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C. Einzelvortr~ige. G. MALOR~ und F. K. 0H~S0RGE (Kiel) : Zur Wirkungsweise syntheti- scher Morphinanderivate. Die Synthese des N-Methylmorphinan durch GREW~ im Jahre ]946 ermSglichte die Darstellung zahlreicher neuer Stoffe von morphin- und codeinartigem Charakter. Wir priiften die Tartrate der folgenden Morphinanderivate auf ihre pharmakologische Wirksam- keit: (--)-3-Oxy-N-methylmorphinan (im Handel als Dromoran), (+)-3- Oxy-N-methylmorphinan, (--)-3-Methoxy-N-methylmorphinan und (~-)-3-Methoxy-N-methylmorphinan. Wir untersuchten ferner die sog. Morphinantagonisten, auf die UN•A (1943) und neuerdings FRO~ERZ u. P]~LLMONT (1952) die Aufmerksamkeit lenkten. Es handelte sich um die folgenden Pr/~parate: (--)-3-Oxy-N-allylmorphinan (Ro 1-7700), (--)-3-Oxy-N-propargylmorphinan (Ro 1-7780) und das schon li~nger bekannte N-Allyl-normorphin (Lethidrone W.Z., Nalline). Beim Vergleich mit Morphin, Codein und Thebain ergab sich, daft die linksdrehende Verbindung des 3-Oxy-N-methylmorphinan weitgehende Ahnlichkeit mit Morphin und die rechtsdrehende Form des 3-Methoxy- •-methylmorphinan mit Codein zeigte. Die linksdrehenden N-Allyl- und N-Propargyl-Derivate des 3-Oxymorphinan wirkten auf die Reflexti~tig- keit antagonistisch wie Thebain, zeigten aber gegenfiber den iibrigen Morphinwirkungen eine sichere antagonistische Wirksamkeit und eine geringere Toxicit/£t als Thebain. Im einzelnen zeigte sich, daft der homolaterale Beugereflex der decerebrierten Katze durch 0,2 mg/kg Dromoran auf etwa 50% der Ausgangsl~nge vermindert wird, /~hnlich wie durch 3 mg/kg Morphin. Die rechtsisomere Form ist in weitem Dosenbereich ~rkungslos. (-4-)-3- Methoxy-N-methylmorphinan wirkt reflexsteigernd. Die Morphinanta- gonisten beseitigen in kleinen Dosen (0,1--0,5 mg/kg) die l~eflexl/~hmung nach Morphin und Dromoran augenblicklich. Die Spontanatmung der decerebrierten Tiere, die unter dem Einfluf der l~hmenden Stoffe in der Regel verschwunden ist, kehrt bei gleichzeitiger Normalisierung des Blut- drucks zuriick. -- Interessanterweise gelingt es, durch die Morphin- antagonisten auch die durch Luminal oder Pernocton hervorgerufene Reflexl/~hmung schlagartig aufzuheben. Die Atmungsdepression nach Barbitursi~urederivaten wird weniger stark beeinfluft. Bei der Priifung der Schmerzschwelle am Hundezahn nach dem Vor- gehen yon KOLL und REFFERT (1938) erweisen sich 3 mg/kg Morphin

Zur Wirkungsweise synthetischer Morphinanderivate

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Page 1: Zur Wirkungsweise synthetischer Morphinanderivate

C. Einzelvortr~ige.

G. MALOR~ und F. K. 0H~S0RGE (Kiel) : Zur Wirkungsweise syntheti- scher Morphinanderivate.

Die Synthese des N-Methylmorphinan durch GREW~ im Jahre ]946 ermSglichte die Darstellung zahlreicher neuer Stoffe von morphin- und codeinartigem Charakter. Wir priiften die Tartrate der folgenden Morphinanderivate auf ihre pharmakologische Wirksam- keit: (--)-3-Oxy-N-methylmorphinan (im Handel als Dromoran), (+)-3- Oxy-N-methylmorphinan, (--)-3-Methoxy-N-methylmorphinan und (~-)-3-Methoxy-N-methylmorphinan. Wir untersuchten ferner die sog. Morphinantagonisten, auf die UN•A (1943) und neuerdings FRO~ERZ u. P]~LLMONT (1952) die Aufmerksamkeit lenkten. Es handelte sich um die folgenden Pr/~parate: (--)-3-Oxy-N-allylmorphinan (Ro 1-7700), (--)-3-Oxy-N-propargylmorphinan (Ro 1-7780) und das schon li~nger bekannte N-Allyl-normorphin (Lethidrone W.Z., Nalline).

Beim Vergleich mit Morphin, Codein und Thebain ergab sich, daft die linksdrehende Verbindung des 3-Oxy-N-methylmorphinan weitgehende Ahnlichkeit mit Morphin und die rechtsdrehende Form des 3-Methoxy- •-methylmorphinan mit Codein zeigte. Die linksdrehenden N-Allyl- und N-Propargyl-Derivate des 3-Oxymorphinan wirkten auf die Reflexti~tig- keit antagonistisch wie Thebain, zeigten aber gegenfiber den iibrigen Morphinwirkungen eine sichere antagonistische Wirksamkeit und eine geringere Toxicit/£t als Thebain.

Im einzelnen zeigte sich, daft der homolaterale Beugereflex der decerebrierten Katze durch 0,2 mg/kg Dromoran auf etwa 50% der Ausgangsl~nge vermindert wird, /~hnlich wie durch 3 mg/kg Morphin. Die rechtsisomere Form ist in weitem Dosenbereich ~rkungslos. (-4-)-3- Methoxy-N-methylmorphinan wirkt reflexsteigernd. Die Morphinanta- gonisten beseitigen in kleinen Dosen (0,1--0,5 mg/kg) die l~eflexl/~hmung nach Morphin und Dromoran augenblicklich. Die Spontanatmung der decerebrierten Tiere, die unter dem Einfluf der l~hmenden Stoffe in der Regel verschwunden ist, kehrt bei gleichzeitiger Normalisierung des Blut- drucks zuriick. - - Interessanterweise gelingt es, durch die Morphin- antagonisten auch die durch Luminal oder Pernocton hervorgerufene Reflexl/~hmung schlagartig aufzuheben. Die Atmungsdepression nach Barbitursi~urederivaten wird weniger stark beeinfluft.

Bei der Priifung der Schmerzschwelle am Hundezahn nach dem Vor- gehen yon KOLL und REFFERT (1938) erweisen sich 3 mg/kg Morphin

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wirkungsgleich mit etwa 1--2 mg/kg Dromoran. Bei kleineren Vergleichs- dosen sind die Wirkungsunterschiede ausgepr~gter. Die Analgesie h~lt 4 - -6 Std an. Injiziert man 1 Std nach Eintr i t t der Analgesie 0, 5--1,0 mg/kg (--)-3-Oxy-N-Propargylmorphinan, so sinkt die Schmerzschwelle rasch bis fast zur Norm. Neben einer mi~chtigen Anfachung der Atmungs- t~tigkeit fibt der Antagonist auch einen deutlichen Weckreiz aus. Hierbei ist noch zu betonen, dab die Dosis, die die Analgesie beseitigt, um ein Mehrfaches hSher liegt als die zur Anregung der Atmung erforderliche Gabe. Durch diese Versuche best~tigen wir die Befunde anderer Unter- sucher an anderen Prfifobjekten. ~berraschenderweise hebt Thebain in einer Dosierung yon 1--3 mg/kg die Morphinanalgesie nicht auf.

Die antagonistische Wirkung des Propargylderivats Ro 1-7780 er- streckt sich auch auf die Morphinerregung der Maus. Verabfolgt man einer Maus, die dutch 10 ~/g Morphin in einen stunden]angen, zentra]- bedingten Erregungszustand versetzt wurde, 1 ~/g des Antagonisten, so klingt die Erregung fast augenblicklich ab. Der beschriebene Effekt l~Bt sich bei Anwendung der Methode yon WV, ST~RMA~ (1951) quanti tat iv auswerten.

Das Atemminutenvolumen der Katze wird durch 3 - -8 mg/kg Morphin stark vermindert und dementsprechend auch die Gewebeventilation ver- schlechtert. I m Gegensatz zum Thebain erweisen sich das (--)-N-A]]yl- und (--) .N-Propargylderivat des 3-Oxy-morphinan in einer Dosierung yon 0,2 mg/kg als gute Antagonisten.

Literatur. FROMKERZ, K., u. B. PELLMONT: Experientia (Basel) 8, 394 (1952). - - Arch.

exper. Path. u. Pharmakol. 218, 136 (1953). - - GREWE, R.: Naturwissenschaften 1946, 333. - - KOLL, W., u. H. REFFERT: _Arch. exper. Path. u. Pharmakol. 190, 687 (1938). - - W E S T E R M A N , G.: Inaug.-Diss. Kiel 1950.

Dislcussion. ENDI~RS (Memmingen): Hohe Dosen yon Morphin wirken beim Kaninchen atmungsstimulierend. Was ist iiber die Wirkung der Morphinantago- nisten auf diesen Effekt bekannt ?

KOLL (G6ttingen): Die Wirkung der starken Analgetica auf die multisynap- tischen Spinalreflexe mul3 anders als die analgetisehe Wirkung bourteflt werden. Cardiazol wirkt nicht antagonistisch auf die analgetische Wirkung, w~hrend es die durch starke Analgetica verminderten multisynaptischen Spinalreflexe (des durch Querschnitt isolierten Riickenmarkes) steigert. (Dissertation BLOCK, G6ttingen.)

WIRTH (Wuppertal-Elberfeld): Nach eigenen Versuchen hat d-3-Oxy-N- methylmorphinan ehm nachweisbare leichte analgetische Wirkung (M~useschwanz- test mit W~rmestrahl, TWITcH-Test am Meerschweinchenriicken, Hundezahn nach KOLL und REFFERT). Dies wirkt sich bei der Racem-Verbindung aus: Sie ist etwas starker analgetisch wirksam als eine halbe Dosis der 1-Verbindung.

KIESE (Marburg): Warum wird unter der Morphinwirkung der CO2-Druck im Gewebe erhSht, der 02-Druck aber nicht beeinfluBt ? Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 225 (Tagungsbericht). 6

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82 M. KRAMER:

U ~ A (Chicago) fragt, ob die neuen Morphin-Antagonisten des Vortragenden eigene analgetische Wirkungen und atmungszentruml~.hmende Wirkungen besitzen.

Schlu~wort. MALORNY ZU EI~D~RS: Beim Kaninchen besteht in allen Stadien der Morphinvergiftung, also auch im Stadium der Reflexiibererregbarkeit, eine schwere Atemdepression. Sic wird durch die Morphinantagonisten aufgehoben.

Zu WIRTH: Beim Hund haben wir erst nach hohen Dosen yon (~-)-3-Oxy-N- meghylmorphinan schwache analgetische Effekte gesehen.

Zu KIESE: Wegen der selektiven Wirkung des Morphins auf die Atmung steigt in den Gewebsgasen pCO~ schneller und starker an, als pO~ abfgllt. Der letztere Effekt ist wahrscheinlich durch eine Herabminderung des oxydativen St~ff- wechsels bedingt.

Zu U ~ x : Die beiden Morphinantagonisten, die sich vom 3-Oxymorphinau ableiten, zeigen bei den Doscn, die die erniedrigte Atmung anrcgen, aul~cr einer m~fligen Reflexsteigerung keine Eigenwirkungen (0,2 mg/kg). Am Hundezahn wirken sic in 15fach hSherer Dosienmg schwach analgetisch; die Atmung des Kaninchens wird jedoch nicht depressiv becinfluBt.

M. ~ (Berlin): Biochemische mad pharmakologische Differenzie- rung der Wirkung ~demerzeugender Substanzen.

Bei der Priffung antiphlogistisch wirksamer Pharmaka an der Eiklar- und Dextranhyperergie der Rat te fiel auf, dal~ einige Pyrazolonderivate wohl das EiklarSdem, nicht aber das DextranSdem zu beeinflussen ver- mochten. Das Dextran5dem wurde durch 200 mg/kg Pyramidon, eine Dosis, bei der ein Teil der Tiere bereits Krgmpfe bekam, kaum beeinfluBt, das Eiklar5dem wurde um 50% gehemmt. Beim Irgapyrin hemmten 100 mg/kg intramuskulgr das EiklarSdem um etwa 85%, wghrend das DextranSdem yon 100 und 200 mg/kg nicht beeinfluBt wurde. Nach 50 bis 150 mg/kg Procainamid 1 hat te das EiklarSdem nur noch eine Intensit~t yon etwa 15% der Kontrollen, wghrend die des DextranSdem kaum beeinfluflt wurde. Die Dextrantiere zeigten nach Vorbehandlung mit Procainamid eine auffallend starke Cyanose, die in der Stgrke sonst nicht beobachtet wurde. Durch 10 mg/kg Megaphen 1 wurden beide Odemarten vollst~ndig gehemmt.

Diese Befunde mfissen einmal mit der Annahme verschiedener Ent- stehungsmechanismen der beiden 0demar ten und zweitens mit der eines verschiedenen Angriffspunktes der zur 0demhemmung benutzten Sub- stanzen gedeutet werden. U m die Frage eines zentralen Angriffspunktes der ~)demauslSsung zu untersuchen, wurde an 30 decerebrierten Rat ten versucht, durch Dextran (~deme auszulSsen. Das gelang bei drei Tieren. Damit ist gezeigt, dab die AuslSsung generalisierter (~deme ohne Vor- handensein des GroB- und Mittelhirns grunds~tzlich m5glich ist.

1 Diese Versuche wurden zusammen mit D. MA~BAUER durchgefiihrt.