Zwillings- und Drillingsgeburten bei Schafen. Von

Chr. Wriedt, Ski, Norwegen.

Unter den meisten Wirtschaftsverhaltnissen ist es zweifellos ein Vor- teil, daB das Schaf Zwillinge gebart.

Unser Wissen von dern Verhaltnis der Zwillinpsgeburten bei Schafen ist nicht erschopfend, aber es gibt nun so viele Untersuchungen daruber, dal3 ein Sammel-Referat verschiedene Winke wiirde geben konnen, die fur die Praxis von Bedeutung sind.

Die erste Prage, ist die, ob das Alter des Schafes eine Bedeutung fur die Zwillingsgeburt hat. Es liegen nun drei Untersuchungen uber diese Fragen vor und das gesammelte Material urnfafit 14 071 Geburten.

Die erste grol3ere Untersuchung dieser Prage ist vom Verfasser im Jahre 1917 vorgenommen worden und umfal3t insgesamt 3009 Geburten. Das Material, das benutzt wurde, sind die Schafe des staatlichen Schafzucht- hofes Hodne; das Resultat war, da13 die Anzahl der Zwillingsgeburten stieg, bis die Schafe beim Lamrnen 5 Jahre alt waren. I m Jahre 1920 wurde eine Untersuchung von J o n e s und Rouse veroffentlicht und jhre Daten zeigten genau dasselbe Resultat bis die Schafe 6 Jahre alt waren. Sie geben nicht an, welche Schafrassen sie untersucht haben, doch sind es wahrscheinlich Schafe der groBeren englischen Rassen.

In ihren Untersuchungen zeigt sich, was die Zahl der Zwillings- geburten in dem jungeren Alter der Schafe anlangt, im Verhaltnis zu den Ergebnissen von Hodne ein wesentlicher Unterschied, da in Hodne 183 Zwillinge auf 1000 Geburten fur zweijahrige Schafe fielen, wahrend die entsprechende Zahl bei J o n e s und Rouse 443 ist

Fur 3jahrige Schafe sind die entsprechenden Zahlen 360 und 549, fur 4jahrige Schafe sind sie 485 beziehungsweise 610 und fur 5jahrige 588 und 645.

Die Schafe, die J o n e s und Rouse untersucht haben, scheinen im jungen Alter bedeutend fruchtbarer als die Schafe in Hodne gewesen zu sein, da der Unterschied zwischen den Zahlen pro 1000 Geburten fiir die 2jahrigen Schafe 250 ist, wahrend er fiir die 5jlhrigen nur 60 betragt.

5*

68 Wriedt :

Im Jahre 1921 veroffentlichte der Amerikaner Rober t s eine Unter- suchung uber Zwillingsgeburten bei Shropshireschafen. Sie umfaljt ins- gesamt 9868 Schafe und bestatigt das Ergebnis friiherer Untersuchungen, d d die Anzahl der Zwillingsgeburten steigt, bis das Schaf 5 Jahre alt ist. Aul3erdem hat er mit Hilfe seines groljen Materials konstatiert, daB sich die Anzahl der Zwillingsgeburten vom 5. bis zum 8. Lebensjahre des Schafes ganz g!eichmal3ig halt.

Tabe l l e I iiber die Anzahl von Zwillings- und Drillingslammern pro 1000 Geburten

bei Schafen in verschiedenem Alter laut durchgefuhrter Unter- suchungen an:

1. Hodne Schafzuchthof (durch C h r. Wr iedt). 2. Wisconsin Universitiit (durch J o n e s und Rouse). 3. Shropshireschafen in dem amerikanischen Stiimmbuch (durch

Roberts).

1. Hodne Schafzuchthof

___.

m 4 s 54 -

1 2 3 4 5 6

a 9

10 11 12 13 14 15 16 20 3

Bumme

7 '1

-

?. Wisconsin Universitiit 3. Shropshmeschafe im

amerik. Gtammbnch (durch Roberh)

379 2299 2025 1762 1256 942 506 405 157 96 23 3 4 1 4 5 1

9868 -

k z g 24 g : a - 4 - a -

230 332 361 414 430 460 431 445 370 615 391

0 500

0 250 800

0 -

l) Fiir Hodne umfal3t diese Gruppe 7jahrige und altere Schafe. a) Dies mu13 ein Irrtnm sein (in der OriginaltabeIle angefiihrt).

Zwillings- und DriIlingsgeburten bei Schafen. 69

Abb. 1. Graphischu Darstellung der Anzahl Zwill~ngsliirnmar pro 1000 Gebnrten in den drei TTntersarhnngen.

Vergleichen wir das Fruchtbarkeitsverhaltnis fur das verschiedene Alter in den Daten von Rober t s und die Zahlen von Hodne, so zeigt es sich, da5 die Shropshireschafe als 2 jahrige 149 Zwillingsgeburten pro 1000 mehr gegeben haben als die Cheviotschafe in Hodne.

Als 3 jahrige stehen die Cheviotschaie und die Shropshireschafe gleich und als 4 jahrige haben die Cheviotschafe die Shropshireschafe ubertroffen, indem sie 7 1 Zwillingsgeburten pro 1000 mehr a h die letztgenannten ge- geben haben. Als 5jHhrige ist der Unterschied noch groSer, indem das Cheviotschaf 585 Zwillinge pro 1000 Geburten gegeben hat, wahrend das Shropshireschaf nur 430 brachte.

Beide Vergleiche zeigen, da13 das Cheviotschaf in Hodne weniger Zwillingsgeburten in jungem Alter als die friiher entwickelten englischen Schafrassen hat, da man voraussetzen mu5, daB die Ernahrungsverhiilt- nisse fur die verschiedenen Altersklassen desselben Ortes gloich gut sind.

Drs VerhZlltnis zwischen dem Alter des Widders und der Anzahl der Zwillingsgeburten.

Nach unserer gegenwartigen Kenntnis der Befruchtung besteht nur geringe Moglichkeit, da13 der Vater einen Einflu5 auf Zahl der Nachkommen einer Geburt hat. Es ist teilweise behauptet worden, da5 junge Widder weniger Zwillinge als die alten zeugen sollten. Diese Behauptung konnte durch Rober t s Untersuchungen nicht bestatigt werden, denn die 1 jahrigen Widder haben 404 Zwillinge pro 1000 Geburten gegeben und der Durch- schnitt fur samtliche Widder ist 382.

70 W r i e d t :

Heape (Englander) hatte Mitteilungen von Schafhirten erhalten, da13 die meisten Zwillingslammer zeitig in der Saison fielen.

R o b e r t s hat dieses Verhaltnis untersucht und er fand, daB bei 3790 Geburten im Januar, Februar und Xarz 423 Zwillingslammer pro 1000 Geburten fielen, wahrend bei 4617 Geburten im April, Mai und Juni nur 361 Zwillingslammer pro 1000 Geburten vorkamen. Diese Resul- tate gelten fur Shropshireschafe.

Urn dieses Resultat zu kontrollieren, untersuchte er das Verhaltnis bei Dorsetschafen, die im Fruhling und Herbst lammen. Es zeigte sich hier, daB bedeutend mehr Zwillinge auf die Monate Pebruar. Marz, April und Mai fielen als auf die Monate September, Oktober, November, Dezember und Januar. Dies zeigt ein deutliches Nichtubereinstimmen zwischen den zwei Rassen. Dieser Unterschied kann sowohl verschiedenem Phiinotypus zugeschrieben merden als auch den Ernahrungsverhaltnissen, die f i i r beide Rassen verschieden sind.

Die Vererbung der Zwillings- und Drillingsgeburten. Rie tz und Rober t s haben nachgewiesen, daB Schafe, die in

Zwillingsmurfen geboren sind, haufiger Zwillinge gebaren, als Schafe, die im Einzelwurf geboren sind. Sie fanden, daB, wenn die Mutter in Einzel- wurfen geboren waren, die Durchschnittszahl ,der Lammer pro 1000 Ge- burten 1359 war. Wenn die Mutter in Zmillingswiirfen geboren waren, war die Zahl der Ummer 1441 untl wenn die Miitter in Drillingswurfen geboren waren 1538.

Ihr Material umfaBte 1053'2 Geburten und sie durften den Beweis erbracht haben, da13 die Anlage fur Zwillingsgeburt erblich ist. Das verfugbare Material machte ihnen eine Untersuchunp des Verhaltoisses der Zwillingsgeburten bei den Miittern der Schafe wahrend ihrer Lebzeit nicht moglich.

Bei dem Ifaterial, das ich im Jahre 1'317 untersuchte, war eine solche Untersuchung rnoglich. Ich nahm eine Zahlung der Lammzahl der Schafe pro Jahr im Verhaltnis zur Lammzahl ror, die ihre Miitter pro Jahr in ihrer Lebenszeit gebracht hatten.

Es zeigte sich hier, daB die Schafe, die die grol3te Anzahl Lammer pro 1000 Geburten gebracht hatten, Mutter hatten, die auch eine groBe Anzahl von Lammern pro 1000 Geburten gaben.

Wenn die Mutter durchschnittlich Eaben die Tdchter durchschnittlich folgende Anzahl Liimrner pro Jahr hatten: folgende dazahl pro Jahr gegeben:

1 Lamm 1,30 LImmer 1,l- 1,s Lammer 1736 9 ,

1,4-1,6 ,, 1,43 1,

1,7-1,9 ,. 1954 ,l

2 und dariiber Lammer 1,72 9 ,

Zwilliogs- und Drillingsgeburten bei Schafen. 71

____ -~

2 jahriges Schaf

Anxa!ilLimrner ___ -

Die Steigerung in dieser Tabelle ist auffallend gleichmaljig und wir konnen danach sicher sein, daB die Anlage fur Zwillingsgeburten bei Schafen erblich ist.

Wie wir friiher gesehen haben , sind Zwillingsgeburten seltener bei jungen Schafen als bei erwachsenen. Es lag deshalb nahe, zu untersuchen, ob Nachkommen von Muttern, die im jungeren Alter Zwillinge geboren hatten, fruchtbarer waren als Nachkommen von Niittern, die erst im spateren Alter Zwillinge geboren hatten. Das Resultat dieser Untersuchung kann Bus untenstehender Tabelie I1 ersehen werden.

Bus ihr geht hervor, daB Schafe mit Niittern, die Zwillinge im zweiten und dritten Jahr geboren haben, die meisten Lammer sowohl als 2-, 3-, 4-, 5jahrige wie als altere gebracht haben. Dagegen sehen wir, daB Tijchter der Schafe. die Zwillinge im zweiten, aber nicht im dritten Jahre geboren haben, als Nummer 2 in der Klasse der 2 jahrigen als Nr. 4 in jener der 5jahrigen und am niedrigsten von allen in der Klasse der 3- und 4jahrigen stehen.

Dies scheint darauf hinzudeuten, daB die Schafe, die Zwillinge als 2 jahrige, aber nicht als 3 jahrige geboren haben, nicht dieselbe Anlage zur Fruchtbarkeit haben, wie Schafe, die Zwillinge als '2jahrige und als 3 jahrige geboren haben. Die Anzahl der Lammgeburten bei Tochtern der erstgenannten Schafe ist indessen nicht so grol3, da8 man daraus einen absolut sicheren SchluB ziehen kaun.

.-

3 jabriges Schaf 4 jahriges Schaf

Anzahl Lammer AnzahlLammer .__________~__

Tabe l l e 11. Anzahl der Lammer bei Schafen verschiedener Altersklassen im Verhaltnis

zum Alter ihrer Mutter bei der ersten Zwillingsgeburt.

pro 8 2 Geburt 2 3 1. (2.13. gz 47125 0 1350

16 7 0 1304 114131 1 1230 105 31 0 1230 66 10 0 1140 46 1 0 1020

53,13 0 1200

(Jliitter, die 5 Jahre

pro 1 gf Geburt 1.12.13.I 2 % at3

29 27 0 1480

14 3 0 1176 76 53 0 1411 67 50 0 1430 37 29 0 1440 31 10 0 1240

38 20 0 1340

Mutter gebaren Zwillinge

als :

10

10 52 46 33 19

20

2jahrige und 3jahrige . Zjahrige, aber nicht als

3jahrige . . . . . l.mal 3jahrige . . . 1.mal 4jahrige . . . 1.mal 5jahrige . . . 1. ma1 6 jahrige oder alter nicht geborenesZmillings-

oder Drillingslamrn

32 2 1820

7 0 1411 63 2 1570 57 2 1590 24 0 1420 19 0 1500

24 0 1540

oder alter geworden sind, ohne Zwillinge geboren zu

13

45 29 33

24

23 4

9 1 5 0 6 7 8 4 0

9E 1 45 1 36 0

38 0

5- und meltr- jahriges Schaf

AnzahlLammer

1780

1625 1560 1680 1630 1520

1610

72 W r iedt : Zwillings- und Drillingsgeburten bei Schafen.

Die Tochter der Schafe, die das erstemal Zwillinge im Alter von 3 Jahren geboren haben, stehen auch nicht gut, da sie als ‘Ljahriqe Nr. 3, als 3jahrige Nr. 5, als 5- oder mehrjahrige Nr. 6 sind.

Die Tochter der Schafe, die das erstemal Zwillinge im Alter von 4 Jahren geboren haben, stehen durchschnittlich etwas besser als die vor- hergehenden Klassen, aber der Unterschiod ist unbedeutend und deshalb kann kein besonderes Gewicht darauf gelegt werden.

Bei den 3 letzten Klassen mull man darauf achten, daS die Schafe, deren Mutter fiinf oder mehr Jahre alt geworden sind, ohne Zwillinge geboren EU haben, in jedem Jahrgang eine groBere Anzahl Larnmer pro 1000 Lammgeburten geworfen haben als die Schafe, deren Mutter das erstemal Zwillinge als 6- oder mehrjahrige geboren haben.

Das Resultat dieser Untersuchung ist: dall man durch Auswahl von Nachkommen nach Schafen, die Zwillinge als 2- und 3jahrige geboren haben, die fiuchtbarkeit beim Schaf betrachtlich steigern kann.

Literatnrverzeiehnis. J o n e s , S a r a h V. EL, and Rouse , J a m e s E.. 1920: The Relation of Age of Dam to

observed Fecundity in domesticated Animals. I. Multiple Births in Cattle and Sheep. Journal of Dairy Science.

R i e t z , H. L., and R o b e r t s , E., 1915: Degree of resemblance of Paronts and Offspring with Respect to Birth as Twins for registered Shropshire Sheep. Journal of Agn- cultural Research.

Rober t s , E.. 1921: Fertility in Shropshire Sheep. Journal of Agrkxltural Research. Vol. XXII, Nr. 4.

W r i e d t , C h r., 1917: Undersolielser over tvillingfodsler hos sau. LandbruksdireHGrens Brsberetning 1917, S. 143.

Vol. 111, S. 260.

Tol. IV, S. 479.