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3 Astrid Fischer Zwischen bestimmten und unbestimmten Zahlen - Zahl- und Variablenauffassungen von FfinftkUisslern Zusammenfassung In einer Unterrichtsreihe in Klasse 5 werden Schtilerinnen und Schtiler mit Moglichkeiten geomet- rischer Darstellung von arithmetischen Aufgaben bekannt gemacht. In diesem Kontext entwickelt sich bei der Beschafiigung mit strukturell gleichen arithmetischen Aufgaben bei vielen der Kinder ein Blick fUr die Gemeinsarnkeiten der Aufgaben. Bei Versuchen, diese zu erfassen und zu kom- munizieren, verwenden sie eine Reihe von verbalen, geometrischen und symbolischen Darstel- lungsmitteln, die auf Variablenkonzepte verweisen. In diesem Aufsatz werden solche Darstellun- gen klassifiziert. Zudem wird erortert, wie sie von den Kindem eingesetzt werden, urn arithmeti- sche Abhangigkeiten zu reprasentieren. Abstract In grade 5 students who have not yet been introduced to the algebraic sign system were shown ge- ometric ways of representing arithmetic problems. When these fifth graders deal with arithmetic problems of equal patterns, many realize common structures. In trying to grasp and communicate these they can use means of representations of different kinds: verbal, geometric, and symbolic. With some of their expressions they refer to ideas of variables. This article classifies such repre- sentations and considers ways in which the children use these representations in order do describe arithmetic relations. 1 Das Verhaltnis von Arithmetik und Algebra 1.1 Grundsatzliches In den vergangenen zwanzig Jahren wurde eine Reihe von wissenschaftlichen Aufsatzen und Buchem zur elementaren Algebra publiziert. Dazu gehOren zunachst empirische Un- tersuchungen, die Verstandnisdefizite von Schiilerinnen und Schiilem nachweisen. Ein klassisches Beispiel hierfUr ist Malle (1993), der aufzeigt, dass viele Akademiker mit ei- ner langjlihrigen algebraischen Schulung grundlegende Konzepte und Regeln im Um- gang mit der algebraischen Sprache nicht verstehen und nicht anwenden konnen. Solche Feststellungen regten eine Vielzahl von Sachanalysen an, die Unterschiede zwischen der Arithmetik, wie sie von Lemenden erlebt wird, und der Algebra suchen. Viele dieser Analysen zeigen auf, dass fUr einen sinnvollen Gebrauch der algebraischen Sprache ge- (JMD 30 (2009) H. 1, S. 3-29)

Zwischen bestimmten und unbestimmten Zahlen — Zahl- und Variablenauffassungen von Fünftklässlern

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Astrid Fischer

Zwischen bestimmten und unbestimmten Zahlen -Zahl- und Variablenauffassungen

von FfinftkUisslern

Zusammenfassung

In einer Unterrichtsreihe in Klasse 5 werden Schtilerinnen und Schtiler mit Moglichkeiten geomet­rischer Darstellung von arithmetischen Aufgaben bekannt gemacht. In diesem Kontext entwickelt sich bei der Beschafiigung mit strukturell gleichen arithmetischen Aufgaben bei vielen der Kinder ein Blick fUr die Gemeinsarnkeiten der Aufgaben. Bei Versuchen, diese zu erfassen und zu kom­munizieren, verwenden sie eine Reihe von verbal en, geometrischen und symbolischen Darstel­lungsmitteln, die auf Variablenkonzepte verweisen. In diesem Aufsatz werden solche Darstellun­gen klassifiziert. Zudem wird erortert, wie sie von den Kindem eingesetzt werden, urn arithmeti­sche Abhangigkeiten zu reprasentieren.

Abstract

In grade 5 students who have not yet been introduced to the algebraic sign system were shown ge­ometric ways of representing arithmetic problems. When these fifth graders deal with arithmetic problems of equal patterns, many realize common structures. In trying to grasp and communicate these they can use means of representations of different kinds: verbal, geometric, and symbolic. With some of their expressions they refer to ideas of variables. This article classifies such repre­sentations and considers ways in which the children use these representations in order do describe arithmetic relations.

1 Das Verhaltnis von Arithmetik und Algebra

1.1 Grundsatzliches

In den vergangenen zwanzig Jahren wurde eine Reihe von wissenschaftlichen Aufsatzen und Buchem zur elementaren Algebra publiziert. Dazu gehOren zunachst empirische Un­tersuchungen, die Verstandnisdefizite von Schiilerinnen und Schiilem nachweisen. Ein klassisches Beispiel hierfUr ist Malle (1993), der aufzeigt, dass viele Akademiker mit ei­ner langjlihrigen algebraischen Schulung grundlegende Konzepte und Regeln im Um­gang mit der algebraischen Sprache nicht verstehen und nicht anwenden konnen. Solche Feststellungen regten eine Vielzahl von Sachanalysen an, die Unterschiede zwischen der Arithmetik, wie sie von Lemenden erlebt wird, und der Algebra suchen. Viele dieser Analysen zeigen auf, dass fUr einen sinnvollen Gebrauch der algebraischen Sprache ge-

(JMD 30 (2009) H. 1, S. 3-29)

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geniiber arithmetisehen Kontexten zahlreiehe neue Konzepte und Siehtweehsel notwen­dig sind, welche hohe kognitive Anforderungen an Lernende stellen.!

Arithmetik und Algebra unterseheiden sieh zunaehst in ihrem Anliegen: wahrend Kinder im Arithmetikunterrieht zumeist eine numerische Losung einer Reehenaufgabe geben sollen, interessiert man sieh in der Algebra fUr gemeinsame Strukturen versehie­dener Terme und sueht Besehreibungen oder Losungsstrategien, die eine Vielzahl von Situationen zugleieh erfassen. Diese untersehiedliehe Zielriehtung wirkt sieh in unter­sehiedliehen Umgangsformen mit dem formalen Zeiehensystem aus, das Arithmetik und Algebra an sieh gemeinsam ist - in dem Sinne, dass unser arithmetisehes Darstellungs­system ein Teil des algebraisehen ist.

1.2 Gemeinsame Zeichen in Arithmetik und Algebra

Ein Beispiel fUr solche gemeinsamen Zeiehen, deren untersehiedliehe Verwendungswei­sen vielfaeh in der Literatur angesproehen werden, ist das Gleiehheitszeiehen:2 In der Praxis des Arithmetikunterriehts wird das Gleiehheitszeiehen hliufig als Aufforderungs­zeiehen gelesen, eine Reehenaufgabe auszureehnen, und so verstanden, dass reehts des Gleiehheitszeiehens ein Zahlzeiehen als Ergebnis stehen muss. In der didaktisehen Lite­ratur zum Arithmetikunterrieht wird diese Betonung seit langem als nieht sinnvoll be­zeiehnet und aueh Sehulbiieher fUr Mathematik in der Grundsehule betonen nieht mehr einseitig die genannte Siehtweise.3 Aber dies seheint sieh noeh nieht in groBem Umfang in der Praxis niederzusehlagen. Weitere, an das Gleiehheitszeiehen ansehlieBende Zei­chen werden hliufig nieht auf das Gleiehheitszeiehen bezogen. Deutungsuntersehiede in Arithmetik und Algebra gehen aber noeh sehr viel weiter.

Eine Sehwierigkeit in der elementaren Algebra liegt darin, dass hier die Deutung von symbolisehen Darstellungen wesentlieh vielseitiger ist als in der Arithmetik. So zeigen eine Reihe von Aufsatzen4 die Notwendigkeit auf, dass Lernende Terme nieht mehr nur als Besehreibung oder Aufforderung zu einer Reehenhandlung ansehen, sondern sie aueh als Zeiehen fUr ein Objekt lesen, auf das aueh ohne eine gesehlossene Darstellung weite­re Transformationen angewendet werden konnen. Solche Siehtweehsel werden von Sfard (1991) als Verdingliehung (engl. reifieation) bezeiehnet. Sie betreffen den Dbergang von einer Prozess- hin zu einer Objektsieht einer Darstellung. Dabei wird das hypothetisehe, nieht notwendig dureh Ausfiihrung des Prozesses tatsaehlieh gewonnene, Ergebnis als (neues) mathematisehes Objekt aufgefasst. Sfard zeigt auf, dass eine solche Konstruktion eine hahe kognitive Anforderung beinhaltet. Gray und Tall (1994) verwenden fUr diese zwei versehiedenen Siehtweisen, die beide auf dieselben mathematisehen Terme ange­wendet werden konnen, den Ausdruek "proeept". Er ist ein Kunstwort aus dem engli-

2

4

Z.B. Specht (2005), Lee (1996), Bednarz & Janvier (1996), Janvier (1996), Hershcocivs & Linchevski (1994) weisen solche Schwierigkeiten mit der Algebra nacho Vgl. Kieran (1990) und Hershcovics und Linchevski (1994). Muller & Wittmann (2000, S. 21) erHiutem im Lehrerband zu ,,Das Zahlenbuch" die Betonung einer strukturierten Zahlvorstellung. Das Gleichheitszeichen wird hier als Beziehungszeichen verwendet. Z. B. Kieran (1990), Linchevski und Sfard (1994), Kieran, Boileau und Groncon (1996).

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schen "process" und "concept". Sie berichten von einer empirischen Studie, in der be­reits im Umgang mit arithmetischen Aufgaben Leistungsgruppen sich darin unterschei­den, ob sie eine rein prozedurale Sichtweise einnehmen, oder in der Lage sind, zu einer Objektsichtweise zu wechseln. Da beide Sichtweisen nicht nur fur algebraische, sondem auch fur arithmetische Terme moglich sind, konnte dieses Problem vermutlich durch ei­nen veranderten Umgang mit der Arithmetik entsch1irft werden.

Allerdings bleibt die Problematik bestehen, dass algebraische Objekte im Gegensatz zu den arithmetischen keine kanonischen Darstellungen besitzen, die als Namensgeber mit der Identitat der Objekte eng verkntipft werden konnen. Das hat unter anderem zur Folge, dass die Zielrichtung von Transformationen in der Algebra keineswegs selbster­klarend ist. Bei der Transformation von algebraischen Termen oder Gleichungen ist nun wesentlich zwischen lediglich korrekten Umformungen, die den Wert eines Terms oder die Losungen einer Gleichung nicht verandem, und sinnvollen Transformationen, die ei­nem gesetzten Ziel naher bringen, zu differenzieren. Drouhard und Teppo (2004) beto­nen die Unterscheidung zwischen der Bedeutung eines algebraischen Terms, d.h. dem mathematischen Objekt, auf das der Term verweist, und dem Sinn dieses Terms, welcher durch eine bestimmte Sichtweise auf dieses Objekt gegeben ist: So bezeichnen 2(x+3) und 2x+6 dasselbe Objekt, betonen jedoch zwei verschiedene Strukturierungen: der erste Term zeigt das Objekt als ein Produkt, der zweite als eine Summe.

1.3 Neue Zeichen in der Algebra: Variablen

Das Operieren mit Unbekannten stellt nach Hershkovics und Linchevski (1994) eine ent­scheidende Kluft zwischen der Arithmetik und der Algebra dar. Sie erHiutem, dass der Unterschied nicht darin besteht, dass in der Arithmetik keine Unbekannten auftreten, sondem darin, dass in der Algebra Operationen auf die Unbekannten anzuwenden sind, wiihrend sie in der Arithmetik erst als das Ergebnis eines Rechenprozesses ins Spiel kommen. Dieser Unterschied scheint mir deshalb wesentlich, weil bei einem Operieren mit Unbekannten diese wie mathematische Objekte behandelt werden miissen. Nach Sfard (2000) ist eine solche Vorgehensweise eng mit der gedanklichen Konstruktion von Referenzobjekten fur diese Unbekannten verbunden. Obwohl Sfard grundsiitzlich eine solche Konstruktion auf dem Weg eines entsprechenden Umgangs mit den Zeichen fur moglich hiilt, betont sie zugleich, dass zur gedanklichen Erfassung solcher neuen Objek­te bereits vage Ideen dieser Konzepte vorhanden sein miissen: beides bedingt und fOrdert sich gegenseitig.

Auch Filoy et al. (2008) beschiiftigen sich mit dem Zusammenspiel von Semantik und Syntax beim Lemen der algebraischen Sprache. Sie schlagen vor5

, dass Lemende zu einem Wechsel zwischen verbalen Bedeutungsbeschreibungen und Wahrnehmungen, die durch die Zeichen angeregt werden, herausgefordert werden. Filoy et al. stellen eine qua­litative Interviewstudie vor, in der Schiilerinnen und SchUler zwei Kontexte an die Hand bekommen, in denen eine Unbekannte jeweils eine konkrete Bedeutung erhiilt, und in denen sie Gleichungen lOsen konnen. Untersucht werden ihre Losungsstrategien im

s. 89 -119.

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Spannungsfeld zwischen Semantik und Syntax, die bei einigen Lemenden zu einer Er­schlieBung von Operationsregeln mit Unbekannten fiihren.

Die auffalligste Besonderheit der algebraischen gegentiber der arithmetischen Spra­che ist der Gebrauch von Variablen. In der Literatur werden verschiedentlich Kategori­sierungen von Variablenaspekten angegeben. Bei Malle (1993) etwa ist das der Gegens­tands-, der Einsetzungs- und der Kalktilaspekt, die jeweils noch weiter aufgeschltisselt werden, bei Drijvers (2003) ist es der Platzhalter, die sich andemde GroBe, der Generali­sierer, die gesuchte Unbekannte und das Symbol. Diese Beschreibungen gehen aufVer­wendungsweisen von Variablen in der Mathematik ein und zeigen eine Vielfalt von un­terschiedlichen Sichtweisen auf, in der Lemende sich zurechtfinden mtissen. Die ge­nannten Kategorien haben keine hierarchische Ordnung und es werden auch keine Zwi­schenschritte aufgezeigt, wie SchUlerinnen und SchUler die einzelnen Variablenaspekte gedanklich konstruieren konnen.

Bednarz et al. (1996) ordnen Einstiege in die Algebra in vier Kategorien ein, die un­terschiedlichen Variablenaspekten nahestehen. Ein Einstieg konzentriert sich auf das Lo­sen von Gleichungen; hier tritt die Variable als gesuchte Unbekannte auf. Ihm sind die oben beschriebenen empirischen Untersuchungen zuzuordnen. Ein anderer Zugang ge­schieht tiber die Beschreibung von Mustem und Strukturen, der die Variable als unbe­stimmte, allgemeine Zahl betont. Und schlieBlich werden noch Zugange tiber funktiona­les Denken und tiber Modellieren betrachtet, welche die Idee der Variable als Verander­liche in den Vordergrund stellen. Radford (1996) zeigt auf, dass die Konzepte der Vari­ablen als unbekannte Zahl und der Variablen als allgemeine, nicht naher bestimmte Zahl komplementar sind: Das erste Konzept wird verwendet, wenn eine bestimmte, aber noch unbekannte Zahl, die durch gegebene Eigenschaften beschrieben ist, zu ermitteln ist. Das zweite hingegen wird eingesetzt, urn die GUltigkeit einer Aussage fUr Zahlen allgemein zu beweisen. Hierzu dUrfen keine spezifischen Eigenschaften einer bestimmten Zahl he­rangezogen werden, sondem nur solche Eigenschaften, welche allen Zahlen, auf die sich die behauptete Aussage bezieht, gemeinsam ist. Sowohl die logische Struktur, in der sie in der Mathematik Verwendung finden, als auch der Charakter dieser beiden Variablen­konzepte sind grundsatzlich verschieden. So ist es nicht verwunderlich, dass einzelne Artikel zu Problemen mit Variablen in der elementaren Algebra sich meist auf einen ein­zigen Variablenaspekt konzentrieren.

Es wurde mittlerweile eine Reihe von Unterrichtskonzepten6 entwickelt, in denen Lemende in einer praalgebraischen Phase mit den Darstellungsmitteln, die ihnen aus der Arithmetik vertraut sind, an algebraische Denkweisen herangefiihrt wurden, bevor sie mit den Konventionen der formalen algebraischen Symbolsprache bekannt gemacht werden. Ein Beispiel hierzu ist ein Unterrichtsprojekt von Van Amerom (2002), in dem sich SchUlerinnen und SchUler mit dem Losen von Systemen von zwei linearen Glei­chungen beschaftigen. Hier steht der Variablenaspekt der Unbekannten im Vordergrund.

6 Das mathbu.ch (Affolter et al. 2003) ist ein Beispiel fUr ein Unterrichtswerk, das solche Kon­zepte umsetzt. Im Sammelband von Bednarz et al. (1996) und in Filoy et al. (2008) sind zudem Unterrichtsbeispiele vorgestellt, zu denen Schiilerverhalten empirisch evaluiert wurde. Weitere Unterrichtsbeispiele sind auch bei Van Amerom (2002) und Drijvers (2003) zu [mden. Auch Mason (2005) gibt viele Anregungen zu einer Auseinandersetzung mit dem Variablenbegriff auf einem vorformalen Niveau.

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Van Amerom zeigt anhand einer begleitenden empirischen Studie Zwischenstadien zwi­schen Arithmetik und Algebra auf, in denen Schiiler zum Teil in ihren Argumentationen bereits eine strukturell algebraische Sichtweise einnehmen, zum Teil in ihren Darstel­lungen algebraische Zeichen verwenden, wahrend sie in der jeweils anderen Hinsicht noch ein arithmetisches Vorgehen zeigen.

In diesem Aufsatz wird eine Studie vorgestellt, in der die Idee einer unbestimmten Zahl im Vordergrund steht. Sie erwachst aus der Beschiiftigung mit und Beschreibung von arithmetischen Strukturen. Diese Studie beschaftigt sich ebenfalls mit Ubergangen von arithmetischen zu algebraischen Darstellungen bei den Lemenden, namlich Uber­gangen in Darstellungen von bestimmten Zahlen, wie sie in der Arithmetik im Vorder­grund stehen, zu Variablen als unbestimmten Zahlen.

2 Das Design der vorliegenden Stu die

2.1 Das Forschungsanliegen

Urn Probleme mit der Algebra besser zu verstehen und Konzepte zu entwickeln, die die­se Probleme iiberwinden helfen, ist mein Anliegen in diesem Forschungsprojekt, Kinder zu beobachten, bevor sie im Algebraunterricht angeleitet werden, die algebraische For­melsprache zu gebrauchen. Ziel ist, in Erfahrung zu bringen, welche Kenntnisse und Fa­higkeiten, die fUr einen verstiindigen Umgang mit der Algebra hilfreich zu sein scheinen, bei ihnen bereits vorhanden sind. Denn Kinder sind auch ohne unser algebraisches Zei­chensystem in der Lage, sich mit geometrischen oder arithmetischen Strukturen aus ein­ander zu setzen und auf diese mit ihren eigenen Darstellungsmitteln zu verweisen.

Urn solche Tatigkeiten wahrnehmen und analysieren zu konnen, wurde zunachst eine Unterrichtsreihe entwickelt, die Kindem im fiinften Schuljahr geometrische Mittel zur Darstellung von arithmetischen Aufgaben zur Verfiigung stellt und sie anregt, arithmeti­sche Strukturen zu untersuchen. Damit wird ein Zugang zur Algebra iiber Muster und Strukturen gewahlt, der den Variablenaspekt der generalisierenden Zahl anspricht. Wie in Bednarz et al. (1996) ausfiihrlich dargestelIt, gibt es auch andere Moglichkeiten einer ersten Auseinandersetzung mit algebraischen Fragestellungen. Insbesondere zum Losen von Aufgaben, in denen eine unbekannte Zahl mit Hilfe von ein oder zwei Gleichungen beschrieben wird, sind empirische Studien zu Strategien von Anfangem bekannt.7 Der hier gewahlte Einstieg der geometrischen Darstellung von arithmetischen Strukturen solI den Schiilerinnen und Schiilem quasi gegenstandliche Konkretisierungen von abstrakten Strukturen anbieten, urn ihnen eine gedankliche Konstruktion abstrakter mathematischer Objekte wie unbestimmte Zahlen oder Terme mit unbestimmten Zahlen zu erleichtem. Dies wird in Abschnitt 2.2 naher erlautert.

Die unterrichtenden Lehrkrafte waren es gewohnt, Algebra recht unvermittelt durch eine direkte Einfiihrung von Variablen zu beginnen und dann formale Routinen vorzu­stellen, nach denen Variablenterme transformiert werden. Dieses Verhaltensmuster sollte

7 s. Van Amerom (2002), Hershcovics & Linchevski (1994), Filoy et al. (2008).

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in der hier vorzustellenden Lemumgebung vermieden werden. Urn zu gewlihrleisten, dass die SchUlerinnen und SchUler viel Zeit bekommen, strukturelle Zusammenhange zu entdecken und ihre Beobachtungen inhaltlich-anschaulich mitzuteilen, wurde daher ge­gen eine direkte Einfiihrung von Variablen in dieser ersten Unterrichtseinheit entschie­den.

Die Unterrichtsreihe wurde in vier Klassen eines Gymnasiums durchgefiihrt und die Tatigkeiten der Kinder in dieser Umgebung beobachtet: Dies geschah mit schriftlichen Au13erungen der Kinder und durch Videoaufnahmen von Unterrichtsgeschehen und an­schlieBenden Einzelinterviews, die jeweils eine Woche nach Beendigung der Unter­richtsreihe mit insgesamt 13 Kindem durchgefiihrt wurden.

Die Forschungsfrage, der in diesem Artikel nachgegangen werden soll, konzentriert sich aufVariablenauffassungen der Kinder. Sie gliedert sich in zwei Teile:

1. Welche (Vor)formen von Variablen zeigen sich in ihren Darstellungen? 2. Inwiefem gelingt es Kindem, arithmetische Abhangigkeiten, die durch eine

geometrische Darstellung gegeben sind, mit Hilfe von Variablentermen zu beschreiben?

Der nachste Abschnitt erlautert didaktische Entscheidungen zur Anregung algebrai­schen Handelns der Kinder aus einem arithmetischen Kontext heraus.

2.2 Geometrische Darstellungen arithmetischer Terme

Ais ein zentrales Problem mit der elementaren Algebra wird die Erfassung algebraischer Terme als Objekte angesehen. Diese Sichtweise kann bereits in einem arithmetischen Kontext gewonnen werden.

Wenn unbestimmte Zahlen aus einer Verallgemeinerung rein arithmetischer Beo­bachtungen erwachsen, in denen Zahlen ohne konkrete BezUge aufireten, dann beinhaltet der Ubergang zur Variablen einen schwierigen Abstraktionsschritt: Ais Kardinalzahl wird eine Zahl selbst im Anfangsunterricht als Verdinglichung des Zlihlprozesses etwa als eine bestimmte Anzahl von Objekten gewonnen, die verschiedenen Objektmengen gemeinsam ist. Hier wird ein betrachtlicher Abstraktionsschritt vollzogen. Das einzige, was von einer Vielzahl von Eigenschaften Ubrig behalten wird, ist eine bestimmte An­zahl. Beim Ubergang von bestimmten Zahlen zu einer unbestimmten Zahl wird nun auf diese letzte Eigenschaft auch noch verzichtet. Was dann noch als definierende Eigen­schaft dieses neuartigen "Gegenstands" bleibt, sind nur die Regeln, welche die Konven­tionen des Umgangs mit diesem Objekt festlegen, aber keine Eigenschaften, mit denen diese Objekte an sich beschrieben werden.

DemgegenUber kann ein Anschauungskontext, in welchem Zahlen als Anzahlen oder GroBen konkreter Objekte aufireten, die Vorstellung einer unbekannten oder unbestimm­ten Zahl als etwas Gegenstandlichem untersrutzen: zwar hat jede Strecke oder Flache ei­ne bestimmte GroBe, aber es ist moglich, sie sich auch ohne Kenntnis dieser GroBe vor­zustellen. 1m Hinblick auf die in der Fachliteratur8 haufig benannte Schwierigkeit, dass arithmetische Terme und aus ihnen durch Verallgemeinerung gewonnene algebraische

Vgl. die Darstellung zu Schwierigkeiten der Objektifizierung von Rechenhandlungen in Kapi­tel l.

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Terme nicht als mathematische Objekte angesehen werden, scheint eine solche gegen­standliche Anschauung Lemenden ein sinnvolles Ubergangskonzept zu bieten. Eine sol­che Anschauung muss nicht im Gegensatz zu einem Ansatz stehen, in dem die neuen Objekte "unbestimmte Zahlen" in eine Syntax eingebunden werden, die der algebrai­schen Sprache entspricht, sondem kann bei geeigneter Wahl der Veranschaulichung auch diese untersrutzen. Die Lemumgebung bietet einen solchen Anschauungskontext mit Punktmustem, die die meisten Kinder in Deutschland heute im Arithmetikunterricht der Grundschule kennenlemen. Der arithmetische Term 2·3+4 etwa kann so dargestellt werden:

••• ••• •••• Nicht aIle Kinder sehen in dieser Darstellung den Rechenterm 2·3+4 reprasentiert. Man kann in ihr auch andere Strukturierungen sehen, z.B. eine vertikale Einteilung, die 3+3+3+ 1 veranschaulicht. Es ist aber auch moglich, uberhaupt keine Strukturierung zu beriicksichtigen und in dem Muster lediglich 10 Punkte abzuzahlen. Will man Terme mit groBen Zahlen darsteIlen, zwingt dies starker auf Strukturierungen zu achten, da das Ab­zahlen der einzelnen Punkte praktisch nicht durchfiihrbar ist. Die Kinder werden in der Lemumgebung aufgefordert, nach Moglichkeiten der Darstellung von Rechenaufgaben mit groBen Zahlen zu suchen. Eine Moglichkeit ist z.B. die Reprasentationsweise anzu­passen, indem die rechteckige Anordnung der Punkte durch einen Kasten, und die jewei­ligen Anzahlen durch Beschriftung angedeutet werden. So kann der Term 35·3+4 geo­metrisch erfasst werden mit:

35

b j3 1

4

Darstellungen dieser Art konnen aile arithmetischen Terme aus nattirlichen Zahlen reprasentieren - wenn sie unter einem entsprechenden Fokus angesehen werden. Dass geometrische Darstellungen keineswegs selbsterklarend und eindeutig sind, zeigt Sobbe­ke (2005) in einer umfangreichen Untersuchung zu Deutungen, die Kinder strukturierten geometrischen Darstellungen geben: Der Akt des Wahmehmens oder Hineinlesens von Strukturen in solche Abbildungen ist bereits fUr sich eine anspruchsvolle mathematische Tlitigkeit, die "visueller Strukturierungsfahigkeiten" bedarf.

1m vorliegenden Beispiel etwa muss die Beschriftung ,,35" gedeutet werden. Sie kann z.B. als Anzahl von gedachten, neben einander liegenden Punkten, oder als Lange der Rechteckseite verstanden werden. Wenn im ersten Fall entsprechend die 3 als die Anzahl gedachter, untereinander liegender Punkte und das groBe Rechteck als Hinweis auf eine rechteckige Anordnung dieser 3 mal 35 Punkte aufgefasst wird, so kann dieses Rechteck als Darstellung des Produktes 3·35 gedeutet werden. Liest man keine Punkte in die Darstellung hinein, sondem fasst die Beschriftungen als Langenangaben auf, so passt hierzu eine Interpretation des Rechtecks als Flache mit dem Inhalt von 3·35 Einheits­quadraten. Das ist jedoch eine sehr anspruchsvolle Deutung, die vielen Funftklasslem

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nicht vertraut sein wird. Eine weitere Herausforderung der vorgeschlagenen Darstellung besteht in der Tatsache, dass die tatsachlichen Langenverhaltnisse nicht den Zahlverhalt­nissen in der Beschriftung entsprechen. Von dieser speziellen Struktureigenschaft der Zeichnung ist hier abzusehen: sie ist nicht maBstabsgerecht.

Eine Schlussfolgerung, die Sobbeke aus ihrer Analyse zieht, ist, dass Anschauungs­mittel in einer Weise zum Unterrichtsgegenstand gemacht werden mussen, in der eine Sicht auf dargestellte Strukturen explizit gemacht wird. In der hier vorzustellenden Lemumgebung geschieht dies, indem die Kinder selbst Vorschlage zur Erweiterung der Punktmusterdarstellung erarbeiten und ihre Losungsideen gemeinsam diskutiert werden.

Bei der vorgeschlagenen Reprasentationsforrn konnen durch HinzufUgen bzw. wie­derholtes HinzufUgen Addition und Multiplikation so dargestellt werden, dass die Re­chengesetze in der geometrischen Anschauung gultig bleiben. Dies errnoglicht, dass vie­le Beobachtungen auf den Darstellungsebenen der Zeichnung und der forrnal­arithmetischen Notation wechselseitig ubertragbar sind (wenn man mit einem entspre­chenden Fokus auf die Zeichnungen schaut). Mit diesen geometrischen Darstellungen werden somit nicht nur den Zahlobjekten, sondem auch den Transforrnationen Bedeu­tungen zugeordnet. Hier konnen Regeln fUr die Operationen entdeckt, hinterfragt, be­griindet werden. Durch die Moglichkeit mit diesen geometrischen Darstellungen zu ope­rieren, ohne die reprasentierte Gesamtanzahl zu veriindem, bietet dieser Kontext Anlasse zur Transformation und zum Vergleich von Darstellungen, die unterschiedlich aussehen, aber fUr dieselbe Zahl stehen. Wie bei algebraischen Terrnen wird keine dieser Repra­sentationen auf eine Weise mit dem reprasentierten mathematischen Objekt identifiziert, die die Darstellung unter anderen hervorhebt.

Die geometrischen Darstellungen fUr arithmetische Terme mit groBen Zahlen konnen in einem weiteren SChritt auch fUr Terrne mit unbestimmten Zahlen verwendet werden, indem die Beschriftung einer Seite unbestimmt bleibt: indem die Beschriftung ganz weggelassen wird oder durch ein Zeichen ersetzt wird, welches keine Fesdegung auf ei­ne bestimmte Zahl bedeutet:

x+l0

b Ix 1

4

Dieselben Uberlegungen, die mit Zeichnungen mit Zahlbeschriftungen angestellt wur­den, konnen auch auf diese Variablen angewendet werden. In Fischer (2008) wird an ei­nem Beispiel aufgezeigt, wie Kinder selbst die anfanglichen Darstellungen fortentwi­ckeln konnen.

Der zweite zentrale Zahlaspekt im Anfangsunterricht ist durch die Ordinalzahl gege­ben: Eine Zahl tritt in einer bestimmten Position in der Zahlenreihe auf, veranschaulicht als Punkt auf der Zahlengeraden. Die Idee des Weiterzahlens endang dieser Zahlenreihe wird zu den Rechenoperationen des Addierens und Multiplizierens (und ihrer Umkeh­rungen) erweitert. Eine unbestimmte Zahl wird in diesem Kontext einer der Punkte auf der Zahlengeraden sein, dessen Position nicht naher festgelegt ist. Tritt sie (zusammen mit einem Operationszeichen) als Operator auf, so ist die Operation nur qualitativ, je-

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doch noch nicht quantitativ festgelegt. Das oben beschriebene Problem der doppelten Abstraktion besteht hier nicht.

In der Lernurngebung wird ebenfalls ein Anschauungskontext eingefiihrt bzw. reak­tiviert, der dem Ordinalzahlaspekt Rechnung trligt: Er beruht auf Pfeilsequenzen am Zahlenstrahl, die die Idee des Fortschreitens anstelle des Anzahlkonzepts aufgreift. Diese Darstellungsform kann in lihnlicher Weise wie die Punktmuster fur groBe Zahlen und dann fur Variable fortentwickelt werden. Auf sie solI hier nicht nliher eingegangen wer­den, da die fur diesen Aufsatz ausgewlihlten empirischen Beispiele keine Pfeilsequenzen nutzen. Zur besseren Vergleichbarkeit sind alle Daten zu demse1ben Darstellungsformat gewlihlt worden.

2.3 Uberblick fiber die Unterrichtsreihe

In der Einfiihrungssequenz der Unterrichtsreihe erhielten die Kinder eine Einfuhrung in die geometrischen Darstellungsweisen von Rechenaufgaben mit Punktmustern und mit Pfeilsequenzen. Diese wurden in spie1erische Kontexte eingebunden, in denen es urn das Ordnen von Nilssen und urn Klingurusprlinge ging. Die Einfiihrung war mit kleinen U­bungen verbunden. In der nlichsten Teilsequenz, die mit "Timos Trick" bezeichnet wur­de, beschliftigten sie sich mit der Frage, woran es liegt, dass ein Produkt, dessen Fakto­ren sich urn zwei unterscheiden, immer eins kleiner ist als das Produkt der mittleren Zahl mit sich selbst. 1m Rahmen dieser Untersuchung wurden die eingefuhrten Darstellungs­weisen so fortentwicke1t, dass sie auch fur groBe Faktoren verwendet werden konnten. Die dritte Teilsequenz, die die Bezeichnung "Immer das Gleiche?" erhielt, thematisierte das Distributivgesetz fur Division. Die Schiilerinnen und Schiller bekamen ein Plickchen von Rechenaufgaben, die sich nur in einer Zahl unterschieden, und die mit Hilfe des Distributivgesetzes alle in der gleichen Weise vereinfacht werden konnen. Aus diesem Themenbereich sind die Beispiele, die in den nlichsten Abschnitten erortert werden.

3 Vorformen von Variablen bei Laura

In der Unterrichtsreihe spielt vielfach die Idee einer Variablen als unbestimmte Zahl eine Rolle. 1m ersten Beispiel werden Verweise der Schillerin Laura9 auf eine solche Variable in zweierlei Hinsicht analysiert. Zunlichst betreffen sie den Darstellungsmodus, in wel­chern sie auftreten. Hier wird zwischen einer geometrischen Darstellung in Form einer Zeichnung, einer symbolischen Darstellung in Form einer formalen arithmetischen oder algebraischen Notation und einer verbalen Darstellung in mlindlicher oder schriftlicher Form, welche alltagsilbliche Sprache verwendet, unterschieden. Sodann werden Zahldar­stellungen in einem Spektrum zwischen einer konkreten und einer unbestimmten Zahl aufgezeigt.

9 Die Namen der Kinder sind geandert worden.

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3.1 Lauras Losung

Mit dem ersten Arbeitsauftrag zur Sequenz "Immer das Gleiche?" werden die SchUlerin­nen und SchUler aufgefordert: "Rechnet. Was fallt euch auf? Findet heraus, woran das liegt!" und erhalten dazu folgende sechs Rechenaufgaben:

(5'2+4):2 (11'2+4):2 (36'2+4):2 (19'2+4):2 (28'2+4):2 (849·2+4):2

Darunter befinden sich noch die Hinweise: "Das flillt uns auf' und "Zeichnungen dazu" und jeweils freier Platz fur Notizen.

Laura bearbeitet diese Aufgabe zunachst in einer kleinen Gesprachsgruppe im Unter­richt. Der letzte Teil, die Zeichnungen, ist zuhause zu bearbeiten. In der folgenden Ma­thematikstunde stellt Laura ihre Darstellung in der Klasse vor, indem sie ihre Losung zunachst an die Tafel abzeichnet und anschlieBend kommentiert. FUr eine Analyse ste­hen ihre Darstellungen auf ihrem Arbeitsblatt und ihre miindlichen A.uBerungen, die auf­genommen und transkribiert wurden, zur VerfUgung.

3.1.1 Lauras Arbeitsblatt

Hinter den sechs Rechenaufgaben stehen auf Lauras Arbeitsblatt Gleichheitszeichen und dann jeweils die Ergebniszahl. Es sind keine Zwischenrechnungen notiert. Es ist denk­bar, dass sie die Aufgaben im Kopf berechnet hat, oder dass sie Nebenrechnungen auf einem anderen Blatt angefertigt hat. Es ist aber auch moglich, dass sie das Distributivge­setz fur die Division angewendet hat. Dieses ist SchUlerinnen und Schiilern der 5. Klasse meist fur bestimmte Zerlegungen, welche man hliufig beim Kopfrechnen anwendet, ge­laufig, und es ist moglich, dass sie dieses Gesetz auch fur die hier besonders geeigneten Zerlegungen angewendet hat.

Neben def Aufforderung: "Das flillt uns auf:" ist folgendes zu sehen:

Abb.l

Laura fasst mit einem kurzen Satz zusammen, was die Ergebnisse der sechs Aufga­ben gemeinsam haben. Der Ausdruck "die erste Zahl" ist eine verbale Beschreibung fur eine Variable, die fur eine von sechs Zahlen steht. Wesentlich an dieser Zahl ist nicht ih­re spezifische GroBe, sondern ihre Position im Aufgabenterm. Laura bindet diesen Aus­druck in einen Term ein, ganz in derselben Weise, wie das in der algebraischen Notation mit einer Buchstabenvariablen geschieht. Laura verbindet hier eine verbale mit einer formal-symbolischen Darstellung.

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Es fallt zudem auf, dass Laura den Term "Die erste Zahl + 2" als Ergebnis bezeich­net, nicht als Rechenweg, auf dem man das Ergebnis erhlilt. Dies weist auf eine Objekt­sicht hin. 1m Rinblick auf die in der Fachliteratur dargelegten Schwierigkeiten, im Uber­gang von der Arithmetik zur Algebra einen Sichtwechsel von einer reinen Prozessauffas­sung von Termen hin zu einer Objektauffassung vomehmen zu mfissen, ist diese Pointie­rung bemerkenswert.

Die Aufforderung, Zeichnungen anzufertigen, beantwortet Laura mit einer einzigen Zeichnung:

Abb.2

Diese eine Zeichnung ist geeignet, alle sechs Aufgaben zu illustrieren. Laura ver­wendet im linken Teil der Zeichnung eine nicht nliher gekennzeichnete Lange. Zwar kann man hier neun Klistchen abzlihlen, aber diese werden im Gegensatz zur Rohe des Rechtecks nicht durch Beschriftung expliziert. Die Zahl Neun tritt auch in keiner der Re­chenaufgaben in Erscheinung. Rier ist eine unbestimmte Zahl geometrisch dargestellt. Diese Idee wird durch den Ausdruck "z. B. 849" gestiitzt, welcher ebenfalls hervorhebt, dass die Zahl beliebig gewlihlt werden kann. Wie oben die verbale Variable, werden hier sowohl die geometrische Variable als auch die "Variable" in Zahlform in die Operation ,,+2" eingebunden dargestellt. Diese Verknfipfung des neuartigen mathematischen Ob­jekts "Variable" mit einer Operation ist ein Indiz flir eine Konsolidierung des gedankli­chen Konzepts als eigensmndiges Objekt. Sfard (1991) bezeichnet den Schritt des Ope­rierens mit neuen, abstrakten Objekten als wesentlichen Bestandteil ihrer Verdingli­chung.

3.1.2 Lauras ErHiuterung

Laura kommentiert ihre Zeichnung vor der Klasse:

Laura: Also, das ist eigentlich egal wie lang man das macht. Es ist auf jeden Fall nur wichtig, dass man zwei in der Rohe hat. Da kann man irgendeine Zahl nehmen. Das ist auch ganz egal. Das kaon jetzt in dem Falle 849 sein, das kann aber auch eine von den anderen Zahlen sein. Wichtig ist, dass man das ja plus vier rechnen musste und das sind ganz rechts dieses, diesen kleinen Abschnitt, den ich da ab­getrennt hab. Das sind vier Klistchen da. Vnd dann diese Linie, die lange. Das ist geteilt durch zwei.

Lehrer: Vnd das Schraffierte? Laura: Das ist dann der Rest, der fiber bleibt. Das was fiber bleibt Das Ergebnis, was

fiber bleibt.

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Laura beschreibt hier mit Worten die Idee: Ein Zeichen (hier ein geometrisches, n1im­lich die horizontale Seite des Rechtecks) steht stellvertretend fUr eine nicht nwer be­stimmte Zahl aus einer Grundmenge ("eine von den anderen Zahlen"). Den Fall 849 fiihrt Laura als Spezifizierung an, die die allgemeine Idee verdeutlichen soli: Man kann hier irgendeine Zahl in der Weise einsetzen, wie Laura es am Beispiel von 849 vorfiihrt. Die Zahl 849 steht hier also nicht flir sich selbst, sondem flir eine beliebige Zahl aus der Grundmenge der sechs Anfangszahlen.

Die Zahl Zwei spielt in diesem Szenario eine grundsatzlich andere Rolle als die Zahl 849. Wie schon an der Zeichnung zu vermuten, so wird hier in der Erlauterung deutlich, dass die Zwei eine Zahl ist, die in ihrer spezifischen GroBe wichtig ist. Ihre geometrische Reprasentation ist nicht nur durch eine bestimmte Kastchenanzahl, sondem zusatzlich durch die Beschriftung gekennzeichnet, und diese GroBe hebt Laura auch verbal hervor. Die Zwei ist eine Zahl, die nicht variiert wird: eine Konstante. Gleiches gilt hier auch fUr die Zahl Vier.

Das Schraffierte - bestehend aus zwei schraffierten Teilen - erklart Laura als das Er­gebnis. Es ist ebenso wie "die erste Zahl" eine unbestimmte Zahl. 1m Unterschied zu der erstenjedoch ist sie keine unabhangige, sondem eine abhangige Variable: Es ist diejeni­ge Zahl, die man - in Abhangigkeit von der ersten Unbestimmten - erhalt, wenn man die letzte Operation (die Division) ausgeflihrt hat (Es ist das, was dann noch ubrig bleibt). Dieses Ergebnis ist durch die Beschriftung als "z. B. 849 + 2" beschrieben.

3.2 Zahlauffassungen

Laura verwendet zahlreiche Reprasentationen flir Zahlen. Eine Analyse der Art der Ver­wendung dieser Darstellungen und des Zusammenhangs, in dem sie eingesetzt werden, zeigt zudem, dass ein und derselben Form unterschiedliche Auffassungen zugrunde lie­genkonnen.

In diesem Abschnitt soli auf Zahlauffassungen eingegangen werden, die in einem Spektrum zwischen einer bestimmten, in ihrer spezifischen GroBe relevanten Zahl und einer unbestimmten Zahl liegen, und somit in unterschiedlichem Grad eine konkrete Zahl im Blick haben.

Eine bestimmte Zahl, deren individuelle Eigenschaften betont oder genutzt werden, wie etwa ihre absolute GroBe, ihre Nachbarschaft zu einer bestimmten anderen Zahl, ihre Teilbarkeitseigenschaften, usw. steht am einen Ende des zu betrachtenden Spektrums. Bei Lauras Prasentation spielen die Konstanten eine solche Rolle. Aber auch die Re­chenergebnisse, die sie hinter den sechs Aufgaben notiert, sind moglicherweise durch Berechnung der jeweiligen Aufgaben ohne Ausnutzung einer Struktur zustande gekom­men, also z. B. folgendermaBen:

(849·2+4):2 = (1698+4):2 = 1702:2 = 851. In dem Fall haben sie den Charakter von bestimmten Zahlen, die in ihren jeweiligen in­dividuellen Eigenschaften auftreten. Eine andere Sichtweise, etwa die Zerlegung in eine Summe, ist bei Laura denkbar, aber es gibt keine Hinweise darauf.

Falls man die einzelnen Ergebnisse als Summe aus der ersten Zahl und Zwei kon­struiert, also etwa im Ergebnis der letzten Rechnung die Summe 849 + 2 sieht, so spielt

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die Zahl 849 eine etwas andere Rolle: Sie ist zwar als bestimmte Zahl benannt, aber wird als Baustein verwendet, ohne dass individuelle Eigenschaften dieser Zahl beriicksichtigt werden. Ein solcher Umgang mit der Zahl als Baustein kommt z. B. zum Tragen, wenn man das Distributivgesetz anwendet:

(849·2+4):2 = 849·2:2+4:2 = 849+2 Laura verwendet 849 noch in einer anderen, weitergehenden Weise als Zahl, die

nicht in ihren spezifischen Eigenschaften beriicksichtigt wird: Laura gebraucht sie als Stellvertreter, an dem sie ein allgemeines Vorgehen mit allen moglichen (oder allen hier auftretenden) Anfangszahlen demonstriert. In ihrer deutlich zum Ausdruck gebrachten Absicht, hier aile sechs Aufgaben zugleich darzustellen, nutzt sie das Zahlzeichen ,,849", oder genauer "z. B. 849", urn zu zeigen, wie mit einer beliebigen Zahl verfahren wird. Dieses Zahlzeichen steht fur die Zahl 849, die als Baustein verwendet wird, und zugleich fur jede andere Zahl, indem sie exemplarisch demonstriert, wie jede andere Zahl als Baustein eingesetzt werden kann. Durch die Kombination des schriftlich-verbalen Aus­drucks "z. B." mit dem formal-arithmetischen Zeichen ,,849 + 2" Hisst sich diese Repra­sentation nicht eindeutig einem Darstellungsmodus zuordnen.

Eine von einer bestimmten Zahl ganzlich gelOste Zahldarstellung bietet die Darstel­lung einer unbestimmten Zahl, die keine Zahl unter anderen heraushebt. Laura verwen­det verbale ("die erste Zahl") und geometrische (unbestimmte Lange) Reprasentationen fur diesen Begriff. Die Einbindung der verbalen Darstellung in eine formale Summe ("die erste Zahl + 2") nutzt wiederum zwei Darstellungsmodi.

Die Tabelle 1 gibt eine Ubersicht von Lauras Losungen. Beispiele, die bei Laura nicht auftreten, sind grau unterlegt:

I Zahlauffassung I Beispiel formal I Beispiel verbal I Beispiel geom.

Bestimmte Zahl 2 Wichtig ist, dass (GroBe relevant) 851 man in der Rohe 28

(Rechenergebnis zwei hat. der 6. Aufgabe)

Bestimmte Zahl als

Bestimmte Zahl als z.B. 849 + 2 I I I I Stellvertreter fur be- (Ergebnis der Rechenaufgaben) z.B. 849 + 2 liebige Zahl (GroBe nicht relevantl

Unbestimmte Zahl

Tab. 1

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Die vier Zahlauffassungen, die in der Tabelle vorgestellt sind, stehen in einer hierar­chischen Ordnung: Eine bestimmte Zahl, deren spezifische Eigenschaften eine Rolle spielen, ist einer konkreten Zahlauffassung am nachsten. In den weiteren Schritten wird zunehmend von Eigenschaften einer bestimmten Zahl abstrahiert: Bei der Bausteinauf­fassung werden individuelle Eigenschaften der Zahl zwar nicht mehr beriicksichtigt, aber sie wird weiterhin als eine individuelle Zahl angesehen, die mit ihrem Zahlnamen identi­fiziert wird. Bei der Stellvertreterauffassung wird der Zahlname einer einzelnen Zahl nicht benannt, urn eine Aussage tiber diese Zahl zu treffen, sondem urn auf eine beliebig auswahlbare Zahl Bezug nehmen zu konnen. Die Stellvertreterrolle einer bestirnmten Zahl ermoglicht die kognitive Anbindung an die Idee, dass es sich urn eine echte Zahl handelt, auch wenn nicht naher in Betracht gezogen wird, welche es ist. Die vierte Stufe schlieBlich spricht eine unbestirnmte Zahl an, die so dargestellt wird, dass kein Bezug zu einer bestirnmten Zahl erkennbar bleibt.

Die hierarchische Ordnung dieser vier Zahlauffassungen bedeutet nicht, dass Ler­nende jeweils Darstellungen auf der hOchsten Stufe wahlen, die sie gedanklich fassen konnen. Das Beispiel von Laura zeigt, dass sie verschiedene Stufen der Darstellung ver­wendet. Aber die beiden Zwischenstufen scheinen wertvolle Sichtweisen auf Zahlen zu beinhalten, die die kognitive Erfassung des Variablenbegriffs erleichtem, da sie eine Loslosung von den bekannten Eigenschaften einer bestimmten Zahl untersmtzen und zugleich die Zahl als Objekt irn Blick behalten.

4 Deutung von Variablen

Ein wesentliches Merkmal des Darstellungswerkzeugs "Variable" ist die Moglichkeit, mit ihr Abhangigkeiten von Zahlen zu beschreiben. 1m Themenbereich "Immer das Gleiche?" der Unterrichtsreihe treten Zahlabhangigkeiten in unterschiedlichen Abhan­gigkeitsstufen auf. Wir betrachten als Beispiel Terme der Form (x·4+8):4. Hier treten zum einen Konstante auf, die jede fUr sich als absolute GroBen stehen. Das ist die Vier und die Acht. Zurn Zweiten erscheint hier eine Unbestimmte, x. Sie ist unabhangig, steht fur eine nicht naher definierte Zahl. SchlieBlich spielen hier noch weitere unbestimmte Zahlen eine Rolle, die von der ersten, x, abhangig sind, namlich die Zahl (x·4+8):4, aber auch x·4 und x·4+8, und Ausdriicke, die bei Anwendung des Distributivgesetzes als Zwi­schenergebnisse aufireten, wie x·4:4 und x+2. Dieser letztgenannte Term entsteht durch Ausnutzung einer weiteren Abhangigkeit, namlich eine Beziehung 8:4=2 zwischen den Konstanten 8 und 4.

In diesem Kapitel soIl betrachtet werden, wie Kinder Abhangigkeiten zwischen Zah­len, die als Unbestirnmte aufireten, beschreiben. Inwiefem gelingt es Kindem, arithmeti­sche Abhangigkeiten, die durch eine geometrische Darstellung gegeben sind, mit Hilfe von Variablentermen zu beschreiben? Es werden Darstellungen von vier Kindem in Ein­zelinterviews vorgestellt. Die Interviews wurden eine W oche nach Beendigung der Un­terrichtsreihe durchgefuhrt. Die vier Kinder sind aus zwei verschiedenen Klassen.

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4.1 Aufgabe in Einzelinterviews

Die Interviews be standen aus zwei Teilen. 1m ersten erhielten die Kinder eine Aufgabe aus dem Themenbereich "Timos Trick". Sie wird hier nicht naher vorgestellt. Der zweite Teil bezog sich auf die Teilsequenz "Immer das Gleiche?". Leitfaden des Gesprachs war hier:

l. 2.

Berechnen der Aufgabe (117·4+8):4 mit moglichst wenig Rechenaufwand. Skizzieren der Rechenaufgabe. (Falls in der Rechnung das Distributivgesetz angewendet wurde, sollte die Skizze den Rechenweg begrtinden, falls es nicht angewendet wurde, sollte sie als Mittel eingesetzt werden, urn einen abkiirzen­den Rechenweg zu fmden.)

3. Deuten einer vorgegebenen Zeichnung. (In der Zeichnung konnte z. B. die Auf­gabe (117·4+8):4 gesehen werden.)

Die folgenden Daten beziehen sich auf die dritte Frage. Die Schiilerinnen und SchU­ler bekamen dieses Arbeitsblatt vorgelegt:

Dieser Streifen nicht, welche.

steht flir eine Zahl. Du weiBt

FUr welche Rechenaufgabe steht diese Skizze?

III (Bemerkung: Das Arbeitsblatt enthlilt einen Schreibfehler, der im Laufe der Inter­

views korrigiert wurde: der rechte Abschnitt des letzten Teilmusters muss in der Mitte unterteilt werden.)

1m Unterricht waren die Vokabeln "Zeichnung" und "Skizze" unterschieden wor­den, urn zwischen geometrischen Darstellungen, die exakt, maBstabsgerecht sind, und solchen, die nicht maBstabsgerecht sind, zu unterscheiden. Letztere wurden verwendet, urn Zahlen sehr unterschiedlicher GroBe in einer Darstellung reprasentieren zu konnen. 1m Unterricht wurden von einigen Schiilerinnen und Schiilem als Weiterentwicklung des Punktmusterformats zur Darstellung groBer Zahlen Rechtecke verwendet, in die an den Anfang und das Ende einer Zeile je ein oder mehrere Kringel und dazwischen Piinktchen eingezeichnet wurden, urn zu signalisieren, dass dort noch weitere Punkte liegen; von anderen Schiilem wurden leere Rechtecke bevorzugt. FUr das Aufgabenblatt wurde die zweite Form gewahlt. FUr Schiiler, die in ihren eigenen Skizzen im ersten Teil des Inter­views die erste Form verwendeten, wurden dann in dem ersten Streifen auf dem Arbeits­blatt zur Erlauterung der Darstellung die Kringel und Punktchen erganzt.

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Die Ubertragung dieser geometrischen Darstellung in eine formal-symbolische Dar­stellung ist keineswegs eindeutig, sondern bedarf der Interpretation der Skizze. Hier gibt es zahlreiche Alternativen in unterschiedlichen Hinsichten.

Die Aufgabenstellung kann so verstanden werden, dass es sich urn eine einzige Re­chenaufgabe handelt. Sie kann damit beantwortet werden, dass eine bestimmte, zur Skiz­ze passende Rechenaufgabe gewlihlt wird, oder damit, dass alle passenden Rechenaufga­ben beschrieben werden.

Die Skizze kann als Darstellung des Bauplans von Zwischenergebnissen gelesen werden, wobei der erste Teil das Vierfache der Zahl darstellt, welche durch den langen Streifen reprlisentiert wird, der zweite Teil die Surnme des Vierfachen und Acht, und der dritte Teil ein Viertel dieser Summe bzw. die Surnme aus der Zahl des Streifens und Zwei. Man kann die Skizze aber auch als Darstellung von Rechenoperationen lesen: Der Ubergang von dem Streifen zum ersten Teil der Skizze ist eine Multiplikation mit Vier, der Ubergang vom ersten zum zweiten Teil zeigt die Addition von Acht und der dritte Ubergang zeigt eine Division durch Vier. Abkiirzend kann dieser Vorgang durch den Ubergang von dem ursprUnglichen Streifen zum letzten Teilmuster als Addition von Zwei beschrieben werden.

Ob man nun die Skizze als Darstellung eines Bauplans oder eines Rechenvorgangs wahrnimmt, konnen verschiedene Terme als Deutung der einzelnen Teilmuster verwen­det werden. Wlihlt man fUr den anfanglichen Streifen die Darstellung x, so kann das zweite Teilmuster z. B. gelesen werden als x+x+x+x+8, als 4·x+8, als x·4+2·4, als (x+2)·4. Entscheidet man zudem, dass die Breite der kleinen Rechtecke auch unbestimmt ist, so wird aus dem zuletzt vorgeschlagenen Term (x+2·y)·4. Wird - wie von der Inter­viewerin intendiert - die gesamte Skizze als Entwicklung eines Bauplans oder eines Re­chenvorgangs verstanden, so schrankt dies die Moglichkeiten der Deutung der Teilmus­ter ein, da die Darstellung des vorangegangenen Teilmusters jeweils einflieBt.

Der Fokus, unter dem die folgenden Beispiele betrachtet werden sollen, gilt der Art und Weise, wie die Kinder die Abhangigkeiten, welche durch die Skizze zum Ausdruck gebracht werden, formal oder verbal beschreiben. Besonderes Augenmerk gilt den Dar­stellungen der Unbestimmten, welche im Laufe des Gesamtprozesses aus der ursprUngli­chen Unbestimmten gewonnen werden (wie x·4 oder x·4+8).

4.1.1 Henrike

Die Schiilerin Henrike deutet die Skizze folgendermaBen:

I Henrike: Der Streifen steht fUr eine Zahl. Das konnte ja z.B. zehn sein. Oder zwolf, oder was weiB ich was. Dann konnte das zwolf mal vier sein. (zeigt auf das erste Teilmuster.)

2 Interviewerin: Schreib mal auf. 3 H: (notiert: ,,·4 ") SolI ich jetzt auch zwolf schreiben? Ich schreib mal n x. (ergiinzt

zu "x·4")

Henrike erfasst die allgemeine Idee einer unbestimmten Zahldarstellung zunachst, indem sie zwei Beispiele anfiihrt. Sie entscheidet sich dann, in ihrer schriftlichen Darstellung

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des ersten Teilmusters anstelle einer Spezifizierung den Rechenterrn mit Hilfe eines Buchstabens zu reprasentieren, der davon absieht, eine bestimmte Zahl auszuzeichnen.

4 H: Und dann plus (2 Sek) vier mal, kommt drauf an. (5 Sek) 5 I: Das kannst du so oder so schreiben, glaub ich, was du jetzt meintest. 6 H: Ja dann wieder (zeigt auf das zweite Muster) durch vier, weil es dann ja einen

(zeigt im dritten Muster auf den linken Streifen) ergibt, also x geteilt durch vier (notiert "x:4" neben dem zweiten Muster), dann

[Die Interviewerin schlagt vor, zunachst beim zweiten Teil zu bleiben und den drit­ten erst spater zu beriicksichtigen.]

7 H: O.k. (streicht "x:4" durch) Das geteilt, das durch vier, also mal vier, geteilt. Plus, z.B. jetzt acht? Also x mal vier (zeigt auf den Term x'4, notiert "x") plus, z.B., (notiert ,,0" hinter dem x) oh (gesprochen wie der Buchstabe 0) ist das jetzt.

8 I: O.k. Jetzt diese Zahl (zeigt auf den hinteren Teil des zweiten Musters) meinst du? 9H: Ja. 10 I: Die habe ich tatsachlich als Acht gemeint, weil man die so erkennen kann.

Hemike beginnt in diesem Abschnitt (Beitrag 4) mit einer Beschreibung des zwei­ten Teilmusters: hier wird etwas zum Vorherigen addiert. Sie wiederholt entweder den ersten Surnmanden, "vier mal" und unterbricht sich, oder sie meint mit dem "vier mal" das Vierfache von zwei kleinen Quadraten. Sie ist sich aber nicht schlussig, was sie addieren muss. Sie wird durch die Interviewerin auf etwas anderes abgelenkt. Vie 1-leicht entscheidet sie auch nur, zunachst das zu beschreiben, was ihr klar erscheint. Je­denfalls wendet sie sich im Beitrag 6 zunachst der Entwicklung vom zweiten zum drit­ten Teilmuster zu. Diese beschreibt sie als Division durch vier und notiert:

x:4 Sie verwendet x hier nicht mehr als diejenige Zahl, die der einfache schmale Strei­

fen reprasentiert. Stattdessen steht x nun fiir das, was das zweite Teilmuster reprasen­tiert, auf das die Division anzuwenden ist. Hemike ist mit der Beschreibung des zwei­ten Teils der Skizze noch nicht fertig, ist sich also noch nicht im Klaren, was es repra­sentiert. Aber was immer das ist, hierauf ist im letzten Schritt die Operation ,,:4" anzu­wenden. Die unbestimmte Zahl stellt Hemike wiederum mit "x" dar, ohne zu erwagen, ob es sich urn dieselbe unbestimmte Zahl handelt wie zuvor. Eine solche Frage mag fiir sie auch irrelevant sein, da sie ihr Fokus auf jeweils einem einzelnen Ubergang von ei­nem Teilmuster zum nachsten liegt.

1m Beitrag 7 fahrt sie mit der Ubedegung fort, was sie im zweiten Muster addieren muss: Sie schlagt als Beispiel acht vor, was der Anzahl der kleinen Quadrate im zwei­ten Teilmuster entspricht. Dann fasst sie zusammen, was sie flir den ersten Surnmanden bereits beschreiben hat, namlich x mal vier, und erglinzt ein neues Zeichen, namlich den Buchstaben O. Offenbar sieht Hemike hier eine zweite Unbestimmte. Da nicht vorher deklariert wurde, dass die acht Quadrate die Konstante Acht reprasentieren sol­len, bzw. dass ein kleines Quadrat eine Einheit darstellen solI, ist diese Deutung sinn­voll. Hemike verfcihrt genauso wie beim ersten Teilmuster: Zunachst wlihlt sie ein Bei­spiel, dann aber flir ihre Notation ein allgemeines Zeichen. Hier lasst sie jedoch die zu-

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vor gesprochenen Zeichen fUr die beiden Operationen mal und plus weg und notiert nur "x" und mit einem kleinen Abstand ,,0":

x 0

1m ersten Fall kann der Grund derselbe sein wie beim Ubergang zum dritten Teilmus­ter, dass sie namlich das erste Zwischenergebnis, auf das die nachste Operation ange­wendet wird, nun mit ihrem Zeichen fUr eine Unbestimmte, x, versieht. Die zweite Un­bestimmte, 0, wird notig, weil die beiden Summanden verschieden sind. Ais Grund fUr das Weglassen des Additionszeichens ware eine Sichtweise moglich, die der geometri­schen Darstellung entspricht: Die geometrische Addition wird durch ein neben einan­der Zeichnen der beiden Summanden reprasentiert.

Nachdem die Interviewerin das Problem mit der zweiten Variable dadurch verein­facht hat, dass sie ihr die Zahl Acht zuordnet, wendet sich Henrike nun nochmals dem Ubergang zurn dritten Muster zu:

11 H: Dann durch, hier, also (2 Sek) (zeigt aufihren Term "x·4" neben dem ersten Muster) ich schreib we iter (notiert fiber dem ersten Tei! des dritten Musters "x:4" und fiber dem zweiten Tei! ,,8:4" spricht dabei:) x durch vier und acht durch vier.

Dieses Mal stellt Henrike die Division des zweiten Teilmusters als zwei getrennte Di­visionen seiner beiden Teile dar. FUr den ersten Summanden, der unbestimmte GroBe hat, wahlt sie das Zeichen x. Es tritt hier in der Bedeutung auf wie beim Term fUr das zweite Muster, wo x fUr den vierfachen Streifen steht.

Die Interviewerin spricht nun die Problematik der Bedeutungszuweisung fUr x an:

12 I: 1st das denn hier das x durch vier, (zeigt auf den langen Streifen im dritten Mus-ter) das vordere?

13 H: Ja. 14 I: x ist ja das hier (zeigt auf den oberen Streifen). 15 H: Ja. Kann ich schon mal hier schreiben (notiert "x" am oberen Streifen) und

das hier die acht (notiert ,,8" links neben dem zweiten Muster). 16 I: Und warum ist das (zeigt auf den ersten Tei! des dritten Musters) hier x durch

vier, dieses StUck? 17 H: Weil das hier (zeigt auf den vorderen Tei! des zweiten Musters) eins zwei drei

vier Streifen waren und jetzt (zeigt auf den ersten Tei! des dritten Musters) ist es ein Streifen.

18 I: Ah, aber x ist ja nicht das Ganze (zeigt auf den vorderen Tei! des zweiten Mus­ters) hier, sondern x ist ja nur ein Streifen. Soviel ist ja x.

19 H: Ahja, x mal vier, das x mal vier durch vier ist es dann. (notiert fiber den ersten Teil des dritten Musters "x·4:4 ").

Henrike ist durch die Nachfrage der Interviewerin nicht irritiert, sondern ist sich ih­rer Sache sicher, auch als die Interviewerin erinnert, dass x fUr den urspriinglichen Strei­fen steht. Henrike stimmt dem zu und beschriftet ihn sogar mit x. Dennoch erlautert sie im Beitrag 17, dass der linke Teil des dritten Teilmusters "x:4" ist, da er ein Viertel des linken Teils des zweiten Teilmusters ausmacht. Erst als die Interviewerin (Beitrag 18)

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die urspriingliche Bedeutungszuordnung des x im zweiten Teilmuster als einen der vier Streifen deutet, wechselt Henrike ihre Sichtweise. Nun da sie die anfangliche Bedeu­tungszuordnung des langen Streifens auf jeden langen Streifen des dreiteiligen Musters bezieht, sieht sie den Widerspruch und korrigiert ihren Term.

Bei Hemikes Sichtweise treten verschiedene unbestimmte Zahlen in der gegebenen geometrischen Darstellung auf: Zunachst ist da der anfangliche Streifen, fUr den sie die Beschreibung "x" verwendet. Dann gibt es das Rechteck aus acht kleinen Quadraten, das sie mit einem anderen Zeichen, ,,0", darstellt. Dieses Rechteck reprasentiert in ihren Au­gen offenbar eine weitere unbestimmte, von der ersten Unbestimmten unabhangige Zahl. Au13erdem treten noch unbestimmte Zahlen auf, die aus der ersten Unbestimmten, ge­nannt x, gewonnen werden: das Vierfache von x und die Summe aus dem Vierfachen von x und Acht. Diese von x abhangigen unbestimmten Zahlen, auf die jeweils eine neue Operation angewendet wird, bezeichnet Hemike ebenfalls mit dem Zeichen "x". Es bleibt offen, welcher der gegebenen Zusammenhange Hemikes Vorstellung eigentlich bestimmt: Verwendet sie das Zeichen "x" jeweils fUr die unbestimmte Zahl, auf die ihre aktuelle Operation angewendet wird? Oder betrachtet sie "x" als Zeichen rur alle unbe­stimmten Zahlen, die aus dem urspriinglichen x entstehen? Oder handelt es sich hier nicht um eine bestimmte Sichtweise auf die Bedeutung und Verwendungsweise einer Variablen, sondem urn eine bestimmte Interpretation des gegebenen geometrischen Mus­ters? Nach der Intervention der Interviewerin nimmt Hemike den Gesamtzusammenhang der drei Teilmuster in den Blick und stellt die spezifische Abhangigkeit des linken Teils des dritten Teilmusters yom ursprunglich mit "x" bezeichneten Streifen durch einen Term dar.

4.1.2 Rico

Rico hat zu der Rechenaufgabe (117·4+8):4 keine eigene Skizze angefertigt. Er erhalt daher die Skizze der Interviewerin mit dem Kommentar, dass zunachst angenommen wird, dass in dem ersten Streifen 117 Niisse liegen. Zudem erganzt die Interviewerin in dem ersten Streifen vome und hinten je zwei Kringel und dazwischen Piinktchen. Diese Darstellungsweise hat Rico namlich im ersten Teil des Interviews zu "Timos Trick" fUr groBe Zahlen verwendet. Es ist eine Form, die noch an die einzelnen Punkte erinnert, ohne dass ihre Anzahl in einer Weise dargestellt wird, dass sie einzeln abgezahlt werden konnen. Rico wird dann gebeten, die Skizze zu deuten.

Er schreibt neben das erste Teilmuster 117·4

und beschreibt damit richtig den vierfachen 117er Streifen. Neben das zweite Teilmuster schreibt er:

117+8. Zu dieser Beschreibung passt nicht mehr die urspriingliche Bedeutung, dass in ei­

nem langen Streifen 117 Nusse sind. Rico verwendet hier ,,117" in der gleichen Weise, wie Hemike mit dem Zeichen "x" urngeht: ,,117" reprasentiert das, worauf die jeweilig betrachtete Operation angewendet wird, oder das, worin die urspriingliche 117 verwan­delt wurde. Er verbindet 117 nicht mit dem langen Streifen als Anzahl der Nusse, die in jedem dieser Streifen liegen, sondem verwendet das Zahlzeichen 117 variabel als Be-

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zeichnung fUr Objekte, deren spezifische GroBe nicht abgezlihlt werden kann oder nicht relevant erscheint.

Ohne Ricos Antwort weiter zu kommentieren, fragt die Interviewerin nach, ob er sich mit dieser Antwort sicher ist. Er zogert einen Moment, lachelt, und korrigiert seinen schriftlichen Term zu 117·4+8. Damit sieht er das zweite Teilmuster im Zusammenhang mit dem urspriinglichen Streifen - nicht nur mit dem ersten Teilmuster - und kehrt er zu der ersten Deutung fUr 117 zuruck. SchlieBlich beschriftet er noch das dritte Teilmuster mit 117·4+8:4. Dieser Term ist nicht ganz korrekt, denn es fehlen Klammern, aber es sieht so aus, dass Rico nun bei der Bedeutungszuordnung fUr 117 bleibt.

4.1.3 Tom

Als Tom das Arbeitsblatt mit der vorbereiteten Skizze erhalt, werden fUr ihn wie fUr Ri­co entsprechend seiner eigenen Darstellung Kringel und Ptinktchen in den ersten Steifen gezeichnet, die andeuten, dass Ntisse darin liegen. Tom wird dann gefragt, welche Auf­gabe das dreiteilige Muster darstellen konnte.

Tom deutet den ersten Teil verbal als "vier mal zehn" und schreibt diesen Ausdruck neben das Muster:

4·10 Zum zweiten Teil erklart er: "Das (dabei zeigt er auf den vorderen Teil des zweiten

Teilmusters) sind dann halt hier wieder die vier mal zehn, und dann plus acht.". Er no­tiert neben dieses Teilmuster:

+8 AnschlieBend zeigt er auf das dritte Teilmuster und erklart: "und dann durch vier".

Er notiert neben diesem Teil: :4

In dieser Episode zeigt Tom durch seinen gesprochenen Kommentar zum zweiten Teil, dass er das ganze Muster im Blick hat. Er notiert schriftlich jedoch nur das, was neu hinzukommt gegeniiber dem vorhergehenden Teil der Skizze. So stellt seine schrift­liche Beschreibung die zuletzt ausgefUhrte Operation dar. Zum dritten Teilmuster er­wahnt er auch miindlich iiberhaupt nur die Operation, die vom zweiten zum dritten Teil fUhrt. In beiden Fallen notiert er die Operation, ohne anzugeben, auf was sie angewendet wird. Liest man allerdings die schriftliche Darstellung aller drei Teile zusammen, so er­gibt sich eine vollstandige Darstellung der Rechenaufgabe, die durch die dreiteilige Skizze beschrieben ist:

4·10 +8 :4

Die Interviewerin fragt nun, wie die gesamte Aufgabe, die er beschrieben hat, lauten wfude, und Tom antwortet: "In Klammern vier mal zehn plus acht Klammer zu durch vier." Er notiert dazu:

4·10+8:4 lasst hier die Klammern also weg. Das mag ein Fltichtigkeitsfehler sein, denn seine mtindliche Beschreibung berucksichtigt die Klammern. Es mag aber auch an der Uber­tragung der oben in drei Zeilen notierten Beschreibung liegen, in der keine Klammern gebraucht werden, da die Reihenfolge der Operationen durch die drei Zeilen - bzw. die

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drei Teilmuster - gegeben ist. Deutlich wird, dass Tom hier die gesamte Aufgabe im Blick hat, auch wenn er zu den Einzelteilen jeweils nur die aktuelle Operation auf­schreibt.

Die Interviewerin fragt nun, wie man die Aufgabe notieren konnte, wenn man nicht weiB, wie viele Niisse in dem Streifen sind. Tom erkHi.rt "Indem man einfach son Strich und dannjetzt z.B. plus acht durch vier" und notiert dazu:

-+8:4 Er fahrt fort: "Hatte man hier noch, da (er zeigt auf den Strich, den er etwas verliingert) kann dannjede Zahl drin sein."

Mit dieser Notation gelangt Tom zu einer allgemeinen Darstellung, die eine unbe­stimmte Zahl verwendet, hier reprasentiert durch den "Strich". Er wendet auf seine Vari­able nur die beiden letzten Operationen, plus Acht und geteilt durch Vier, an, nicht die Multiplikation mit Vier. Das erinnert an das bei Henrike und Rico beschriebene Verhal­ten, auch wenn Tom hier noch zwei Operationen, nicht nur die letzte, berucksichtigt. Der Grund, warum er die erste Operation weglasst, liegt bei Tom moglicherweise darin, dass sie vor der unbestimmten Zahl - fUr die er zunachst zehn gewlihlt hatte - steht, und da­her nicht als sukzessives Anhangen der jeweils nachsten Handlung notiert wurde. Der Grund konnte aber auch sein, dass er das erste Teilmuster in der Skizze als Ausgangsba­sis ansieht, und nicht den ursprunglichen, durch die schriftlichen Erlauterungen optisch abgesetzten Streifen.

4.1.4 Marja

Marja erhalt ebenfalls ein Arbeitsblatt, auf dem Kringel und Punkte im ersten Streifen erganzt werden, dazu den Kommentar, dass man nicht weiB, wie viele Niisse dargestellt sind, und die Frage, welche Rechenaufgabe durch die Skizze reprasentiert sein konnte.

Marja beschriftet die drei Teilmuster wie folgt: 4·0

4·0+8 0+2

Marja verwendet ein Zeichen fUr eine unbestimmte Zahl, mit dessen Hilfe sie drei Terme notiert, die jeweils ein Teilmuster der Skizze vollstandig und allgemein beschrei­ben. Sie erganzt nicht nur, was bei jedem neuen Teil der Skizze hinzukommt, sondem beschreibt jedes Teilmuster vollstandig. Das dritte Muster stellt sie in dem dar, was es fUr sich genommen zeigt, nicht in seiner Entstehung aus dem zweiten Muster. Auf diese Weise ist der dritte Term bei Marja einfacher als bei den zuvor vorgestellten Kindem, denn sie kommt mit einem einzigen Operationszeichen aus. Marja deutet jedes der drei Teilmuster in Beziehung zu dem urspriinglichen Streifen. Entsprechend zeigt sie eine Variablenverwendung, bei der die Variable injedem Term dieselbe Zahl, namlich die ihr nicht naher bekannte Anzahl der Niisse in einem Streifen, reprasentiert.

4.2 Variablenverwendungen bei den vier Kindern

In den demonstrierten formalen Darstellungen der interviewten Kinder geht es jedes Mal urn Rechenaufgaben mit unbestimmten Zahlen, in denen die Unbestimmte und weitere, von ihr abhlingige Unbestimmte auftreten. Einige dieser Darstellungen, namlich Ricos

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und auch Toms erste, verwenden Beispielzahlen zur Darstellung der Zeichnung. Beide verrechnen diese Beispielzahlen jedoch nicht in Zwischenergebnisse, sondern gebrau­chen ihre jeweilige Anfangszahl als Baustein, den man weiterverfolgen kann, und mit dessen Hilfe die allgemeine Termstruktur sichtbar gemacht wird. Hemike und Marja verwenden Variablenzeichen, die keine bestimmte Zahl auszeichnen. Alle diese Darstel­lungsmittel sind im Folgenden eingeschossen, wenn von "Variablen" die Rede ist.

In ihrem Versuch, die gegebene geometrische Zeichnung in formale Darstellungen zu tibersetzen, nehmen die Kinder unterschiedliche Schwerpunktsetzungen bei ihrer Deutung der Zeichnung ein. Diese wiederum stehen in engem Zusammenhang zu ihrer Verwendung von Variablen. Wir sehen uns zunachst ihre anfanglichen Deutungen an, bevor die Interviewerin interveniert.

Ein Madchen, Marja, interpretiert die dreiteilige geometrische Darstellung als eine Beschreibung von drei Objekten, deren Bauplane jeweils auf den urspriinglichen Streifen bezogen sind. Sie geht nicht auf Zusammenhange zwischen den drei Teilmustern ein. Diese Sichtweise spiegelt sich in ihrer Termdarstellung wider: Fiir den Ausgangsstreifen verwendet sie ein Variablensymbol, welches injeder ihrer drei formalen Beschreibungen als Baustein aufiritt, mit des sen Hilfe sie die spezifische Beziehung des jeweiligen Teil­musters zum Ausgangsstreifen darstellt: Unbestimmte, die von der urspriinglichen Unbe­stimmten abhangig sind, werden in ihrer Beziehung zu dieser exakt beschrieben.

Die anderen drei Kinder, namlich Hemike, Rico und Tom, interpretieren die dreitei­lige geometrische Darstellung als eine Beschreibung von drei Operationen, die an den Veranderungen vom Ausgangsstreifen zum ersten Teilmuster bzw. von jeweils einem Teilmuster zum nachsten erkannt werden. Hemike und Rico nehmen dabei jede dieser Operationen einzeln in den Blick, ohne das gesamte Muster als eine Einheit anzusehen. Sie finden formale Beschreibungen dieser Operationen, indem sie fur das jeweilige Aus­gangsmuster ihre Variable verwenden und auf diese die Operation anwenden, mit der sie den Ubergang zum nachsten Teilmuster deuten. Auf diese Weise beschreiben sie die einzelnen Abhangigkeiten zwischen den auf einander folgenden Teilmustern. Mit dieser Vorgehensweise ist verbunden, dass sie ihrer Variablen in den drei Termen unterschied­liche Bedeutungen zuordnen. Die Abhangigkeit dieser Variablen von einander wird nicht quantitativ exakt angegeben. Moglicherweise ist aber der gemeinsame Name als qualita­tive Kennzeichnung der Existenz einer Abhangigkeit zu verstehen.

Tom beriicksichtigt in seiner Interpretation der gegebenen Zeichnung ebenfalls die Ubergange zwischen den Teilmustern, dariiber hinaus zeigt er aber auch, dass er eine Veranderung tiber mehrere Teilmuster im Blick hat. In seiner verbalen Reprasentation des zweiten Terms beschreibt er diese Entstehung des zweiten Teilmusters aus dem ur­spriinglichen Streifen mit Hilfe einer Variablenvorform. In seiner schriftlichen Darstel­lung hingegen notiert er ausschlieBlich die einzelnen Operationen, die von einem zum nachsten Teilmuster fuhren, ohne dabei eine Variable zu gebrauchen.

Bei Henrike, Rico und Tom gibt die Interviewerin mehr oder weniger deutliche An­regungen, die die Kinder veranlassen, ein Teilmuster in einem groBeren Zusammenhang, nicht nur in Bezug zum vorangehenden Teilmuster, zu sehen. Alle drei wechseln darauf­hin zu einer anderen Variablenverwendung, in der die Variable immer fur den urspriing­lichen Streifen steht und die Teilmuster durch Terme beschrieben werden, welche ihre spezifische Abhangigkeit von diesem Streifen zum Ausdruck bringen.

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4.3 Kritische Reflexion des U ntersuchungsdesigns

Die Kinder zeigen verschiedene Einsatzmoglichkeiten des Werkzeugs "Variable" zur Darstellung von arithmetischen Beziehungen, die durch das geometrische Muster gege­benen werden. Ein Variablengebrauch, bei dem die Variable ihre Bedeutung von Term zu Term wechselt, wie Henrike und Rico ibn anfangs zeigen, entspricht nicht den Kon­ventionen der algebraischen Sprache. Nun stellt sich die Frage, ob dieser Gebrauch auf eine Fehlvorstellung zuriickgeht, welche grundsatzliche Probleme im Variablen­verstandnis impliziert, oder ob er lediglich durch die besondere Art der vorgegebenen geometrischen Darstellung angeregt wird. Auch wenn diese nicht notwendig einen sol­chen Wechsel von der Variablenbedeutung hervorrufi, wird doch deutlich, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem eingenommenen Fokus auf die Zeichnung und der Vari­ablenverwendung besteht.

Moglicherweise ware fUr die empirische Untersuchung eine einzelne, geschlossene geometrische Darstellung des Terms (4·x+8):4 eine geeignetere Vorgabe gewesen, urn Variablenverwendungen der Kinder zu untersuchen. Eine Darstellung der Art, wie Laura sie verwendet, erhielten Kinder einer der anderen beiden Testklassen in einer Obungs­aufgabe. Es zeigte sich, dass hier bei mehreren Operationen die Reihenfolge nicht klar war und dass von einigen iiberhaupt nur eine einzige Operation beriicksichtigt wurde. Insbesondere sahen viele Kinder die Schraffierung eines Teils der Zeichnung nicht als Markierung des Ergebnisses an. Bei einer weiteren Versuchsreihe ware es vielleicht loh­nend, zwar ein einziges, geschlossenes Muster zu verwenden, dieses aber im Beisein des interviewten Kindes erst aufzuzeichnen, sodass die Reihenfolge der Entstehung eindeu­tig vorgegeben wird.

Ein Problem, das diese Art der Untersuchung von Variablenauffassungen grundsatz­lich beinhaltet, ist die Vieldeutigkeit von geometrischen Darstellungen arithmetischer oder algebraischer Strukturen: Da solche Strukturen nicht explizit gegeben werden, miis­sen sie in die Darstellung hineingelesen werden. Bei diesem Deutungsvorgang k6nnen unterschiedliche Teilstrukturen hervorgehoben oder entdeckt werden. Diese Offnung fUr vieWiltige Interpretationen erschwert die Analyse der gewonnenen empirischen Daten und ihre Einordnung in allgemeine Kategorien der Variablenverwendung: den einzelnen Kindem kann nicht jeweils eine Form des Variablengebrauchs zugeordnet werden, son­dem er ist abhangig von dem Fokus, den sie auf die geometrische Darstellung einneh­men. 1m Hinblick auf die Komplexitat der gestellten Aufgabe (bestehend aus der Inter­pretation einer geometrischen Darstellung einer mehrgliedrigen arithmetischen Struktur und der Beschreibung der wahrgenommenen Beziehungen mit Hilfe von formalen, aber noch nicht konventionalisierten Darstellungsmitteln) ist dies nicht verwunderlich. Letzt­lich handelt es sich urn ein sachimmanentes Problem, das zwar durch eine gute Wahl der Darstellung gemildert, aber wohl nicht ganz ausgeraumt werden kann.

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5 Riickblick und Ausblick

Der Aufsatz stellt ein Unterrichtskonzept vor, das Schiilerinnen und Schiilem der Klas­senstufe 5 Anregungen gibt, nach Mustem und Strukturen in Rechenaufgaben zu suchen und diese geometrisch zu reprasentieren. Innerhalb des arithmetischen Kontextes werden mit Hilfe der geometrischen Darstellungen Sichtweisen auf Rechenterme und Umgangs­formen angeregt, die nach empirischen Untersuchungen zur Praxis des Mathematikunter­richts als ungewohnlich fUr das Lemen in arithmetischen Kontexten bezeichnet werden. Es sind zugleich Auffassungen von Termen und Operationen, die fUr einen verstandigen Gebrauch der algebraischen Sprache als notwendig angesehen werden.

1m Kontext dieser Lemumgebung werden Schtilerinnen und Schiiler unter der Frage­stellung beobachtet, welche Vorformen des Variablenbegriffs sie gebrauchen, und in welcher Weise sie diese einsetzen, urn arithmetische Abhangigkeiten darzustellen.

Als Vorformen von Variablen kann eine Skala von zunehmend abstrakten Zahlauf­fassungen bezeichnet werden. Dabei besteht die Abstraktion in einem Absehen von spe­zifischen Eigenschaften bestimrnter Zahlen. Auf der ersten Stufe treten sie als Zahlen auf, deren absolute GroBe genutzt wird, urn z. B. Rechenhandlungen explizit auszuflih­ren und mit einem Ergebnis zu versehen, das durch einen Zahlnamen reprasentiert wird. Auf der nachsten Stufe wird auf diese Moglichkeit des Ausrechnens verzichtet. Zwar wird weiterhin durch einen Zahlnamen auf eine bestimrnte Zahl verwiesen, aber sie wird im Sinne eines Bausteins eingesetzt und kann bis zurn Endergebnis hin verfolgt werden. Auf der dritten Stufe wird ein Baustein weiterhin mit einem Zahlnamen reprasentiert, aber dieser Name steht nicht ausschlieBlich fUr die benannte Zahl, sondem dient als Stellvertreter, an dem gezeigt wird, wie mit einer beliebigen Zahl verfahren wird. Auf der vierten Stufe wird auf die Benennung und damit Hervorhebung einer bestimrnten Zahl verzichtet. Stattdessen erhalt der Baustein ein neutrales Zeichen wie einen Buchsta­ben oder ein "Platzhalterzeichen".

Der Stellvertretergedanke scheint flir einige Lemende ein Konzept zu sein, mit dem sie selbststandig den Aspekt der Unbestimrnten erfassen und komrnunizieren konnen. Auch das Prinzip, dass eine Zahl nicht imrner in ihrer absoluten GroBe relevant ist, son­dem als ein Baustein auftreten kann, der unverandert beibehalten werden kann und im Endergebnis erscheint, wird von vie len der an der Unterrichtsreihe beteiligten Schiilerin­nen und SchUler genutzt. Hier erweisen sich diese beiden Auffassungen als hilfreiche Zwischenstufen zwischen arithmetischen und algebraischen Objekten. Es kann lohnend sein, Schiilerinnen und Schiilem innerhalb eines arithmetischen, voralgebraischen Rah­mens Zeit zu geben, Zahlen als Bausteine und als Stellvertreter flir andere Einsetzungen zu gebrauchen. Es konnen viele Anlasse flir eine solche Bausteinverwendung geschaffen werden: etwa Rechenaufgaben wie die in diesem Aufsatz vorgestellten, in denen auf­grund von Rechengesetzen oder Urnkehroperationen die Endergebnisse in einer einfa­chen Beziehung zu einer Ausgangszahl stehen. Hier lohnt es sich, dieser Beziehung auf die Spur zu kommen. Anregungen zur Bausteinsichtweise geben aber auch schon Auf­gabenstellungen, in denen Terme als Zahlen benannt werden, und in denen es ntitzlich ist, mit ihren Bestandteilen zu argumentieren, statt Ergebnisse "auszurechnen". In neue­ren Grundschulbtichem finden sich viele Beispiele dieser Art.

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Die Stufenabfolge von zunehmend abstrakten Zahlauffassungen von bestimmten hin zu unbestimmten Zahlen zeigte sich in einer Aufgabenumgebung, die den Variable­naspekt der generalisierenden Zahl betont. Fili den Variablenaspekt der gesuchten Un­bekannten, in der eine Zahl gesucht wird, welche eine gegebene Bedingung erfUllt, ist diese Stufenabfolge wenig sinnvoll: Die gesuchte Zahl ist eine bestimmte Zahl, deren spezifische Eigenschaften - ihre genaue GroBe - gesucht werden. Gibt es fUr diesen Va­riablenaspekt ebenfalls hilfreiehe Zwischenstufen, die Lemenden erleichtem, die Idee einer bestimmten, ihnen aber noch nicht dem Namen nach bekannten Zahl und den Um­gang mit einer solchen Zahl erleiehtem? Hier ist eine eigene empirische Untersuchung wiinschenswert. Gleiehes gilt fUr weitere Variablenaspekte, etwa den der funktionalen Veranderung. Weitergehend stellt sich dann auch die Frage, wie die verschiedenen Vari­ablenaspekte von Lemenden zu einem vielseitigen Variablenkonzept verbunden werden, bzw. welche didaktischen MaBnahmen dies unterstiitzen konnen.

Die Kinder in der vorgestellten Interviewuntersuchung gebrauchen Zeichen mit Vari­ablenfunktion in unterschiedlicher Weise, urn Abhangigkeiten von Unbestimmten aus­zudriicken. Eine Analyse ihres Verhaltens bei der Beschreibung einer strukturierten ge­ometrischen Darstellung zeigt, dass hier keine einfache Klassifizierung der Kinder nach ihrer Variablenverwendung moglich ist, denn die Art und Weise, wie sie Variablen als Darstellungsmittel einsetzen, hlingt unmittelbar mit ihrem individuellen Fokus auf die gegebene geometrische Darstellung ab: ein Wechsel dieses Fokus ilihrt auch zu einem veranderten Variablengebrauch.

Fili die Unterrichtspraxis zeigt diese differenzierte Antwort einmal mehr, dass Schlussfolgerungen von SchUlerverhalten auf leitende Vorstellungen und Uberzeugun­gen nieht zu oberflachlich erfolgen dfufen. Insbesondere ist die Beriicksichtigung von individuellen Auffassungen einer Aufgabe oder Darstellung und jeweiligen Intentionen der Lemenden wiehtig fUr ein Verstehen ihres Verhaltens. Es scheint mir wichtig, Griin­de fUr eine bestimmte Variablenverwendung im Unterricht zu thematisieren. Das gilt sowohl rur Griinde, die hinter den Konventionen der Algebra stehen, als auch fUr Griin­de, die SchUlerinnen und SchUler fUr ihre Entscheidungen haben, wenn sie die Werte wechseln, fUr die ihre Variablenzeichen stehen. Auf einem solchen Weg der Erorterung von Bedeutungen und praktischen Erwagungen konnen Vorstellungen von Lemenden geformt und Fehlinterpretationen ausgeraumt werden.

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Adresse der Autorin

Astrid Fischer Universitat Duisburg-Essen Fachbereich Mathematik Universitatsstr.2 45117 Essen

Manuskripteingang: 19. Apri12008 Typoskripteingang: 10. November 2008