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Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

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Page 1: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Page 3: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

bedeutet im alltäglichen Verständnis die Abwesenheit von Krieg. Die

Friedens- und Konfliktforschung fasst den Begriff jedoch weiter. Sie

unterscheidet zwischen dem negativen Frieden als der Abwesenheit

direkter, personaler, durch ein Subjekt - Objekt - Verhältnis

gekennzeichneter Gewaltanwendung und dem positiven Frieden als der

Abwesenheit indirekter, struktureller, d. h. in politischen, ökonomischen

oder gesellschaftlichen Verhältnissen wurzelnder Gewalt. In

strukturellen Gewaltverhältnissen lassen sich zwar noch die Objekte, in

aller Regel aber nicht mehr die (Einzel-) Subjekte der Gewaltausübung

konkret benennen; Gewalt - als Macht der gesellschaftlichen

Verhältnisse - zeigt sich in Abhängigkeit, Unterdrückung, Ausbeutung.

bedeutet im alltäglichen Verständnis die Abwesenheit von Krieg. Die

Friedens- und Konfliktforschung fasst den Begriff jedoch weiter. Sie

unterscheidet zwischen dem negativen Frieden als der Abwesenheit

direkter, personaler, durch ein Subjekt - Objekt - Verhältnis

gekennzeichneter Gewaltanwendung und dem positiven Frieden als der

Abwesenheit indirekter, struktureller, d. h. in politischen, ökonomischen

oder gesellschaftlichen Verhältnissen wurzelnder Gewalt. In

strukturellen Gewaltverhältnissen lassen sich zwar noch die Objekte, in

aller Regel aber nicht mehr die (Einzel-) Subjekte der Gewaltausübung

konkret benennen; Gewalt - als Macht der gesellschaftlichen

Verhältnisse - zeigt sich in Abhängigkeit, Unterdrückung, Ausbeutung.

FriedenFrieden

Page 4: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Das Kennzeichen beider

Friedensbegriffe ist zunächst ihre

Orientierung auf einen politisch-

gesellschaftlichen (Ideal-) Zustand, der

- ähnlich wie der Begriff der

Gesundheit in der Medizin - durch das

Nichtvorhandensein wie auch immer

im einzelnen definierter Störfaktoren

beschrieben wird. Über diese

Störfaktoren - etwa Gewalt, Not,

Unfreiheit - lässt sich in Politik wie

Wissenschaft Konsens relativ einfach

herstellen.

Das Kennzeichen beider

Friedensbegriffe ist zunächst ihre

Orientierung auf einen politisch-

gesellschaftlichen (Ideal-) Zustand, der

- ähnlich wie der Begriff der

Gesundheit in der Medizin - durch das

Nichtvorhandensein wie auch immer

im einzelnen definierter Störfaktoren

beschrieben wird. Über diese

Störfaktoren - etwa Gewalt, Not,

Unfreiheit - lässt sich in Politik wie

Wissenschaft Konsens relativ einfach

herstellen.

Die positiv - inhaltliche Definition dessen, was

den (Ideal-) Zustand des Friedens ausmacht,

trifft hingegen auf erhebliche Schwierigkeiten.

Sie hängt ab von den moralisch-ethischen

Grundannahmen und Normen, von den

gesellschaftlichen und politischen

Wertvorstellungen des Einzelnen oder der

Gruppe, die sich mit dem Inhalt des

Friedensbegriffs jeweils auseinandersetzen.

Folglich gibt es im Prinzip so viele positiv-

inhaltlichen Umschreibungen von Frieden,

wie es Gesellschafts- und Politikmodelle,

Weltanschauungen, Glaubensbekenntnisse –

und natürlich auch Friedenstheorien – gibt.

Die positiv - inhaltliche Definition dessen, was

den (Ideal-) Zustand des Friedens ausmacht,

trifft hingegen auf erhebliche Schwierigkeiten.

Sie hängt ab von den moralisch-ethischen

Grundannahmen und Normen, von den

gesellschaftlichen und politischen

Wertvorstellungen des Einzelnen oder der

Gruppe, die sich mit dem Inhalt des

Friedensbegriffs jeweils auseinandersetzen.

Folglich gibt es im Prinzip so viele positiv-

inhaltlichen Umschreibungen von Frieden,

wie es Gesellschafts- und Politikmodelle,

Weltanschauungen, Glaubensbekenntnisse –

und natürlich auch Friedenstheorien – gibt.

Der Friedensbegriff - eine Dauerbaustelle -

Page 5: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

System von möglichst allgemeinen Aussagen über die Wirklichkeit, die systematisch geordnet und intersubjektiv

überprüfbar sind !

WISSENSCHAFT

Prognosen über zukünftige

Ereignisse zu erstellen

Konkrete Handlungsoptionen aus

einer Menge von Optionen

auszuwählen und

das diese Handlungsoptionen in die

Praxis umsetzende Handeln zu

legitimieren.

Ziel der Wissenschaft ist

es, auf Grund dieser Aussagen:

Page 6: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

GRUNDBEGRIFFE

sind strukturell mit Hypothesen identisch. Meist werden Hypothesen, die sich

empirisch "bewährt" haben, als Gesetze bezeichnet. Beispiel: In seinem

berühmten Hundeversuch stellte Pawlow zunächst die Hypothese auf, dass

sich in einer bestimmten Versuchsanordnung ein Reiz (Futtergabe) durch

einen anderen Reiz (Glockenton) ersetzen lässt. Nachdem sich diese Hypothese

über Jahrzehnte gut bewährt hat, gilt sie als Gesetz. In den

Sozialwissenschaften ist jedoch kein einziges echtes Gesetz bekannt, da

praktisch alle sozialwissenschaftlichen Gesetzesaussagen durch

Randbedingungen eingeschränkt werden und nur in unterschiedlichem

Maße gültige Wahrscheinlichkeitsaussagen formulieren.

GESETZE

Page 7: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Theorien sind ganze Systeme von relativ allgemeinen wissenschaftlichen

Sätzen (miteinander verbundene Gesetzesaussagen), die einen bestimmten

Ausschnitt der Realität widerspruchsfrei erklären sollen. Insbesondere unter

dem Gesichtspunkt der Allgemeinheit erscheint es fraglich, ob es in der

Sozialwissenschaft überhaupt (noch bzw. schon) echte Theorien gibt (Mangel

an echten Gesetzen, siehe oben). Momentan wird die Forschung klar von den

Theorien mittlerer Reichweite, die sich nur auf bestimmte soziale Phänomene

in bestimmten Gesellschaften beziehen, dominiert.

THEORIEN

GRUNDBEGRIFFE

Page 8: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Axiome sind Bestandteil einer jeden Theorie: grundlegende Annahmen, die

gewissermaßen das Fundament der Theorie bilden, als "evident" (unmittelbar

einsichtig) gelten und nicht mehr in Frage gestellt werden. Axiome werden in

sozialwissenschaftlichen Theorien praktisch nie explizit genannt. Ein Axiom

wäre beispielsweise die in handlungstheoretischen Ansätzen enthaltene

Annahme, dass alle Menschen bestimmte Interessen haben, die sie bewusst

oder unbewusst verfolgen.

AXIOME

GRUNDBEGRIFFE

Page 9: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Prämisse

gesellschaftliches, politisches und auch wissenschaftliches Handeln ist nicht unmittelbar als Reflex auf die reale Situation zu verstehen, auf die sich dieses Handeln bezieht. Vielmehr wird es gesteuert durch die Perzeption einer realen Situation und durch die Interpretation, d.h. durch das Bild, das wir uns von der Handlungssituation machen - unabhängig davon, ob die Handlungs-situation tatsächlich so beschaffen ist, wie wir sie sehen und interpretieren (Thomas-Theorem).

Page 10: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Kognitive Schemata Das Bild der politischen Realität wird nicht durch Informationen und

Erfahrungen geprägt, die unmittelbar aus politischen Ereignissen, Krisen und Konflikten stammen. Sie werden vielmehr vermittelt - gleichsam gefiltert - durch politische und gesellschaftliche Interessen, Erfahrungen und Traditionen, denen das realitätswahrnehmende Subjekt im Prozeß seiner politischen Sozialisation ausgesetzt war und ist.

In diesem Prozeß bilden sich Schablonen, Muster, Glaubenssätze, Verhaltensmaßstäbe, Urteile und Vor-Urteile - kognitive Schemata - die die Auswahl aktueller Informationen steuern und ihre Deutung und Bewertung bestimmen. Die Bedeutung dieser Schemata erhellt nicht zuletzt aus dem Umstand, daß der Mensch tagtäglich einer derart großen Menge an Informationen aus und über seine Umwelt ausgesetzt ist, daß sein Wahrnehmungs- und Informations- verarbeitungsvermögen binnen kurzem durch "information overload" blockiert würde, besäße er nicht die Möglichkeit, unter Rekurs auf kognitive Schemata die potentiell unendliche Informationsmenge zu begrenzen, aus ihr auszuwählen und das Ausgewählte nach bestimmten Bezugsmustern zu ordnen.

Page 11: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Verschiedenheit der Weltsichten

Ganz besondere Bedeutung haben solche Muster und Schemata in Lebensbereichen, die wie die internationalen Beziehungen der unmittelbaren, alltäglichen Erfahrung des Individuums entzogen sind. Die Vorstellungen des Menschen über die politischen Ziele und Verhaltensweisen anderer Staaten im Umgang mit gesellschaftlicher und politischer Realität erworbenen Wahrnehmungs- und Interpretationsmustern. Diese sind nicht für alle Menschen gleich, sondern je nach Qualität, Inhalt und Intensität der politischen Sozialisation des Individuums verschieden. Die Verschiedenheit der kognitiven Schemata und der von ihnen gesteuerten Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsprozesse bedingt auch eine Verschiedenheit der individuellen Weltsichten. Allerdings läßt sich diese durch Konsensbildung - durch die Verabredung mehrerer Individuen dazu, Phänomene einheitlich zu bewerten und zu interpretieren - teilweise überbrücken und in einer verabredeten gemeinsamen Weltsicht aufheben. In stärker abstrahierend-kategorisierender, logisch-formalisierter und insbesondere an das Kriterium der Nachprüfbarkeit von Aussagen gebundener Form liegt dieser Prozeß auch der wissenschaftlichen Erkenntnis, vor allem aber auch dem Prozeß wissenschaftlicher Theoriebildung zugrunde.

Page 12: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Theorieelemente und Theoriefunktionen Theorieelemente und Theoriefunktionen

1. Begriff => Konstrukt => Idealtyp => Typologie

1. Begriff => Konstrukt => Idealtyp => Typologie

2. Begriffsschema („conceptual framework“)

=> Vortheorie („pre-theory“) => Untersuchungsansatz

(„approach“)

2. Begriffsschema („conceptual framework“)

=> Vortheorie („pre-theory“) => Untersuchungsansatz

(„approach“)

3. Vermutung => Hypothese => Gesetz3. Vermutung =>

Hypothese => Gesetz

4. Axiom => Proposition/Theorem/Lehrsatz

4. Axiom => Proposition/Theorem/Lehrsatz

5. Modell => wissenschaftliches Weltbild => Paradigma oder

Großtheorie

5. Modell => wissenschaftliches Weltbild => Paradigma oder

Großtheorie

1. Darstellungsmittel (ontologische Theorie)

Feststellung dessen „was eigentlich ist“

1. Darstellungsmittel (ontologische Theorie)

Feststellung dessen „was eigentlich ist“

2. Erklärungsmittel (explanative Theorie)

Feststellung der Gründe: „Warum ist das eingetreten

was jetzt der Fall ist ?“

2. Erklärungsmittel (explanative Theorie)

Feststellung der Gründe: „Warum ist das eingetreten

was jetzt der Fall ist ?“

3. Rechtfertigungsmittel (validierende Theorie)

Feststellung der Angemessenheit der Erklärung:

„Warum gilt die Erklärung dessen, was jetzt der Fall ist ?“

3. Rechtfertigungsmittel (validierende Theorie)

Feststellung der Angemessenheit der Erklärung:

„Warum gilt die Erklärung dessen, was jetzt der Fall ist ?“

THEO RIE

Page 13: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Theoriefunktionen Theoriefunktionen

1. Darstellungsmittel (ontologische Theorie)

Feststellung dessen „was eigentlich ist“

1. Darstellungsmittel (ontologische Theorie)

Feststellung dessen „was eigentlich ist“

2. Erklärungsmittel (explanative Theorie)

Feststellung der Gründe: „Warum ist das eingetreten

was jetzt der Fall ist ?“

2. Erklärungsmittel (explanative Theorie)

Feststellung der Gründe: „Warum ist das eingetreten

was jetzt der Fall ist ?“

3. Rechtfertigungsmittel (validierende Theorie)

Feststellung der Angemessenheit der Erklärung:

„Warum gilt die Erklärung dessen, was jetzt der Fall ist ?“

3. Rechtfertigungsmittel (validierende Theorie)

Feststellung der Angemessenheit der Erklärung:

„Warum gilt die Erklärung dessen, was jetzt der Fall ist ?“

Page 14: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Großtheorien internationaler Beziehungen

Unsere Eingangsfrage nach den Gründen für die Disparatheit der inhaltlichen Füllungen des Friedensbegriffes wie auch der Grundbegriffe der Lehre von den Internationalen Beziehungen läßt sich vorläufig beantworten: Die Entwicklung der Friedenswissenschaft ebenso wie der Lehre von den Internationalen Beziehungen hat - in Reaktion auf außerwissenschaftliche, politisch-gesellschaftliche Krisenphänomene - eine Reihe unterschiedlicher Großtheorien internationaler Beziehungen gezeitigt, die die Phänomene der internationalen Politik mit je unterschiedlichem Erkenntnisinteresse und davon abhängiger Fragestellung auf der Grundlage je verschiedener anthropologischer, ethisch-normativer und methodischer Vorverständnisse zu erfassen suchen. Diese Großtheorien differieren im Blick auf ihre ontologischen, d.h. die Natur des Erkenntnisgegenstandes betreffenden Grundannahmen: sie formulieren unterschiedliche Prämissen und Annahmen

• über die Beschaffenheit, Qualität und Struktur des internationalen Milieus, d.h. des Handlungs(um)feldes internationaler Akteure;

• über Beschaffenheit, Qualität und Charakter der in diesem Handlungs(um)feld (überwiegend) handelnden Einheiten, d.h. der internationalen Akteure selbst;

• über die von diesen verfolgten Interessen und Ziele sowie über die Mittel, die zur Verwirklichung dieser Interessen und Ziele gemeinhin eingesetzt werden.

Page 15: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Theorienkonkurrenz, nicht Theorienwechsel

Jede Großtheorie zeichnet ein für sie charakteristisches Weltbild internationaler Beziehungen; Großtheorien und wissenschaftliche Weltbilder konkurrieren miteinander, ohne daß letztlich entschieden werden kann, welche dieser Großtheorien und Weltbilder die (einzig) richtige Deutung der internationalen Wirklichkeit darstellt.

Denn dazu würde die Wissenschaft einen archimedischen Punkt über und außerhalb der Konkurrenz ihrer Großtheorien - oder gleichsam eine Meta-Großtheorie - benötigen, die es erlaubte, Kriterien für die Wahrheit oder Falschheit jener Prämissen zu etablieren, auf die die einzelnen Großtheorien ihre Aussagen zurückführen. Ein solcher archimedischer Punkt ist gegenwärtig nicht in Sicht!

Page 16: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Großtheorie Akteur Milieu Strukturprinzip

Realismus

Nationalstaat

Staatenwelt als anarchischer (Natur-)

Zustand

vertikale Segmentierung,

unlimitiertes Nullsummenspiel um

Macht, Einfluss, Ressourcen

Englische Schule

Staatenwelt als rechtlich verfasste

internationale Staatengesellschaft

vertikale Segmentierung, durch Norm und

Übereinkunft geregeltes

Nullsummenspiel

Idealismus Individuum Weltgesellschaft als internationale

Gesellschaft der Individuen

universalistische Verfassung

GROßTHEORIEN INTERNATIONALER BEZIEHUNGEN

Page 17: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

GROßTHEORIEN INTERNATIONALER BEZIEHUNGEN

Großtheorie Akteur Milieu Strukturprinzip

Interdependenz-orientierter Globalismus

individuelle oder gesellschaftliche Akteure

transnationale Gesellschaft

funktionale, grenzübergreifende

Vernetzung

Imperialismustheorien individuelle oder gesellschaftliche Akteure,

die Klasseninteressen vertreten

internationale Klassengesellschaft

gesellschaftlich: horizontale

grenzübergreifende Schichtung;

(macht-)politisch: vertikale Segmentierung

der imperialistischen Konkurrenten

Dependenzorientierter Globalismus

(Dependenztheorien und Theorien des

kapitalistischen Weltsystems)

gesellschaftliche und nationalstaatliche

Akteure, die Klasseninteressen

vertreten

kapitalistisches Weltsystem als

Schichtungssystem von Metropolen und

Peripherien

horizontale Schichtung nationaler Akteure im

Weltsystem; strukturelle Abhängigkeit der

Peripherien von den Metropolen; strukturelle

Heterogenität der Peripherien

Page 18: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Realismus Pluralismus Strukturalismus

Hauptakteure Staaten Staaten und nichtstaatliche

gesellschaftliche Akteure

gesellschaftliche und nationalstaatliche

Akteure, die Klasseninteressen

vertreten

Kernfragen und Hauptprobleme

Internationale Anarchie; Sicherheitsdilemma;

Machtstreben

Transnationalismus und Interdependenz, aber keine klaren Problem-hierarchien zwischen

Sachgebieten

Ausbeutung, Imperialismus,

(Entwicklung der) Unterentwicklung in

Zentrums-Peripherie-Relationen

Hauptprozesse Streben nach militärischer und/ oder ökonomischer

Sicherheit; Balance of Power

Bargaining; Management von

Problemkomplexen; Veränderung der Wertehierarchien

Streben nach ökonomischer

Dominanz

Hauptergebnisse Krieg oder (negativer) Frieden

Erfolgreiches Management komplexer

Interdependenz

Spaltung der Weltgesellschaft

zwischen Zentrum und Peripherie;

kontinuierliche Ausbeutung der (armen)

Peripherie durch das (reiche) Zentrum

Perspektivische Konsequenzen unterschiedlicher IB-Theorien Perspektivische Konsequenzen unterschiedlicher IB-Theorien

Page 19: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

IDEALISMUS REALISMUS

MENSCHENBILD

Der Mensch ist von Natur aus vernunftbegabt; er orientiert sein Handeln an vernunftbegründeten und deshalb für ihn einsehbaren Normen oder Idealen, die sein Handeln auf den Fortschritt zum Besseren verpflichten

Der Mensch ist eingebunden in die Widersprüche von Norm und Realität, von schöpferischen und zerstörerischen Verwirklichungs-Möglichkeiten der Freiheit. Aus diesen Widersprüchen resultiert Angst, aus der Angst der Versuch, durch Machterwerb Sicherheit zu gewinnen

ERKENNTNIS-INTERESSE

Bewahrung des Weltfriedens durch Überwindung der Staatenkonkurrenz zugunsten einer internationalistisch-kosmopolitischen Weltgesellschaft oder eines Weltstaates

Bewahrung des Weltfriedens durch Einsicht in die Lehren der Vergangenheit und deren Nutzung zur Lösung der Probleme der Gegenwart

FRAGE-STELLUNG

Welche Normen sind zu entwickeln, um

politisches Handeln am Ziel der

Verwirklichung des Weltfriedens zu

orientieren ?

Oder:

Wie soll internationale Politik beschaffen

sein ?

Welche vergleichbaren, typischen

Bedingungen, Formen, Triebkräfte

bestimmen die Beziehungen

zwischen den Staaten ?

Oder:

Wie ist internationale Politik

tatsächlich beschaffen?

Grundpositionen Idealismus –

Realismus Debatte

Page 20: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

IDEALISMUS REALISMUS

GEGENSTAND

Weltgesellschaft als (im Entstehen begriffene)

Weltgemeinschaft der Individuen und

sozialen Gruppen

offenes, multipolares

Staatensystem ohne zentrale

Entscheidungs- oder

Sanktionsinstanz

HAUPTAKTEURE DER

INTERNATIONALEN POLITIK

Individuen und deren gesellschaftliche

Zusammenschlüsse (auch: grenz-

übergreifende nichtgouvernementale

Organisationen - INGOs)

Souveräne Nationalstaaten

HANDLUNGS-PRÄMISSE

Analogie zum Gesellschaftsvertrag und

zur Innenpolitik: die den anarchischen

Naturzustand im Staatsinnern

überwindenden Faktoren lassen sich als

ordnungsstiftende Elemente auf der

internationalen Ebene reproduzieren und

instrumentalisieren

Analogie zum

vorgesellschaftsvertraglichen

Naturzustand: mangels einer

den einzelstaatlichen

Souveränen übergeordneten

Zwangsgewalt befindet sich die

Staatenwelt im Zustand

internationaler Anarchie

Grundpositionen Idealismus –

Realismus Debatte

Page 21: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

IDEALISMUS REALISMUS

HANDLUNGSZIELE

Herstellung einer internationalen Friedensordnung

Sicherung der staatlichen Eigenentwicklung und

Durchsetzung des Nationalinteresses in einer dem

Grunde nach feindlichen Umwelt; Stabilisierung des internationalen

Staatensystems

TYPISCHE MITTEL ZUR

VERWIRKLICHUNG DER ZIELE

Aufklärung über gemeinsame Interessen Erziehung zu normgerechtem Handeln Demokratisierung autokratischer

Herrschaftsgebilde Förderung der kollektiven Sicherheit und

der internationalen Zusammenarbeit spinnwebnetzartige Vermaschung

internationaler Organisationen im

Weltmaßstab

Erwerb, Erhalt, Vermehrung,

Demonstration von Macht Sicherheits-, Bündnis- und

Gleichgewichtspolitik notfalls militärische Selbsthilfe

oder Gewaltanwendung

HANDLUNGSMILIEU universaler Weltstaat bzw. universales Weltgemeinwesen

Strukturprinzip: horizontale Schichtung

Zersplittertes Milieu der Staatenwelt

Strukturprinzip: vertikale Segmentierung

Grundpositionen Idealismus –

Realismus Debatte

Page 22: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Menschenbild Der Mensch ist von Natur aus vernunftbegabt; er orientiert sein

Handeln an vernunftbegründeten und deshalb für ihn

einsehbaren Normen oder Idealen, die sein Handeln auf den

Fortschritt zum Besseren verpflichten

Erkenntnisinteresse Bewahrung des Weltfriedens durch Überwindung der

Staatenkonkurrenz zugunsten einer internationalistisch-

kosmopolitischen Weltgesellschaft oder eines Weltstaates

Fragestellung Welche Normen sind zu entwickeln, um politisches Handeln am

Ziel der Verwirklichung des Weltfriedens zu orientieren ?

Oder:

Wie soll internationale Politik beschaffen sein ?

Gegenstand Weltgesellschaft als (im Entstehen begriffene) Weltgemeinschaft

der Individuen und sozialen Gruppen

Hauptakteure der internationalen Politik

Individuen und deren gesellschaftliche Zusammenschlüsse (auch:

grenzübergreifende nichtgouvernementale Organisationen -

INGOs)

Handlungsprämisse Analogie zum Gesellschaftsvertrag und zur Innenpolitik: die den

anarchischen Naturzustand im Staatsinnern überwindenden

Faktoren lassen sich als ordnungsstiftende Elemente auf der

internationalen Ebene reproduzieren und instrumentalisieren

Handlungsziele Herstellung einer internationalen Friedensordnung

Page 23: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Handlungsmilieu universaler Weltstaat bzw. universales Weltgemeinwesen.

Strukturprinzip: horizontale Schichtung

Charakteristikum der

internationalen

Politik

Nichtnullsummenspiel

Der auf Fortentwicklung der Produktivkräfte und sich stetig

ausbildender internationaler Arbeitsteilung beruhende

Zuwachs an verteilbaren Wirtschaftsgütern im

freihändlerisch verfassten internationalen System erlaubt

die Befriedigung steigender Akteursansprüche aus der

Zuwachsmasse des Weltsozialprodukts

Page 24: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Menschenbild Der Mensch ist eingebunden in die Widersprüche von Norm

und Realität, von schöpferischer und zerstörerischer

Verwirklichungsmöglichkeiten der Freiheit. Aus diesen

Widersprüchen resultiert Angst, aus der Angst der Versuch,

durch Machterwerb Sicherheit zu gewinnen

Erkenntnisinteresse Bewahrung des Weltfriedens durch Einsicht in die Lehren der

Vergangenheit und deren Nutzung zur Lösung der Probleme

der Gegenwart

Fragestellung Welche vergleichbaren, typischen Bedingungen, Formen,

Triebkräfte bestimmen die Beziehungen zwischen den

Staaten ?

Oder:

Wie ist internationale Politik tatsächlich beschaffen?

Gegenstand offenes, multipolares Staatensystem ohne zentrale

Entscheidungs- oder Sanktionsinstanz

Hauptakteure der

internationalen Politik

Souveräne Nationalstaaten

Handlungsprämissen Analogie zum vorgesellschaftsvertraglichen Naturzustand:

mangels einer den einzelstaatlichen Souveränen

übergeordneten Zwangsgewalt befindet sich die Staatenwelt im

Zustand internationaler Anarchie

Page 25: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Handlungsziele Sicherung der staatlichen Eigenentwicklung und Durchsetzung

des Nationalinteresses in einer dem Grunde nach feindlichen

Umwelt; Stabilisierung des inter-nationalen Staatensystems

typische Mittel zur

Verwirklichung der

Ziele

Erwerb, Erhalt, Vermehrung, Demonstration von Macht

Sicherheits-, Bündnis- und Gleichgewichtspolitik

notfalls militärische Selbsthilfe oder Gewaltanwendung

Handlungsmilieu zersplittertes Milieu der Staatenwelt. Strukturprinzip:

vertikale Segmentierung

Charakteristikum

der internationalen

Politik

Nullsummenspiel

Die Gesamtmenge der im internationalen Staatensystem

verteilbaren Güter (Macht, Ressourcen, Einfluss) bleibt in

aller Regel unverändert; in der Staatenkonkurrenz geht der

Güterzuwachs eines Akteurs immer zu Lasten anderer

Page 26: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

HOBBES

Idealtypisch-metaphorische Charakteristika der internationalen Politik

Historischer HintergrundHistorischer HintergrundIdeengeschichtliche QuelleIdeengeschichtliche Quelle

Radizierung von Herrschaft Genese der friedens- und sicherheitsstiftenden Funktion des (fürstlichen) Territorialstaats Trennung von Innen und Außen, dann auch von Innen- und Außenpolitik Entstehung des europäischen Staatensystems seit 1648 bzw. 1713

Radizierung von Herrschaft Genese der friedens- und sicherheitsstiftenden Funktion des (fürstlichen) Territorialstaats Trennung von Innen und Außen, dann auch von Innen- und Außenpolitik Entstehung des europäischen Staatensystems seit 1648 bzw. 1713

MACHIAVELLI

Entwicklung des Staatsräsongedankens als

legitimatorischer Bezugspunkt für die

Selbstbehauptung des modernen Territorialstaats

Entwicklung des Staatsräsongedankens als

legitimatorischer Bezugspunkt für die

Selbstbehauptung des modernen Territorialstaats

Überwindung des innergesellschaftlichen Naturzustands durch die

gesellschaftsvertragliche Begründung des Leviathan; Legitimation von

Herrschaft als Garant einer territorial abgegrenzten

sicherheitsgemeinschaftlichen Schutzzone: Basis des Souveränitäts-

Anspruchs; Freisetzung des Naturzustands-Konzepts zur

Charakterisierung der Beziehung zwischen solchen Schutzzonen

(d.h. souveränen Staaten)

Überwindung des innergesellschaftlichen Naturzustands durch die

gesellschaftsvertragliche Begründung des Leviathan; Legitimation von

Herrschaft als Garant einer territorial abgegrenzten

sicherheitsgemeinschaftlichen Schutzzone: Basis des Souveränitäts-

Anspruchs; Freisetzung des Naturzustands-Konzepts zur

Charakterisierung der Beziehung zwischen solchen Schutzzonen

(d.h. souveränen Staaten)

KENNLINIEN DES KLASSISCHEN REALISMUS

NATURRECHTSLEHRE (16. – 18. Jh.)

HISTORISCHE RECHTSSCHULE (19. Jh.)

Lehre von der Rechts-, dann (organologisch-mystisch überhöhten)

Verbandsperson des Staates (als eigenwilliger souveräner Akteur ) Lehre von der Rechts-, dann (organologisch-mystisch überhöhten)

Verbandsperson des Staates (als eigenwilliger souveräner Akteur )

Page 27: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Idealtypisch-metaphorische Charakteristika der internationalen PolitikIdealtypisch-metaphorische Charakteristika der internationalen Politik

SytemebeneSytemebene

anarchische Struktur

Sicherheitsdilemma: Erhöhung der eigenen

Sicherheit durch Stärkung militärischer

Fähigkeiten verringert die Sicherheit anderer;

Folge: spiralenförmiger Rüstungswettlauf

Gleichgewicht der Mächte durch

Abschreckung

Internationale Politik als

Nullsummenspiel staatlicher Akteure um

Macht, Ressourcen, Einfluss

anarchische Struktur

Sicherheitsdilemma: Erhöhung der eigenen

Sicherheit durch Stärkung militärischer

Fähigkeiten verringert die Sicherheit anderer;

Folge: spiralenförmiger Rüstungswettlauf

Gleichgewicht der Mächte durch

Abschreckung

Internationale Politik als

Nullsummenspiel staatlicher Akteure um

Macht, Ressourcen, Einfluss

AkteursebeneAkteursebene

exklusiver Handlungsanspruch der

Akteure im Bereich der „high politics“

Territorialität: Schutzfunktion der

harten Schale

zweckrationales,

nutzenmaximierendes /nutzen-

optimierendes Handeln

Prinzip der (notfalls militärischen) Selbsthilfe

bei der Durchsetzung von Interessen

exklusiver Handlungsanspruch der

Akteure im Bereich der „high politics“

Territorialität: Schutzfunktion der

harten Schale

zweckrationales,

nutzenmaximierendes /nutzen-

optimierendes Handeln

Prinzip der (notfalls militärischen) Selbsthilfe

bei der Durchsetzung von Interessen

Page 28: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Akteure Nationalstaaten

Prozesse Nullsummenspielartige Konkurrenz um Macht, Einfluss und Ressourcen

Strukturprinzip Sicherheitsdilemma

Milieu Staatenwelt als internationaler anarchischer Naturzustand

Friedenskonzept Sicherheit des Akteurs (als Voraussetzung seines Überlebens)

(Erklärungs-)Ansatzebene

(außengerichtetes) Aktions-/Interaktionsverhalten der Akteure („unit-level-explanation“)

Mittel Machtakkumulation, (gewaltsame) Selbsthilfe zur Durchsetzung von Eigeninteressen, Abschreckung, Gleichgewichtspolitik

Schlagwort Abschreckungsfrieden unter Anarchie

Friedensschaffende Leitprinzipien klassischer Großtheorien:Friedensschaffende Leitprinzipien klassischer Großtheorien:

REALISMUS

REALISMUS

Page 29: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Akteure Nationalstaaten

Prozesse Konflikt und Kooperation im Rahmen gemeinschaftlich anerkannter Verhaltensregeln

und (informeller wie formeller) Institutionen

Strukturprinzip Kontrolle des Machtstrebens und der Machtausübung der Akteure

in der internationalen

Anarchie

Milieu Staatenwelt als rechtlich verfasste internationale Staatengesellschaft

Friedenskonzept Garantie der Erwartungsverlässlichkeit des

Akteurshandelns in der internationalen (Rechts-) Ordnung

(„pacta sunt servanda“) (Erklärungs-)Ansatzebene

Vergesellschaftung/ Systembildung der Akteure; Phänomen der „governance without

government“

Mittel Ausbildung eines Konsenses der Akteure über gemeinschaftliche Interessen,

(Selbstbindende Verhaltens-) Regeln und Institutionen; insbes. Anerkennung/

Befolgung von Verhaltensregeln, die die Gewaltausübung in der Staatengesellschaft

einhegen, beschränken, reduzieren

Schlagwort (Rechts-)Ordnungsfrieden unter regulierter Anarchie

RATIONALISMUS

RATIONALISMUS

Page 30: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

Akteure individuelle, gesellschaftliche, nationalstaatliche Akteure

Prozesse internationale Arbeitsteilung und funktionale Vernetzung als Ergebnis wie als Voraussetzung wissenschaftlicher, technischer, ökonomischer und politischer

Modernisierung

Strukturprinzip Kooperation und Interdependenz

Milieu Staaten- und Gesellschaftswelt als Friedensgemeinschaft liberaler Demokratien

Friedenskonzept Fortschreitende Verwirklichung von Freiheit, Gerechtigkeit, Wohlfahrt als menschliche Existenzbedingungen plus Intensivierung der internationalen

Kooperation plus Förderung der Modernisierung als Bedingung moralischer Perfektibilität wie zunehmender Wohlfahrt der Menschheit

(Erklärungs-)Ansatzebene

Politische/ sozioökonomische Binnenstruktur der Akteure („inside-out-explanation“)

Mittel Freihandel, Förderung der internationalen Organisation und kollektiven Sicherheit, Demokratisierung der Akteure im Lichte von Rechtsstaatlichkeit und

Menschenrechtsverwirklichung, Aufklärung über gemeinsame (Menschheits-) Interessen und Erziehung zu kompromißhafter, interessenausgleichender

Konfliktbearbeitung

Schlagwort Demokratischer Frieden unter Kooperation

LIBERALER INTERNATIONA

-LISMUS

LIBERALER INTERNATIONA

-LISMUS

Page 31: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

LIBERALER INTERNATIONALISMUS : FRIEDENSSTRATEGIEN

Prämissen:

Perfektibilität der menschlichen Gattung

Kooperation als Modus internationalen Verhaltens

Modernisierung (Fortschritt der Produktivkräfte, internationale

Arbeitsteilung, Nutzung komparativer Vorteile) als Motor der

Entwicklung der internationalen Beziehungen

Hoffnung auf Kooperationsgewinne und/oder Furcht vor

Verlusten aus Interdependenzgeflechtsbeeinträchtigungen

„WAR DOES NOT PAY“

LIBERALER

LIBERALER

I

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Page 32: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

ELEMENTEELEMENTE

Leitprinzip:

Rechtliche Kodifizierung, Verregelung, Institutionalisierung internationalen Verhaltens

Rechtliche Einhegung des Krieges (durch Beschränkung des ius ad bellum und Kodifizierung des ius in bello)

Entwicklung des Völkerrechts, Unterstützung internationaler Organisationen, Präventive Diplomatie, Multilaterales Peacekeeping

Konflikt- und Krisenmanagement

Vertrauensbildende Maßnahmen

Entwicklung defensiver Verteidigungskonzepte

Abrüstung

Verregelung des Konfliktaustrags durch/ in internationale(n) Regime(n)

Leitprinzip:

Gleichgewicht/ Ausgleich/ Kompensation politischer, gesellschaftlicher Sicherheits-Interessen (Paketlösungen)

Diplomatische Verhandlungen, Gute Dienste, Intervention in und Mediation von Konflikten (Untersuchungsverfahren, Vergleichs-/Schlichtungsverfahren)

Förderung des friedlichen Wandels

Förderung der Entspannung

Kooperative Rüstungssteuerung

Etablierung von Systemen Gemeinsamer Sicherheit

Suspendierung/ Neutralisierung/ Aufhebung von Konflikten durch Föderation/ Integration/ Supranationale Akteursbildung

Transformation von Konflikten durch Weltordnung, Weltregierung, Weltstaat

Leitprinzip:

Etablierung einer universalen Weltordnung

Internationales/ transnationales Geflecht von IGOs und INGOs

Weltorganisation als Produzent von (kollektiver) Sicherheit

Unterstützung des Prozesses internationaler Verdichtung und Verflechtung durch Freihandel, Arbeitsteilung, Wahrnehmung komparativer Standortvorteile

Ausbildung positiver (nichtnullsummenspielartiger) Interdependenzen

Förderung von Regimebildung, Föderation, Integration

Universale (Welt-)Regierung

BEARBEITUNG VON KONFLIKTEN

LÖSUNG VON KONFLIKTEN

INTERNATIONALE KOOPERATION

Page 33: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

VORAUSSETZUNGEN

Aufklärung über vernunftbegründete Harmonie gemeinsamer (Menschheits-) Interessen

Neutralisierung von Vorurteilen durch Förderung internationaler (Bildungs-) Kontakte

Transfer individueller/einzelgesellschaftlicher Loyalitäten auf die Ebene der internationalen Gesellschaft

Verwirklichung von Menschenrechten, (gesellschaftlichen/politischen) Grundfreiheiten,

Rechtsstaat, Demokratie

Unterstützung durch öffentliche (Welt-) Meinung

Page 34: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

STRUKTURELLER UND DEMOKRATISCHER FRIEDE

STRUKTURELLER FRIEDE DEMOKRATISCHER FRIEDE

SYSTEM

AKTEUR

INDIVIDUUM

Zivilisierung des Konfliktaustragsinstitutionalisiertes Netzwerk kooperativer, berechenbarer, transparenter, wechselseitig

erwartungsverlässlicher Akteursbeziehungen als Voraussetzung anhaltender friedlicher

Koexistenz und konstruktiver Konfliktbearbeitung

Durch Interdependenz hochverdichtete Kooperation in internationalen Organisationen

als Voraussetzung einer Pluralistischen Sicherheits- bzw. Friedensgemeinschaft

gekennzeichnet durch Vertrauen, Symmetrie, Gerechtigkeit als Voraussetzungen integrativer Regulierung von Konflikten zwischen liberalen

Demokratien

Entprivatisierung der Gewaltanwendung: Gewaltmonopol Kontrolle des Gewaltmonopols: Rechtsstaatlichkeit Herausbildung großflächig angelegter Verflechtungen: Interdependenz und Affektkontrolle

Demokratisierung Gewaltenteilung Rechtsstaatlichkeit Pluralismus Demokratische politische Kultur

Demokratische Partizipation soziale Gerechtigkeit Empathie, kompromissorientierte Konfliktfähigkeit, Verinnerlichung von Spielregeln: konstruktive politische Konfliktkultur bzw. Konfliktbearbeitung

Integration Gemeinschaftssinn Lösung sozialer Probleme durch Prozeduren friedlichen Wandels Gewaltfreiheit: Konfliktbearbeitung mit Hilfe institutionalisierter Prozeduren im Geist gegenseitiger Kompromissbereitschaft

Page 35: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

DER LIBERALE FRIEDEN - DIE DEMOKRATIEHYPOTHESE - DER LIBERALE FRIEDEN - DIE DEMOKRATIEHYPOTHESE -

1. INSTITUTIONEN1. INSTITUTIONEN

Demokratische Entscheidungsverfahren und die ihnen eigene Behäbigkeit durch checks

and balances sollen verantwortlich sein für eine Unfähigkeit demokratischer Staaten zur

überraschenden aggressiv-militärischen Vorgehensweise. Diese Erklärung bleibt

statisch. Bei Vorliegen demokratischer Institutionen müsste dies zwangsläufig ein

bestimmtes Verhalten nach sich ziehen. Lernprozesse sind ausgeschlossen. Da nun aber

gegenüber nicht-demokratischen Staaten solche vorgeblichen Defizite der

Entscheidungsstruktur keineswegs die ihnen unterstellte kriegsverhindernde Wirkung

entfalten, lässt sich eher vermuten, dass diese Erklärung nicht eigenständig

aufrechterhalten werden kann, sondern bestenfalls auf einen der unteren Typen

verweist.

Demokratische Entscheidungsverfahren und die ihnen eigene Behäbigkeit durch checks

and balances sollen verantwortlich sein für eine Unfähigkeit demokratischer Staaten zur

überraschenden aggressiv-militärischen Vorgehensweise. Diese Erklärung bleibt

statisch. Bei Vorliegen demokratischer Institutionen müsste dies zwangsläufig ein

bestimmtes Verhalten nach sich ziehen. Lernprozesse sind ausgeschlossen. Da nun aber

gegenüber nicht-demokratischen Staaten solche vorgeblichen Defizite der

Entscheidungsstruktur keineswegs die ihnen unterstellte kriegsverhindernde Wirkung

entfalten, lässt sich eher vermuten, dass diese Erklärung nicht eigenständig

aufrechterhalten werden kann, sondern bestenfalls auf einen der unteren Typen

verweist.

Page 36: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

2. ABSCHRECKUNG2. ABSCHRECKUNG

Dieser Interpretation der realistischen Schule nach sind die politischen Akteure in

Demokratien zurückhaltend gegenüber dem Gebrauch von Gewalt, da ein erfolgloser Krieg

ihre Wiederwahl gefährdet; wenn sie aber Krieg führen, dann mit einer bedingungslosen

Entschlossenheit, was sich auf ihre Erfolgsbilanz auswirkt, sie fürderhin als militärisch

schlagkräftig ausweist und potentielle Angreifer abschreckt. Militärische Entschlossenheit

allerdings ist auch undemokratischen Kriegsteilnehmern eigen. Etliche koloniale

Befreiungskriege sind von Demokratien letztlich verloren worden, so dass nicht davon

ausgegangen werden kann, dass diese Erklärung das Spezifische am demokratischen Frieden

erfasst.

Dieser Interpretation der realistischen Schule nach sind die politischen Akteure in

Demokratien zurückhaltend gegenüber dem Gebrauch von Gewalt, da ein erfolgloser Krieg

ihre Wiederwahl gefährdet; wenn sie aber Krieg führen, dann mit einer bedingungslosen

Entschlossenheit, was sich auf ihre Erfolgsbilanz auswirkt, sie fürderhin als militärisch

schlagkräftig ausweist und potentielle Angreifer abschreckt. Militärische Entschlossenheit

allerdings ist auch undemokratischen Kriegsteilnehmern eigen. Etliche koloniale

Befreiungskriege sind von Demokratien letztlich verloren worden, so dass nicht davon

ausgegangen werden kann, dass diese Erklärung das Spezifische am demokratischen Frieden

erfasst.

3. POLITISCHE KULTUR 3. POLITISCHE KULTUR

Demokratien verbindet ein gemeinsamer Wertekanon, der den gewaltsamen Austrag von

internationalen Konflikten verhindert. Gegenüber undemokratischen Staaten kommt dieser

jedoch nicht zum Tragen, da gefürchtet wird, dass Kompromissbereitschaft als Schwäche

aufgefasst wird.

Demokratien verbindet ein gemeinsamer Wertekanon, der den gewaltsamen Austrag von

internationalen Konflikten verhindert. Gegenüber undemokratischen Staaten kommt dieser

jedoch nicht zum Tragen, da gefürchtet wird, dass Kompromissbereitschaft als Schwäche

aufgefasst wird.

Page 37: Zur Leistungsfähigkeit alter und neuer Friedenstheorien

4. INTERESSENIDENTITÄT 4. INTERESSENIDENTITÄT

Diese Erklärung behauptet in ihrer starken Variante, dass zwischen demokratischen Staaten

überhaupt keine grundsätzlich verschiedenen Interessen existieren, die die Basis für einen

schwerwiegenden Konflikt bilden könnten. In ihrer schwachen Variante nimmt sie an, dass

gemeinsame Interessen die bestehenden Divergenzen bei weitem überwiegen, so dass bei

einem untereinander geführten Krieg, unabhängig vom militärischen Ausgang, die Kosten

immer den Nutzen überwiegen.

Diese Erklärung behauptet in ihrer starken Variante, dass zwischen demokratischen Staaten

überhaupt keine grundsätzlich verschiedenen Interessen existieren, die die Basis für einen

schwerwiegenden Konflikt bilden könnten. In ihrer schwachen Variante nimmt sie an, dass

gemeinsame Interessen die bestehenden Divergenzen bei weitem überwiegen, so dass bei

einem untereinander geführten Krieg, unabhängig vom militärischen Ausgang, die Kosten

immer den Nutzen überwiegen.