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Prof. Dr. Hans—Jürgen Hagel Zur Unglaubwürdigkeit des Judäo—Christentums Kritische Anmerkungen eines Nichttheologen

Zur Unglaubwürdigkeit Des Judao Christentums

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Glaeubige hinterfragen auch in unserer Zeit nichts oder nur wenig, was ihnen die Institution Kirche vorsetzt - denken wir nur an die letzte Heiligsprechung 2014. Dabei wissen wir alle aus eigener Erfahrung, dass es nicht einfach ist, eine Begebenheit wahrheitsgetreu zu erzaehlen. Da mischt unser Gehirn gewaltig mit. Was bleibt, ist, dass offenbar sehr kluge, psychologisch talentierte Menschen genau den Nerv der Zeit/en getroffen haben und ausserdem ihre Macht zementiert haben gegen alle Widerstaende. Hier wird einfach mit dem klugen und logischen Menschenverstand und anhand geschichtlicher Daten und Wissen auf Ungereimtheiten hingewiesen.

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Prof. Dr. Hans—Jürgen Hagel

Zur Unglaubwürdigkeit des

Judäo—Christentums

Kritische Anmerkungen eines Nichttheologen

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Prof. Dr. Hans—Jürgen Hagel

Zur Unglaubwürdigkeit des Judäo—Christentums

Die spirituelle Überwindung des Kirchenchristentums

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Der deutsche Existenzphilosoph Karl Jaspers (1883-1969) prägte den Be- griff „Achsenzeit der Weltgeschichte".' Er verstand darunter einen Aufbruch des menschlichen Geistes in mehre- ren unabhängig voneinander bestehenden Kulturen um 500 vor unserer Zeitrechnung, wie er sich in nur wenigen Menschen mit sehr hohem Be- wußtsein manifestierte. Zu diesen außergewöhnlichen Inkarnationen ge- hören nach Karl Jaspers Lao-tse und Konfuzius in China, der Buddha Gautama in Indien, Zarathustra in Persien und die Vorsokratiker wie He- raklit, Pythagoras, Thales und andere in Griechenland. Karl Jaspers füllt kein Werturteil hinsichtlich des Phänomens dieser historischen Gleich- zeitigkeit, sondern macht lediglich auf ihre geschichtliche Einmaligkeit aufmerksam. Kirchenchristliche Würdenträger, Theologen und (Kir- chen-) Christen hingegen müssen entsprechend ihrem Glaubensbekennt- nis logischerweise einwenden, daß Karl Jaspers eben kein Christ war, denn sonst hätte er die „Achsenzeit der Weltgeschichte" wegen der „Got- tessohnschaft Jesu Christi" um 500 Jahre jünger datieren müssen. Die für Christen einseitig negative Themenformulierung dieses Beitrags findet ihre Rechtfertigung in den zahlreichen Widersprüchen und un- glaubwürdigen Aussagen der Bibel über Moses, Jesus und Paulus als die drei Trägergestalten, ohne die es niemals eine christliche Kirche gegeben hätte. Die Problematisierung des Themas geschieht im wesentlichen un- ter den folgenden Voraussetzungen:

1. Die allgemein übliche formale Zweiteilung der Bibel (griech. biblion- Buch) in „Altes Testament" (AT) und „Neues Testament" (NT)2 wird trotz der inhaltlichen Unvereinbarkeit beibehalten.

2. Es gilt zu bedenken, daß bei den Übersetzungen aus dem Hebräischen (AT) und dem Griechischen (NT) in die deutsche Sprache ein mehr als 1000 Jahre währender zeitlicher Umweg über das Latein führte, der mit Notwendigkeit stellenweise eine Sinnentfremdung verursachte.

Verlag: Die Goden Die beiden umstrittensten „Ur-Wörter" diesbezüglich sind der hebräi- Am Kramberg 20 sehe Begriff „Messias" und der griechische Ausdruck „Christos". 35745 Herborn 3. Die wichtigsten zeitlich—formalen Daten in Bezug auf die Bibelüber-

Internet: www.DieGoden.de setzungen sind: e-mail: [email protected]

(2008)

..i

i .. - Die Hebräische Bibel erfuhr ihre erste Übersetzung - „Septuaginta

genannt (lat. die Zahl 70 - entsprechend der angeblichen Anzahl der Korn-

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missionsmitglieder) - um 250 vor unserer Zeitrechnung in die griechi-sche Sprache.

Es ist von großer Bedeutung zu wissen, daß die hebräischen Schriftzei-chen zur damaligen Zeit noch keine Vokale kannten und außerdem He-bräisch wegen bestimmter Wesensmerkmale nicht der griechisch—aristo-telischen Sprachlogik unterlag bzw. grundsätzlich nicht unterliegen kann.

- Die 27 griechisch verfaßten Einzelschriften, die willkürlich zum Ka-non des NT erklärt wurden, liegen seit Mitte des 3. nachchristlichen Jahrhunderts in Latein vor.

- Um 390 entstand die sogenannte „Vulgata des Hieronimus": das ist die Übertragung aller Bibeltexte aus der griechischen in die lateini-sche Sprache.

- Im Jahr 1546 wurde auf dem Konzil von Trient die lateinische Fas-sung der Bibel für verbindlich erklärt, nachdem Martin Luther das NT bereits 1522 und das AT 1536 ins Deutsche übersetzt hatte. Unmittel-bar danach folgten Übersetzungen ins Französische, Niederländische, Englische und alle anderen Sprachen Europas.

- Eine sogenannte „Neo-Vulgata" war 1979 vom II. Vatikanischen Konzil in Auftrag gegeben worden.

4. Die literarische Form der Evangelien (griech. euangelion- gute Nachricht, frohe Botschaft) weist darauf hin, daß sie sogenannte Sammelwerke sind. Sammelwerk bedeutet hier: ursprünglich weitergegebene Über-lieferungsstücke über Worte und Handlungen des Rabbi Jesus wurden zu einem Ganzen zusammengefügt. Darum nennen die Religionswis-senschaftler und die Theologen die Berichte des Matthäus, des Lukas und des Markus „synoptische Evangelien" (griech. Synopsis- Zusam-menschau). Das Johannes-Evangelium macht insofern eine Ausnahme, weil sich der Autor u. a. mit ausgewählten Fragestellungen der grie-chischen Philosophie auseinandersetzt und zudem nicht auf dieselben Quellentexte zurückgreift wie die drei anderen Evangelisten.

5. Der Grundsatz, mit Hilfe der historisch-kritischen Methode zu versu-chen, die religiösen Inhalte von AT und NT als geschichtlich Gewor-denes zu erfassen, kann wegen des großen Zeitraumes der Überliefe-rung, der unzähligen Textänderungen - vor allem der Evangelien nach

dem Konzil in Nicäa des Jahres 325 - und der einseitigen Themapro-blematisierung nicht gewahrt werden.

1. Moses - Religionsstifter und Befreier Israels In der Einführung seiner gleichnamigen Schrift stellt Johannes Lehmann Moses und gewisse Wesensmerkmale des jüdischen Gottes mit den Na-men „Jahwe", „Jehova", „Adonai", „El Schaddai" u.a. wie folgt dar: „Moses, der einst die Israeliten zu jenem Gelobten Land führte, auf dem sich heute der Staat Israel befindet, war höchstwahrscheinlich kein Jude, sondern ein Ägypter. Er stammte nach mosaischem Gesetz aus einer il-legitimen Ehe und hatte eine Negerin zur Frau. Mit Sicherheit hatte der „Mann Gottes", der die Zehn Gebote verkündete, einen Menschen er-schlagen. Was hier nach Rufmord klingt, steht in der Bibel und gehört zu jenen Stellen, die auf dem überlieferten Bild des Religionsstifters für gewöhnlich übermalt sind. Es sind nicht die einzigen. Merkwürdig war auch sein Tod. Wegen einer anderen Verfehlung, die nicht näher be-schrieben wird, durfte er am Ende der Wüstenwanderung das Gelobte Land nur von Ferne sehen: „Schaue das Land Kanaan, das ich den Kin-dern Israels zum Eigentum geben werde", hörte Moses seinen Gott sagen und: „dann stirb auf dem Berge..." In knappen Worten fährt die Bibel fort: „So starb Moses, der Knecht des Herrn daselbst im Land Moab auf Geheiß des Herrn. Und er (Gott selbst!) begrub ihn im Tal, im Lande Mo-ab gegenüber Beth—Peor. Und niemand hat sein Grab erfahren bis auf den heutigen Tag." - Das ist natürlich eine Legende, denn wann hat Gott schon seine Heiligen selbst begraben? Aber ganz gleich, ob darin ein historischer Kern steckt : Was ist das für eine Legende, die das Grab ihres Helden vergißt (obwohl es einem heute durchaus touristenfreundlich gelegen, im Wädi (arab. ausgetrocknete Wü-sten-Flußlandschaft) unterhalb des Berges Nebo gezeigt wird)? Was ist das für eine Geschichte, die den Mann der Zehn Gebote als Mör-der schildert und ihn, der immerhin das „Angesicht Gottes" sehen durfte, wegen einer Verfehlung sterben läßt, bevor er das Ziel seines Lebens er-

reicht? Was ist das für eine Biographie, in der Gott seinen auserlesenen Diener töten will, weil er noch nicht beschnitten ist? Was ist das für ein Mann Gottes, der wegen seiner „schweren Zunge" einen Dolmetscher braucht, um sich verständlich zu machen, und dem sein Schwiegervater erst un-

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terwegs in der Wüste beibringen muß, wie er seine Schar zusammenhal- ten kann? Was ist das für ein Volksführer, der ständig an Gott zweifelt, Norden anzusiedeln ist und die „Jahwe—Tradition" dagegen eher im süd-

weil ihm sein Volk nicht gehorcht, den aber die Nachfahren eben dieser lichen Wüstengebiet.

Juden bis auf den heutigen Tag „moshe—rabbdnu", „Moses, unseren Mei- Unter den jüdischen Bibelwissenschaftlern bestehen hinsichtlich der ster", nennen? - Beantwortung der Frage nach dem Alter und den inhaltlichen Aussa- Der unwiderlegbare Beweis dafür, daß Moses den „Pentateuch" (griech. 5 gen ihrer „Heiligen Schrift" erhebliche Unterschiede. So behaupten Rollen- das „Mosaische Gesetz") nicht selbst geschrieben haben kann, be- die Traditionalisten, die wesentlichen Texte seien etwa ab 1000 v.d. steht in einer „Zwei—Götter—Welt", wie diese u.a. durch zwei Schöp- Ztr. entstanden, die „Gemäßigten" datieren die Formulierung der fungsberichte bekundet wird. wichtigsten Texte um 600 v.u. Ztr., und die so genannten „Minimali- Es war der Hildesheimer Pfarrer Hennig Bernhard Witter, dem bereits im sten" halten die Hebräische Bibel für ein hellenistisches Werk, das in Jahre 1711 aufgefallen war, daß in der einen Schöpfungsgeschichte im- ihrer Substanz erst nach 330 v.u.Ztr. und damit nach dem Tod der mer von „El" und „Elohim" (hebr. „Gott" und „Götter") gesprochen wird griechischen Philosophen Sokrates und Platon verfaßt worden seien. und in der anderen stets von „Jahwe". Einigkeit unter den jüdischen und nichtjüdischen Wissenschaftlern So wird auch die Erschaffung des Menschen zweimal erzählt. Im ersten herrscht aber darüber, daß die ältesten Texte aus Qumram stammen, Buch Moses 1:27 ist von „Elohim" die Rede und einige Verse später von und es sich dabei um Abschriften von Abschriften handelt. „Jahwe". Diesen Sachverhalt griff in unserer Zeit u.a. Johannes Leh-mann 4 auf und wies nach, daß der gesamte Text des „Mosaischen Geset- Die Kritik der beiden Archäologen 1. Finkelstein und N. A. Silberman

6a

zes" zwei parallel laufende Eizählungen enthält. Er bezeichnet diese Er- an der Hebräischen Bibel setzt natürlich beim Erzvater Abraham ein. So

zählungen zum einen als „Jahwe —Text" und zum andern als „Elohim- wird ja z.B. berichtet, daß der Hirte Abraham aus „Ur" (im heutigen Irak)

Text"5. Darüber hinaus weist J. Lehmann einen dritten Quellentext des stammt, er schon bereits dem Jahwe opferte und auf dessen Geheiß hin

„Mosaischen Gesetzes" nach. Bei diesem handelt es sich um den in der nach Kanaan aufbrach, obwohl das Kamel als Lasttier erst rund 800 Jah-

„Babylonischen Gefangenschaft" erstellten Priesterkodex, den gewisse re später nachweisbar ist.

Redakteure in die beiden Erzählstränge - so nennt Lehmann die Berichte Die bedeutsamste und geradezu eine weltbewegende Sensation im wahr- - eingearbeitet haben und die zu einer Einheit geformten drei Texte zum sten Sinne des Wortes ist zweifellos das Hauptergebnis der Forschungs- „Mosaischen Gesetz" erklärten.6 arbeit: Es fand nämlich kein Auszug jüdischer Stämme aus Ägypten

Die Entstehung der „Jahwe-Texte" datieren die Bibelwissenschaftler statt! Zwar entdeckten Archäologen eine Siegesstele des Pharao Mc-

zwischen 900-850, die Formulierung der „El-" bzw. der „Elohim—Texte" nemptah aus dem Jahr 1201 v.u.Ztr. - nach einer vollzogenen Strafaktion

ins 8. Jahrhundert und die Einarbeitung des sogenannten „Priesterkodex" - mit den Worten: „Dein Same Israel ist dahin", aber eine Auswande- rung aus dem Land Gosen von 600.000 (!) Hebräern - so nannten die

Unbedingt erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die geographi- 1

Ägypter die Juden damals - und einen 40 Jahre währenden Aufenthalt in

sche Zuordnung der beiden Erzählungen durch moderne Bibelforscher. der Wüste der Sinai-Halbinsel mit anschließendem Empfang von 10 Ge-

Die „Elohim—Tradition" berichtet u. a. von Ereignissen, die im Norden 1 boten und anderem vom Gott Jahwe durch Moses (hebr. Moshe) hat es

Palästinas geschehen sein sollen, so daß wir beispielsweise nichts über i niemals gegeben. Damit wird nicht nur das „Mosaische Gesetz" infrage

den Erzvater Abraham, die Josefsgeschichten, die ägyptischen Plagen gestellt, sondern der Glaube an den absolut herrschenden personalisier-

und die 40 Jahre dauernde Wüstenwanderung erfahren, während dieses ten Gott mit den Namen Jahwe, Jehova (griech. Adonai), EI- Shaddai u.a.

aber andererseits die „Jahwe-Überlieferung" bekundet. Zudem gilt es als völlig ad absurdum geführt. (Nebenbei bemerkt ein Anachronismus: Wieso

gesichert, daß die „Elohim —Tradition" eher im palästinensisch-syrischen 1 zahlen nach dem 1. Buch Moses die Juden im 13. Jahrhundert Getreide mit Mc-

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tallgeld, wenn die ältesten Münzen erst im 7. Jahrhundert v.u,Ztr. In „Klcinasi-en" erfunden wurden?)

Natürlich fand auch keine gewaltsame Eroberung des „gelobten Landes Kanaan" statt, bei dessen Ureinwohner es sich übrigens um semitische Hirtenstämme handelt. Zur Zeit der vermeintlichen gewaltsamen Land-nahme war Kanaan eine ägyptische Kolonie. Es ist historisch nachweis-bar, daß keine andere Region der antiken Welt in den 2 Jahrtausenden vor unserer Zeitrechnung ähnlich viele Kriege erlitten hat: nach den Ägyptern kamen die Babylonier, danach die Perser, dann die Griechen und schließlich die Römer: -

König David (1004-965), der Jerusalem eroberte, das damals kaum 1000 Einwohner zählte, soll laut der offiziellen jüdischen Geschichtsschrei-bung ein Superreich geschaffen und sein Sohn Salomo (965-926) den ersten Jahwe-Tempel errichtet haben, obwohl in Kanaan bis ins 7. Jahr-hundert ein Polytheismus (griech. Vielgötterei) herrschte. Erst der König Josia, dem das 5. Buch Moses, dem so genannten „Deuteronomium" (griech. Wiederholung des Gesetzes) zugeschrieben wird, bekämpfte die Vielgötterei, führte eine tiefgreifende Kultreform durch und schuf den jahwistischen Monotheismus. „Jahwe" war bis dahin lediglich ein Wet-tergott, der zudem nur in Verbindung mit einer Fruchtbarkeitsgöttin ver-ehrt wurde. Sogar um 100 v.u.Ztr. hingen die Bauern um Jerusalem noch heidnischen Ritualen an, wie Finkelstein und Silberman begründet darle-gen.—

Wie fragwürdig es um die Herkunft und das Zustandekommen der jü-dischen Religion insgesamt bestellt ist, bezeugt neben anderen auch der blinde Grieche Homer, der um 750 v.u.Ztr. die „Ilias" und die „Odyssee" dichtete und mit keinem Gedanken auf die Existenz eines jüdischen Vol-kes eingeht. Und noch um 430 v.u.Ztr. erwähnt der Grieche Herodot (um 490-420) in seinem Geschichtswerk weder die Israeliten noch ihren Gott Jahwe, wobei es wichtig ist, zur Kenntnis zu nehmen, daß Herodot „Stu-dienreisen" nach Ägypten, Babylon, Italien, an das Schwarze Meer und nach (Nord-) Afrika unternahm. -

Nach Erich Bromme6' handelt es sich bei den Grundtexten der Hebräi-

schen Bibel um eine genial verfälschte Rekonstruktion historischer Erei-gnisse mit einer Zeitverschiebung bis zu 1300 Jahren - der vermeintli-chen irdischen Existenz des „Erzvaters Abraham" - sowie einer geogra

phischen Verlagerung in den Osten um 1250 km nach Mesopotamien (Zweistromland), wo sich das altbiblische Geschehen ja tatsächlich ab-gespielt hat. Die Hauptquellen der Berichterstattung sind Tontafeln, „Königsinschriften der Schatzhäuser" und die „Babylonische Chronik". Als Hauptdarsteller fungieren in allegorisierter (griech. versinnbildlicht) Form der als Person gedachte Gott Jahwe sowie Mose, Aaron, David und Salomon

Während allgemein als Begründer des ersten Weltreichs der uns be-kannten Menschheitsgeschichte der sagenumwobene, aber wissenschaft-lich höchst umstrittene König Sargon 1. (ca. 2350-2294 v.u.Ztr.) gilt, geht die Gründung der jüdischen Offenbarungsreligion nachweisbar auf den Perserkönig Kyros II. zurück, der von 559-529 v.u.Ztr. regierte.

Die 5 Bücher Mose, das Kernstück der Hebräischen Bibel, präsentieren den Lesern den jüdischen Gott Jahwe als einen übermächtigen Herrscher, der nicht nur bedingungslos zu glauben verlangt, sondern absoluten Ge-horsam befiehlt. Genau an diesem Punkt setzt die massive Kritik Erich Brommes ein. Denn die Redakteure des „Mosaischen Gesetzes" haben die Bezeichnung „Gott" als Herrschertitel im Sinn von König der Könige aus der assyrischen Geschichte übernommen, diesen Titel auf den persi-schen Großkönig Kyros II. übertragen und dessen Gesetzgebung, die für das riesige Perserreich in Kraft war, in allegorisierter Form dem ver-meintlichen Schöpfer des jüdischen (Lebens-) Gesetzes mit dem ägypti-schen Namen Moses (der aus dem Wasser Gezogene), symbolisch aus-gedrückt, in den Mund gelegt. (Man beachte die auffallende Ähnlichkeit zwischen dem Königsnamen „Kyros" und dem griechischen Wort für Herr „kyrios", mit dem Martin Luther Jahwe bzw. das Tetragramm JHWH ins Deutsche übersetzte!) -

In den Jahren 330-275 v.z.Ztr. vernichtete Alexander der Große das rie-sige Perserreich. Dadurch war für König David der Weg für einen bluti-gen Staatsstreich frei. Diese gewaltsame Aufhebung der Perserherrschaft im Jahr 332 v. u. Ztr. schuf u.a. auch die Voraussetzung für die Beendi-gung des sogenannten biblischen „Alten Bundes". Die persertreue Füh-rerschaft wurde vernichtet, und an die Stelle traten als Herrenschicht ‚1l3erufsoffiziere", die ihm, David, bei der Errichtung und Sicherung sei-ner Gewaltherrschaft halfen

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tallgeld, wenn die ältesten Münzen erst im 7. Jahrhundert v.u.Ztr. in „Kleinasi-en" erfunden wurden?)

Natürlich fand auch keine gewaltsame Eroberung des „gelobten Landes Kanaan" statt, bei dessen Ureinwohner es sich übrigens um semitische Hirtenstämme handelt. Zur Zeit der vermeintlichen gewaltsamen Land-nahme war Kanaan eine ägyptische Kolonie. Es ist historisch nachweis-bar, daß keine andere Region der antiken Welt in den 2 Jahrtausenden vor unserer Zeitrechnung ähnlich viele Kriege erlitten hat: nach den Ägyptern kamen die Babylonier, danach die Perser, dann die Griechen und schließlich die Römer: -

König David (1004-965), der Jerusalem eroberte, das damals kaum 1000 Einwohner zählte, soll laut der offiziellen jüdischen Geschichtsschrei-bung ein Superreich geschaffen und sein Sohn Salomo (965-926) den ersten Jahwe-Tempel errichtet haben, obwohl in Kanaan bis ins 7. Jahr-hundert ein Polytheismus (griech. Vielgötterei) herrschte. Erst der König Josia, dem das 5. Buch Moses, dem so genannten „Deuteronomium" (griech. Wiederholung des Gesetzes) zugeschrieben wird, bekämpfte die Vielgötterei, führte eine tiefgreifende Kultreform durch und schuf den jahwistischen Monotheismus. „Jahwe" war bis dahin lediglich ein Wet-tergott, der zudem nur in Verbindung mit einer Fruchtbarkeitsgöttin ver-ehrt wurde. Sogar um 100 v.u.Ztr. hingen die Bauern um Jerusalem noch heidnischen Ritualen an, wie Finkelstein und Silberman begründet darle-gen.—

Wie fragwürdig es um die Herkunft und das Zustandekommen der jü-dischen Religion insgesamt bestellt ist, bezeugt neben anderen auch der blinde Grieche Homer, der um 750 v.u.Ztr. die „Ilias" und die „Odyssee" dichtete und mit keinem Gedanken auf die Existenz eines jüdischen Vol-kes eingeht. Und noch um 430 v.u.Ztr. erwähnt der Grieche Herodot (um 490-420) in seinem Geschichtswerk weder die Israeliten noch ihren Gott Jahwe, wobei es wichtig ist, zur Kenntnis zu nehmen, daß Herodot „Stu-dienreisen" nach Ägypten, Babylon, Italien, an das Schwarze Meer und nach (Nord-) Afrika unternahm. -

Nach Erich Bromme6b handelt es sich bei den Grundtexten der Hebräi-schen Bibel um eine genial verfälschte Rekonstruktion historischer Erei-gnisse mit einer Zeitverschiebung bis zu 1300 Jahren - der vermeintli-chen irdischen Existenz des „Erzvaters Abraham" - sowie einer geogra

phischen Verlagerung in den Osten um 1250 km nach Mesopotamien (Zweistromland), wo sich das altbiblische Geschehen ja tatsächlich ab-gespielt hat. Die Hauptquellen der Berichterstattung sind Tontafeln, „Königsinschriften der Schatzhäuser" und die „Babylonische Chronik". Als Hauptdarsteller fungieren in allegorisierter (griech. versinnbildlicht) Form der als Person gedachte Gott Jahwe sowie Mose, Aaron, David und Salomon

Während allgemein als Begründer des ersten Weltreichs der uns be-kannten Menschheitsgeschichte der sagenumwobene, aber wissenschaft-lich höchst umstrittene König Sargon 1. (ca. 2350-2294 v.u.Ztr.) gilt, geht die Gründung der jüdischen Offenbarungsreligion nachweisbar auf den Perserkönig Kyros II. zurück, der von 559-529 v.u.Ztr. regierte.

Die 5 Bücher Mose, das Kernstück der Hebräischen Bibel, präsentieren den Lesern den jüdischen Gott Jahwe als einen übermächtigen Herrscher, der nicht nur bedingungslos zu glauben verlangt, sondern absoluten Ge-horsam befiehlt. Genau an diesem Punkt setzt die massive Kritik Erich Brommes ein. Denn die Redakteure des „Mosaischen Gesetzes" haben die Bezeichnung „Gott" als Herrschertitel im Sinn von König der Könige aus der assyrischen Geschichte übernommen, diesen Titel auf den persi-schen Großkönig Kyros II. übertragen und dessen Gesetzgebung, die für das riesige Perserreich in Kraft war, in allegorisierter Form dem ver-meintlichen Schöpfer des jüdischen (Lebens-) Gesetzes mit dem ägypti-schen Namen Moses (der aus dem Wasser Gezogene), symbolisch aus-gedrückt, in den Mund gelegt. (Man beachte die auffallende Ähnlichkeit zwischen dem Königsnamen „Kyros" und dem griechischen Wort für Herr „kyrios", mit dem Martin Luther Jahwe bzw. das Tetragramm JHWH ins Deutsche übersetzte!) -

In den Jahren 330-275 v.z.Ztr. vernichtete Alexander der Große das rie-sige Perserreich. Dadurch war für König David der Weg für einen bluti-gen Staatsstreich frei. Diese gewaltsame Aufhebung der Perserherrschaft im Jahr 332 v. u. Ztr. schuf u.a. auch die Voraussetzung für die Beendi-gung des sogenannten biblischen „Alten Bundes". Die persertreue Füh-rerschaft wurde vernichtet, und an die Stelle traten als Herrenschicht „Berufsoffiziere", die ihm, David, bei der Errichtung und Sicherung sei-ner Gewaltherrschaft halfen

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Für die in diesem Beitrag anstehende Problematik ist die Regierungszeit Davids von 332 bis 300 v.u.Ztr. insofern von besonderer Bedeutung, als damals eine „Arbeitsgemeinschaft begabter Geschichtsschreiber", die bis dahin hohe Bedienstete des persischen Oberherrn in der Provinz Kanaan waren, mit verteilten Rollen die jüdische Geschichte von der „Baby-lonischen Gefangenschaft" bis zur Herrschaft König Salomons verfaßte, in deren Mittelpunkt sie den Großkönig Kyros Il. und den im babyloni-schen Exil lebenden ‚jüdischen Königssohn Mose" = Josefs Sohn Eph-raim als pseudonymen Heerführer und Pseudogesetzgeber stellten: Und diese Geschichtsfälschung wurde das Fundament der jüdischen Offenba-rungsreligion!

Das Fundament bzw. die Ausgangssubstanz bilden Ereignisse, die je-doch nicht klartextlich sind, sondern dreifach verändert wurden: sie wur-den allegorisiert, (griech. versinnbildlicht), prophetisiert und dialogisiert. Voraussetzung und zugleich Bedingung für ein solches Verfahren war selbstverständlich die Kenntnis des Geschichtsverlaufs, also dessen, was bereits der Vergangenheit angehörte.

Ein typisches Beispiel der absichtlich in die Irre führenden Allegorisie-rung - durch gewisse Redakteure der Hebräischen Bibel— ist die Gleich-setzung der 13-fachen Unterteilung der persischen Provinz Kanaan mit 13 jüdischen (Ur-) Stämmen, die angeblich Ägypten zwangsweise ver-lassen mußten. -

Eine weitere, jedoch geringe Auswahl von schwerwiegenden Fälschun-gen und Vertuschungen unterschiedlicher Art sieht nach Erich Bromme folgendermaßen aus:

- Die Genealogien (lat./griech. stannnesgeschichtliche Herleitung) sind ge-schichtlich gesehen völlig wertlos, und die Namen von Personen ent-sprechen nicht den von ihnen verursachten Ereignissen; stattdessen unterliegt Ethnisches, Geographisches und Geologisches einer ge-zielten Irreführung.

- Die Zwangsumsiedlung im Jahr 582 v.u.Ztr. der restlichen Bevölke-rung des erloschenen „Königreiches Juda" in die „Babylonische Ge-fangenschaft" wurde zeitlich und örtlich um 700 Jahre als Auszug der Hebräer aus Ägypten zurückdatiert.

- Seit 2500 Jahren gibt es keine „echten Juden" mehr.

- Der Begriff „Kinder Israels" hat in der Hebräischen Bibel eine drei-fache Bedeutung:

a) für die vom Großkönig Kyros II. zwangsumgesiedelten persischen Besatzungstruppen in die neue Provinz Kanaan.

b) für alle Deportierten, die schon um 720 v.u. Ztr. in assyrische Lan-desteile gebracht wurden und

c) für die „Staatssklaven" in Babylon.

- Alle „Reden" der Hebräischen Bibel sind künstlich konstruiert worden, um den Anschein zu wecken, die Schreiber seien Zeitzeugen gewesen.

- Die Manipulation jüdischer Geschichte mittels Scheindialoge läßt sich leicht als solche entlarven, wenn man die sprachliche Zukunftsform (Futur) der Darstellung durch die Vergangenheitsform (Perfekt oder Im-perfekt) ersetzt, und also „es war" und „es ist gewesen" anstelle von „es wird" liest. Das Musterbeispiel eines Scheindialoges schlechthin ist das angebliche Gespräch zwischen Gott Jahwe und Mose. -

Im übrigen bedienen sich auch die 4 Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes bei der Wiedergabe ausgewählter Reden (und Ge-spräche) des Rabbi Jesus der verfälschenden Methoden des Allegorisie-rens, des Prophetisierens und des Dialogisierens.

II. Das Jesus —Bild der Evangelien Da weder ein persönliches schriftliches Zeugnis von Jesus - sein hebräi-scher Name lautet Joshua bar Joseph (Jahwe hilft, Sohn des Joseph) - vor-liegt, noch Ohren- oder Zeitzeugen sein Leben, Wirken und Sterben glaubhaft bekunden können, die vier „Standard—Evangelien

„7 von den

Juden8 Matthäus ‚Lukas, Markus und Johannes zusammengestellt wur-den, und es sich selbst bei den ältesten Texten um Abschriften von Kopi-en handelt, also das Zustandekommen der Berichterstattung über den „Messias" mit dem Namen Jesus weitestgehend im Dunkeln liegt, ist die historische Tatsache von hoher Bedeutung, daß mit der Zerstörung Jeru-salems im Jahr 70 nach unserer Zeitrechnung durch den späteren Kaiser Titus der erste Religionskrieg der uns bekannten Menschheitsgeschichte zu Ende ging. Erst danach —40 Jahre nach der Kreuzigung des Rabbi Je-sus - entstand eine sich in vielen Aussagen widersprechende Berichter-stattung, die einer sauberen einheitlichen Interpretation im Wege steht.9

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Bei dem Versuch, die menschlich —irdische Existenz des Rabbi Joshua bar Joseph, genannt Jesus, in Anlehnung an die 4 Evangelien nachzu-zeichnen, kann es sich prinzipiell nicht um die Wiedergabe von histo-risch - objektiv nachweisbaren Ereignissen handeln, sondern nur - wie die kirchenchristlichen Theologen sagen - um ein jeweilig subjektives Glaubensbekenntnis der Evangelisten. Zunächst bestimmt die vom Propheten Jesaja (vgl. 7:14) vor mehr als 500 Jahren angekündigte Geburt des „Messias" die Berichterstattung. Der „Messias", ein typisch hebräischer Begriff, der nicht wörtlich übersetzt, sondern nur sinngemäß umschrieben werden kann, muß laut biblischen Zeugnisses aus dem Hause Davids und Aarons stammen.10 Die Einma-ligkeit des „Messias" kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß er als „Gesalbter" (griech. christos—gesalbt) ein weltlicher König und der religiö-se Befreier Israels in einer Person sein muß.

Dieser Prophezeiung hat Jesus bekanntlich nicht entsprochen, was selbst-verständlich nicht erst mit seiner Kreuzigung bestätigt wurde; abgesehen davon, daß Jesus sich selbst niemals unmißverständlich als „Messias" im Sinn der hebräischen Bibel bezeichnet hat. Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben die Evangelisten auch deshalb alles erdenklich Mögliche an Ver-heimlichung und Verfälschung getan, dem Rabbi Joshua als den von ih-nen erwarteten „Messias" in seiner einmaligen Göttlichkeit gegenüber allen anderen Menschen abzugrenzen und zugleich hervorzuheben.

Erst die moderne Religionswissenschaft in Verbindung mit der Archäo-logie, der Sprach- und der Geschichtsforschung ermöglichte die Aufdek-kung unzähliger absichtlicher Verfälschungen einschließlich unbewuß-ter, übersetzungsbedingter Irrtümer in den uns überlieferten Texten, ins-besondere in den Evangelien.

Einige besonders prägnante Beispiele mögen dieses bezeugen: So verlegt der Evangelist Lukas die Geburt des Joshua bar Joseph (Jesus) nach Bethlehem, einem Ort in der Provinz Judäa, weil nach dem Selbst-verständnis der Jerusalemer Priesterschaft in den Provinzen Samaria und Galiläa keine Juden lebten, aber der „Messias" laut Jesaja „im jüdischen Land" geboren sein muß. - Weiter ist in den Evangelien - desgleichen in der Apostelgeschichte (2:22) - die Formulierung „Jesus von Nazareth" zu lesen, obwohl es den Ort Nazareth um jene Jahrtausendwende noch gar nicht gegeben hat, und er erst 250 Jahre später geschichtlich nachgewie-

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sen werden kann.'1 Andererseits sprechen die Evangelisten aber auch von „Jesus der Nazarener". „Nazarener" dürfte die sinngerechte Überset-zung sein, denn im griechischen Urtext steht „nazoraion" (z.B. Matth. 2:23) - ein „Nazoräer" oder ein „Nazarener". 12

Mit der Behauptung von der widernatürlichen „Jungfrauengeburt" muten Matthäus und Lukas - und später offiziell auch die katholische Kirche - der Welt ein unglaubwürdiges Dogma (griech. unwiderlegbarer Glaubens-satz) zu. Diesem Glaubenssatz liegt folgender Sachverhalt zugrunde: der Evangelist Matthäus (vgl. 1:23) beruft sich eindeutig auf die Ankündi-gung des Propheten Jesaja, wenn es bei ihm heißt: „Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären". In der griechischen Fas-sung des Jesaja -Textes, in der „Septuaginta", steht an dieser Stelle das Wort „parthenos" für Jungfrau, und niemand hat es offenbar versucht (oder gewagt?), das hebräisch aufgezeichnete Original hinsichtlich der an-geblichen Jungfrauengeburt zu Rate zu ziehen. Die Jungfrauengeburt ist nämlich keine originale Formulierung des Matthäus, sondern er zitiert lediglich Jesaja 7:14, allerdings nach der griechischen Übersetzung aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert.

Im hebräischen Urtext heißt es bei Jesaja keineswegs „Jungfrau" (hebr. betula), sondern „Junge Frau" (hebr. alma). Es sind also im Gegensatz zum Deutschen zwei auch im Klang völlig verschiedene Wörter, so dass die Möglichkeit einer Wortverwechslung ausscheidet.'3

Die vermeintliche Jungfrauengeburt zog naturgemäß weitere Verfäl-schungen nach sich. So erregt es kein Erstaunen, wenn über die Famili-enangehörigen von Jesus nur spärliche und zum Teil irreführende Mittei-lungen überliefert werden. Daß Jesus („Halb"-)Geschwister hatte, wird in den Evangelien zugestanden, aber schon die Herkunft seiner Eltern wird verschwiegen. So war sein Vater Joseph ein Rabbiner14

,

seine Mutter Maria die Tochter eines Rabbiners und Maria Magdalena nach dem „Philipus-Evangelium"5 seine „Lebensgefährtin". Aus dieser ehelichen Gemeinschaft gingen selbstverständlich mehrere Kinder her-

vor; und erst der Religionsphilosoph Schalom Ben—Chorin macht darauf aufmerksam, daß es vor 2000 Jahren für eine unverheiratete Jüdin ausge-schlossen war, „monatelang einem Wanderprediger nachzulaufen". 16

Die durch die Bibel überlieferten Evangelien wurden im Laufe von na-hezu zwei Jahrtausenden derart oft gezielten Veränderungen unterwor-

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fen, so daß vor allem wegen der vielen widersprüchlichen Worte des Je-sus als Christus" häufig eine eindeutige Unterscheidung zwliselicn jtt-disch—jahwistischem und uni üdisch—christologischem Gedankengut mit Schwierigkeiten verbunden, ja, mitunter sogar unmöglich Ist. Es drängt sich folglich der berechtigte Verdacht auf, daß sowohl die Evangelisten als auch die im Entstehen begriffene „Christensekte" und spterØ „allein-seligmachende römisch-katholische Kirche" während der 300 Jahre dau-ernden äußeren und inneren - nicht nur theologisch begründeten - Aus-einandersetzungen mittels Textfälschungen von Anfang an dafür sorgten, daß die ideelle beziehungsweise religiös-ideologische Bindung an das „Mosaische Gesetz" nicht verloren ging. Die folgende Gegenüberstellung von ausgewählten widersprüchlichen Zitaten aus den Evangelien sollen diesen Verdacht erhärten:

Beispiele als Ausdruck typisch mosaisch—jahwistischen Denkens: „Ich bin nicht gekommen, um das Gesetz aufzuheben, sondern zu erfül-len". (Matth. 5:17).

„Gehet nicht auf der Heiden Straße, sondern zu den verlorenen Schafen Israels". (Matth. 10:5).

„Doch jene meine Feinde, die nicht wollen, daß ich über sie herrschen sollte, bringt her und macht sie vor mir nieder". (Lukas 19:17). „Meint Ihr, daß ich hergekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage nein, sondern Zwietracht." (Lukas 12:5 1). -

Beispiele als Ausdruck typisch unjüdisch—christologischen Denkens: „Ihr habt gehört, daß gesagt ist: Du sollst Deinen Nächsten lieben und Deinen Feind hassen. Ich aber sage Euch: Liebet Eure Feinde". (Matth. 5:43/44).

„Ich bin der Weg, das Leben und die Wahrheit; niemand kommt zum Vater denn durch mich". (Joh. 14:6). „Da aber die Pharisäer hörten, daß er den Sadduzäem das Maul gestopft hatte, versammelten sie sich". (Matth. 22:34). „Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr das Him-melreich zuschließt vor den Menschen." (Matth. 22:13). „Jesus sagte zu den Juden: Ihr stammt aus dem Teufel als Vater, und wollt nach den Gelüsten eures Vaters tun. Dieser war ein Menschenmör-der von Anbeginn; er steht nicht in der Wahrheit, weil in ihm nicht Wahrheit ist." (Joh. 8:43/44).'

15

„Niemand redete offen von ihm (Jesus Christus) aus Furcht vor den Ju-den." (Joh. 7:13). -

III. Pfingsten in neutestamentlicher Sicht Pfingsten 7

' (griech. pentekoste - die Zahl 50) gehört bekanntlich neben Weihnachten und Ostern zu den 3 höchsten Festen der Christenheit. Als einzige Quelle für die Berichterstattung über das irrationale Gesche-hen einer „Ausgießung des heiligen Geistes" durch Jesus anläßlich seiner „leibhaftigen Himmelfahrt" in der paradoxen Doppelfunktion als jüdi-scher „Messias" und unjüdischer „Christus" kann nur die Apostelge-schichte des Lukas gelten, denn sie allein beschreibt dieses weltge-schichtlich einmalige Wunder (griech. dynamisis theou - Krafttat Gottes) ausführlich. Für die Christenheit liegt verständlicherweise der Gedanke nahe, derselbe Lukas sei auch der Verfasser des Lukas-Evangeliums. So abwegig scheint dieser Gedanke tatsächlich nicht zu sein, weil nämlich die Apostelgeschichte mit den Worten beginnt: „Im ersten Buch, lieber Theophilus, habe ich über alles berichtet, was Jesus getan und gelehrt hat bis zu diesem Tag, an dem er in den Himmel aufgenommen wurde." -

Sehen wir davon ab, daß gewisse Religionswissenschaftler die Formulie-rung der 4 Standardevangelien begründet ins 2. oder 3. Jahrhundert unse-rer Zeitrechnung datieren, und unterstellen wir, daß der selbe Lukas so-wohl die Apostelgeschichte als auch eins der 4 Evangelien verfaßt hat, so bleibt dennoch die Frage unbeantwortet, warum Lukas in der Apostelge-schichte ausführlich die „Ausgießung des heiligen Geistes" beschreibt, sich aber im Evangelium auf die einfache Mitteilung „Ich (Jesus) sende die Verheißung meines Vaters" (Lukas 24:49) beschränkt. Auch aus die-sem Grund ist die unbeantwortete Doppelfrage berechtigt, wer denn tat-sächlich eine Art Verlaufsprotokoll angefertigt hat, und woher Lukas seine Informationen erhielt? Kirchenchristliche Bibelforscher meinen, die Apostelgeschichte sei etwa um das Jahr 80 aufgeschrieben worden.

Diese Datierung läßt insofern aufhorchen und Zweifel wecken, als ihr 2 historisch bedeutsame Ereignisse vorausgingen. Erstens hatte Saulus/ Paulus laut neutestamentlicher Aussage bereits seine „Christologie" im Mittelmeerraum verbreitet; und zweitens war mit der totalen Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 der Religionskrieg zwischen Juden und Römern zu Ende gegangen.-

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gen Geistes" taufen zu lassen, kommt einer Aufforderung zum Ablall vom" Mosaischen Gesetz" gleich und kann daher aus Jüdischer Sicht nur

unternahm mehrere Missionsreisen durch das Mittelmeergebiet von ins-

als hochgradige Manipulation bezeichnet werden. gesamt ungefähr 8000 km Länge und wurde als Gefangener nach Rom

6.) Darüber hinaus besteht hinsichtlich der Anweisung, alle Völker zu tau- gebracht, wo er vermutlich um das Jahr 60 unserer Zeitrechnung starb.

fen, insofern ein weiterer unmißverständlicher Widerspruch, da Jesus Diese ersten Informationen erhalten wir nicht aus zeitgenössischen Zeug- laut Matthäus—Evangelium die Anordnung traf: „Geht nicht auf der i tei- nissen, sondern aus der Apostelgeschichte des Lukas, die schätzungswei- denstraße, sondern zu den verlorenen Schafen Israels" (Matt, 10:5), (und se erst rund 30 Jahre nach dem Tod des Paulus verfaßt worden ist. Für er außerdem seine Jünger mit den Worten belehrte: „Ich bin nicht ge- jemand, der in Glaubensfragen an möglichst historisch gesicherten Fak- kommen, um das (mosaische) Gesetz aufzuheben, sondern zu orfitilen." ten interessiert ist, bedeutet dieser Sachverhalt gewiß eine Enttäuschung. (Matth. 5:17) Kann ein Bericht, der obendrein mit einer ausführlichen Beschreibung

7.) Ausschließlich bei Matthäus sind unmittelbar vor Erteilung des Tauf1.c- der leiblichen Himmelfahrt des Rabbi J. beginnt, überhaupt den An- fehis die gotteslästerlichen Worte bezeugt: „Mir ist alle Gewalt im Hirn- spruch erfüllen, eine historisch echte Quelle zu sein? Jede Kritik19 an ei- mel und auf der Erde gegeben. Darum geht zu allen Völkern, und macht nem schriftlichen Dokument muß bei der Urheberschaft beginnen. Das alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, bedeutet in Hinblick auf die Apostelgeschichte: sie ist weder von Paulus und des Sohnes und des heiligen Geistes". selbst verfaßt, noch von ihm diktiert, noch von einem Zeitzeugen aufge-

8) Daß die „Ausgießung des heiligen Geistes" - milde ausgedrückt- als eine schrieben worden, auch nicht teilweise von einem Begleiter des Paulus Legende (lat. zu Lesendes) anzusehen ist, beweist auch die Tatsache, daß auf seinen Missionsreisen. Infolgedessen drängen sich zwangsläufig arge das allererste Glaubensbekenntnis der „Christensekte" wie es Im Jahr Bedenken an der Glaubwürdigkeit der Berichterstattung des Lukas auf. 325 auf dem Konzil in Nicäa formuliert wurde, mit keinem Wort die Einige schwerwiegende Zweifel seien genannt: Dreieinigkeit (griech,/lat. Trinität) von Gottvater, Gottsohn und heiliger Geist erwähnt! Die Bekehrung bei Damaskus; die außergewöhnlichen Geschehnisse, die

damals als Wunder bezeichnet wurden; Krankenheilungen, die Befreiung aus dem Gefängnis durch Engel, die Rettung in der römischen Arena vor

IV. Der Neutestamentliche Paulus der Zerfleischung durch Löwen, das Überleben nach mehrtägiger Schiff-

Paulus gilt in der Christenheit seit nahezu 2000 Jahren als Kronzeuge da- brüchigkeit u.a.m. Die Glaubwürdigkeit der Apostelgeschichte als Ganzes wird auch da-

für, daß Jesus für alle Menschen der „Christus" sei. Jeder, der sich einige durch geschmälert, weil keiner der erwähnten Namen in irgendeiner neu- Kenntnisse erworben hat über das Zustandekommen des christlichen testamentlichen Schrift auftaucht. (Gleiches gilt fi.ir die Namen in den pauli- Glaubens und über die institutionalisierte Hüterin dieses Glaubens, die

nischen Briefen!) Auch für das bedeutsamste Geschehen der Apostelge- „alleinseligmachende römisch-katholische Kirche", weiß, daß der durch

schichte, die persönliche Ansprache durch Jesus, auf der Paulus seine ein persönliches, irrationales Erlebnis in ein rationales System gebrachte

Christologie aufbaute, und der nicht nur die römisch-katholische Kirche christliche Glaube nicht jesuanischer, sondern paulinischer Herkunft ist.

Heiligkeit zuspricht, existiert kein Zeuge. Unmittelbar hierzu gehört auch Aus eben diesem Grund ist die Frage berechtigt, was wir denn eigentlich der Zweifel an der Echtheit des Auftrags, die Heiden zu lehren und zu über die Person mit dem Namen Paulus (lat. der Kleine) und sein religiö-

bekehren, der nur eine persönliche Erfindung des Paulus sein kann, da ses Schrifttum in Form von 13 Briefen wissen. Eine erste, spontan gege-

sich Jesus mit diesem Auftrag selbst widersprochen hätte. 20

bene Antwort könnte lauten: Es handelt sich um einen Juden, der hebrä- isch Schaul (der Erhabene) und römisch Saulus hieß.18 Er war einer der

Es bleibt allein die weltgeschichtliche höchst bedeutsame Tatsache be-

schärfsten Verfolger der ersten Gemeinde von —Christen", soll in „Juden stehen, daß sich Saulus/Paulus durch eine persönliche Entscheidung vom

der Nähe von Damaskus durch Jesus persönlich worden sein, „bekehrt" grausamen Verfolger ‚jesuanischer Juden—Christen" zum fanatischen Verfechter und Missionar seiner eigenen Christologie umfunktionierte.

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Aus der Apostelgeschichte erfahren wir weiter, daß Paulus nach seiner Genesung sogleich nach Jerusalem reiste, um aus Glaubensgründen den Oberhäuptern der dortigen „Gemeinde der Juden—Christen", Petrus und Jakobus, zu begegnen, und es sofort zu heftigen Streitereien kam, die später zum völligen Zerwürfnis führten. Der Grund war das neue Messi-asverständnis des Paulus. Er interessierte sich nämlich überhaupt nicht für die (religiöse) Lehre und das Wirken des Rabbi Jesus, sondern einzig und allein für die Kreuzigung und den auferstandenen Jesus als „Messi-as".21

Die sich über rund zehn Jahre hinziehenden Auseinandersetzungen endeten auf dem „Apostelkonzil"22

im Jahre 48 mit der Spaltung in „Ju-denchristen" und „Heidenchristen". Seitdem predigten Jakobus, ein leib-licher Bruder des Jesus, Petrus und andere den Juden in Palästina weiter den ‚jesuanischen Messias" und Saulus /Paulus den Juden und Nichtju-den seinen eigenen „Christus" in der übrigen damals bekannten Welt. Die Anhänger des „paulinischen Christus" nannte man griechisch nun-mehr „christianoi", und so heißen sie noch heute.

Im Brief an das kriegerische Bergvolk der Galater lesen wir, daß sich SaulusiPaulus nach dem Empfang seiner „Offenbarung" nicht sogleich nach Jerusalem, sondern für drei Jahre (!) nach Arabien begeben haben soll. Welche Information ist denn nun geschichtlich wahr: die von eige-ner Hand geschriebene oder von Lukas ungefähr 40 Jahre später an die damalige Weltöffentlichkeit weitergegebene? Welchen Glaubwürdig-keitsgrad, so müssen wir weiter fragen, besitzen die aufgeschriebenen Worte und Taten des ersten christlichen Missionars und „Theologen", wenn dieser behauptet, er habe seine Ausbildung zum Pharisäer in Jeru-salem durch einen der berühmtesten Schriftgelehrten (Gamaliel) erhalten, aber in der gesamten antik-jüdischen Literatur nirgendwo von einem ab-trünnigen „Gamaliel—Schüler" die Rede ist? Ein anderer Zweifel richtet sich gegen die Behauptung in der Apostelge-schichte, Paulus sei autorisiert gewesen, „Judenchristen" zu verhaften. Hierzu sagt der jüdische Religionsphilosoph Pinchas Lapide,23 Paulus habe kein Recht besessen, „Judenchristen" zu verfolgen, zumal Damas-kus zu der Zeit nicht der Gerichtsbarkeit der jüdischen Zentralverwal-tung, dem sogenannten Synhedrion, unterlag. Und schließlich ist zu fra-gen: warum verschweigt der Schreiber der Apostelgeschichte sämtliche Paulus-Briefe? Kannte er sie nicht? Hat er sie aus einem bestimmten Grund nicht erwähnt? Oder gab es die 13 Briefe überhaupt noch gar

nicht, stammen sie also von einem anderen Verfasser, der sie erst viel später schrieb? Anstatt weitere negative Kritik an einzelnen Textstellen der Apostelge-schichte zu üben, sei der evangelische Theologe Hermann Detering 24

zitiert: „Die Apostelgeschichte gleicht, wie man seit langem in Theolo-genkreisen weiß, in vieler Beziehung eher einem phantastischen wun-derbaren Roman als einer geschichtlichen Darstellung, auch wenn sich ihr Verfasser in dem Vorwort den Anschein des Historikers gibt und den Gepflogenheiten antiker Historiker in seiner Darstellung folgt. Bei der Darstellung von Person und Werk des Apostels gehen Irdisches und Himmlisches, Geschichtliches und Legendäres darin wunderbar und un-unterscheidbar durcheinander." -

Vergleicht man die Apostelgeschichte mit den paulinischen Briefen, so ist unübersehbar, daß in der Wortwahl, der Begrifflichkeit, dem Stil, der Ausdrucksweise und den theologischen Aussagen ganz erhebliche Ab-weichungen bestehen. Vor allem aufgrund der zahlreichen Widersprüche inhaltlicher Art entsteht der Eindruck, als handele es sich um zwei ver-schiedene Paulusse. Der an Objektivität interessierte Leser der Briefe je-denfalls nimmt mit Verwunderung zur Kenntnis, wie sich der Autor mit-unter einer überheblichen Selbstdarstellung bedient, die ebenso wenig ins Bild paßt, wie er sich phantastischer Taten rühmt, seine Lebensweise ohne die übliche „christliche Demut" zur Nachahmung empfiehlt, manchmal einzelne „Christen—Gemeinden" in übelster Weise be-schimpft, theologisch stark voneinander abweichende Thesen aufstellt und sogar behauptet, er sei in der römischen Arena der Zerfleischung durch Löwen entkommen.25

Darüber hinaus fragt sich nicht nur der zweifelnde Christ, wie es denn um die Echtheit des berühmten „Römerbriefes" steht, wenn sein Verfas-ser kurz vor seinem Romaufenthalt einen der längsten Briefe der gesam-ten antiken Literatur schreibt, obwohl er bald Gelegenheit haben wird, in Rom der „Christengemeinde" persönlich zu begegnen, und er diesen Brief sogar mit einem Rückblick auf die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 schreibt, nachdem er selbst doch bereits seit 10 Jahren tot ist! Auch sei gefragt: wie paßt in diesen zeitlichen Rahmen die Verbannung der Juden und „Christen" aus Rom im Jahre 49 durch den Kaiser Claudi-us?

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Schließlich sei die Frage gestellt: warum schweigt die frUhehrlstlkIic 1 .i-teratur länger als ein Jahrhundert nicht nur über den paullnhiuhcn An-spruch auf göttliche Autorität, sondern auch über seine gesamte apostol i-sche Tätigkeit? Selbst bei berühmten antiken Autoren wie Plutaroh (gest. 120), Pausanias (gest. um 190), Aulius Gellius (gest. um 170) und I,ukinn (gest. 180) findet sich kein Wort über den „Völkerapostel Siulus/Pati-lus". Des Rätsels Lösung lautet: Sämtliche 13 Briefe sind Fälschungen und erst in der Mitte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts formuliert worden. Das ist nunmehr eine nachgewiesene geschichtliche Wahrheit. Dem schon genannten evangelischen Theologen Hermann Detering kommt das Verdienst zu, mit seiner Schrift „Der gefälschte Paulus" eine nicht zu widerlegende Dokumentation erarbeitet zu haben. Mit überzeu-gender Logik und wissenschaftlicher Genauigkeit weist er nach, daß der selbe Marcion, den die „römisch-katholische Christengemeinde" Im Jahr 144 exkommunizierte ‚ und der danach eine eigene Kirche gründete, die bis ins sechste nachchristliche Jahrhundert vor allem im östlichen Mit-telmeerraum bestand hatte, mit (an) Sicherheit (grenzender Wahrschein-lichkeit) der Verfasser der angeblich von Saulus/Paulus geschriebenen Briefe ist.26

Die Entlarvung der „Paulus-Briefe" als Fälschung hat insofern eine wei-tere Bedeutung, weil mit ihr das allerletzte „Heilige Dokument" der 27 neutestamentlichen Einzelschriften den Anspruch auf direkte oder indi-rekte apostolische Verfasserschaft verliert. Handelt es sich doch um die-selbe apostolische Verfasserschaft, die ursprünglich die Voraussetzung für die Aufnahme in den Schriftenkanon des „Neuen Testaments" bilde-te.

V. Ein Christentum ohne eigene Identität Wegen der zahlreichen unaufhebbaren Widersprüche zwischen dem „Neuen Testament" bzw. der „Christlichen Bibel" und der „Hebräischen Bibel" besteht eine unüberbrückbare Kluft, deren formale Überwindung ebenso wenig durch ideologisch—dialektisches Argumentieren beseitigt werden kann wie die inhaltliche Unvereinbarkeit von „Jahwe" und sei-nem eingeborenen Sohn Joshua bar Joseph, genannt Jesus der Christus:

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hier der grausame jüdische „Gott Jahwe", dort die unjüdische „Christus-inkarnation"! Zwar war Erlösung der zentrale jüdische Begriff der damaligen Zeit, aber kein rechtgläubiger Jude dachte im Entferntesten an die unjüdische Erkenntnis, „Jahwe" würde für ihn seinen einzigen Sohn als Verbrecher ans Kreuz schlagen lassen. Auch die Behauptung, das AT sei eine Art Vorstufe des Christentums, ist schlichtweg falsch. Denn was „christlich ist, kann man aus dem AT nicht ersehen", sagt z. B. auch der anerkannte Erforscher des frühen Christentums A. von Harnack.27

Darüber hinaus besteht eine zweite unüberbrückbare Kluft, nämlich die zwischen dem Jesus des Evangeliums und dem Christus, den die Kirche verkündet. Diese religiös-spirituelle Kluft beschreibt Johannes Leh-mann28 wie folgt: „Wenn Kirche und Theologie wirklich den histori-schen Jesus meinten, dann müßten sie mehr von Gott und weniger von Rabbi J. reden. Stattdessen „verkünden" sie einen verdunkelten und ver-zerrten, durch Geschichte und Tradition entstandenen „Christus", in dem sich Rabbi J., wenn überhaupt, nur mit Erstaunen oder mit Entsetzen wiedererkennen würde. Sie sprechen vom Erlöser und vom Auferstande-nen; sie nennen ihn Sohn Gottes, der unsere Sünden trägt ; den Vermitt-ler, Versöhner und Herrn; sie bekennen noch heute im Glaubensbekennt-nis, er sei von einer Jungfrau geboren und in den Himmel aufgefahren, sitzend zur Rechten Gottes- und nicht bei einem einzigen Wort würde Rabbi J. sich wiedererkennen und sagen: „Ja, das bin ich."—

Die Vermutung, von Geburt an dem Rabbi Joshua zu einer übernatürli-chen Person in der paradoxen Doppelfunktion als ‚jüdischen Messias" und als „unjüdischen, griechischen Christos" hochstilisiert29 zu haben, erfährt seine moderne Bestätigung, wenn in der „Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift" aus dem Jahre1980 das berühmte Wort „Dieses ist mein Blut des Neuen Bundes" (Matth. 26:28) verkürzt wiedergegeben wird mit „Dieses ist das Blut des Bundes". Die Übersetzungskommissi-on, die sich aus Theologen und Sprachwissenschaftlern unter der geistli-chen Supervision von Bischöfen (griech. Aufseher) beider Kirchen bzw. Konfessionen zusammensetzte, berief sich bei ihrer Übertragung - dieser Textstelle - des „Neuen Testaments" offensichtlich auf die hebräische Bibel (2. Buch Moses; 24:8), wo es heißt: „Da nahm Moses" (nach einem Brandopfer)" das Blut und besprengte das Volk damit und sprach: Seht,

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das ist das Blut des Bundes, den der Herr mit euch macht über allen die-sen Worten 30

von einem Staatschristentum statt von einem christlichen Staat bzw. nach

Zweifellos sprach Jesus mit seinen Jungem" hebräisch bzw. aramä- „12 der Auflösung des römischen Weltreiches jeweils von christlich gepräg-

isch und nicht griechisch, der Ursprache der Evangelien. Wie so häufig ten Staaten zu sprechen?

steht man 31

vor einem unlösbaren Problem. Bei den drei Evangelisten Die historisch verbürgte und daher glaubwürdige Antwort auf diese Fra- Matthäus, Lukas und Markus ist nämlich gemäß der „Interlinearen Über- ge lautet: Die Bevölkerung des damaligen römischen Weltreiches betrug setzung"32 wörtlich übereinstimmend die Rede von „aima mou tes dia- um 300 nach unserer Zeitrechnung schätzungsweise 50 Millionen Men- thexes", das heißt auf deutsch „mein Blut" - bzw. „Blut mein" - „des schen, von denen höchstens 15 Millionen, also knapp 30%, „Christen" Bundes". Die Wiedergabe der vielleicht wichtigsten jesuanischen Aussa- waren. Diese „Christen" waren über den gesamten Mittelmeerraum und ge ohne „mein" kann nur eine gezielte Verfälschung sein und läßt aus somit über viele Länder verstreut. Sie bildeten zwar eine Minderheit oh- diesem Grund nach der christlichen Dogmatik keine andere Interpretati- ne Führung und Einfluß und wurden wegen ihrer Rituale teilweise vom on zu als die, daß Jesus als „Christus" (!) anläßlich der Stiftung des Staat bekämpft, bildeten aber andererseits - modern politisch gesprochen „Abendmahles" im nachhinein ein Gedanke unterstellt wird, den er nicht - ein großes Wählerpotential. Der Kaiser Konstantin war ein grausamer gedacht und auch nicht ausgesprochen hat, sondern den der Religions- Staatsmann und ein ebenso rücksichtsloser Eroberer, der sich sein Welt- stifter Moses vor (damals) circa 1200 Jahren in Worte gekleidet haben reich in vielen Kriegszügen erkämpft hatte. Er mußte daher versuchen, soll. Die Kirche selbst ist es also, die ihren „Christus" zu einer Art Erflil- dieses Riesenreich zwischen Schottland und „Kleinasien" möglichst von lungsgehilfen des Moses degradiert und ihn damit verrät. Deutlicher inneren Kämpfen freizuhalten, wenn es nicht verhältnismäßig schnell kann die offenbar auch heute noch gewollte (religiöse) Bindung des wieder zerbrechen sollte. Zudem war es unnötig, über ein Viertel der „Neuen Testaments" an das „Mosaische Gesetz" wohl kaum zum Aus- Bevölkerung zum Gegner oder gar zum Feind zu haben, und diese Men- druck gebracht werden. Oder mißtrauen etwa alle für die Übersetzung schen lediglich deshalb zu verfolgen, weil sie die göttlichen Staatssym- verantwortlichen Bischöfe der Berichterstattung der drei synoptischen bole nicht anerkennen wollten. Es ist ein Brief des Kaisers an einen ge- Evangelien?33 - wissen Anullinus erhalten, in dem Konstantin bekennt, was ihn zu der

Tolerierung der „Christensekte" veranlaßt hat. U.a. heißt es in diesem

Vl. Vom religiösen Glauben zur politischen Macht Brief, „die Mißachtung des christlichen Gottesdienstes habe dem Staat große Gefahr, seine Wiederaufnahme und Pflege hingegen Glück und

Der absolut lange Zeitraum von 300 Jahren, das heißt von der Kreuzi- Segen gebracht". Es war demnach der staatsmännische Wille, der Kon- gung des Rabbi Jesus bis zum Konzil in Nicäa des Jahres 325, der für die stantin der Kirche zuführte und nicht die Frömmigkeit des Herzens, so Konstruktion eines dogmatischen Glaubensbekenntnisses benötigt wur- muß die Nachwelt urteilen. 34 de, spricht nicht nur allein für die heftigen theologischen Auseinander- Die im Laufe von drei Jahrhunderten nach und nach sich als Kirche setzungen, ja Streitereien, innerhalb der „Christensekte"; und die geisti- hierarchisch organisierende „Christensekte" stellte inzwischen eine so gen Kämpfe hätten ganz gewiß noch länger angedauert, wenn nicht der große Macht dar, daß sie fähig war, unter Umständen das Kaisertum zu Kaiser Konstantin der Verfälschung des „Urchristentums" - bildlich ge- stürzen. Darum galt es für Konstantin, sich mit dieser Macht zu verbin- sprochen - die Krone aufgesetzt hätte, um auf die.. Wels. dl. „Christen- den. Aus seiner Sicht konnte das politische Ziel nur die Verstaatlichung sekte" in den Rang einer Staatsreligion zu erheben, des Christentums und nicht die Verchristlichung des Staates sein. Wie

Wie konnte es zu dieser w.itpsohlchtlloh .Inmsiipn Verbindung, la war es möglich, daß diejenigen, die eben noch das religiös begründete

Kopplung, von Staat und „R.iigIon" ke1Irf *die Qeschkhtswis- Martyrium auf sich nahmen, um der Vergottung des Staates im romi-

senschaftler, und nicht nur dl..., lJr $ung.n waren, schen Sinn zu widerstehen, sich nun plötzlich einem Kaiser unterwarfen,

______ den seine Lobredner noch immer mit göttlichen Attributen überschütte-

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ten und der sich ‚ während er noch Tempel baute, dreist als „Stellvertre-ter Christi" feiern ließ, so müssen wir mit Johannes Lehmann fragen.

Als der Kaiser Konstantin im Jahr 324 nach kriegerischen Handlungen auch das oströmische Reich beherrschte, war er sofort bemüht, einen fol-genschweren Streit in der ägyptischen Stadt Alexandria zu schlichten. Es ging dort um das höchst wichtige Problem, ob das „Christentum" an dem von Moses eingeführten Monotheismus des Judentums, aus dem auch Jesus hervorgegangen war, festhalten wollte, oder ob eine „Drei-Götter-Lehre" eingeführt werden sollte; genauer gefragt: war derjüdische Wan-derprediger Jesus, der vor 300 Jahren zum „Christus" erklärt wurde, selbst ein Gott oder nicht? Nach den vorhandenen „christlichen" Quel-lentexten, die von gewissen „Kirchenvätern" willkürlich zu einem Kanon zusammengestellt worden waren, ist er es nicht. Saulus/Paulus und die 4 Evangelisten nannten ihn den „Sohn Gottes". Diese Bezeichnung bedeu-tete jedoch zu jener Zeit nichts anderes, als daß ein Mensch ein besonde-res Verhältnis zu „Gott" hatte. Jesus selbst jedenfalls bezeichnete sich niemals als Gott. Es wäre ohnehin die schlimmste Lästerung gewesen, denn für die Juden gab und gibt es nur den einen Gott mit den verschie-denen Namen Jahwe, Jehova, Adonai, El Shaddai u. a., den der sterben-de Jesus am Kreuz vertraulich mit „Abba" (Papa) angesprochen haben soll. Selbst dann, wenn wir eins der angeblich letzten Worte des sterben-den Jesus für wahr halten, wie sie von den biblischen Evangelisten, ohne selbst Ohrenzeugen gewesen zu sein, nach bestem Wissen und Gewis-sen(?) überliefert werden, läßt sich aus ihnen keine Gottessohnschaft im Sinn einer Wesensgleichheit herleiten. Als Nachweis hierfür mögen die entsprechenden Zitate dienen: 36

Johannes—Evangelium 19:30: „Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und neigte sein Haupt und verschied". Lu-kas—Evangelium 23;46. „Und Jesus rief laut und sprach „Vater, ich be-fehle meinen Geist in Deine Hände. Und als er das gesagt hatte, ver-schied er." Matthäus—Evangelium 27;46 und Markus-Evangelium 15;34: „Um die neunte Stunde rief Jesus laut und sprach: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?"37

Der Gedanke der Trinität, das heißt die göttliche Dreieinigkeit „Gott Va-ter, Sohn und Heiliger Geist", ist nicht jüdisch-christlichen Ursprungs, sondern wir finden ihn geschichtlich nachweisbar schon Jahrhunderte

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früher. Beispielsweise kennen die indischen „Religionen" einen „Dreiei-nigen Gott"; die Griechen das Prinzip der heiligen Dreizahl unter ihren Göttern; Martial, ein römischer Dichter um 38 - 102 nach unserer Zeit-rechnung, nannte den Hermes Trismegistos - den dreimal großen Her-mes - denjenigen, der „allein ganz und dreimal einer" war; der Diony-soskult kannte die Dreiheit von Zagreus, Phanes und Dionysos, und im damaligen Italien wurden Jupiter, Juno und Minerva als Einheit gesehen, usw. Origines, der bedeutendste „christliche Theologe" der ersten drei Jahrhunderte, hatte noch gelehrt, daß Jesus Christus nicht mächtiger sei als der Vater, sondern geringer an Macht: „Der Vater, der mich gesandt hat, ist größer als ich". (Joh. 14:28) - In Nicäa kam es im Jahr 325 zu der größten Versammlung, die das „Christentum" bzw. die „Christensekte" bis zu diesem Zeitpunkt gekannt hatte. Über 300 Bischöfe waren von den rund tausend aus dem Riesen-reich auf Einladung des Kaisers zusammengekommen. Eusebius von Cä-sarea (um 265-339) verfaßte nicht nur die erste Kirchengeschichte dieses „Christentums" und eine Biographie des Kaisers Konstantin, sondern auch ein (Verlaufs-) Protokoll des Konzils. (Heute sprechen wir in Kir-chenkreisen von Bischofskonferenzen und Synoden.) Aus diesem Protokoll erfahren wir u.a., daß der Kaiser im byzantini-schen Pomp erschien, und daß die bezahlten (!) Lobredner seinen Auf-tritt mit den Worten überliefern: „Wie ein Engel Gottes strahlte er in der feurigen Glut seines Purpurs und dem Glanz von Gold und kostbaren Steinen. Alle seine Begleiter überragte er an Größe, Schönheit und Wür-de... Er schritt bis zur vordersten Reihe der Plätze, wo mitten in der Ver-sammlung ein Goldsessel für ihn bereitgestellt war... Konstantin hielt ei-ne Rede und mahnte zu Frieden und Eintracht ".38

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Seine Methode Frieden zu stiften, war einfach: Beschwerde- und Streit-schriften ließ er ungeöffnet verbrennen, damit keinem Menschen der Streit der Priester bekannt wurde. Auch sonst griff der Kaiser ständig in die Verhandlung ein, obwohl er gar nicht den Vorsitz führte. Der Haupt-streit ging um einen einzigen Buchstaben, um ein „i". Der schon erwähn-te Eusebius von Cäsarea hatte gerade dem Konzil das Taufbekenntnis seiner Gemeinde vorgelesen, in dem u. a. Christus als der „Erstgebore-ne" und „Einziggeborene" bezeichnet wird, der vor aller Zeit vom Vater „gezeugt" worden war. Man bekannte einen „Herrn Jesus Christus", das Wort Gottes, „Gott aus Gott, Licht aus Licht, Leben aus Leben, den

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einzig geborenen Sohn, den Erstgeborenen der ganzen Schöpfung, vom Vater gezeugt, vor allen Äonen geboren ..." Auf diese Formulierung hat-ten sich die anwesenden Bischöfe geeinigt. Da griff plötzlich der Kaiser ein und verlangte zur Überraschung der Konzilteilnehmer eine völlig neue Definition. Er hatte dafür ein griechisches Wort, das auf dem Kon-zil noch nicht gefallen war: ‚homousios" (wesenseins). Es bedeutet hier, dass Rabbi J. als „Christus" wesenseins mit Gott sei, also selbst ein Gott. Aber genau das bestritten die Anhänger des Presbyters (griech. urchristli-cher Gemeindeältester) Arius aus Alexandria. Für Arius war der Rabbi J. nur das vornehmste aller Geschöpfe, „homoiusios", das heißt als Ge-schöpf nur gottähnlich. Von einem hing es also ab, ob das „Christen- tum" in der Gestalt der künftigen „Alleinseligmachenden Römisch—Ka-tholischen Kirche" an den Aussagen des Apostels Saulus/Paulus und der 4 (Standard-) Evangelisten Matthäus, Lukas, Markus und Johannes über das Menschsein des jüdischen „Messias" festhalten wollte, oder ob man den Prozeß der Verfälschung durch eine Art Schiedsspruch, einen Men-schen zu einem Gott zu erklären, auf die Spitze treiben wollte; anders gesagt: von diesem „i" hing es ab, ob sich die künftige „Alleinseligma-chende Römisch—Katholische Kirche" von dem einem Gott (,‚Jahwe"), an den offenbar auch der Rabbi J. geglaubt hatte, vom Judentum trennen würde oder nicht. Das Konzil von Nicäa entschied so, wie es der Kaiser Konstantin verlangte: Es machte 300 Jahre nach der Kreuzigung des Rabbi J. aus einem Wanderprediger einen Gott, der „homousios", we-sensgleich, mit Gott war. Am 19. Juni 325, vier Wochen nach Beginn des Konzils, mußten alle anwesenden Bischöfe auf Anordnung des Kai-sers unterschreiben. Wer es nicht tat, dem drohte die Exkommunikation und die Verbannung. Ergänzend dazu ist bei Johannes Lehmann

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zu le-sen, daß der Kaiser Konstantin nach dem Konzil an die Gemeinde in Alexandria einen Brief schrieb, in dem es u. a. heißt ß: „Die Überein-stimmung der 300 Bischöfe ist nichts anderes als das Urteil Gottes"; aber es war eben ein vom Kaiser manipuliertes Urteil Gottes: Von den 1000 Bischöfen seines Reiches hatte er überhaupt nur 300 eingeladen; vermut-lich diejenigen, die am wenigsten Widerstand leisten würden. Es „ergab" sich, daß sie fast alle aus dem eben eroberten Ostreich stammten und Orientalen waren. Aus ganz Westeuropa waren nur 7 Bischöfe gekom-men. Der amtierende Papst mit Namen Sylvester war gar nicht selbst in Nicäa erschienen, sondern hatte aus Rom zwei Vertreter geschickt.

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Nach dieser Pseudoabstimmung war der Weg endgültig frei für eine scheinbar unanfechtbare Formulierung des Glaubensbekenntnisses, in dem interessanterweise die „Jungfrauengeburt" nicht erwähnt wird, was wohl in späteren Zusätzen ebenso korrigiert wurde wie der Hinweis auf die Kreuzigung unter Pontius Pilatus, die man dem Kaiser zuliebe oder auf sein Drängen hin weggelassen hat, denn sonst wäre die Schuld am Tod Jesu eindeutig zu Lasten eben jener Römer gegangen, deren Kaiser Konstantin war.40

VII. Die Schafe verfolgen die Wölfe „Die Tatsache, daß die Christen im römischen Reich teilweise verfolgt wurden, darf nicht zu der Annahme verleiten, die „Alte Welt" sei gegen-über jeglicher Religionsausübung intolerant gewesen", schreibt der Schweizer Dr. jur. und Magister der Theologie Robert Kehl.

41 Das Ge-

genteil war nämlich der Fall. Sowohl die Griechen als auch die Römer waren sehr viel toleranter als die Christen. Das lag vor allem an der Verehrungspraxis ihrer eigenen Götter, einem Polytheismus (griech. poly-mehr; theos— Gott). Der tiefere Hintergrund dieser toleranten Haltung der Römer - wie überhaupt bei allen Völkern der Erde - gegenüber jeder Re-ligion bildete die Tradition des Althergebrachten. So waren die Römer beispielsweise ursprünglich der Ansicht, der römische Bürger dürfe nur seine eigenen, das heißt die Götter Roms verehren, was andererseits na-türlicherweise einschloß, daß andere „Staaten" und „Städte" andere Göt-ter hatten. Denn jeder Mensch sollte die Götter seiner Heimat vereh-ren, weil das Gemeinwesen nur dann stark und gesegnet war. Dieser Glaube stand natürlich in krassem Widerspruch zum Judentum und somit auch zur „Christensekte". Ein weiterer Vorbehalt der Römer gegenüber der „Christensekte" bestand in der Furcht, die Götter des Vaterlandes könnten sich rächen, wenn ihnen nicht in Form des traditionellen Kultes die schuldige Ehre zuteil würde. Außerdem befürchteten die Römer, dem Staat könnten aus neuen religiösen Kulten gewisse Gefahren erwachsen; denn die Verachtung der römischen Götter bedeutete in der damaligen Zeit zugleich die Verachtung des Staates. Es sei in diesem Zusammen-hang daran erinnert, daß der sich über 200 Jahre hinziehende römisch - jüdische Krieg erst mit der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 durch Ti-tus endete, und die „Christensekte" zunächst nur aus Juden bestehend, sich nach und nach immer mehr unter den Nichtjuden verbreitete. Weil

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die Juden außer ihrem eigenen Gott „Jahwe" alle anderen Götter für bloße Chimären (Ungeheuer der Griechischen Sage) oder böse Dä-monen42 hielten, wurde der römische Staat in seinem Lebensnerv ge-troffen und reagierte dementsprechend: es begann der erste Religi-onskrieg der Weltgeschichte. -

In der antiken Welt hatten die vielen Religionen in ausgesprochener Harmonie zusammen gelebt, und erst das „Christentum", eine (ver-meintliche)Religion der Nächsten- und Feindesliebe (1), hat diese Har-monie zerstört und stattdessen den religiösen Unfrieden gebracht, der in der Antike so gut wie unbekannt war. Mitentscheidend ihr den Jahrhunderte langen religiösen Frieden war die Tatsache gewesen, daß die innerhalb des römischen Weltreichs praktizierten Religionen und Kulte keine Dogmen, also keine verbindlichen, unwiderrufbaren Lehren, kannten. Der zerstörende Charakter der „Chrlstensekte" sowohl gegen den römischen Staat als solchen als auch gegen die grie-chisch - römische Kultur insgesamt bestand in ihrem Absolutheitsan-spruch, und das nicht nur in Glaubensfragen. Trotzdem ließen die römischen Kaiser die „Christen" immerhin 250 Jahre lang gewäh-ren, und manche Kaiser hatten sie sogar geschützt. Bei dem schon zitier-ten Robert Kehl43 lesen wir im Zusammenhang mit der von den Christen so beklagten, angeblich grausamen Verfolgung: „Zu dem historischen Begriff gehört nämlich, daß es sich bei dem bezüglichen Vorgehen ent-weder um eine Bestrafung der Christen für ihr Christsein oder fbr die Praktizierung und Propagierung ihrer religiösen Grundssätze oder eine Maßnahme zur Niederschlagung oder wenigstens Eindämmung des Chri-stentums handelte. Weder das eine noch das andere traf hier zu," ls ist weiter anzumerken, daß es mit der Verfälschung der Geschichte des „frühen Christentums", gemeint ist die Zeit bis zum nic&ischcn Konzil, gehört, die heidnisch - römischen Kaiser wären mehr oder weniger von Hass erfüllte Scheusale gewesen. In Wirklichkeit war ein großer Teil der Kaiser den Christen gegenüber freundlich gesinnt. Die meisten von ihnen waren sogar eher ihre Beschützer als ihre Verfolger. 44

Mit der Erhebung der Glaubensinhalte der „Chrlsteniikts" zur rö-mischen Staatsreligion war ein erster heimlicher Machtanspruch verwirklicht worden, denn das soeben formulierte Glaubensbekenntnis erhielt noch einen Zusatz im Sinn einer Strafandrohung, Dieser Zu-satz lautete: „Die aber, welche sagen „Es gab eine Zeit, da er nicht

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war" und „Bevor er gezeugt wurde, war er nicht" und „Aus Nicht-seiendem wurde er geschaffen, und die behaupten, entweder aus ei-ner anderen Wesenheit oder geschaffen oder wandelbar oder verän-derlich sei der Sohn Gottes - die verdammt die (katholische) Kir-che."4

Die Entscheidung, die Lehre von der Dreieinigkeit mit in das Glaubens-bekenntnis aufzunehmen, kam ja nicht von ungefähr, sondern war eine Folge theologischen Denkens im Sinn einer absichtlichen, nicht unmit-telbar überprüfbaren Konstruktion und ist vor allem nicht aus den soge-nannten „neutestamentlichen" Schriften ableitbar. Mit Nachdruck muß deshalb betont werden, daß mit der Dogmatisierung des Rabbi Jesus zum „Christus einmaliger Göttlichkeit" die Theologie begann, sich zu ver-selbständigen. In der Sprache unserer Zeit ausgedrückt heißt das „Ideologisierung ei-nes religiösen Glaubens". Die Theologen behaupten zwar auch heute noch, sie orientierten sich ausschließlich an der Bibel, aber sie gehen mit unverrückbaren Vorurteilen an ihre Quellen heran und lesen das heraus, was sie hinein zu lesen wünschen. In Bezug auf die Trinitätsformel „Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist" sagt der US-amerikanische Theologe Hugh J. Schonfield, sie „ist eine Verbailhornisierung der paulinischen Glaubenslehre"

;46 während es Goe-

the in dichterischer Form taktvoller ausdrückt: „Jesus fühlte rein und dachte nur den einen Gott im Stillen; der ihn selbst zum Gotte machte, kränkte seinen heil'gen Willen."47

-

Schon 16 Jahre nach dem nicäischen Konzil begann die schrecklich-ste und Jahrhunderte währende Zeit der Heiden- und Ketzerverfol-gungen, als Kaiser Konstantin II. mit dem Beinamen „Nostra Mansuetu-do" (lat. „Unsere Sanftmut") ein Edikt erließ, das der Väterreligion voll-kommen den Garaus machen sollte. Die soeben staatlich anerkannte Religionsfreiheit für die „Christen" schlug um in den Vorsatz, jegli-che Konkurrenz auszurotten. Diesem Edikt des Jahres 341 folgte am 27.2.380 ein Gesetz, das die beiden amtierenden Kaiser Gratianus (West-röm. Reich) und Theodosius (Oström. Reich) erließen, und das mindestens die gleiche folgenschwere Bedeutung haben sollte wie das Gesetz ‚ das den christlichen Glauben zur Staatsreligion erklärte: „Wir wollen, daß alle Völker, welche die Leitung unserer Gnade lenkt, in der Religion le-ben ‚ die der göttliche Apostel Petrus ‚ wie die von ihm gewiesene Reli-gion bis jetzt beweist, den Römern überliefert hat. Wir gebieten, daß

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diejenigen, welche diesem Gesetz folgen, den Namen „Katholische 1 gionen; es ist vielmehr der Gedanke einer Staatsreligion, die politi- Christen" beanspruchen dürfen, die anderen aber, die wir für s chen Zielen dient; es ist die Intoleranz, die die Rechte des Geistes fig und verrückt halten, den Schimpf ketzerischen Dogmas tragen den Rechten des Schwertes unterwirft. Diese beiden Prinzipien bela- d aß ihre Versammlungsorte nicht den Namen von „Kirchen" führen sten auch noch unsere Zeit aufs schwerste". . ..Und das Wesen dieses dass sie zunächst durch die göttliche Strafe, dann aber auch durch Christentums charakterisierte schon 200 Jahre früher „Friedrich der Gro- die Rache unseres Eintretens, das uns durch den Willen des Hirn- ße", auch der „Alte Fritz" genannt, ohne die Kenntnis der Ergebnisse der mels übertragen ist, getroffen werden."48 Bibelforschung des 19. und 20. Jahrhunderts, in seinem Testament, „das Ein weiterer Höhepunkt der Verfolgungen wurde im 6. Jahrhundert er- er für seinen königlichen Nachfolger niederschrieb, mit den folgenden reicht, als der christliche Kaiser sämtliche Heiden für besitz- und Worten: „Das Christentum, ein altes metaphysisches Märchen ‚ vol- rechtlos erklärte, damit sie „aller Haben beraubt dem Elend ausge- 1er Wunder, Widersprüchen und Widersinn, aus der glühenden Ein- liefert sind ".49 bildungskraft des Orients entsprungen, hat sich über Europa ver- Was danach folgte, ist zur Genüge bekannt: die grausame Ausbrei- breitet. Schwärmer haben es ins Volk getragen, Ehrgeizige sich zum tung des christlichen Glaubens in Mittel- und Nordeuropa, von der Schein davon überzeugen lassen, Einfältige es geglaubt, und so hat Kirche Missionierung genannt, und eine damit verbundene Umwertung dieser Glaube das Antlitz der Welt verändert." aller Werte im Sinn einer Relativierung sämtlicher menschlicher Be- wußtseinsinhalte, das heißt, entweder wurden diese für unwichtig erklärt

VIII. Die Chronologie des katholischen Kirchenchri- oder aber mindestens in Sinn und Bedeutung umgepolt: Leben und Ster- ben gehören dem „Herrn"; es gibt nur ein auf „Christus" bezogenes stentums Denken und Handeln; eine Höherentwicklung des individuellen Bewußt- Nach Uwe Topper5

' hat die katholische Kirche ihre eigene Chronologie seins (Seele) gibt es ebenso wenig wie ein schöpferisches Universum. (erst) im 16. und 17. Jahrhundert erfunden, die selbstredend heute einer Die Lebensbejahung wird ins Gegenteil, in die Lebensverneinung kritischen, d.h. rational—analytischen Überprüfung nicht mehr standhält. verkehrt. Jeder Versuch des Menschen, als ein auf Gemeinschaft Die negative Kritik Uwe Toppers an der Chronologie des Kirchenchri- angewiesenes Lebewesen sein Leben eigenständig zu deuten und zu stentums erfolgt unter der Voraussetzung von 3 Glaubensdogmen: gestalten ‚wird ins „Jenseits" verlagert und ist ausschließlich von der Gnade des „Herrn" abhängig. Gewissen, Freiheit, Liebe, Verantwor- 1. Jesus Christus sei gekreuzigt worden, sei vom Tode physisch aufer-

tung, Treue und Ehre sowie die Würde der Lebensgemeinschaften tung, standen und sei damit zum Weltherrscher und zum Richter beim Jüng-

Ehe, Familie und Volk verlieren ihre bisherige existentielle Bedeu- sten Gericht erkoren.

tung, ja ‚ sind seit dem „Opfertod Christi" null und nichtig. Künste 2. Die Reden und Handlungen des Jesus (hebr. Joshua bar Joseph - Jahwe

sind nur in soweit zugelassen, als sie der Verherrlichung Gottes hilft), wie sie der Nachwelt in der Berichterstattung durch Matthäus,

(Jahwe) dienen. Naturwissenschaften und Philosophie sind außerhalb Lukas, Markus und Johannes überliefert wird, erhebt als Grundlage

kirchenchristlichen Denkens unzulässig. Überhaupt ist alles Denken der christlichen Bibel (Neues Testament) einen unantastbaren Wahr-

verboten, sofern es nicht im christlichen Geiste geschieht; und was heitsanspruch.

„christlich" ist, bestimmt die Kirche . Folglich ist dem französischen So- 3. Die Herrschaftsstruktur, wie sie sich selbst durch den Priesterstand mit

ziologen Albert Bayet5° vorbehaltlos zuzustimmen, wenn er urteilt: „Was oberster Führung, dm Papst mit festem Sitz in Rom, und mit den

im Grunde mit der Kirche des 4. Jahrhunderts siegte, das ist weder die Konzilien zur Beratung über die Lehre charakterisiert, forderte jahr-

Vorstellung eines gerechten und guten Gottes noch der Erlösungsgedan- hundertelang - nicht nur in Glaubensangelegenheiten - absolute Auto-

ke, denn alle diese Vorstellungen fanden sich auch in anderen Reh- rität.

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Uwe Topper weist in seinem Buch mit wissenschaftlicher Genauigkeit Maria, Anna, Magdalene und Elisabeth. Dagegen lauteten typisch deut- unter anderem nach, daß das Neue Testament erst in den Streitschriften sche männliche Vornamen in der Zeit vor 1400 beispielsweise Karl, der Reformationszeit einen festen Wortlaut erhielt, und daß das „Chri- Friedrich, Heinrich, Otto, Ulrich, Hermann und Bernhard. stentum", wie wir es kennen, erst 500 Jahre alt sein kann. Natürlich benutzte man auch weibliche Vornamen wie Roswitha, Ottilie,

Das Hauptproblem bei der Erstellung einer in sich stimmigen Chronolo- Berta u.a.. Höchst bemerkenswert ist zudem die Tatsache, daß selbst so-

gie des Kirchenchristentums - das ist die Geschichte der „alleinseligma- wohl Könige und Fürsten als auch Bischöfe und Priester in den Urkun-

chenden römisch-katholischen Kirche" - liegt weniger in den Inhalten den jener Zeit meistens heidnische Vornamen trugen. Erst im späten 14. Jahrhundert der willkürlich ausgewählten 27 „neutestamentlichen" Einzelschriften tauchten Namen auf wie Michael, Daniel, Alexander und

begründet als vielmehr in den außerordentlichen Schwierigkeiten einer Irene, Sophie u.a.

zeitlichen Ordnungsstruktur, d.h. einer möglichst genauen Datierung. Eine höchst wichtige These Uwe Toppers52 im Zusammenhang mit der Denn mit Sicherheit wurden genauere Jahresnennungen erst nach 1500 Erfindung der Buchdruckerkunst im 15. Jahrhundert lautet: die Sprache geschaffen, zumal seit dem „Schisma der Kirche" - das ist die Spaltung der Römisch-Katholischen Kirche war von Anfang an Latein und nicht in eine Oströmische und eine Weströmische Kirche im Jahr 1054 - im Griechisch! Diese Behauptung begründet er in Anlehnung an die ent- nachhinein die Zählung nach Jahren noch problematischer wurde. So sprechenden Forschungsergebnisse der Sprachwissenschaft wie folgt: handelt es sich ganz gewiß nicht um einen statistischen Zufall, wenn erst „Man spricht von einer goldenen, silbernen und eisernen Latinität, was zu Beginn des zweiten Jahrtausend u. Ztr. Jahreszahlen in Verbindung zugleich eine Degeneration der sprachlichen Qualität einschließt. Der mit den beiden Buchstaben A und D - Anno Domini - im Jahr des Herrn Beginn unserer lateinischen Schriftwerke ist also von höchster Güte (Ca- - also der Geburt des „Jesus als Christus" - eine nähere zeitliche Bestim- to, Cicero - 1. Jahrhundert v.u. Ztr.), im nächsten Jahrhundert folgen etwas mung erfahren sollten. Da bis zur Erfindung der Buchdruckerkunst die laschere Erzeugnisse (Seneca, Tacitus- 1. Jahrhundert n.u. Ztr.), und schließ- Vervielfältigung neutestamentarischer Texte ausschließlich in der Hand lich haben wir die eisernen Schriftsteller einer Spätzeit, die gleich ins der Mönche in Form von Abschriften von Abschriften lag, konnten mas- Mittelalter hineinführen, ins völlig verdorbene Kirchenlatein. senweise Zeitdatierungen nach unkontrollierbarem Gutdünken mit der

Ich schlage nun vor, daß es sich eventuell umgekehrt abgespielt haben Absicht einer bewußten Irreführung vorgenommen werden. Erst die Überprüfung durch vorurteilsfreie Historiker und Linguisten des 20. könnte. Am Anfang steht das unbeholfene noch von Germanismen

Jahrhunderts ergab, daß kaum eine Urkunde aus jener Zeit den Anspruch durchsetzte Kirchenlatein des 14. Jahrhunderts, dem schließt sich das ei-

auf Echtheit erfüllt. Wenn eine Jahreszahl mit dem Zusatz „incarnatio- seine Latein der ausgehenden Antike am Übergang zum 15. Jahrhundert

nis" (lat. Fleischwerdung - des Herrn) vor dem Trienter Konzil 1443 verse- an, worauf die silbernen Autoren des 15.116. Jahrhunderts fußen, denen

hen worden war, dann wurde das Dokument mit Sicherheit nachträglich dann die humanistisch immer strahlender werdenden Werke der golde-

datiert; und wenn eine Jahreszahl im Text integriert erschien, bestand der nen Latinität folgen und als die „echte" Klassik den Höhepunkt bilden.

Verdacht, daß eine als Original getarnte und veränderte Abschrift oder Danach gibt es für einige Jahrhunderte nur noch dieses Latein, wissen-

gar eine böswillige Fälschung vorlag. schafthich und international verwendet. Die zeitliche Einordnung dieser Sprachstufen war notgedrungen rückwärts erfolgt. Nachdem die mittelal-

Die gleiche Art der Unterscheidung kann man mit gewissen Personen- terlichen Schriftsteller zeitlich festgelegt waren, nämlich direkt vor der namen vornehmen: Wenn ein Vorname eindeutig katholisch lautete, endgültigen Christianisierung Europas, blieben den eisernen nur die mußte die Urkunde frühestens nach 1400 ausgestellt worden sein. Ty- Jahrhunderte kurz davor, und den silbernen, die sich anschließend durch- pisch katholische Vornamen sind u.a. Petrus (Peter, Pedro, Pierre, Pietro, setzten, die entsprechenden Generationen vor den eisernen". Pjotr usw.), Jakobus, Johannes und die Namen aller anderen Apostel, ebenso Nikolaus, Moritz, Stefan und die übrigen Heiligen; natürlich auch

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Für die These, daß Latein die Erstsprache der christlichen Kirche ist, sprechen auch die folgenden Sachverhalte:

- Von den 27 Einzeltexten des willkürlich zusammengestellten Kanons der christlichen Bibel (Neues Testament) existiert nicht ein einziges Ori-ginal in griechischer Sprache.

- Etliche Begriffe der hebräischen und der griechischen Sprache wurden entweder mit einem anderen Sinn versehen wie beispielsweise „Messi-as", „Christos" und „Theologia", oder unmittelbar aus der lateinischen Sprache übernommen wie z.B. „veritas" (,‚Wahrheit", „religio" (Religion) und „templum" (Tempel statt griechisch Synagoge).

- Weder in der hebräischen noch in der altgriechischen Sprache gibt es einen Ausdruck für das deutsche Wort „Wahrheit". Infolgedessen kann Jesus niemals gesagt haben: „Ich bin der Weg, das Leben und die Wahrheit; niemand kommt zum Vater, denn durch mich." (Joh. 14:6) - Entsprechendes gilt selbstredend für alle Textstellen der 4 Evangelien, wo der Wahrheitsbegriff bemüht wird.

- Im ersten Glaubensbekenntnis, wie es auf dem Konzil in Nicäa 325 formuliert wurde, war weder von der Jungfrauengeburt, noch von der Kreuzigung, noch von der Dreifaltigkeit Vater, Sohn und Heiliger Geist die Rede.

Während um 800 unserer Zeitrechnung der Herd des Katholizismus in Avignon (Frankreich) in der Form des Papsttums und einer entsprechen-den Hierarchie entstand, entwickelte sich die Katholische Kirche in den benediktinischen Klöstern Frankreichs erst um 1500; und eben in dieser Zeit wurden auch die Texte der (katholischen) Kirchenväter von inkom-petenten Mönchen kopiert und das Neue Testament in der noch heute gültigen Form zusammengestellt. Wir gehen daher nicht fehl in der An-nahme, daß die Renaissance der griechisch-römischen Antike kulturge-schichtlich gesehen ein energischer Widerstand war gegen die römisch-katholische Kirche, die sich bekanntlich die Herrschaft über alle Lebens-bereiche anmaßte, und es sich bei der sich zeitlich anschließenden - durch Martin Luther eingeleiteten - Reformation um ein Auflehnen ge-gen den Mißbrauch kirchlicher Macht handelt.

Was die Herkunft der religiösen Inhalte des Kirchenchristentums katho-lischer Prägung anbelangt, so erzwangen diese ein grundlegendes Um-denken. Es ging ja nicht um die Wiederholung oder Umformung alter

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Mythen, sondern um eine Neugestaltung, die einen großen Anteil jener Überzeugungskraft ausmacht, womit in wenigen Generationen ganz Eu-ropa und Teile Asiens unterworfen wurden. Ein treffendes Beispiel hier-für ist die „Übertragung" bestimmter religiöser Inhalte des Neuen Te-staments um 800 unserer Zeitrechnung in die damalige deutsche Sprache - wahrscheinlich durch einen christlichen Mönch - auf Anordnung Lud-wig des Frommen (814-840), dem 3. Sohn des Frankenkönigs Karl. Der erste Herausgeber, ein gewisser J.S. Schmeller, nannte dieses Werk „He-hand" - Heiland. Offensichtlich liegt dieser Namensgebung das grie-chische Wort „helios"— Sonne zugrunde. Bei Uwe Topper können wir nachlesen, daß bereits die (keltischen) Druiden in klosterähnlichen Schu-len einen Glauben an einen „Sonnengott" lehrten. Wenn Uwe Topper diesen Sonnenglauben jedoch in die Nähe eines Christosglaubens rückt, so halte ich diesen Gedanken für ein Fehlurteil. Andererseits dürfte auf diesem Hintergrund der kurze einmalige und friedliche Vorgang der Übernahme des Christentums im nördlichen Europa eine glaubwürdige Erklärung finden.

Ideengeschichtlich geurteilt konnte die „Alleinseligmachende Römisch--Katholische Kirche" meines Erachtens nur mit Hilfe des durch sie voll-ständig durchdogmatisierten Glaubensbekenntnisses eine völkerbeherr-schende Macht entwickeln und diese über Jahrhunderte aufrecht erhal-ten, indem sie auf dem Konzil des Jahres 553 in Nicäa das in allen Hochkulturen anerkannte Phänomen der Wiederverkörperung (lat. Rein-karnation - Wiederverfleischlichung) in Verbindung mit dem Gesetz von Ursache und Wirkung (Karma) zur „Ketzerlehre" (griech. häresie) erklärte. Die außerordentlich hohe Bedeutung dieser kirchlichen Gesetzgebung läßt sich an der zweifachen Wiederholung —1274 in Lyon und 1439 in Florenz— auch angesichts der Erkenntnisse des Buches „Zeitfälschung" von Uwe Topper - unmittelbar ermessen und bedarf somit keines weite-ren Kommentars.

IX. Der Mythos von Adam und Eva Das uralte Gesetz des Miteinander und Füreinander von Mann und Frau als eigenständige Persönlichkeiten ist in gleicher Verantwortung an die mitmenschliche Gemeinschaft gebunden, die Ehe und Familie heißt. Während in den germanischen Sprachen und noch im Althochdeutschen

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das Wort „man" sowohl den Mann als auch die Frau bedeutete, ebenso wie ja auch heute noch die Wörter man, jeman(d) und niemand(d) je-weils beide Geschlechter meint, versteht die hebräische Sprache unter dem Wort „Adam" nur den Mann, nicht aber die Frau. Die Grundlage dieses Selbstverständnisses des Menschen finden wir im „Mosaischen Gesetz" der Bibel (1. Buch Mosis, 2. Kapitel, Vers 4 ff.), wo es heißt: „Zur Zeit als Gott Jahwe Erde und Himmel machte, da formte er den Men-schen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase Lebensodem. Er setzte den Menschen in den Garten Eden und ließ dort allerlei Bäume emporwachsen ... und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Nun gab Gott Jahwe dem Men-schen den Befehl: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, aber von dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn sobald du von ihm issest, mußt du sterben! Und Gott Jahwe sprach: Es ist nicht gut für den Menschen, daß er allein sei, ich will ihm ein We-sen schaffen, das ihm beisteht und zu ihm paßt. ... Da ließ Gott Jahwe einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, nahm eine seiner Rippen und baute sie zu einem Weibe aus und brachte sie dann zum Menschen. Die beiden aber, Mann und Weib, waren nackend und schämten sich nicht. Nun war die Schlange listiger als alle Tiere des Feldes, die sprach zum Weibe: Ihr werdet ganz gewiß nicht sterben! ... Da nahm sie von seinen Früchten, aß und gab auch ihrem Mann, und der aß auch. ... Der Mensch sprach: Das Weib, das du mir beigesellt hast, die gab mir von dem Baum ... Das Weib sprach: die Schlange hat mich verführt, daß ich aß. Da sprach Gott Jahwe zur Schlange: weil du solches getan hast, ver-flucht sollst du sein .... und zum Weibe sprach er: Ich will dir viel Müh-sal bereiten mit Schwangerschaften: mit Schmerzen sollst du Kinder ge-bären und wirst doch nach deinem Mann verlangen, er aber soll Herr sein über dich!

Und zum Manne sprach er: Weil du deinem Weibe gehorcht und von dem Baume gegessen hast, von dem ich dir zu essen verboten hatte: ver-flucht sei der Acker um deinetwillen! ... Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen ... Und der Mensch gab seinem Weibe den Na-men Eva (hebr. Die Fruchtbringende), und sie wurde die Stamm-Mutter al-ler Lebendigen . . .Da entfernte ihn Gott Jahwe aus dem Garten Eden, da-mit er den Boden bebaue, dem er entnommen war." -

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Wie kein anderer Text des „Pentateuchs" (griech. die 5 Bücher Mosis - das ist das „Mosaische Gesetz") hat der Mythos von der Schöpfung des Men-schen, vom Sündenfall durch Evas Ungehorsam, der Verfluchtung Evas und Adams und ihrer Vertreibung aus dem Paradies seit der Christiani-sierung die Menschen des Einflußbereiches des Judäo—Christentums ge-prägt. Wie wird im „Mosaischen Gesetz" das Wesen von Mann und Frau einschließlich ihrem Verhältnis zueinander vom jüdischen Gott Jahwe definiert? Die Antwort auf diese Frage lautet auf 5 Kernaussagen zu-rückgeführt wie folgt:

1 . Adam ist von Jahwe in besonderer Schöpfung um seiner selbst willen erschaffen worden. Die Frau hingegen erschafft Jahwe nicht um ihrer selbst willen, sondern um des Mannes willen und für den Mann; und obendrein formt sie Jahwe nicht wie den Mann und andere Geschöpfe aus der gleichen Erde, sondern aus einem Körperteil des Mannes, aus einer Rippe. Damit ist Eva dem Mann nicht ebenbürtig, sondern Adam ist des Weibes Ursprung und Zweck.

2. Das Verhängnis beginnt damit, daß die Schlange Eva verführt und Eva ihrerseits den Adam, damit er vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse essen möge. Die unmittelbare Folge ihrer beider Handlung ist: Jahwe verflucht Adam und Eva wegen ihres Ungehorsams.

3. Durch den Genuß der Frucht hat der Mensch, also Adam, Erkenntnis erlangt. Diese aber durch Sünde erworben, weil er nicht Gott Jahwe, sondern dem Weib gehorcht hat.

4. Adam und Eva müssen daher ihr Leben unter dem Fluch der Sünde rühren, wobei Eva für immer der Gewalt Adams ausgeliefert ist.

5. Ihrer Geschlechtlichkeit unterworfen, ist Eva leicht zur Sünde zu ver-führen und versucht ihrerseits, den Mann zu verführen. Darum hat sie seinem Willen zu gehorchen, und auf diese Weise ist er Herr über sie.

Hinter der Gestalt der Jahwe feindlichen Schlange, die offenbar über das gleiche Wissen und auch über die gleiche Macht wie Gott Jahwe verfügt, und den Menschen die Wahrheit über das Verbot Jahwes enthüllt, wor-auf sie von ihm mit einem Fluch versehen wird, haben vor wenigen Jahr-zehnten Wissenschaftler der Analytischen Psychologie in alten Schriften eine weibliche Schlangengottheit entdeckt, wie sie im gesamten Kultur-raum des antiken Orients als Urmutter Gottheit verehrt wurde und auch seinerzeit in Kanaan als Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin beheimatet war. Die Göttin selbst wurde als Schlange oder mit einer Schlange dar-

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gestellt. Demnach dürfen wir in der mit göttlichem Wissen begabten Pa-radiesschlange eine Erinnerung an eine Urmuttergottheit erkennen: Eva und die Schlange sind dasselbe in zweierlei Gestalt. Aber auch der Er-kenntnis- und der Lebensbaum sind entsprechend dieser Deutung Sym-bole der Urmutter. Infolgedessen ist der logische Schluß zulässig, daß Eva, Schlange, Lebensbaum und Erkenntnisbaum alle eins und dasselbe sind. -

Im Abschnitt 1. Moses - Religionsstifter und Befreier Israels mache ich u.a. darauf aufmerksam, daß im 1. Buch Mosis von 2 Schöpfungsbe-richten die Rede ist. Dem jahwistischen Schöpfungsbericht, dem der zi-tierte Mythos von Adam und Eva entnommen ist, geht ein kürzerer Schöpfungsbericht voraus, in dem nicht von Jahwe, sondern von „El" und „Elohim" (hebr. Gott und Götter) gesprochen wird. In diesem Schöp-fungsbericht wird auch nichts über die Zuordnung der Geschlechter ge-sagt, zumal er nicht die Erschaffung eines einzelnen Mannes und einer einzelnen Frau zum Gegenstand hat. Es heißt dort nämlich lediglich: Und Gott (,‚El") schuf die Menschheit nach seinem Bilde ... männlich und weiblich schuf er sie und gibt ihr den Auftrag: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und macht sie euch untertan." In diesem Schöp-fungsbericht atmet natürlich ein völlig anderer Geist als in der einge-schobenen Geschichte von Adam und Eva, die beide von Jahwe nur in ihrer (vermeintlichen) Sündhaftigkeit gesehen werden. Es sollte in diesem Zusammenhang unbedingt erwähnt werden, daß sich durch die gesamte Hebräische Bibel (AT) diese beiden ihrem Stil und ihren inhaltlichen Aussagen nach verschiedenen Geisteshaltungen ziehen, die sowohl in der Selbstauffassung des Menschen und seinem Verhältnis zu „Gott" und zur Welt zum Ausdruck kommen als auch in dem grundverschiedenen Verhältnis zwischen Mann und Frau. -

Die vergleichende Religionsgeschichte zeigt - mit einer einzigen Aus-nahme - bei allen antiken Völkern, die das Göttliche in personhaften Ge-stalten verehren, ein Nebeneinander von männlichen und weiblichen Gottheiten. Dem entsprechend begegnen wir allem Lebenden im Kosmos diesen beiden Prinzipien, dem Väterlichen und dem Mütterlichen, als Ursprünge des Lebens. Wie bei den Indoariern und in China, bei den Mittelmeervölkern und bei den Germanen, steht auch im gesamten Ori-ent, bei den großen Kulturvölkern wie bei den kleinen Völkerschaften, neben dem männlichen Gott eine Muttergottheit. -

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In Hinblick auf die Verbreitung des altjüdischen Mythos von Adam und Eva und den unmenschlichen Folgewirkungen seit über 2000 Jahren soll-ten wir bewußt wahrnehmen, daß die jüdische Religion zu keiner Ent-wicklung einer weiblichen Religiosität höherer Artung gelangte, aber andererseits mit Hilfe des Christentums bzw. der „alleinseligmachenden römisch-katholischen Kirche" eine für alle europäischen Völker ver-pflichtende Ehe- und Familienmoral erschuf, die bis in die Gegenwart verheerende Auswirkungen verursachte. -

Wie das anthropologisch jüdische Bild von Adam und Eva die An-schauungen des Saulus/Paulus und der „Kirchenväter" bestimmte, so hat dieser Mythos auch als Folge der Missionierung bei den Männern und Frauen des keltisch-germanischen Raumes Nordeuropas Eingang gefun-den, deren Miteinander seit vielen Jahrhunderten von anderen Gesetzen geprägt war - und auch entsprechend gelebt wurde. So wurde die germa-nische Ehe als eine Schicksalsgemeinschaft im vollsten und tiefsten Sinn verstanden, und die Verbundenheit selbständiger Persönlichkeiten in der Einmütigkeit des Wollens und zur gemeinsamen Lebensgestaltung in Freiheit und Verantwortung gelebt. -

Eine erste positive Veränderung hinsichtlich der Beziehung von Mann und Frau in Ehe und Familie trat nach der Reformation durch den von Martin Luther ausgelösten Protestantismus ein. Es fand zwar eine forma-le Loslösung von der Katholischen Kirche statt, aber das Verhältnis von Mann und Frau, wie es durch das „Mosaische Gesetz" definiert wurde, blieb auch weiterhin davon weitgehend unberührt. Erst im Zuge der am Ende des 17. Jahrhunderts einsetzende und das ganze 18. Jahrhundert beherrschende Geistesbewegung der „Aufklärung", die 1. Kant als die „HerausfiJhrung aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit des Men-schen" bezeichnete, veränderte sich auch das Verhältnis von Mann und Frau insofern, als der Mann die absolute Herrschaft über die Frau verlor, und die Frau dadurch eine gewisse äußere Befreiung von der Jahrhunder-te währende Unterdrückung durch die Katholische Kirche erfuhr. Im-merhin dauerte es jedoch noch fast 100 Jahre, bevor die Eheschließung auf dem Standesamt die einzig gültige rechtsverbindliche Voraussetzung für die staatliche Anerkennung der Ehe wurde.

Noch das im Jahr 1900 in Kraft getretene „Bürgerliche Gesetzbuch" hält hei der prinzipiellen Gestaltung der Beziehungen von Mann und Frau in

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der Ehe an der mosaischen Über- bzw. Unterordnung fest und stellt in seinem „Gehorsamsparagraphen" (§ 1354, Abs. t) den „Grundsatz der ehe- herrlichen Autorität erneut sicher. -

Ich bin der festen Überzeugung, daß der II. Weltkrieg einschließlich sei-ner negativen Folgewirkungen - insbesondere in Deutschland - dazu beigetragen hat, in das „Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland von 1949 „im Vollzug einer geschichtlichen Notwendigkeit" im Artikel 3, Abs. 2 die Formulierung, Männer und Frauen sind gleichberechtigt" mit aufzunehmen.

Als Folge der Anerkennung beider Geschlechter vor dem Gesetz ent-wickelte sich, innerhalb von 2 Nachkriegsgenerationen die Wahrneh-mung einer geschlechtsspezifischen Autonomie, wie es sie bisher in der gesamten deutschen Geschichte noch niemals gab, meines Erachtens al-lerdings mit der Gefahr, diese natürliche Selbstbestimmung im Einzelfall negativ bis hin zu einem krankhaften Egoismus zu mißbrauchen.

X. Der „Da Vinci-Code" Im Jahr 2003 veröffentlichte der US-Amerikaner Dan Brown sein Buch „Der Da Vinci-Code". Ein Jahr später erschien es auf dem deutschen Markt unter dem eher geheimnisvollen Titel „Sakrileg". Im Mittelpunkt des in Romanform geschriebenen Buches steht das Gemälde „Das letzte Abendmahl" von Leonardo da Vinci (1452-1519). Um die Frage beant-worten zu können, was es für eine Bewandtnis mit dem Da Vinci-Code hat, sei zunächst an die wichtigsten Eckdaten der von der „alleinseligma-chenden römisch-katholischen Kirche selbst verfaßten Geschichte erin-nert, die der Aufdeckung wichtiger Hintergründe zum Verständnis ihrer Macht dienen. auf denen der im Gemälde „Das letzte Abendmahl" do-kumentierte Geheimcode Leonardo da Vincis beruht.

Es gibt keine originale Textquelle der Evangelien, sondern nur Kopien von Kopien. Es existiert kein außerkirchliches Dokument, nachdem das angeblich einzige Zeugnis, die „Germania" des römischen Ge-schichtsschreibers Tacitus (55-1 16 n. u. Ztr.), vor rund 100 Jahren als Fälschung entlarvt wurde.

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• i,st im Jahr 325 wurde die „Christensekte" von Kaiser Konstantin zur Staatskirche erhoben und Jesus als wesensgleich (griech. homousios) mit „Gott- und nicht nur als wesensähnlich (griech. homo—iusios) definiert.

• Ah 381 nannten sich die Anhänger der christlichen Staatskirche auf Anordnung der Kaiser Gratianus (Weströmisches Reich) und Theodosius (Oströmisches Reich) katholische (griech. catholicos - allgemein) Christen.

• l)ns erste Glaubensbekenntnis von 325, das sogenannte Nicänum, knimte noch keine Jungfrauengeburt, keine Kreuzigung und auch keine Dreieinigkeit.

• lin Höhepunkt der Heidenverfolgung wurde im 6. Jahrhundert er-reicht, als der christliche Kaiser sämtliche Heiden - so wurden alle Nichtchristen bezeichnet - für besitz- und rechtlos erklärt.

• Danach begann die gewaltsame Christianisierung Mittel- und Nordeu-ropas.

• hin Jahr 1546 wurde auf dem Konzil von Trient die lateinische Fassung der Bibel für verbindlich erklärt, nachdem Martin Luther das Neue Te-stament bereits 1522 und das Alte Testament 1536 ins Deutsche über-

Neti.t hatte. Danach erfolgten Übersetzungen in fast alle anderen Spra-chen Europas.

Nahezu 1500 Jahre waren also vergangen, bevor die lesekundigen Eu-rt)pller „die heiligen Schriften der christlichen Offenbarungsreligion" in der Übersetzung der jeweiligen Landessprache aus eigener Anschauung mir Kenntnis nehmen konnten, wobei natürlich über das Zustandekom-mcii dieser heiligen Texte nichts bekannt war. Erst die Sprachwissen-mchüft in Verbindung mit der Geschichtsforschung und der Archäologie - vor allem des 20. Jahrhunderts - entlarvte das Neue Testament als ein Werk von Menschen, das mehr Unheil als Heil stiftete. I)lc grundlegende Fälschung des Neuen Testaments besteht bekanntlich darin, daß die von Kaiser Konstantin angeordnete Wesengleichheit von J.stis mit dem jüdischen Gott Jahwe zum Auslöser genommen wurde, ein Glaubensbekenntnis zu entwickeln, das einmalig in der uns bekann-ten Menschheitsgeschichte ist. Einmalig in einem mehrfachen Sinn:

JeNus wird von relativ wenigen Juden als Messias anerkannt und von dein Juden Saulus/Paulus zum Christos erklärt. Und 300 Jahre später (!) wurde der Rabbi Jesus von einem heidnischen Kaiser aus machtpoliti-

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sehen Gründen zum einzigartigen Gottessohn erklärt. Seitdem besteht der unaufhebbare Widerspruch von der (angeblichen) Gottessohnschaft und dem griechisch-heidnischen Christos. Dieser gewaltsam konstruierte Du-alismus zieht sich durch sämtliche neutestamentliche Schriften. Die zwangsläufige Folge dieser zweckgerichteten Fälschung war, daß die Kirche im nachhinein alles versuchte, die Person Jesu - sein hebräischer Name lautete Joshua bar Joseph, Jahwe hilft Sohn des Joseph - als über-natürlich, das heißt in seiner Einmaligkeit als göttlichen Menschen dar-zustellen. Dazu gehörte vor allem die widernatürliche Geburt durch eine Jungfrau und damit die Leugnung einer irdischen Elternschaft und seiner Geschwister sowie die Verheimlichung seiner Ehe mit Maria Magdalena, die unter anderem in einem der ältesten christlichen Schriftstücke, dem bei Nag'Hamadi, einem Ort 30 km von Kairo, 1947 gefundenen Philip-pus—Evangelium, dokumentiert wird. -

Unter der Führung von Gottfried von Bouillon fand im Jahr 1099 der er-ste Kreuzzug statt. Gottfried von Boullion war angeblich im Besitz eines machtvollen Geheimnisses, das seit den Tagen Christi in seiner Familie weitergereicht worden war. Aus der Sorge, dieses Geheimnis könnte mit seinem Tod untergehen, gründete er eine geheime Bruderschaft - die Prieure de Sion - die er mit der Aufgabe betraute, das Geheimnis wohl-behütet von Generation zu Generation weiterzugeben. Zu der Zeit, als G. von Boullion König von Jerusalem war, kam der Bruderschaft das Ge-rücht zu Ohren, daß unter den Ruinen des Tempels des Herodes, der sei-nerseits auf den Ruinen des Tempels von König Salomon errichtet wor-den war, angeblich ein Schatz ruhen sollte, der aus kostbaren Dokumen-ten bestand. Diese Dokumente seien von einer derartigen Brisanz, daß die Kirche vor nichts zurückschrecken würde, um in ihren Besitz zu er-langen. Um an die Dokumente heranzukommen, bildete die Bruderschaft eine militärische Gruppierung, die aus 9 Rittern bestand und den Namen „Orden der armen Ritter Christi und vom Tempel des Salomons" führte, besser bekannt unter der Bezeichnung „Tempelritter". Die allgemein ver-breitete Ansicht, die Tempelritter sollten die Pilger im Heiligen Land schützen, diente lediglich der Tarnung. Nach etwa 10 Jahren wurden sie fündig. Die Tempelritter wurden von Papst Innozenz Il. mit uneinge-schränkter Machtvollkommenheit und Eigengesetzlichkeit versehen. Mit diesem Freibrief der Kirche ausgestattet, erlebte der Templerorden einen ungeahnten Aufstieg und war ein in politischer und religiöser Hinsicht

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von weltlichen und geistlichen Herrschern unabhängiger Machtfaktor geworden.

Mit Beginn des 14. Jahrhunderts war der Templerorden so mächtig ge-worden, daß Papst Clemens V. beschloß, diese Machtfülle einzuschrän-ken. Nach Absprache mit dem französischen König Philipp IV. insze-nierte er eine genial geplante Nacht- und Nebelaktion, mit der er den Templerorden zerschlug. Am 13. Oktober 1307 wurde diese genau abge-stimmte Aktion ausgeführt. Papst Clemens V. behauptete im nachhinein, Gott sei ihm in einer Vision erschienen und habe ihm offenbart, die Tempelritter seien abtrünnige Ketzer und der Teufelsanbetung schuldig. Die Tragödie klingt bis in unsere Zeit nach, denn noch heute gilt Freitag der Dreizehnte als Unglückstag.

Da die Templer andererseits mächtige Verbündete hatten, gelang es eini-gen, der Vernichtung zu entgehen. - Im Jahre 1975 wurden in der Pariser National Bibliothek Dokumente entdeckt, die unter der Bezeichnung „Dossiers Sekrets" bekannt ge-worden sind, und aus denen hervorgeht, daß „die Prieurü de Sion" auch heute noch besteht sowie daß ihr eine Reihe berühmter Männer als Großmeister angehörten, darunter Isaac Newton, Sandro Botticelli, Vic-tor Hugo, Leonardo da Vinci und im 20. Jahrhundert unter anderen Claude Debussy und Jean Cocteau bis zu seinem Tod im Jahr 1963.

Als Großmeister war Leonardo da Vinci zweifellos einer der wenigen Geheimnisträger der „Prieure de Sion". Bedenken wir, daß Leonardo da Vinci in den Jahren 1495-1497 an dem Gemälde „Das letzte Abend-mahl" arbeitete, also immerhin noch einige Jahrzehnte, bevor Luther das Neue Testament ins Deutsche übersetzte, und weiter, daß noch 450 Jahre vergingen, bevor in Nag'Hamadi unter anderem das Philippus—Evange-lium entdeckt wurde, das Jesus als ganz normalen Menschen ausweist, der mit Maria Magdalena verheiratet war, dann können wir in etwa er-messen, welche hohe Bedeutung der da Vinci-Code für die Existenz des Kirchenchristentums hatte, beziehungsweise auch heute noch besitzt. Auf dem restaurierten (farbigen) Bild lassen sich die wesentlichen Ein-zelheiten des Geheimcodes der „Prieure de Sion" ohne Schwierigkeiten erkennen:

• Der Jünger auf der rechten Seite neben Jesus ist kein Mann, sondern eine Frau. Sie wirkt jung und fromm, hat ihre zarten Hände gefaltet, läßt einen

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zurückhaltenden Gesichtsausdruck erkennen und hat schönes rotes Haar. Sogar der Ansatz eines Busens ist zu erkennen: es ist Maria Magdalena.

• Jesus und Maria Magdalena sind komplementär gekleidet, das heißt Jesus trägt ein rotes Untergewand und einen blauen Mantel, Maria Magdalena ein blaues Untergewand und einen roten Umhang.

• Jesus und Maria Magdalena scheinen an der Hüfte miteinander verbunden zu sein, wobei sie sich voneinander weglehnen, wie um diesen deutlich abgegrenzten unausgefüllten Raum zwischen sich zu schaffen.

• Im Zentrum des Gemäldes befindet sich ein unübersehbares M. Es steht möglicherweise für Matrimonium (lat. Ehe) oder für Maria Magdalena.

• Sogar die Abneigung des Petrus gegenüber Maria Magdalena hat da Vinci in dessen Gesicht zum Ausdruck gebracht.

• „Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den Kelch und sprach..." heißt es bei Matthäus Kapitel 26, Vers 27. Jedoch auf dem Bild sind 13 Weinbecher aus Glas und ohne Stiel zu sehen, aber kein Kelch. -

Die modernen Symbole für männlich c3' und weiblich 9 sind jahrhun-dertelang falsch gedeutet worden. Man hatte nämlich angenommen, daß das männliche Symbol einen Schild mit einem Speer darstellt und das weibliche Symbol einen Spiegel für die Schönheit. In Wirklichkeit han-delte es sich ursprünglich um die astronomischen Symbole für den Pla-netengott Mars und die Planetengöttin Venus.

Die alten Symbole dagegen sind viel einfacher. Das männliche Win-kelzeichen mit der Spitze nach oben A ist ein rudimentärer Phallus. Diese Zeichen stehen für Aggression und Männlichkeit. Das weibliche Symbol ist die genaue Umkehrung des Winkels: V. Man nennt es den Kelch. Die-ses Kelchzeichen hat Ähnlichkeit mit einem Trinkgefäß oder einer Scha-le, aber vor allem ähnelt es dem weiblichen Schoß, und es symbolisiert Weiblichkeit und Fruchtbarkeit. Und wenn in der Gralsiegende berichtet wird, der Gral sei ein Kelch oder eine Schale, so ist das eine Allegorie, mit der die wahre Natur des heiligen Grals verschleiert worden ist. Der Gral ist das alte Symbol für das Weibliche, und als heiliger Gral reprä-sentiert er das göttlich Weibliche, die Heiligkeit der göttlichen Urmutter. Die Fähigkeit der Frau, Leben hervorzubringen, hat in früheren Zeiten tiefe Verehrung gefunden und stellte für die männliche Kirchenhierar-chie eine ernsthafte Bedrohung dar. Deshalb wurde das Weibliche dä-monisiert und für unrein erklärt. Es ist ein Unglück, daß die christliche

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Philosophie die Schöpferkraft des Weiblichen leugnet und sich über den biologischen Sachverhalt einfach hinweggesetzt hat.

Es ist in diesem Zusammenhang anzumerken, daß die Vorstellung von der Frau als Lebensspenderin den Ursprung sämtlicher alten Religionen bildet. In dem Mythos der Schöpfungsgeschichte von Adam und Eva wird die Frau als aus dem Mann erschaffen dargestellt und ist zugleich zur Sünderin erklärt worden: die Schöpfungsgeschichte war der Anfang vom Ende der Muttergottheit. Negative Folgewirkungen sind bis in die Gegenwart noch spürbar. -

Maria Magdalena war nach altjüdischer Darstellung von königlichem Blut, denn sie stammt aus dem Hause Benjamin, ebenso wie Jesus durch seine Verwandtschaft mit dem Hause David. Durch Einheirat in das mächtige Haus Benjamin hatte Jesus zwei Königshäuser vereinigt. Da-durch war eine starke politische Union entstanden, die einen legitimen Anspruch auf den jüdischen Königsthron rechtfertigte. Die Legende vom heiligen Gral ist eine Legende vom königlichen Geblüt. Wenn in dieser Legende die Rede ist vom Kelch, der das „Blut Christi aufgefangen hat", dann ist in Wahrheit von Maria Magdalena die Rede, von dem weibli-chen Schoß, der das Geblüt Christi getragen hat; denn Jesus war nicht nur verheiratet, er war auch Vater eines Kindes, und Maria Magdalena war der Kelch, das heilige Gefäß.

XI. Gedanken zum Wassermann-Evangelium Die Originalausgabe des „Wassermann—Evangeliums von Jesus dem Christus" erschien in englischer Sprache im Jahr 1908 in London. Der Autor des Buches war der US-Amerikaner Levi H. Dowling. Die Erst-ausgabe in deutscher Sprache wurde 1980 im Münchener Hugendubel - Verlag gedruckt. Mein Exemplar gehört zur 1. Auflage des Schirner-Verlages in Darmstadt aus dem Jahr 2004. Als Herausgeberin des Bu-ches zeichnet eine Mitarbeiterin des Verfassers - Eva S. Dowling - ver-antwortlich. Der Name läßt einen Verwandtschaftsgrad vermuten, mög-licherweise war sie die Ehefrau, denn zu der 20 Seiten umfassenden Ein-führung in die Thematik des Buches gehören unter anderem wichtige Lebensdaten des Autors, ebenso die zahlreichen Informationen über das Zustandekommen dieses Evangelientextes nach über 1800 Jahren des ir-

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dischen Lebens des Joshua bar Joseph, biblisch genannt Jesus. So erfährt der Leser in der Einführung, daß Levi Dowling 1844 in Belleville/Ohio (USA) das Licht der Welt erblickte, mit 16 Jahren anfing zu predigen, mit 20 Jahren in die US—Army eintrat, in der er bis zum Ende des Bürger-krieges als Kaplan diente, und daß er Medizin studierte und einige Jahre die Tätigkeit eines praktizierenden Arztes ausübte, bevor er sich aus-schließlich der „Literatur" widmete.

Levi Dowling hatte schon in frühen Jahren mehrmals Visionen, die ihn anleiteten, eine „Weiße Stadt" zu bauen. Eine „Weiße Stadt" zu bauen, deutete er als Weisung, eine Niederschrift des „Wassermann—Evangeli-ums" anzufertigen. Den Auftrag hierfür erhielt er angeblich von einer Göttin der Weisheit mit dem Namen Visel. Von allerhöchster Wichtig-keit ist die Behauptung der Herausgeberin: „Man muß annehmen, daß dieses Schriftstück eine direkte Übertragung aus der „Akasha—Chronik" ist." Dabei handelt es sich um einen Text des Manuskripts aus der „Akasha—Mappe" Levi Dowlings über das Christusverständnis als „Gott der Liebe und Logos der Unendlichkeit, durch den alle Dinge erschaffen wurden, um zugleich Herr und Schöpfer, Allerhalter und Erlöser aller Dinge, allen Seins zu werden". Von ähnlich hoher Bedeutung ist der Hinweis, daß die Akasha—Chronik von den hebräischen Meistern als das „Buch von Gottes Erinnerungen" bezeichnet wird. Offenbar soll die Akasha—Chronik jüdischen Ursprungs sein! Im Übrigen läßt sich nicht ermitteln, welche Textstellen im Einzelnen aus der Akasha—Chronik stammen sollen und welche nicht.

Die Taschenbuchausgabe des „Wassermann-Evangeliums" umfaßt 450 Seiten und weicht insofern von der Struktur und den Inhalten der Stan-dardevangelien des Matthäus, Lukas, Markus und Johannes ab, als der in 22 Kapiteln unterteilte Text unter anderem außer über die Geburt und die Jugend Marias, der Mutter Jesu, berichtet, auch über Geburt und Kind-heit von Johannes dem Täufer detaillierte Kunde gibt, um sodann chro-nologisch das Leben und Wirken Jesu von Kindheit und Jugenderzie-hung über seinen Aufenthalt in Indien, in Tibet, in Persien, in Assyrien, in Griechenland und in Ägypten beispielhaft darzustellen. Erst danach wird die „Christustätigkeit" - nicht die Jesustätigkeit - in 3 Jahresepo-chen gegliedert, und es folgen die Kapitel „Verrat und Gefangennahme Jesu", „Verurteilung und Kreuzigung Jesu" und „Auferstehung Jesu". Den Schluß bilden die Kapitel „Verstofflichung des Geistkörpers Jesu"

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tiiid „Gründung der Kirche Christi". Als Kapitel XII wird „Der Rat der sieben Weltweisen" eingefügt.

Was dem unvoreingenommenen Leser des „Wassermann—Evangeliums" als erstes auffällt, ist die gedankliche Einbindung in die jüdische Religi-on. Diese gedankliche Einbindung findet ihren sprachlichen Ausdruck in den zahlreichen hebräischen Eigennamen und einer dementsprechenden Begrifflichkeit. Der Leser - der Christ wie Nichtchrist - ist sicher ent-Illuscht über die fehlende Beweispflicht in Bezug auf Jesus als Christos. 1 s wird zwar auf das hebräische Wort „maschiach" und den griechischen Ausdruck „christos" hingewiesen, da beides bekanntlich „gesalbt" heißt, aber nicht auf die eigentliche, extrem unterschiedliche Bedeutung von „Messias" und „Christos'; im Gegenteil, Levi Dowling übernimmt die seit Gründung der christlichen Kirche bestehende Gleichsetzung von „Messias" und „Christos" als gegensätzliche Kategorien zweier sich ge-genseitig ausschließender Welt- und Lebensanschauungen, die bekannt-lich nicht von Jesus selbst, sondern von Paulus/Saulus formal zu einer vermeintlichen religiösen Einheit verschmolzen wurden. Es wird auch nicht gesagt,

• daß es kein originales Dokument über das Leben und Wirken Jesu gibt, daß der Ort Nazareth vor 2000 Jahren noch nicht existierte,

• daß die „Nazarener" für ihren Widerstand gegen die Römer bekannt wa-ren,

• daß die Christensekte im Jahr 325 von Kaiser Konstantin zur Staatsreli-gion erhoben wurde,

• daß das erste Glaubensbekenntnis, das Nicänum, keine Jungfrauengeburt, keine Kreuzigung und keine Dreieinigkeit kannte,

• daß die Sprache der Kirche Latein ist, und darum sämtliche der hebräi-schen oder der griechischen Sprache entlehnten Wörter und Begriffe der christlichen Bibel der Bedeutung nach verfälscht wurden, und

• daß im Laufe von fast 2000 Jahren tausende von Textänderungen in den Einzelschriften des sogenannten Neuen Testaments durch die Hüter des christlichen Glaubens vorgenommen wurden usw. usf.

Mit einem Wort gesagt: Levi Dowling übernimmt die Inhalte der 4 Stan-dardevangelien kritiklos und ergänzt sie nach eigenem Ermessen ohne Quellenangabe.

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Um das „Wassermann-Evangelium" nicht von vornherein nur als ein Er-zeugnis subjektiver übersteigerter Phantasie zu verwerfen, sehe ich mich gezwungen, mit der Fiktion des Alsob zu arbeiten, das heißt, ich tue so, als ob es sich um einen Bericht über Worte und Handlungen Jesu han-delt, die zwar nicht überprüfbar sind, aber doch von Jesus ausgesprochen beziehungsweise vollzogen wurden. Im Wesentlichen beziehe ich meine negative Kritik auf ausgewählte Textstellen, die nicht in den 4 Standard-evangelien des Matthäus, des Lukas, des Markus und des Johannes zu finden sind.

1. Über die Kindheit und Jugenderziehung Jesu

Maria unterrichtet ihren Sohn in Nazareth. Besonders liebt Jesus die Ge-sänge der Avesta (Texte der Anhänger Zarathustras) und der Veden (die älte-ste religiöse Literatur der arischen Inder). Auch die Psalmen Davids und die Weisheitssprüche Salomons erfüllen ihn mit Freude. Mehr als alles ande-re schätzt er die Prophetenbücher Israels, - „Und einer sprach zu mir, - zu Jesu dem Kind - den ich nicht sah, doch dessen Stimme ich vernahm: „den Tod, den gibt es nicht". -

„Wenn man voller Liebe ist, dann braucht es keinerlei Gebote. Ich glau-be fast, der Rabbi denkt, daß Gott parteiisch sei, daß ihm die Juden vor den anderen den Vorzug geben? Sind die Römer und die Griechen ge-nauso gut die Kinder Gottes wie die Juden? - Ein Gott, der Freude hat an Opferfleisch und Blut, ist nicht mein Vater—Gott". Woher hat Levi Dowling seine Informationen, modern gesprochen? Aus der Akasha—Chronik, die meines Wissens in der Palisprache und/oder im Sanskrit, der alt-indischen Hochsprache, teilweise auf Palmblättern zu lesen ist? Beherrschte Levi Dowling diese Sprachen? Oder erhielt er Durchsagen aufgrund seiner Intuition auf Englisch? Dieses Problem be-zieht sich auf den gesamten Text des „Wassermann-Evangeliums", so-fern es sich um biographische Daten, gesprochene Worte und vollzogene Handlungen Jesu handelt, die nicht in der ohnehin stark gefIschten Be-richterstattung der 4 Standardevangelien nachzulesen sind.

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2. Leben und Wirken Jesu in Indien

Prinz Ravanna von Orissa weilt mit einer Schar von Priestern, Weisheit suchend, in Jerusalem und erkundigt sich, wie er nach Nazareth (!) ge-langen kann, um Jesus als den „Gottessohn" zu ehren. Der Prinz fragt Joseph und Maria, ob er Jesus mit nach Indien nehmen dürfe, wo er die Weisheit der Brahmanen lernen könne. Der junge Jesus wird Schüler 1 Idrakas, dem weisesten der Hinduheiler, um von ihm die Heilkunst zu erlernen. Jesus sagt: „Kurtisanen, Wucherer und Diebe sind genauso Kinder meines Vaters. Sie alle schaffen doch an ihrem Karma (!) ebenso wie Ihr, die Ihr Euch brüstet, an Moral und Ansehen viel wertvoller zu sein als sie." - Jesus schreibt einen Brief an seine Mutter Maria anläßlich des Todes seines Vaters Joseph. - Er selbst entkommt einem Mordan-schlag, der von Brahmanen inszeniert worden war.

In „Gottes Chronik" (Dowling meint offenbar die Akasha—Chronik.) lesen wir: Die Gottheit haucht und 7 Geister stehen vor ihrem Antlitz. Elohim nennen die Hebräer diese Geister Gottes. Diese Geister Gottes schweben In der Sphäre endlos weiten Raumes und erschaffen 7 Schwingungsstu-kn. Reiche nennt sie der Mensch: Protoplasma, Mineralreich, Pflanzen-reich, Tierreich, Menschenreich, Reich der Engel und das Reich der Che-ruhirn. - lin indischer Prinz reist mit einer Schar Brahmanen angeblich nach Pa-lilstina, um in Nazareth, das damals noch gar nicht existierte, Jesus als ‚.( ottessohii" zu ehren? Das kann unmöglich in der Akasha—Chronik stehen, ebensowenig die Schöpfung der 7 Schwingungsstufen durch Elo-hirn (jüdisches Wort für Engel). Danach wäre die Erde und unsere Gala-xie, ja, das ganze Universum eine Schöpfung des jüdischen Gottes Jah-we!

3. Leben und Wirken Jesu in Tibet und im westlichen Indien

In Lhasa, der Hauptstat Tibets, steht ein Meistertempel reich an Ma-nuskripten alter Weisheit. Meng-tse heißt der weise Oberpriester des Tempels. Jesus liest sämtliche Manuskripte, auch die in ihnen enthal-tenen geheimen Lehren. - Im Staat Ladakh empfangen ihn das Volk, die 1 ländler und Mönche mit Gunst. Jesus heilt viele Kranke und lehrt die Menschen, wie man Kranke heilt. -

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Im Fünfstromland (in Kashmir) heißen ihn die Priester Brahmas will-kommen. Einer von ihnen, er heißt Ajainin, besuchte Jesus in der Nacht, um die Wahrheit zu hören. Jesus lehrt ihn manches und vertraut ihm die Geheimnisse der Heilkunst an. Er zeigt ihm auch, wie man die Feuer-, Wasser-, Luft- und Erdengeister sich gefügig macht. Er unterweist Ajai-nin in der Gnadenlehre der Vergebung und der Schuldentilgung. -

Wenn der Oberpriester des Meistertempels Meng-tse Jesus gestattete, sämtliche vorhandene Manuskripte einschließlich der in ihnen enthal-tenen geheimen Lehre zu lesen, aber mit keinem Wort „Shamballa" und „Agarthi" erwähnt werden, dann ist meines Erachtens außer dem erfor-derlichen Sprachverständnis auch - vorsichtig gesagt - der Besuch Tibets von Jesus als historische Tatsache in Zweifel zu ziehen. Gleiches gilt für das Fünfstromland in Kashmir. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß sich ein Brahmane aus Unkenntnis in Sachen Heilkunst von einem Knaben unterweisen lassen mußte, die er selbst erst kürzlich in Indien kennen-lernte; und ein Brahmane sich darüber hinaus von einem etwa 12jährigen jüdischen Jungen über den spirituellen Umgang mit den Feuer-, Wasser-, Luft- und Erdgeistern belehren ließ.

4. Leben und Wirken Jesu in Persien

Jesus kommt nach Persepolis, der Stadt, in welcher Persiens Könige be-graben sind. Auch Hor, Lun und Mer, die Magier, wohnen dort. Es sind dieselben Weisen, welche - 24 Jahre ist es her - den Stern von Bethlehem gesehen hatten und nach Westen ausgezogen waren, um den neuen Kö-nig aufzusuchen. - Es findet ein Fest zu Ehren von Persiens Gottheit statt. Der oberste der Magier sagt: „Freiheit herrscht in diesen heiligen Hallen, und wer reden will, der rede." Jesus tritt aus den Versammelten hervor und spricht zu allen: „Meine Brüder, meine Schwestern, wir sind alle Kinder Gottes. Die Reinheit Eures Tempeldienstes und die Reinheit Eures Lebens sind der Gottheit wohlgefällig. Lob gebührt dem Meister Zarathustra...

So schafft sich der Mensch seine eigenen Dämonen, fürchtet sich vor ih-nen und ergreift die Flucht. Diese werden kühn, verfolgen ihn und stür-zen ihn zuletzt in Qual und Feuersglut. -

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Warum reiste Jesus nach Persien, wenn die Reinheit des Tempeldienstes und die Reinheit des Lebens der Gottheit (Jahwe?) wohlgefällig sind? Ein Lob gebührt dem Meister Zarathustra? Die Ansicht über die Entstehung von Dämonen im Inneren des Menschen: das hört sich nach tiefenpsy-

chologischer Erkenntnis des ausgehenden 19. Jahrhunderts an.

5. Leben und Wirken Jesu in Assyrien

Jesus spricht zu den Nachkommen Abrahams in Ur. Abraham, unser Va-ter, betete zu Gott dem Einen. Gottes Segen lag auf ihm, dem Vater aller Stämme Israels. Im Herzen der Menschen, die seit 1000 Jahren in Ur leb-ten, ist Jehova immer noch der Allgewaltige. Der größte aller Weisen Assyriens, Ashbina, belehrt das Volk und behauptet; „Ein Prophet des Allerhöchsten ist zu uns gekommen". Jesus und Ashbina verbringen 7 rage miteinander und meditieren darüber, wie die Weisen dieser Welt der „Neuen Zeit" am besten dienen könnten. Der Text spricht für sich hinsichtlich der Vorherrschaft des jüdischen Gottes Jahwe in Sachen ( Welt-) Religion. Selbst der damalige Größte aller Weisen Assyriens, Ashbina, wird von Levi H. Dowling bemüht, indem dieser Jesus als ei-nen Propheten des Allerhöchsten, also Jahwes, in das Stammland der Ju-den entsendet und mit Jesus darüber meditieren läßt, wie sie der „Neuen Zeit" - offenbar dem Fischezeitalter, nicht dem Wassermannzeitalter - dienen könnten?

6. Leben und Wirken Jesu in Griechenland

Jesus hält eine Ansprache zu den Gelehrten Athens: „Auf dem großen Lrdenrund ist keine Stelle derartig sensitiv wie jener Ort, auf welchem eure Stadt errichtet wurde. Kein anderes Land hat solch große Männer (!)‚ solches Schrifttum der Gelehrsamkeit und solche Kunst hervorge-bracht. Welche großen Meisterwerke in Philosophie, in Wissenschaft, in Poesie und Kunst sind hier in Griechenland zur Welt gekommen." -„Ich hin nicht gekommen, um den Künsten und der Wissenschaft das Wort zu reden. Hier seid ihr die großen Meister. Aber alle eure Werke sind nur Stufen, welche aufwärts führen in ein Reich, das jenseits dieser Welt der Sinne liegt. Es sind nur Schatten, welche an der Wand der Zeit vorüber-huschen. Sprechen möchte ich zu euch von einer Welt, die jenseits und in eurem Inneren liegt."

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Das Orakel von Delphi spricht unter anderem: „Heute befindet sich das lebende Orakel unter uns in dieser heiligen Grotte, denn der Logos aus den Höhen ist gekommen. Meine Macht und Weisheit wird von nun an schwinden, und die Macht „Emmanuels" (hebr. Gott mit uns" ist der sym-bolische Name des Sohns der Jungfrau Maria nach Jesaja 7,14.) und seine Weisheit sind im Kommen."

Es ist unvorstellbar, daß Jesus vor den Gelehrten Athens auf griechisch eine Ansprache hielt und darauf hinwies, daß kein Land der Erde solche große Werke in Philosophie und Wissenschaft - eine Trennung von Phi-losophie und (Natur-) Wissenschaft kannten die Griechen nicht! - Poesie und Kunst u.a. hervorbrachte. Keiner der großen Denker wie Pythagoras, Heraklit, Sokrates oder Platon wird mit Namen genannt: diese Tatsache spricht nicht gerade für die Glaubwürdigkeit eines Besuches von Jesus in Griechenland. Zudem war sich Levi Dowling offenbar nicht bewußt, daß Denken, Dichtkunst, Musik, Bildhauerei und andere Künste die sinnliche Wahrnehmung übersteigen und nicht nur Schatten sind, die an der Wand der Zeit vorüberhuschen. Diese Aussage läßt die Vermutung aufkom-men, daß das „Höhlengleichnis" beziehungsweise die Ideenlehre Platons Pate stand. Die Behauptung, Macht und Weisheit des Orakels von Delphi seien von nun an im Schwinden, weil „das lebende Orakel unter uns als Logos aus den Höhen in diese heilige Grotte gekommen ist", halte ich schlichtweg für ein subjektives Phantasiegebilde.

7. Leben und Wirken Jesu in Ägypten

Jesus eilt nach Zoan, wo vor 25 Jahren Elihu und Salome in ihrer hei-ligen Schule seine Mutter unterwiesen hatten. .... Jesus zieht weiter in die Stadt der Sonne, Heliopolis. Am Tempel vor der „Heiligen Bruder-schaft" bewirbt er sich um den Eintritt in den Orden, und der Rat ge-währt die Bitte. Jesus spricht: „Ich bitte euch, ihr Brüder, laßt mich in die tiefsten Grüfte steigen, denn ich will die schwersten Prüfungen bestehen

Jesus schwört den Eid der „Heiligen Bruderschaft". ... Jesus besteht die 7 Prüfungen: Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit, Demut, Tapferkeit, gött-liche Liebe, Arbeit in der Totenhalle und erreicht den höchsten Grad - die „Christusweihe". -

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Auch in bezug auf den Aufenthalt in Ägypten ist natürlich zu fragen, woher Levi Dowling seine Informationen hat? Verständlich ist allenfalls die mögliche Einweihung von Maria in der jüdischen heiligen

Schule in Zoan, sofern es stimmt, daß Maria die Tochter eines Rabbiners war, wie der jüdische Religionsphilosoph Pinkas Lapide (gest. 1997) die Christen belehrt. Mir ist keine Ordensgemeinschaft bekannt, um deren Mitgliedschaft man sich bewerben konnte (beziehungsweise kann), und die ihre „Novizen" vor Beendigung einer Probezeit einen Eid schwören läßt. Und außerdem: in Ägypten soll Jesus bereits die Christusweihe erhalten haben? Das halte ich für eine eindeutige Desinformation, zumal es erst während oder nach den Missionsreisen des Saulus/Paulus die ersten „christianoi" gab, und nicht schon vor Jesu Wirken in Palästina.

8. Der Rat der 7 Weltweisen

Am Anfang einer jeden Zeitepoche leben 7 Weise auf der Erde. Den Fntwicklungsstand der einzelnen Nationen zu betrachten, kommen sie in A lexandrien, dem Zentrum der (jüdischen) Gelehrsamkeit, zusammen. Sie notieren sich, wieweit die Menschheit in bezug auf Liebe, Rechtsemp-finden und Gerechtigkeit vorangeschritten ist. Gemeinsam formulieren sie die religiösen Postulate, die Gesetzesparagraphen und Regierungs-formen, welche für die „Neue Zeit" am ehesten geeignet scheinen. Wäh-rend 7 Tagen sitzen diese 7 Weisen schweigend beieinander. Dann spricht Meng-tse aus China als erster unter anderem „Das Rad der Zeit hat sich gedreht. Die Menschenrasse steht nunmehr auf einer höheren (iedankenstufe. ... Vermehrtes Licht verlangt der Mensch. ... Er ist nicht mehr zufrieden mit den alten Göttern. ... Die Zeit ist reif, wir müssen be-ste Arbeit leisten." Als Zweiter redet Vidyapati aus Indien unter anderem: „Die Priester In-diens sind verwirrt, sie sehen nur Dämonen in der Wildnis."

Als Dritter sagt Kaspar aus Persien unter anderem: „Das Volk von Persi-cii fürchtet sich. Das Gute tut es nur aus Angst, es könnte Böses tun. Der l'eufel ist die größte Macht in diesem Land."

Als Vierter äußert sich Ashbina aus Syrien (Druckfehler? Ashbina hieß doch der Weiseste aus Assyrien) unter anderem: „Die Furcht begann das

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Rad zu drehen. Zweifel kämpfte gegen Glauben. Die Menschen beten Gott den Einen an, in ihrem Herzen aber zweifeln sie an seiner Existenz.

Als Fünfter meint Apollo aus Griechenland unter anderem: „Ohne Füh-rung sind die Götter Griechenlands. Griechenland benötigt eine Meister-seele, welche über seinen Göttern steht und fähig ist, der Menschheit Denken von den vielen Göttern zu dem einen Gott zu lenken." Als Sechster behauptet Matheno aus Ägypten unter anderem: „Ägypten ist das Land der Totenkulte und Mysterien. Von alters her sind unsere Tempel ein Versteck für Dinge, die verborgen liegen. Wo das Licht herrscht, gibt es kein Geheimnis. Wir grüßen dich, o Licht."

Als Siebenter spricht Philo, ein Jude aus Ägypten, unter anderem: „Das Leben und das Denken der Hebräer ruft nach Freiheit. Ideal war Jahwes Religion. Der Egoismus der Priesterschaft nahm überhand. Sie sind der Fluch des Landes. Gott hat Weisheit, Licht und Liebe in die Welt ge-sandt. Sein Name ist „Emmanuel" Bei diesen Worten öffnet sich die Tür, und der Logos tritt herein. Die 7 Weisen und der Logos meditieren 7 Ta-ge lang in stiller Andacht. -

Zum Schluß hält noch einmal Meng-tse aus China, der älteste der 7 Wei-sen, eine Rede. Er sagt unter anderem: „Gott sandte einen Meister, der durch unermüdliche Bemühungen Erleuchtung fand und Menschenden-ken leiten kann. Wir grüßen ihn, den Mann aus Galiläa, Jesus, anerkannt von allen Meisterseelen dieser Erde und des Himmels. Wir verehren ihn als Meister aller Weisen dieser Welt. In Anerkennung seiner Weisheit, welche er den Menschen übermittelt, krönen wir ihn mit dem Lotos-kranz. Mit unser aller Segen senden wir ihn in die Welt." Mit diesen Worten legen alle 7 Weisen ihre Hände auf das Haupt des Nazareners. „Lob und Dank dem Vater", tönt es wie aus einem Mund.

Bevor Jesus nach Jerusalem zurückkehrt, informiert er die 7 Weisen über seinen Auftrag, den Willen Gottes zu erfüllen, indem er darauf hinweist, daß er der Erbauer des „Modells der Neuen Kirche" - im englischen Ori-ginaltext Church - ist und macht jedoch darauf aufmerksam, daß seine Sippschaft, Judas Stamm, „nur wenig von den Lehren begreift, die ich aller Welt zu bringen habe".

„Der Schmerzen und Gefahren, denen ich auf meinem Weg begegnen werde, bin ich mir bewußt, und bitter ist der Kelch, der mir gereicht

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wird. Leicht kann da die menschliche Natur verzagen. Meinen Willen habe ich dem Willen Gottes unterstellt. So gehe ich denn meinen Weg. Ich rede und ich handle wie der heil'ge Odem mir zu reden und zu han-deln eingibt. Die Worte, die ich spreche, sind nicht meine Worte, son-dern Gottes Worte, dessen Werk ich verrichte." -

Unter Zeitepoche versteht Levi Dowling offenbar die Zeitalter des Tier-kreises von jeweils 2000 Jahren. „Ist mit der „Neuen Zeit" das Fische-oder Wassermannzeitalter gemeint? Anders ausgedrückt; handelt es sich um einen Anachronismus oder um eine Prophetie? Denn es besteht der Widerspruch, daß Jesus am Anfang des Fischezeitalters lebte, Dowling dagegen an dessen Ende! Es heißt aber „Das Wassermannevangelium von Jesus dem Christus"!

Da die Namen der 7 Weltweisen aufgeführt werden, also auf der Erde lebende Menschen (Männer) sind beziehungsweise waren und leibhaftig in Alexandrien, der Hochburg jüdischer Gelehrsamkeit vor 2000 Jahren, zusammenkamen, besteht ein echter Anachronismus. - Hat Dowling die Denksysteme Ostasiens ausklammern müssen, weil er keine Informatio-nen über sie besaß, zum Beispiel über den Taoismus oder Buddhismus oder die orthodoxen Systeme der indischen Philosophie wie Sankhya, Yoga und Vedanta, die im übrigen keine Religionen im judäo—christli-ehen Verständnis waren; denn der Religionsbegriff kam erst durch Cice-ro im 1. vorchristlichen Jahrhundert auf.

('icero definierte nämlich: „Die Menschen, die die Götter Roms ver-ehren, nenne ich religiös." - Ievi Dowling schreibt dieses Evangelium in der 2. Hälfte des 19. Jahr-hunderts im Laufe von 40 Jahren fast 2000 Jahre nach dem irdischen Le-ben des Rabbis Jesus. Wieso mußten 2000 Jahre vergehen, bevor ein ge-wisser Levi Dowling in den USA auf Englisch das „Wassermann—Evan-gelium" niederschrieb, und dieses obendrein im Auftrag von einer unbe-kannten Göttin mit Namen Visel? Es ist meine feste Überzeugung, daß 1 evi Dowling mit der Abfassung eines neuen Evangelientextes unmiß-verständlich dem jüdischen Gott Jahwe diente, und zwar ohne daran zu denken, daß der rachsüchtige und strafende Gott Jahwe keinen leibhafti-gen Sohn als Botschafter der Liebe auf die Erde entsendet! Daß selbst in unserer Zeit noch der Geist Jahwes teilweise siegt, erfahren nicht nur Ju-den, Christen und Nichtchristen in Europa.

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XII. Jesus als Eingeweihter Sowohl christlich als auch nichtchristlich gesinnte Erforscher der hebräi-schen und der christlichen Bibel haben tausende von Textänderungen im Sinn von Fälschungen in den 27 sogenannten neutestamentlichen Einzel- schriften aufgedeckt, einschließlich der Umdeutung hebräischer und griechischer Begriffe, so daß vom Christentum, wie es die Kirche als re- ligiöse Ideologie lehrt, nahezu nichts mehr an rational überprüfbarem Gedankengut übrigbleibt. Unterstellt man, daß Jesus überhaupt gelebt hat, und weiter, daß an einer Berichterstattung über sein etwa über 3 Jah-re währendes Wirken kein Zweifel besteht, so ist aus den 4 überlieferten Evangelientexten des Matthäus, Lukas, Markus und Johannes ohne Schwierigkeiten abzuleiten, daß sich der Rabbi J. als ein Mensch mit außergewöhnlichen Fähigkeiten ausweist. Eine dieser außergewöhnli-chen Fähigkeiten findet ihren Ausdruck in den zahlreichen Heilungen kranker Menschen, wobei Jesus laut Überlieferung niemals gesagt hat; „Ich habe dich geheilt", sondern sich meistens sinngemäß äußerte: „Dein Glaube hat dir geholfen". Eine Sonderstellung nimmt zweifellos die Hei-lung eines blindgeborenen Menschen ein, wie diese im Johannes—Evan-gelium 9:1-4 berichtet wird. Es heißt dort: „Wer hat gesündigt, daß er blind geboren ist, er oder seine Eltern?" Nicht irgendwer fragt Jesus, sondern die zukünftigen Apostel. Nach katholischem Dogma wird der Mensch von Gott erst erschaffen, wenn die Leiblichkeit entsteht (Dieser Gedanke geht auf Aristoteles, einem Schüler Platons, zurück). Die Frage der Apostel setzt jedoch voraus, daß es ihn vor seiner Geburt gab. Hat er also gesündigt, der dann blind geboren wurde? Jesus hätte demnach seine Jünger auf ihren Irrtum hinweisen müssen, wenn tatsächlich der Mensch vor der Geburt nicht existiert. Jesus tat es nicht, sondern gab laut Johan-nes als Antwort: „Nicht dieser (griech. utos) hat gesündigt, nicht in die-sem Leben, denn er ist ja blind geboren, noch seine Eltern, sonst hätten sie ja blind geboren werden müssen. Stattdessen sagt Jesus:

„Er ist blind geboren, auf daß sich die Werke Gottes zeigen an ihm." Ei-ne rätselhafte Übersetzung ist das: ein Gott, der einen Menschen zur Welt kommen läßt, um seine Werke an ihm zu zeigen? Im griechischen Urtext steht hingegen etwas ganz anderes, nämlich: „Er ist blind gebo-ren, auf daß offenbar werde in der Leiblichkeit die Werke des göttlichen Wesens in ihm" (griech. en autö), das heißt:

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„des Gottes in ihm". Und das göttliche Wesen in Ihm Ist nach unserem heutigen Verständnis das von der schöpferischen Natur vorgesehene Prinzip der Selbstheilung. Statt diesen johanneischon Text ersatzlos zu streichen, hat die katholische Kirche also absichtlich eine falsche Über-setzung vorgezogen. Vergleichen wir diese Interpretation mit den fol-genden Aussagen des Rabbi J., so liegt die Vermutung nahe, daß er ein „Eingeweihter" war.

- „Alle Dinge sind möglich dem, der glaubt." (Markus 9:23) „Glaubet mir doch, daß ich im Vater" - natürlich nicht in Jahwe „hin, und der Vater in mir ist; wenn nicht, glaubt wenigstens aufgrund der Wer-ke". (Joh. 14:11)

„Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein," (Lukas, 12:34)

-- „Denn seht, das Reich Gottes ist inwendig In euch," (Lukas 17:21) (So übersetzt Luther; nach der „Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift" heißt der letzte Satz jedoch: „Denn das Reich Gottes ist schon mitten unter euch." - Auch hierbei handelt es sich also eindeutig um eine fal-sehe Übersetzung!) -

Bemerkenswert sind auch die folgenden Textbeispiele aus dem Johan-nes-Evangelium, weil sie dem jahwistischen Geist widersprechen: „Wahrlich ich sage euch: wer an mich glaubt, der wird die Werke auch vollbringen, die ich vollbringe, und wird noch größere vollbringen" (Joh. 14: 12)

„Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn Im Geist anbeten," (Joh. 4: 24) —

Mit Sicherheit hat der Rabbi J. die Schriftgelehrten und Pharisäer mehr-Fach provoziert und damit indirekt gegen das „Mosalsche Gesetz" ver-stoßen. Davon zeugen die folgenden ausgewählten Zitate:

Matth. 23:33: „Ihr Nattern, ihr Schlangenbrut! Wie wollt Ihr dem Strafge-richt der Hölle entrinnen?"

Matth. 23: 13: „Weh euch, Schriftgelehrten und Pharisäer, Ihr Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließt vor den Menschent Ihr selbst geht nicht hinein, aber ihr laßt auch die nicht hinein, die hinein wollen," Lukas II: 46: „Er antwortete: weh auch euch, Oei.tzislohrernl Ihr ladet den Menschen Lasten auf, die sie kaum tragen können, selbst aber rührt ihr keinen Finger dafür!"

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- Lukas 11: 52: „Weh euch, Gesetzeslehrern; denn ihr habt den Schlüssel der Tür zur Erkenntnis weggenommen. Ihr selbst seid nicht hineingegan-gen, und die, die hineingehen wollten, habt ihr daran gehindert." -

Unverständlich und eines Botschafters der Liebe unwürdig sind dagegen die folgenden Worte:

- „Meint ihr, ich sei gekommen, Frieden zu bringen auf Erden? Nein, ich sage euch, nicht Frieden sondern Spaltung. Denn von nun an wird es so sein; der Vater gegen den Sohn und der Sohn gegen den Vater; die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter; die Schwiegermut-ter gegen die Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter (Lukas 12: 51-53)

- „Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kin-der, Brüder und Schwestern, ja sogar dazu sein Leben gering achtet, kann er nicht mein Jünger sein." (Lukas 14: 26) -

Wie die Bewahrer des „Mosaischen Gesetzes" auf die Erhöhung des Rabbi J. zum heidnischen Christos reagierten, können wir nachlesen bei Israel Shahak in seinem Buch „Jüdische Geschichte - Jüdische Religi-on", deutschsprachige 1. Auflage 1998 im Lühe—Verlag. Dort heißt es auf Seite 178: „Nach dem Talmud wurde Jesus von einem rabbinischen Gericht wegen Götzendienst, Anstiftung anderer Juden zur Götzenanbe-tung und wegen Verachtung der rabbinischen Autorität hingerichtet. Alle klassischen jüdische Quellen, die seine Hinrichtung erwähnen, sind sehr glücklich, die Verantwortung hierfür zu übernehmen; im talmudischen Bericht werden die Römer nicht einmal erwähnt." - (vgl Anmerkung 40!)

Dieses vernichtende Urteil über den Rabbi J. ist in mehrfacher Hinsicht von außerordentlicher Bedeutung:

- Die „rabbinische Autorität war verantwortlich für die Hinrichtung, nicht die römische Besatzungsmacht.

- Die Kreuzigung hat demnach tatsächlich stattgefunden.

- Es sei denn, Jesus wurde nicht hingerichtet, aber wegen der diskrimi-nierenden Folgewirkungen für die Juden im römischen Weltreich wurde mit der Fiktion des Alsob gearbeitet und dieses vernichtende Urteil mit in den Talmud aufgenommen.

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Wann das geschah, ist allerdings nicht bekannt möUuhirw,w urI nachdem Kaiser Konstantin im Jahr 325 die We$.flNMI,Ihh,I, vo,i Ju-sus mit Jahwe befahl.

Sollten die Kreuzigung mit Todesfolge und die phyekoh, AurQrlu-hung aber tatsächlich stattgefunden haben, so wim dia nuh inuinur Überzeugung ein Beweis dafür, daß der Rabbi Jipup •n houh9rdlg Eingeweihter war, der auch die Fähigkeit der Ent- und RemMurnIlu-rurig besaß.

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Quellennachweis und Anmerkungen:

Karl Jaspers: Vom Ursprung und Ziel der Geschichte, Fischer lticherei Bd. 9(1956)

2

Martin Luther übersetzte die Textstelle Matth, 26:28 mit „Dicscs Ist mein Blut des Neuen Testaments", während es in einer katholischen Bibel aus dem Jahr 1561, die sich im Privatbesitz des Verf. befindet, ‚Dieses ist tiein Blut des Neuen Bundes", heißt. - Nicht nur in Theologenkruluen ist neuerdings statt „AT" die Bezeichnung „Hebräische Bibel" gebräuchlich, während die Be-zeichnung „Neues Testament" durch „Christliche Bibel" erneut wird. Johannes Lehmann: Moses - Religionsstifter und flefluier Israels, 1 leyne - Biographie Nr. 12/31 (1985); J.L. geboren 1929, war ui Jahre Presserefe-rent beim Lutherischen Weltbund in Genf, Redakteur beim Sttdt'unk Stuttgart, Dozent für Neuhebräisch und machte Reisen nach Israel und in den Sinai.

' Vgl. J. Lehmann a.a. 0. Bezeichnenderweise übersetzte Luther „Jahwe" bzw. das Tetragramm JHWH stets mit „Herr", und „El" bzw. „Elohim" mit „Ccli" bzw. „(iötter". Daraus ist ihm jedoch kein Vorwurf zu machen, denn in der griechischen Fassung der Hebräischen Bibel, der Septuaginta, steht statt des Tetragramms iliWIl (Jah-we) das griechische Wort für Herr- „kyrios",

6

In die Zeit der Babylonischen Gefangenschaft (6 vorehrislliches Jahrhundert) fällt auch der Beginn der Erstellung des „Talmud." (h.br. Lehre l,w. lernen), die sich immerhin über etwa 1000 Jahre (1) erstreckst

6a

Im Jahre 2001 veröffentlichten Israel Finkelstein und Null Asher Silherman in den USA das Buch „The Bible unearthed, Archa.oiogy'a New Vision of An-cient Israel and the Origin of Its own Sakred Texte", Die deutsche Über-

setzung erschien im Jahr 2003 beim Bock-Verlag in München Unter dem Titel „Keine Posaunen vor Jericho - die archäologische Wahrheit Ober die Bibel".

6b Der US-Amerikaner Mag. Theol., Ph., Prof. im, Peuben Clarunec lang über-

ließ mir als Manuskript in Maschinenschrift eine II Villen umtsscnde Bro-schüre in deutscher Sprache mit dem Titel »Brich Iromme und seine biblische Chronologie" einschließlich eines parallel laulnden Kommentars in ameri-kanischem Englisch. Aus diesem Manuskript stammen dl. Im rilgctiden Text zitierten Aussagen über die Hebräische Bibel, Es gibt noch 35 weitere „Evangelien", Jedoch zimt V«Wn Teil nur als Frag-mente. Eine Ausnahme bildet neben anderen das e,Thoßiv lvangciium" mit seinen 114 Loggien, einer Spruchsammlung, — Nebenbei bemerkt: Die einzi-ge historisch - profane Quelle ist der römische Qesehichtsuchreiher Tacitus (55-116 n. u. Ztr.). Nachtrag: Seine Schrift „Qermajiia" wurde Im Jahre 1902 von dem Schweizer Theologen Th. Baldauf als Pilsohung entlarvt.

Die Anerkennung des Rabbi J. als „Messias" durch die Evangelisten führte zu der paradoxen Bezeichnung „Judenchristen": entweder war (und ist) man Jude oder Christ, aber nicht gleichzeitig beides. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß kein Evangelist eine negative Äußerung über die verhaßten Römer macht

10 Aus diesem Grund unternehmen Matthäus und Lukas den Versuch einer stam-mesgeschichtlichen Herleitung, der aber schon wegen seiner Lückenhaftigkeit nicht den erforderlichen Ansprüchen genügt. - Wie sollte auch damals eine einzelne Person den Stammbaum des Rabbi J. über einen Zeitraum von mehr als 1000 Jahren aus ihrem Gedächtnis herleiten können? Im übrigen ist zu fragen: warum ist der lückenlose Nachweis eines Stammbaums überhaupt er-forderlich, wenn doch Maria ihren Sohn durch den „Heiligen Geist" empfan-gen hat? Demnach ist der Gedanke gar nicht so abwegig, die Abfassung der vier (Stan-dard—)Evangelien und auch der Apostelgeschichte frühestens in die 2. Hälfte des 3. nachchristlichen Jahrhunderts zu datieren. Vgl. M. Baigent/R. Leigh: Verschlußsache Jesus - Droemer/ Knaur —Verlag, München 1991.

2

Die Nazoräer bzw. Nazarener bildeten eine strenggläubige jüdische Sekte, de-ren Mitglieder u.a. für ihren Widerstand gegen die Römer bekannt waren. Auch die Essener in Qumram bezeichneten sich so.

‚ Indirekt zitiert nach J. Lehmann: Das Geheimnis des Rabbi J., Knaur Verlag, Taschenbuchausgabe, Bd. 3879 (1990)

‚ Vor 2000 Jahren war die große Mehrheit der „Rabbiner" materiell gesehen verhältnismäßig arm, und jeder „Vorsteher einer Synagoge" mußte deshalb einer Tätigkeit nachgehen, die ihm den Unterhalt seiner Familie sicherte. Das tat auch Josef als Zimmermann, wie berichtet wird. - Zudem galt nach dem „Talmud" Ehe- und Kinderlosigkeit für einen Rabbiner als Schande; und die Tochter eines Rabbiners durfte wiederum nur einen Rabbiner heiraten.

IS

Das „Philippus—Evangelium" wurde erst 1947 bei Nag' Hamadi, einem Ort ca. 30 km südlich von Kairo gefunden. In diesem Evangelium kann man unter anderem folgende aufschlußreiche Begebenheit nachlesen:" Petrus fragte Je-sus: warum küßt du die Maria Magdalena so oft in unserem Dabeisein auf den Mund, liebst du sie etwa mehr als uns? Jesus antwortete: anders." (zitiert nach J. Lehmann a.a.O.)

" Sämtliche hier mitgeteilten Informationen über Jesus und seine Familie, die nicht in den Standard-Evangelien (und dem Philip.—Evang.) zu finden sind, stammen aus Schriften der jüdischen Religionsphilosophen Shalom Ben-Chorin und Pinkas Lapide (gest. 1997): Schalom Ben—Chorin: „Die Heimkehr des Bruders Jesus" - Der Nazarener (!) in jüdischer Sicht - dtv - List 13. Auflage 1993 Pinchas Lapide: „Ist die Bibel

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richtig übersetzt?" und „Glauben, Wissen oder Zweifeln" - Beide Schriften erschienen 1986 als Gütersloher Taschenbücher Bd. 1415 bzw. Bd. 1420. - Am 24.12. 2002 strahlte das ZDF eine sogenannte Dokumentation unter dem Titel aus „Maria von Nazareth (!) - Skandal oder göttliches Geheimnis?" Der für die Sendung im Wesentlichen verantwortliche Autor, der Paderbomer Theologieprofessor C.P. Thiede, behauptet u.a., daß Josef als Witwer die Ge-schwister Jesu mit in die Ehe gebracht habe. Außerdem habe seinerzeit das griechische Wort für Bruder (adelphos) auch Halbbruder (griech. homopatsi-os) und auch Schwager, (griech. kedestes) bedeutet. - Ich habe daraufhin die 4 Standard-Evangelien in der „Interlinear-Übersetzung des Neuen Testa-ments" durchgesehen: an keiner Stelle steht im griechischen Urtext ifir den deutschen Begriff „Bruder" bzw. „Brüder" etwas anderes als „adelphos" bzw. „adelphoi".

1 7

Diese bösartige Behauptung des Rabbi J. - sofern er sie ausgesprochen hat - trug sicher zum folgenden Urteil über ihn im „Talmud" bei: „Die Strafe des Jesus in der Hölle besteht darin, in kochende Exkremente versenkt zu wer-den." Zitiert nach Israel Shahak, Jewish History, Pluto Press, 1994. - Es sei vermerkt, daß weder das Hebräische noch die antik-griechische Sprache ein Wort für den Wahrheitsbegriff kannte bzw. kennt. Wenn in der christlichen Bibel (NT) sinngemäß ein Wahrheitsanspruch geltend gemacht wird, steht im griechischen Urtext „aleitheia", was wörtlich übersetzt heißt „das Nicht - Verborgene". Zudem gilt nicht nur für Johannes, sondern für alle anderen (männlichen!) Berichterstatter, ohne selbst Ohren- oder Zeitzeuge gewesen zu sein: wieso wissen sie, wann, in welcher Situation, zu wem, über was und in welcher Sprache Jesus gesprochen hat?

17a Der Verfasser der Apostelgeschichte beruft sich offenbar auf den jüdischen Feiertag „Schawuot" (,‚Fest der Woche"), der seit dem 2. Jahrhundert u.Ztr. mit dem Gedenken an die Sinai—Offenbarung verbunden wird.

18

Daß Saulus zu seinen Lebzeiten auch Paulus genannt wurde, erfahrt man bei-läufig in der Apostelgeschichte (13:9) in Form eines Nebensatzes. - Warum Saulus/Paulus lt. Apg. 24:5 beim römischen Statthalter Felix als „Hauptführer und Aufrührer der Sekte der Nazarener" (!) denunziert wurde, ist nicht ein-deutig zu erklären.

1 9 Der Begriff,, Kritik" wird hier von dem altgriechischen Wort „krinein" abge-leitet, das soviel bedeutet wie genau hinsehen, unterscheiden. - Zudem sei daran erinnert, daß der Verstand die Begriffe prägt, und die Ver-nunft die Begriffe zu Urteilen verknüpft: das wissen wir spätestens seit Ema-nuel Kants „Kritik der reinen Vernunft", - Vgl. diesbezüglich das Überset-zungsproblem der beiden zentralen biblischen Begriffe „Messias" und „Chri-stos"!

Vgl. Matth. 10:5 „Geht nicht auf der Heiden Straße..., sondern zu den verlo- renen Schafen des Hauses Israel". So ist in den Briefen über 200mal vom „Christus" in einem überhöhten theo- logischen Sinn die Rede. - Es ist schlechterdings ausgeschlossen, daß Sau- lus/Paulus nicht das „Christus-Verständnis" der griechischen Mysterienkulte bekannt war; und weiter, daß ab einem bestimmten Einweihungsgrad von den Adepten der folgende Wortlaut als Anrufung „gesprochen" werden durfte: „0 Christos, kosmisches Lichtwesen, ich rufe Deine Liebe und Dein Verständnis zu Hilfe; verwandle das Blei meiner Selbstsucht, Launen und Unbewußtheit in das Gold Deines grenzenlosen Christos—Bewußtseins. Laß mich Deine Lichtfrequenz empfangen, verwandle alle Negativität in mir zurück in reine ursprüngliche Energie, in Liebe, in Licht, in Erkenntnis und tiefes Verständnis. Und so ist es. AUM"

(Zitiert nach Greg Nilson „Das Pendel des Geistes" - deutschsprachige Aus-gabe im Heyne Verlag 1994) Es dürfte sich eher um ein Tribunal gehandelt haben, auf dem Saulus/Paulus in seiner Eigenschaft als Pharisäer seine „Christologie" widerrufen sollte, als um eine beratende Versammlung. Vgl. Pinchas Lapide a.a.O.

24

Hermann Detering: Der gefälschte Paulus, Patmos-Verlag 1995 2S

Der Tierkampf war ifir einen unbescholtenen römischen Staatsbürger, der ja Saulus/Paulus gewesen sein soll, eine rechtliche Unmöglichkeit. - Vgl. H. Detering a.a.O.

2(

Es erhebt sich darüber hinaus die Frage, ob Marcion auch - oder gerade - deswegen exkommuniziert wurde, weil er den jüdischen Gott „Jahwe" nicht als den „Vater Jesu Christi" anzuerkennen vermochte und aus eben diesem Grund forderte, die unübersehbare Bindung an das „Mosaische Gesetz" bzw. an die Hebräische Bibel zu lösen.

27

Zitiert nach Hannes Holey in „Jesus 2000", Amadeus-Verlag 1997, S. 169 - Friedrich Nietzsche urteilt in „Jenseits": „Dieses NT mit dem AT zu einem Buch zusammengeleimt zu haben als Bibel, das ist vielleicht die größte Ver-wegenheit und Sünde wider den Geist, welche das literarische Europa auf dem Gewissen hat. (Zitiert aus : „Jesus 2000" v. H. Holey S.169)

28

J. Lehmann a.a.O., S.292- Sowohl in der hebräischen wie auch in der griechi-schen Sprache gab es kein Wort für den Religionsbegriff (lat. religio- Rück-bindung). - Der griechische Ausdruck „theologia" hingegen ist eine Zusam-menfügung der beiden Wörter „theos" - Gott, Göttlichkeit und „logos" - Wort, Kunde, Wissenschaft. Unter „theologia" verstanden die Griechen die

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Erzählungen ihrer Dichter über die Göttermython. Daneben trat seit den Stoi-kern (Philosophen des 4. und 3. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung) eine „theologia", die diese Göttermythen zum Gegenstand kritischer Auseinander-setzungen machte. - Im übrigen wird das deutsch. Wort Kirche abgeleitet vom griechischen „kyriake" - dem Herrn zugehörig . und nicht von „ekkle-sia", das schlichtweg Versammlung (der Abgeordneten der griechischen Stadtstaaten) bedeutete.

29

So behauptet Pinchas Lapide, daß alle Jesus In den Mund gelegten Worte ein-schließlich „Vaterunser" und „Bergpredigt" eine gedankliche Entsprechung in der Hebräischen Bibel hätten, und es sich hKutlg sogar um eine wörtliche Wiedergabe handle.

30

Luther—Übersetzung a.d. Jahr 1952 ‚ Das deutsche Wort „man" hat im Sanskrit, der altindlachen Hochsprache, die

Doppelbedeutung von „Mensch" und „denken", 32

Die „Interlineartibersetzung des Neuen Testaments" ist eine parallellaufende, möglichst wörtliche Übertragung des nachweisbaren ältesten griechischen Originaltextes ins Deutsche.

13

Es sei denn, das Abendmahl hat in der Form und mit den Worten, wie es die Evangelisten Matthäus, Lukas und Markus schildern, gar nicht stattgefunden. Bezeichnenderweise erwähnt das Johannes.Evangellum das Ritual des christ-lichen Abendmahls mit keinem Wort, - Für die vordtzlichc Aufrechterhal-tung der Bindung der neutestamentlichen Texte an die Hebräische Bibel spre-chen neben anderen auch folgende Sachverhalte: 1. „In den ersten beiden Jahrhunderten bestand die Bibel - auch für die „Christen" nur im „AT". Nur ganz allmählich wurden Texte verlesen, die heute (1978) das „NT" ausma-chen", sagt R. Kehl a.a.O.. 2. Nach Glbbon'i 12-.bllndigem Werk „Geschichte des allmählichen Sinkens und endlichen Unterganges des Römischen Weltrei-ches", deutsch von Johannes Sparschil, Leipzig 1162, sollen die ersten 15 Bi-schöfe von Rom, später Päpste genannt, beschnitten gewesen sein. 3. Uli Weyland weist in seinem Buch „Strafsache Vatikan - Jesus klagt an" (Ver-lagsanstalt Bethendorf in Essen und München ui 1994) darauf hin, daß zahl-reiche Päpste Proselyten waren, d.h.: entweder waren sie selbst oder ihre El-tern zum Christentum katholischer Prägung übergetreten 4. l)Ie Mutter des gegenwärtig amtierenden Papstes Johannes Paul IL, des Polen Carol Wojtyla, war eine Jüdin mit dem Mädchennamen Katze. Nach geltendem israelischem Recht ist Jude, wer eine Jüdin als Mutter hat, (Vgl. Viotor Ostrovsky: „Der Mossad", Knaur—Taschenbuchausgabe Bd. 77022, 1992), In der 1996 er-schienenen 6. Aufl. der „Einheitsübersetzung der Heiligen Schrill" steht der negativ kritisierte Vers „Dies ist das Blut des Bundes" (Matth, 26:28) wieder wie im griechischen Originaltext mit dem Wort „mein", Ihn Erstaunen ver-

ursacht in dieser Ausgabe der 6. Aufl. (!) allerdings die Tatsache, daß der Landesbischof Eduard Lohse als Vorsitzender des „Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland" lediglich ihr die Übersetzung der „Psalmen" und des „Neuen Testaments" verantwortlich zeichnet, und dieses mit dem Datum „Advent" 1979. Infolgedessen drängt sich die Frage auf, wieso bei der Aus-klammerung des „Alten Testaments" von einer „Einheitsübersetzung" gespro-chen werden darf. - Die Bezeichnungen „pontifex maximus" - „Höchster Priester" und „Stellvertreter Christi auf Erden" gibt es schon seit dem Konzil des Jahres 495 in Rom.

14

Indirekt zitiert nach J. Lehmann a.a.O. ebd. Übersetzung nach Martin Luther- Ausgabe von 1952

‚ Das ist ein Wort aus dem Psalm 22! 1l Zitiert nach J. Lehmann a.a.O.

39

ebd. 40

Es gibt allerdings noch einen anderen Grund, warum die Kreuzigung unter P.P. im „Nicänum" nicht erwähnt wird, nämlich den, daß sie gar nicht stattge-funden hat. - In dem Buch „Die Varusschlacht" von Rolf Bökemeier (Gra-bert-Verlag - 1. Aufl. 2000) ist zu lesen, daß Pontius Pilatus als Offizier die Vernichtung der drei römischen Legionen im Jahr 9 nach unserer Zeitrech-nung überlebt hat. Der Autor beruft sich auf einen Briefwechsel zwischen dem Präfekten P.P. von Jerusalem und dem Kaiser Tiberius in den Jahren 26-36 nach unserer Zeitrechnung. Der inhaltlichen Brisanz wegen sei ein kurzer Abschnitt aus dem genannten Buch (S. 244) zitiert: „Beinahe beiläufig wird über die großen Schwierigkeiten berichtet, die die Aufstände im Gefolge drei-er Wanderprediger mit sich brächten. Simon, Judas und Jesus hätten viel Volk auf ihrer Seite, während die Konservativen und Besitzenden unter den Juden diese bekämpften. Von diesen 3 durch das Synhedrion (aus 70 Mitgliedern bestehendes höchstes jüdisches Gremium) zum Tode durch Kreuzigung verur-teilten Predigern habe er Jesus nach Damaskus ausweisen müssen, während er die Todesurteile ihr Judas und Simon bestätigt habe. (Briefe XXIV und XXVI aus dem Jahr 33 n. Chr.) Im Brief XXX vom Februar 35 n. Chr. erfolgt dann die lapidare Feststellung, daß Jesus vor einigen Monaten verstorben sei." - Sollte die Freilassung Jesu durch Pontius Pilatus der historischen Wahrheit entsprechen, dann erlangt seine mögliche Flucht nach Kashmir einen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad. (Vgl. „Zeitenschrift" Nr. 35 !) - Hinsichtlich der (vermeintlichen?) Verurteilung des Rabbi J. zum Kreuzestod setzt Israel Sha-hak die nicht—jüdische Welt darüber in Kenntnis, daß „nach dem Talmud Je-sus von einem rabbinischen Gericht wegen Götzendienst, Anstiftung anderer Juden zur Götzenanbetung und wegen Verachtung der rabbinischen Autorität

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hingerichtet wurde. Alle klassischen JUdiNhIØ QUSI dIe wItt, 1 litirlchtung erwähnen, sind sehr glücklich, dl. V.rs$wsi'ipj $U ütwrnehinen; im talmudischen Bericht werden dl. RömIt9i($ einMal IIwlkffl' (1 Sh. in „Jü-dische Geschichte - Jüdische Religion" - 1, Avflmp In duteeher Sprache im Lühe—Verlag 1998, S. 178) - Bei dem Phänomen „Heiliger Gellt" hendeit es sieh iiuh hrIetlkhom Selbst-verständnis offenbar um eine einmalige N@uWh&pM& du jüdiNLilell Gottes Jahwe und nicht etwa um eine von Menschen 4#folnm -Negriff gehrnhte Idee (griech. eidos —Bild). Zudem ist nach dem Massiashen tJescii" tlnm Verspre-chen des Rabbi J., einen „Heiligen Geist' senden it wollen, ohnehin eine Un-möglichkeit. Deshalb liegt die Versuchung nbbg dle beiden liegrille „Le- benskraft" (Kraft— griech. dynamisis) bzw.,, Ii' (Energie griech. energeia, das aus sich heraus Wirkende)und „IliftIgw Ist' für Identisch zu halten. So heißt die „Lebensenergie" u. a seit Jshnensnd.n In China „Chi", im Sanskrit der altindischen Hochsprache, wird sie „Preni' nennt, die Ger-manen sprachen von „Od" und von den Alten AgpIem wu e eIs In Analogie zu ihrem Sonnengott als „Ra" bezeichnet.

' Robert Kehl: „Die Schafe verfolgen die Wölfe"- Zürich 1971 42

Die Identifikation Dämon / böser Geist gab es ursprünglich in der Antike nicht; im Gegenteil, Dämonen waren überwiegend gute (leider. (Vgl. Das „daimonion" des Sokrates!) Zitiert nach Robert Kehl i,a.O.

u ebd. 44

Der Kaiser Nero spielte insofern eine besondere Rolle, weil deine Behaup-tung, die „Christen" hätten Rom in Brand gesetzt, andere Gründe hatte als re-ligiöse Motive. Diese Vermutung erfährt eine Bestätigung, da Kaiser Claudi-us im Jahr 49 alle Juden und „Christen" aus Rom verbannte -, und wenn wir bedenken, daß Nero während der Jahre 54 - 68 regierte, dann ist zu fragen, woher die vielen „Christen" gekommen sein sollen, die benötigt wurden, um die neben Alexandria größte Stadt der damaligen Welt in Brand zu stecken.

" Zitiert nach R. Kehl a.a.O. 46

Zitiert nach J. Lehmann a.a.O. '‚ J. W. v. Goethe in „West-Östlicher Diwan" 48

Zitiert nach J. Lehmann a.a.O. 49

Zitiert nach R. Kehl a.a.O. ° Zitiert nach R. Kehl a.a.O.,S.142

51

Uwe Topper: Zeitfälschung - Herbig Verlag 2003 52

U. Topper a.a.O 53

Des systematischen Überblicks wegen seien an dieser Stelle noch einmal die 4 bedeutsamen Beweisgründe genannt.