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Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber Ausländern in Deutschland Richard Alba, Michelle Johnson 1. Einleitung So wie sich die Erscheinungsformen fremdenfeindlicher Einstellungen im Lauf der Zeit wandeln, müssen sich auch die Instrumente ihrer Erfassung ändern. Dies wird in der US-amerikanischen Umfrageforschung zum Thema „Einstellungen gegenüber ethnischen Minderheiten“ deutlich, in der die wiederholte Verwen- dung gleichlautender Items ein Verfahren gewesen ist, um langfristige Einstel- lungsänderungen zu untersuchen. Beispielhaft für diese Forschungsrichtung sei die Arbeit von Schuman, Steeh und Bobo (1985) erwähnt, die bei einigen Fra- gen das Antwortverhalten über einen Zeitraum von vier Jahrzehnten hinweg ver- folgen können, um Stabilität und Wandel in den Einstellungen weißer Ameri- kaner gegenüber ihren schwarzen Mitbürgern zu identifizieren. Diese Dynamik spiegelt sich in den unterschiedlichen Entwicklungen der verschiedenen Typen von Fragen wider, die in Umfragen im allgemeinen zur Messung von Vorurteilen herangezogen werden. Einer der in den USA histo- risch gesehen am häufigsten verwendeten Fragetypen bildet die Meinung des Befragten zu grundsätzlichen Prinzipien der Beziehungsgestaltung zwischen Weißen und ethnischen Minderheiten ab, seine Bereitschaft, verschiedene For- men der Diskriminierung oder Segregation von Afroamerikanern zuzulassen. Ein Beispiel ist die Frage: "Sollten Ihrer Meinung nach weiße und schwarze Schüler dieselbe oder getrennte Schulen besuchen?" (Schuman et al. 1985: 78). Ein zweiter Typus mißt zwar auch Prinzipien, jedoch beziehen sie sich hier auf die Angemessenheit staatlicher Maßnahmen zur Reduktion der Ungleichheit zwischen den Rassen und bestehender Ungerechtigkeiten. Hier wird z.B. danach gefragt, ob man Maßnahmen der bevorzugten Berücksichtigung von Angehöri- gen ethnischer Minderheiten, sog. "affirmative action policies" befürwortet. Bei

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Page 1: Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber ... · Fremdenfeindlichkeit eine generalisierte und in sich konsistente Einstellungs- ... nungsbild zwischen Ost und West sehr

Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber Ausländern in Deutschland

Richard Alba, Michelle Johnson

1. Einleitung

So wie sich die Erscheinungsformen fremdenfeindlicher Einstellungen im Lauf der Zeit wandeln, müssen sich auch die Instrumente ihrer Erfassung ändern. Dies wird in der US-amerikanischen Umfrageforschung zum Thema „Einstellungen gegenüber ethnischen Minderheiten“ deutlich, in der die wiederholte Verwen-dung gleichlautender Items ein Verfahren gewesen ist, um langfristige Einstel-lungsänderungen zu untersuchen. Beispielhaft für diese Forschungsrichtung sei die Arbeit von Schuman, Steeh und Bobo (1985) erwähnt, die bei einigen Fra-gen das Antwortverhalten über einen Zeitraum von vier Jahrzehnten hinweg ver-folgen können, um Stabilität und Wandel in den Einstellungen weißer Ameri-kaner gegenüber ihren schwarzen Mitbürgern zu identifizieren.

Diese Dynamik spiegelt sich in den unterschiedlichen Entwicklungen der verschiedenen Typen von Fragen wider, die in Umfragen im allgemeinen zur Messung von Vorurteilen herangezogen werden. Einer der in den USA histo-risch gesehen am häufigsten verwendeten Fragetypen bildet die Meinung des Befragten zu grundsätzlichen Prinzipien der Beziehungsgestaltung zwischen Weißen und ethnischen Minderheiten ab, seine Bereitschaft, verschiedene For-men der Diskriminierung oder Segregation von Afroamerikanern zuzulassen. Ein Beispiel ist die Frage: "Sollten Ihrer Meinung nach weiße und schwarze Schüler dieselbe oder getrennte Schulen besuchen?" (Schuman et al. 1985: 78). Ein zweiter Typus mißt zwar auch Prinzipien, jedoch beziehen sie sich hier auf die Angemessenheit staatlicher Maßnahmen zur Reduktion der Ungleichheit zwischen den Rassen und bestehender Ungerechtigkeiten. Hier wird z.B. danach gefragt, ob man Maßnahmen der bevorzugten Berücksichtigung von Angehöri-gen ethnischer Minderheiten, sog. "affirmative action policies" befürwortet. Bei

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beiden genannten Fragetypen werden dem Befragten abstrakte Situationen vor-gegeben, die mehr oder weniger weit aus seinen Alltagserfahrungen herausgelöst sind. Solche abstrakten Fragen haben den Vorteil, daß man sie jedem stellen kann (so kann beispielsweise die oben genannte Frage nach getrennten oder ge-meinsamen Schulen für Weiße und Schwarze nicht nur bei Eltern schulpflichti-ger Kinder verwendet werden, wie dies z.B. bei einer Frage nach der Bereit-schaft, die eigenen Kinder mit Kindern anderer Rassenzugehörigkeit in dieselbe Schule zu schicken, der Fall wäre).

Die grundlegende Annahme hinter dieser abstrakten Meßmethode ist, daß Fremdenfeindlichkeit eine generalisierte und in sich konsistente Einstellungs-struktur gegenüber einer Minderheit ist, die durch jeden relevanten Stimulus hervorgerufen werden kann. Dies mag in der US-amerikanischen Vergangenheit durchaus zutreffend gewesen sein, einer Vergangenheit, wie sie z.B. in Gunnar Myrdals berühmter Arbeit "An American Dilemma" (1944) dokumentiert wird. Damals gab es, wie Sniderman und Piazza (1993:4) es ausdrücken, nur "one issue of race": die Feindseligkeit vorurteilsbehafteter Weißer gegenüber Schwarzen war stark genug, um in all ihren Reaktionen gegenüber Afroamerika-nern durchzuscheinen. Die Forschung der letzten zwanzig Jahre hat allerdings deutlich gemacht, daß Rassenvorurteile heute nicht mehr so einfach erfaßt wer-den können. Sie zeigt, daß zwar einerseits sog. "traditionelle" Vorurteilsformen, wie sie mit Fragen zu grundsätzlichen Prinzipien erfaßt werden, zurückgehen, daß aber andererseits bei Fragen zur Unterstützung staatlicher Reformmaßnah-men die Ansichten relativ stabil sind (Firebaugh und Davis 1988; Kluegel 1990; Schuman et al. 1985). Diese Ergebnisse gaben Anlaß zu der Frage, ob hier nicht neue, "modernere" Formen des Vorurteils entstanden sind, die weniger stark auf primitiven rassistischen Überzeugungen beruhen und eine eher "symbolische" Form annehmen (Brown 1995; Kinder and Sears 1981).

Zum Teil als Folge dieser Veränderungen gerät in letzter Zeit der Befragte wieder mehr in den Fokus der Strategie zur Vorurteilsmessung. In Anbetracht der zumindest in den US-amerikanischen Städten vorherrschenden starken ethni-schen Segregation wird die Abneigung des Befragten gegen die räumliche Nähe und den sozialen Kontakt mit Vertretern anderer ethnischer Gruppen wieder mehr in den Mittelpunkt des Interesses gerückt - ein Ansatz, der seit langem mit dem Begriff "soziale Distanz" (Bogardus 1968) verbunden wird. Ein zwingendes aktuelles Beispiel ist die Fragenbatterie, die von Farley et al. (1994) zur Untersuchung der Einstellungen zu segregiertem Wohnen verwendet wurde: Den Befragten werden Karten vorgelegt, auf denen Wohngegenden mit unterschied-lichen "Mischungsverhältnissen" der Rassen vorgegeben sind, und sie werden gefragt, ob sie sich selbst in den entsprechenden Gegenden wohlfühlen würden

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(Bobo und Zubrinsky 1996). Solche Fragen weisen in der Analyse eine be-trächtliche Varianz in den Antworten weißer Befragter auf und sie leisten einen wertvollen Beitrag zum Verständnis des hartnäckigen Fortbestehens rassisch getrennter Wohnviertel in den USA.

Auch ein anderer schon lange bekannter Itemtypus wurde wiederbelebt: Fra-gen, wie Minderheiten wahrgenommen werden. Dabei geht es häufig um Ste-reotype - zum Beispiel darum, wie die Befragten die Intelligenz von Afroameri-kanern einschätzen oder ihre Neigung, von Sozialhilfe zu leben - und Farley et al. (1994; vgl. auch Bobo und Zubrinsky 1996) fanden heraus, daß das Ant-wortverhalten bei diesen Fragen stark mit der Bereitschaft, in rassisch ge-mischten Wohnvierteln zu leben, zusammenhängt. Dies heißt selbstverständlich nicht, daß die direkten Fragen nach Stereotypen im Stile früherer Erhebungen heute noch sinnvoll wären. Direkt gefragt, ob Schwarze von Natur aus gegen-über Weißen minderwertig seien, stimmt heute nur ein kleiner und weiterhin schrumpfender Anteil der Weißen zu (Kluegel 1990). Eine andere Strategie zur Messung von Stereotypen - auch solcher, die nach landläufiger Meinung etwas mit angeborenen Unterschieden (z.B. Intelligenz) zu tun haben - hat sich jedoch als erfolgreicher erwiesen. Bei dieser Vorgehensweise, die zum ersten Mal 1990 im US-amerikanischen "General Social Survey" (GSS) gewählt wurde, werden die Befragten gebeten, verschiedene rassische und ethnische Gruppen (auch Weiße) jeweils bezüglich einiger bipolarer Merkmale (z.B. intelligent - un-intelligent) getrennt zu bewerten. In der anschließenden Analyse werden die Bewertungen für die Minderheitengruppen mit denen für die Weißen verglichen (Farley et al. 1994). So erhält man reliable Rangfolgen, die die vorherrschenden Stereotype widerspiegeln (Bobo und Zubrinsky 1996).

Fragen zur sozialen Distanz und zur Wahrnehmung von Minderheiten wer-den sich in einer Zeit, in der andere traditionelle Erscheinungsweisen von Vor-urteilen auf dem Rückzug sind, wahrscheinlich als zunehmend wichtig erweisen. Dieser Rückgang, verbunden mit der eventuellen Zunahme neuer "symbolischer" Erscheinungsformen des Vorurteils, hat den Wert von Fragen des anfangs be-schriebenen Typus, Fragen nach grundsätzlichen Prinzipien, stark eingeschränkt. Diese Fragen eignen sich am besten dazu, den harten Kern extrem vor-urteilsbehafteter Personen zu identifizieren, Personen mit eher moderaten und moderneren Formen von Vorurteilen entgehen ihnen jedoch eventuell. Der zweite Fragetypus, Fragen nach der Zustimmung zu staatlichen Antidiskriminie-rungsmaßnahmen, hat sich zumindest im amerikanischen Kontext als zu viel-deutig erwiesen, um als unumstrittene Messung moderner Formen von Vorur-teilen dienen zu können (Sniderman and Piazza 1993). Die genannten Veränderungen haben eine Änderung der Verfahren zur Messung von Rassen-

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vorurteilen notwendig gemacht, und die amerikanische Forschung hat dement-sprechend reagiert.

Im vorliegenden Artikel beschäftigen wir uns mit der Frage, ob eine ähnliche Veränderung auch für die Erfassung ausländerfeindlicher Tendenzen in der Bundesrepublik Deutschland angebracht ist. Insbesondere geht es uns um den Stellenwert von Fragen im ALLBUS 1996, die Vorurteile anhand von wahrge-nommenen Konsequenzen der Anwesenheit von Ausländern erfassen.1 Wie bei den neueren Fragen in den USA beinhalten auch viele der hier verwendeten Ein-zelfragen ein gewisses Maß an Ambiguität (Brown 1995; McConahay 1986): so mögen etwa gut informierte Bürger - in Deutschland wie in den USA - die die relevanten statistischen Daten kennen, die Frage, ob Angehörige von Minder-heiten mehr Verbrechen begehen, bejahen (für die USA vgl. Hacker 1995). Was hier jedoch gezeigt werden soll, ist, daß sich das Gesamtmuster der Antworten auf diese Fragen mindestens genauso gut zur Messung von Vorurteilen gegen-über Ausländern eignet, wie eine seit Anfang der achtziger Jahre verwendete, noch auf den mentalen Konstrukten der "Gastarbeiter"-Ära fußende Skala. Ein aus den neuen Items gebildeter Index korreliert nicht nur stark mit der alten Skala, sondern auch mit anderen Skalen zur Messung von Einstellungen gegen-über ethnischen Minderheiten (incl. Juden) und mit der grundlegenden ideologi-schen Positionierung auf dem Links-Rechts-Spektrum. Wir werden dies im fol-genden als Beleg für das Vorhandensein einer stabilen, fundamentalen Spaltung der deutschen Gesellschaft hinsichtlich der Einstellungen gegenüber Ausländern werten.

2. Einstellungen gegenüber Ausländern

In Tabelle 1 werden die neuen Items, wie sie im ALLBUS 96 erstmals verwen-det wurden, sowie die Items der alten Skala mit ihren genauen Formulierungen und den Antwortverteilungen vorgestellt. In beiden Fällen werden die Antworten mittels einer siebenstufiger Skala erfaßt, die in der Tabelle aus Gründen der Darstellbarkeit teilweise zusammengefaßt wird. Die angegebenen Verteilungen

1 Die Notwendigkeit einer Anpassung der Verfahren zur Messung von Vorurteilen an

den nationalen Kontext zeigte sich, als das ALLBUS-Team in anfänglichen Feld-experimenten den im amerikanischen General Social Survey verwendeten Frage-typus, bei dem ethnische Gruppen mittels bipolarer Eigenschaften charakterisiert werden, testete. Dieser Fragetypus erwies sich dabei als untauglich, da viele der deut-schen Befragten sich weigerten, solche Fragen, die in ihren Augen generalisierte Ein-schätzungen über ganze Gruppen erforderten, zu beantworten.

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basieren ebenso wie die weiteren Analysen nur auf Befragten, die von Geburt an die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, um Verzerrungen durch Befragte auszuschließen, die sich selbst noch als "Fremde" verstehen und folglich andere Einstellungen zu Ausländern haben dürften. Außerdem haben wir - wiederum aus Darstellungsgründen - in dieser Tabelle die alten und die neuen Bundeslän-der zusammengefaßt, obwohl in der folgenden Diskussion Unterschiede im Mei-nungsbild zwischen Ost und West sehr wohl berücksichtigt werden.2

Die meisten der neuen Items sind in Form von Aussagen über wahrgenom-mene negative Konsequenzen der Anwesenheit von Ausländern formuliert. Im allgemeinen sind die Meinungen der Befragten zu solchen Aussagen sowohl in den neuen wie auch in den alten Bundesländern recht breit gestreut. Offensicht-lich stimmen viele Deutsche negativen Behauptungen über Ausländer zu: Die größte Zustimmung gibt es mit 46% für die Aussage, daß die Anwesenheit von Ausländern zu Problemen auf dem Wohnungsmarkt führe. 42% sind der Mei-nung, daß die in Deutschland lebenden Ausländer das soziale Netz belasten, und 40% glauben, daß Ausländer überproportional häufig Straftaten begehen. 36% sind der Auffassung, Ausländer nähmen Deutschen Arbeitsplätze weg. Es ver-steht sich von selbst, daß die alleinige Zustimmung zu einem oder mehreren die-ser Items noch keinen hinreichenden Beweis für eine Voreingenommenheit ge-genüber Ausländern darstellt. Bei jedem Item gibt es Argumente, die für oder gegen die jeweilige Auffassung sprechen, z.B. daß Ausländer den Deutschen Arbeitsplätze wegnehmen. Tatsächlich ist die Faktenlage bezüglich dieser Be-hauptungen meistens nicht eindeutig, und zudem haben sich sicher nur wenige der Befragten intensiv mit ihr beschäftigt. Folglich wird das gesamte Antwort-muster eines Befragten über eine Reihe solcher Items hinweg seine Bereitschaft zeigen, negative oder positive Aussagen über Ausländer zu glauben, und damit als Indikator für fremdenfeindliche Tendenzen dienen können.

Die Unterschiede in den Einstellungen zwischen Ost und West sind ange-sichts der in den neuen Ländern - in Relation zum dortigen Ausländeranteil - großen Zahl fremdenfeindlicher Straftaten von besonderem Interesse. Die Mei-nungen zu Ausländern, vor allem im Hinblick auf ökonomische Aspekte, sind dementsprechend im Osten auch negativer als im Westen. So glauben mehr als die Hälfte (54%) der Befragen im Osten, daß Ausländer eine Belastung für das soziale Netz darstellen, im Gegensatz zu lediglich 4 von 10 Befragten (39%) im Westen. Eine noch größere Diskrepanz ergibt sich bei der Einschätzung, ob

2 Hier wird die empfohlene Gewichtungsvariable verwendet, um die disproportionalen

Stichprobengrößen (der Osten ist überrepräsentiert) zu berücksichtigen. An allen anderen Stellen der Arbeit werden die Werte für Ost- und Westdeutschland separat ausgewiesen, so daß dort eine Gewichtung nicht notwendig ist.

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Tabelle 1: Alte und neue Items zur Messung ausländerfeindlicher Einstellungen, Angaben in %

Neue Items:

stimme überhaupt nicht zu

(1)

2 oder

3

4 5 oder

6

stimme voll und ganz zu

(7)

(1) + (7)

Die in Deutschland lebenden Aus-länder machen die Arbeit, die die Deutschen nicht erledigen wollen.

10.4 19.6 19.8 34.8 15.5 25.9

Die in Deutschland lebenden Aus-länder sind eine Belastung für das soziale Netz.

12.9 24.5 20.4 26.4 15.7 28.6

Sie sind eine Bereicherung für die Kultur in Deutschland.

16.8 24.8 22.2 23.9 12.3 29.1

Ihre Anwesenheit führt zu Proble-men auf dem Wohnungsmarkt.

12.0 22.6 19.2 28.7 17.5 29.5

Sie tragen zur Sicherung der Renten bei.

15.9 19.9 24.3 25.4 14.6 30.5

Sie nehmen den Deutschen Arbeits-plätze weg.

16.4 26.9 20.5 21.4 14.8 31.2

Sie begehen häufiger Straftaten als die Deutschen.

17.8 20.3 21.6 23.7 16.6 34.4

Alte Items:

Die in Deutschland lebenden Aus-länder sollten ihren Lebensstil ein bißchen besser an den der Deut-schen anpassen.

7.2 16.3 17.1 28.7 30.7 37.9

Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die in Deutschland le-benden Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken.

25.3 26.4 19.7 14.1 14.5 39.8

Man sollte den in Deutschland le-benden Ausländern jede politische Betätigung untersagen.

23.5 22.9 17.3 14.9 21.4 44.9

Die in Deutschland lebenden Aus-länder sollten sich ihre Ehepartner unter ihren eigenen Landsleuten auswählen.

48.1 16.7 13.6 9.4 12.1 60.2

Alle Prozentangaben sind mit der Gewichtungsvariablen, die die Disproportionalität der Stichproben in den neuen und alten Bundesländern ausgleicht, berechnet.

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Ausländer den Deutschen Arbeitsplätze wegnehmen - im Osten glauben dies 56% gegenüber 30% im Westen. Ostdeutsche sind auch eher der Meinung, daß Ausländer häufiger Straftaten begehen, allerdings sind hier die Unterschiede ge-ringer - 50% im Vergleich zu 38%.

Die übrigen Items sind so formuliert, daß sie die Präsenz von Ausländern in einem günstigen Licht erscheinen lassen. Diese positiven Sichtweisen werden jedoch von vielen Deutschen zurückgewiesen. So widersprechen 42% der Be-fragten der Aussage "Ausländer bereichern die deutsche Kultur" und 36% be-zweifeln, daß Ausländer etwas zur Sicherung der Renten beitragen. Fast ein Drittel (30%) stimmt der eher neutralen Aussage, Ausländer würden vor allem diejenigen Arbeiten erledigen, die die Deutschen nicht machen wollen, nicht zu. Bei diesen Items sind die Einstellungsunterschiede zwischen Ost und West we-niger deutlich.

Aber während viele Befragte vor allem die negativen Seiten der Immigration sehen, gibt es auch andere, die die negativen Aussagen ablehnen und den positi-ven zustimmen. Diese beiden Gruppen sind im allgemeinen etwa gleich groß. Beispielsweise lehnen 37% der Befragten die Behauptung ab, Ausländer würden eine Belastung für das soziale Netz darstellen (im Gegensatz zu 42%, die dieser Meinung sind). 43% der Befragten widersprechen der Aussage, Ausländer wür-den den Deutschen Arbeitsplätze wegnehmen (im Gegensatz zu 36%, die ihr zu-stimmen). Ebenso sind 36% der Überzeugung, daß Ausländer die deutsche Kul-tur bereichern, während 42% dies verneinen. Bei einem Item überwiegt die positive Sichtweise jedoch eindeutig: mehr als die Hälfte der Befragten stimmt der Aussage zu, daß Ausländer vorrangig Arbeiten machen, die die Deutschen nicht erledigen wollen.

Während in den neuen Bundesländern negative Urteile über die Auswirkun-gen der Ausländerpräsenz etwas weiter verbreitet zu sein scheinen als im We-sten, ist ein positives Bild eher im Westen zu finden. Dieser Unterschied zeigt sich wiederum vor allem in bezug auf ökonomische Konsequenzen und auch in bezug auf Kriminalität. Befragte aus dem Westen widersprechen weitaus eher der Aussage, daß Ausländer den Deutschen Arbeitsplätze wegnehmen - fast die Hälfte (47%) lehnt dies hier ab, im Gegensatz zu nur 29% im Osten. Ähnlich verhält es sich mit der Auffassung, Ausländer würden das soziale Netz belasten - 41% der Befragten im Westen verneinen dies, gegenüber nur 26% im Osten. Schließlich stimmen vier von zehn Westdeutschen der Aussage, Ausländer wür-den mehr Straftaten begehen als Deutsche, nicht zu, im Osten antwortet lediglich ein Viertel der Befragten so.

Die sich hier bei den neuen Items abzeichnende Balance zwischen positiven und negativen Ansichten über Ausländer ist bei den alten Fragen, für die die bis-

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herige Forschung eine Tendenz in Richtung zunehmender Liberalisierung der Einstellungen gegenüber Ausländern aufgezeigt hat (Wiegand 1992), nicht zu finden. Ein unmittelbar ins Auge springender Unterschied in der Konstruktion der beiden Itemsets ist, daß die acht Items der neuen Frage als Wahrnehmungen der Konsequenzen der Ausländeranwesenheit formuliert sind, wobei eine ge-wisse Ausgewogenheit dadurch erreicht wird, daß sowohl positive als auch ne-gative Konsequenzen angesprochen werden (wenngleich die negativen zahlen-mäßig eindeutig überwiegen; vgl. Tabelle 1). Der alte Fragenkatalog hingegen konfrontiert den Befragten mit verschiedenen Vorschlägen für restriktive und diskriminierende Maßnahmen gegenüber Ausländern (z.B. "mehr Lebensstilan-passung", "wieder heim bei knapper Arbeit"). Diesbezüglich ist er den älteren amerikanischen Fragen sehr ähnlich, auf deren Basis ja der größte Rückgang der Rassendiskriminierung in den USA festgestellt wurde. Alle vier Items der alten Frage sind in die gleiche Richtung gepolt.

Weitere Kennzeichen der älteren Items sind die extremeren Ansichten, die in ihnen formuliert werden, und ihre Verankerung in der "Gastarbeiter"-Zeit. Das Statement "wieder heim bei knapper Arbeit" zum Beispiel impliziert die Sicht-weise, daß Ausländer in Deutschland nur als temporäre Arbeitskräfte leben und eigentlich eine "Heimat" außerhalb Deutschlands haben, in die sie zurück-geschickt werden können - notfalls auch gegen ihren Willen. Diese Sichtweise datiert aus einer Zeit, als das sog. "Rotationsprinzip" noch als angebracht zur Steuerung der Gastarbeiterbevölkerung galt. Die älteren Fragen erscheinen auch irgendwie undifferenzierter und 'roher' - beispielsweise wird die Aussage "Aus-länder sollten nur unter sich heiraten" wahrscheinlich von jedem modern den-kenden Befragten, der die Partnerwahl als eine individuelle und nicht von den Grundsätzen der Gruppenendogamie bestimmte Entscheidung auffaßt, unabhän-gig von seiner Einstellung gegenüber Ausländern abgelehnt.

Folglich fallen die Antworten bei den alten Items auch einseitiger und extre-mer aus als bei den neuen. Am stärksten trifft dies auf das Statement "Ausländer sollten nur unter sich heiraten" zu, gegen das sich fast zwei Drittel (65%) der Deutschen aussprechen - nahezu die Hälfte tut dies sogar sehr energisch und wählt die stärkste ablehnende Antwortkategorie ("stimme überhaupt nicht zu"). Mehr als die Hälfte (52%) der Deutschen widersprechen der Aussage, Ausländer sollten bei Arbeitsplatzmangel in ihre Heimat zurückgeschickt werden, wobei ein Viertel der Antworten auf die Kategorie "stimme überhaupt nicht zu" ent-fällt. Nahezu die Hälfte der Deutschen ist nicht der Meinung, daß Ausländern jede Form der politischen Betätigung untersagt werden sollte, wobei auch hier wieder ein großer Teil (24%) überhaupt nicht zustimmt. Nur ein Item trifft überwiegend auf Zustimmung - sechs von zehn Befragten sind der Meinung, die

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in Deutschland lebenden Ausländer sollten sich (allerdings dem Wortlaut des Items nach nur "ein bißchen") besser dem deutschen Lebensstil anpassen.

Aber wenngleich die älteren Items bei den meisten Deutschen auf starke Ablehnung stoßen, gibt es doch andererseits auch eine Minderheit, die den For-derungen nach einer Begrenzung der Rechte der in Deutschland lebenden Aus-länder entschieden zustimmt. Bei allen Items entfallen mehr Antworten auf die extremste Zustimmungskategorie ("stimme voll und ganz zu") als auf die beiden weniger starken Kategorien der Zustimmung zusammen. Von den 36% der Be-fragten, die überhaupt zustimmen, daß Ausländern jegliche politische Betätigung verboten werden sollte, tun dies z.B. mehr als die Hälfte (21% aller Befragten) "voll und ganz". Ähnlich verhält es sich bei der Frage, ob Ausländer bei ange-spannter Arbeitsmarktlage wieder "heim geschickt" werden sollten: Von 29%, die dieser Auffassung waren, ist ca. die Hälfte (15%) in der Extremkategorie zu finden. Sogar die Forderung, Ausländer sollten nur unter sich heiraten, die ja von einer überwältigenden Mehrheit abgelehnt wird, findet 12% entschiedene Befürworter.

Aus Gründen, die zum Teil in der Natur der Items liegen, zeigen sich die Einstellungsunterschiede zwischen Ost und West bei den alten Items weniger deutlich als bei den neuen. Das offensichtlich auf den ökonomischen Bereich abzielende Item, Ausländer bei knappen Jobs wieder "heim zu schicken", zeigt die regionalen Unterschiede noch am deutlichsten auf. Im Westen stimmen die-ser Äußerung nur ca. ein Viertel der Befragten zu, im Osten sind es immerhin 40%. Im Osten wird auch der Forderung, Ausländer sollten nur unter sich heira-ten, signifikant stärker zugestimmt als im Westen, auch wenn hier die Differenz relativ gering ausfällt (29% Zustimmung im Osten vs. 20% im Westen).

Über die Zeit scheint bei den alten Items ein Trend in Richtung zunehmender Ablehnung zu erkennen sein, der als Indikator einer wachsenden Toleranz der Deutschen gegenüber ethnischen Minderheiten interpretiert wurde. Eine andere Interpretation dieser Entwicklung ist, daß die Deutschen- ähnlich wie viele weiße Amerikaner - zwar 'rohere' Ausdrucksformen der Fremdenfeindlichkeit zunehmend zurückweisen, aber ohne deswegen notwendigerweise völlig vorur-teilsfrei geworden zu sein. Die Natur fremdenfeindlicher Einstellungen hat sich verändert, und, da die Formulierungen der alten Items auf jeden Fall nicht mehr zeitgemäß sind, rufen sie stärkere Ablehnung hervor. Die neueren Items weisen dagegen eine ausgewogenere Verteilung der Antworten auf und zeigen somit, daß negative Beurteilungen der Anwesenheit von Ausländern, ob wir das nun Ausländerfeindlichkeit nennen wollen oder nicht, wohl kaum nur auf eine kleine Minderheit begrenzt sind.

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3. Beziehung zwischen den Skalen

Die beiden Itembatterien stellen unterschiedliche Ansätze zur Messung von Res-sentiments gegenüber Ausländern dar: Die alte Skala hält an der traditionellen Methode fest, ausländerfeindliche Einstellungen anhand einer Beurteilung von Prinzipien, die nach Ansicht der Befragten für Ausländer gelten sollten, zu erfas-sen (beispielsweise daß Ausländer bei rückläufiger wirtschaftlicher Entwicklung wieder in ihre Heimat zurückgeschickt werden sollten). Die neuen Items beschäftigen sich statt dessen mit den Wahrnehmungen der Befragten in bezug auf die Folgen der Präsenz von Ausländern, speziell im Hinblick auf soziale Probleme wie Kriminalität und Arbeitslosigkeit. Entsprechend unterschiedlich fallen auch die Antworten bei den einzelnen Items aus. Aber trotz dieser Unter-schiede korrelieren die Items beider Skalen doch so stark untereinander, daß da-von ausgegangen werden kann, daß sie auf Wahrnehmungen und Einstellungen aus ein und demselben Bereich zielen.

Diese Korrelationen sind, getrennt nach neuen und alten Bundesländern, in Tabelle 2 dargestellt. Man sieht, daß zwei der neuen Items - "Ausländer tun die unschönen Arbeiten" und "Ausländer stützen die Rentenversicherung" - nur schwach mit den anderen korrelieren (weshalb sie in der Tabelle grau unterlegt sind). Von den Korrelationen mit diesen beiden Items abgesehen, liegen die al-lermeisten Korrelationen zwischen 0.3 und 0.5. Besonders stark korreliert sind diejenigen Items, in denen es um eine negative Sicht der wirtschaftlichen Rolle der Ausländer geht: Die Korrelation der Items "Ausländer belasten das soziale Netz" und "Ausländer nehmen Arbeitsplätze weg" liegt in Ost wie West bei über 0.5. Und letzteres korreliert wiederum stark mit dem Item "Ausländer bei knap-pen Arbeitsplätzen wieder heimschicken" (der Wert liegt bei knapp unter 0.5), wobei dieses Item auch stark mit den Items "politische Aktivitäten untersagen" sowie "sollten nur unter sich heiraten" korreliert. Wenn man die beiden Items mit schwachen Korrelationen ausschließt, liegt der durchschnittliche Wert der Korrelationen bei ca. 0.35 (0.37 im Westen und 0.32 im Osten). Allerdings liegt der Durchschnitt - vor allem im Westen - innerhalb der Skalen (im Westen .40 für die neuen und .41 für die alten Items) noch etwas höher als der für Korrela-tionen mit je einem neuen und einem alten Item (im Westen 0.34).

Eine Faktorenanalyse belegt die Eindimensionalität der hoch korrelierten Items beider Skalen (die sich ergebenden Faktorladungen sind, wiederum ge-trennt nach Ost und West, aus Tabelle 3 ersichtlich). Von den beiden extrahier-ten Faktoren dominiert der erste klar. Er weist einen viel höheren Eigenwert auf und nahezu alle der korrelierten Items laden hoch auf ihm. Allerdings gibt es ein störendes Detail, nämlich die Polung der am stärksten ladenden Items. Die bei-den von vornherein aufgrund ihrer schwachen Korrelationen ausgeschlossenen Items waren bereits solche, die als positive Aussagen über Ausländer formuliert

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Page 12: Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber ... · Fremdenfeindlichkeit eine generalisierte und in sich konsistente Einstellungs- ... nungsbild zwischen Ost und West sehr

240 Richard Alba/Michelle Johnson

sind, und das dritte derart formulierte Item ("Ausländer bereichern unsere Kul-tur") lädt am schwächsten auf dem ersten Faktor und könnte somit (vor allem im Osten) auch ausgeschlossen werden. Da alle dann verbleibenden Items so for-muliert sind, daß Zustimmung zu ihnen eine ausländerfeindliche Haltung be-deutet, könnte man vermuten, daß Verzerrungen durch Zustimmungstendenzen vorliegen könnten, die zu einer gewissen Überschätzung der Stärke ausländer-feindlicher Einstellungen führen würden. Dies ist hier sowohl für die alte wie auch für die neue Skala Problem. Um seinen Effekt abzuschwächen, wurde das verbleibende positiv formulierte Item in der weiter unten aus den neuen Items gebildeten Skala beibehalten.

Tabelle 3: Ergebnisse der Faktorenanalyse für die alten und neuen Items

Westdeutschland Faktor 1 Faktor 2 Ausländer tun die unschönen Arbeiten 0.091 0.789 ... belasten unser soziales Netz 0.684 -0.286 ... bereichern unsere Kultur -0.490 0.453 ... verknappen Wohnungen 0.626 -0.076 ... stützen die Rentensicherung -0.297 0.712 ... nehmen Abeitsplätze weg 0.712 -0.242 ... begehen häufiger Straftaten 0.571 -0.187 Mehr Lebensstilanpassung 0.613 -0.066 Wieder heim bei knapper Arbeit 0.723 -0.133 Politische Betätigung untersagen 0.695 -0.027 Sollten unter sich heiraten 0.637 -0.039

Ostdeutschland Faktor 1 Faktor 2 Ausländer tun die unschönen Arbeiten 0.227 0.714 ... belasten unser soziales Netz 0.631 -0.340 ... bereichern unsere Kultur -0.358 0.592 ... verknappen Wohnungen 0.611 0.052 ... stützen die Rentensicherung -0.227 0.696 ... nehmen Abeitsplätze weg 0.653 -0.343 ... begehen häufiger Straftaten 0.585 -0.199 Mehr Lebensstilanpassung 0.544 -0.010 Wieder heim bei knapper Arbeit 0.729 -0.207 Politische Betätigung untersagen 0.616 -0.074 Sollten unter sich heiraten 0.641 -0.031

Page 13: Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber ... · Fremdenfeindlichkeit eine generalisierte und in sich konsistente Einstellungs- ... nungsbild zwischen Ost und West sehr

Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber Ausländern... 241

Tabelle 4: Anteil der Befragten mit extremen Einstellungen bei der alten und neuen Skala

Westdeutschland Ostdeutschland

extrem ausländerfeindliche Einstellungena

extrem ausländerfeindliche Einstellungena

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extrem ausländerfreundliche Einstellungenb

extrem ausländerfreundliche Einstellungenb

Neue Skala Alte Skala Neue Skala Alte Skala bei allen Items 4.4% 7.8% bei allen Items 1.6% 3.6%

bei allen außer einem 9.2% 17.1% bei allen außer

einem 4.0% 13.8%

aAnteil der Antworten, die in die beiden ausländerfeindlichen Kategorien fallen. bAnteil der Antworten, die in die beiden ausländerfreundlichen Kategorien fallen.

Die grundsätzliche Kompatibilität zwischen der neuen und der alten Skala

zeigt sich auch in dem weitgehend übereinstimmenden Muster der Verteilung extrem negativer Ansichten gegenüber Ausländern. Diese Ähnlichkeit ist in An-betracht der Antwortverteilungen bei den Einzelitems der beiden Skalen recht überraschend. Sie wird erst ersichtlich, wenn man die jeweilige Anzahl stark ausländerfeindlicher Antworten vergleicht (also derjenigen, die bei einem Item jeweils in die beiden Extremkategorien auf der ausländerfeindlichen Seite der Antwortskala fallen). Eine derartige Aufstellung zeigt Tabelle 4 (wobei für die Anzahl stark fremdenfeindlicher Antworten bei der neuen Skala nur die fünf hoch korrelierten Items berücksichtigt wurden). Definiert man diejenigen Be-fragten als "extrem", die bei allen Items oder bei allen Items bis auf eines stark ausländerfeindliche Ansichten äußern, ergeben sich sehr ähnliche Schätzwerte für den Anteil extrem ausländerfeindlicher Ansichten innerhalb der deutschen Bevölkerung - im Westen 11% für die neue Skala und 13% für die alte Skala, 17% (neu) bzw. 18% (alt) im Osten. Betrachtet man jedoch das andere Ende des Kontinuums (sozusagen extrem "ausländerfreundliche" Ansichten), so nehmen die Übereinstimmungen zwischen den Skalen erwartungsgemäß ab. Definiert man in der gleichen Weise ein extrem ausländerfreundliches Antwortmuster, so findet man dieses eher bei den alten Items (z.B. antworten im Westen 25% auf

Page 14: Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber ... · Fremdenfeindlichkeit eine generalisierte und in sich konsistente Einstellungs- ... nungsbild zwischen Ost und West sehr

242 Richard Alba/Michelle Johnson

die alten Items extrem ausländerfreundlich gegenüber 14%, die so auf die neuen Fragen antworten). Diese Differenz ergibt sich zweifellos aus der Tendenz man-cher Befragter, einige der älteren Items entschieden abzulehnen, woraus man folgern könnte, daß die alten Items die Bereitschaft der Deutschen überschätzen, die Rechte und Stellung von Ausländern zu verteidigen.

4. Multivariate Analysen

Als strengsten Test der Konsistenz führen wir im folgenden multivariate Analy-sen durch und überprüfen, ob die beiden Itembatterien ähnliche Abhängigkeits-profile in Hinblick auf wichtige unabhängige Variablen aufweisen. Tabelle 5 zeigt die Ergebnisse der Regressionsanalysen für beide Skalen, wobei die erste Skala aus den vier alten Items und die zweite Skala aus den fünf neuen Items, die aus der Faktorenanalyse mit hohen Ladungen auf dem ersten Faktor hervor-gegangen sind, gebildet wurde.3 Beide Skalen wurden durch einfache Summie-rung der Antworten bei den jeweiligen Items gebildet, wobei höhere Werte zu-nehmend ausländerfeindliche Einstellungen repräsentieren. Die Analysen werden separat für die alten und neuen Bundesländer ausgewiesen. Die verwen-deten unabhängigen Variablen sind: demographische Angaben des Befragten (Geschlecht, Alter), Angaben über seinen sozio-ökonomischen Status (Bildung, berufliches Prestige nach Treiman, eigene Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit des (Ehe-)Partners), politische Orientierung (Selbsteinstufung auf der Links-Rechts-Skala) und Merkmale der Region bzw. des Wohnumfelds (Ausländeranteil im Kreis, wahrgenommene Anwesenheit von Ausländern in der eigenen Wohnum-gebung). Dies sind - unabhängig vom jeweiligen Hintergrund der Studien - sehr gebräuchliche Variablen bei Analysen zum Problembereich Ausländerfeindlich-keit/Vorurteil (vgl. beispielsweise Quillian 1995).

Mit sehr wenigen Ausnahmen zeigen beide Skalen sehr ähnliche Beziehun-gen zu den betrachteten unabhängigen Variablen. "Bildung" ist in beiden Glei-chungen eine der wichtigsten Determinanten ausländerfeindlicher Einstellungen, wobei sie allerdings auf die alte Skala einen etwas größeren Einfluß zu haben scheint. In West und Ost sind die Koeffizienten der Dummy-Bildungsvariablen für die alte Skala größer (und dies trotz ihrer kleineren Spannbreite durch die ge-

3 Die Reliabilitäten beider Skalen, gemessen an Cronbachs Alpha, sind sehr ähnlich.

Für Westdeutschland beträgt Cronbachs Alpha .74 für die alte und .77 für die neue Skala, in Ostdeutschland liegen die entsprechenden Werte bei .69 (alte Skala) und .73 (neue Skala).

Page 15: Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber ... · Fremdenfeindlichkeit eine generalisierte und in sich konsistente Einstellungs- ... nungsbild zwischen Ost und West sehr

Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber Ausländern... 243

ringere Itemzahl). Die Bedeutung der Bildung ist nicht weiter überraschend, da sich immer wieder ein Zusammenhang zwischen Bildung und Einstellungen ge-genüber ethnischen Minderheiten - derart, daß Gebildetere 'aufgeklärtere' Ein-stellungen aufweisen - gezeigt hat. Bei diesen Skalen hier, die ja wie oben be-reits ausgeführt fast nur aus negativ formulierten Items bestehen, kann der Bildungseffekt eventuell zum Teil auch auf unterschiedliche Antworttendenzen zurückzuführen sein, da höher Gebildete weniger zu Zustimmungstendenzen neigen.

Unabhängig von der Bildung hat bei den Erwerbstätigen auch das berufliche Prestige einen bedeutenden Einfluß auf die Einstellungen gegenüber Ausländern: Mit steigendem Ansehen des ausgeübten Berufs nimmt die Neigung zu auslän-derfeindlichen Ansichten ab. Überraschenderweise gibt es bei beiden Skalen keinen signifikanten Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit. Dies gilt sogar für die neuen Bundesländer, obwohl die dort vorherrschende hohe Arbeitslosigkeit ge-meinhin als Antrieb für die ausländerfeindliche Stimmung angesehen wird, die in einigen ostdeutschen Städten sehr offen zutage tritt. Obwohl die Ergebnisse offensichtlich nicht ganz eindeutig sind, könnte die wahrgenommene ökonomi-sche Konkurrenz mit ausländischen Arbeitnehmern vielleicht doch eine Schlüs-selrolle spielen. Je höher die berufliche Position eines deutschen Arbeitnehmers ist, desto geringer sollte für ihn die wahrgenommene Konkurrenz durch Auslän-der sein und entsprechend seine Ausländerfeindlichkeit.

Eine weitere wichtige Determinante der Einstellungen gegenüber Ausländern ist die politische Orientierung des Befragten. Diejenigen, die ihre politischen Überzeugungen weiter "rechts" einstufen, vertreten auch deutlich eher auslän-derfeindliche Ansichten. Mit jedem Schritt weiter nach rechts ändern sich, vom Einfluß der anderen Variablen abgesehen, die Werte für beide Einstellungsska-len um zwei Drittel oder drei Viertel Punkte in die ausländerfeindliche Richtung. Da die Links-Rechts-Skala zehn Punkte umfaßt, ist der Einfluß der politischen Orientierung also beachtlich stark und genauso groß wie der der Bildung. Die Stärke dieses Zusammenhangs läßt vermuten, daß sich die Einstellungen gegenüber Ausländern im allgemeinen an den in Deutschland recht stabilen po-litischen Lagern ausrichten. Wir werden weiter unten auf diesen Aspekt noch näher eingehen.

Auch die raumbezogenen Variablen spielen eine, wenn auch geringfügigere, Rolle. Erwartungsgemäß haben Befragte aus den neuen Bundesländern durch-schnittlich schlechtere Meinungen über Ausländer. Der Unterschied zwischen Ost und West ist allerdings nicht sehr groß: in der alten Skala macht er z.B. le-diglich 1,5 Punkte bei den einzelnen Items aus, wenn man die Daten für Ost und

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244 Richard Alba/Michelle Johnson

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Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber Ausländern... 245

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Page 18: Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber ... · Fremdenfeindlichkeit eine generalisierte und in sich konsistente Einstellungs- ... nungsbild zwischen Ost und West sehr

246 Richard Alba/Michelle Johnson

West gemeinsam analysiert (diese Ergebnisse sind in der Tabelle nicht aufge-führt). Unabhängig von der regionalen Herkunft gilt jedoch, daß Befragte, die in Kreisen mit niedrigem Ausländeranteil wohnen, eher ausländerfeindliche An-sichten haben, wobei auch dieser Effekt nicht sehr groß ist. Dieses Ergebnis könnte zum einen dadurch erklärt werden, daß die alltägliche Konfrontation mit Ausländern zu einem Abbau gängiger Stereotype und Feindbilder führt (ent-sprechend der bekannten "Kontakthypothese"). Zum anderen könnte es auch daran liegen, daß Ausländer hauptsächlich in größeren Städten leben, in denen eine weltoffenere Grundhaltung vorherrscht. Die subjektive Wahrnehmung von Ausländern in der eigenen Nachbarschaft des Befragten scheint jedoch keinen Einfluß auf die mit unseren beiden Skalen gemessenen Einstellungen zu haben.

Die demographischen Variablen sind nur zum Teil von Bedeutung. Ge-schlechtseffekte sind kaum zu finden: nur für die neue Skala im Osten gibt es ei-nen signifikanten Effekt - Frauen scheinen hier geringfügig positivere Einstel-lungen gegenüber Ausländern zu haben. Beim Alter sieht es ganz anders aus. Sein Einfluß ist in drei der vier Gleichungen signifikant (die für die neue Skala im Osten ist die Ausnahme), wobei die Effekte im Westen und für die alte Skala höher ausfallen. Im allgemeinen äußern ältere Befragte negativere Einstellungen gegenüber Ausländern, so daß die Jüngeren als toleranter erscheinen. Der stär-kere Einfluß des Alters in der alten Skala läßt sich möglicherweise dadurch er-klären, daß die in diesen Items verwendete Sprache mit ihrem Bezug auf Kon-zepte der Gastarbeiterperiode nicht die der jüngeren Deutschen ist, ihnen vielleicht weniger geläufig ist, so daß sie schon deswegen diese Aussagen eher ablehnen. Diese Annahme wird von bivariaten Analysen des Zusammenhangs zwischen den einzelnen Items einerseits und dem Alter andererseits gestützt. Zwar weisen alle Items beider Skalen deutliche bivariate Beziehungen mit der Variablen 'Alter' auf, bei den alten Items sind die Unterschiede zwischen jünge-ren und älteren Befragten jedoch ausgeprägter. Am stärksten trifft dies auf die Aussage "Ausländer sollten nur unter sich heiraten" zu, die bei den jüngeren Be-fragten auf starke Ablehnung stößt, nicht aber bei den Befragten in der Alters-gruppe über sechzig Jahre. Über zwei Drittel (68%) der Befragten, die jünger als 30 Jahre sind, stimmen dieser Aussage "überhaupt nicht zu", bei den älteren Be-fragten nur 21%. Andererseits stimmen 23% der über 60jährigen Befragten der Aussage voll und ganz zu, während dies bei den jüngeren lediglich 4% tun. Solch ausgeprägte Unterschiede sprechen dafür, daß hier möglicherweise Ko-horteneffekte vorliegen, die als Folge des Generationenwechsels schrittweise zu niedrigeren Zustimmungsraten bei diesen Items führen.

Obwohl beide Skalen zu den unabhängigen Variablen (mit Ausnahme des Alters) sehr ähnliche Beziehungsmuster aufweisen, gibt es doch einige Unter-

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Zur Messung aktueller Einstellungsmuster gegenüber Ausländern... 247

schiede in der Stärke der Zusammenhänge, aus denen auch die unterschiedlich hohen Anteile erklärter Varianz resultieren (vgl. Tabelle 5). Der Anteil der er-klärten Varianz ist dabei regelmäßig für die alte Skala höher als für die neue und für den Westen höher als für den Osten. Der Grund für diese Unterschiede scheint in den unterschiedlichen Effekten des Alters und der Bildung zu liegen. Sowohl im Osten als auch im Westen ist der Einfluß dieser Variablen bei der alten Skala größer (sowohl bei den standardisierten als auch bei den unstandar-disierten Koeffizienten), man beachte z.B. die in West und Ost sehr hohen Koeffizienten für die Befragten mit dem niedrigsten Bildungsniveau. Und die Effekte dieser Variablen sind auch, egal welche Skala man betrachtet, im We-sten größer als im Osten. Zum einen stützen diese konsistenten Ergebnisse die Einschätzung, wonach die ältere Skala eher grobe Erscheinungsformen auslän-derfeindlicher Einstellungen repräsentiert - daher die starken Bildungseffekte, denn Befragte mit höherer Bildung wissen, daß sie so harten Restriktionen für Nicht-Deutsche, wie sie in einigen der alten Items formuliert sind, nicht zustim-men sollten. Zum anderen zeigen die konsistenten Unterschiede zwischen Ost und West, daß sich die ausländerfeindlichen Einstellungen im Westen, wo der einzelne schon mehr Erfahrungen mit Ausländern sammeln konnte, stärker "ver-festigt" haben. So sind im Westen ausländerfeindliche Einstellungen eher in be-stimmten sozialen Schichten zu finden, wobei es sich - dem Bildungseffekt zu-folge - um diejenigen Schichten zu handeln scheint, die direkter in ökonomischer Konkurrenz zu Ausländern stehen.

5. Beziehungen zu anderen Einstellungsskalen

Die beiden bisher betrachteten Indizes scheinen im Gesamtkomplex der Ein-stellungen gegenüber Ausländern einen zentralen Platz einzunehmen. Um dies noch weiter zu belegen, haben wir sie mit einigen anderen ausgewählten Skalen korreliert. Zwei der drei herangezogenen Skalen sollten ihrem Inhalt zufolge sowohl mit der neuen als auch mit der alten Skala eng zusammenhängen, die dritte, die der Erfassung von antisemitischen Einstellungen dient, sollte keinen solchen Zusammenhang aufweisen. Die beiden ersten Skalen bestehen aus Items, die zum einen die Diskriminierungsbereitschaft gegenüber Ausländern, zum an-deren den Wunsch nach Zuzugsbeschränkungen erfassen. Konkret ist in den Items der ersten Skala die Rede von Rechten, die den in Deutschland lebenden Ausländern gewährt werden sollten - doppelte Staatsbürgerschaft, gleiche An-sprüche auf Sozialleistungen und Wahlrecht kommunaler Ebene. Bei den Items der zweiten Skala wird danach gefragt, ob der Zuzug bestimmter Gruppen -

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Aussiedler aus Osteuropa, Asylsuchende, Arbeitnehmer aus der Europäischen Union und Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten - begrenzt oder sogar völlig un-terbunden werden sollte. In der Antisemitismus-Skala geht es dagegen um Fra-gen, die auf den ersten Blick nichts mit Immigration und Ausländern zu tun ha-ben. Drei ihrer Items sind als Behauptungen formuliert: "Juden haben auf der Welt zuviel Einfluß", "Viele Juden versuchen, aus der Vergangenheit des Dritten Reiches ihren Vorteil zu ziehen und die Deutschen dafür zahlen zu lassen" und "Durch ihr Verhalten sind die Juden an ihrer Verfolgung nicht ganz unschuldig".

Tabelle 6: Korrelationen der alten und neuen Skala mit ausgewählten anderen Skalen

OSTEN

ANTISEM RECHTE ZUZUG ALTSKALA NEUSKALA

ANTISEM -0.259 0.276 0.342 0.375

RECHTE -0.415 -0.386 -0.463 -0.431

ZUZUG 0.378 -0.459 0.431 0.531

ALTSKALA 0.467 -0.541 0.489 0.570

NEUSKALA 0.481 -0.576 0.501 0.624

WESTEN

Die Korrelationen über der Hauptdiagonalen sind für den Osten, die unter der Hauptdiagona-len für den Westen.

ANTISEM=Summenskala der drei Antisemitismus-Items (zuviel Einfluß, Vorteil aus Vergangenheit und Mitschuld an Verfolgung; zum genauen Fragetext: vgl. Anhang V137-140) RECHTE=Summenskala der drei Items über Rechte der Ausländer (Doppelstaatsbürgerschaft, Sozialleistungen, kommunales Wahlrecht; vgl. Anhang V97-99) ZUZUG=Summenskala der vier Items über die Einschränkung, des Zuzugs verschiedener Immigrantengruppen (Aussiedler, Asylanten, Arbeitnehmer aus EU-Staaten, Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten; vgl. Anhang V31-34) ALTSKALA=Summenskala der alten Anti-Ausländer Items NEUSKALA=Summenskala der neuen Anti-Ausländer Items

Wie die in Tabelle 6 aufgeführten Korrelationen zeigen, hängen beide Indi-

zes sehr stark mit den zwei Vergleichsskalen, die sich mit Ausländerrechten bzw. Immigration befassen, zusammen. Zunächst einmal ist anzumerken, daß die

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beiden Indizes selbst sehr stark miteinander korrelieren (0.62 für den Westen, 0.57 für den Osten). Ihre Korrelationen mit den anderen Ausländerskalen sind zwar etwas niedriger, aber immer noch recht hoch: ca. 0.5 im Westen, zwischen 0.4 und 0.5 im Osten. Diese Werte bestätigen die Vermutung, daß eine Skala, die auf Wahrnehmungen der Konsequenzen der Ausländerpräsenz beruht, sehr stark zusammenhängt mit anderen Ansichten über Ausländer, auch solchen, die staatliche Maßnahmen in Bezug auf Immigration und Immigranten betreffen. Tatsächlich fallen die Korrelationen mit den Vergleichsskalen beim neuen Index sogar etwas höher aus als beim alten, obwohl letzterer mit seinen Verhaltens-maßregeln und Beschränkungen betreffenden Items ihnen inhaltlich ähnlicher zu sein scheint. Die Korrelationen zwischen dem neuen bzw. alten Index und den anderen Skalen sind auch jeweils höher als die Korrelationen unter den anderen Skalen. Eine weitere Bestätigung ergibt sich aus der hohen Korrelation (im We-sten fast .6) zwischen dem neuen Index und der Skala, die sich mit den Rechten der Ausländer beschäftigt. Da diese Skala ausschließlich aus positiv, d.h. aus-länderfreundlich formulierten Items besteht, so daß Zustimmung zu diesen Items für eine liberalere Einstellung gegenüber Ausländern steht, spricht diese hohe Korrelation dafür, daß das Problem der Antwortverzerrungen durch Zu-stimmungstendenzen für den neuen Index (und auch für den alten) keine beson-dere Rolle spielt. Diejenigen, die den ausländerfeindlichen Aussagen in der neuen Skala zugestimmt haben, haben auch weitgehend den ausländerfreundli-chen Statements der Skala zu den Rechten für Ausländer nicht zugestimmt. In anderen Worten, ihre Zustimmung im ersten Fall scheint im großen und ganzen tatsächlich ihre wahren Einstellungen widerzuspiegeln.

Was die Einstellungen gegenüber Juden betrifft, so sollten sich diese von denjenigen gegenüber Ausländern unterscheiden. Der jüdische Anteil an den Zuwanderern ist gering; Juden sind in erster Linie eine einheimische Gruppe. Hinzu kommt, daß Antisemitismus in der politischen Kultur der deutschen Nachkriegsgesellschaft stigmatisiert wurde. Trotzdem gibt es vor allem im We-sten einen starken Zusammenhang zwischen Antisemitismus und den neuen In-dizes. Mit einer Stärke von nahezu 0.5 erreicht der Zusammenhang in den alten Bundesländern in etwa die Größenordnung der Korrelationen zwischen Skalen, die sich beide explizit mit der Ausländerthematik befassen. Auch wenn die Kor-relation im Osten geringer ausfällt (.38), ist sie doch auch dort relativ hoch. Die-ses überraschende Ergebnis deutet darauf hin, daß die Einstellungen gegenüber Ausländern eng verwoben sind mit Einstellungen gegenüber ethnischen Min-derheiten im allgemeinen, und stellt ein weiteres Argument - so es denn noch ei-nes bedarf - dafür dar, eine Skala zu verwenden, die auf Wahrnehmungen von Ausländern, auch solchen, die 'vernünftige Leute' vertreten können, beruht.

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Die Stärke der Korrelationen zwischen den Maßen für unterschiedliche Fa-cetten des Gesamtkomplexes der ausländerbezogenen Einstellungen ist ebenso bemerkenswert wie ihre Korrelation mit Antisemitismus. Interessant ist hier der Vergleich mit den USA, wo in der aktuellen Forschung eine Abschwächung der Zusammenhänge zwischen verschiedenen Themen der Rassenproblematik ge-funden wurde. Wie Sniderman und Piazza (1993) bemerken, stellt dies eine Ver-änderung im Vergleich zur Situation in den 50er und 60er Jahren dar, als die Einstellungen zu verschiedenen Aspekten der Rassenfrage noch stark miteinan-der zusammenhingen und folglich konsistenter waren (Sniderman und Piazza 1993). Damals konnte das Thema 'Rasse' auf einen Punkt reduziert werden - entweder man war für die Aufhebung der Rassendiskriminierung oder man war dagegen, und die Position, die man bezüglich dieser grundsätzlichen Frage ein-nahm, bestimmte größtenteils die Ansichten, die man bezüglich verschiedener untergeordneter Fragen hatte, wie z.B. rassenintegrierte Schulen oder Ehe-schließungen zwischen verschiedenen Rassen. Dies scheint nicht mehr länger der Fall zu sein: Einstellungen zum Thema 'Rasse' sind in Einstellungen zu einer Vielzahl verschiedener Themenfelder zerfallen, die nur schwach miteinander zusammenhängen. Insofern ähneln die heutigen Verhältnisse in Deutschland den früheren in den USA (womit natürlich nicht behauptet werden soll, daß die Lage der Ausländer in Deutschland mit der der Schwarzen vor der Bürgerrechtsbe-wegung zu vergleichen wäre). Die Einstellungen zu den verschiedenen Aspekten der Ausländerthematik korrelieren sehr stark miteinander, vor allem im Westen, wo der Zuzug von Ausländern schon seit Jahrzehnten eine wichtige soziale Frage darstellt. Und die ausländerfeindlichen Einstellungen stehen auch in einer engen Beziehung zur ideologischen Selbsteinstufung, einem besonders stabilen Merkmal, daß mit grundlegenden politischen und sozialen Abgrenzungen in-nerhalb der deutschen Gesellschaft in Verbindung steht.

Das vielleicht bemerkenswerteste Resultat der vorliegenden Analyse ist der starke Zusammenhang von antisemitischen und ausländerfeindlichen Einstellun-gen. Sicher, auch in den USA besteht ein Zusammenhang zwischen Antisemi-tismus und Stereotypen über Afro-Amerikaner (Sniderman und Piazza 1993: 51-56). Man könnte daraus folgern, daß Juden in verschiedenen nationalen Kon-texten sozusagen die Funktion eines "Blitzableiters" für ethnozentristische Ten-denzen zukommt. Man hat jedoch den Eindruck, daß der Zusammenhang zwi-schen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit in Deutschland stärker ausgeprägt ist. Und angesichts der schrecklichen Last der deutschen Vergangen-heit und der daraus resultierenden starken Stigmatisierung des Antisemitismus sagt er hier vielleicht auch mehr aus über unterschwellig in der Bevölkerung vorhandene fremdenfeindliche Tendenzen.

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6. Fazit

Der neue Index zur Erfassung von Einstellungen gegenüber Ausländern konnte im Laufe der verschiedenen Analysen dieser Arbeit seinen Nutzen beweisen. Einerseits korreliert er sehr stark mit dem älteren Index und zielt somit wohl auf den gleichen Einstellungsbereich. Gleichzeitig identifiziert er aber eine höhere Meinungsvielfalt zu Ausländerfragen, als man nach den schieferen Antwort-verteilungen der älteren Items vermuten würde. Dies erinnert an die momentane Diskussion in den USA, die sich mit der Wandlung von Vorurteilen von den eher offensichtlichen, extremen Formen in der Vergangenheit zu neuen, moder-neren Formen beschäftigt. Analog zu diesem Wandel finden auch in Deutsch-land Forderungen nach einer rigiden sozialen Trennung zwischen Deutschen und Nichtdeutschen, wie sie in den älteren Items angesprochen werden, heute weniger Zustimmung als in der Vergangenheit, ohne daß jedoch damit negative Ansichten über Ausländer und die Folgen ihrer Anwesenheit in Deutschland verschwunden wären. Besonders aufschlußreich hinsichtlich der Unterschiede zwischen den alten und den neuen Items ist der stärkere Einfluß des Alters bei den ersteren. Die Vorstellung einer rigiden Trennung von Deutschen und Aus-ländern scheint für die ältere Generation, deren Mitglieder in der Zeit während oder direkt nach dem Dritten Reich sozialisiert wurden, ansprechender zu sein. Die jüngere Generation lehnt solche Vorstellungen im großen und ganzen ab. Im Widerspruch zur allgemeinen Ansicht, daß die jüngeren Altersgruppen eben stärker von der neuen ethnischen Heterogenität der deutschen Gesellschaft ge-prägt seien, muß festgestellt werden, daß beide Altersgruppen in verschiedenen Stadien ihres Lebens intensive Erfahrungen mit der Anwesenheit von Auslän-dern in Deutschland hatten. Im Falle der älteren Generation waren die ersten Erfahrungen mit Ausländern allerdings in einen Kontext rassistischer Ideologien eingebunden, die unter anderem betonte, daß Deutsche das Recht hätten, die Ar-beitskraft von Angehörigen "minderwertiger" Rassen auszubeuten, was damals zur Anwesenheit einer sehr großen Anzahl von Zwangsarbeitern in Deutschland führte (Bade 1994).

Weitere Hinweise auf die Validität der beiden Indizes erhielten wir aus ihrem starken Zusammenhang mit anderen Einstellungen gegenüber ethnischen Min-derheiten. Obwohl die Items des neuen Index auf Wahrnehmungen abzielen, korrelieren sie doch sehr stark mit Indizes, die auf Items beruhen, die sich mit Einschränkungen der Rechte von Ausländern oder Begrenzung des Zuzugs von Immigranten befassen. So besteht z.B. der alte Index aus derartigen Items und, wie wir festgestellt haben, korreliert er sehr hoch mit dem neuen Index. Auch die Korrelationen des neuen Index mit Einstellungen bezüglich der Gewährung von

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mehr Rechten für Ausländer (z.B. Einführung des kommunalen Wahlrechts) und solchen zur Einschränkung des Zuzugs verschiedener Immigrantengruppen er-reichen Werte zwischen 0.4 und 0.6. Daß der alte wie auch der neue Index eine zentrale Stellung im Gesamtgefüge der Einstellungen gegenüber Ausländern einnehmen, wird daraus ersichtlich, daß sie mit diesen anderen Skalen stärker zusammenhängen als diese untereinander.

Am aufschlußreichsten ist vielleicht die hohe Korrelation zwischen den Indi-zes der Einstellungen gegenüber Ausländern und dem Antisemitismus-Index. Oberflächlich betrachtet scheint es keinen Grund dafür zu geben, warum Ein-stellungen gegenüber Ausländern mit Einstellungen gegenüber einer einheimi-schen religiösen Minderheit überzufällig zusammenhängen sollten. Die Korrela-tion der beiden entsprechenden Skalen - nahezu 0.5 - legt jedoch den Schluß nahe, daß beide Arten von Einstellungen die gleichen Wurzeln haben, nämlich im Bereich der Einstellungen gegenüber ethnischen Minderheiten im allgemei-nen. Diesbezüglich scheint sich ein tiefer Graben durch die deutsche Gesell-schaft zu ziehen. Auf der einen Seite existiert eine Gruppe von Deutschen, die negative Ansichten über Ausländer und Juden hat, auf der anderen Seite steht eine etwa gleich große Gruppe, die diesen Minderheiten positiver gegenüber-steht. Zwar befinden sich die meisten Deutschen bei diesen Fragen in der Mitte und haben weder übermäßig positive noch negative Ansichten über Minderhei-ten. Es scheint jedoch systematische soziale und ideologische Unterschiede zwi-schen denjenigen, die sich an den beiden Extremen des Meinungsspektrums be-finden, zu geben, da sie sich beispielsweise in bezug auf ihren Bildungsstand und ihre politische Grundüberzeugung recht deutlich unterscheiden. Diese Ver-ankerungen mit stabilen persönlichen und sozialen Merkmalen und mit Antise-mitismus (der selbst einen stabilen Einstellungskomplex darstellt) legen den Schluß nahe, daß die mit Hilfe des neuen Index identifizierte Trennungslinie auch für die nähere Zukunft noch gültig sein wird. Die Spaltung der Bevölke-rung hinsichtlich der Einstellungen gegenüber Ausländern scheint somit ein recht dauerhaftes Charakteristikum der öffentlichen Meinung in Deutschland zu sein.

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Literatur

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