Der yon uns fiber die Ver- te i lung der Schwachs innigen i n den K i n d e r r e i h e n d e r 306 id iopa th i schen P robanden erhobene Be fund wird es uns also als besonders wfinschens- wer t erscheinen lassen, die Geschwister und El te rn sowohl dieser 306 Epi- lept iker wie die ihrer Zeugungspa r tne r auf die H~ufigkeit y o n Schwach- sinn und Beschrs zu untersuchen. Eine solche Un te r su~hung ist

Z. f. d. g. N e u r . u. P s y c h . 173. 2

Page 18: Zur genotypischen Beschaffenheit von Elternpaaren mit einem epileptischen Partner

18 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaaren

Tabelle 9. P r o z e n t u a l e V e r t e i l u n g v e r s c h i e d e n e r G r u p p e n von E p i l e p s i e - u n d S c h i z o p h r e n i e p r o b a n d e n au f 4 s o z i a l e S c h i c h t e n , auf G r u n d des Be ru fe s de r P r o b a n d e n (bzw. d e r E h e m ~ n n e r de r P r o b a n d i n n e n ) .

Beru fe de r

idiopathischen I �9 �9 " " I t~ruppe Probanden der Lwlscnen . . . . . t Conrads symptomatischen . |

Summe dieser 3 Gruppen . . . . . . . . . . Epilepsieprobanden der / mit Kindern . . . .

Psychiatr. Klinik /ohne Kinder Schizophrenieprobanden mit Kindern 1 . . . . Schizophrene Elternpaare ~ . . . . . . . . . Schizophrenieprobanden (meist ohne Kinder) a .

Soziale S c h i c h t

I I I I I I I V

2,0 10,1 49,7 38,2 8,2 58,2 33,6

~,3 15,2 68,3 15,2 1,3 10,4 54,7 33,5 4,5 20,2 45,4 29,7 3,3 ]5,3 41,2 40,1

1[3,8 29,0 40,4 17,0 [3,3 26,7 40,0 20,0 12,1 25,7 30,6 31,5

B ~ z u g s - z i f f e r

306 134 79

519 198 391

94 30

568

i m Gange. Sie abzuschl ieBen stSl~t infolge des Kr ieges auf Schwier ig- ke i t en . Man wi rd sich d a h e r zun/~chst m i t e iner Ausziihlung der Beru/e, f iber d ie sich auf schr i f t l i chem W e g e m i t h in re i chender G e n a u i g k e i t Auskf inf te e rheben lassen, und au f G r u n d de ren m a n d a n n gewisse - - wenn auch nur s t a t i s t i sch gi i l t ige - - vors ich t ige Schlfisse auf d ie Ver- s t a n d e s b e g a b u n g ziehen kann , begn i igen mfissen. I n se iner A r b e i t f iber psychia t r i sch-soz ia le P r o b l e m e i m E r b k r e i s de r Ep i l eps i e i s t Conrad auf die Zusammenh/~nge zwischen Beru f u n d I n t e l l i g e n z g r a d bere i t s n/~her e ingegangen 4. ] )o r t w u r d e auch auf die t ie fe soziale Sc h i c h tung g e r a d e der 306 id iopa th i schen E p i l e p t i k e r h ingewiesen. ] )och w u r d e e ine solche dama l s nur auf G r u n d d e r Berufe de r P r o b a n d e n se lbs t angenommen . Inzwischen w u r d e n nun , sowei t i r gend mSgl ich , Er - h e b u n g e n fiber die Berufe de r V/ i ter de r P r o b a n d e n wie f iber d ie de r ViZier de r E h e p a r t n e r de r P r o b a n d e n anges te l l t . Es k a n n somi t n u n m e h r geprf i f t werden, ob die t iefe be ru f l i che Sch ich tung der P r o b a n d e n se lbs t e t w a n u r eine Folge der K r a n k h e i t i s t (e twa in d e m Sinne, d a b d ie f r i ih z u m Ausb ruch k o m m e n d e Ep i l eps i e d a s E r r e i chen eines h6he re n Be- rufes mehr h inder t e a ls z . B . d ie i m a l lgeme inen sp/~ter a u f t r e t e n d e Schizophrenie) , oder ob d ie P r o b a n d e n schon ih re r H e r k u n f t n a c h e iner t i e fe ren sozialen Schicht angehSren . F e r n e r 1/~l~t sich durch Vergle ich d e r Befunde bei den V/~tern de r E h e g a t t e n m i t d e n e n be i den V/~tern de r P r o b a n d e n selbst prfifen, ob d ie E p i l e p t i k e r wi rk l ich in betr/~chtl ich n iedr ige re Schich ten h i n e i n h e i r a t e n a ls die, de r sie se lbs t angeh6ren , ob m a n also die Ursache ffir d ie S c h w a c h s i n n s e r h 6 h u n g u n t e r ih ren

1 Probanden yon Ho//mann: Monogr. Neur. 26 (1921) und Gengnagel: Z. Neur. 145, 52 (1933). - - 2 Entnommen aus Schulz: Z. Neur. 171, 65 (1941). - - a Probanden yon Schulz: Z. Neur. 143, 215 (1932). (Jedoch ohne die dort unter den Berufen ihrer V~ter - - etwa als Landwirtssohn - - gefiihrten Probanden. Probanden dieser Art wurden in keiner Gruppe der Tabelle 9 vorliegender Arbeit beriicksichtigt.)

4 Conrad: Arch. Rassenbiol. 31, 316 {1937).

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mit einem epileptischen Partner. 19

Tabelle 10. P r o z e n t u a l e Ver te i lung verschiedener G r u p p e n von Epi- lepsie- und Sch izophren iep robanden , sowie yon E p i l e p t i k e r e h e - g a $ t e n a u f 4 soziale Seh ich ten , auf G r u n d d e s B e r u f e s d e r P r o b a n d e n -

v~ te r bzw. der V~ter der Ehegat ten .

Beru fe de r V ~ t e r de r

Idiopathischen Probanden Gonrads . . . . . . Ehegatten der idiopathischen Probanden Conrads Epilepsieprobanden der ] mit Kindem . . . .

Psychiatr. Klhfik | ohne Kinder Schizophrenieprobanden (meist ohne Kinder) 1 .

Soziale Sch i ch t

I I II III IV

1,0 t 13,9 65,1 19,9 0,9 11,1 64,9 23,1 1,7 27,7 52,6 17,9 5,1 26,8 49,8 18,3

13,3 33,9 45,8 7,0

Bezllgs- z i f fe r

301 325 173 470 656

Kindern wirklich in erster Linie bei ihren Ehegat ten suchen mul3 oder etwa doch in ungefi~hr gleichem Grade bei ihnen selbst.

Eine ~bers ich t fiber die soziale Schichtung der V~ter der Ehegat ten, der V~ter der Probanden, aber auch eine solche der Probanden selbst und verschiedener Vergleichsgruppen geben die Tabellen 9 und 10. I)er Betrachtung der Tabellen sei vorausgeschickt, dab hier - - im Gegensatz zu dem Vorgehen Conrads in seinen diesbeziigliehen Arbei ten - - die Zuordnung zu den sozialen Sehiehten nun doch wieder nach der yon Luxenburger angegebenen ]~erufsgruppierung vorgenommen wurde, einer- seits wegen der besseren Vergleichsm6glichkeit mit den fibrigen Gruppen, vor allem aber, weft es bei der sehriftlichen Erkundigung nach dem Beruf nicht m6glich war, immer im Sinne jener anderen Einteilung zwischen ungelernten und gelernten Arbeit~rn zu unterscheiden oder zu entscheiden, ob ein Akademiker der dortigen Oberschieht zuzurechnen sei oder nicht. Bemerkt sei auch noeh, dab m a n die Gruppen der Tabelle 9 und die der Tabelle 10 nur jeweils untereinander vergleiehen sollte, schon weil die der Tabelle 9 einer jiingeren Epoche als die der Tabelle 10 angeh6ren; innerhalb jeder der beiden Tabellen gehSren die verschiedenen Gruppen wenigstens ann~hernd der gleichen Epoehe an.

In bezug auf die Befunde selbst sei zuns hervorgehoben, dab nicht nur die idiopathischen Epileptiker viel tiefer geschiehtet sind als etwa Schizophrenieprobanden mi~ Kindern wie ohne solehe. (Aus Grfinden, die in Conrads Arbei t angeffihrt wurden, ist hier zwischen Probanden mi t Kindern und ohne Kinder unterschieden, indes zeigt sieh zwischen allen Gruppen der Sehizophrenen kein wesentlicher Unter- sehied in der sozialen Sehiehtung.) Auch die V~ter d e r Epi lept iker sind betr~ehtlieh tiefer geschichtet als die V~ter der Sehizophrenieprobanden. Die 306 idiopathischen Probanden en ts tammen also bereits einer be- sonders niedrigen sozialen Sehieht. Allerdings sind die V~ter der Ehe- ga t ten dieser P robanden sogar noeh etwas niedriger geschichtet, doch ist der Unterschied hier weir weniger betr~chtlieh als zwisehen den bisher

x Entnommen aus Schulz: Z. Neur. 143, 216 (1932).

2*

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20 Bruno Sehulz: Zur genotypischen Besehafferdaeit yon Elternpaaren

einander gegeniibergestellten Gruppen der Epileptiker und Schizo- phrenen, auch ist er, wie sich naeh der z%Methode ergibt, l~ngst nicbt in dem Grade wie dort als gesiehert anzusehen. Jedenfalls l~l~t die soziale Schiehtung der Eltern der Probanden im Zusammenhalt mit dem auf S. 15 angefiihrten Befunde, dab beinahe die Hi~lfte der 337 Paare mit einem genuin epileptischen Par tner zum Zeugen sehwachsinniger Kinder veranlagt sein dtirfte, es durchaus als mSglich erscheinen, dab ein betr~chtlieher Teil der 306 Probanden bereits yon seinen Eltern die Anlage zum Schwachsinn mi tbekommen ha t ; das gleiche mag fiir einen noch etwas grSBeren Teff der Zeugungspartner gelten.

Nun gelangte Conrad in seiner erw~hnten Arbeit fiber die soziologisch psyehiatrischen Fragen zu dem SchluB, es gentige zur Beurteilung der Erbprognose bei gewissen Krankhei ten nicht, die pauschale Erkrankungs- wahrscheinlichkeit der Nachkommen zu kennen, es mtisse vielmehr aueh die soziale Sehicht, der der Kranke angehSre, in Reehnung gesetzt werden 1. Urn so mehr wird man sich daher angesichts der soeben angeftihrten Ergebnisse der vorliegenden Arbeit veranlal3t fiihlen, der Frage naeh- zugehen, ob diese Ergebnisse allein auf den Umstand zurtiekzuftihren sind, dab es sich bei den Probanden um idiopathische Epileptiker handelt, oder vielleicht doch auch mit auf den Umstand, dab die 306 genuin epileptisehen Probanden tiber eine Reichsgebrechlichenzs gewonnen wurden. Man wird also ffagen, ob tiber eine Reichsgebreehlichenz~hlung gewonnene Epileptiker mit Kindern ffir die Gesamtheit fruchtbarer genuiner Epileptiker repr~sentativ sind. Bedenken in dieser Hinsicht wird man vielleicht besonders deshalb haben kSnnen, weft die ftir Epi- leptiker bestimmten Z~hlkarten der damaligen Reichsgebrechlichen- z~blung folgenden Vermerk t rugen: /Us Geistig-Gebreehliehe gelten Personen, die infolge Geisteskrankheit oder geistig schwer abnormer Zust~nde, geh~ufter epileptischer Anfs angeborenen oder dureh Hirn- krankhei ten bzw. -verletzungen erworbenen Sehwaehsinns einer be- sonderen Beaufsiehtigung oder Pflege bedtirfen.

Zwar konnte Conrad zeigen 2, dab die symptomatischen Epileptiker, die zugleieh mit den genuinen t iber .die Reichsgebrechliehenz~hlung erfal3t waren, eine betr~chtlich liShere soziale Schichtung aufwiesen als die idiopathisehe Gruppe. (Die Z wischengruppe stand, wie fibrigens auch in bezug auf psychische Anomalien unter den Kindern, hinsichtlieh ihrer sozialen Sehichtung zwischen beiden.) Aber es ist wohl doch nieht

1 Da sich unter den 306 idiopathischen Probanden nar 37 fanden, die in vor- liegender Arbeit den beiden oberen sozialen Sehiehten zugereehnet warden, vermag eine Un~ersuehung der Kinder dieser wenigen Falle keine beweisenden empirischen Befunde zu liefern. Immerhin sei bemerkt, dab sich unter den insgesamt 107 fiber 5 Jahre alten Kindern dieser 37 Probanden nur 2 Epfleptiker finden (beides Kinder des Probanden 543; siehe Kasuistik S. 31), desgleichen nar 2 Schwaeh- sinnige, sowie 3 Beschri~nkte.

Conrad: a.a.O.

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mit einem epfleptischen Partner. 21

yon vornherein auszuschlieBen, dab sich bei der genannten Z/~hlung ]~pileptiker der oberen sozialen Schiehten, die ihr Leiden auf ein Kopf- t rauma, etwa eine Kriegsverletzung, zurfickffihrten, leichter erfassen lieBen als idiopathische Epileptiker dieser Sehichten. Aueh sei auf folgendes hingewiesen: Aus Tabelle 9 geht zwar eindeutig hervor, dab die genannten symptomatisehen Epileptiker verh/~ltnism/~Big in weir geringerem Grade der Schicht IV angeh5ren als die idiopathischen Pro- banden. Doeh auch die symptomatische Gruppe weist im Verh/fltnis weit weniger Angeh5rige der beiden oberen sozialen Schichten auf (ins- gesamt 16,5% ) als etwa die drei zum Vergleich herangezogenen Gruppen schizophrener Probanden. (Diese zeigen etwa 40%.) Das mag zum Teil darauf zurfickzuffihren sein, dab die AngehSrigen der hSheren sozialen Schiehten Seh/~deltraumen weniger stark ausgesetzt sind als die der unteren. Doch zeigen sich alle 519 hier verwendeten Epilepsieprobanden der Reichsgebrechlichenz/s insgesamt auch deutlich tiefer geschichtet (Tabelle 9) als zwei Gruppen yon Epileptikern, die zur Zeit Kraepelins in die Psychiatrische Klinik Mfinchen aufgenommen wurden, obwohl aus diesen - - allerdings nur in grSbster Weise - - die symptomatischen Epi- lepsien ausgeschieden wurden. Von allen hier verwendeten 519 frucht- baren Probanden der Reichsgebrechlichenz/~hlung gehSren 11,7% den beiden oberen Schichten an, yon den ebenfalls fruchtbaren Epilepsie- probanden der Klinik 24,7% (Tabelle 9). Die Unterschiede t re ten in gleichem Grade hervor, wenn man nicht die Probanden, sondern die V/~ter der Probanden auf Grund ihrer Berufe in bezug auf die soziale Schiehtung vergleicht (14,9% zu 29,4%; Tabelle 10). In beiden F/~llen ist die Differenz grSBer als der dreifache mittlere Fehler.

Damit ist allerdings noch nicht bewiesen, dab die Probanden der Reichsgebrechlichenz/~hlung in sozialer ttinsicht gegenfiber der Gesamt- heir der Epileptiker besonders tier geschichtet sind. Es ist wohl kaum ohne weiteres auszuschlieBen, dab die Epileptiker einer groBst/~dtischen psychiatrischen Klinik, schon weft unter ihnen die groBst/~dtische Be- vSlkerung besonders stark vertreten ist, innerhalb der Gesamtheit der Epileptiker eine soziale Auslese nach oben darstellen kSnnten. Wahr- scheinlicher aber ist es wohl doch, dab auch sie noch tiefer geschichtet sind als die Gesamtheit der Epileptiker. Jedenfalls gelangten zur Zeit Kraepelins eine groBe Anzahl von Epileptikern zur Aufnahme, weil sie ohne Begleitung plStzlich auf der StraBe yon einem Anfall fiberrascht worden waren; und es ist wohl anzunehmen, dall AngehSrige der unteren sozialen Sehiehten derart igen Vorkommnissen besonders leieht ausgesetzt sind. - - Immerhin aber geht aus den Ziffern der Tabellen 9 und 10 hervor, daB, wenn auch die fiber die Reiehsgebrechliehenz/~hlung gewonnenen Epileptiker sich als tiefer geschichtet erweisen als die fiber die Psych- iatrisehe Klinik gewonnenen, doeh auch diese weit t iefer geschichtet sind Ms etwa Schizophrenieprobanden der gleiehen Klinik. Man wird

Page 22: Zur genotypischen Beschaffenheit von Elternpaaren mit einem epileptischen Partner

Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaaren

somit den an unserer idiopathischen Gruppe erhobenen Befund, daB etwa 50% bzw. 40 % der Verbindungen eines idiopathischen Epileptikers mit einem Nichtepileptiker zum Zeugen sehwachsinniger Kinder imstande seien, vielleicht nicht v/Jllig auf die Gesamtheit aller Epileptiker aus- zudehnen wagen, aber wohl doch vermuten, dab jedenfalls auch ffir die iiber eine Klinik gewonnenen Epileptiker sich kein allzu stark ab- weiehender Befund ergeben wird.

c) Zusammentre//en yon Epilepsie und Schwachsinn.

Naeh dieser Betrachtung der Verteilung einerseits der Epileptiker und andererseits der Sehwachsinnigen auf die Kinderreihen der 306 idio- pathischen Probanden noch eine kurze Bemerkung fiber die H~ufigkeit des Zusammentreffens vor/Epilepsie und Sehwaehsinn, zun~ehst nieht bei der gleiehen Person, sondern in der gleichen Kinderreihe. Bei vSllig ,,gleichm~Biger" Verteilung sowohl der 55 Epileptiker wie der 157 Schwachsinnigen auf die insgesamt 337 Kinderreihen der auf S. 3 an- gegebenen Gr6Be lassensieh naeh der S. 3 erw~hnten Formel 19,1 Kinder- reihen errechnen, in denen das gemeinsame Auftreten yon Sehwachsinn und Epilepsie zu erwarten w~re. I)a indes sowohl Schwaehsinn wie Epilepsie sich eben nicht naeh der Wahrscheinlichkeit fiber die Kinder- reihen hin verteilen, sondern jedes yon ihnen in weniger Kinderreihen auftritt , als nach der Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, mutet die tats/~chlich gefundene Anzahl yon 19 yon beiden l~Ierkmalen befallenen Kinderreihen etwas hoch an. Das ist auch der Fall, wenn wir als Schwach- sinnsf~lle nur die 55 in engerem Sinne Schwachsinnigen einbeziehen. Wir h~tten dann bei gleichm~Biger Verteilung jedes der beiden Merk- male etwa 8 yon beiden Merkmalen befallene Reihen zu erwarten, finden dagegen deren sogar 9. Auch eine etwas eingehendere Priifung sprieht daftir, dab innerhalb unseres Materials Elternpaare mit der Veranlagung, Merkmalstr~ger der einen Art zu zeugen, h~ufiger, als derWahrschein- liehkeit entspricht, gleichzeitig aueh die Veranlagung zum Zeugen yon Merkmalstr~gern der anderen Art besitzen.

Eine wirklieh genaue Berechnung miiBte natiirlich aueh die Verteilung der ,,zweiartig befallenen" Reihen auf die Kinderreihen versehiedener Gr6Be beriick- sichtigen. Diese laBt sieh aus den Angaben der Tabelle 7 und der Zusammen- stellung auf SeRe 3 erkennen. Angesiehts des kleinen Materials, das, wie unter anderem aus Tabelle 2 hervorgeht, bei den Kinderreihen verschiedener Gr6Be auch in dem Sinne ganz verschiedene Verh~ltnisse zeigt, dab z. B. Kinderreihen mit mehreren Epfleptikern nur unter den Reihen mit 4, 6 und 10 Kindern auf- treten (so dab eine Berechnung der Epilepsieh~ufigkeit nach der apriorischen oder Probandenmethode innerhalb jeder Kinderreihongr6Be fiir sich sinD1OS w~re), wurde jedoch davon abgesehen und nur eine iiberschlagsm~Bige Priifung unter Benutzung einer durehschnittlichen KinderreihengrOl3e (s) angestellt. Fiir die hier in Betracht kommenden 241 Paare mit zwei und mehr Kindern (vgl. S. 3) wurde somit mit s : 3 gerechnet.

In m6gliehster Kiirze sei zun~chst die Art der Priifung fiir den Fall geschildert, dab auch die Beschrgnkten unter die Schwachsinnigen einbezogen werden. Es

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m i t einem epileptisehen Par tner . 2 3

finden sich u n t e r den 241 Paa ren insgesamt e twa 106 mi t der Veranlagung zum Zeugen yon Epi lep t ikern (ngmlich 40 mi t epfleptischen Kinde rn und 65,7, un te r deren K inde r n nu r zufgUig kein Epileptiker war ; siehe Tabelle 5), also e twa 44%. Als zum Zeugen yon Schwachsinnigen veranlagt fanden sich un te r den 241 Paa ren e twa 129 (siehe die ZusammensteUung auf S. 15), also e twa 53,5%. Bereehnet m a n da raus die Wahrseheinl ichkei t des Zusammentref fens beider Ver- anlagungen auf das gleiehe P a a r als 0,44 �9 0,53 ~ 0,235, so hg t te man 23,5% der 241 Paare , also 56,6 Paare , als zum Zeugen beider Ar ten yon Merkmals t rggern veranlagt anzunehmen . U n t e r ihren K i n d e m wgre Pa ~ 0,13 u n d Pb ~ 0,306 (vgL Tabelle 8). I)iese Wer te wurden hier allerdings, u m die Fglle auszuscheiden, in denen Epflepsie u n d Sehwachsinn auf die gleiehe Person treffen, jeweils n m 0,039 ve rminde r t (0,039 wurde in der Weise gewonnen, dab zungchs t das P roduk t aus 0,055 [vgl. S. 3] u n d 0,166 [vgl. S. 16, Ful]note 6] gebildet 1 und dieses d a n n mi t dem Quot ien ten aus 241 und 56,6 multipliziert wurde). Setz t m a n n u n m e h r fOr Pa den W e f t 0,091 u n d for jo b den Wer t 0,267 in die in dieser Arbei t verwendete Formel BernouUis ein, so erhgl t man bei s ~ 3 als Wahrscheinl ichkei t fOr das Auf t re ten yon zweiart ig befal lenen Kinderre ihen den Wer t 0,12 und - - durch dessen Mult ip l ikat ion mi t 56,6 - - als zu erwartende Anzahl solcher Reihen u n t e r alien 241 deren 6,8.

I)ieser W e f t da f t n u n zwar zweifellos n icht mi t dem ta tsgchl ich gefundenen yon 19 zweiart ig befal lenen Reihen verglichen werden, da diese ja n icht un t e r 241 Reihen der Gr6Be 3 gefunden wurden. Un te r 241 Reihen der Gr66e 3 wOrden sieh bei Ta ~ 0,055 u n d Tb ~ 0,158 und bei gleiehmgBiger Vertei lung der beiden Ar ten yon Merkmals t rggern ja auch n icht 19,1, sondern, wie sieh unschwer er rechnen lgBt, nu r 11,2 zweiart ig befaUene Reihen ergeben. I )a indes un te r den vorhandenen 241 Reihen die e rwar te te Zahl der zweiartig befallenen (19,1) gleich der der t a t - s~ehlich gefundenen (19) ist, wird m an wenigstens mi t einer gewissen Wahrschein- l ichkeit a n n e h m e n k6nnen , dal] sich un te r 241 Reihen der Gr66e 3 ungefghr 11,2 zweiartig befallene Re ihen auch dann l inden werden, wenn diese 241 Reihen yon E l te rnpaaren a b s t a m m e n , die in gleieher Hgufigkeit die be iden bier in Frage kommenden Veran lagungen u n d die gleiehen Beziehungen zwischen diesen auf- weisen wie die 241 ta t sgchl ich vorl iegenden Reihen. Es lieBe sich also 11,2 als Erfahrungsziffer ansehen , die der Erwar tung yon 6,8 zu vergleichen wgre. Daraus erg~be sich, dal3 m a n den W e r t 0,12 s tar t mi t 56,6 mi t 93,8 zu mult ipl izieren hgt te , wenn man die Erfahrungszi f fer 11,2 erhal ten will. Mit anderen Wor ten : man h~t te s ta r t bei 56,6 P a a r e n bei 93,8 Paa ren die Fghigkeit zum Zeugen yon Merkmals- t rggern beider A r t anzunehmen .

W~hrend n u n eine Berechnung des Korrelat ionskoeffizienten naeh Bravai8 a n H a n d des Wer tes 56,6 p rak t i seh 0 ergeben worde (die i ibrigen Unter lagen fOr die Berechnung des Koeffizienten lassen sich der Tabelle 5 sowie der Zusammen- stellung auf S. 15 en tnehmen) , erhielte m an an H a n d des Wer tes 93,8 einen Koeffizienten yon ~- 0,62 4- 3 �9 0,04. DaB dieser Koeffizient, well er nu r auf eine wenig genaue Weise gewonnen wurde, da rum auch nu r ganz ungefghr als Aus- druck der ta t sgchl ich vo r handenen Beziehungen gelten kann, b r auch t wohl k a u m be ton t zu werden.

Das gleiehe grit for den Koeffizienten ~ 0,28 ~ - 3 . 0 , 0 6 , der sich auf ent - spreehende Weise ergeben wOrde, wenn m a n yon der Einbeziehung der n u t Be- schrgnkten in die Zah l der Sehwaehsinnigen absieht . (Seine Berechnung gesta l te t sich n u t insofern e twas komplizierter , als dabei zu beri icksichtigen ist, dab sieh un te r den 241 P a a r e n n ich t ungefghr die gleiche Zahl in diesem Sinne zweiartig befallener K inde r re ihen fand, wie sieh bei gleichmgBiger Vertei lung jedes der

1 Die Berech t igung dazu ergibt sich aus Absatz 1, S. 24.

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24 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit von Elternpaaren

beiden Merkmale orgeben wiirde, sondern eine etwas h6here, n~mlich-- wie bereits erw~hnt - - 9 start 8.)

Nunmehr sei gepriift, ob - - wiederum innerhalb der Kinder unserer idiopathischen Probanden - - Epilepsie und Schwachsinn besonders oft (nieht die gleiche Kinderreihe, sondern) das gleiehe Kind befallen. Es wurde mehrfach erw~hnt, dab yon allen 994 Kindern 8 gleiehzeitig als epileptiseh wie aueh als sehwaehsinnig oder beschr~nkt bezeichnet wurden. I )araus erreehnet sieh nach Bravais ein Korrelationskoeffizient yon - -0 ,013 :L 3.0,03, also praktiseh ein soleher yon :L0. Werden die Be- sehr~nkten nieht mitberiicksichtigt, erh&lt m a n an Hand yon 5 gleich- zeitig epileptisehen und sehwachsinnigen Kindern einen Korrelations- koeffizienten y o n - ~ 0 , 0 3 7 • Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man iibrigens, wenn man die Korre la t ion nur unter den Kindern der- jenigen Kinderreihen berechnet, in denen sowohl Epilepsie wie Schwach- sinn, sei es bei verschiedenen Personen oder sei es bei der gleichen Person, auftr i t t . Die Anzahl derartiger Kinderreihen betr~gt 22; in ihnen finden sieh insgesamt 100 Kinder. Von diesen sind 8 epileptisch und sehwaeh- sinnig, 20 nur epileptisch, 25 nur schwaehsinnig, 47 weder epileptisch noch sehwachsinnig. Der Korrelationskoeffizient nach Bravais betr~gt - - 0 , 0 5 9 • Die Korrelat ionen sind deshalb noeh als besonders gering anzusehen, well mit der MSglichkeit zu reehnen ist, dab Epi- leptiker bisweilen infolge ihrer Anf/~lle schwachsinnig werden, so dal~ eigentlich schon aus diesem Grunde mi t einem geh/~uften Zusammen- treffen yon Epilepsie und Schwachsinn zu rechnen w/~re. Unser Befund legt es daher nahe, das geh/~ufte Auft re ten von Schwachsinnigen unter den Kindern der Epileptiker weniger auf genetische Zusammenh/~nge zwischen den beiden Merkmalen als auf ein Generationen hindurch geiibtes Ineinanderheiraten zu beziehen.

2. Die Zwischengruppe und die symptomatische Gruppe. Wir haben bei der Besprechung der beruflichen Zusammensetzung

der versehiedenen Gruppen bereits die symptomat i sehe wie die Zwischen. gruppe mit in die Betrachtung einbezogen. In bezug auf die Verteilung der Epilepsien auf die Kinderreihen dieser beiden Gruppen kSnnen bzw. miissen wir uns, wie sehon gesagt, kurz fassen. In beiden Gruppen findet sich Epilepsie wie Schwachsinn unter den Kindern im Verh/~ltnis welt weniger h/~ufig als in der idiopathischen Gruppe. Die Gruppen miiBten deshalb, wenn sie uns auch nur ann~hernd so sichere Schliisse ges ta t ten sollen wie die idiopathische Gruppe, entsprechend grSBer sein als diese; tatsi~chlich sind sie aber betr/~chtlich kleiner. Von allen eigent- lichen Bereehnungen mtissen wir daher absehen. Immerh in wollen wir, wenn aueh nur in bezug auf die Epilepsieverteilung, versuchen, uns ungef/ihr eine Vorstellung wenigstens yon den Verh/~ltnissen in der Zwischengruppe zu machen.

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mit einem epileptischen Partner. 25

Alle 442 fiber 5 Jahre alten Kinder der Zwischengruppe entstammen 138 Verbindungen, auf die sie sich wie folgt verteilen (vgl. die Zu- sammenstellung S. 3) :

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Sa. n 25 30 32 24 16 1 4 5 1 138

Unter diesen 442 Kindern linden sich 11 bzw. 12, die in Conrads Arbeit als Epilepsien gez~hlt wurden, das sind 2,7%. (Wir reehnen hier mit 12 F/~llen, indem wir, entsprechend dem Vorgehen bei der idiopathischen Gruppe, einen Fall yon Idiotie mit epileptischen Anf~llen mit zu den Epilepsien z~hlen.) Berficksiehtigen wir in fiblicher Weise das Lebens- alter, so erhalten wir 2,9% bzw. 3,8%. Die 12 Epilepsien verteilen sich auf 12 Kinderreihen 1. Da sich somit nach der apriorischen oder Ge- schwistermethode in den 12 befallenen Kinderreihen unter den Ge- schwistern der 12 Epileptiker eine H~ufigkeit der Epilepsie yon 0% ergibt, mfissen die Berechnungen der Anzahl der nur zuf~llig freien Kinderreihen in der bisher geiibten Form unterbleiben, doch sei folgenden Oberlegungen R a u m gegeben:

Es ist zwar durchaus nicht als unwahrscheinlich anzusehen, dab in keiner der 12 yon Epilepsie befallenen Kinderreihen mehr als ein Epi- leptiker auftri t t : Die Anzahl der Geschwister der 12 Epileptiker in diesen Reihen betr~gt 25, und f~nde sich auch nur in einer Reihe ein zweiter Epi- ]eptiker (etwa in einer Reihe mit 4 Kindern), so wfirde sich - - ohne Altersberficksiehtigung - - nach der Gesehwistermethode eine Epilepsie- h~ufigkeit yon bereits fiber 6% ergeben. Andererseits leuchtet ein, dab es nieht gut mSglich ist, dab auch bei einem grSBeren Material in den befallenen Kinderreihen sich eine Epilepsieh~ufigkeit yon 0% nach der Geschwistermethode ergibt. Auf Grund der Befunde an zweieiigen Zwillingen ~ und der Untersuchungen fiber die Geschwister yon Epi- leptikern a ist unter diesen mit einer Epilepsieh~ufigkeit yon etwa 4% zu rechnen.

Dabei handelt es sich um Geschwister yon solchen Epileptikern, die entweder alle oder doch grSfitenteils yon nichtepileptischen Eltern abstammen, und man wird kaum sagen kSnnen, dab die epileptischen Probanden unserer Zwischengruppe, weft man sie nicht mit Sicherheit als idiopathisch bezeichnen kann, den meist epilepsiefreien Eltern dieser soeben als Vergleichsmaterial erw~hnten Epilepsieprobanden gleich- gesetzt werden dfirfen. Vielmehr wird man mindestens bei einem Tell der Probanden der Zwischengruppe besondere Anlagen zur Epilepsie annehmen miissen; es w~re sonst nicht erkl~rlich, dab sieh eine so hohe Prozentzahl yon Epileptikern unter den Kindern dieser Probanden f~nde

i Die beiden in der Kasuistik (S. 35 und 36) angefiihrten Kinder zu Prob. 21 sind Halbgeschwister, entstammen also zwei Verbindungen.

(2onrad: Z. Neur. 153, 316 (1935). - - a N~heres bei Conrad: Z. psych. Hyg. 10, 179f. (1938).

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26 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit von Elternpaaren

(n/~mlich etwa 3%), w/ihrend die H/iufigkeit der Epilepsie in der Durch- sehnittsbevSlkerung etwa 0,3---0,4% betr/~gt. Man wiirde somit bei hinreichend grol3em Material unter den befallenen Kinderreihen der Zwischengruppe nach der Geschwistermethode sogar eher eine grSl3ere Epilepsieh/tufigkeit zu erwarten haben als 4%.

Ja mSglicherweise wiirde sich in den befallenen Kinderreihen der Zwischengruppe fiberhaupt die gleiche Epilepsieh/~ufigkeit ergeben wie in der idiopathischen Gruppe; denn es k5nnte sein, dal3 gerade diejenigen Probanden der Zwischengruppe, unter deren Kindern sich Epilepsien linden, erbbiologisch den Probanden der idiopathischen Gruppe gleich- zusetzen sind. Machen wir einmal diese Annahme und suchen hier, unter Zugrundelegung der gleichen Prozentzahl, die wir (ohne Alters- beriieksiehtigung) bei der idiopathischen Gruppe gefunden hatten (13,0 % ), zu errechnen, wieviel nur zuf/illig freie Kinderreihen zu den 12 befallenen hinzuzuz/i~len w/iren, so erhalten wir 27,6. Das w/~ren insgesamt 39,6 befallene und zuf~llig freie. Von der Gesamtzahl aller 138 fruehtbaren Verbindungen der Zwischengruppe w/~ren demnach 28,7 % als zum Zeugen epileptiseher Kinder veranlagt anzusehen.

Wir spraehen davon, daft dureh andere Untersuehungen eine Epilepsie- h/~ufigkeit yon etwa 4% unter den Gesehwistern von (zum gr513ten Tell oder durehweg von niehtepileptischen Eltern abstammenden) Epilep- tikern gefunden worden seien. Es ist indes darauf hinzuweisen, dal3 jener Befund an den Gesehwistern soleher Probanden erhoben wurde, die vermutlich in engerem Sinne als Epilepsien zu bezeichnen sind als die 12 Epileptiker unter den Kindern der Zwischengruppe.

Sowohl deshalb wie vor allem aber, weil wir in der idiopathischen Gruppe eine andere Prozentzahl der dortigen Elternpaare als zum Zeugen epileptischer Kinder veranlagt fanden, wenn alle 55 dortigen epileptischen Kinder, als wenn nur die im engsten Sinne als epileptisch zu betrachtenden Kinder berficksiehtigt wurden, erscheint es wiinsehens- wert, dab ebenso wie bei der idiopathischen Gruppe angegeben wird, wieviele der insgesamt 12 als epileptisch gez/~hlten Kinder der Zwischen- gruppe als epileptisch in weiterem, engerem und engstem Sinne zu be- trachten sind. Zwei der 12 F/~lle bezeichnete Conrad bereits seinerzeit auf den Z/~hlkarten ausdriieklich als genuine Epilepsien; sie sind mit der gleiehen Sicherheit wie die 17 entsprechenden Kinder der idio- pathischen Probanden der Epilepsie im engsten Sinne zuzurechnen. Von der Wiedergabe der Schilderung dieser beiden F/~lle wurde daher ab- gesehen. Die fibrigen 10 sind in der Kasuistik angefiihrt (S. 35ff.), und zwar sind 2 von ihnen ebenfalls der engsten Gruppe zugerechnet, 5 sind als weniger eindeutig und 3 als nur im weitesten Sinne epileptisch gefiihrt. Es verteilen sich also, und darauf sollte hingewiesen werden, die 12 als epileptiseh gefiihrten Kinder der als Zwischengruppe bezeiehneten Pro- banden in /~hnlicher Weise auf Epilepsien im engsten, engeren und

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mit einem epileptischen Partner. 27

weitestem Sinne, wie die 55 epileptischen Kinder der idiopathischen Probanden. Es ist yon ihnen sogar im Verh~ltnis ein noch kleinerer Teil als von diesen den Epilepsien in engstem Sinne zuzurechnen.

Da wir sehon unter Verwendung aller 12 epileptischen Kinder der Zwischengruppe nur vermit te ls einer willkiirlichen Annahme der Epi- lepsiehgufigkeit in den befallenen Gesehwisterreihen zu - - selbstverst~nd- lich nur unverbindlichen - - Schlfissen fiber die erbbiologische Gleich- wertigkeit der Paa re der Zwischengruppe gelangen konnten, werden wi~ vSllig davon absehen, zu priifen, welche Befunde sieh in dieser Hinsicht ergeben, wenn wir nieht alle 12 Epileptiker, sondern nur die 9 in engerem Sirme, oder gar nur die 4 in engstem Sinne in die Bet rachtung ein- beziehen.

Das gleiche gilt hinsichtlich der symptomatischen Gruppe fiberhaupt. (~ber sie sei daher nur folgendes gesagt: Es t re ten unter den insgesamt 275 fiber 5 Jah re a l ten Kindern dieser Gruppe nur 4 als epileptisch geffihrte auf, also 1,4 %. Bei Altersberficksiehtigung ergeben diese 4 F~lle 1,6% bzw. 1,9%. Die 4 F~lle verteilen sieh auf 4 Kinderreihen. Alle 4 sind in der Kasuis t ik angeffihrt. Keines von ihnen wurde als im engsten Sinne epileptisch bezeichnet, 2 wurden den weniger eindeutigen F~llen und 2 d e r n u r in wei tes tem Sinne der Epilepsie zuzuz~hlenden Gruppe eingereiht.

Zusammenfassung. Die bereits von Conrad 1 hinsichtlich ihrer Beschaffenheit geschilderten

Kinder aus (mindestens) 337 Verbindungen yon 306 idiopathischen Epi- leptikern mit beliebigen - - nichtepileptischen - - Par tnern wurden darauf- hin untersucht , ob sich die Epileptiker unter ihnen derar t ,,gleiehm~Big" auf die Gesamthei t der 337 Kinden'eihen verteilen, dab sich daraus schlieBen ls dab alle 337 Paare ihrer Beschaffenheit nach zum Zeugen yon epileptischen Kindern imstande gewesen w~ren. Die Untersuchung sprach dafiir, dab nur e twa 40% der 337 Paare als zum Zeugen eines in weitestem Sinne als epileptisch anzusehenden Kindes veranlagt zu gelten haben. (Tats~chlich waren solche Kinder natfirlich nur aus einer welt geringeren Anzahl yon Verbindungen hervorgegangen, n~,mlieh nur aus 45 ~ 13,3% der 337 f ruchtbaren Verbindungen.)

Werden von allen 55 als epileptisch gez~hlten Kindern 14, die bei engerer Fassung des Begriffs Epilepsie dieser nicht zugerechnet werden kSnnen, nicht als epileptisch behandelt, so ergibt eine der im vorigen Absatz erw~hnten entspreehende Untersuchung an H a n d der dann ver- bleibenden 41 F~lle zwar ebenfalls, daB etwa 40% der 337 Paare als zum Zeugen yon in diesem engeren Sinne als epileptisch zu betrachtenden Kindern veranlagt sein diirften. Werden jedoch nur 28 im engsten Sinne als Epilepsien zu betraehtende Kinder berfieksichtigt, so werden

Conrad: Z. Neur. 159, 521 (1937).

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28 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaaren

nur etwa 20--24% der 337 Paare als zum Zeugen derartiger in engstem Sinne als epileptisch geltender Kinder f~hig zu betrachten sein. (Tat- s~chlich waren aus 35 = 10,4% bzw. 23 ~ 6,8% der 337 Verbindungen in diesem engeren bzw. engstem Sinne als epileptisch anzusprechende Kinder hervorgegangen.)

])ie genannten Ziffern kSnnen nicht als gesichert gelten, da das an sich recht groBe Material ffir eine derartige Untersuchung doch noch zu klein ist. Man wird aber auf Grund der Ziffern als wahrscheinlich annehmen kSnnen, dab nicht alle 337 Paare in gleicher Weise zum Zeugen epileptischer Kinder veranlagt sind. ])as kSnnte dadurch be- dingt sein, dab die Epileptiker, deren Kinder hier untersucht wurden, erbbiologisch in bezug auf die F~higkeit, epileptische Kinder zu zeugen, nicht gleichwertig sind. Es kann aber auch allein dadurch bedingt sein, dab die Par tner der Epileptiker in dem hier in Frage kommenden Sinne nicht biologisch gleichwertig sind. Ist das Ergebnis nut auf diesen letzten Umstand zurfickzufiihren, so wfirde nur ein gewisser Bruchteil der GesamtbevSlkerung die erg~nzenden (spezifischen oder nichtspezifischen) Anlagen besitzen, die bewirken, dab er mit einem Epileptiker wieder ein epileptisches Kind zu zeugen vermSchte.

])ieser Bruchteil dfirfte deshalb in Wirklichkeit noch kleiner an- zusetzen sein, als unsere Berechnung ergab, well die Epileptiker wahr- scheinlich in einen umgrenzten Teil der GesamtbevSlkerung hinein- heiraten, in dem diese ergKnzenden Anlagen ganz besonders h~ufig sind. Jedenfalls sind, wie es scheint, in dem Heiratskreis der hier untersuchten Epileptiker aueh bestimmte andere Anlagen, n~mlich die zum Schwach- sinn, besonders h~ufig vertreten, ebenso wie auch in der Blutsverwandt- schaft der Epileptiker selbst. Daffir spricht folgendes: ])ie Anz~hl der Schwaehsinnigen und Schwachbegabten unter den Kindern der idio- pathischen Probanden ist auffallend hoch. Eine Untersuchung fiber die Verteilung dieser Schwachsinnigen und Schwachbegabten auf die Ge- samtheit der 337 Kinderreihen, die in gleicher Weise wie die fiber die Verteilung der Epileptiker (auf eben diese Kinderreihen) vorgenommen wurde, ergab, dal3 dann, wenn alle 157 sehwaehsinnigen und beschr~nkten Kinder in die Betrachtung einbezogen werden, wahrsCheinlich etwa 51% der 337 Paare ihrer Besehaffenheit nach als zum Zeugen schwachsinniger bzw. beschr~nkter Kinder f~hig anzusehen sind. Werden nur die 55 in engerem Sinne schwachsinnigen Kinder in die Betrachtung einbezogen, so gilt das gleiche ffir etwa 43% der 337 Paare.

])a13 so viele der 337 Paare zum Zeugen yon Schwachsinnigen oder Schwachbegabten sich als f~hig ergeben, l~Bt die Beantwortung der bereits frfiher aufgeworfenen Frage, ob genetische Beziehungen zwischen Epilepsie und Schwachsinn bestehen, oder ob das geh~ufte Auftreten der Schwachsinnigen unter den Kindern auf ein Ineinanderheiraten yon Schwachsinns- und Epilepsiefamilien zurfickzuffihren ist, besonders

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mit einem epileptischen Partner. 29

wfinschenswert erscheinen. Eine Ausz~hlung der Berufe der V~ter der Epileptiker und entsprechender Vergleiehsgruppen zeigt, dab die idio- pathisehen Probanden Conrads bereits besonders tiefen sozialen Schichten entstammen. Ihre Ehepar tner allerdings entstammen vielleicht sogar noeh etwas tieferen Schiehten, doch nieht in einem solchen Grade, dab anzunehmen ware, der Sehwachsinn bei den Kindern sei in der Haupt- sache nut auf die Ehepar tner de r Epileptiker zurfiekzuffihren. Ver- mutlieh wird die Sehwachsinnsanlage ann~hernd in gleichem MaBe yon den Epileptikern selbst stammen. Dabei diirfte die Frage, ob man es hier mit genetisehen Beziehungen zwisehen Schwachsinn und Epilepsie oder mit einem mehrere Generationen hindurch gefibten Ineinander- heiraten zu tun hat, deshalb vermutlich nieht im Sirme der genetisehen Beziehungen zu beantworten sein, well Schwaehsinn und Epilepsie nieht besonders oft bei dem gleichen Kinde zusammentreffen. In der gleiehen Kinderreihe dagegen treffen sie aUem Ansehein nach h~ufiger zusammen, als ohne irgendwelehe Beziehungen zu erwarten w~re.

Da die 306 Probanden fiber eine ReiehsgebrecMiehenz~hlung ge- wonnen sind, wurde auch untersueht, ob etwa in erster Linie in diesem Umstande der Grund fiir die tiefe soziale Sehiehtung der Epilept iker und damit vielleieht ffir das geh~ufte Auftreten der Sehwaehsinnsanlage unter den Probanden und ihren Ehegat ten zu suchen sei. Die soziale Schichtung yon Epilepsieprobanden aus der Psyehiatrischen Klinik Mfinehen, die als Vergleiehsgruppen herangezogen wurden, erwies sich zwar als nieht so tief wie die der fiber eine Reiehsgebrechlichenz~hlung gewonnenen Probanden, aber doeh betr~ehtlich tiefer als beispielsweise die yon entspreehenden Sehizophrenieprobanden aus der gleiehen Klinik. Man wird also die bier erhobenen Befunde, wenn vielleicht aueh in etwas weniger s tarkem Grade, ffir idiopathische Epileptiker fiberhaupt gelten lassen miissen, wenn anders man nieht in den Epilepsieaufnahmen einer groBst~dtisehen Psyehiatrisehen Universit~tsklinik ebenfalls eine gewisse Auslese nach sozialem Tiefstand erblicken ~11.

Die Befunde hinsichtlieh der Verteilung der Epileptiker unter den Kindern yon 79 symptomatischen Epileptikern und 134 einer Zwisehen- gruppe zwisehen den idiopathischen und symptomatischen Epilepsien zugeordneten Epileptikern mfissen bei der Kleimheit des l~r als so unsieher angesehen werden, dab fiber sie laier in der Zusammenfassung besser nieht beriehtet wird.

Kasui s t ik 1.

1. Epileptisehe Kinder der idiopathisehen Probanden.

a) 11 der 28 als Epilepsien im engsten Sinne ge/iihrten F~ille. Zu Prob. 157. Tochter Elizabeth: Bleichersfrau. In der Schulo mitt~lm~Big

gel ernt. Hatte damals schon seltene Anf~lle, Bewugtlosigkeit, Kr~mpfe, manehmal

1 Vgl. S. 12.

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30 Bruno Schulz: Zur genotypisehen Beschaffenheit yon Elternpaaren

Verletzungen, wie die Mutter (die Probandin). Die An/~lle verloren sich angeblich wieder, als sie heiratete, vielleicht aber bestehen sie aueh jetzt noeh. Hat einmal entbunden. Jetzt 1 22 Jahre. Diagnose: Epileptisehe Anf~lle.

Zu Prob. 223. Sohn Johann: Fabrikarbeiter. In der Schule habe er nicht sehleeht gelernt (mittelm~Big fleiBig, liigenhaft, nicht repetiert). Hatte die englische Krankheit. War kSrperlich immer etwas schw~chlich. Ging in die Fabrik. Hatte einmal in der Wirtsehaft, etwa als 16--17jahriger, einen An/all, fiel zu Boden, hatte Kr~mpfe und muBte nach Hause gebracht werden. Aueh sparer traten noch einige solche An/alle auf, ohne daB er getrunken hatte. Mit der Zeit verloren sie sieh wieder g~nzlich. Ist jetzt verheiratet, hat einen Sohn. Ist selbst ein kleiner Mensch mit kleinem Sch~del, riickfliehender Stirne, stupidem Gesichtsausdruck. Hat eine Staublunge. Jetzt 31 Jahre. Diagnose: Epfleptische Anf~lle, angeblich ausgeheilt.

Zu Prob. 274. Sohn Eugen: Gerber. In der Schule habe er gut gelernt. Hatte sehon als Kind epfleptische An/~lle, diese werden yon der Mutter klassiseh gesehil- dert, er habe sie als Kind nach einem Sehrecken bekommen. Jim zweiten Sehuljahr etwa verloren sie sich dann vSllig. War dann TaglShner, war im Krieg eingeriickt, auch verwundet. Ist nun verheiratet, arbeitet bei der Bahn. Soll jetzt ganz gesund sein. Jetzt 40 Jahre. Di~nose: Epileptische Anfalle als Kind.

Zu Prob. 307. Tochter Viktoria: Fabrikwebersfrau. Habe in der Schule recht mangelhaft gelernt, ,,Un/~hig zu einer bewuBten An/merksamkeit". Habe auch als Kind lange bettgen~Bt. Mit etwa 20 Jahren stellten sich die gleichen Anf~lle ein wie bei der Mutter (der Probandin), die ganz typisch geschildert werden. Sie verloren sich wieder nach der zweiten Schwangerschait. Sie hatte ein lediges Kind, heiratete dann einen Fabrikarbeiter, sei groB, kr~ftig und mager. Jetzt 23 Jahre. Diagnose: Epfleptische Anf~lle, Bettn~ssen.

Zu Prob. 341. Tochter Katharina: Arbeitersfrau. In der Schule mittelmaBig gelernt. Soil angeblich in der Schule An/alle gehabt haben (nach Bericht einer Nachbarin, die mit ihr in dieselbe Klasse ging). Diese An/~lle waren mit Kr~mpfen und BewuBtlosigkeit verbunden und werden typiseh geschildert. Auch habe sie die An/alle noch nach der Schulzeit bis zur Verheiratung zeitweise gehabt. Erst dann hatten sie ausgesetzt. Sie sei eine kleine, kSrperlich kr~ftige Frau, macht selbst TaglShnersarbeiten. Jetzt 44 Jahre. Diagnose: Epfleptische Anf~lle.

Zu Prob. 478. Tochter Margarethe: Magd. In der Schule mittelm~Big gelernt, war dann beim Bauern im Dienst. Hatte w~hrend dieser Zeit wiederholt siehere epfleptisehe Anf~lle, so einmal am Heimweg yon der Kirche, wurde noeh bewuBtlos heimgetragen, einmal ware sie fast in die Zisterne gefallen in einem An/all. In den letzten Jahren hatte sie angeblieh keinen An/all mehr. Dient gegenw~rtig bei Bauern. Jetzt 22 Jahre. Diagnose: Epileptische Anfalle.

Zu Prob. 501. Sohn Helmut: TaglShner. Naeh der Sehule Erdarbeiter. Hatte bald nach der Schule wiederholt typiseh.geschflderte epileptische Anf~lle ,,wie der Vater" (der Proband). Die An/~lle traten einige Jahre hindurch in grSBeren Ab- standen auf und verloren sich dann wieder. Habe niemals getrunken. Einmal wegen einer Darmverschlingung im Krankenhaus operiert. KSrperlieh klein und untersetzt. Jetzt 30 Jahre. Diagnose: Epfleptische Anf~lle.

Zu Prob. 501. Tochter Hedwig: Fabrikarbeitersfrau. In der Sehule mittelm~Big gelernt. Mit etwa 19 Jahren traten bei ihr Anfalle auf, zugleieh mit dem Unwohl- sein. Die Anf~lle werden typisch geschildert, ,,wie beim Vater", kamen in grSBeren Abst~nden, meist um die Zeit des Unwohlseins. Sie heiratete und hat angeblieh seither keine Anf~lle mehr. Kinder habe sie keine, der Mann ist Fabrikarbeiter und sie selbst geht auch in die Fabrik. Jetzt 26 Jahre. Diastase: Epileptische Anfalle.

1 , ,Jetzt" bedeutet hier stets: zur Zeit der Exploration.

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mit einem epileptischen Partner. 31

Zu Prob. 501. Tochter Klara: HausangesteUte. In der Schule sehr stark zuriick- geblieben. Hatte schon als Kind starke Krampfe, auch sp~ter schwere Anfalle mit starken Zungenbissen, ferner Dammerzustande, wobei sie vfllig unverst~ndliehe Dummheiten machte, Pferdemist aB, die Fransen vom Tischtuch abschnitt und aufaB, man glaubte zeitweilig, sie babe den Verstand verloren. H a t sehlecht Laufen gelernt, hatte sicher die englisehe Krankheit. Sollte naeh der Schule in ein Heim ftir Schwachsinnige, habe sieh jedoch dagegen immer gewehrt. Krampfanfalle hatte sie jetzt schon lange keine, hingegen h~ufig schwere Wut- und Erregungs- zust~nde. Sie ist kSrperlich klein, zeigt dentliehe raehitisehe Zeichen, hat ein asymmetrisches Gesieht, stumpfsinnigen Gesichtsausdruek, etwas krummen Riieken, ist feist, frech, faul. Wurde voriges Jahr sterflisiert. Jetzt 20 Jahre. Diagnose: Sehwere Debflit~t, epfleptisehe Anf~lle 1.

i

Zu Prob. 543. Sohn Karl: Gipser. Lernte in der Schule gut, arbeitete dann als Gipser. Hatte als Kind die englische Krankheit. Mit etwa 18 Jahren traten Anf~lle bei ibm auf: BewuBtlosigkeit, Kr~mpfe, die 3 Jahre hindureh alle paar Wochen ohne Ursache eintraten, dann ohne Behandlung wieder aussetzten. Der Schilderung nach handelt es sieh wohl sieher um epfleptische Anf~lle. Er ist eher klein, asthenisch, Glatze. Verheiratet, hat 2 Kinder. War seither hie ernstlieh krank. Jetzt 35 gahre. Diagnose: Epfleptische Anf~lle.

Zu Prob. 543. Sohn Friedrich: Ohne Beruf. Hat sieh yon Anfang an nicht normal entwickelt, hatte schon als Kind alle 4 Wochen Anf~lle. Lernte sehr ver- sp~tet Laufen, niemals Sprechen, konnte deshalb aueh nie in die Sehule geschickt werden. Hatte krumme FiiBe und ein verkriimmtes Rtickgrat. War geistig wie ein kleines Kind, in keiner Weise bfldungsf~hig und starb an schweren Kr~mpfen mit 25 Jahren in Anstalt. Diagnose: Idiotie, epfleptische Anf~lle. Doppelseitige Hernie, Kyphoskoliose, Hautausschl~ge 2.

b) Die 13 weniger eindeutigen Fglle.

Zu Prob. 20. Tochter Maria: Dienstm~dchen. War als Kind skrofulSs, in der Sehulzeit viel kr~nklich. Periode immer recht unregelma6ig. War naeh der Sehule in Stellung. Mit etwa 27 Jahren, auch schon etwas vorher, sehr starke Beschwerden bei der Periode und Dauerblutungen, wurde bettl~gerig. Wurde bald wegen eines Ovarialtumors links yon KindskopfgrSBe und eines kleinen cystisehen Ovarialtumors rechts in der Fraueoldlnik operiert und starb mit 29 Jahren bald naeh der Operation nach einem Herz- und Gef~Bkollaps. Habe angeblich auch an epfleptischen Anf~llen gelitten (naeh Berieht des Lehrers). Diagnose: Ovarialtumor. Epfleptische AnfMle ?

Zu Prob. 75. Tochter Ottilie Emilie: Arbeitersfrau. In der Schule sehwach gelernt, insbesondere Rechnen. Ging dann in die Fabrik. Leidet schon seit ihrer Madehenzeit an Ohnmaehtsanf~llen, wiederholt umgefallen, h~ufig auch voriiber- gehende Abwesenheitszust~nde, w~hrend der Schwangersehaften wiederholt ,,Kr~mpfe"; sonst hie. Einmal nach einer Grippe fast alle Haare verloren und Herabsetzung der Sehsch~rfe. Kleine, ausgesprochen hypoplastische Frau, hoch gravid. Sehr schleehte Z~hne, unregelm~Biges GebiI3, linkes Ohr taub. Neuro- logisch sonst o. B. Psyehisch debfl, stumpf und interesselos, angstlieh, mil]trauisch, leicht aufgeregt, nervfs, in hohem Mal3e proletarisch. Hat 4 Kinder, eines ist schwaehsinnig in Anstalt, eines staxb an Hirnentztindung. Jetzt 26 Jahre. Diagnose: Fraglieh epfleptisehe Anf~lle bei I)ebilit~t mittleren Grades. Hypoplastisch- degenerativer Habitus a

Zu Prob. 79. Tochter Marie: Zimmermannsfrau. Als Kind mittelm~Big in der Sehule, hatte einmal Lungenentztindung. War zuerst im Dienst, ging dann

1 Bei Conrad gleichzeitig als imbezill g e f i i h r t . - 2 Bei Conrad gleichzeitig als idiotisch geffihrt. - - a Bei Conrad gleichzeitig als debil gefiihrt.

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3~. Bruno Sehulz: Zur genotypischen Besehaffenheit von Elternpaaren

in die Fabrik. Menarehe erst mit 18 Jahren. Leidet seit langem an ,,HerzanfMlen". Hauptsgchlieh Herzklopfen, miisse sich legen, k6nne nicht schaffen, BewuBt- losigkeit und Krgmpfe fraglich, epfleptische Natur wahrscheinlich. Hypoplastisehe kleine Person, sehr infantfl, zart, geringes Fettpolster, sehr schwache Muskulatur, Blgsse der Haut (starkes Nasenbluten als Kind). Ist verheiratet, der Mann ist ein netter, etwas ungesehlachter groBer Mensch mit groBer Glatze. Drei Kinder, der ~lteste ist Hilfsschiiler, der andere Bub ebenfalls sehr beschrgnkt, das Mgdchen sehr beweglich und lebhaft. Jetzt 34 Jahre. Diagnose: Debilitgt leichten Grades. Unspezifische AnfgUe 1.

Zu Prob. 120. Sohn Franz Anton: Steward. Nach Berieht des Lehrers land sieh im Zeugnisbuch der Vermerk: ,,Leidet an Anfgllen." Schulkameraden wuBten zu berichten, dab er in der Schule Anf~lle hatte und sie ilm dann auf einem Wggel- chert heimwgrts bef6rderten. Diese AnfgUe hgtten sich in den Entwicklungsjahren voUstgndig verloren. Lernte naeh der Schule die Buchdruekerei, ging dann aber sehr bald auf See, es litt ihn nicht daheim, war ein unruhiger Geist, war lange Jahre als Steward beschgftigt. War ledig, hat sich mit 34 Jahren aus vSllig unbekannten Griinden das Leben genommen. Die Familie weiB nicht viel yon ibm, da er schon lange yon zu Hause weg ist. Diagnose: Suicid unbekannt~r Ursache. Epileptische Anfglle in der Kindheit.

Zu Prob. 144. Tochter Lina Berta: StraBenbahnsehaffnersfrau. Hat in der Schule angeblich gut gelernt. Handelsschule besueht. Hatte lecliglich Blut- vergiftung. Nach der Schule als Kontoristin in ein Biiro gegangen. Hatte spgter einmal eine Unterleibsentzfindung. Hatte mit 7 Jahren Sehwindelzustgnde, sank ffir ein paar Sekunden zusammen, ohne Krgmpfe. Diese Anfglle gaben sieh wieder. Mit 17 Jahren hatte sie einen Anfall yon BewuBtlosigkeit und leichten Krgmpfen. AuBerdem hat sie manehmal eigentfimliche Zustgnde pl6tzlicher Abwesenheit, weil~ dann durch einige Sekunden nichts yon sich. Ferner leidet sie seit vielen Jahren an schweren anfallsweisen Kopfschmerzen, mit Taubheitsgefiihl in den Fingern, leichtem Brechreiz, typische Migrgne. Sie hat zweimal entbunden, beide Male Frfihgeburten. KSrperlich zarte Leptosome, geringes Fettpolster. Neuro- logisch o. B. Leicht vegetativ stigmatisiert. Eigentiimliche Riefung beider Daumen- nggel (erinnert an die l~agelver~nderung bei tuber6ser Sklerose). Psychisch freund- lieh und zuggnglich. Zwangserscheinungen, kSnne nicht allein in der Wohnung bleiben, Angstzustgnde in geschlossenen R~umen, leichte Platzangst. Jetzt 28 Jahre. Diagnose: Verdacht auf epfleptisehe Absenzen, Migr~ne. Verdacht auf tuber6s- sklerotische Nagelvergnderung, Zwangspsyehopathie.

Zu Prob. 197. Tochter Maria: Fabrikarbeiterin. Habe in der Sehule angeblich mittelmgBig gelernt, wurde dann Ngherin. Mit etwa 13 Jahren, zugleich mit dem Auftreten der Periode, traten ,,Herzanf~lle" auf, fiber die Mutter und Tochter etwas zurfickhaltende Angaben machen. Jedenfalls wurde sie deshalb im Kranken- haus behandelt (bei sp~terer Anfrage dem Einwohneramt gegeniiber yon ihr be- stritten). Sie erhielt auch vorfibergehend eine Rente yon der Invalidenversicherung, wurde dann wieder fiir gesund erklgrt. Arbeitete dann in der Fabrik. Hatte ein uneheliches Kind und wahrend der Sehwangerschaft erneut Anfglle, fiel bewuBtlos urn, Krgmpfe werden negiert (?). Kleine schwarzhaarige, untersetzte, ausgesprochen beschrgnkte Person. l~eurologisch o.B. Jetzt 23 Jahre. Diagnose: Verdacht auf epileptische Anfglle.

Zu Prob. 225. Sohn Heinrich: Naeh Berieht des Biirgermeisters hat er genau wie die Mutter (die Probandin) an Anfgllen gelitten und ist im Alter yon 54 Jahren gestorben. Ngheres fiber ilm ist nicht in Erfahrung zu bringen. Diagnose: Epi- leptische Anfalle.

Zu Prob. 358. Sohn Martin: Landwirtssohn. Naeh Bericht des Lehrers und nach Eintragung im Schulbogen leidet er an Epflepsie. Seine Leistungen in der

1 Bei Conrad gleiehzeitig als beschrgnkt gefiihrt.

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mit einem epileptisehen Partner. 33

Volkshauptschule waren sehleeht, habe sich jedoch in der Fortbildungsschule ver- bessert. J e t z t 21 Jahre. Diagnose: Epileptische Anf~lle.

Zu Prob. 372. Sohn Karl Heinz: Schiller. KSrperlieh sehr sehwaeh und blaB. Lern t nicht sehr gut in der Schule, ist Bettn~sser. Ha t h~ufig eigentiimliehe Zu- st~nde yon Schwindel, starrt dann einige Sekunden geradeaus und weiB dann nichts davon. Es handelt sieh wohl sieher um Absenzen. Neigt auBerdem stark zu OhnmachtsanfMlen, klappte wiederholt zusammen, wenn er Blut sehen muBte. Is t hoch aufgesehossen, kSrperlieh schwaehlieh, nervensehwaeh und blutarm. J e t z t 12 Jahre. Diagnose: Absenzen. Unspezifische Anf~lle. Bettn~ssen.

Zu Prob. 400. Tochter Anna: Schiilerin. Hat te ,,dieselben Anf~lle wie die Sehwester" [die (mit ausgepr~gterem Krankheitsbflde als Anna) als eine der 17 eindeutigen genuinen Epflepaien im engsten Sinne in dieser Kasuistik nieht ge- sehildert ist]. Es wird ihr plStzlieh tibel, wird blab im Gesieht, blickt starr vor sich hin, ohne jedoch angeblich wirklich bewuBtlos zu sein, Dauer nur wenige Sekunden. Diese Zust~nde kommen h~ufig auch in der Schule und sind der Lehrerin bekannt. Sehr phantasievolles, dramatiseh begabtes Kind. Je tz t 9 Jahre. Diagnose: Absenzen.

Zu Prob. 407. Tochter Babette: Dienstmagd. Schon der in Sehule sehr m~Big, danaeh in Stellung als Magd, wurde wiederholt ohnm~chtig, fiel auch mehrfaeh auf der StraBe urn, starrt oft bl6de in die Luft, ist auBerdem ein zweifellos debiles GeschSpf, das jedem zur Verfiigung steht, keinen Unterschied maeht, daher sehon zweimal unehelich geschw~ngert wurde; auBerdem leichtsinnig und etwas arbeits- scheu. J e t z t 25 Jahre. Diagnose: Debilitat, unspezifische AnfMle 1.

Zu Prob. 423. Tochter Elisabeth: Arbeitersfrau. Angeblieh in der Schule gut gelernt. Arbeitete darm durch 14 Jahre in der Fabrik. Heiratete zweimal (der 1. Mann starb), hat im ganzen 13 Kinder, yon denen 3 leben. Sie soll angeblich friiher ,,so Herzanfi~lle" gehabt haben, die ziemlich typisch geschildert werden: Sie wurde blau im Gesicht und fiel um, es sah gef~hrlich aus nnd man glaubte manehmal, sie sterbe. Doch werden diese Anf~lle yon ihr selbst bestri t ten und sind schon lange nicht mehr aufgetreten. Auffallend athletiseh gebaute, derb- knochige Frau mi t einer lederartigen Haut und einem groBen Naevus am Hals. J e t z t 46 Jahre. Diagnose: Fragliche Anf~lle epileptischer Natur (nicht sichergestellt).

Zu Prob. 547. Sohn Simon: War angeblich eine sehwere Zangengeburt, kam mit einem verdruckten Sch~del auf die Welt. (Bereits geschildert. Z. Neur. 1,~9, 546.) Diagnose: Epileptisehe Anf~lle bei schwerer Debfliti~t. Geburtssehi~digung ?u

c) Die 14 nur im weitesten Sinne als Epilepsien ge/iihrten F~ille.

Zu Prob. 7. Sohn Karl: Schreinerlehrling. Nach Bericht des Lehrers recht schwaeh begabt, ist jetzt in der Schreinerlehre. Sei h~ufig recht leicht aufgeregt, nervSs und leidet unter zeitweiligen ~belkeiten, es wird ihm schwarz vor den Augen, manehmal sehon umgefallen. K6rperlich zuriickgeblieben. Neurologiseh o . B . Psychisch: dumm, faul, grob, stSrrisch, unfreundlich. J e t z t 17 Jahre. Diagnose: l )belkeiten ? (Absenzen ? ?)

Zu Prob. 42. Tochter Anna: Bedienerin. In der Schule sehr gut gelernt, ging naeh der Sehule in eine Striekereifabrik. Sp~ter in Stellung. Ist gegenw~rtig in einem Kaffeehaus als Kelinerin. Habe viel vom Vater (dem Probanden), leicht erregbar und leichtsinnig, nicht ganz einwandfreier Lebenswandel, sei jedoeh jetzt verlobt. Ha t t e schon wiederholt Ohnmachtsanf~lle, z. B. nach Bienenstich, aber auch ohne AnlaB. AuBerdem leidet sie an schweren anfallsweisen Kopfschmerzen. Unwohlsein o . B . Ha t te einmal Gelbsueht. Kurzsiehtig (Brille), blasse Hautfarbe, reiehlicher leieht pykniseher Fettansatz. Nicht debfl, jedoch beschrankt, untere Grenze der Norm. J e t z t 22 Jahre. Diagnose: Beschr~nktheit. Ohnmachtsanf~lle, Migr~ne a.

1 Bei Conrad gleichzeitig als debil gefiihrt. - - 2 Da vermutlich ~u~ere Schwaeh- sinnsursaehe, yon mir nicht als ,,zweiartig befallen" ('aueh bei Conrad nur Ms Epi- lepsie) gefiihrt. - - a Bei Conrad gleiehzeitig als besehr~nkt gefiihrt.

Z. f . d . g . N e u r . u . P s y c h . 173. 3

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34 Bruno Schulz: Zur genotypisehen Beschaffenheit yon Elternpaaren

Zu Prob. 49. Sohn Wilhelm: Fabrikarbeiter. In der Schule besonders gut gelernt, begabt. Hat te einmal in der Fabrik eine plStzliche Bewul]tlosigkeit, man weil] nicht, ob es ein An/all war, oder die Folge eines Sturzes. Seither nie mehr etwas J~hnliches, sei jedoch etwas sehw~ehlich und zart und sei in der Fabrik als ,,Meister". Niemals sparer ernstlich krank. Je tz t 26 Jahre. Diagnose: An/all ? Unfall ?

Zu Prob. 72. Tochter Anna: Fabrikarbeitersfrau. Ha t te als Kind die englische Krankheit , sp~ter angeblieh nicht mehr krank. Ging nach der Schule in die Fabrik, konnte jedoch dort nicht mehr arbeiten, da sie zu schwach war. Menarche mi t 17 Jahren, eine Entbindung normal, leidet viel an Konjunktivi t iden. Ha t te einmal nach einer Aufregung einen Anfall, bei dem sie umgefallen sei ,,wie ein Stfick Holz", ob Kr~tmpfe, weiB sie nieht. Sonst niemals ernstlich krank. Ungeheuer hypo- plastischer, degenerativ-asthenischer Habitus, rachitische Zeichen, steiler Gaumen, neurologisch o. B. Psychisch deutlich debil, leicht erregbar, zittert. Ausgesprochen proletarisch schmutziges Milieu. J e t z t 28 Jahre. Diagnose: Debilit~t leichten Grades. Raehitis. Unspezifischer "Anfall. Hypoplastisch-degenerativer Habitus 1.

Zu Prob. 83. Sohn Karl: Schreiner. In der Schule gut gelernt. Lernte sp~ter die Schreinerei, arbeitet gegenw~rtig beim Vater. In der Schule sei ihm manchmal sehlecht geworden, kurze Ohnmachten, keine Kr~mpfe (es ist nichts weiter darfiber zu ermitteln). AuBer leiehter Nervosit~t nieht ernstlieh krank. Leptosomer ttabitus. Geh6r leieht herabgesetzt. Neurologisch o .B . Psychisch etwas pr imit iv und be- schr~nkt, sonst nicht welter auffMlig. Leiehtes hypochondrisches Interesse ffir seinen K6rper. Je tz t 20 Jahre. Diagnose: Ohnmachten in der Pubert~tt.

Zu Prob. 115. Tochter Maria: Sehreinersfrau. Verbraehte i hre Kindheit bei einem Bruder der Mutter. Habe in der Schule gut gelernt, war schon immer nerv6s, bekam einen leichten Kropf. Vor 2 Jahren zunehmende starke Nervositgt , Zittern, weinte leicht usw.; wegen Basedow operiert. Seither sehr gebessert. Ha t te sehon vorher Ohnmachtsan/Mle gehabt, jedoch ohne Kr~mpfe. Sie hat auBerdem einen leichten Kopfschfitteltic. Ein blasses, schw~chliches Gesch6pf, etwas angstlich und erregbar. War bisher in Stellung, hat im Explorat ionsjahr geheiratet. Je tz t 26 Jahre. Diagnose: Basedow, unspezifisehe Ohnmachten.

Zu Prob. 230. Tochter Anna Maria: Tagl6hnersfrau. Nach der Schule in Stellung als.Dienstmagd. Li t t in der Jugend an , , t terzkrampfen", fiel pl6tzlich bewuBtlos urn, mul]te manchmal vom Feld nach Hause gebracht werden, fiber eigentliche Krgmpfe usw. niehts bekannt. Seit sie verheiratet ist, ha t sie die An/~lle nicht mehr. Ha t 9 Kinder. Sie leidet an Asthma, ist sehr leicht aufgeregt, einmal wegen fibler Nachrede verurteilt. J e t z t 48 Jahre. Diagnose: Unspezifisehe Anf~lle. Asthma.

Zu Prob. 230. Sohn Georg Adam: Arbeiter. Naeh der Schule als Baggermeister und Maschinist gearbeitet. Im Kriege eingezogen. Damals t ra ten Anfi~lle auf, die er auf eine Verschiittung bezog. Bekam auch anfangs 30% Rente, die aber bald gestrichen wurde. Die An/~lle t ra ten nur selten auf, haben sich in den letzten Jahren verloren. Arbeitet je tz t im Taglohn. Ha t 2 Kinder. Wiederholt vor- bestraft wegen KSrperverletzung,, Beleidigung und Freiheitsberaubung. Vor 5 Jahren wegen Anstiftung zum Meineid zu 1 Jah r und 2 Monaten Zuehthaus verurteil t . Je tz t 43 Jahre. Diagnose: Verdacht an/vorf ibergehende Epilepsie nach Verschfittung, schwere Psychopathie.

Zu Prob. 368. Tochter Anna Regina: Nach der Schule war sie in der Fabrik, heiratete dann ins Elternhaus. War niemals ernstlieh krank, hat ein kleines Kind. Typisches Dorfproletariat. Schwach begabt. Leidet an Schwindelanf~llen. Stark nervSs. Jetzt 26 Jahre. Diagnose: Unspezifische SchwindelanfMle. Absenzen?

Zu Prob. 447. Tochter Eleonore: Landwirtsfrau. Als Kind immer etwas schw~ch- lieh, viel krank gewesen. War yon jeher etwas verwachsen. Lungen- und Rippen- fellentzfindung. Regte sich immer schon sehr leicht auf ,,wie ein Narr" , wenn es nicht geht, wie sie will, ist sofort obendraulL Wurde als M~dchen leicht ohn- m~chtig und sei wiederholt in der Kirche und naeh grSl]eren Anstrengungen urn-

1 Bei Conrad gleichzeitig als beschr~nkt geffihrt.

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mit einem epileptischen Partner. 35

gesunken. Dabei keine Kr~mpfe, kein ZungenbiB usw. Sie heiratete einen Bauern. Ha t mehrere Kinder, die aueh alle recht nervSs seien. Je tz t 39 Jahre. Diagnose: Unspezifische (vasomotorische) AnfMle.

Zu Prob. 447. Tochter Jose/a: Sehreinersfrau. Lernte angeblich gut in der Sehule. Hat te als Kind Schafblat tern und h~ufig Mandelentziindungen. Ferner hat te sie zweimal l~nger dauernde Ohnmachtsanf~lle mit Totenbli~sse and 0belkei t , keine Kr~mpfe, keine epileptisehen Symptome. Ha t ferner seit vielen Jahren mit Magenkrampfen zu tun, vor 5 Jahren seien die Nerven ganz zerri i t tet gewesen, war 4real auf Erholung im Eisenbahnerheim. Hat 4real entbunden, eines der Kinder hat absenzeartige Anf~lle, die anderen lemen zum Teil schwaeh. Kfrper l ieh eine kleine, blasse, asthenisch-hypoplastische Person, ist iiberaus leieht erregbar, haut w/~hrend der kurzen Explorat ion den Kindern zweimal eines hinter die Ohren, weft sie Li~rm machen. J e t z t 36 Jahre. Diagnose: Unspezifische (vaso- motorisehe) Anfi~lle, abnorme Erregbarkeit. Asthenisch-hypoplastischer Habitus.

Zu Prob. 465. Tochter Kreszenz: Telegraphenarbeitersfrau. ]=[abe sich gut ent- wickelt, lernte gut in der Sehule. Erst sparer viel krank, vor allem Efleiter-, Beeken- und Bauchfellentzimdung, Darmversehlingung, zu lange Mutterb/tnder. Wurde wiederholt operiert, wurde nach den Operationen nervSs, erschrickt leicht, regt sich sehr leicht auf. Von Jugend auf sehwer kurzsiehtig (8--9 Dioptrien). Leidet seit der Kindheit an h~tufigen Ohnmaehtsanf/~llen, vor allem bei langem Stehen in der Kirche, oft auch in der Sehule, bei Begrabnissen und nach Autofahrten. Bei diesen Anf~llen werde sie blab und sinke urn, komme nach kurzer Zeit wieder zu sich. Hat te selbst als Kind die englische Kranlcheit, ihr Kind leide an einer Hiiftgelenksentzfindung und sei im Kriippelheim. Schwere Gebiflanomalie. J e t z t 33Jahre. Diagnose: Vasomotorische Anf/~lle. Habitus degenerativusinfantilis. Raehitis.

Zu Prob. 509. Tochter Maria: Sehuhmaehersfrau. War in der Schule angeblich mittelmi~flig. War lange in Stellung, heiratete darm. Hat 8mal entbunden. Sie hat te yon jeher mit den Nerven zu tun, angebtich aueh zeitweflig ,,gesponnen". Ha t te ferner Herzkr~mpfe, fiber die jedoch sehr wenig zu erfahren ist. Ob es sich dabei um echte epfleptische Anf/~lle gehandelt har ist nieht sicherzusteUen. Ihre Kinder sind alle sehr aufgeregr und nerv6s. Starb mit 36 Jahren . Diagnose: Unklare Anf~lle (Herzkr~mpfe). Exitus 7 Woehen nach der letzten Entbindung, an Herzwassersueht bei Herzklappenfehler.

Zu Prob. 510. Tochter Elise: TaglShnersfrau. In der Schule schlecht gelernt, hat 3 mal repetiert. War dann in Stellung bei Bauern, danaeh daheim, t t a t t e StirnhShlenentzfindung und Gelenkrheumatismus, auBerdem wiederholt Ohnmachts- anf/~lle als M~dehen; sei plOtzlich bewulltlos umgesunken mad man meinte, sie kriege aueh Anf~lle. Doch hi~tten sich diese Ohnmachtsanfalle dann vfl l ig gegeben. Sie heiratete, hat 2 Kinder. Ha t t e auch wi~hrend der beiden Schwangersehaften Ohnmachtsanfi~lle." J e t z t 32 Jahre. Diagnose: Debflit/~t, unspezffisehe Anfiille 1.

2. Epileptische Kinder der Probanden der Zwisehengruppe.

a) 2 der 4 als Epi lepsien im engsten Sinne ge/iihrten Fdille.

Zu Prob. 21. Sohn Arthur: Seit je vSllig idiotisch. Lernte weder Laufen noeh Sprechen, hat h~ufig epfleptisehe Anf~lle. Wird yon der Mutter zu Hause im Bert gepflegt. Nie in Anstalt . J e t z t 13 Jahre. Diagnose: Schwere Idiotie, Epflepsie a.

Zu Prob. 387. Sohn Friedrich: B~eker. In der Schule gut gelernt, dann lernte er das B~ekerhandwerk. Schon damals hatte er wiederholt epfleptische Anf~lle, man glaubte dureh die Hitze. E r gab deshalb die Backerei auf und arbeitete an verschiedenen Stellen, war voriibergehend auch in der SA. Beim Milit~r wurde er nicht genommen wegen der Anfi~lle, diese werden ganz typisch geschfldert und

1 Bei Conrad gleiehzeitig als debfl gefiihrt. - - 2 Bei Conrad nur als Idiotie gefiihrt.

3*

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36 Bruno Schulz: Zur genotypischen Beschaffenheit yon Elternpaaren

waren ortsbekannt. Er heiratete und zog yon dem Heimatsort weg, hat te mehrere uneheliehe Kinder, eines seiner M~del hat te auch einmal Zwillinge. Er lebt je tz t in Thiiringen und sell angeblieh keine Anf~lle mehr haben (?). J e t z t 38 Jahre . Diagnose: Epfleptisehe Anf/~lle.

b) Die 5 weniger eindeutigen F~ille.

Zu Prob. 117. Sohn Wilhelm: Hilfsarbeiter. Schwere Zangengeburt. (Bereits geschildert. Z. Neur. 159, 545.) Auch geistig zurtickgeblieben. Diagnose: Epflep- tisehe Anf/~lle bei schwerer cerebraler Halbseitenl/~hmung (Geburtstrauma ?)1.

Zu Prob. 226. Tochter Ursula: Werkzeugdrehersfrau. In der Schule angeblich gut gelernt. War als Kind immer gesund. Sie war in Stellung in einem Gesehaft, heiratete bald. Als sie mit dem 1. Kind in der Hoffnung war, sah sie einmal einen Anfall beim Vater (dem Probanden) und erschrak dariiber, so dab sie selbst einen Anfall bekam. Sie hatte nun wiederholt Anf~lle, welche typiseh gesehfldert werden, ~hnlieh wie der Vater, nur nicht so schwer. Auch nach der Entbindung t ra ten noeh einige Anfi~lle auf. Das Kind starb jedoch bald und die Anf~lle verloren sieh v611ig. Seither hat sie nochmals zwei Schwangersehaften durehgemacht, die v611ig o . B . verliefen, und ist ein ganz gesunder Menseh. J e t z t 37 Jahre. Diagnose: Epileptisehe Anf/ille w~hrend der ersten Sehwangersehaft, ausgeheilt.

Zu Prob. 347. Tochter Katharina: Tagl6hnersfrau. In der Schule schleeht gelernt, kam aus der 4. Klasse. War danach in Stellung. Von jeher regte sie sieh sehr ]eicht auf und bekam aus Aufregung richtige Anf~lle, bei denen sie am ganzen K6rper zuekt und zittert, sic sei sehr b6s und schwer zu behandeln, ist auBerdem magenleidend. Sie heiratete einen Tagl6hner, jedoch lieB sich dieser bald seheiden. Lebt nun bei ihrer Mutter zu Hause. J e t z t 22 Jahre. Diagnose: Debflitat, abnorme Anfallszust/tnde ~.

Zn Prob. 481. Sohn Georg: Knecht. Ha t angeblich in der Schule ganz gut gelernt und war dann beim Bauern als I-Iirtenbub. Sei Epfleptiker gewesen und habe geistig nicht als vollwertig gegolten. Mit 17 Jahren in einem Weiher ertrunken aufgefunden. Naeh anderer Auskunft bekam er in diesem Alter bei Baden einen Lungenblutsturz und starb sofort. Diagnose: Epfleptische Anfiille.

Zu Prob. 502. Tochter Katharina: War naeh der Schule immer im Dienst bei Bauern. Heiratete mit 30 Jahren einen Politurarbeiter, war niemals sehr gesund. Ha t t e Venenentziindung, 8real entbunden, ist nervensehwaeh. In den Weehsel- jahren hatte sie typisch geschilderte epileptische Anf/~lle, bewuBtloses Nieder- sttirzen ohne Aura, manchmal Verletzungen, diese Anf~lle verloren sich in sp~teren Jahren wieder. Etwas greisenhaftes, altes Frauerl, keine deutliehe Charakter- Yer~nderung. Je tz t 59 Jahre. Diagnose: Vorfibergehende epil~ptische Anfalle.

c) Die 3 nur im weitesten S inne als Epi leps ien ge/iihrten Fdille.

Zn Prob. 21. Tochter Hildegard: ~ h e r i n . Ha t t e als Kind die englische Krank- heit , hat aber gut in der Schule gelernt, danach ging sie in Stellung. Arbeitet j e t z t in der Fabrik als Naherin. Sie beriehtet fiber HerzanfMle: Ha t manchmal das Gefiihl, als ob der Herzschlag stockt, als ob sie keine Luft bek/~me, glaubt .einen Herzfehler zu haben. Sonst immer gesund, jedoch leicht erregbar, nerv6s, leieht thyreotoxisch. Leieht hypoplastiseher Habitus, geringe rachitische Reste. Is t etwas leichtfertig (1 unehelisches Kind). J e t z t 28 Jahre. Diagnose: AnfMle unklarer Art (kardial? nerv6s?). Rachitis. Hypoplastiseher Habitus.

Zn Prob. 162. Tochter Eleonore: N~herin. Sehon als 4j~hriges Kind erkrankte sie an einer ttiiftgelenksentziindung, wodureh es zu einer Versteifung und Ver- kfirzung des linken Beines kam. In der Sehule habe sic gut gelernt, naeh der Sehule

1 V~l. S. 33, Ful3note 2. - - 2 Bei Conrad gleichzeitig als debil geffihrt.

Page 37: Zur genotypischen Beschaffenheit von Elternpaaren mit einem epileptischen Partner

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lernte sie die Schneiderei. Mit 20 Jahren kam sie nach Miinchen in Stellung, war dann lange in einer Schneiderei beschift igt . Mit 39 Jahren wurde sie an Magen- geschwiiren operiert, mit 49 Jahren plStzlich Schlaganfall mit linksseitiger Lahmung, lag im Krankenhaus. Lebt je tz t invalidisiert, keine Paresen mehr naehweisbar, jedoeh Versteifung im linben Hiiftgelenk. Seit der Operation wiederholt Ohnmachts- anf~lle, bekam Camphe~spritzen. Sehr klein, diirftiger Ernihrungszustand, gelb- liehe Gesiehtsfarbe. J e t z t 53 Jahre. Diagnose: Arthritis des Hiiftgelenks, un- spezifische Ohnmachtsanfil le. Reste nach apoplektisehem Insult.

Zu Prob. 395. Tochter Eva: Fabrikarbeiterin. Arbeitete nach der Schule im Fold bei Bauern, war von jeher recht flatterhaft und leichtsinnig, war ,,keine SehOnheit". Wurde einmal vom Feld heimgebracht, weil sie dort ohnmaehtig geworden war, man dachte an einen Sonnenstich, dies habe sich jedoch nicht mehr wiederholt, war sonst nicht krank. Je tz t 44 Jahre. Diagnose: Unspezifischer Anfall.

3. Ep i l ep t i sehe K i n d e r de r Probanden der symptomatisehen Gruppe. a) ETileTsien im engsten Sinne /ehlen in dieser Gruppe.

b) Die 2 weniger eindeutigen Fdlle. Zu Prob. 410. Sohn Rudol/: Schneiderlehrling. Bei Sehuluntersuchung fraglich

positiver Wa. Vater (Proband) starb an Taboparalyse. (Rudolf bereits geschfldert. Z. Neur. 159, 546.) Diagnose: Debilit~t, Epileptische Anf&lle. Verdaeht auf kon- genitale Lues ? ? ?i

Zu Prob. 436. Sohn Georg: Kaufmann. Unteroffizier. Soll sehr gut in der Schule gelernt haben. K a m dann in die Kaufmannslehre. War lange Jahre Bett- hisser. Hat te schon yore 1. Lebensjahr bis zur Schulzeit hiufig Anf~lle yon ~bel - keit, BewuBtlosigkeit und leichten krampfartigen Zuckungen. Diese kamen zeit- weise geh~uft, dann wieder erst nach langen Pausen. Wurde klinisch behandelt. Seit dem 10.--12. Lebensjahr blieben die Anf~lle aus, sind auch bisher nicht mehr wiedergekommen. Er ging 1930 zum Milit~r, verpflichtete sich dort fiir 12 Jahre und ist jetzt schon Oberfeldwebel. J e t z t 24 Jahre. Diagnose: Als Kind epileptische Anf~lle, ausgeheilt. Pyknolepsie ? Bettn~sser.

c) JDie 2 nur im weitesten Sinne als Epilepsien ge/iihrten F(~lle. Zu Prob. 33. Tochter Berta: Dienstmidchen. t ta t te vielleicht die englische

Krankheit . Son in der Schule gut gelernt haben. Nachher als Nihe r in und Dienst- midchen in Stellung. Ist gerade nach einer illegitimen Entbindung, hat te wihrend der Schwangerschaft drei eigenttimliche Ohnmachtsanfille, Kr~mpfe werden negiert. Ausgesprochen hypoplastisches GeschSpf, deutliche Zeichen yon Rachit is (144 em hoch), etwas aufgeschwemmt, blafl. Neurologisch o .B. Psychisch haltlos, willen- los, l i 0 t alles mit sich geschehen, intellektuell sehr herabgesetzt, debil. Leieht erregbar. Je tz t 23 Jahre. Diagnose: Debil i t i t leichten Grades. Ohnmachtsanfi~lle w~hrend Gravidi t i t . Rachi t i s . . t typoplas t i scher Habitus ~.

Zu Prob. 452. Tochter Agathe: Drehersfrau. In der Schule gut gelernt. War yon jeher herzschwach, nervSs, viel krank. Ha t 10 Jahre in der Druckerei gearbeitet. W~hrend des Krieges hat te sie wiederholt Ohnmachtsanf~lle, brach auch bei der Arbeit plStzlich zusammen. K r i m p f e werden negiert und die Anf~lle mit den damaligen schlechten iuBeren Verhil tnissen erklir t . Sie heiratete, hat keine Kinder. In den letzten 3 Jahren nahm sie ungeheuer an Gewicht ab und wurde schwer magenleidend. Ist schon lange in Behandlung, muBte alle Arbeit aufgoben und man befiirchtet Krebs. J e t z t 36 Jahre. Diagnose: Unspezifische Anfi l le (Ohn- macht ?).

1 Vg]. S. 33, FuBnote 2. - - ~ Bei Conrad gleiehzeitig als beschrankt geftihrt.