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Grundzüge Humangeographie 1: Kulturlandschaftsforschung WS 2010/2011 - Doz. Oliver Bender Agrargeographie 1) Definition und Forschungsgegenstand Agrargeographie ist die Wissenschaft „ … der räumlichen Ordnung und räumlichen Organisation der Landwirtschaft“ „ … der durch die Landwirtschaft gestalteten Erdoberfläche, sowohl als ganzes, als auch in ihren Teilen, in ihrem äußeren Bild, in ihrem inneren Aufbau und in ihrer Verflechtung“ Grenzwissenschaft → zwischen Natur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, → selbständig durch die fachübergreifende Verknüpfung und die räumliche Perspektive Forschungsgegenstand Landwirtschaft = planmäßige Bewirtschaftung des Bodens zum Zwecke der Gewinnung pflanzlicher und tierischer Produkte Teil des I. Sektors (Urproduktion) → Land- und Forstwirts., Fischerei, Bergbau Grundformen landwirtschaftlicher Arbeit Jagd- und Sammelwirtschaft Baum-, Strauch- und andere Dauerkulturen Ackerbau Gartenbau Grünlandwirtschaft Viehwirtschaft Wald- und Forstwirtschaft (?) Ziele der Landwirtschaft Versorgung der Bevölkerung mit → Nahrungsmitteln → mit pflanzlichen und tierischen Rohstoffen (z.B. Schafs- oder Baumwolle) Subsistenzwirtschaft Arbeitsteilung Stadt - Land Marktwirtschaft mit Exportwirtschaft - Planwirtschaft

Zusammenfassung Agrargeographieh

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  • Grundzge Humangeographie 1: Kulturlandschaftsforschung

    WS 2010/2011 - Doz. Oliver Bender

    Agrargeographie

    1) Definition und Forschungsgegenstand

    Agrargeographie ist die Wissenschaft

    der rumlichen Ordnung und rumlichen Organisation der Landwirtschaft

    der durch die Landwirtschaft gestalteten Erdoberflche, sowohl als ganzes, als auch in

    ihren Teilen, in ihrem ueren Bild, in ihrem inneren Aufbau und in ihrer Verflechtung

    Grenzwissenschaft

    zwischen Natur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften,

    selbstndig durch die fachbergreifende Verknpfung und die rumliche Perspektive

    Forschungsgegenstand

    Landwirtschaft = planmige Bewirtschaftung des Bodens zum Zwecke der Gewinnung

    pflanzlicher und tierischer Produkte

    Teil des I. Sektors (Urproduktion) Land- und Forstwirts., Fischerei, Bergbau

    Grundformen landwirtschaftlicher Arbeit

    Jagd- und Sammelwirtschaft

    Baum-, Strauch- und andere Dauerkulturen

    Ackerbau

    Gartenbau

    Grnlandwirtschaft

    Viehwirtschaft

    Wald- und Forstwirtschaft (?)

    Ziele der Landwirtschaft

    Versorgung der Bevlkerung mit

    Nahrungsmitteln

    mit pflanzlichen und tierischen Rohstoffen (z.B. Schafs- oder Baumwolle)

    Subsistenzwirtschaft

    Arbeitsteilung Stadt - Land

    Marktwirtschaft mit Exportwirtschaft - Planwirtschaft

  • Hauptproduktionsketten der Landwirtschaft

    Der Agrarraum

    = der Teil der Erdoberflche, auf dem Landwirtschaft betrieben wird, der durch Landwirtschaft

    geprgt worden ist

    45 Mio. km 2 = 30% der Landoberflche (berwieg. Teil Dauerweiden, knapp 1/3 Ackerland)

    Die Agrarlandschaft

    = ein Agrarraum = ein Teil der Erdoberflche, der sich durch bestimmte agrargeographische

    Merkmale von anderen abhebt Klassifizierung, Typbildung im Sinne der Regionalen

    Geographie

    Agrarregionen der Erde

  • Agrarformationen

    = rumlich angeordnete Gesamtheit aller Elemente einer in sich einheitlichen

    Agrarwirtschaftsform, die einem agrarischen Produktionsprozess zugeordnet ist

    abgeleitet vom Konzept der Wirtschaftsformation

    Agrarlandschaft

    Agrarbetriebe, Agrarbevlkerung

    Bsp. der Kastanienkultur (Holzverarbeitung, Nahrungsmittelproduktion, Honiggewinnung,

    touristischen Attraktion, Tierhaltung zwischen den Bumen usw.)

    Agrarbevlkerung

    = der Teil der Bevlkerung, die ihren Lebensunterhalt ganz oder z.T. aus der Landwirts. bezieht

    fr Agrargeographie interessant:

    soziale Struktur und Lebensform

    dieser Bevlkerung

    ihre Motive und Methoden,

    Landwirtschaft zu betreiben

    Art und Weise, wie sie die

    Landschaft gestaltet, verndert

    Starker Rckgang der Erwerbsttigen

    in der Landwirtschaft (in Grafik I)

    durch Produktivittssteigerung im

    Zuge der Industrialisierung.

    Modell von Fourasti (links Modell - rechts statistische Ergebnisse aus Deutschland)

  • 2. Historische Entwicklung der Agrarwirtschaft

    Gesellschafts- und Wirtschaftsentfaltung

    Hauptstufen der Gesellschafts- und Wirtschaftsentfaltung in geographischer Sicht

    1. Wildbeuterstufe

    2. Stufe der spezialisierten Sammler, Jger und Fischer

    3. Stufe des Sippenbauerntums

    3a. Hirtennomadismus

    4. Stufe der herrschaftlich organisierten Agrargesellschaft

    5. Stufe der frhstdt. Gesellschaft mit Rentenkapitalismus

    6. Stufe des produktiven Kapitalismus, der industriellen Gesellschaft und des jngeren

    Stdtewesens

    Innovations- und Diffusionsmodell

    Modell nach Hgerstrand und Borcherdt

    Innovation- vs. Diffusion

    Anfangsphase

    Expansionsphase

    Sttigungsphase

    Retraktionsprozess

    Landerschlieung

    Weidewirtschaft

    Landbau

    Savannen, Graslnder

    Waldlnder Brandrodung

    Moorerschlieung

    Bewsserung

    Landgewinnung aus dem Meer

    Ausbreitung des Landbaus

    bergang von der aneignenden zur produzierenden Landwirtschaft mit Landbau

    Grundformen der Pflanzenreproduktion:

    vegetative Vermehrung durch Stecklinge bzw. Knollen

    Vermehrung durch Sen von Samen

    bertragung von Kulturpflanzen

    Reis, Baumwolle, Zuckerrohr, (Indien-Sdostasien) Kartoffeln, Mais (Mittelamerika)

  • Entwicklung der Kulturtechnik

    Pflug: 4.Jt. v. Chr. im Vorderen Orient

    Ausbreitung nach Nordafrika und nach Europa

    Mechanisierung ausgehend von USA Mitte 19. Jh.

    neue Dngemittel:

    seit 1840 Guano - Kunstdnger (J.v. Liebig)

    Zchtung neuer Pflanzensorten

    Khltechnik und Bahnbau

    3. Standortfaktoren der Agrarwirtschaft

    Natrliche Faktoren

    Grenzen des Agrarraums

    Landschaftsgrtel und Anbauzonen

    konomische Faktoren

    Produktionsfaktoren

    Ertragsgesetz

    Intensittszonierung nach Thnen

    Zentrum und Peripherie in verschiedenen Dimensionen

    Individuelle, sozio-kulturelle und politische Faktoren

  • Natrliche Standortfaktoren

    - Landwirtschaftliche Produktion basiert auf Photosynthese

    - tierische Produktion baut auf der pflanzlichen auf

    - natrliche Faktoren (wie Klima, Boden, Relief)

    Grenzen des Agrarraums

    Absolute Grenzen

    Tatschliche Grenzen (bergangsrume, Subkumene)

    Kltegrenzen als Wrmemangel- und Frostgrenzen: polare und Hhengrenzen

    Trockengrenzen = Wassermangelgrenzen (Desertifikation = Verwstung)

    Anpassung an/ Verschieben von Grenzen

    Bewsserung

    Bodenbearbeitung, z.B. dry farming

    Zchtung spezieller Sorten

    Expansion und Kontraktion des Agrarraums

    demographische Faktoren: Bevlkerungswachstum u. -rckgang

    konomische Faktoren: schwankende Marktpreise fr das Produkt

    politische und soziale Faktoren: Krieg, Dominanz einer speziellen

    Gruppe

    kologische Faktoren: Witterung (Folge von Missernten) und

    Klimavernderungen Getreidegrenzen in Finnland

  • Landschaftsgrtel und Anbauzonen

    Beispiel Innere Tropen

    ganzjhrig ausgeglichenes Tageszeitenklima

    Temperatur und Wasserversorgung mehr als ausreichend

    limitierender Faktor ist die Bodenqualitt (Latosole)

    im Regenwald Nhrstoffvorrat auf Phytomasse konzentriert

    Wurzelpilze (Mykorrhiza)

    bei Brandrodung wird Boden nur kurzfristig durch Asche gedngt

    deshalb sind die feuchten Tropen agrarisch grundstzlich benachteiligt

    Als Lsung wird deshalb hufig der Wanderfeldbau (shifting cultivation) betrieben, bei welchem

    Teilgebiete intensiv genutzt werden (z.T. durch Brandrodung) und danach aufgegeben werden.

    Beispiel mediterrane Subtropen

    3-8 sommerliche Trockenmonate

    Wasserangebot fr Pflanzenproduktion sehr eingeschrnkt

    Trockenfeldbau mit Weizen, Gerste und Mais

    intensivster Anbau in kstennahen, im Winter frost-geschtzten Bereichen: hier

    Bewsserungslandwirtschaft

    verbreitet Dauerkulturen: lbaum, Agrumen, Wein

    klassische cultura mista

  • Gliederung nach Hhenstufen

    konomische Standortfaktoren

    Produktionsfaktoren

    Boden: in Wert gesetzte landwirtschaftliche Nutzflche

    Arbeit: Zahl und Leistung der menschlichen Arbeitskrfte

    Kapital: bauliche und technische Betriebsmittel

    Intensitt

    Flchenintensitt: Mengenertrag/ha

    Arbeitsintensitt: Arbeitsstundenzahl je Flcheneinheit

    Arbeitsproduktivitt: Ertrag je Arbeitskraft

    Kapitalintensitt: Kosten fr Arbeitslhne und Betriebsmittel

    Betriebsintensitt: Summe aus Flchen-, Arbeits- und Kapitalintensitt

  • Ertragsgesetz

    Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs

    Reinertrag (Landrente)

    Ausgleich durch Subventionen?

    Intensittszonierung nach Thnen (I)

    J.H.v.THNEN (1826): Der isolierte Staat in Beziehung

    auf Landwirtschaft und Nationalkonomie

    Anwendung des Ertragsgesetzes auf den Agrarraum

    6 Prmissen:

    isolierter Staat - kein Auenhandel

    freie Wirtschaft - Markt mit Angebot und Nachfrage

    Zentrum - eine Stadt als Absatzort und

    Versorgungszentrum

    homogene landschaftliche Struktur des Umlandes

    Landwirte erstreben Gewinnmaximierung

    homogener Verkehr - Transportkosten proportional zur Entfernung

    Konzept der Lagerente (Landrente)

    R = Lagerente

    Ep = Produktionsmenge x Marktpreis

    Ea = Produktionsmenge x Produktionskosten

    Efk = Produktionsmenge x Transportkosten x

    Entfernung zum Konsumzentrum

    R = Ep - Ea Efk

  • Die Thnenschen Ringe

    Produktionsstandort in Abhngigkeit von

    Transportkosten und Marktpreis.

    Zentrum und Peripherie im Agrarraum

    Acker

    Wald

    Feldwechsel

    Alemende

  • Individuelle, sozio-kulturelle, politische Faktoren

    Individuelle Entscheidungen des Unternehmers

    Sozio-kulturelle Faktoren (n. Planck & Ziche und Parsons):

    soziales System: Verhaltensmuster und Wertsystem der jeweiligen Sozialgruppe

    kulturelles System: ideologische Vorstellungen, religise & ethische Normen,

    Technologien & Verfahren

    Politische Faktoren: Agrarpolitik

    Beweggrnde: Sicherung der Grundversorgung, Steuern

    Strukturpolitik: Landeskultur, Sozialreformen, Bildung, betriebliche Subventionen

    Marktpolitik: Zlle, Preissttzung

    Prinzip der EU-Marktordnung (ab 1962)

  • 4. Agrarbevlkerung und Agrarbetriebe

    Agrarsoziale Systeme als Lebensformen

    tribalistische Agrarsysteme (Sippen als Dorfverbnde)

    familistische Agrarsysteme

    Bauerntum und Farmertum

    feudalistische Agrarsysteme

    Lehensgrundherrschaft

    Latifundienwirtschaft und Hacienda-System

    kapitalistische Agrarsysteme

    Plantage, Ranch

    kollektivistische Agrarsysteme

    Marktgenossenschaften Selbsthilfeorganisationen Zisterzienser, Hutterer, Kibbuz

    a) tribalistische Agrarsysteme

    Gemeinschaftseigentum der Sippen = Dorfverbnde

    familire Arbeitsverfassung (Familie hat Nutzungsrechte)

    Produktionsziel Selbstversorgung (Subsistenzwirtschaft)

    Bereiche: Wanderviehhaltung/Landwechsel (Tropen, Subtropen)

    b) familistische Agrarsysteme

    Individualeigentum + Pacht + Nutzungsrechte Gemeineigentum

    prinzipiell soziale Gleichheit

    Produktionsziel: Selbstversorgung + Marktbelieferung

    Bsp.: tradit. Bauerntum

    sorgfltige Bodenpflege nachhaltige Ertrge

    gemischte Produktion Risikominderung

    weicht heute in Industrielndern der spezialisierten Landwirtschaft

    c) feudalistische Agrarsysteme

    Bodeneigentum liegt bei einer kleinen Oberschicht, die Masse der

    Familien ist an den Betrieb ihres Grundherren gebunden

    Ursprung oft Unterschreitung des Existenzminimums Bauer macht Schulden und gert in

    Abhngigkeit

    also ausgeprgte soziale Schichtung bis hin zur Leibeigenschaft

    Bsp.: Lehensgrundherrschaft in Mitteleuropa 9.-19.Jh.

    Bsp.: Latifundienwirtschaft im Mittelmeerraum

  • d) kapitalistische Agrarsysteme

    marktorientierter Betriebseigner, Arbeitskrfte mobil (nicht an Boden gebunden)

    Bsp.: Plantage und Ranch

    e) kollektivistische Agrarsysteme

    Einzelbetrieb teilweise oder ganz integriert

    genossenschaftliches System

    gemeinsames Eigentum an Produktionsmitteln beschrnkt

    Bsp.: Markgenossenschaften des Mittelalters mit gemeinsamer Wald- und Weidenutzung

    Bsp.: Selbsthilfeorganisationen der Landwirte seit 19.Jh.

    sozialistische Systeme

    Produktionsmittel weitgehend vergesellschaftet Bsp.: Kolchosen, Sowchosen

    kommunistische Systeme

    alle Lebensbereiche den Gemeinschaftsinteressen untergeordnet

    Bsp.: religise Agrarkommunen, Kibbuz in Israel

    Agrarsoziale Gruppen

    Genealogische Gruppen

    Einzelpersonen, Kernfamilie, 3-Generationenfamilie, Grofamilie, Sippe, Klan, Stamm

    Gruppen nach der Erwerbsstruktur

    vollbuerliche I teilbuerliche Gruppen, speziell Ackerbrger, Dorfhandwerker

    Gruppen nach der sozialen Stellung

    Grogrund- und Gutsbesitzer / Landwirte I Pchter I Landarbeiter, Taglhner I Gesinde

    Historisch-agrarsoziale Gruppen in Mitteleuropa

    Bauern und unterbuerliche Schichten

    Agrarbetriebe

    Eigentumsordnung

    individuelles oder privates Grundeigentum

    Erbrecht: Realteilung, Anerbenrecht

    Pacht in verschiedenen Formen (Eigentum -- Besitz)

    Gemeinschaftseigentum (Allmende, sozialistische Agrarbetriebe)

    Arbeitsverfassung

    Familienbetrieb

    kooperative Arbeitsverfassung

    Fremdarbeitsverfassung

  • Erbsitten in Mitteleuropa

    Arbeitskrfte Vernderungsbilanz

    Agrarbetriebe

    Erwerbsfunktion:

    Vollerwerbsbetrieb

    Zuerwerbsbetrieb

    Nebenerwerbsbetrieb

    Betriebsgren:

    Grenklassen in der BRD:

    Zwerg-

  • Betriebliche Produktionsschwerpunkte

    Monokultur und Polykultur

    Kulturartengruppen

    Getreidebau (alle Getreidearten, einschl. Mhdruschblattfrchte wie Raps, Leguminosen,

    Krnermais)

    Hackfruchtbau (Kartoffeln, Zuckerrben, Futterrben, Feldgemse)

    Sonderkulturen (Obst, Beeren, Wein, Hopfen)

    Futterbau (Klee, Luzerne, Silomais)

    horizontale und vertikale Integration der Produktion

    Betriebssysteme nach der Agrarstatistik der BRD (Gemischt-, Dauerkultur-, Marktfrucht-,

    Futterbau-, Veredelungsbetriebe)

    Landwirtschaftliche Bodennutzungssysteme in der EU

  • 5. Viehwirtschaft und ihre Systeme

    Ziele der Nutztierhaltung

    Nahrungsmittel (Fleisch, Milchprodukte)

    Rohstoffe fr Bekleidung (Wolle, Felle, Hute)

    Arbeitskraft (Pflug, Transport)

    auerkonomische Ziele (Sozialprestige, Religion)

    Bedeutendste Tierarten

    weltweit:

    Rind, Schaf (je 1-1,5 Mrd.), Ziege:

    Wiederkuer: bentigen rohstoffreiches Futter, knnen Grasland inwertsetzen

    Schwein, Huhn:

    bentigen ballastarme Futtermittel in Konkurrenz zur menschlichen Nahrung;

    v.a. in Ackerbauregionen

    unter extremen Klimaverhltnissen:

    hochspezialisierte Tierarten wie Kamel, Bffel, Lama

    Wirtschaftliche Bedeutung

    Dauergrnland: 30 Mio. km 2 = 2/3 des Agrarraumes der Erde

    davon nur 1/10 melioriertes gedngtes Kulturgrasland

    Viehwirtschaft als einzig mgliche Wirtschaftsweise (Ackerbau unmglich/ unrentabel)

    Veredelungswirtschaft

    hohe Produktionskosten fr tierische Produkte

    Verbrauch in Entwicklungslndern niedrig, in Industrielndern hoch

    in Landwirtschaft der Industrielnder machen Verkaufserlse aus tierischer Produktion 2/3 aus

    Rumliche Ordnung der Viehwirtschaft

    Verbreitung der Tierarten und rassen

    kologische, konomische und kulturelle Faktoren

    Verbreitung der Nutzungssysteme

    1. Wechselweidewirtschaft

    1.1. Nomadismus

    1.2. Transhumance

    1.3. Almwirtschaft

    2. extensive stationre Weidewirtschaft

    (Ranching)

    3. intensive Viehwirtschaft auf Grnlandbasis

    4. Viehwirtschaft in flchenarmen Betrieben

    (Massentierhaltung)

  • Nomadismus

    von griech. nemein = grasen, weiden

    ganze Sippe/Volksstamm ohne festen Wohnsitz wandert das ganze Jahr mit der Herde hinterher

    groe Wanderungen (Bsp. Nordafrika: jhrlich 500-800 km)

    Verbreitung: altweltlicher Trockengrtel; Nordeuropa

    insges. ca. 10 Mio. Menschen

    Alter der Lebensform im Orient > 5000 Jahre

    Produktionsziel: tierische Produkte, Transporttiere

    Tiere: Rind, Pferd, Kamel; Schaf, Ziege

    Naturweiden geringe Tragfhigkeit

    aktuelle Probleme

    geringe Produktivitt Umwandlung guter Weidegrnde

    Mobilitt Einschrnkung im Lebensstandard und im Bildungswesen

    postkoloniale Staatsgrenzen behindern Wanderungen

    stattliche Erfassung / Steuern

    Halbnomadismus (im Gegensatz zum Vollnomadismus):

    Teil des Stammes in Dorf ansssig, betreibt Ackerbau

    der andere Teil wandert mit Herde ber kleinere Distanzen

    Auflsung des Nomadismus sesshafte Lebensweise

    A Vollnomadismus mit periodisch-saisonalen,

    horizontalen Wanderungen

    B Vollnomadismus mit episodischen,

    ungerichteten Wanderungen

    C Halbnomadismus mit periodisch-saisonalen,

    horizontalen Wanderungen

    D Bergnomadismus mit periodisch-saisonalen,

    vertikalen Wanderungen

  • Transhumance / Transhumanz

    Hirte (als Angestellter) zieht das ganze Jahr mit Herde

    Sommerweide im Gebirge, Winterweide im Tiefland

    Besitzer fest ansssig, Herde dort steuerlich registriert

    aufsteigende Transhumanz

    absteigende Transhumanz

    Tiere v.a. Schafe Produktionsziel urspr. Wolle

    Verbreitung: Mittelmeerlnder; mitteleurop. Wanderschferei

    Probleme: Konflikt mit Bauern entlang Transhumanzwege

    Wanderungen heute mit Lkw und Bahn anstatt zu Fu

    Transhumanz insgesamt stark zurckgegangen

    Almwirtschaft / Alpwirtschaft

    Verbreitung: europ. Hochgebirgsregionen, v.a. Alpen

    hhenmig gestaffelter Betrieb

    Alm/Alp = Naturweide in Mattenregion oberhalb Waldgrenze

    Heimgut Maiens Alm/Alp

    Vieh: v.a. Grovieh = Rinder und Pferde

    Typen: Kuhalm (Milch); Galtalm (Fleisch)

    Besonderheit: Produktionsausweitung im Sommer

    Teile des Viehstapels im Herbst verkauft

    Pensionsvieh aus dem Tiefland

    Bedeutung und Umfang zurckgehend, da zu arbeitsintensiv

    Nutzungsschema

  • Ranching

    extensive stationre Weidewirtschaft

    semiaride Savannen & Steppen rentabilitts- u marktorientierte Alternative zum Nomadismus

    Grobetriebe z.T. 500050000 ha (1 Rind auf 1575 ha)

    Eigentmer = Unternehmer (nat. Person oder Gesellschaft)

    Lohnarbeiter (berittene Hirten, heute mit LKW, Flugzeug), z.T. Saisonarbeiter (z.B. Scherer)

    Monostruktur

    Rinder (Fleisch, Hute)

    Schafe (Fleisch, Wolle)

    groes Produktionsrisiko: Drre, Seuchen

    Ranching

    Entwicklungsstufen der extensiven

    Weidewirtschaft

    A open-range-System ohne Zune, eine

    Wasserstelle

    B keine Zune, mehrere Wasserstellen

    C Kampsystem mit Weide-rotation,

    Reservefutter -flche und Feldfutterbau

  • Ranching - Verbreitung

    Ursprnge im 16. Jh. in Zentralspanien

    Ausbreitung in die spanischen Kolonien

    bernahme von Buren in Sdafrika, Nordamerikanern, Briten in Australien, Neuseeland

    im 20. Jh. mittelasiatische Sowjetrepubliken

    grte Bedeutung um 1900

    anwachsende Bevlkerung in Industrielndern (Fleischbedarf)

    liberaler Welthandel

    neue Transport- und Khlmglichkeiten

    Intensive Viehwirtschaft auf Grnlandbasis

    Hauptverbreitung in Westeuropa, Nordamerika

    kleine Familienbetriebe im Nebenerwerb bis Grobetriebe

    Produktionsziele

    Fleisch (Rindermast, z.T. Schafhaltung)

    Milch

    spezialisierte und gekoppelte Betriebe

    arbeitsintensiv Rolle der Familienbetriebe

    Kapitalintensiv Tendenz zur Betriebsvergrerung

    Grnlandnutzung

    Futterbasis Grnland

    Nutzung, Pflege ntig; Bearbeitung, v.a. Dngung

    absolutes Grnland vs. fakultatives Grnland

    Nutzungsweise:

    Dauerwiese, Dauerweide, Mhweide, Wechselgrnland

    Wiese = Heunutzung vs. Weide

    Vorteile Wiese: artenreichere Pflanzengesellschaften, hoher Stallmistanfall;

    Nachteile Wiese: arbeitsintensiver, Wetterrisiko

    Tendenz in (NW-)Mitteleuropa zur Weidenutzung

    Entwicklung zur Milchwirtschaft

    Verstdterung groe Mrkte

    Transport- und Khlsystem

    Molkereiwesen (frher Verarbeitung auf eigenem Hof)

    hygienische Manahmen

  • Tierzchtung

    Milchleistung je Kuh 1950: ca. 2500 kg; heute > 5000 kg

    moderne Grnlandwirtschaft

    Futterbasis im Winter

    Milch kein Saisonprodukt mehr

    staatliche Absatzgarantie

    sicheres, bestndiges Einkommen

    Massentierhaltung

    Definition (nach Windhorst):

    viele Einzeltiere auf geringem Raum konzentriert

    hufiger Generationenwechsel

    Arbeitseinsatz durch Maschinen ersetzt (Ftterung, Ver-, Entsorgung)

    hochwertiges Futter unter hchstmglicher Ausnutzung

    Produktionsfaktoren Arbeit und Boden weitgehend durch Kapital ersetzt

    factory farming, industrialisierte Form der Landwirtschaft

    Betriebe oft Kapitalgesellschaften

    hochspezialisiert Produktionsziele: Eier, Fleisch (Legehennen, Schweine- und Rindermast)

    Probleme: konomische Risiken, Umweltbelastungen

    Verbreitung: nahe Futtermittelwerken und Importhfen

    6. Landbau und Landbausysteme

    Nutzpflanzen bersicht

    Mensch nutzt ca. 500 bzw. 20.000 von 400.000 Pflanzenarten

    Nahrungspflanzen

    Kohlehydrate (Strke, Inulin, Zucker)

    liefernde Pflanzen

    Eiwei liefernde Pflanzen

    Fett liefernde Pflanzen

    Gemse & Salat liefernde Pflanzen

    Obst liefernde Pflanzen

    Genumittelpflanzen

    Gewrzpflanzen

    Futterpflanzen

    Grser, Leguminosen, Sonstige

    Technisch genutzte Pflanzen

    Fasern, Holz, Kork, Gerbstoff, Kautschuk, Harz, Wachse, Gerbstoff

  • Kulturtechnik

    Einrichten der Anbauflche

    Rodung

    Terrassierung in hngigem Gelnde

    Ackerterrassen in Europa - Verminderung der Bodenabschwemmung

    Reisterrassen in Sdostasien - Mglichkeit der berstauung

    Ackerbaugerte

    Pflanzstock (Sdamerika), Grabstock (Sdostasien)

    Hacke (Afrika)

    Pflug

    Weitere Gerte, z.B. Eggen, Walzen

    Wasserhaushalt

    Regenfeldbau

    Bewsserungsfeldbau (15% der Anbauflche)

    in Trockengebieten, zur Produktionssteigerung

    Herkunft des Wassers (Schwerkraft- vs. Hebebewsserung)

    Ableiten von Flu- oder Bachwasser

    Regenstau- bzw. Auffangwasser

    Frderung von Grundwasser

    Bewsserungsverfahren

    Staubewsserung

    Berieselung

    Tropfbewsserung

    Beregnung

    Bodenregeneration

    einseitige Kultur von Nutzpflanzen Bodenauslaugung

    Brache: Wiederanreicherung von Nhrstoffen

    Grn- / Schwarzbrache

    Trockenbrache (Mittelmeerraum)

    Wechsel der Kulturart

    Nutzungswechselsysteme

    Dngung

    Stallmist, Glle

    Zusatz- (Guano) bzw. Kunstdnger

  • Rumliche Ordnung des Landbaus

    Flchenwechselsysteme (Shifting cultivation)

    Wanderfeldbau

    Landwechselwirtschaft

    Dauersysteme

    Dauerpflanzung

    Stockwerkbau

    Daueranbau

    Nutzungswechselsysteme

    Feld-Gras- und Feld-Wald-Wirtschaft

    Geregelte Felderwirtschaften (Dreifelderwirtschaft, Fruchtwechselwirtschaft)

    Freie Folgen

    Wanderfeldbau

    Verbreitung: tropischer Regenwald; Feuchtsavanne

    Dorfgemeinschaft (Sippe)

    Brandrodung

    Bebauung fr ca. 1-3 Jahre

    1. Jahr Getreide und Hlsenfrchte

    ab 2. Jahr Knollenfrchte wie Maniok

    sobald Boden erschpft - Ackerflchen aufgelassen, das ganze Dorf verlegt, neues Land gerodet

    nach 12-15 Jahren Aufwuchs eines niedrigen Sekundrwaldes

    Landwechselwirtschaft

    hnlich wie Wanderfeldbau mit folgenden Unterschieden

    dauerhafte Siedlung

    Bewohner staatlich erfat

    schulische und medizinische Versorgung

    Anbauflche rotiert um Dorf

    wenn Bevlkerung zu stark anwchst, ist der Ausgangspunkt der Rotation so schnell erreicht,

    dass der Boden noch nicht wieder regeneriert ist

    Aufgabe des Dorfes, Neusiedlung an anderem Ort = somit flieende bergnge zum

    Wanderfeldbau

  • Shifting cultivation - Bewertung

    ca. 250 Mio. Menschen bebauen 1/5 der Weltanbauflche

    nicht allein Umtriebssystem, sondern Lebensform

    Bewertung sehr umstritten:

    bemerkenswerte Anpassung an die Umweltbedingungen der feuchten Tropen

    flchenverschwenderisches und leistungsschwaches Nutzungssystem bei Zerstrung der

    kologischen Grundlagen

    Nachhaltigkeit letztlich abhngig von der Bevlkerungsdichte

    bei fortschreitender Entwicklung bergang in andere Agrarsysteme

    Dauerpflanzung

    meist Baum- und Strauchkulturen, auch Pflanzen anderer Wuchsform wie Bananen

    nach Beendigung der konom. Nutzungsdauer

    Neupflanzung der gleichen Kultur oder

    bergang in eine andere Dauerkultur (Bsp. Wein zu Obst)

    Verbreitung weltweit

    mitteleurop. Sonderkulturen Obst, Wein

    mediterrane lbaumhaine

    Plantagen der Neuen Welt, z.B. Baumwolle und Zucker

    Stockwerkbau

    verschiedene Kulturen nebeneinandergepflanzt, die sich stockwerkartig berlagern:

    Baumkultur

    Strauchkultur

    Bodenkultur (Getreide, Gras, Gemse u..)

    vermeidet einseitige Bodenauslaugung

    Baumkultur schtzt vor Bodenaustrocknung, Wind

    Verbreitung weltweit

    Mitteleuropa: Obstwiesen und -felder

    Mittelmeerraum: coltura mista mit Oliven, Wein und Getreide

    Nordafrika: Oasenkultur mit Dattelpalme, Obstbumen und Gemse

    Tropen: Bananen mit Kaffee- oder Kakaopflanzungen

  • Daueranbau

    jedes Jahr gleiche Pflanze angest

    Probleme:

    Bodenauslaugung durch Kunstdngung umgangen

    Kulturpflanzen sind meist nicht selbstvertrglich

    schnelle Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten

    ewiger Roggenbau Norddeutschlands mit Plaggendngung

    Reisanbau in den sommer- und winterfeuchten Subtropen,

    v.a. in Sdostasien, auch Norditalien, Kalifornien

    Nassreisbaus im natrlichen berschwemmungsbereich der Flsse, auf Regenstau, mit

    knstlicher Bewsserung

    spezielle Vorteile: Wasserbedeckung mit Nhrstoffzufuhr durch Schwebstoffe, keine Erosion,

    relativ geringe Nhrstoffentnahme

    Feld-Gras- und Feld-Wald-Wirtschaft

    gehrt zu den Nutzungswechselsystemen

    in Gebieten mit relativ hohen Niederschlgen (Verunkrautung) und kurzer Vegetationszeit

    speziell in Norddeutschland, Mittelgebirge, Alpen

    regionale Varianten der Feld-Gras-Wirtschaft

    Egarten in Sddeutschland (Natur-/Kunstegart)

    Koppelwirtschaft in Norddeutschland

    regionale Varianten der Feld-Wald-Wirtschaft

    Haubergwirtschaft

  • Alte Dreifelderwirtschaft

    Innovation im 7.Jh. in SW-Mitteleuropa

    regelmige Rotation mit Brache, ntig sind 3 Felder

    1. Jahr Wintergetreide

    2. Jahr Sommergetreide

    3. Jahr Brache

    wirtschaftlich interessante Sorten:

    Weizen + Roggen = Brotgetreide eher im Winter

    Gerste + Hafer = Futter- und Industriegetreide eher im Sommer

    Probleme:

    Gemengelage

    auf der Brache weidendes Vieh

    fehlende Feldwege

    Dreizelgenbrachwirtschaft

    Lsung durch Dreizelgenbrachwirtschaft

    Zelgen = einheitliche, etwa gleich groe

    Fruchtfolgebezirke

    Voraussetzungen:

    gleicher Anteil in jeder Zelge

    Flurzwang

    Verbesserte Dreifelderwirtschaft

    Innovation im 18.Jh.

    Voraussetzung war Einfhrung neuer Feldfrchte:

    Kartoffeln, Hackfrchte (Rben etc.)

    Futterpflanzen (Klee, Luzerne etc.)

    Brache kann jetzt bebaut werden

    Gewinnung von Viehfutter Ausweitung der Viehhaltung

    Vieh meist ganzjhrig eingestallt Dnger

    Neue Fruchtfolgen:

    maritime Regionen: Wintergetreide - Sommergetreide - Hackfrchte

    kontinentale Regionen: Sommergetreide - Wintergetreide Hackfrchte

  • Fruchtwechselwirtschaft i.e.S.

    Voraussetzungen:

    Bevlkerungsanstieg mit der Industrialisierung

    gesteigerte Nachfrage nach Fleisch

    neue Mglichkeiten mit Zusatzkauf von Dnger

    jhrlicher wechselnder Anbau von Blatt- /Hackfrchten und Halmfrchten (Getreide)

    In jngerer Zeit Trend zurck zur Dreifelderwirtschaft, da Blattfrchte sehr arbeitsintensiv

    Weitere Felderwirtschaften

    Fruchtfolgen hngen von den natrl. Bedingungen ab

    Z.B. bei Sommertrockenheit frhreifende Getreidesorten (Weizen anstatt Roggen und Hafer)

    Beispiele aus dem Mittelmeerraum

    3-jhr. Zyklus mit Getreide - Weidebrache Schwarzbrache (dry farming),

    Weidebrachejahr mit Transhumance verflochten

    4-jhr. Zyklus in Gebieten mit besseren Bodenwasserhaushalt: Weizen - Gerste - Weidebrache

    - Schwarzbrache

    2-jhr. Zyklus (Weizenschlacht im Faschismus): Weizen - Schwarzbr.

    moderne Fruchtfolgen hnlich Fruchtwechselwirtschaft i.e.S.

    Freie Fruchtfolgen

    Natrliche, soziale Voraussetzungen

    konomisches Interesse Marktorientierung

    Wechsel jhrlich / mehrmals im Jahr

    z.B. im Gemseanbau (Thaur bei Innsbruck)