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J. Krombach 1 · N. Krieg 2 · C. Diefenbach 1 · 1 Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Universität zu Köln · 2 Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Orthopädischen Universitätsklinik Frankfurt am Main (Stiftung Friedrichsheim) Zuverlässigkeit und Dosisabhängigkeit des Train-of-Four count zwischen der gemessenen 25%igen neuromuskulären Erholung und dem Wiederauftreten von T4 bestimmt. Die- ses Zeitintervall ermöglicht eine Ein- schätzung der klinischen Bedeutung der erwähnten Streubreiten. Zusätzlich wurde die Dosisabhängigkeit des TOF- count geprüft. Methodik Das Protokoll der Studie wurde von der Ethikkommission der Orthopädischen Universitätsklinik Frankfurt (Stiftung Friedrichsheim) akzeptiert. Alle Patien- ten gaben ihre schriftliche Zustimmung zur Teilnahme an der Untersuchung. Die Studie wurde an 89 Patienten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren durchgeführt, die sich elektiven orthopädischen Ein- griffen unterzogen. Als weitere Ein- schlußkriterien galten die ASA-Einstu- fung I–II und ein Körpergewicht im Be- reich Sollgewicht nach Broca ±10%. Aus- schlußkriterien waren anamnestische, klinische oder laborchemische Hinweise auf eine Leber-, Nieren- oder neuromus- kuläre Erkrankung sowie die Einnahme von Medikamenten, die die Wirkung von Muskelrelaxanzien beeinflussen kön- nen. Etwa 45 min nach oraler Prämedi- kation mit 1 bis 2 mg Flunitrazepam wurde die Narkose mit Fentanyl (0,1 bis 0,2 mg) und Propofol (1,5 bis 2,5 mg/kg Kg) eingeleitet.Während der Maskenbe- Eine partielle nicht depolarisierende neuromuskuläre Blockade kann mit Hilfe der Anzahl der beantworteten Reize nach einer TOF-Stimulation semiquantitativ eingeschätzt werden (TOF-count). Lee [4] formulierte 1975 die bis heute akzeptierte Regel, nach der das Auftreten der 2. Reizantwort (T2) einer 10%igen, und das Auftreten der 4. Antwort (T4) einer 25%igen Er- holung der ersten Reizantwort (T1) ent- spricht. Die 25%ige neuromuskuläre Erholung gilt als Ende der chirurgisch nutzbaren Relaxation und somit als möglicher Zeitpunkt zur Nachrelaxa- tion bzw. sicheren Antagonisierung [1, 6]. Nachfolgende Untersuchungen stell- ten diese Regel jedoch in Frage, da die Erholung von T1 bei Wiederauftritt von T4 von 13% bis 41% streute [3, 7, 8]. Eine mögliche Dosisabhängigkeit des Ver- fahrens ist bis heute ebenfalls nicht ge- klärt. In der vorliegenden Untersuchung wurde die von Lee [4] formulierte Regel nachgeprüft sowie das Zeitintervall Der Anaesthesist 8·99 | 519 Originalien Anaesthesist 1999 · 48:519–522 © Springer-Verlag 1999 Zusammenfassung Fragestellung: Die Bewertung einer nicht depolarisierenden neuromuskulären Blocka- de mit Hilfe des Train-of-Four-count (TOF- count) hat im Vergleich zu mechanomyogra- phischen Messungen große Abweichungen ergeben. Die vorliegende Untersuchung soll die Bedeutung dieser Abweichungen für das Erfassen der 25%igen neuromuskulären Er- holung prüfen. Hierzu wurden die Zeitinter- valle zwischen der mittels TOF-count vermu- teten und der gemessenen 25%igen Erho- lung bestimmt sowie ein 95%-Vertrauens- bereich berechnet. Methodik: 89 Patienten aufgeteilt in 6 Do- sisgruppen erhielten während Propo- fol/Fentanyl-Anästhesie randomisiert eine Einzeldosis Atracurium (150, 200, 250 300, 450 bzw. 600 μg/kg). Die neuromuskuläre Übertragung wurde mit Hilfe der evozierten Kontraktionskraft des M. adductor pollicis nach transkutaner TOF-Stimulation des N. ulnaris überwacht. Die Höhe der ersten Reiz- antwort (T1) prozentual zum Kontrollwert vor Relaxansgabe wurde bei Auftreten der zweiten und vierten Reizantwort (T2 bzw. T4) erfaßt. Ebenso wurden die Zeitintervalle zwischen der 25%igen Erholung von T1 und dem Wiederauftreten von T4 gemessen. Ergebnisse: Die Höhe von T1 betrug bei Wie- derauftreten von T2 und T4 11±2% bzw. 24±6% des Kontrollwerts, ohne Unterschie- de zwischen den Gruppen. Innerhalb der 95%-Vertrauensbereiche lag T1 bei Wieder- auftreten von T4 zwischen 14 und 33%. Die 25%ige Erholung erfolgte 5 min vor bis 3 min nach dem Wiederauftreten von T4. Schlußfolgerung: Unsere Daten zeigen, daß ein TOF-count von 4 die 25%ige neuromus- kuläre Erholung während der Relaxation mit Dr. J. Krombach Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Universität zu Köln, Joseph-Stelzmann-Straße 9, D-50924 Köln& / f n - b l o c k : & b d y : Atracurium nur um 3 bis 5 min verfehlt. Die- se Fehlerbreite sehen wir als klinisch unbe- deutend an. Der TOF-count ist darüber hin- aus dosisunabhängig anwendbar. Schlüsselwörter Neuromuskuläres Monitoring · TOF-count · Atracurium Redaktion R. Larsen, Homburg/Saar

Zuverlässigkeit und Dosisabhängigkeit des Train-of-Four count

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J. Krombach1 · N. Krieg2 · C. Diefenbach1 · 1Klinik für Anästhesiologie und operative

Intensivmedizin der Universität zu Köln · 2Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin

der Orthopädischen Universitätsklinik Frankfurt am Main (Stiftung Friedrichsheim)

Zuverlässigkeit undDosisabhängigkeit desTrain-of-Four count

zwischen der gemessenen 25%igenneuromuskulären Erholung und demWiederauftreten von T4 bestimmt. Die-ses Zeitintervall ermöglicht eine Ein-schätzung der klinischen Bedeutungder erwähnten Streubreiten. Zusätzlichwurde die Dosisabhängigkeit des TOF-count geprüft.

Methodik

Das Protokoll der Studie wurde von derEthikkommission der OrthopädischenUniversitätsklinik Frankfurt (StiftungFriedrichsheim) akzeptiert. Alle Patien-ten gaben ihre schriftliche Zustimmungzur Teilnahme an der Untersuchung. DieStudie wurde an 89 Patienten im Alterzwischen 18 und 65 Jahren durchgeführt,die sich elektiven orthopädischen Ein-griffen unterzogen. Als weitere Ein-schlußkriterien galten die ASA-Einstu-fung I–II und ein Körpergewicht im Be-reich Sollgewicht nach Broca ±10%.Aus-schlußkriterien waren anamnestische,klinische oder laborchemische Hinweiseauf eine Leber-, Nieren- oder neuromus-kuläre Erkrankung sowie die Einnahmevon Medikamenten,die die Wirkung vonMuskelrelaxanzien beeinflussen kön-nen. Etwa 45 min nach oraler Prämedi-kation mit 1 bis 2 mg Flunitrazepamwurde die Narkose mit Fentanyl (0,1 bis0,2 mg) und Propofol (1,5 bis 2,5 mg/kgKg) eingeleitet. Während der Maskenbe-

Eine partielle nicht depolarisierendeneuromuskuläre Blockade kann mitHilfe der Anzahl der beantwortetenReize nach einer TOF-Stimulationsemiquantitativ eingeschätzt werden(TOF-count). Lee [4] formulierte 1975die bis heute akzeptierte Regel, nachder das Auftreten der 2. Reizantwort(T2) einer 10%igen, und das Auftretender 4. Antwort (T4) einer 25%igen Er-holung der ersten Reizantwort (T1) ent-spricht. Die 25%ige neuromuskuläreErholung gilt als Ende der chirurgischnutzbaren Relaxation und somit alsmöglicher Zeitpunkt zur Nachrelaxa-tion bzw. sicheren Antagonisierung [1,6]. Nachfolgende Untersuchungen stell-ten diese Regel jedoch in Frage, da dieErholung von T1 bei Wiederauftritt vonT4 von 13% bis 41% streute [3, 7, 8]. Einemögliche Dosisabhängigkeit des Ver-fahrens ist bis heute ebenfalls nicht ge-klärt.

In der vorliegenden Untersuchungwurde die von Lee [4] formulierte Regelnachgeprüft sowie das Zeitintervall

Der Anaesthesist 8·99 | 519

OriginalienAnaesthesist1999 · 48:519–522 © Springer-Verlag 1999

Zusammenfassung

Fragestellung: Die Bewertung einer nicht

depolarisierenden neuromuskulären Blocka-

de mit Hilfe des Train-of-Four-count (TOF-

count) hat im Vergleich zu mechanomyogra-

phischen Messungen große Abweichungen

ergeben. Die vorliegende Untersuchung soll

die Bedeutung dieser Abweichungen für das

Erfassen der 25%igen neuromuskulären Er-

holung prüfen. Hierzu wurden die Zeitinter-

valle zwischen der mittels TOF-count vermu-

teten und der gemessenen 25%igen Erho-

lung bestimmt sowie ein 95%-Vertrauens-

bereich berechnet.

Methodik: 89 Patienten aufgeteilt in 6 Do-

sisgruppen erhielten während Propo-

fol/Fentanyl-Anästhesie randomisiert eine

Einzeldosis Atracurium (150, 200, 250 300,

450 bzw. 600 µg/kg). Die neuromuskuläre

Übertragung wurde mit Hilfe der evozierten

Kontraktionskraft des M. adductor pollicis

nach transkutaner TOF-Stimulation des N.

ulnaris überwacht. Die Höhe der ersten Reiz-

antwort (T1) prozentual zum Kontrollwert

vor Relaxansgabe wurde bei Auftreten der

zweiten und vierten Reizantwort (T2 bzw.

T4) erfaßt. Ebenso wurden die Zeitintervalle

zwischen der 25%igen Erholung von T1 und

dem Wiederauftreten von T4 gemessen.

Ergebnisse: Die Höhe von T1 betrug bei Wie-

derauftreten von T2 und T4 11±2% bzw.

24±6% des Kontrollwerts, ohne Unterschie-

de zwischen den Gruppen. Innerhalb der

95%-Vertrauensbereiche lag T1 bei Wieder-

auftreten von T4 zwischen 14 und 33%. Die

25%ige Erholung erfolgte 5 min vor bis

3 min nach dem Wiederauftreten von T4.

Schlußfolgerung: Unsere Daten zeigen, daß

ein TOF-count von 4 die 25%ige neuromus-

kuläre Erholung während der Relaxation mit

Dr. J. KrombachKlinik für Anästhesiologie und operative

Intensivmedizin der Universität zu Köln,

Joseph-Stelzmann-Straße 9, D-50924 Köln&/fn-block:&bdy:

Atracurium nur um 3 bis 5 min verfehlt. Die-

se Fehlerbreite sehen wir als klinisch unbe-

deutend an. Der TOF-count ist darüber hin-

aus dosisunabhängig anwendbar.

Schlüsselwörter

Neuromuskuläres Monitoring · TOF-count ·

Atracurium

RedaktionR. Larsen, Homburg/Saar

J. Krombach · N. Krieg · C. Diefenbach

Accuracy and dose dependencyof the train-of-four count

Abstract

The estimation of a nondepolarizing neuro-

muscular block using the train-of-four (TOF)

count shows wide differences compared to

the mechanomyographic measurement.The

purpose of this study was to evaluate the

clinical significance of these differences.

Methods: 89 patients (ASA I–II) in 6 groups

received general anesthesia with fentanyl,

propofol and a single dose atracurium (150,

200, 250, 300, 450 and 600 µg/kg). Neuro-

muscular transmission was monitored by sti-

mulation of the ulnar nerve at the wrist with

supramaximal TOF stimuli repeated every

15 s using a peripheral nerve stimulator.The

isometric force contraction of the m. adduc-

tor pollicis was recorded.The height of T1 at

reappearance of the second (T2) and fourth

(T4) twitch was noted. Also noted was the

time difference between the first reappear-

ance of T4 and the 25% recovery of T1. Statis-

tical significance of the results was calculat-

ed by the h-test of Kruskal and Wallis.Testing

the reliability of the TOF count, a 95% inter-

val of confidence was calculated.

Results: There were no significant dif-

ferences between the mean ages, heights

and weights of the six groups.T2 and T4 re-

appeared at 11±2% and 24±6% recovery of

T1, respectively. Again, there were no signifi-

cant differences between the six dose groups

(Fig. 1).The time difference between the re-

appearance of T4 and the 25% recovery was

–1.0±2 (range: –5–3) minutes.The calcula-

tion of a 95% interval of confidence indica-

ted a recovery between 14% and 33% at rea-

ppearance of T4, 25% recovery can be ex-

pected 5 min before to 3 min after reappear-

ance of T4, respectively.

Conclusions: At reappearance of T4, a recov-

ery of neuromuscular block of 25% is missed

only by 3 to 5 min during relaxation with

atracurium.We consider this margin of error

as unimportant for clinical use. More-over we

were able to show that the TOF-count is not

dose dependent.

Key words

Train-of-four count · Neuromuscular

monitoring · Atracurium

gruppen“ mit dem nicht-parametri-schen H-Test (Kruskal und Wallis) mo-difiziert nach Dunn und Holm unter-sucht. Im Falle der abzulehnendenNull-Hypothese (p>0,05), wäre die Do-sisunabhängigkeit der getesteten Datenaufgezeigt. Zur Klärung der Verläßlich-keit des TOF-Count berechneten wirauf der Basis der Werte für T1[T4] den95%-Vertrauensbereich. Analog ver-fuhren wir mit dem Intervall [25%-T4].Alle berechneten Daten sind als arith-metische Mittelwerte mit der einfachenStandardabweichung angegeben.

Ergebnisse

Das Lebensalter der Patienten betrug38±15 Jahre, das Körpergewicht 72±12 kg

atmung wurde mit der transkutanen su-pramaximalen Stimulation des N. ulna-ris über dem Handgelenk mittels einesNeurostim T4-Nervenstimulators be-gonnen und die isometrische Kontrakti-onskraft des M. adduktor pollicis auf ei-nen Einkanalmeßschreiber (Fa. HugoSachs Typ 359A) übertragen [2]. Vor In-jektion des Relaxans wurde über 10 mindie Stabilisierung des Meßsignal abge-wartet. Anschließend erhielten die Pati-enten randomisiert entweder 150, 200,250, 300, 450 oder 600 µg/kg Atracuriumals intravenöse Bolusinjektion. Nach5 min erfolgte die orotracheale Intubati-on.Die Narkose wurde mit kontrollierterNormoventilation (4,3–4,5 endexspirat.Vol.-% CO2) eines Lachgas-Sauerstoff-Gasgemischs (2:1) und bedarfsweisenInjektionen von Propofol und Fentanylaufrechterhalten.

Die neuromuskuläre Blockade wur-de kontinuierlich bis zur vollständigenErholung von T1 (10 min gleich großeReizantworten) registriert. Aus den Re-laxogrammen wurden folgende Größenabgelesen: 1.) Höhe von T1 in % desKontrollwerts bei Wiederauftreten vonT2 (T1[T2]) bzw. T4 (T1[T4]). 2.) Zeitin-tervalle zwischen der gemessenen25%igen Erholung von T1 und demWiederauftreten von T4 (Intervall[25%-T4]). 3.) Höhe von T1 nach voll-ständigem Abklingen der neuromusku-lären Blockade.

Die Werte wurden auf statistisch si-gnifikante Unterschiede zwischen denDosisgruppen untersucht. Hierzu wur-de die Null-Hypothese: „korrespondie-rende Ergebnisse der Relaxometrie un-terscheiden sich zwischen den Dosis-

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Anaesthesist1999 · 48:519–522 © Springer-Verlag 1999

Tabelle 1

Erholungsgrad von T1 bei Wiederauftreten von T2 (T1[T2]) bzw. vonT4 (T1[T4]) sowie Zeitintervall zwischen der gemessenen 25%igenErholung und dem Wiederauftreten von T4 (Intervall [25%-T4])in Abhängigkeit von der Atracuriumdosis. Die Unterschiede zwischenden Dosisgruppen sind nicht signifikant

Dosis T1[T2] T1[T4] Intervall [25%-T4] n(µg/kg) % % min

150 11±4 26±7 0,1±3 9200 10±2 23±6 –1,5±2 14250 11±3 24±6 –0,9±2 16300 11±3 24±6 –0,7±2 17450 11±3 22±6 –1,4±2 17600 11±3 23±5 –1,0±2 16alle 11±3 24±6 –1,0±2 89

Abb. 1 m Neuromuskuläre Erholung von T1 beiWiederauftreten von T4 (T1[T4]) nach der Injek-tion verschiedener Dosierungen von Atracu-rium (n=89). Es gibt keine signifikanten Unter-schiede zwischen den einzelnen Dosisgruppen(p>0,05)

und die Körpergröße 173±9 cm.Bei 11 Pa-tienten der Dosisgruppen 150 und200 µg/kg KG war T1[T2] nicht zu erfas-sen, da die T2-Antwort aufgrund gerin-ger Blockadetiefe erhalten geblieben war.Die Ergebnisse für T1[T2] bzw. T1[T4] sindin der Tabelle 1 zusammengefaßt. DieHöhe von T1 betrug nach vollständigemAbklingen der Muskelrelaxation 95±8%des Kontrollwerts. Signifikante Unter-schiede zwischen den Dosisgruppen fan-den sich weder bei den biometrischen,noch bei den relaxometrischen Daten.

Die Zusammenfassung aller Dosis-gruppen ergab ein Auftreten von T2 beiT1=11±3% des Kontrollwerts (Tabelle 1).Der Wiederauftritt von T4 entsprach ei-ner Erholung von T1=24±6%. Der Zeit-abstand zwischen dem Auftreten vonT4 und dem Erreichen der 25% Erho-lung betrug –1,0±2 min, d.h. die 25%igeErholung wurde im Mittel 1 min vorAuftreten von T4 erreicht.

Die Berechnung der 95%-Vertrau-ensbereiche ergab, daß die neuromus-kuläre Erholung bei Auftreten von T414% bis 33% beträgt. Der Vertrauensbe-reich für den zeitlichen Ablauf zeigte,daß die 25%ige neuromuskuläre Erho-lung 5 min vor bis 3 min nach dem Auf-treten von T4 erreicht wird (Abb. 2).

Diskussion

Die 25%ige neuromuskuläre Erholunggilt als Ende der chirurgisch nutzbaren

In einer zweiten Studie untersuch-ten O’Hara et al. [8] den TOF-countnach Relaxierung mit Vecuroniumwährend Ethrane- und Neuroleptan-ästhesie, nun mit visueller Erfassungder Muskelantwort. Das Auftreten vonT2 wurde zwischen 16 und 19% Erho-lung und das Auftreten von T4 zwi-schen 30 und 41% Erholung beobachtet.Eine Beeinflussung des TOF-countdurch das Narkoseverfahren wurdenicht festgestellt. Die unterschiedlichenErgebnisse ihrer beiden Untersuchun-gen erklärten O’Hara et al. mit einerunterschiedlichen Sensibilität von tak-tiler und visueller Erfassung der Reiz-antwort. Gibson et al. [3] ermittelten bei70 Patienten nach Gabe von Atracuri-um, Vecuronium, Pancuronium und d-Tubocurarin eine neuromuskuläre Er-holung von T1 bei Wiederauftritt vonT2 zwischen 11% und 16% und bei Wie-derauftritt von T4 zwischen 22% und33% ohne signifikante Unterschiedezwischen den Muskelrelaxanzien.

Da Gibson et al. wie O’Hara et al.die Unabhängigkeit der TOF-count-Anwendung von dem verwendetenMuskelrelaxans und Narkoseverfahrennachgewiesen haben, beschränkten wiruns in dieser Studie zur Validierung desTOF-count auf Bolusinjektionen einesMuskelrelaxans mit einheitlichem Nar-koseverfahren. Die Aufteilung in 6 ver-schiedene Dosisgruppen sollte die Do-sisunabhängigkeit der Methode nach-weisen.

Im Gegensatz zu den genanntenUntersuchungen, in denen der neuro-muskuläre Erholungsgrad von T1 beimWiederauftreten der T2 und T4-Reiz-antworten erfaßt wurde, wird in unse-rer Arbeit durch die Bestimmung desZeitintervalls zwischen 25%iger Erho-lung und dem Wiederauftreten von T4die klinische Bedeutung der Streubrei-ten sichtbar. Dabei beschränkten wiruns auf die Untersuchung der klinischrelevanten 25%igen neuromuskulärenErholung.

Unser Ergebnis bestätigt nachMaßgabe der Mittelwerte die von Lee[4] beschriebene 25%ige neuromusku-läre Erholung bei Wiederauftreten vonT4. Dabei konnten wir zeigen, daß imEinzelfall der Erholungsgrad zwischen12% und 38% liegen kann.

Innerhalb des von uns berechneten95% Vertrauensbereichs finden sichfast alle Resultate der zitierten Publika-

Relaxation und somit als möglicherZeitpunkt zur Nachrelaxation bzw. si-cheren Antagonisierung [1, 6]. Insoweitist die Erfassung dieses Erholungsgradsmit einfachen Mitteln wie dem TOF-count von klinischem Interesse. Lee [4]definierte in einer Untersuchung an 34Patienten unter Halothannarkose mitd-Tubocurarinrelaxierung erstmaligdie oben beschriebene Regel des TOF-count, ohne dabei genaues Zahlenmate-rial zu deren Herleitung anzugeben.Darüber hinaus hatten einige Patientenvor der Relaxierung mit d-TubocurarinSuccinylcholin erhalten, andere Patien-ten Cholinesterasehemmer zur Antago-nisierung der Restrelaxation. Eine Be-einflussung der TOF-Reizantwort istdurch diese uneinheitliche Methodiknicht auszuschließen.

In einer Studie mit Atracurium,Vecuronium und d-Tubocurarin be-obachteten O’Hara et al. [7] bei taktilerErfassung der Reizantwort das Wie-derauftreten von T2 ähnlich wie Leebei einer 5 bis 7%igen neuromusku-lären Erholung von T1, das Auftretenvon T4 jedoch schon bei etwa 13%Erholung. Es bestanden keine signi-fikanten Unterschiede zwischen denuntersuchten Muskelrelaxanzien (n je10). O’Hara et al. erklärten ihre ab-weichenden Ergebnisse zu Lee miteiner unterschiedlichen Beeinflussungdes TOF-count durch verschiedeneAnästhetika.

Der Anaesthesist 8·99 | 521

Abb. 2 m Streubreite des TOF-count: Bei Wiederauftreten von T4 liegt die Höhe der T1-Antwortzwischen 14 und 38% des Kontrollwertes (Abszisse). Andererseits beträgt das Zeitintervall zwischendem Wiederauftreten von T4 und der gemessenen 25%igen Erholung (Intervall [25%-T4]) –5 bis4 min; d.h. neuromuskuläre Erholung von 25% wird 5 min vor bis 4 min nach dem Wiederauftretenvon T4 erreicht (Ordinate). Die 95%-Vertrauensbereiche sind als Balken eingezeichnet

tionen von Lee, Gibson et al. undO’Hara et al.. Somit sind die unter-schiedlichen Ergebnisse der einzelnenStudien möglicherweise nur als Streu-ungsphänome anzusehen.

Der ermittelte Vertrauensbereichgilt strenggenommen nur für Atracuri-um. Es ist aber anzunehmen, daß ande-re Relaxanzien, deren Ermüdungsphä-nomen sich nach TOF-Stimulationnicht signifikant von dem von Atracuri-um unterscheidet (z.B. Cisatracurium,Rocuronium und Vecuronium) [6],auch ähnliche Intervalle besitzen. Dar-über hinaus konnten wir nachweisen,daß über einen Dosisbereich von 150bis 600 µg/kg die injizierte Dosis vonAtracurium keinen Einfluß auf den Zu-sammenhang zwischen dem Auftretenvon T2 bzw. T4 und dem Grad der neu-romuskulären Erholung hat (p>0,05).

Unsere Daten bestätigen also dievon Lee beschriebene Regel des TOF-count und dessen dosisunabhängigeAnwendung. Die von uns gezeigtezeitliche Abweichung zwischen der25%igen neuromuskulären Erholungund dem TOF-count von vier beträgtnur wenige Minuten und beschränktdie Aussagefähigkeit dieser Regel nicht.

Fazit für die klinische Praxis

Lee formulierte 1975 die bis heute akzep-tierte Regel, daß das Auftreten der 4. Ant-wort nach TOF-Stimulation einer 25%igenErholung der ersten Reizantwort (T1) unddamit dem Ende der chirurgisch nutzbarenRelaxation entspricht. Diese Regel wurdein der vorliegenden Studie nachgeprüftsowie das Zeitintervall zwischen der ge-messenen 25%igen neuromuskulären Er-holung und dem Wiederauftreten von T4bestimmt. Es zeigte sich, daß beim Wieder-auftreten von T4 der Erholungsgrad imEinzelfall zwischen 12% und 38% lag.Die zeitliche Abweichung zwischen der25%igen neuromuskulären Erholung unddem TOF-count betrug jedoch nur wenigeMinuten.

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Reappearance of the train-of-four afterneuromuscular blockade induced withtubocurarine, vecuronium or atracurium.Br J Anaesth 58: 1296–1299

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Comparison of visual and measured train-of-four recovery after vecuronium-induced neuromuscular blockade usingtwo anaesthetic techniques. Br J Anaesth

58: 1300–1302

| Der Anaesthesist 8·99522

Hrsg.: V. Hingst, H.-G. Sonntag Hygienemaßnahmen in Krankenhaus und Praxis

Stuttgart: WVG, 1997. 342 S., 6 Abb., 19 Tab.,(ISBN 3-8047-1460-9), kart., DM 38,–

Das kleine Taschenbuch ist als Ratgeber für Ärzte

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schwierigen Hygieneproblemen beschäftigt, ab-

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sprochen. Dazu gehört natürlich eine Übersicht

über die mikrobiologische Diagnostik bei ver-

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die Prävention von Krankenhausinfektionen, ins-

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P. Lemburg (Düsseldorf)

Buchbesprechung