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Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids Von G. BRAUER und 0. MULLER~) Mit 3 Abbiidungen Inhaltsubersicht Durch Rantgenanalyse wird festgestellt, daU SrCl, rnit CaCl, odrr BaC1, homotype Mischkristalle, mit LaCl, oder ThCl, heterotype Mischkristalle in erheblichem AusmaBe zu bilden vermag. Die heterotypen Mischkristalle besitxen eine Fehlordnung vom Ad- ditionstyp. Fur KCI und TlCl ist eine Loslichkeit vom gleichen AusmaId nicht erkennbar. Summary SrCI, forms homotypic mixed crystals with CaCl, or BaCI,, heterotypic mixed cry- stals with LaCl, or ThC1,. For the heterotypic mixed crystals, disorder arrangement of interstitial type has been stated. KCl and TlCl do not cnter the lattice of SrCl,. Die Fluoride von zweiwertigen Metallen mit groBen Kationen kri- stallisieren im Gittertyp des Fluorits CaF,(C 1-Typ). Von den ent- sprechenden Chloriden besitzt jedoch nur ein einziges, das Strontium- chlorid SrCl,, diese Kristallstruktur, wahrend seine ltristallchemisch naehsten Verwandten, die Dichloride des Caleiums, Bariums, Europiums und Bleis sowie entsprechende Bomide und Jodide andere Gittertypen aufweisen ( v d T a b . 1). \ - Tabelle 1 Strukturtyp ciniger Metalldihalogenide CaF, bedeutet Fluorittyp, TiO, bedeutet Rutiltyp, PbCl, hedeutct PbC1,-Typ; Koordinationszahl des Kations in [ ] Diese auffallige Sonderstellung SrC1z gab uns xu einigen Versuchen, - ~~ Fluorid 1 Chlorid 1 Bromid die Stabilitat seiner i ~ .____ I I Struktur gegenuber Storungen zu prufen. Insbesondere hiel- ten wir es fur moglich, daB mehrere Struktur- Ca Sr Ba Eu Pb WTiO, [6] PbCi, [-91 PbC1, [-91 PbC1, [-91 l) Gekiirzte Fassung der Diplomarbeit 0. MULLER, Freiburg 1956.

Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids

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Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids

Von G. BRAUER und 0. MULLER~)

Mit 3 Abbiidungen

Inhaltsubersicht Durch Rantgenanalyse wird festgestellt, daU SrCl, rnit CaCl, odrr BaC1, homotype

Mischkristalle, mit LaCl, oder ThCl, heterotype Mischkristalle in erheblichem AusmaBe zu bilden vermag. Die heterotypen Mischkristalle besitxen eine Fehlordnung vom Ad- ditionstyp. Fu r KCI und TlCl ist eine Loslichkeit vom gleichen AusmaId nicht erkennbar.

Summary SrCI, forms homotypic mixed crystals with CaCl, or BaCI,, heterotypic mixed cry-

stals with LaCl, or ThC1,. For the heterotypic mixed crystals, disorder arrangement of interstitial type has been stated. KCl and TlCl do not cnter t h e lattice of SrCl,.

Die Fluoride von zweiwertigen Metallen mit groBen Kationen kri- stallisieren im Gittertyp des Fluorits CaF,(C 1-Typ). Von den ent- sprechenden Chloriden besitzt jedoch nur ein einziges, das Strontium- chlorid SrCl,, diese Kristallstruktur, wahrend seine ltristallchemisch naehsten Verwandten, die Dichloride des Caleiums, Bariums, Europiums und Bleis sowie entsprechende Bomide und Jodide andere Gittertypen aufweisen ( v d T a b . 1).

\ -

Tabelle 1 S t r u k t u r t y p c i n i g e r M e t a l l d i h a l o g e n i d e

CaF, bedeutet Fluorittyp, TiO, bedeutet Rutiltyp, PbCl, hedeutct PbC1,-Typ; Koordinationszahl des Kations in [ ]

Diese auffallige Sonderstellung SrC1z gab uns xu einigen Versuchen, - ~~

Fluorid 1 Chlorid 1 Bromid die Stabilitat seiner i ~ .____ I I

Struktur gegenuber Storungen zu prufen.

Insbesondere hiel- ten wir es fur moglich, daB mehrere Struktur-

Ca Sr Ba Eu P b

WTiO, [6] PbCi, [-91 PbC1, [-91

PbC1, [-91

l) Gekiirzte Fassung der Diplomarbeit 0. MULLER, Freiburg 1956.

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G . BRAUER u. 0. MULLER, Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids 319

moglichkeiten fur SrCl,, getrennt durch eine relativ niedere Energie- schwelle, existieren und daB eine Polymorphie oder Isodimorphie vor- liegen konne. Diese Vermutung hat sich nicht bestatigt, die Fluorit- Konstitution von SrC1, erwies sich als vollkommen stabil. Jedoch haben sich Beobachtungen uber Mischkristallbildung ergeben, die uns der Mit- teilung wert erscheinen.

Wir haben der Grundsubstanz Strontiurnchlorid abgestufte Mengen von anderen Chloriden zugefugt und auf Bildung von Mischkristallen gepriift. A b Zusatzchloride

Salze CaCI, und BaC1, ausge- wahlt, die sich von SrC1, nur hinsichtlich Grolje und Feld- Ionenradius ,

Tabelle 2 Ionenradien d e r Meta l lka t ionen dieser

Un t ersu c h u n g

wurden einerseits die

__ ~~~~ ' Differenz gegen R(Sr2+) wirkung der Kationen um einen I in yo

I

m5l3igen Betrag unterscheiden, sowie andererseits die hetero- typen Chloride KC1 und TlCl mit niedriger geladenen Kat- ionen, LaC1, und ThC1, mit hoher geladenen Kationen. Im Falle der heterotgpen Kombi-

Sr2+ 1,27 Ca2+ 1,06 Ba2+ 1,43 K+ 1,33 TI+ 1,49 Laa+ 1,22 Th4+ 1,lO

0 -16,5 + 12,6 + 4,7 + 17,3 - 3,9 - 13,4

~ _ _ ._

nationen liegen die Differenzen der Kationearadien innerhalb eines Be- reiches, fur den Mischungstoleranz noch erwartet werden darf. Tab. 2 stellt diese Beziehungen an Hand der Ionenradien von V. M. GOLD- SCHMIDT dar.

Darstellung und Untersuchung der Praparate Ausgangsmaterial fur die Versuche waren reinste Handelspraparate von SrCI,. 6 H,O,

CaCl, . 2 H,O, BaCI, . 2 H,O und KC1, sowie die aus Oxyd bzw. Hydrogencarbonat hier dargestellten Salze LaCl, - 6 H,O und ThCl, - 8 H,O. Von jedem Salz wurde eine Stamm- lBsung mit cinem Gehalt von 5-10 mg pro ml, genau analysiert und berechnet auf wasser- freies Chlorid, hergestellt. Durch Vereinigen abgemessener Mengen dieser Einzellosungen erhielten wir gewunschte Mischungsverhaltnisse der Salzpaare SrCI,-CaCl,, SrC1,-BaCI,, SrCI,-LaCl, und SrCI,-ThCl,. Es wurde dann einer solchen gemischten Losung 1 Mol Ammoniumchlorid je Mol Salz zum Zuriickdrangen der Hydrolyse hinzugefiigt, die Lo- sung bis zur Trockne eingedampft, der trockene Ruckstand feinst gepulvert und verrieben und schliefllich in einem Schiffchen aus Sintertonerde mit einem Strom von Stickstoff und Chlorwasserstoffgas durch vorsichtiges, langsam gesteigertes Erhitzen entwassert. Die Erhitzung wurde bis 6 O O O C gesteigert und so lange fortgesetzt, bis kein NH,CI mehr absub- limierte. Das zur Aufnahme des Schiffchens verwendete durchsichtige Quarzrohr lieB diesen Zeitpunkt leicht erkennen.

Zur sieheren Homogenisierung wurde die Salzmischung schlieBlich in Stickstoff- Chlorwasserstoffatmosphare kurz geschmolzen (etwa 800-900°C) und zum Abkulden etwas

lb*

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220 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 295. 1958

in den kalten Teil des Quarzrohres geschoben. Nach dem Erkalten wurde der Schmelz- kuchen an Luft rasch zerkleinert und gepulvert. Das Pulver erhitzten wir dann nochmals im N,-HCI-Strom zur Nachtrocknung und Gitterentstorung fur 5 bis 8 Stunden auf etwa 500°C. Sodann entnahmen wir von den Salzproben bei sorgfaltigem AusschluR von Luftfeuchtigkeit unter trockenem Stickstoff Anteile, die in dunnwandige Glas- kapillaren (Mark-Rohrchen) eingeschlossen zur Roritgenanalyse dienten oder im Pyk- nometer auf ihre Dichte gepruft wurden.

Eine Abweichung von diesem Prinzip zur Darstellung der Praparate erforderten die Mischungen SrC1,-ThCl,, weil durch Chlorwasserstoffatmosphare allein die Bildung von Thoriumoxychloriden beim Entwassern nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Wir entwasserten in diesen Fallen in einem Strom von trockenem Chlor, das Tetrachlor- kohlenstoff durchstromt hatte und mit dessen Dampf beladen war. Da wegen der Fluch- tigkeit von ThCl, ein Erhitzen der Mischungen bis zum Schmelzen untunlich war, tem- perten wir nur bei 450-550°C und pulverisierten die Suhstanz wiederholt zwischen ein- zelnen Erhitzungsperioden von je 3 Stunden. Auf AusschluR von Luftfeuchtigkeit war bei all diesen Operationen sorgfaltig geachtet worden.

Das untersuchte Salzgemisch SrC1,-T1CI muaten wir wegen der Fluchtigkeit von Thalliumchlorid auf wieder einem anderen Wege herstellen. Strontiumchlorid wurde nach der oben angegebenen Methode entwassert und mit gefalltem, getrocknetem Thallium- chlorid in einer Trockenkammer verrieben. Wir schlossen die Mischung in eine Ampulle aus Quarzglas mit moglich wenig totem Raum ein, erhitzten bis zur Bildung einer klaren Schmelze, lieBen bis etwa 50" unter den Erstarrungspunkt abkuhlen und schreckten dann ab. Das Offnen der Quarzampulle, Pulverisieren der Proben und uberfiihren in die Glas- kapillare erfolgte unter Luftausschlu W.

Das untersuchte Salzgemisch SrC1,-KC1 wurde auf gleiche Weise durch Zusammen- schmelzen der Komponenten in geschlossener Quarzampulle dargestellt.

Bei den Salzgemischen mit CaCI,, BaCl,, LaCI, und ThCl, ergab sich die Zusammen- setzung der einzelnen Mischpraparate aus der exaktcn Abmessung der Stammlosungen genau analysierten Gehaltes. Bei den Gemischen mit TlCl und KCl wurden die Proben nachtraglich quantitativ analysiert.

Von allen untersuchten Praparaten stellten wir Ron t genp u l ver a u f n a hmen rnit CuK,-Strahlung (a1 1,5374 kX, a, 1,5405 kX) in ublichen einfachen Kameras von 57,3 mm Durchmesser (Hersteller: Seemann-Laboratorium, Heidelberg) mit asymme- trischer Filmlage her. Um Filme mit ertraglicher Grundschwarzung zu erhalten, bedeckten wir sie wahrend der Exposition mit einem zweiten Filmstreifen und betrieben die Rontgen- rohre mit niedriger Spannung (25 kV und 32 mA).

Zur Bestimmung der Dichte wurden zerkleinerte Proben von etwa 500 mg in einem Pyknometer von 2 ml Inhalt in absolutem Dekalin von 25" C unter sorgfaltigem Aus- schluB von jeder Feuchtigkeit eingebettet. Der Flussigkeitsstand im Pyknometer konnte an einer geeichten Graduierung seines rohrenformigen Halses abgelesen werden.

System SrCl,-CaCl, In den Rontgendiagrammen liegt bei allen Proben von reinem

Strontiurnchlorid bis zur Mischung rnit 17,5 hlol-% CaC1, nur das Linienmuster des C1-Typs vor. Die Konstante dieses Gitters sinkt mit zunehmendem Gehalt an CaCl,. Tab. 3 und AbF. 1 geben diesen Ver- lauf wieder und lassen 19 Mol- % CaC1, als Siittigungsgrenze der Misch-

Page 4: Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids

G. BRAUER u. 0. M~LLER, Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids 221

kristallreihe bei der Gleichgewichtstemperatur von etwa 500" C erkennen. Bei hoherem Gehalt an CaCl, sind die Praparate heterogen und Rontgen- interferenzen von orthorhombischem CaC1, erkennbar .

SCHAEFER~) wurden friiher ther- mische Analysen des Systems SrC1,-CaCl, mitgeteilt. Sie berich-

Von SANDONNINI und von I

60 Ci,

teten uber eine luckenlose Reihe 7 t /a

Gesamtpraparat

0 10 15 17,5 20

6,957 6,935 6,925 6.917 6,915

von Mischkristallen, die sich aus der Schmelze homogen ausscheiden,

Tabelle 3 G i t t e r k o n s t a n t e n der Misch-

k r i st a l l e SrC12-CaC12 ______

10 20 I0 6gOL ' ' ' ' ' ' ' ' " ' " I ' ' ' - M0l-Z

Abb. 1. Citterkonstanten bei Mischkristallen von SrCl, mit CaCl,, BaCl,, LaCl, und ThCI,. Die Abszisse giht den Gesamtgehalt der Praparate an dem Salz

sich aber bei tieferen Temperaturen entmischen. Die Annahme einer solchen voll- kommenen Mischkristallreihe ist jedoch mit den bisher bekannten Tatsachen iiber die verschiedene Gitterstruktur von SrC1, und CaCl, nicht vereinbar. Auch die von uns beobachtete Abhangiglreit der Gitterkonstanten unserer Mischkristalle von der Praparat- zusammensetzung widerspricht den Angaben von SCHAEFER uber deren Entmischung bei tiefer Temperatur.

System SrCl,-BaCl, Der in Tab. 4 und Abb. 1 wiedergegebene Gang der Gitterkonstante

des SrC1,-Gitters erweist eine Mischungsgrenze bei 23,5 Mol- % BaCI, fur die Gleichgewichtstemperatur von etwa 500" C. Bei Uberschreitung dieser Grenze nach hoherem Gehalt an BaCl, schlief3t sich ein heterogenes Gebiet an, in dem gesattigter Mischkristall vom SrC1,-Typ und gesattigter Mischkristall vom BaC1,-Typ koexistieren. Dies heterogene Gebiet ist nur schmal; das Praparat mit 30 Mol-% BaC1, zeigt nur Rontgeninter- ferenzen von BaC1, und keine solchen von SrC1, mehr und liegt somit bereits im Homogenitatsbereich der BaC1,-Phase.

2) C. SANDONNINI, Atti Accad. naz. Lincei, Mem., C1. Sci. fisiche, mat. natur. [5] 20, 11, 497 (1911); W. SCHAEFEK, Neues Jb. Mineralog., Geol. Palaontol., Ref., Teil I, 15 (1914).

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222 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 295. 1958

1 Gesamtgpiaparat ~ [kX]

6,957 12 6,994

~ 7,027 I I 2o

des Systems SrC1,-BaCl, ausgefuhrt worden5). Seine Beobachtungen wurden so interpretiert, daB bei hoher Temperatur SrCl, und P-BaCl,, bei tiefer Temperatur SrC1, und a-BaC1, luckenlos mischbar sind. Der a-Mischkristallbereich ist vom

System SrC1,-LaCl, Auch Lanthanchlorid wird von Strontiumchlorid in homogenem

Mischkristall aufgenommen. Tab. 5 und Abb. 1 erweisen am Gang der beobachteten Gitterkonstanten des Mischkristalls, daB die Grenze der Loslichkeit fur etwa 500°C bei 22,5 Mol- % LaCI, liegt. Durch Messung der Dichte von zwei homogenen Proben mit 11 und 20 Mol-% LaC1, (vgl. Tab. 6 ) konnte festgestellt werden, wie Abb. 2 zeigt, daB bei diesem heterotypen Einbau zusatzliche Chlorionen in kubische Lucken des Fluoritgitters von SrC1, eingebaut werden, da13 also ein Fehlbau vom Additionstyp (Zwischengitterplatz-Typ) vorliegt. Damit erscheint das Verhalten des Salzpaares SrC1,-LaCl, dem des Paares SrF,-LaF,

:) GYELINS Handbuch Anorg. Chem. 8. Aufl. 1932, Syst. Nr. 30, Barium. ') B. K. WAINSTEIN, Aoma:chr AIcaneMmi Ha) ii CCGP [Ber. Akad. Wiss. UdSSR]

5 , E. VORTISCH, Neues Jb. Mineralog., Geol. Palaontol., Beilage-Bd. 38, 185 (1915). 60, 1169 (1948).

222 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 295. 1958

Dieser Befund steht wahrscheinlich in engem Zusammenhang mit der Dimorphie von BaCl,, das auger der gewohnlichen Form (a ) noch eine als kubisch bezeichnete Hochtemperatur-Modifikation (/3) besitzt. Der Umwandlungspunkt beider Formen wird mit 922" bis 93OoC3) an- gegeben. Die Gitterstruktur der Hochtemperaturforrn ist noch nicht bestimmt worden. Wahrscheinlich ist es der C1-Typ, zumal dieser auch

in einern anderen Falle unter besonders extremen Bedingungen ( Aufwachsungen

G i t t e r k o n s t a n t e n d e r Misch- in 10-6 schichtdicke auf Zelluloid) an BaC1, bcobachtet wurde4).

Von VORTISCH ist die thermische Analyse des Systems SrC1,-BaCI, ausgefuhrt worden5). Seine Beobachtungen wurden so interpretiert, daB bei hoher Temperatur SrCI, und P-BaCl,, bei tiefer Temperatur SrC1, und a-BaC1, luckenlos mischbar sind. Der a-Mischkristallbereich ist vom ,fLMischkristallbereich im thermischen Diagramm durch eine kontinuierliche Umwandlungskurve

. abgegrenzt. Das yon VORTISCH entworfene Dia- gramm schlie13t jedoch das Auftreten einer Sattigungsgrenze und eines heterogenen uber- gangsgehietes aus und ist daher mit der von uns beobachteten AbhSngigkeit der Git ter- konstante der SrC1,-Mischkristalle yon der Praparatzusammensetzung unvereinbar.

Fur dieses System, wie auch fur das vorher erwahntepaar SrCl,-CaCl, scheint uns eine vollstandige rontgenographische Untersuchung fur verschiedene, insbesondere hohere Temperaturen erforderlich zu sein.

Tabelle 4

k r i s t a l l e SrC1,-BaCI,

System SrC1,-LaCl, Auch Lanthanchlorid wird von Strontiumchlorid in homogenem

Mischkristall aufgenommen. Tab. 5 und Abb. 1 erweisen am Gang der beobachteten Gitterkonstanten des Mischkristalls, daB die Grenze der Loslichkeit fur etwa 500°C bei 22,5 Mol- % LaCI, liegt. Durch Messung der Dichte von zwei homogenen Proben mit 11 und 20 Mol-% LaC1, (vgl. Tab. 6 ) konnte festgestellt werden, wie Abb. 2 zeigt, daB bei diesem heterotypen Einbau zusatzliche Chlorionen in kubische Lucken des Fluoritgitters von SrC1, eingebaut werden, da13 also ein Fehlbau vom Additionstyp (Zwischengitterplatz-Typ) vorliegt. Damit erscheint das Verhalten des Salzpaares SrC1,-LaCl, dem des Paares SrF,-LaF,

:) GYELINS Handbuch Anorg. Chem. 8. Aufl. 1932, Syst. Nr. 30, Barium. ') B. K. WAINSTEIN, Aoma:chr AIcaneMmi Ha) ii CCGP [Ber. Akad. Wiss. UdSSR]

5 , E. VORTISCH, Neues Jb. Mineralog., Geol. Palaontol., Beilage-Bd. 38, 185 (1915). 60, 1169 (1948).

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G. BRAUER u. 0. MULLER, Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids 223

Gesamtpraparat

0 5 7

11 20

_. ~ _ _ _

vollig analog. Fur die Fluoride wurde von ZINTL und UDGARD~) noch bei 33 Mol- % LaF, ein homogener Mischkristall beobachtet.

aus. Bei niederern Gehalt an ThCl, hat die Dichte 460-

4 der MischkristalIe den Be- F trag, der fur den Addi- j w -

muB, sie nahert sich von 3 3.20- 6 bis 10 % ThC1, etwas den

niedrigeren Leerstellentyp Werten und springt fur den 1 tionstyp erwartet werden P

System SrC1,-ThCl,

Thoriumchlorid vermag ebenfalls von festem Strontiumchlorid auf- geIost zu werden. Dabei beobachteten wir fur 550°C eine Loslichkeits- grenze bei 18 Mol- % ThC1,. Diese Grenze dokumentiert sich, wie Tab. 7 und Abb. 1 zeigen, durch die normale Unstetigkeit im Gang der Gitterkonstanten des C1- r-- I

Tebelle 5 G i t t e r k o n s t a n t e n d e r Misch-

k r i s t a l l e SrCl,-LaCl,

Ad

EXP

m J ( i I I I Sub I

Gitters bei steigendem Gehnlt der Praparate an ThCl, sowie durch das Auftreten von Rontgeninterferenzen des eigenen Gitters von ThC1, bei hoheren Gehalten. Es tritt jedoch in diesem System noch eine andere, auI3ergewohn- liche Unstetigkeit im Gang der Gitter- konstanten bei 10,5 Mo1-x ThC1, auf (vgl. Abb. l), deren Deutung uns bisher nicht gelungen ist. Tab, 6 und Abb. 3

Gitterkonstante [kX 1 6,957 6,966 6,966 6,971 6,984 6,988 6,987 6,987

G. BRAUER u. 0. MULLER, Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids 223

vollig analog. Fur die Fluoride wurde von ZINTL und UDGARD~) noch bei 33 Mol- % LaF, ein homogener Mischkristall beobachtet.

System SrC1,-ThCl,

Thoriumchlorid vermag ebenfalls von festem Strontiumchlorid auf- geIost zu werden. Dabei beobachteten wir fur 550°C eine Loslichkeits- grenze bei 18 Mol- % ThC1,. Diese Grenze dokumentiert sich, wie Tab. 7 und Abb. 1 zeigen, durch die normale Unstetigkeit im Gang der Gitterkonstanten des C1- Gitters bei steigendem Gehnlt der Praparate an ThCl, sowie durch das Auftreten von Rontgeninterferenzen des eigenen Gitters von ThC1, bei hoheren Gehalten. Es tritt jedoch in diesem System noch eine andere, aul3ergewohn- liche Unstetigkeit im Gang der Gitter- konstanten bei 10,5 Mo1-x ThC1, auf (vgl. Abb. l), deren Deutung uns bisher nicht gelungen ist. Tab, 6 und Abb. 3 zeigen das Ergebnis der Dichtemessungen. Auch im Verlauf der Dichte rnit der Zusammensetzung der Mischluistalle pragt sich die Anomalie bei 10,5 % ThC1, deutlich aus. Bei niederern Gehalt an ThCl, hat die Dichte der MischkristalIe den Be- trag, der fur den Addi-

Tebelle 5 G i t t e r k o n s t a n t e n d e r Misch-

k r i s t a l l e SrCl,-LaCl,

tionstyp erwartet werden muB, sie nahert sich von 6 bis 10 % ThC1, etwas den niedrigeren Werten fur den Leerstellentyp und springt bei l0,5% ThCI, wieder auf annahernd die hohen Werte fur den Additions- tYP.

6, E. ZINTL u. A. UDGARD, Z. anorg. allg. Chem. 240, 150 (1939).

J I" IJ LV - Mol- % La CI, Abb. 2. Dichte der hIischkristalle von SrCl, mit 0-20 Mol-% LaCl,. Die Kurve ,,Exp" gibt die Mes- sungen im Pyknometer wieder. Die Kurven ,,Ad" und Sub" entsprechen den Werten der Dichte, die sich fur idealen Additionstyp und idealen Subtraktions- typ des Mischkristalls aus den experimentell be-

stimmten Gitterkonstanten errechnen

Page 7: Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids

224 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 295. 1958

Systeme SrCl,-KCl und SrCl,-TlCl Das Verhalten von Strontiumchlorid gegeniiber Kaliumchlorid und

gegeniiber Thalliumchlorid lie13 sich nach Untersuchung je einer Mi- schungsprobe 11,4 Mol-% KC1 und 14,3 Mol-% TIC1 beurteilen. Die Rontgendiagramme der Proben zeigten die Interferenzen der beiden

Tabelle 6 I I G i t t e r k o n s t a n t e n der Misch-

380 I 1 k r i s t a l l e SrC1,-ThCl, dd

0 2 4 6 8 70 72 W 16 - Mol-% Jh Cl4

Abb. 3. Dichte der Mischkristalle von SrCI, mit 0-16 M01-y~ ThCl,. Die Kurve ,,Exp" gibt die Messungen im Pyknometer wiecer. Die Kurven ,,Ad" und ,,Sub" entsprechen den Werten der Dichte, die sich fur idealen Additionstyp und idealen Subtraktionstyp des Mischkristalls aus den experimentell bestimmten Gitterkonstanten er-

rechnen

Mol-% ThC1,im G esamtpraparat

0 4 8

10 10 11 1 2 12 14 16 16 18 18 20 24

~-~ ____ Gitterkonstante

[kX 1

6,957 6,973 6,985 6,990 6,991 6,983 6,983 6,985 6,991 6,994 6,994 7,004 7,004 7,005 7,003

~ _ _ _ .

Komponenten nebeneinander, und die Gro13e der Gitterkonstante der SrC1,-Phase hatte genau den gleichen Wert 6,957 kX wie im reinen Strontiumchlorid. Es mu13 geschlossen werden, dal3 in diesen beiden Mystemen zumindest auf der Seite von Strontiumchlorid keine nennens- werte Mischbarkeit besteht.

Damit steht in Analogie ein Befund von GRADINGER und BRAuER7) bei entsprechenden Fluoriden : Innerhalb der Systeine CaF,-NaF, SrF,-KF und BaF,-RbF lafit sich durch Rontgenanalyse ebenfalls kcine wesentliche gegenseitige Loslichkeit feststellen.

Allgemeine Betrachtungen

Nach den mitgeteilten Ergebnissen ist das Fluoritgitter des Stron- tiumchlorids kristallchemisch stabil und zur Mischkristallbildung mit geeigneten anderen Chloriden befahigt. Hierbei passen sich erhebliche Mengen der heterotypen Partner dem Wirtsgitter SrCI, an.

__- ?) H. GRADINGER, Dissertation, Freiburg i. Br. 1952.

Page 8: Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids

G. BRAUER u. 0. MULLER, Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids 225

Tabelle 7 Vergleich der gefundenen W e r t e d e r D i c h t e von SrC1,-LaC1,- und SrC1,-ThCI,- Mischkris ta l len m i t den fur Addi t ions- oder S u b t r a k t i o n s f e h l o r d n u n g

herechneten W e r t e n

LaCI,

ThCl,

0 11 20

0 4 6 8

10 10,5 *) 10,5R) 12 14 16

Gitterkonst. [lrX]

6,957 6,971 6,984

6,957 6,973 6,979 6,985 6,991 6,992 6,980 6,984 6,991 6,994

Dichte gefunden

3,09 3,26 3,39

3,09 3,23 3,32 3,32 3,33 - -

3,46 3,50 3,57

Dichte berechnet Addit. Typ

- 3,28 3,41

- 3,25 3,33 3,40 3,48 3,50 3,52 3,57 3,65 3,72

Subtr. Tjp -

- 3,11 3,lO

- - -~

-

3,13 3,14 3,15 3,16 3,17 3,18 3,19 3,20 3,21

Die Mischkristalle sind vom Additionstyp, wie dies von entsprechenden Fluoriden schon lange bekannt ist. Es scheint auch fur SrC1, die empiri- sche Regel zu gelten, daB bei heterotgpen Mischphasen des Fluorit- gitters das Kationenteilgitter stets intakt bleibt, wahrend die Fehl- ordnung (Addition oder Subtraktion) ausschliel3lich das Anionenteil- gitter betrifftg). Moglicherweise hangt damit auch das Fehlen einer maBbaren Mischkristallhildung von SrC1, mit KC1 und TlCl zusammen, denn in solchen Mischkristallen miiBte entweder eine Additionsfehl- ordnung von Kationen vorliegen, die nach der genannten Regel un- wahrscheinlich ist, oder eine Subtraktionsfehlordnung der Anionen, die deren Teilgitter stark liickenhaft und im vorliegenden Fall offenbar instabil machen wurde.

Bei reinem Strontiumchlorid fanden CRoAyro und B R U N O ~ ~ ) eine doppelte Fehlordnung mit gekoppelter Subtraktion und Addition. Allerdings scheint diese Eigenfehlordnung von SrC1, nur bei hoheren Temperaturen erhebliche Betrage anzunehmen. An den Rontgendia- grammen unserer Praparate von reinem Strontiumchlorid und von SrCl,-CaCI,- oder SrC1,-BaC1,-Mischkristallen konnten wir keine An- zeichen fur eine solche doppelte Fehlordnung feststellen.

8 ) Extremwerte an der Sprungstelle. 9, E. ZINTL u. U. CROATTO, Z. anorg. allg. Chem. 242, 79 (1939). lo) U. CROATTO u. M. BRUNO, Gazz. chim. ital. 76, 246 (1941).

Page 9: Zur Kristallchemie des Strontiumchlorids

226 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chernie. Band 295. 1958

Wenn man das Fluoritgitter von SrC1, durch Zusammenfugen eines flachenzentrierten Sr2+-Teilgitters mit Ausgangspunkt 000 und zweier flachenzentrierter C1--Teilgitter mit Ausgangspunkten 1/4 I/,

und 3/4 beschreibt, so steht fur die Addition von C1--1onen in den heterotypen SrC1,-LaC13- oder SrC1,-ThC1,-Mischkristallen ein Teil- gitter mit Ausgangspunkt '/, liz zur Verfiigung. Diese Addition sowie die gleichzeitig gegebene Substitution von Sr2+ durch die Ionen La3+ oder Th4+ mit grol3erem Streuvermogen wirken sich in einer relativen Verstarkung der Inferenzen 200, 222, 420 usw. (allgemein h + k + 1 =

4 n 2) aus. Wahrend diese Reflexe bei reinem SrC1, infolge der Phasen- beziehung zwischen Kation und Anion zufallig nahezu ausgeloscht und praktisch nicht beobachtbar sind, sollten sie bei den heterotypen Misch- kristallen an Intensitat demgegenuber zunehmen. Wir konnten hei unseren Praparaten in der Tat die Reflexe 200, 222 und 420 bei hoheren Gehalten anLaCI,undThCl,sehr schwach, aber mit Sicherheit beobachten.

Es sei mit Dank vermerkt, daB une ?xi der Durchfhhrung der Experimente verschie- schiedene Apparate der Deutschen Forschungs-Gemeinschaft zur Verfiigung standen. Fur die tiberlassung von Chlorwasserstoff danken wir der Badischen Aniliii- und Soda- fabrik in Ludwigshafen.

Freiburgl Br., Chemisches Laboratorium der Universitlit, Anorganische Abteitung.

Bei der Redaktion eingegangcn am 18. November 1957.