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Zur Krystallographie des Quecksilberchlorids. Von HENRYK ARCTOWSKI. &fit einer Figur irn Text. Im Verlauf seiner Untersuchungen uber gesattigte Losungen hat ETARD beobachtet, dafs das Qaecksilberchlorid, welches aus sehr konz. wasseriger Losung, die clurch Erwsrmeri im geschlossenen Rohre dargestellt wurde , in einer bisher unbekannnten Form aus- krystallisierte.2 Bei Gelegenheit meiner Untersuchungen iiber Hydrolyse wiisse- riger Losungen des Quecksilberchlorids habe ich dieselbe Erschei- nung beobachten konnen und zwar unter verschiedenen Umstanden. Sus einer bei 200 gesattigten Losung krystallisiert beim langsamen Abkiihlen niemals das Sublimat in den wohlbekannten rhombischen Nadeln) wie man es beim Sublimieren oder aus wasseriger Losung bei gewohnlicher Temperatur erhalt. Es bilden sich dagegen sehr dunne 1-3 cm grofse Tafeln, die urn so schoner ausgebildet sind je hoher die Temperatur ist, bei welcher sie entstehen. Indessen bilden sie sich nicht nur bei sehr hoher Temperatur, sondern selbst noch bei 130O. In krystallographischer Hinsicht sind aber diese, aufserlich von der gewohnlichen Form des Quecksilberchlorides so verschiedenen Krystalle identisch mit den unter normalen Bedingungen erhaltenen, sie bilden ,,rhombische Tafeln, die nach p abgeplattet sind. Viele Krystalle haben die beistehende Form. Der Prismenwinkel betrSigt , 9<r*Tgj u m y’m ____ l Nach dem Manuskript des Verfassers deutsch von EDarnNn TEIIELE, a Cowpl. Tend. 114, 112. Diese Zeitscht.. 9, 178. Miinchcn.

Zur Krystallographie des Quecksilberchlorids

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Zur Krystallographie des Quecksilberchlorids. Von

HENRYK ARCTOWSKI. &fit einer Figur irn Text.

Im Verlauf seiner Untersuchungen uber gesattigte Losungen hat ETARD beobachtet, dafs das Qaecksilberchlorid, welches aus sehr konz. wasseriger Losung, die clurch Erwsrmeri im geschlossenen Rohre dargestellt wurde , in einer bisher unbekannnten Form aus- krystallisierte.2

Bei Gelegenheit meiner Untersuchungen iiber Hydrolyse wiisse- riger Losungen des Quecksilberchlorids habe ich dieselbe Erschei- nung beobachten konnen und zwar unter verschiedenen Umstanden. Sus einer bei 200 gesattigten Losung krystallisiert beim langsamen Abkiihlen niemals das Sublimat in den wohlbekannten rhombischen Nadeln) wie man es beim Sublimieren oder aus wasseriger Losung bei gewohnlicher Temperatur erhalt. Es bilden sich dagegen sehr dunne 1-3 cm grofse Tafeln, die urn so schoner ausgebildet sind je hoher die Temperatur ist, bei welcher sie entstehen. Indessen bilden sie sich nicht nur bei sehr hoher Temperatur, sondern selbst noch bei 130O.

In krystallographischer Hinsicht sind aber diese, aufserlich von der gewohnlichen Form des Quecksilberchlorides so verschiedenen Krystalle identisch mit den unter normalen Bedingungen erhaltenen, sie bilden ,,rhombische Tafeln, die nach p abgeplattet sind. Viele Krystalle haben die beistehende Form. Der Prismenwinkel betrSigt

,9<r*Tgj u

m y’m ____

l Nach dem Manuskript des Verfassers deutsch von EDarnNn TEIIELE,

a Cowpl. Tend. 114, 112. Diese Zeitscht.. 9, 178.

Miinchcn.

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108O (wahrer Winkel); man findet ofters die spitzen Winkel mm ( T 2 O ) nicht modifiziert als die stumpfen. Die positive Bisectrix ist parallel zu p . (G. CESARO)."

Der einzige Unterschied beruht also darauf, dafs die Krystalle in der gewohnlichen Form nach der Axe c ausgebildet sind, wahrend diese im vorliegenden Falle ganz zurucktritt und die Ausbildung parallel der Axe b vorherrscht. Man kann cliese Krystalle als die brachyprisrnatische Form bezeichnen im Gegensatz zur anderen, der makroprismatischen.

Die Verschiederiheit zwischeii beideii Fornien ist jedoch deutlich charakterisiert , ebenso wie die Darstellungsart der brachyprismati- schen Form durchaus speziell isl, deriri diese bildet sicli nur aus wasseriger Losung bei verhaltnismSilsig hoher 'L'empermtur, und zwar entsteht unter diesen Bedingungen ausschlielslich nur diese Form.

Es schien mir von Interesse, den Gruritl der Bildung dieser speziellen Form aufzusuchen. Indessen sind ineirie Versuche nicht erfolgreich , denri sie geberi in dieser Beziehung kein positives Re- sultat.

Zunachst muls bemerkt werden, dal's die Warme allein nicht die Ursache sein kann fiir die Ausbildung der Quecksilberchlorid- krystalle nach der Axe h unter ganzlicher Vernachlassigung der Ausbildung nach der Axe c , - denn ails Losungen in Ather und Schwefelkohlenstoff, die bei 200 " gesattigt wiirden, krystallisierten beim Abkuhlen auf ungefahr 160" lange Nadeln, die identisch sind mit denen, die man durch Sublimation bei einer Temperatur uber 200O oder aus wasseriger Losung bei gewohnlicher Tempesatur erhalt.

Ich beabsichtigte dann zu untersuchen, in welchem Make der Druck, welcher (infolge der Dampftension des Wassers) in den geschlossenen Rohren herrscht, die Krystallisation des Sublimats beeinflussen kann. Es wurde daher versucht die brachyprismatische Form bei niedrigerer Temperatur zu erhslten, i d e m der Druck be- trachtlich uber den, welcher bei 200 O in den geschlossenen Riihren herrscht, erhoht wurde.

Bei diesem Versuche wurde der Druckapparat von CAILLETET benutzt, der gewohnlich zur Verfliissigung der Gase dient. Der- selbe wurde durch eine biegsame Kupferrohre mit einem Cylinder aus Schmiedestahl verbunden, welcher , da er nnabhangig von der l'resse ist, in jeder gewunschten Lage befestigt werderi kann. An

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cliesem Cylinder war mittels einer herinetisch schliefsenden Schraube, die beim Versuch benutzte Rohre angeschlossen; sie war aus dickein Glas, von 11 min Durchmesser und 45 cm Linge. Nachdem die Rohre mit einer bei 60 gesattigten Sublimatlosung gefullt war, wurile sie an dem Cylinder befestigt, d a m wurde 61 gepumpt, his der notige Druck erhalten worden war.

Der Cylinder befand sich oberhalb, so dal's man die Rohre in ein Wasserbad, welches auf BOO erwarmt worden war und d a m der langsamen Erkaltung sich selbst iiberlassen wurde, eintauchen konnte.

Beim ersten Versuch befand sich die Losung beim Ablriihlen unter eiiiern Druck von 15 Atmosphiiren, beim zweiten unter 18 At- mospli8ren. In beiden E'iillen krystallisierte das Quecksilberchlorid in der gewiihnlichen Form. Also ist auch der Druck ohne Ein- flds auf die Form der entstehenden Krystalle.

Andererseits aber , da die Sublimatliisnngen hydrolytisch dis- soziiert sind , enthalten sie notwendigerweise eine gewisse Menge freier Salzsaure, und bei holier Temperatur ist die Proportion der €reien Saure, sehr wahrscheinlich, eine ganz bedeutende.

Es schien niir also interessant, zu untersuchen, ob freie Salx- siiure die Krystallisation nicht beeinfliissen konne.

Die Losung wurde also mit einigen Tropfen Salzsiiure versetzt und der Versuch, unter 18 Atmospharen Druck, wiederholt. Doch zeigten sich aucli jetzt keine aufsergewohnlichen Krystalle. Nur zeigten die entstehenden sehr langen und feinen Nadeln das Be- streben alle auf einer Fliche sich so anzuordnen, d a b die Axen y parallel gestellt wurden. Doch zeigt sich dieselbe Erscheinung auch unter gewolinlichem Druck, besonders in warmen Losungen , wenn dieselben stark sauer sind.

Es sei endlich noch bemerkt, dafs, nach ~ T A H D , die im ge- schlossenen Rohre erhitzten Sublimatlosungen freies Chlor ent- halten.' Deshalb schien es mir wichtig, zu untersuchen, in welcher Weise etwa vorhandenes Chlor auf die Krystallisation wirlreii wiirde. Doch erhielt ich aucli bei Hineinfiigung von Chlor keine aucserge- wohnliche Krystallisationserscheinung.

1. c. . . - Icli mnk jedoch bemerken, dafs eiiie gesiittigte Subliinat- losung, die ich auf 190" erhitate, vollkommeii farblos blieb.

a Bei Gegeiiwart von Chlor zcigt das Sublimat in der WZrme grorse Nei- gung ill baumformiger Anordiiung zu krystallisieren. Kleine Nadeln gruppieren sich parallel, von eiiiern Hauptstainm nusgehend, und die so erhaltene Form erinnert deutlioh an den Anblick eines Famblattes.

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Ich glaube daher, dafs fur die Entstehung der brachyprismati- schen Form des Quecksilbercblorids entweder die komplizierten Be- dingungen einer vielleicht weitgehenden Hydrolyse notwendig sind, oder auch, was weniger wahrscheinlich ist, dafs die grofsere Kon- zentration der Losungen diese Form bedingt.

Schlielslich mochte ich Herrn Prof. G. C E S ~ R O , welcher die Krystallo untersucht hat, ebenso wie Herrn Prof. DE HEEN fur die liebenswiirdige oberlassung seiner Apparate meinen Dank aus- sprechen.

hiittick, lnstitut de cliimie girhrale, 26. Mai 1895.

Bei der Redaktion eingegangen am 12. Juni 1895.