Zur Rettung Der Popkultur

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Experimentelle deutsche Musikvideos 2003-2007

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  • Zur Rettung der PopkulturExperimentelle deutsche Musikvideos 2003-2007

  • Inhalt

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    Experimentelle Musikclips wie Hase und Igel

    Den ersten Musikclip drehte Oskar Fischinger 1929 mit der Studie 2. HansRichter schuf zeitnah seinen Vormittagsspuk zur Musik von Paul Hinde-mith. Abstrakten Film und dadaistische Montage verstand man als Augen-musik oder Malerei in der Zeit. Whrend der Zeit des Nationalsozialismusemigrierte der experimentelle Musikclip. In den 1980er-Jahren fand er eineneue Plattform in den Sendern des Musikfernsehens. Hier musste das Expe-rimentelle nach einigen Jahren dem Mainstream weichen, um dann wie einPhnix erneut aufzutauchen, auf den Internetplattformen von YouTube, My-Space u.a. Dort sind die kurzen Clips zum derzeit meist gesehenen filmi-schen Format avanciert. Die Sehgewohnheiten und die Wirklichkeitswahr-nehmung junger Menschen ndern sich rasant. Dabei ist eine Bewegungweg vom Fernsehen und hin zu den Plattformen des Web 2.0 zu beobachten.Auf diesen Plattformen haben es die langen Filme schwer und die kurzenleicht. Den groen Spielfilmen aus Hollywood ergeht es wie den Dinosau-riern, die kleinen Filme feiern ihre Renaissance. Wo immer die Entwicklunghingeht, der experimentelle Musikclip ist schon da, wie im Mrchen vonHase und Igel.In all dem Auf und Ab gibt es eine Konstante. Seit 1999 bieten die Internatio-nalen Kurzfilmtage Oberhausen einen verlsslichen Prsentationsrahmen frdie jeweils besten experimentellen Musikclips eines Jahrgangs. Oberhau-sen ist Auswahl und Auszeichnung, Dokumentation und Ort der Projektion.Fr die Goethe-Institute und die Bundeszentrale fr politische Bildung ist dasFormat der experimentellen Musikclips ein wichtiger Programmbaustein ihrerkulturellen Filmarbeit.

    Katrin Willmann, Filmreferentin, Bundeszentrale fr politische BildungDetlef Gericke-Schnhagen, Institutsleiter, Goethe-Institut BostonDr. Christian Lffe, Bereichsleiter Film, Goethe-Institut Zentrale

    3 Experimentelle Musikclips wie Hase und Igel4 Im Untergrund5 Zur Geschichte und Zukunft des Musikvideos

    8 My Mouth / Beautiful Day9 Working Girl10 Mugen Kyuukou How To Believe In Jesus 11 Lets Push Things Forward12 Lightning Bolts & Man Hands 13 Die Zeit heilt alle Wunder14 Swelan15 Wordy Rappinghood16 Cut17 Gehts noch 18 Time Is Running Out19 Good Morning Stranger20 The Lady Moon Turns Sulky21 Bloodsample22 I Have Seen You Dancing Better Than This23 The Zoo

    24 Glossar27 Literatur + Links28 Impressum

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    Seit der Einrichtung des weltweit ersten Festival-Preises fr ein Musikvideo,der in Oberhausen fr deutsche Musikvideos vergeben wird, wurde die Mu-sikindustrie von einer Absatzkrise befallen, die deutlich sichtbare Auswirkun-gen auf Erscheinungsbild und Funktion von Musikvideos hatte. Auch wenndas deutsche Musikvideo immer schon in besonderem Mae Ausdruck voneng bemessenen konomischen Rahmenbedingungen war, so ist doch auf-fllig, dass Musikvideos kaum noch Auswertungen im Musikfernsehen erfah-ren, kommerziell wenig relevante Musik schon gar nicht. Das Musikvideo hat sich vom Musikfernsehen, das es einmal hervorgebracht und damit eine eigenstndige Gattung der kurzen Form geschaffen hatte, emanzipiert und findet durch Filmfestivals, Internet, digitale Trger oder Konzerte eine neueffentlichkeit. Es wirft dadurch zahlreiche Beschrnkungen jener Konventi-onen ab, die ihm Musikindustrie und Musikfernsehen auferlegt hatten. DasMusikvideo von Belang, stets mit gleichgesinnter Musik assoziiert, behandeltdie Musik nicht mehr als eine zu illustrierende und zu bewerbende Einheit,sondern als das Material fr eine eigenstndige audio-visuelle Kunstform.Das Musikfernsehen hielt eine Zeit lang die Illusion aufrecht, dass unter-schiedliche Lebens- und Ausdrucksweisen unter den Sonderbedingungenvon Popkultur koexistieren knnten. Mit dem Aufkommen des Internets sind nahezu gesetzeslose Verhltnisse eingekehrt, in denen sich das Musik-video freizgig des Materials im digitalen Raum bedient und zu einer knstle-rischen Ausdrucksform verselbstndigt, die in den Untergrund zurckkehrt,in dem Popkultur sich regeneriert. Diese DVD soll dazu beitragen, demknstlerischen Musikvideo eine neue Plattform zu bieten.

    Lars Henrik Gass, Festivalleiter Internationale Kurzfilmtage Oberhausen

    Im Untergrund

    Dem Musikvideo geht es wie dem RocknRoll, dem Punk oder nahezujedem anderen beliebigen Genre der populren Musik. Sein Tod wurde oft schon prophezeit, aber der Patient denkt gar nicht daran zu sterben.

    So mag das klassische Musikfernsehen heute nicht mehr existieren.Selbst die Mutter des Mediums, MTV, sendet kaum noch Musikvideosund plant fr 2011 einen Strategiewechsel: Dann wird der Sender seinekostenfreie Verbreitung beenden und mit seinem Hauptkanal ins Bezahl-fernsehen abwandern. Fr den Kurzfilm, der einen Popsong bebildert, geriet die Wandlung des Musikfernsehens und die damit einhergehendeKrise auf dem Tontrgermarkt jedoch fast zur Befreiung, denn die neueSpielwiese Internet funktioniert nach anderen Gesetzen. Das Musikvideo,whrend seiner Bltezeit in den 1980er- und 1990er-Jahren vor allem Werbemittel fr Plattenfirmen, konnte sich nun endlich von seinen kom-merziellen Fesseln befreien.

    Bevor grere Bandbreiten das Abspielen von Filmen auf Internet-Platt-formen mglich machten, gab es fr deutsche Musikvideos, die den Vorgaben des kommerziellen Musikfernsehens nicht entsprachen, keineregelmigen Sendepltze. Die bot am ehesten noch und auch das inberschaubarer Anzahl VIVA 2, der fr ein lteres Publikum konzipierteAbleger des deutschen MTV-Konkurrenten VIVA. Whrend seiner Existenzvon 1995 bis 2002 versuchte der Sender ein tragfhiges Publikum zu finden, das aus der klassischen Zielgruppe des von den Popcharts domi-nierten Musikfernsehens herausgewachsen war. Ohne den ntigen Mas-senerfolg allerdings. Doch seitdem hat das experimentelle Musikvideoseinen Platz im Internet gefunden.

    Zur Geschichte und Zukunft des Musikvideos

  • Dort hat es nun zwar nicht mehr die direkte Massenwirksamkeit wie in dengoldenen 1980er- und 1990er-Jahren, ist dafr aber langlebiger, weil es nichtmehr den hysterischen Umschlagzeiten der Popindustrie unterworfen ist.Denn im Internet sind nicht nur Fernsehsender wie tape.tv oder freshmilk.deentstanden, die die Nische fllen, die MTV hinterlassen hat. In Videoportalenwie YouTube oder den verschiedenen sozialen Netzwerken wie MySpaceoder Facebook nehmen der Austausch von und die Diskussion ber Musik-videos einen groen Raum ein. So bestimmen Musikvideos weiterhin die sthetischen Erfahrungen und das visuelle Wissen von Jugendlichen undbieten vielfltige Ansatzpunkte fr eine Verwertung im Unterricht. Musikvi-deos sind in der Regel nur wenige Minuten lang, dennoch kommt in ihneneine erstaunliche Bandbreite von filmsprachlichen Elementen zum Einsatz.Diese Besonderheit der formalen und sthetischen Dichte der Gattung istvon groem Vorteil fr die Integration von Musikclips in den Unterricht. berdies knnen thematische Aspekte hinterfragt werden: Wie beeinflussenMusikvideos beispielsweise Geschlechterrollen und -verstndnis? Oder welche Bedeutung haben die Clips fr Jugend- und Subkulturen, vor allem in Hinblick auf Mode und Verhaltenscodes?

    Die grere experimentelle Freiheit, die die Auswertung im Internet bietet,hat das Musikvideo zusehends in die Nhe des Kurzfilms gerckt, der dadurch wiederum selbst aus einem Dornrschen-Dasein erweckt wurde.Filmfestivals begannen mehr und mehr, Musikvideos als Filmkunst zu registrieren, vor allem die immer breiter werdende Grauzone zwischen denbeiden Genres. Seit 1999 zeichnen die Internationalen Kurzfilmtage Ober-hausen die besten deutschen Musikvideos aus. Die Initiative erfolgte zueiner Zeit, als die grundlegende Krise der Musikindustrie noch nicht abzu-

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    sehen war, aber nicht mehr lange auf sich warten lie. Allerdings hatte sichdas Musikvideo zu diesem Zeitpunkt auch schon von seiner Promotion-funktion emanzipiert und sich als eigenstndige Kunstform etabliert.

    Die DVD-Edition Zur Rettung der Popkultur der Bundeszentrale fr politi-sche Bildung versammelt 16 experimentelle Musikclips aus Deutschland, die zwischen 2003 und 2007 fr die Kurzfilmtage in Oberhausen ausgewhltwurden. Einige von ihnen wurden mit dem dort verliehenen MuVi-Preis aus-gezeichnet. Das beiliegende Booklet bietet in kurzen Begleittexten inhalt-liche und sthetische Analysen der Musikclips, ergnzt durch ein Glossarfilm- und musiksprachlicher Begriffe. Als Anregung fr die schulische Aus-einandersetzung mit experimenteller Musikvideokunst stehen auf der DVDfr jeden Clip Unterrichtsvorschlge und Arbeitsbltter zur Verfgung imPDF-Format als Printversion.

    So reflektiert Zur Rettung der Popkultur die Vielfalt des Formats: von Vi-deos, die von Plattenfirmen in Auftrag gegeben wurden und regulr im Mu-sikfernsehen liefen, bis zu Kurzfilmen, bei denen den Videoknstler/innendie Musik als Inspiration diente. Dabei fllt auf, dass die modernen Metho-den der Musikproduktion sich in der Bildsprache widerspiegeln. Die expe-rimentellen Clips erzhlen nur selten stringente Geschichten, sondern adap-tieren Verfahrensweisen aus HipHop und elektronischer Musik, bertragendas Sampling und Remixen aufs Visuelle, setzen altes Material in neue Sinn-zusammenhnge. Die Folge: Das Musikvideo ist allen Unkenrufen zumTrotz so aktuell und lebendig wie nie zuvor.

    Thomas Winkler

  • Musik: Amon Tobin

    Regie: Corine Stbi

    Label: Ninja Tunes

    Produktion: Kunsthochschule fr Medien Kln

    Jahr: 2004

    Dauer: 530

    Musik: International Pony

    Regie: Drehort Sankt Georg

    Label: Columbia Deutschland

    Produktion: SPW

    Jahr: 2003

    Dauer: 1038

    1My Mouth /BeautifulDay

    Sorgsam konstruierte Schwarz-Wei-Bilder und grobkrnige Straeninter-views: In My Mouth/Beautiful Dayfinden verschiedene filmische sthe-tiken von Dokumentar- und Fiction-film zusammen. Keine davon wirdgewhnlich mit MTV-tauglichen Vi-deoclips in Zusammenhang gebracht.Eine junge Reporterin, die auch alsOff-Erzhlerin fungiert, fhrt zueinem Konzert und Interviewterminmit International Pony und hofft, dasPhnomen der mysterious band zu ergrnden. Dabei kreuzt sie wie-derholt die Wege eines namenlosenProtagonisten, der auf seiner Suchenach einer von ihm komponiertenMelodie ebenfalls der Band auf derSpur ist. Die Geschichte beginnt alsromantischer Film noir und mutiertdann zur fiktiven Fernsehreportage.

    Sebastian Schultz und Till Franzen,die unter dem Projektnamen DrehortSankt Georg bereits Musikvideos fr deutsche Bands wie Blumfeld undStella drehten, haben die beidenHauptrollen mit dem Schauspieler

    Sie ist Hausfrau, Sekretrin, Flugbe-gleiterin, Friseuse, Fleischereifachver-kuferin, Krankenschwester, Sngerin,Stripperin und Mutter. Sie ist ein Wor-king Girl. Die Schweizer KnstlerinCorine Stbi setzte 2004, damals nochals Studentin der Kunsthochschulefr Medien in Kln, einen alptraum-haften Ausflug in ein aseptischesGender-Labor in Szene. Die mittler-weile mehrfach preisgekrnte Musik-clip-Regisseurin und Knstlerin, dieihre audiovisuellen Arbeiten bei derVideonale im Kunstmuseum Bonnund auf der KunstFilmBiennale inKln prsentiert hat, schlpfte alsHauptdarstellerin selbst in die wech-selnden Rollen.

    In streng stilisierten, schattenlos aus-geleuchteten Bildern, die an die Hoch-glanz-Produkte der Werbeindustriegemahnen, inszeniert sich Stbi alsemotionslos in die Kamera blicken-des, fast schon an einen seelenlosenRoboter erinnerndes, idealisiertesWorking Girl. ber dem atmosph-rischen TripHop des textlosen,

    2Working Girl

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    elektronischen Instrumentals des brasilianischen Musikers, DJs undProduzenten Amon Tobin, das eigent-lich den Titel Proper Hoodidge trgt,setzt Stbi ohne Auftrag der Platten-firma aus rein knstlerischem Inter-esse ihr selbst gewhltes Thema innachgerade ikonografische Einstel-lungen um.

    In einer sterilen Umgebung werdenFrauenbilder, Frauenrollen und Frau-enklischees variiert und verhandelt mit offenem Ausgang, aber eindeutigfeministischer Grundhaltung. Die repetitive, mit der eigenen rhythmi-schen Eintnigkeit spielende Musikvon Tobin, der als Komponist vonSoundtracks fr Filme und Compu-terspiele selbst eine Affinitt zum Vi-suellen hat, greift Stbi insofern auf,als dass sie wie ein HipHop-DJbeim Scratchen am Plattenspielerden Film immer wieder kurz zurck-spielt, die Protagonistin ihre Aktionwiederholen lsst und so die Frau als Gefangene gesellschaftlicher Er-wartungshaltungen inszeniert.

    Jean Colby und der Independent-Musikerin Angie Reed besetzt. ImAuftrag von International Pony fertig-ten sie nicht nur die hier vorliegendelange Version von My Mouth/Beauti-ful Day an, sondern zustzlich aucheine krzere, die zur Verwertung imMusikfernsehen vorgesehen war. Dortliefen dann aber beide Versionen, obwohl vor allem der lange Clip be-wusst alle Vorgaben des blichenMusik-Werbevideos sprengt: NichtSong und Band bilden das Zentrumdes Films, sondern sie sind nur An-lass, funktionieren wie der Mac-Guffin in einem Hitchcock-Film. DasLied ist in Fragmenten zu hren, dieBand selbst bleibt anonym. Die ver-meintlichen Stars International Ponyhaben nur einen kurzen Auftritt, beidem sie hinter Masken verborgenbleiben. So wird der Clip My Mouthzu einem ironischen Kommentar derPhilosophie der DJ-Kultur, nach derder Produzierende hinter die Musikzurcktreten solle. An seiner Stellerckt der Konsumierende in den Mit-telpunkt und wird selbst zum Star.

  • piert. Der Alternativclip, der bei denOberhausener Kurzfilmtagen mitdem MuVi Award fr das bestedeutsche Musikvideo ausgezeichnetwurde, bedient sich dagegen einerausgefeilten Animationstechnik.Fotos von Skinner und britischenStdten, Bilder aus Werbung undMedien werden zu bewegten Colla-gen voller kleiner, beziehungsreicherDetails zusammengeschnitten. Skinners gesellschaftskritischerLiedtext kann so direkter, mitunterfast schon zu offensichtlich illustriert,aber auch mit neuen, weiterfhren-den Bedeutungen versehen werden.Der animierte Snger taumelt durchReihenhuser und Wolkenkratzer,durch die U-Bahn und vorbei anSchaufenstern. Er blttert in Zeitun-gen, knickt Wolkenkratzer um undgert in ein Fadenkreuz, um schlie-lich auf einer Wolke zu landen undsich selbst im Fernsehen zu sehen.So erhalten Skinners vom Lokalenberichtende Reime in dieser Versionvon Lets Push Things Forwardeine allgemeingltigere Ebene.

    Lets Push Things Forward ist nichtdas offizielle Musikvideo zu demgleichnamigen Song des britischenRappers und Vertreters der UK-Ga-rage-Szene Mike Skinner und seinerBand The Streets, der im Jahr 2002in vielen Lndern ein groer Hit war.Der Clip entstand zwei Jahre spteran der Georg-Simon-Ohm-Fach-hochschule Nrnberg und bebildertnicht nur Skinners Musik, sondernadaptiert in gewisser Weise auchdas fr das Musikfernsehen produ-zierte Original-Video und remixtdessen Ideen ein im HipHop un-verzichtbares Verfahren.

    Die drei verantwortlichen Studieren-den Martin Sulzer, Andi Triendl undJulia Weiger whlten eine hnlicheStoryline: Auch sie lassen den Prota-gonisten, Skinner selbst, durch eineSzenerie laufen und dabei seinenText rappen. Im Original wurde dervor einem Bluescreen aufgenom-mene Skinner in mit dokumentari-scher Exaktheit gefilmte Bilder seinerHeimatstadt Birmingham hineinko-

    Musik: The Streets

    Regie: Martin Sulzer, Andi Triendl, Julia Weiger

    Label: Warner Musik

    Produktion: Georg-Simon-Ohm-FH Nrnberg

    Jahr: 2004

    Dauer: 339

    4Lets PushThings Forward

    beispielsweise zu einer Sonne odereiner Schwangeren.

    Ursula Bckler und Georg Graw, diean verschiedenen Orten der Welt regelmig ihren Raum fr Projek-tion erffnen und dort Videokunstzeigen, setzen immer weiter techni-sche Manipulationen ein, bis sichder Clip endgltig zur visuellen As-soziationsmaschine auswchst. Pa-rallel werden die Bezeichnungen derEffekte eingeblendet: Wrter wiecolorama, wave warp oder 3Dlayer kommentieren nun bisweilendas bildliche Geschehen, konterka-rieren es dann aber auch oder las-sen allzu oft gar keinen sinnflligenZusammenhang erkennen. Auchzum Text des Songs von Noriko,deren elektronische Popmusik oftmit jener Bjrks verglichen wird, be-steht kein direkter Zusammenhang.War der Film doch nie als herkmm-liches Musikvideo gedacht, sondernals kunstvolles Spiel mit Sehge-wohnheiten und Bedeutungszu-schreibungen.

    How To Believe In Jesus ist einervon insgesamt 13 Kurzfilmen ausdem How To-Zyklus des KlnerKnstlerpaars Graw Bckler. ZuMugen Kyuukou, einem gespens-tischen Song der japanischen Expe-rimental-Musikerin Tujiko Noriko,erscheint die weltbekannte Jesus-Statue auf dem Zuckerhut ber Riode Janeiro vom Sturm umtost. Dasbrasilianische Wahrzeichen wirkt wiegepeitscht von den heftigen Windenund grell erleuchtet durch Blitze:Doch das vermeintliche Dokumen-tarmaterial ist ein Trugschluss. Dasnahezu monochromatische Bildwurde im Zeitraffer verdichtet undreduziert auf wenige Farben: DieTouristenattraktion wird zu einemPiktogramm aus einfachen klarenFormen, eine Ikone. So wird die Statue zum standhaften, wei strah-lenden Kreuz in einer dsteren, vondunkel druendem Chaos regiertenWelt. Mit Computerbearbeitungenverstrken Graw Bckler diesen Ein-druck und verwandeln so das Abbildder Statue in immer neue Formen,

    Musik: Tujiko Noriko

    Regie: Graw Bckler

    Label: Tomlab

    Produktion: Graw Bckler

    Jahr: 2003

    Dauer: 616

    3Mugen Kyuukou How To Believe In Jesus

    1110

  • weile zu halten. Dazu wird die Musikden Bildern und der Dramaturgie un-tergeordnet und muss konsequentverstummen, sobald die Protagonis-ten zu sprechen beginnen. Statt-dessen forscht die Kamera in denfaltigen Gesichtern nach den Spurendes Glcks, fngt der Film lieber die stillen Momente einer langjhrigenBeziehung ein als jeden Augenblickder Ruhe mit Musik zu berfrachten.Das Lied mit dem Text von SngerinJudith Holofernes beschreibt dieHerausforderung, die darin liegt, eine Liebe am Leben zu erhalten,und wird im Clip punktuell wie einExperten-Kommentar eingesetzt. Die Produktionsfirma filmloungeGmbH zeichnet bislang fr alle Musikvideos von Wir sind Heldenverantwortlich. Der Clip zu Die Zeitheilt alle Wunder wurde aber auf-grund seiner damals auergewhn-lichen Lnge nie regulr als Werbe-mittel eingesetzt.

    Mehr als 50 Jahre ist das BerlinerEhepaar verheiratet, das im Mittel-punkt des Clips von Cornelia Cornel-sen und Florian Giefer steht. DieZeit heilt alle Wunder, ein Lied dererfolgreichen deutschen PopbandWir sind Helden, setzen die beidenFilmemacher von filmlounge GmbHals roten Faden in ihrem Kurz-Doku-mentarfilm ber das Zusammenle-ben des Rentners und seiner Frauein. Sie zeigen das Ehepaar am Kchentisch, folgen der Frau zumBettenmachen ins Schlafzimmer und dem Mann beim Gassi-Gehenmit dem Hund.

    Die Kamera schaut auf den Alltagdes Paares, entdeckt dessen humor-volle Seiten, dokumentiert die Frot-zeleien und Differenzen der Eheleuteuntereinander, lsst sie aber auchber den Tod alter Freunde/innenund die Trostlosigkeit des Alternsklagen. Deutlich wird, wie schwieriges fr zwei Menschen ist, eine Ba-lance zwischen Gemeinsamkeit undAlleinsein, Vertrautheit und Lange-

    Musik: Wir sind Helden

    Regie: Cornelia Cornelsen, Florian Giefer

    Label: Labels Germany

    Produktion: filmlounge GmbH

    Jahr: 2004

    Dauer: 935

    6Die Zeit heiltalle Wunder

    fernsehen eingesetzt wurde, formu-liert zu den melancholischen Kln-gen des Lo-Fi-Duos aus Minne-sota einen kunstvoll verschrnktenKommentar zur Neutronen-Bombe,whrend im Songtext die Rede da-von ist, dass der Mensch auf einerBananenschale tdlich verunglckenoder an einer Schneeflocke erstickenknnte. Die Inszenierung, die demDu grain Dmoudre Film Festival2006 den 1. Preis in der Sparte Kurz-film wert war, ist dabei hnlich un-aufgeregt wie das reduzierte, alleinauf akustische Gitarre und Stimmebauende Lied, das ohne dramati-sche Hhepunkte dahintrpfelt:Komplex konstruiert, aber in allerRuhe steuert die zum Teil rckwrtsund in verschiedenen Zeitebenen erzhlte Geschichte auf die abschlie-ende, aber dann eher beilufig ab-laufende Katastrophe zu. Nach demDesaster kehrt eine geradezu himm-lische Stille ein und ein Gedankehuscht flchtig vorbei: Vielleichtwre die Welt ohne Menschen einebessere.

    Musik: Hymies Basement

    Regie: Markus Wambsganss

    Label: Lex Records

    Produktion: Kaliber 16

    Jahr: 2004

    Dauer: 616

    5LightningBolts & Man Hands

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    Der Clip beginnt mit Impressionendeutscher Landschaften: GoldgelbesGetreide wiegt sich im Wind, Later-nen leuchten, Straen fhren in dieFerne, Autobahnauffahrten in dieDunkelheit. Lightning Bolts & ManHands zeigt in satten Farben undstillen Einstellungen ein in sptsom-merlicher Schnheit erstarrtes Land.Aber etwas fehlt: Die Szenerien sindallesamt menschenleer, die Bewoh-ner/innen verschwunden, die Stdteentvlkert. Die Erklrung liefert dasMusikvideo von Markus Wambs-ganss in einer Rckblende. Dazunimmt die Kamera die Perspektiveeiner Katze ein und zeigt Impressi-onen aus dem Leben einer Kleinfa-milie: das gemeinsam verplauderteFrhstck, ein verlassenes Bgel-brett, den Familienvater vor dem laufenden Fernseher bis zu demMoment, in dem ein Lichtblitz alleserhellt und die Leere um sich greift.

    Der im Auftrag der US-amerikani-schen Band Hymies Basement ent-standene Clip, der auch im Musik-

  • Pappe gemalte Textzitate im wahr-sten Sinne des Wortes fallen lie.Auerdem zitiert Schamoni moderneVideos aus dem Pop- und HipHop-Bereich, wenn die Chicks on Speedbeim Tanzen an einem Strand undvor Hochhusern stets den Blick-kontakt zur Kamera halten.

    Dass die drei Musikerinnen dabei inbemalten Kleidern und Overalls auf-treten und sich eher eckig und un-gelenk bewegen, sorgt indes fr eine Brechung, die den sonst eherschnden Musikclip zur reizvollenKunst-Performance befrdert. Damitreflektiert der Clip Wordy Rapping-hood, der 2004 im deutschen Mu-sikfernsehen eingesetzt wurde, dasKonzept von Chicks on Speed. DasKnstlerinnen-Kollektiv sah sich vonAnfang an als Gesamtkunstwerk, in dem Mode, Performance und bil-dende Kunst, Image und Inszenie-rung zueinander finden sollten. DieMusik war stets nur ein Teil diesesGesamtkonzepts, wenngleich auchin der Auenwirkung der sichtbarste.

    Der Clip von Deborah Schamoni zuWordy Rappinghood, einer Singlevon Chicks on Speed, zitiert einer-seits klassische Ideen aus der Ge-schichte des Musikvideos, orientiertsich aber andererseits auch amBackground der Electroclash-Formation, die 1997 von MnchnerKunststudentinnen gegrndet wurde.Die Videoknstlerin und KamerafrauSchamoni, die neben mehreren Mu-sikvideos fr die Chicks on Speedauch fr andere renommierte deut-sche Bands wie Die Goldenen Zitro-nen, Die Sterne, Blumfeld, Stella,Rocko Schamoni, Whirlpool Produc-tions und FSK drehte, nimmt iro-nisch gebrochen wiederkehrendeKlischees aus der Geschichte desPopclips auf: So mssen die dreiChicks Schilder mit Schlagwrternwie Peace, Anger oder MiddleClass White Girls in die Kamera hal-ten und wegwerfen ein beliebtesMotiv, seit Bob Dylan in D.A. Penne-bakers legendrer DokumentationDont Look Back (1967) zu Sub-terranean Homesick Blues auf

    Musik: Chicks on Speed

    Regie: Deborah Schamoni

    Label: Chicks on Speed Records

    Produktion: Smoczek Policzek

    Jahr: 2004

    Dauer: 342

    8Wordy Rapping-hood

    Partner in der Klner Firma zucker-zeit, der Elektronik-Musiker C-Schulz,von dem die Musik im Clip stammt.Diese Musik ist ein avantgardisti-sches Schaben, ein auf Rhythmusund Stimme verzichtendes, hypnoti-sches Knistern undefinierbarer Ge-rusche, deren ursprngliche Quelledurch die Bearbeitung im Computernicht mehr zu erkennen ist. So wer-den in dem von verschiedenen Fes-tivals eingeladenen, vom Musikfern-sehen aber verschmhten KurzfilmBild und Ton zwar nicht eins, aberkorrespondieren doch strukturell:Zum auf- und abschwellenden wei-en Rauschen von C-Schulz montiertvon Greve die krisseligen Bilder ausdem animierten Familienalbum, die in ihrer bestndigen Wiederholung,im Kontrast zu den Bildern des totenFisches und in Kombination mit derbeunruhigenden Musik ein mal me-lancholisches, mal bedrohliches Gefhl vermitteln. Dem friedlichenMiteinander in der gutbrgerlichenKleinfamilie, so ein Fazit, ist nichtmehr zu trauen.

    Grobkrnige, farbverwaschene Super-8-Aufnahmen, vermutlich aus den1960er-Jahren: ein schlichter Holz-tisch und Sthle, Marmelade undKaffeetassen, gebutterter Toast, eingestreifter Morgenmantel, ein Fischwird ausgenommen, ein kleines Md-chen und ihr Bruder trinken Milch.Geradezu klassische Motive einesprivaten Familienfilms, wie man ihnauf dem Flohmarkt finden kann, bil-den das Rohmaterial fr Swelan.Nur sind die Aufnahmen unterbro-chen von traumhaften Sequenzeneines blutroten Sprungtuchs, das zueiner Bild fllenden Flche wird.Stndig werden dieselben Einstellun-gen aus der Vergangenheit einerDurchschnittsfamilie wiederholt, wer-den die Bilder gesampelt und be-arbeitet, geloopt und geremixt alles Techniken aus der elektroni-schen Musik, die durch den Einzugder Digitalisierung mglich wurden.

    Ausdrcklich bedient sich die Knst-lerin und Filmemacherin Christina vonGreve derselben Methoden wie ihr

    Musik: C-Schulz

    Regie: Christina von Greve

    Label: Sonig

    Produktion: zuckerzeit

    Jahr: 2005

    Dauer: 510

    7Swelan

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  • Gehts noch variiert, erweitert undkommentiert altbekannte Bilder ausdem Fernsehen: Der Brsenreporterder Nachrichtensendung, GerhardSchrder und weitere Politiker wer-den von einem Schwarm von Mobil-telefonen berfallen, whrend ausgesampelten Handyklingeltnengenerierte Musik erklingt. Aber derAngriff der Killer-Handys dient demKurzfilm nur als roter Faden: Bundes-liga-Profis haben zu kmpfen miteinem sich multiplizierenden Ball, Pillen in allen Farben des Regenbo-gens fliegen ber einen Friedhof,grellbunte Lebensmittelverpackungenzerplatzen, nacktes Fleisch aus An-zeigen wird zerhackt und ins Unend-liche verlngert, eine Hitler-Figur auseinem Videospiel kommt durch einenwinterlichen Wald gestapft und ver-sinkt im eigenen Blut. Immer schnel-ler rotieren die Einstellungen, Bilderberschlagen sich und die Telefonefliegen immer weiter.

    Der aus Frankfurt am Main stam-mende Filmemacher und Knstler

    zum unmerklich, aber doch bestim-mend von der Werbewelt geprgtenmodernen Leben. Der Clip, HeimsDiplomarbeit fr sein Mediendesign-Studium an der FH Mainz, enthlltim Verbund mit den mathematischabgezirkelten Break-Beats deskalifornischen Produzenten BitMeddler andererseits aber auch systematisch die strukturellen Pa-rallelen zwischen Musik- und Film-produktion im Zeitalter der Digita-lisierung: Im Rhythmus der klar defi-nierten, aber unregelmigen Elek-tro-Beats werden auch die Bilderzer-, ver- und geschnitten. Hier wiedort wird altes Material absichtsvollrecycelt, wird seine historische Be-deutung herausgearbeitet und an-schlieend in neue Zusammenhngegesetzt. Musik und Film ergnzensich, weil sie in denselben Strukturenarbeiten: Das Medium mag ein an-deres sein, die Methoden sind ver-gleichbar.

    Szenen einer Grostadt: Huserfron-ten, Plakatwnde, Kraftfahrzeuge imStau, ein Zug vor Plattenbauten, dieAutobahn, Fugnger/innen, einKiosk, ein Stck Mauer die vonMenschenhand geschaffene Welt inunspektakulren, meist computer-bearbeiteten Standbildern, die wiezufllig zusammengestellt wirken.Der Titel Cut ist dabei Programm:Zerlegt und neu zusammengesetztwird das visuelle Material, verzgertund beschleunigt, von Balken in Rot,Wei und Schwarz berlagert. Ein-zelne Elemente aus den Stadtan-sichten machen sich selbstndig:Die Schrift eines Plakats fllt ausdem Bild und taucht in anderem Zu-sammenhang neu auf; das Logo ander Fassade einer Bank beginnt zuwachsen und zu sprieen. Eine Wer-bewand erhlt eine mutierte Bot-schaft: Advertisement is dead.

    Till Heim, der selbst in der Vergan-genheit wiederholt fr Werbeagentu-ren gearbeitet hat, gestaltete seinenFilm als staubtrockenen Kommentar

    Musik: Roman Flgel

    Regie: Michel Klfkorn

    Label: Cocoon Records

    Produktion: Michel Klfkorn

    Jahr: 2005

    Dauer: 4

    10Gehts noch

    Musik: Bit Meddler

    Regie: Till Heim

    Label: Planet Mu

    Produktion: Till Heim

    Jahr: 2004

    Dauer: 404

    9Cut

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    Michel Klfkorn hat zu den demon-strativ synthetischen, hysterischquietschenden Techno-Klngenvon Roman Flgel einen dezidiertenKommentar zu einer Musikindustriegestaltet, die in der Auswertung vonKlingeltnen ihre Zukunft sah einePerspektive, die sich mittlerweile alsSackgasse herausgestellt hat. Allge-meiner betrachtet kritisiert Klfkorneine Gesellschaft, in der das Fernse-hen nicht mehr Spiegelbild der Ge-sellschaft, sondern nur noch ihr Zerr-bild ist. Es ordnet nicht mehr die Welt,sondern verstrkt vielmehr die allesberrollende Informationsflut. DasFernsehen liefert kein gesamtgesell-schaftliches Bild mehr, sorgt nicht frAbstand und Erkenntnis, denn es istlngst Teil der Maschinerie, Motordes Konsums geworden. Seitdemhat sich Klfkorn, der mehrere Clipsfr verschiedene Elektro-Produzen-ten drehte, vom Medium Musikvideokonsequent abgewendet. Den ClipGehts noch hat er eingebunden inseinen 30-mintigen Film Die Sym-phonie des berflusses.

  • es nie so leicht war wie heute, mitdem Fremden, dem stranger, inKontakt zu treten. Fremdheit lstsich auf, im Internet trifft sich dieganze Welt ber Lndergrenzen hin-weg, kulturelle Differenzen werdeneingeebnet.

    Diesen radikalen Umbruch durchdas neue Medium, die Digitalisie-rung und Internationalisierung unse-rer Wahrnehmung, scheint Kubizek, der auch schon fr Bands wie NakedLunch, Erdmbel und Somersault arbeitete, oberflchlich betrachtetnicht zu kommentieren. Erst in derMassierung der harmlosen bisnichtssagenden Filmsequenzen, diezum ruhigen Gitarrenpop von Montaohne groe Hhepunkte aufeinanderfolgen, schlt sich eine Aussage her-aus: Auch wenn wir dem Fremdenins Wohnzimmer blicken knnen, er-fahren wir doch nichts wirklich Sub-stanzielles ber ihn. Es bleibt unsweiterhin fremd, auch wenn das glo-bale Dorf scheinbar noch nher zu-sammenrckt.

    Schlafende Menschen, tanzendeMenschen, lachende Menschen, gehetzte Menschen, Menschen amStrand, Menschen im Auto, Men-schen im Fernsehen, Menschen, diein einen See springen, Menschen imFitnessstudio und eine singendeSonnenblume. Der sterreichischeMusikvideo-Regisseur Jakob M. Ku-bizek hat Good Morning Stranger,den Song der Mnchner RockbandMonta, mit einer Montage von Film-sequenzen aus dem Internet-PortalYouTube illustriert. Die Fleiarbeit,bei der Kubizek fr jede kurze Ein-stellung, die er verwendete, die Frei-gabe des Urhebers einholen musste,entstand im Auftrag der Band undlief einige Male auch im Musikfern-sehen. Mit seiner nur scheinbar will-krlichen Sammlung von privatenFilmausschnitten gibt Kubizek aufder Bildebene eine Antwort auf dieFrage, die Monta in ihrem Lied stel-len: Good morning, stranger, whathave you become? Das globaleDorf und dessen direktester Aus-druck YouTube suggerieren, dass

    Musik: Monta

    Regie: Jakob M. Kubizek

    Label: Labelmate

    Produktion: Labelmate

    Jahr: 2007

    Dauer: 420

    12Good MorningStranger

    des Posaunisten und Jazz-Band-leaders Phil Ranelin. In den fein kni-sternden Klngen treffen sich dasAnaloge und das Digitale, Blechbl-ser und Computer, Hippie und Raver,Klang- und Datenraum. RegisseurTim Bollinger, der den Clip ohne Auf-trag im Rahmen seines Studiumsdrehte und mittlerweile als Motion-designer ttig ist, entwirft dazu inwarmen, erdigen Farben Bilder vonder guten, alten Zeit, in der Musiknoch handgemacht wurde. Er setztdieses Klischee in Kontrast zum ver-meintlich kalten, maschinellen Klangder elektronischen Musik, fr dieProduzenten wie Telefon Tel Avivstehen. Mit dem Tnzchen, das derSchlafende an der Theke auffhrenmuss, illustriert er wiederum dieMacht, die die elektronische Musikauf die Krper ausbt. Doch amSchluss schlft der Protagonist wieder in aller Ruhe und unbehelligt.Der Angriff der Elektronik scheintvorerst abgewehrt.

    Eine altmodische Musikkneipe, ruhig blickt die Kamera auf Einrich-tungsdetails: Singles hngen an der Wand, daneben Schwarz-Wei-Fotos von Jazz- und Rock-Musikern.Ein Regal mit abgegriffenen Vinyl-Alben, ein Plattenspieler dreht sich,ein Ventilator rotiert. Ein Alt-Hippie,weier Zopf und Lederweste, schlftan der langen Holztheke. SeineHand macht sich selbststndig,scheint zuerst abzuwinken, schlgtdann im Takt der Musik auf und ab,nur vorsichtig zuerst. Doch langsamergreift der Rhythmus weitere Glied-maen, der ganze Krper beginnt zuzucken, bis er schlielich umherge-worfen und im Takt der Musik durch-gerttelt wird.

    Der Slapstick dieser Sequenz birgtnicht nur einen feinen Humor, son-dern fhrt auch zum grundstzlichenKonflikt hin, der bereits in der Musikdes Clips angelegt ist: Der Track desin Chicago beheimateten Electro-nica-Duos Telefon Tel Aviv ist dieRemix-Version eines alten Stcks

    Musik: Telefon Tel Aviv

    Regie: Tim Bollinger

    Label: Hefty Records

    Produktion: Tim Bollinger

    Jahr: 2007

    Dauer: 339

    11Time Is Running Out

    1918

  • Fr Bloodsample collagiert dasKnstlerkollektiv Fordbrothers gera-dezu klassisch wirkende Images ausWerbung und Fernsehen zum modi-schen Neo-Soul des Produzentenund Musikers Peter Kremeier ausFrankfurt am Main, der unter demProjektnamen Losoul verffentlicht.

    Zu einem trge schleppendenRhythmus prsentieren lchelndeModels seltsam bunte Mode oderschwebt das Produkt eines bekann-ten japanischen Uhrenbauers vorbeiund bietet sein detailreiches Innenle-ben in Groaufnahme dar. Auerdemim Angebot: Hausfrauen in Morgen-rcken, eine Fernsehansagerin mitBienenkorbfrisur, verfhrerisch glitzernde Schmuckstcke oderSchwarz-Wei-Aufnahmen der briti-schen Knigin Elizabeth II. in jungenJahren. In Bloodsample erstehendie 1950er- bis 1970er-Jahre wiederauf, aber die Bilder sind lange schonkrnig geworden und haben sichverfrbt: Am Filmmaterial hat derZahn der Zeit genagt.

    Musik: Losoul

    Regie: Fordbrothers

    Label: Playhouse

    Produktion: amour fou Filmproduktion GmbH

    Jahr: 2004

    Dauer: 451

    14Blood-sample

    sches Rauschen und Tschilpen ausdem ther zu einer Sound-Collagegefgt haben, die auch ohne jedenRhythmus einen dynamischen Sogzu entwickeln versteht. SolcheKlangminiaturen an der Grenze zumHrspiel sind die Spezialitt der beiden Schotten Mark Vernon undBarry Burns, die vornehmlich mit auf dem Flohmarkt gefundenen Ge-brauchsgegenstnden und Tonband-aufnahmen arbeiten. Ihre Klngesind eine perfekte Ergnzung fr die Animationsfilme von Mariola Brillowska. Die in Polen geboreneund in Hamburg lebende Performe-rin, Zeichnerin, bildende Knstlerin,Theaterautorin und Professorin istmit ihren Filmen weniger im GenreMusikvideo als in Galerien und beiVideokunst-Festivals zu Hause. Anden vielen verschiedenen, sich inschneller Folge abwechselnden Einzelbildern von The Lady MoonTurns Sulky haben 60 Studierendeder Hochschule fr Gestaltung (HfG)Offenbach unter der Leitung vonBrillowska mitgearbeitet.

    Eine Hand mutiert zur Rakete, eineandere zur Teekanne. Weitere Hndewerden zu Kfern oder zu Blumen,Finger zu Bumen oder Tropfen. Eine Hand landet auf dem Mond undmacht dort die ersten Schritte. VieleHnde pulsieren, schwellen an, ver-ndern sich in Undefinierbares. Dasstndige Mandern ist voller Details,gespickt mit Anspielungen und Ver-weisen, voller Doppeldeutigkeitenund ausgestattet mit einem mituntergrausamen Witz. Vor allem aber ldtder Kurzfilm sein Publikum zumfreien Assoziieren ein. In Sekunden-schnelle wechselt die Szenerie, alseinzige Konstante steht im Mittel-punkt die menschliche Hand, die inverwegenem Tempo immer neueFormen, Gestalten, Bedeutungenannimmt.

    Der Hintergrund dazu ist tiefschwarz,lichtlos und dunkel wie das ewigeAll, von dem die Stimmen aus demOff erzhlen. Sie sind Teil von TheLady Moon Turns Sulky, des Tracksvon Vernon & Burns, die atmosphri-

    Musik: Vernon & Burns

    Regie: Mariola Brillowska

    Label: Gagarin Records

    Produktion: Interpol Filmproduktion

    Jahr: 2006

    Dauer: 525

    13The LadyMoon TurnsSulky

    2120

    Der romantische Blick in die Vergan-genheit wird so gebrochen, gespie-gelt mit seiner eigenen Vergnglich-keit. Die gute alte Zeit ist verblasstmit den Bildern, die einst von ihr ge-macht wurden. Dass die bleibendenBilder ausgerechnet aus der Wer-bung stammen, kann als gesell-schaftlicher Kommentar verstandenwerden. Aber Bloodsample lsstsich auch als schwrmerische Bebil-derung der Sehnsucht nach einervergangenen Zeit sehen, wie sie inden melancholischen Klngen vonLosoul zum Ausdruck kommt, dermit seinem Song dem klassischenSoul der 1960er-Jahre Referenz er-weist. Das Konzept des Clips ist an-dererseits auf der Hhe der Zeit, weilsich in der bestndigen Wiederkehreinzelner Sequenzen und ihrer zumTeil monotonen Wiederholung dieIdee des Sampling spiegelt: AuchLosoul hat fr Bloodsample ein-zelne Takte aus alten Jazz- undSoul-Stcken gesampelt, sie ver-vielfltigt und zu einem neuen Trackzusammen gesetzt.

  • In freier Wildbahn: Aus einer inner-stdtischen Brachflche wird einBassin, aus dem statt Delfinen nurFischkutter auf- und wieder abtau-chen. Der Blick durch die Fenster-front eines Lofts wird zum Blick inein Aquarium, in dem Flugzeugestatt Fische schwimmen. Und einleerer Parkplatz gert zur Koppel,auf der nicht ein Pferd, sondern einSattelschlepper sich wiehernd auf-bumt und Lokomotiven ein Ballettauffhren.

    Henrik Mauler und Jamie Raap, diegemeinsam in London die Videopro-duktion Zeitguised betreiben, ge-wannen mit The Zoo im Jahr 2005bei den 51. Internationalen Kurzfilm-tagen in Oberhausen den MuVi-Preisfr das beste deutsche Musikvideo.Dabei ist nicht nur der Track des Ro-senheimer Produzentenduos Funk-strung, Vertretern der sogenanntenIntelligent Dance Music (IDM),ungewhnlich fr deren sonstigesSchaffen, da er vollkommen aufeinen Rhythmus verzichtet. Auch

    Musik: Funkstrung

    Regie: Zeitguised

    Label: K7 Records

    Produktion: Zeitguised

    Jahr: 2004

    Dauer: 1

    16The Zoo

    Zusammen haben sie das Stck I Have Seen You Dancing BetterThan This komponiert, den dazuge-hrigen Clip konzipiert und in Szenegesetzt. Zudem treten sie auch nochals Darsteller auf. Das ist auerge-whnlich: Bei keinem anderen derauf dieser DVD versammelten Mu-sikvideos liegen alle Verantwortlich-keiten in einer Hand, I Have SeenYou Dancing Better Than This da-gegen wird von einem Gesamtkon-zept getragen. Indem die beidenProtagonisten sich ohne einen ein-zigen Schnitt abgefilmt haben, ver-mitteln sie ein Gefhl von Authen-tizitt, das dann aber zerstrt wirddurch eine Musik, die nicht mit demvisuellen Geschehen korrespondiertund die noch dazu offensiv alle Kli-schees der populren Musik ablehnt.Eine einfache Brechung htte nochironisch verstanden werden knnen.Dieser doppelte Bruch aber schafftGrundstzliches: Er enttuscht Er-wartungshaltungen und schleift Sehgewohnheiten.

    Wir sehen in einer Plansequenz, also einer langen Einstellung ohneSchnitte: zwei Mnner in schwarzenAnzgen vor einer weien Wand.Einer spielt, tief ber sein Instrumentgebeugt, elektrische Gitarre; der an-dere tanzt ausdrucksstark, wirbeltherum, schleudert die Gliedmaenhin und her. Wir hren: etwas ganzAnderes. Nmlich ein rhythmuslosesSchaben und Kratzen, avantgardis-tischen Lrm, dann wieder atmos-phrisches Rauschen, eine verlorenvorbeihuschende Gitarre.

    Die Diskrepanz zwischen Bild undTonspur knnte nicht grer sein:Die experimentelle Klangskulpturkontrastieren Luigi Archetti und BoWiget mit den ausgebrannten Ritua-len der Rockmusik. Der in Zrich le-bende Italiener Archetti komponiertfr Theater und Film, malt, performtund hat in den zum Teil bekanntenBands Tiere der Nacht, Guru Guruund Affront Perdu gespielt. DerSchweizer Wiget ist Cellist, Kompo-nist, Improvisator und Performer.

    Musik: Luigi Archetti, Bo Wiget

    Regie: Luigi Archetti, Bo Wiget

    Label: Rune Grammofon

    Produktion: Luigi Archetti, Bo Wiget

    Jahr: 2006

    Dauer: 341

    15I Have SeenYou DancingBetter ThanThis

    2322

    der Clip selbst ist mit gerade maleiner Minute ungewhnlich kurz.Und doch steckt in dem knapp be-messenen Kurzfilm mehr als nur eineBebilderung der schwelgerischen,leicht atonalen, im Rechner bearbei-teten Gitarrenklnge von Funkst-rung. The Zoo gelingt dank demEinsatz moderner Computer-Anima-tion eine Parabel auf das moderneLeben. Das, erzhlt uns der Film vonMauler und Raap, wird auf den Men-schen verzichten knnen. Dann aberwerden die menschenleeren Stadt-landschaften nicht von den Tierenzurckerobert, sondern von Maschi-nen. Die urbanen Rume, errichtetvon und fr den Menschen, werdenvon den Artefakten beherrscht: einetechnoide Utopie, in der allerdings glaubt man The Zoo endlichFriede sein wird. Am Schluss sprie-en auf einer Mondfhre, mit dereinstmals der Mensch auf dem Erd-trabanten landete, viele kleineMondfhren wie Blten. SelbstPflanzen sind in dieser schnenneuen Welt nicht mehr ntig.

  • Lo-Fi Abkrzung von Low-Fide-lity und Gegensatz zu High Fidelity (engl.: HoheKlangtreue, kurz: Hi-Fi),einem Qualittsstandard frAudio-Wiedergabegerte.Der Begriff bezeichnetMusik, die bewusst mit billigem technischemEquipment aufgenommenwurde oder die zumindestso klingt. Oft werden beiden Aufnahmen Vierspur-Rekorder eingesetzt, umgngige Studio-Standardszu unterlaufen und einenGegenpol zu kommerziellerMusik zu setzen.

    LoopIm frhen HipHop ent-wickelte Technik, bei derein DJ mit zwei identischenVinyl-Schallplatten auf zwei Plattenspielern durchgeschicktes Hin- und Her-schalten wiederholt diesel-ben, besonders tanzbarenTakte hintereinander ab-spielt. Auch wenn Loopsmittlerweile problemlos imComputer erstellt werden,bleibt die Grundidee desRecyclings erhalten: dasErschaffen neuer Pop-songs aus dem Fundus der Popgeschichte.

    MacGuffinVon Alfred Hitchcock ge-prgter Begriff, der ein Ele-ment einer Filmhandlung

    Intelligent Dance Music (IDM)Genre der elektronischenMusik, das sich durch dieSuche nach ungewohntenKlngen, der Ablehnungvon kommerziellen Pop-Klischees und der inno-vativen Verwendungrhythmischer Muster ausTechno, Industrial oderDrum & Bass auszeichnet.Einflussreiche Vertretersind etwa Aphex Twinoder Mouse on Mars.

    KameraperspektiveDie gngigste Kamera-perspektive ist die Nor-malsicht. Sie fngt dasGeschehen in Augenhheder Handlungsfiguren einund entspricht deren nor-maler perspektivischerWahrnehmung. Aus derUntersicht/Froschperspek-tive aufgenommene Ob-jekte und Personen wirkenoft mchtig oder gar be-drohlich, whrend die Auf-sicht/Obersicht Personenoft unbedeutend, kleinoder hilflos erscheinenlsst. Die Vogelperspek-tive kann Personen alseinsam darstellen, ermg-licht in erster Linie aberbersicht und Distanz. Die Schrgsicht/gekippteKamera evoziert einen irrealen Eindruck und wirdhufig in Horrorfilmen ein-gesetzt.

    DJAbkrzung von Disc Jockey, der eine von ihmzusammengestellte Aus-wahl an Songs einem Publikum prsentiert, bei-spielsweise im Radio, ineiner Diskothek oder beieiner Privatparty. Seit Endeder 1970er-Jahre hat sich durch HipHop undTechno daraus ein kreati-ver Beruf mit Berhrungs-punkten zum Musikpro-duzenten entwickelt.

    EinstellungsgrenIn der Filmpraxis habensich bestimmte Einstel-lungsgren durchgesetzt,die sich an dem im Bildsichtbaren Ausschnitt einerPerson orientieren: Die Detailaufnahme umfasstnur bestimmte Krperteilewie etwa die Augen oderHnde, die Groaufnahme(engl.: close up) bildet denKopf komplett oder leichtangeschnitten ab, dieNaheinstellung erfasst denKrper bis etwa zur Brust(Passfoto). Der Sonderfallder Amerikanischen Ein-stellung zeigt eine Personvon der Hfte an aufwrtsund hnelt sehr der Halb-naheinstellung, in der etwa zwei Drittel des Kr-pers zu sehen sind. DieHalbtotale erfasst eine Per-son komplett in ihrer Um-gebung und die Totale

    prsentiert die maximaleBildflche mit allen agie-renden Personen. DiePanoramaeinstellung zeigt eine Landschaft soweitrumig, dass derMensch darin verschwin-dend klein ist.

    ElectroclashMusikrichtung, bei derProduktionsweisen derelektronischen Musik aufElemente des Punkrockund des New Wave ausden spten 1970er-Jahrentreffen. Damit kombiniertElectroclash ursprnglichsich antagonistisch gegen-berstehende Musikstile hier Punk und New Wave,dort elektronische Tanz-musik. Knstler/innen, diediesem Stil zugeordnetwerden, sind etwa Pea-ches und DJ Hell.

    HipHopAus den USA stammendeMusik, die ihre Wurzeln in der Funk- und Soulmu-sik hat. Charakteristischfr diesen Stil sind Sprech-gesang (Rap) sowie dasSamplen, Mixen undScratchen des DJs. HipHop steht als Begriffzudem auch fr eine mitder Musik verbundene Jugendkultur, deren Ele-mente neben der MusikBreakdance und dasMalen von Graffitis sind.

    Bluescreen Die Bluescreen-Technik,auch Blue Box-Technik genannt, ist ein Trickmisch-verfahren, bei dem Perso-nen nachtrglich vor einenanderen Hintergrund ge-setzt werden knnen. Dieser enthlt eine realeAufnahme oder eine Com-putergrafik. Dazu werdendie Darsteller/innen voreinem monochromen, tra-ditionell blauen Hintergrundgefilmt, der als Platzhalterfr den gewnschten Hintergrund dient. Im An-schluss werden die blauenAnteile herausgefiltert unddie Personen so freige-stellt. Danach werden derneue Hintergrundfilm undder freigestellte Vorder-grundfilm miteinander kombiniert.

    Break-BeatFrher durch Loopen,heute eher durch Samplinghintereinander geschnitteneRhythmusteile (Breaks), die als Grundlage fr einDance-Musikstck verwen-det werden. Mittlerweileauch Oberbegriff fr Gen-res, in denen Breakbeatszum Einsatz kommen, wieDrum & Bass, Jungle oder2Step.

    Glossar

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    beschreibt, das eher ne-benschlich ist, aber dieSpannung erhht oder dieHandlung vorantreibt. Daskann eine geheimnisvollerKoffer, ein Geheimplanoder eine Randfigur sein.Der berhmteste MacGuf-fin der Filmgeschichte istwohl das Wrtchen Rose-bud, das der Medien-magnat Citizen Kane imgleichnamigen Orson-Welles-Film auf seinemSterbebett flstert.

    MTV (Music Television)MTV ist ein US-amerikani-sches Fernsehnetzwerkder MTV Networks mit Sitz in New York, das zumMedienkonzern Viacom gehrt. MTV ging im Au-gust 1981 in den USA aufSendung. 1987 starteteMTV Europe in Londonauch mit einem deutsch-sprachigen Programm. Insgesamt gibt es mittler-weile weltweit mehr als 30 regionale Versionen.MTV begann als reine Ab-spielsttte fr Popclips undwar damit hauptverant-wortlich fr die Entwicklungdes Musikvideos als Kunst-form. Zuletzt ein Teenager-Programm mit Spielshowsund nur noch wenigen Musikanteilen, wechseltMTV Anfang 2011 mit seinem Hauptkanal ins Bezahlfernsehen.

  • schaften zum Thema Frau-enrollen im Musikvideo.

    Keazor, Henry/Wbbena,Thorsten: Video thrills theRadio Star. Musikvideos:Geschichte, Themen, Ana-lysen, Bielefeld 2007. Stan-dardwerk mit ausfhrlicherGeschichte und detailrei-cher Materialsammlungzum Thema Musikvideo.

    Klett Verlag: ThemaMusik. Videoclips. Themen-heft Klasse 5-10, Stuttgart2007. Das Heft beschftigtsich mit den Beziehungenzwischen Musik und Me-dien sowie der Funktionvon Musik. Ferner werdenTechniken fr Videoanalyseund -interpretation vermit-telt.

    Neumann-Braun, Klaus:Viva MTV! Popmusik imFernsehen, Frankfurt/Main1999. Das Musikfernsehenim Spannungsfeld zwi-schen Avantgarde undMassenkultur.

    Schmidt, Axel/Neumann-Braun, Klaus/Autenrieth,Ulla: Viva MTV! reloaded.Musikfernsehen und Video-clips crossmedial, Baden-Baden 2009. Historische

    Austerlitz, Saul: Moneyfor Nothing. A History of the Music Video from theBeatles to the White Stri-pes, London 2008. Ge-schichte des Musikvideosvon den 1960er-Jahren bisheute.

    Bundeszentrale fr poli-tische Bildung (Hrsg.):Aus Politik und Zeitge-schichte: Jugendkultur.Bonn 2002 (vergriffen, abrufbar unter: http://www.bpb.de/publikationen/TIMUNR,0,0,Jugendkultur.html). Jugendkulturenwerden gesellschaftlich undzeitgeschichtlich eingeord-net und problematisiert.

    Frieling, Rudolf/Herzo-genrath, Wulf (Hrsg.):40jahrevideokunst.de: Digi-tales Erbe: Videokunst inDeutschland von 1963 bisheute, Karlsruhe, Dssel-dorf und andere Orte 2006.Katalog zur gleichnamigenAusstellung.

    Helms, Dietrich/Phleps,Thomas (Hrsg.): ClippedDifferences. Geschlechter-reprsentationen im Musik-video, Bielefeld 2003.Beitrge aus den Musik-,Kunst- und Kulturwissen-

    ScratchenVon HipHop-DJs entwickel-te Technik, bei der dieSchallplatte mit aufgeleg-tem Abnehmer rhythmischhin- und her bewegt wird,so dass ein kratzendes Gerusch entsteht. DerPlattenspieler wird so zumInstrument.

    TechnoSammelbegriff fr elektroni-sche Tanzmusik, die seitden frhen 1980er-Jahrenentstanden und oft vonschnellen, roboterhaftenBeats und einem technoi-den Klangbild geprgt ist.Unter diesen Oberbegrifffallen so verschiedene Stilewie der eher melodischeTrance, Hardcore Techno,einer hrteren Version desTechno, Minimal, der sichdurch minimalistische Ar-rangements auszeichnetund eine Weiterentwicklungdes Detroit Techno ist, derwiederum auf Elemente derFunk- und House-Musikzurckgreift.

    TripHopIn den frhen 1990er-Jah-ren entstandener Musikstil,der mit langsamen elektro-nischen Beats, atmosphri-schen Samples alter Jazz-Aufnahmen und einer meistweiblichen Gesangsstimmedie elektronische Musikerstmals einem breiten Pu-

    blikum nahe brachte. Zuden ersten Interpreten die-ses Stils zhlt die britischeBand Portishead.

    UK GarageEin in England um die Jahr-tausendwende entstande-ne populre Tanzmusik, diesich durch einen schnellenBeat auszeichnet. UK Ga-rage entstand ursprnglichaus House-Musik undwurde von britischen Pira-tensendern und in der unabhngigen LondonerClubszene erfunden undverbreitet.

    YouTubeGrtes Videoportal im In-ternet. Seit Februar 2005kann jede/r Nutzer/in Filmeeinstellen und ansehen egal ob selbst gedrehtoder aus TV- und Filmaus-schnitten zusammenge-stellt. YouTube hat sichzum wichtigsten Mediumfr Musikvideos entwickelt.In Europa ist bislang je-doch weitgehend unge-klrt, wie die Urheber derMusikstcke vergtet wer-den sollen. Nachdem einLizenzvertrag zwischenYouTube und dem deut-schen Musikrechtever-werter GEMA ausgelaufenwar, wurde bis Ende 2010noch keine gemeinschaft-liche Nachfolgelsung gefunden.

    Off-Erzhler/in/Voice OverAuf der Tonspur vermittelteine Erzhlerstimme Infor-mationen, die der Zuschau-ende zum besseren Ver-stndnis der Geschichtebentigt und die mitunterauch Ereignisse zusammen-fassen, die nicht im Bild zusehen sind. Hufig tritt der/die Off-Erzhler/in als retro-spektive Ich-Erzhler/in auf.

    RemixDie Neubearbeitung einesLiedes, bei der ein Produ-zent im Gegensatz zurCoverversion, wo ein Liedkomplett neu eingespieltwird die Bnder des Ori-ginals neu abmischt. Re-mixe sind vor allem in derDance Music verbreitet, umdurch die Betonung vonrhythmischen Elementendie Tanzbodentauglichkeitzu verbessern.

    Sample/SamplingEin Sample ist ein Teil einesalten Liedes, der technischisoliert wird und als Elementeines neuen Stcks ver-wendet wird. Das knnenkaum noch identifizierbare,weiter verarbeitete, einzelneKlnge sein, aber auch voll-stndige Refrains. Ein Gro-teil der modernen elektro-nischen Musik und damitder aktuellen Popmusik baut auf Samples auf.

    2726

    Literatur + Links und systematische Be-trachtung der PhnomeneMusikfernsehen und Video-clips/Musikvideos am Bei-spiel von MTV und VIVA.

    Linkswww.youtube.comDie einfachste Mglichkeit,fast jedes Musikvideo zufinden.

    www.tape.tv,www.bunch.tv,www.freshmilk.de,www.popzoot.tvInternet-TV-Sender, dieMusikvideos senden.

    www.mtv.de, www.viva.tvDeutschsprachige Websei-ten der beiden wichtigstenMusikfernsehsender.

    www.mvdbase.com,www.popzoot.tv/cliparchivDatenbanken mit Infos zuBands, Regisseuren, Pro-duzenten von Musikvideos.

    www.muvikon08.netWebsite zur Tagung Re-wind. Play. Fast Forward?Zur Geschichte, Gegen-wart und Zukunft des Mu-sikvideoclips, die imOktober 2008 in Frank-furt/Main stattfand.

  • Impressum

    Die DVD-Edition Zur Rettung der Pop-kultur. Experimentelle deutsche Musik-videos 2003-2007 der Bundeszentrale fr politische Bildung entstand in Zu-sammenarbeit mit dem Goethe-Institutund den Internationalen KurzfilmtagenOberhausen.

    Herausgegeben von der Bundeszentralefr politische Bildung, Fachbereich Multi-media, Thorsten Schilling (verantwortlich)

    Zusammenstellung: Lars Henrik Gass,Detlef Gericke-Schnhagen, Katrin WillmannRedaktion: Katrin Willmann (bpb), Kirsten TaylorTexte: Thomas WinklerArbeitsbltter: Dr. Petra AndersRedaktionelle Mitarbeit: Kirstin Weber(bpb, Volontrin)

    Lektorat: Luise Schmidt (bpb, studen-tische Mitarbeiterin)Gestaltung und Layout: Susann UngerAuthoring: Oleg Stepanov Druck, Vervielfltigung und Konfektio-nierung: Interdisc GmbH

    2010 Bundeszentrale fr politischeBildung, Goethe-Institut, InternationaleKurzfilmtage OberhausenDie Inhalte dieses Werkes sind urheber-rechtlich geschtzt. Bitte beachten Siedie geltenden Urheberrechtsbestim-mungen.

    ArbeitsbltterUm auf die Arbeitsbltter zugreifen zu knnen, legen Sie die DVD bitte ineinen Computer mit DVD-Laufwerk einund ffnen die im Ordner befindlichenPDF-Dateien.