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Zwischen Magie und Prophetie Religionsgeschichte des Neuen Testaments Sommersemester 2010 Thomas Söding Lehrstuhl Neues Testament Katholisch-Theologische Fakultät

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Zwischen Magie und Prophetie

Religionsgeschichte des Neuen TestamentsSommersemester 2010

Thomas SödingLehrstuhl Neues TestamentKatholisch-Theologische Fakultät

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Söding, Religionsgeschichte des NT SS 2010 2

1. Aufgabe und Methode

Göreme (Kappadokien, Türkei), Tokali Kilise-Schnallenkirche.-Fresko, byzantinisch, 10. Jahrhundert.

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1. Aufgabe und Methode

Das Imperium Romanum 125 n. Chr.

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1. Aufgabe und Methode

Das Pantheon in Rom,von Kaiser Hadrian, einem griechisch kultivierten Römer und üblen Verfolger von Juden wie Christen, 118-125 n. Chr. auf dem Marsfeld erbaut und „allen Göttern“ gewidmet, 609 n. Chr. als katholische Kirche Maria und allen Heiligen geweiht.

Wolfgang Martin, Das Pantheon Hadrians in Rom. Das Bauwerk und seine Deutung, Stuttgart 2006

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2. Magie und Zauberei

• Ex 22,17s `hY<)x;t. al{ï hp'ÞVek;m. mekaschepah

farmakou.j ouv peripoih,sete(pharmakous)

EÜ 1979Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen. Luther 1985Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen. Bible de Jerusaleme Tu ne laisseras pas en vie la magicienne.

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2. Magie und Zauberei

• Apg 8,9VAnh.r de, tij ovno,mati Si,mwn prou?ph/rcen evn th/| po,lei mageu,wn kai. evxista,nwn to. e;qnoj th/j Samarei,aj( le,gwn ei=nai, tina e`auto.n me,gan(Ein Mann namens Simon aber lebte lange schon in der Stadt und trieb Magie; er brachte das Volk von Samaria außer sich; er nannte sich selbst einen Großen.

Einheitsübersetzung:Ein Mann namens Simon wohnte schon länger in der Stadt; er trieb Zauberei und verwirrte das Volk von Samarien, da er sich als etwas Großes ausgab.Lutherbibel: Es war aber ein Mann mit Namen Simon, der zuvor in der Stadt Zauberei trieb und das Volk von Samaria in seinen Bann zog, weil er vorgab, er wäre etwas Großes.Elberfelder:Ein Mann aber, mit Namen Simon, befand sich vorher in der Stadt, der trieb Zauberei und brachte das Volk von Samaria außer sich, indem er von sich selbst sagte, daß er etwas Großes sei; Vulgata:vir autem quidam nomine Simon qui ante fuerat in civitate magus seducens gentem Samariae dicens esse se aliquem magnum.

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2. Magie und Zauberei

S Sernin , Touluse, Porte Miegeville, 1080-1120 (unterhalb vom Petrus)

Avanzino Nucci, Petrus und Simon Magus, 1620, Öl auf Leinwand, 155 x 134 cm,

Fondazione Cassa di Risparmio di Perugia

Film UK 1999 mit Ben Hopkins

Leonora Carrington,

Bronze, Mexico City,

2007, Ausstellung

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2. Magie und Zauberei

• Apg 19,19 i`kanoi. de. tw/n ta. peri,erga praxa,ntwn sunene,gkantej ta.j bi,blouj kate,kaion evnw,pion pa,ntwn( kai. suneyh,fisan ta.j tima.j auvtw/n kai. eu-ron avrguri,ou muria,daj pe,nteÅ

Viele derer, die Magie betrieben hatten, trugen ihre Bücher zusammen und verbrannten sie; als man deren Preis zusammenrechnete, fand man heraus: 50.000 Silberdrachmen.

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StadionGymnasium

Bibliothek

Theater

Tempel der Artemis

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2. Magie und Zauberei

• Mk 3,22„Er hat den Teufel im Leib; im Namen Beelzebuls, des Fürsten der Dämonen, treibt er die Geister aus.“

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2. Magie und Zauberei

• Apuleius, Apologie (158/159 n. Chr.)Apuleius will sich gegen den Vorwurf verteidigen, eine reiche Witwe nur durch Liebeszauber zur Heirat bewegt zu haben.

Denn wenn, wie ich bei den meisten lese, auf persisch „Magier“ heißt, was wir in unserer Sprache „Priester“ nennen – was in aller Welt ist es dann für ein Verbrechen, Priester zu sein und sich in den Bestimmungen der heiligen Bücher, in der Ordnung der Opfer und der Satzung des Kultes gehörig auszukennen. (25,26f.)Magier ist, wer durch mündlichen Verkehr mit den unsterblichen Göttern zu erlangen, was er sich wünscht, , durch eine gerade unglaubliche Kraft seiner Zauberformeln fähig ist (26,3).

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2. Magie und Zauberei

• Plinius der Ältere, NaturgeschichteEs gibt in der Tat niemanden, der nicht fürchtete, durch schreckliche Verwünschungen gebannt zu werden. (HistNat 28,19).

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2. Magie und Zauberei

• Plotin, Enneaden (Neun Punkte)Wie aber erklären wir die magischen Wirkungen? Durch die Sympathie des Alls, durch den bestehenden Einklang des Gleichen und den Gegensatz des Ungleichen, durch die bunte Fülle der zahlreichen Kräfte, die doch zusammenwirken zur Einheit des kosmischen Organismus, … Die wahre Magie ist nämlich die Freundschaft und der „Streit“ im All, das ist der oberste Zauberkünstler und Hexenmeister. Ihn kennen die Menschen nur allzu gut und benutzen seine Kräuter und Formeln gegen einander. (4, 40, 216f.)

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Plotin (205-270 n. Chr.)12

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2. Magie und Zauberei

• Amulette

Römisches Amulett

Ägyptische€ Amulette Kunsthistorisches Museum Wien

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2. Magie und Zauberei

• FluchtafelIch habe Nikon gegriffen und an Händen und Füßen, Zunge und Seele gefesselt. Wenn er über Philon Schmähreden führen will, werde seine Zunge zu Blei, und du durchbohre seine Zunge. Und wenn er etwas unternehmen will, so sei es für ihn null und nichtig, und alles sei ihm unsicher.(SIG3 III 1175)Piräus, 3./4. Jh. v. Chr.

Fluchtafel auf Griechisch, Bleilamelle, 4. Jh. n. Chr., Fund aus dem Kolumbarium der Villa Doria Pamphili in Rom

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2. Magie und Zauberei

Pariser Zauberpapyrus (3./4. Jh. n. Chr.)

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2. Magie und Zauberei

Lukian von Samosataca. 120 – ca. 180 oder 200 n. Chr.

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3. Opfer

Nicolaes Berchem, Paulus und Barnabas in Lystra 1650 . Öl auf Leinwand 164 x 135cm Musée d'Art, Saint-Etienne

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3. Opfer

• Apg 14,11-1711Als die Massen sahen, was Paulus getan hatte, brüllten sie auf Lykaonisch: „Die Götter haben sich den Menschen angeglichen; sie sind zu uns herabgestiegen!“ 12Und sie riefen Barnabas „Zeus“, Paulus aber „Hermes“, weil er der Wortführer war. 14Der Priester des Zeus aber, der vor der Stadt war, trieb bekränzte Stiere an die Tore, um sie mit dem Volk zu opfern. 14Als die Apostel Paulus und Barnabas das hörten, zerrissen sie ihre Kleider, sprangen unter das Volk und riefen: „15Männer, was tut ihr? Auch wir sind leidende Menschen wie ihr. Wir verkünden euch, von diesen Nichtigkeit abzukehren zum lebendigen Gott, der den Himmel erschaffen hat und die Erde und das Meer und alles darin, 16der in den vergangenen Generationen allen Völkern erlaubt hat, ihre Wege zu gehen 17und sich ihnen nicht unbezeugt gelassen hat, indem er ihnen Gutes tat, vom Himmel euch Regen gab und Erntezeiten und Speise und eure Herzen mit Freude erfüllte.“

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3. Opfer

Sanzio RaffaelPaulus auf dem Areopag

1515Tempera auf Papier,

befestigt auf LeinwandVictora und Albert

Museum London

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3. Opfer

• Apg 17,22-29„22Athener, nach allem, was ich sehe, seid ihr besonders fromme Leute. 23Denn als ich umherging und mir eure Heiligtümer ansah, fand ich auch einen Altar mit der Aufschrift: DEM UNBEKANNTEN GOTT. Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, verkünde ich euch.24Gott, der die Welt erschaffen hat und alles, was in ihr ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die von Hand gemacht sind. 25Er lässt sich auch nicht von Menschenhänden bedienen, als ob er etwas bedürfte: er, der selbst allem Leben gibt und Atem und alles. 26Er hat aus einem Einzigen die ganze Menschheit erschaffen, dass sie auf dem gesamten Angesicht der Erde wohne, er hat genaue Zeiten und Grenzen ihrer Siedlung festgesetzt, 27dass sie Gott suchten, ob sie ihn denn fühlten und fänden, da er ja keinem einzigen von uns fern steht.28Denn in ihm leben wir und weben wir und sind wir, wie auch einige Dichter bei euch gesagt haben: ‚Wir sind von seiner Art’ (Aratos, Phainomena) . 29Die wir nun von Gottes Art sind, dürfen nicht meinen, Gold und Silber oder Stein, ein Gebilde der Kunst, ein Einfall von Menschen, sei dem Göttlichen gleich.

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3. Opfer

• Lk 22,14-1814Und als die Stunde kam, ließ er sich nieder und die Apostel mit ihm. 15Und er sagte zu ihnen: „Voll Sehnsucht habe ich danach verlangt, das Paschamahl mit euch zu essen vor meinem Leiden. 16Denn ich sage euch: Ich werde es nicht mehr essen, bis es erfüllt wird im Reich Gottes.“

• 1Kor 5,7Unser Paschalamm ist geopfert: Christus. to. pa,sca h`mw/n evtu,qh Cristo,jÅ

Dieric Bouts der Ältere. Das letzte Abendmahl 1464-67Oil auf Holz 180 x 150 cmSint-Pieterskerk, Leuven

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3. Opfer

• Röm 12,1fIch ermahne euch durch das Erbarmen Gottes, euer Leben Gott zu weihen als lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer. Das ist euer vernünftiger Gottesdienst.Passt euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch durch neues Denken, damit ihr beurteilt, was der Wille Gottes ist, das Gute, das Wohlgefällige und Vollkommene.

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3. Opfer

Römisch, vor 79 n.Chr.-Ehepaar bei der Darbringung

von Opfergaben.-Wandmalerei. Herkunft: Stabiae (Kampanien

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3. Opfer

• Lukian von Samosata, De sacrificiis 9Sie schauen auf die Erde hinab und blicken allenthalben aufmerksam umher, ob sie irgendwo ein angezündetes Feuer oder Wolken von Rauch emporsteigen sehen, die ihnen den Opfergeruch zuführten, derer ihren Nasen so angenehm ist. Opfert ihnen nun jemand, so betrachten sie es als ein herrliches Traktament, das ihnen gegeben werde, sperren alle die Mäuler so weit auf als sie können, um den stinkenden Rauch als etwas Deliziöses einzuschlürfen, und lecken wie naschhafte Fliegen das über die Altäre hingegossene Blut . Essen sie aber zuhause, so besteht ihre Mahlzeit in Nektar und Ambrosia. (Übersetzung: Ch. M. Wieland)

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3. Opfer

• Seneca, Oedipus 299f.Treib einen Stier mit reinem weißem Rücken und eine Färse, die noch nie ein krummes Joch im Nacken niederdrückte, her zu den Altären.

Griechische Vasenmalerei, attisch, rotfigurig, 5.Jahrhundert v.u.Z.-Opferszene mit einem Stieropfer.-Pelike. Inv.Nr. 1144 Antikensammlung

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3. Opfer

Vasenbild;Griechisch, 3./4. Jh. v. Chr. Louvre, Paris

Trankopfer

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4. Tempel und Priester

Zeichnung: J.-P. Vandenerghe - M. Valcke Citè de l‘´Evangile

Der Tempel von Jerusalem zur Zeit des Herodes

Münze aus der Zeit Bar Kochbasmit dem Portal des Tempels

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4. Tempel und Priester

Tempel der Artemis von Ephesus

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4. Tempel und Priester

• Apg 19,35„Welcher Mensch kennt nicht die Stadt Ephesus, die Hüterin des Tempels der großen Artemis und des vom Himmel gefallenen Bildes?“

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4. Tempel und Priester

Der Tempel des Apoll in Korinth vor der Akropolis

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4. Tempel und Priester

Delphi

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4. Tempel und Priester

1 Tempel des Jupiter2 Tempel der Juno sowie Burg und Münze 3 Staatsarchiv 4 Tempel des Saturn und Staatsschatz 5 Tempel des vergöttlichten Vespasians (6-79 n. Chr.) 6 Tempel der staatlichen Eintracht (Templum Concordiae) 7 Kerker 8 Rathaus 9 Rednertribüne 10 Markt- und Gerichtshalle (Basilica Aemilia) 11 Markt- und Gerichtshalle (Basilica Iulia) 12 Tempel des Castor und Pollux 13 Vestatempel mit dem ewigen Feuer sowie Haus der Vestapriesterinnen 14 Tempel des vergöttlichten Caesar 15 ehemaliges Königshaus, später Haus des Oberpriesters 16 Forum des Caesar 17 Kaiserforen

Forum Roman (Rekonstruktionsmodell)

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4. Tempel und Priester

1- Haupteingang  2 - Siegesdenkmäler der Städte (für gewonnene Schlachten gab es ein Opfer in Delphi); 3 - Schatzhaus der Sikyonier; 4 - Schatzhaus der Siphnier; 5 - Schatzhaus der Athener; 6 - Felsen der Sibylle; 7 - Sphinx - Spende der Stadt Naxos; 8 - Versammlungshalle (Buleuterion) und Ruhmeshalle  9 - Dreifuß von Plataiai; 10 - Altar Apollons; 11 - Siegesdenkmal des Aemilius Paullus (römisch); 12 - Tempel Apollons; 13 - Quelle der Musen  14 - Fundort des Wagenlenkers; 15 - Theater 16 Stadion ist oberhalb des Theaters

Graphik nach: Pausaniou Helados Perihegesis, Athen 1981, S. 317 f€

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4. Tempel und Priester

Parthenon-Tempel auf der Akropolis von Athen

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4. Tempel und Priester

Münze aus Elis mit einer Abbildung der Zeusstatue des Phidias aus Olympia.

Nachbildung aus der Eremitage, St. Petersburg

Der Zeustempel von Olympia, 5. Jh. v. Chr.mit der 12 m hohen Zeusstatue des Phidias

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4. Tempel und Priester

• Platon, Politeia 29 (290D)Es ist nötig, dass ein Priester sich nach dem heiligen Spruch des Herkommens darauf versteht,

von uns Menschen mittels der Opfer Gaben an die Götter zu übermitteln, an denen sie Gefallen haben,

und uns wiederum durch Gebete zur Erfüllung unserer Wünsche von Seiten jener zu verhelfen.

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4. Tempel und Priester

• Gesetz über den Asklepiuspriester von Chalkedon Der Priester soll einen Kranz tragen während des Festes und zu den öffentlichen Mahlzeiten gehen. … Kaufen kann das Priesteramt, wer körperlich unversehrt ist und das recht zur Bekleidung eines politischen Amtes besitzt. … Wenn er den vollen Kaufpreis erlegt hat, soll er in sein Amt eingesetzt werden. Die Kosten für die Einsetzungsfeier hat er selbst zu tragen. Der Priester muss den Tempel täglich öffnen. Er ist auch für die Reinigung der Säulenhalle beim Asklepiustempel zuständig. Die Einkünfte fallen ihm von Monat Machanaeus an zu. Der Kaufpreis … beträgt 5038 Drachmen, 4 Cholen. Käufer ist Matris, Sohn des Menios. (SIG3 1009 )(100 v. – 100 n. Chr.)

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4. Tempel und Priester

• Plinius der Jüngere, Epistulae IV 8,1f.Ich freue mich, Augur geworden zu sein, einmal, weil es schön ist, des erhabenen Prinzeps Ansprüche auch in weniger bedeutenden Dingen zu erfüllen, zum anderen, weil das Priestertum als solches altehrwürdig und heilig ist und auch dadurch etwas entschieden Ehrenvolles und Besonderes ist, dass es auf Lebenszeit verliehen wird.(ca. 120 n. Chr.)

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5. Orakel und Prophetie

Das antike Philippi

Die Via Egnatia

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5. Orakel und Prophetie

Apoll von Belvedere

Das Heiligtum von Delphi

Der Tempel des Apoll

Die kastalische QuelleDer Omphalos Römische Kopie im Museum von Delühi

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5. Orakel und Prophetie

Eugene Delacroix,Apoll schlachtet Python Gemälde, 1850-1851 800 x 750 cm) Musee du Louvre, Paris, France

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5. Orakel und Prophetie

Aegeus konsultiert die Pythia, die auf dem Dreifuß sitzt,

vom Maler Kodros ca. 440-430 v.Chr.

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5. Orakel und Prophetie

ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ – Gnothi sautonErkenne dich selbst! – Mosaik aus Pompeji

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6. Politische Theologie

Fragmente der 7 m hohen Kolossalstatue Kaiser Domitians im Museum von Ephesus

GolddenarAufschrift: DOMITIANVS AVGVSTVS

Der Kaiser ist als Alexander der Große dargestellt, bartlos, mit gelocktem Haar und Lorbeerkranz, der Blick nach rechts, heißt: nach Osten gerichtet.

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6. Politische Theologie

Carl Schmitt (1886-1985)

Erik Peterson (1890-196

Jan Assmann (* 1938)

Jacob Taubes

(1923-1967)

Dorothee Sölle (1929-2003)

Jürgen Moltmann (*1926)

Johann Baptist Metz(* 1928)

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6. Politische Theologie

• Plinius der Ältere, Naturgeschichte 2, 18f.Gott zu sein, bedeutet für den Sterblichen, den Sterblichen zu helfen. Das ist der Weg zum ewigen Ruhm. Ihn gingen die vornehmsten Römer. Auf ihm wandelt jetzt, zusammen mit seinen Kindern, der größte Herrscher aller Zeiten, Vespasian Augustus, der erschlafften Welt zu Hilfe zu kommen. Dies ist die älteste Sitte, hochverdienten Männern sich dankbar zu erweisen, dass man solche Helfer unter die Götter versetzt. Denn auch anderer Götter Namen und die oben erwähnten Namen von Gestirnen sind aus verdienstvollen Namen von Menschen entstanden.Vespasian , der 68/69 im Jüdischen Krieg von seinen Truppen vor Jerusalem zum neuen Imperator ausgerufen wurde , hat bis 79 n. Chr. regiert. Plinius ist Naturwissenschaftler, der einen entmythologisierenden Blick auf die Götterverehrung wirft und die Divinisierung als gute Sitte charakterisiert, ohne tiefere religiöse Bedeutung,

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6. Politische Theologie

Marc Aurel (161-180 n. Chr.) vollzieht als Kaiser verhüllten Hauptes – capite velato - vor dem Jupitertempel auf dem Capitol ein Opfer im Kreis seiner Familie und Gefolgschaft.

Fragment eines Triumphbogens

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6. Politische Theologie

Ara Pacis auf dem

Marsfeld in Rom

Die Prozession der kaIserlichen Familie des Augustus

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6. Politische Theologie

• Aelius Aristides, Oratoria 26,32Niemand ist so stolz auf sich, dass er ohne Bewegung bleibt, wenn er auch nur den Namen des Herrschers vernimmt, sondern er erhebt sich, preist und verehrt ihn und spricht zwei Gebete: eines für den Herrscher angesichts der Götter, eines angesichts des Herrschers für sich selbst.

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6. Politische Theologie

• Appian, De Bello Civile 2,148Die Römer erweisen jedem Inhaber des Kaiseramtes, wenn er nicht gerade tyrannisch oder tadelnswert gewesen war, göttliche Ehren nach dem Tode, obwohl sie es nicht einmal ertragen, jene zuvor bei Lebzeiten Könige zu nennen.

Der Autor kritisiert in seiner Geschichte des Bürgerkrieges die „dekadenten“ Einflüsse aus dem Orient , die römische Tugenden aufblähen und dadurch zerstören.

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6. Politische Theologie

Römische MünzeCaesars Tod und Apotheose

Caesars Leiche soll auf dem Forum verbrannt werden. Sein Leichnam aber beginnt sich zu erheben, um in den Himmel zu entschweben. Die römische Viktoria, eine geflügelte Göttin, beobachtet die Szene und verbindet Himmel und Erde.

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6. Politische Theologie

• Seneca, Apocolocyntosis 1,1f.Was sich am 13. Oktober im Himmel zutrug, im ersten Jahr einer neuen Zeitrechnung, zu Beginn des segensreichsten Zeitalters, will ich der Nachwelt zur Erinnerung überliefern. … Wenn es nötig sein sollte, einen Bürgen vorzuführen, möge man den fragen, der schon Drusilla einst zum Himmel auffahren sah. Der wird dann auch beteuern, er habe Claudius humpelnden Schrittes auf seiner Reise zum Himmel gesehen. Schließlich muss der doch, ob er will oder nicht, alles mit ansehen, was im Himmel vorgeht: Er ist nämlich Oberaufseher der Via Appia, auf der, wie man weiß, bereits der göttliche Augustus und Kaiser Tiberius ins Reich der Götter eingegangen sind.

Seneca, politischer Philosoph, später Vormund Neros, des Claudius Nachfolger, bezieht sich auf den Todestag des Kaisers, der ihn nach Korsika verbannt hatte. Mit dem Bürgen meint er den Senator Livius Geminus, den Claudius zu einer Art Verkehrsminister gemacht hatte. Claudius war gehbehindert. Drusilla war Caligulas Schwester und Claudius‘ Tante. Die Aussage würde fürstlich belohnt. Apocolocyntosis heißt wörtlich „Verkürbissung“, auf deutsch: Veräppelung“.

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6. Politische Theologie

• Sueton, De Caligula 22Er gab den Auftrag, durch ihre Heiligkeit und künstlerische Vollkommenheit berühmte Götterbilder aus Griechenland herzuschaffen, ihnen die Köpfe abzuhauen und die Nachbildung seines eigenen Kopfes aufsetzen zu lassen. Dann ließ er einen Teil des Palastes bis zum Forum hin erweitern, baute den Castor- und Pollux-Tempel in eine Vorhalle um und ließ sich häufig, zwischen dem göttlichen Brüderpaar stehend, von den Ankommenden verehren. Einige grüßten ihn auch wirklich mit dem Titel ‚Jupiter von Latium‘. Auch richtete er seinen eigenen Tempel für seine göttliche Person mit Priestern und auserlesenen Opfertieren ein. Im Tempel stand ein naturgetreues goldenes Standbild von ihm, das täglich mit der Kleidung umhüllt wurde, die er gerade trug.

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6. Politische Theologie

• Philo von Alexandrien, Legatio ad Gaium 353

(Caligula:) „Ihr seid also die Atheisten, die nicht glauben, dass ich ein Gott bin.“„Ihr habt geopfert, aber einem anderen Gott, wenn es auch für meine Person gewesen ist. Was aber hilft das? Ihr habt ja nicht mir geopfert!“

Philo führt eine Delegation der Juden Alexandriens, die sich in Rom wegen antijüdischer Übergriffe beschweren, mit Erfolg. Unklar bleibt, ob Caligula ein Blasphemiker oder nicht vielmehr ein Zyniker ist.

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7. Astrologie

Das ptolemäische Weltbild

Das Weltmodell des Thales von Milet

Das Sonnensystem nach heutigerVorstellung

Der Zodiak

Tierkreiszeichen von der Decke eines Tempels im ägypitschen Dendera, heute im Louvre, ca. 51 v. Chr.

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7. Astrologie

• Offb 12,1Ein großes Zeichen erschien am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, den Mond zu Füßen, auf ihrem Kopf ein Kranz von zwölf Sternen.

Matthias Grünewald (1520) Museum Boijmans Van Beuningen

Rotterdam

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7. Astrologie

• Kol 2,20-2320Wenn ihr mit Christus den Weltelementen gestorben seid, was lasst ihr euch, als lebtet ihr noch in dieser Welt, Vorschriften machen: 21Berühr das nicht, schmeck das nicht, fass das nicht an – 22was doch alles zum Verbrauch und Verzehr bestimmt – gemäß der Satzung und Lehre von Menschen. 23Das hat zwar alles den Ruf von Weisheit in Frömmigkeit und Demut und Schonungslosigkeit dem Leib gegenüber, ist aber nichts wert, sondern befriedigt nur das Fleisch.

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7. Astrologie

• Manilius, Astronomica 2,60-66Ich nämlich singe, dass Gott die Natur beherrscht in der Stille,dass er den Himmel, die Länder, das Meer bis ins Innere durchdrungen,dass er die riesige Masse zu gleichen Bedingungen leitet,dass der gesamte Kosmos in gegenseitigem Einklang lebtund Vernunft ihn bewegt, da ein einziger Odem in allen Teilen wohnt und, alles durchfliegend, das Weltall lebenspendend durchziehtund als atmenden Körper gestaltet.

W. Fels, Marcus Manilius: Astronomica / Astronomie (RUB 8634), Stuttgart 1990

Manilius ist ein stoisch beeinflusster Philosoph, der sein Lehrgedicht zur Zeit Jesu publiziert hat.

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7. Astrologie

• Claudius Ptolemäus , Tetrabiblos III 13,14f.Saturn mit Mars in ehrenvoller Stellung vereint, bringt Menschen hervor, die weder gut noch böse sind; sie arbeiten schwer, mischen sich gern in die Angelegenheiten anderer, sind prahlerische Feiglinge, streng in ihrem Gehabe, erbarmungslos, hochmütig, grob, zänkisch, rücksichtslose Aufwiegler, Intriganten … In der entgegengesetzten Stellung bringen sie hervor: Räuber, Piraten, Fälscher, Geächtete, Schieber, Atheisten … Diebe, Meineidige, Mörder, solche, die verbotene Speisen essen, Verbrecher, Totschläger, Giftmörder, Tempelräuber, Grabschänder und überhaupt Menschen, die ganz und gar verrucht sind.

Übersetzung nach Klauck, Umwelt I 195

Claudius (ca. 100-178 n.Chr. hat mit seinem Tetrabiblos (Vierbuch) den astrologischen Beststeller der Antike geschrieben. Der Philosoph Porphyrios hat eine Einleitung verfasst, Proklos eine Paraphrase. Von Claudius Ptolemäus ist Firmicus Maternus (4. Jh.) beeinflusst, der vor seiner Konversion eine Astrologie, nach ihr eine Apologie des Christentums verfasst hat.

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7. Astrologie

• Claudius Ptolemäus Sterblich wohl bin ich, ich weiß es, des Tages Geschöpf. Doch begehr ich

sinnend der Sterne Bahn, wie sie umkreisen den Pol.Rührt nicht mehr an die Erde mein Fuß: Zeus selbst zur Seite

nähr‘ ich beim göttlichen Mahl dann von Ambrosia mich.

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7. Astrologie

• Cicero, Divin 2,89f.89So also begründen ihre Sache, welche die Geburtshoroskope verteidigen: Der zeichentragende Kreis, der auf griechisch Zodiak heißt, verfüge, behaupten sie, über eine bestimmte Kraft, von der Art, dass jeder einzelne Abschnitt des besagten Kreises – der eine so, der andere so – auf den Himmel einwirke und ihn verändere, entsprechend dem, welche Sterne sich gerade in dem betreffenden oder den benachbarten Abschnitten befänden zur gegebenen Zeit, und auf die erwähnten Kräfte wirkten wiederum in verschiedener Weise die Sterne ein, die „Planeten“ hießen, wenn sie nämlich entweder in eben den Abschnitt des Kreises gelangten, i n dem die Geburt dessen stattfinde, der zur Welt komme, oder in den, der damit irgendwie in Verbindung oder Übereinstimmung stehe … Und von daher bestimmen sie jedem einzelnen Anlage, Charakter, Geist, Körper, tätige Lebensführung und welches Schicksal ihm blühe.90Welch unglaublicher Wahnsinn!

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7. Astrologie

• Plinius der Ältere, Historia Naturae 2,28f.Die Gestirne … sind nicht, wie die große Menge meint, den einzelnen unter uns zugeteilt, die hellen den Reichen, die kleineren den Armen und die dunklen den Schwachen, und sie sind nicht mit einer dem Schicksal eines jeden entsprechenden Leuchtkraft den Sterblichen zugewiesen; sie erheben sich auch nicht mit einem jeweils zugewiesenen Menschen, und ihr Fall deutet nicht an, dass jemand sterbe. Eine so große Gemeinschaft mit dem Himmel haben wir nicht, dass gemäß unsrem Schicksal auch der Glanz der Sterne dort oben vergänglich wäre.

R. König / G. Winkler, C. Plinius Secundus d.A., naturkunde II: Kosmologie (TuscBü), München 1974

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7. Astrologie

• Petronius, Satyrica 39,5-15Im Löwen werden Gourmands geboren, und Menschen, die immerwährend kommandieren wollen, in der Jungfrau Weiber und Ausreißer und Sklaven in Ketten, in der Waage Metzger und Drogisten und lauter Leute, die etwas ausbalancieren, im Skorpion Giftmischer und Meuchelmörder … im Wassermann Kneipenwirte und Kürbisköpfe, in den Fischen Feinkosthändler und Redekünstler . So dreht sich die Welt wie eine Mühle und führt immer etwas Schlimmes dazu, dass entweder jemand geboren wird oder stirbt. Mutter Erde aber liegt in der Mitte, abgerundet wie ein Ei.

Petronius lässt bei einem Symposion den Gastgeber Trimalchius, einen ausgesprochenen Dummkopf, reden.

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8. Mysterienreligionen

• Eine Weiheinschrift aus Rom zum MithraskultHier ist ein gesegneter Ort, heilig, gottgefällig, und freundlich,Mithras hat ihn ausgewählt und zu verstehen gegebendem Proficentius, Vater der heiligen Zeremonien,dass dieser ihm eine Höhle mache und widme.Und eifrig betreibend in rascher Arbeit erfüllt er den erwünschten Dienst,den er unter guten Vorzeichen übernommen hat bangen Herzens,damit die per Handschlag Verbundenen fröhlich auf immer ihre Weihe feiern können.Dieses kleine Gedicht stammt von Proficentius, dem hochehrwürdigen Vater des Mithras.

M.J. Vermaesen, Corpus Inscriptorum et Monumentorum religionis Mithritae I (1956) 423

San Clemente

Das Mithraeum unter San Clemente

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8. Mysterienreligionen

• Eph 5,28-3328Deshalb schulden es die Männer, ihre Frauen zu lieben wie ihren eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. 29Denn niemand hat sein eigenes Fleisch gehasst, sondern nährt und pflegt es, wie auch Christus die Kirche. 30Denn wir sind Glieder seines Leibes. 31„Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden ein Fleisch sein“ (Gen 2,24). 32Dieses Geheimnis ist groß; ich rede von Christus und der Kirche. 33So sollt euch ihr, einer wie der andere, eure eigene Frau lieben wie sich selbst, die Frau aber ehre den Mann.

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8. Mysterienreligionen

• Aristoteles, fragmenta 15Die Mysten sollen nicht etwas lernen, sondern erfahren.

• Sallust, De diis et mundo 4,4f. Diese Dinge passierten nie, aber sind immer. Der Geist sieht sie alle zugleich, aber die Sprache drückt einiges eher, anderes später aus. Wie also der Mythos in Übereinstimmung mit dem Kosmos ist, wie können wir in jene höhere Ordnung gelangen, dass die Vernunft ein Fest feiert, wenn sie den Kosmos nachahmt?

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8. Mysterienreligionen

Relief 2,20 m x 1,52 mNationalmuseum Athen

Demeter (links) händigt Triptolemos, dem dreimal Pflügenden(Mitte)

eine Handvoll Ähren aus, beobachtet von ihrer Tochter Perspehone (rechts)

Eleusis

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8. Mysterienreligionen

• Clemens von Alexandrien, protreptikos 21,1Und das ist das Synthema der eleusinischen Mysterien:Ich fastete,ich trank das Gerührte, ich nahm etwas aus der Kiste, ich bearbeitete es,ich legte es in den Korbund aus dem Korb in die Kiste.

(16,18-20 GCS 56)

Das Synthema (Symbolon) ist der Kern des Mysterienrituals: mit ihm ahmen die Mysten nach, was Demeter (Kore) am eleusinischen Hof in der Trauer um ihre vermisste Tochter vorgemacht hat. Kykeon („gerührt“) ist ein Mischtrank aus Gerste und Minze, aufgebrüht mit Wasser. Das „Bearbeiten“ kann das Schrioten von Getreide meinen . Das doppelte Zurücklegen ist ein Opfer, das das Sakrileg der Naturzerstörung beim Ernten, Mahlen, Schroten und Backen wiedergutmacht.

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8. Mysterienreligionen

• Hippolyt, refutatio V 8,39f.Die Phryger nennen ihn (sc. den vollkommenen Menschen), aber auch die grüne, geschnittene Ähre, und nach den Phrygern tun das die Athener, wenn sie die eleusinischen Mysterien feiern und den Eingeweihten das große, wunderbare und vollkommenste Geheimnis der Einweihung in Stillschweigen zeigen: eine geschnittene Ähre. … Der Hierophant selbst feiert nachts in Eleusis bei großem Feuer die heiligen unaussprechlichen Mysterien und schreit laut auf: „Einen heiligen Knaben gebar die Herrin, Brimo den Brimos.“

Hippolyt (150-235 n. Chr.), Schüler des Irenäus, Kirchenlehrer, aber erster „Gegen-Papst“, schrieb eine „refutatio omnium haeresium“ (Wiederlegung aller Haeresien). Darin gibt er über Eleusis weiter was ihm zugetragen worden ist. Brimo („Starke“) dürfte Demeter sein; „Brimos“ kann dann der Myste sein, der nach dem Vorbild des eleusinischen Königskindes die Feuerprobe bestanden hat.“

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8. Mysterienreligionen

Ägyptisch, Neues Reich, 20.Dynastie, 1186-1069 v.Chr.-Die Sonnenbarke: Göttin Isis, gefolgt vom ibisköpfigen Gott Thot und dem skarabäusköpfigen Chepri.-Wandmalerei im Grab des Inherkha (Nr.359), Deir el-Medina, Theben-West (Ägypten).

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8. Mysterienreligionen

Isis erbt die Kuhhörner und das Sonnenattribut der altägyptischen Gottheit Hathor. Sie sitzt auf einem Thron (was ihr Name ist) oder steht mit einem Herrscherstab als Chefin des Götterhimmels. Sie hält die Hieroglyphe für Leben in der hand oder ihren Sohn auf dem Schoß. Sie trägt eine Geierhaube als Kopfschmuck, den sie von der altägpytischen Göttin Muth übernimmt. Manchmal ist sie mit Vogelschwingen gezeichnet.)

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8. Mysterienreligionen

• Herodot, historia II 171,1Auf dem See veranstalten die Ägypter des Nachts mimische Darstellungen des Leidens des Osiris. Das nennen sie Mysterien.

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Der Isisaltar aus ihrem Tempel von der Nilinsel Philiae im südlichen Agypten

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8. Mysterienreligionen

• Inschrift von KymeIch bin Isis, die Herrscherin des ganzen Landes. Ich bin es, die die für die Menschen die Frucht erfunden hat.Ich habe die Erde vom Himmel geschieden.Ich habe die Schifffahrt erfunden.Ich haben den Menschen die Einweihung gezeigt.Ich habe sie die Götterbilder verehren gelehrt. Ich habe den Griechen und Barbaren die Sprache verordnet.Ich bin es, die Gesetzgeberin genannt wird.

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8. Mysterienreligionen

Isistempel aus der Römerzeit in Mainz

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8. Mysterienreligionen

• Apuleius, metamorphoses 23,8Ich bin an die Grenze des Todes gekommen und habe die Schwelle der Proserpina betreten; durch alle Elemente bin ich gefahren und dann zurückgekehrt. Um Mitternacht habe ich die Sonne in gleißend hellem Licht leuchten gesehen; den Göttern unten und den Gott oben habe ich mich von Angesicht zu Angesicht genähert und habe sie angebetet aus nächster Nähe.

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9. Stoizismus

• Apg 17,18

Denn in ihm leben wir und weben wir und sind wir, wie auch einige Dichter bei euch gesagt haben: ‚Wir sind von seiner Art’

• Aratos, phainomena 1-5Mit Zeus lasst uns beginnen,den wir Menschen niemals ungenannt sein lassen.Von Zeus sind alle Wege,alle Versammlungsplätze von Menschen,voll sind das Meer und die Häfen,überall bedürfen wir des Zeus. Wir sind von seiner Art.Und er gibt in freundlicher Güte den Menschen günstige Zeichenund weckt die Völker zur Arbeit , indem er sie an den lebensunterhalt erinnert. Er sagt, wann die Scholle am besten ist für Rinder und Hacken;er sagt, wann die Zeiten günstig sind , sei es Erdringe um die Pflanzen zu ziehen, sei es, die Saaten auszubringen.

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9. Stoizismus

• 1Thess 4,11f.11Setzt eure Ehre darein, ruhig zu leben und euch um eure eigenen Angelegenheiten zu kümmern und mit eigenen Händen zu arbeiten, so wie wir es euch geboten haben, 12damit ihr anständig vor denen draußen lebt und von niemandem abhängig seid.

• 1Thess 5,15Seht zu, nicht Böses mit Bösem zu vergelten, sondern strebt immer nach dem Guten, untereinander und für alle.

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9. Stoizismus

Zenon(um 300 v. Chr.)

Seneca(ca. 1-65 n.Chr.)

Epiktet (50-100/120 n. Chr.

Das allgemeine Gesetz, dasselbe wie die wahre Vernunft, das alles durchdringt, ist identisch mit Zeus, dem obersten Lenker aller Dinge (fragm 162)

Frei ist, wer lebt, wie er will. diss. IV, 1,1

Glaubst du nicht, dass ein Lustgefühl dich stärker erfüllt, wenn sein Herr, nicht sein Sklave bist? (ep. Morales 116)

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10. Platonismus

Platorömische Kopie eines griechischen Originals des Silanion,

aufgestellt nach dem Tode Platos in der von ihm gegründeten Akademie,

Glyptothek München

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10. Platonismus

• Platon, Apologie des Sokrates 28d-30cNichts anderes tue ich, als umherzugehen, um Jung und Alt unter euch zu überzeugen, ja nicht für den Leib und für das Vermögen … so sehr zu sorgen wie für die Seele, damit die aufs beste gedeihe, und zu zeigen, wie nicht etwa aus dem Reichtum die Tugend entsteht, sondern aus der Tugend der Reichtum und alle anderen menschlichen Güter insgesamt, persönliche wie soziale.

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10. Platonismus

• Sokrates sagt (nach Platons Gorgias 507e - 508a): Es sagen aber die Weisen, o Kallikles, daß auch Himmel und Erde und Götter und Menschen Gemeinschaft (koinonia) miteinander haben und Freundschaft (philia) und Schicklichkeit (kosmiotes) und Besonnenheit (sophrosyne) und Gerechtigkeit (dikaiotes), und nennen dies Ganze deshalb Kosmos, o Freund, nicht Unordnung noch Zügellosigkeit.

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10. Platonismus

• Timaios (nach Platon, Timaios) 30b Aufgrund dieser Überlegung baute er (Gott) das All zusammen, indem er die Vernunft (nous) in die Seele (psyche), die Seele aber in den Körper (soma) einfügte, um so der Natur gemäß (kath‘ physin) das schönst- und bestmögliche Werk zu vollenden. So darf man mit Sicherheit sagen, dass der Kosmos in Wahrheit als ein beseeltes und vernünftiges Wesen durch Gottes Vorsehung (pronoia) entstanden ist.

• Timaios (nach Platon, Timaios) 92bMit sterblichen und unsterblichen Lebewesen ausgerüstet und erfüllt, ist dieser Kosmos ein sichtbares Lebewesen geworden, das Sichtbare umfassend, Abbild (eikon) des Geistigen, ein sinnlich wahrnehmbarer Gott, der größte und beste, schönste und vollkommenste, dieser eine und eingeborene Kosmos..

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10. Platonismus

• Plutarch, moralia 560A-DSollte Gott so kleinlich sein, dass er kurzlebige Seelen in vergängliches … Fleisch sät, die aufsprießen und beim ersten besten Anlass vergehen? … Meinst du wohl, dass er, wenn wer wüsste, dass die Seelen der Sterbenden sogleich zugrundegehen, wenn sie wie Nebel oder Rauch den Körpern entschweben, so viele Sühnopfer für die Dahingegangenen anordnen und so große Gaben und Ehren für die Toten gebieten würde, womit er doch die, die ihm vertrauen, belöge und betröge? Ich für meinen Teil möchte die Unsterblichkeit der Seele nicht aufheben. Der Passus ist ein Exkurs aus der Schrift De sera numinis vindicata (Über den Vollzug göttlicher Strafen).

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10. Platonismus

Philo von Alexandrien nach einer Zeichnung des 16. Jh.

Das antike Alexandrien mit einem Modell der Bibliothek und Überresten des Königspalastes

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Söding, Religionsgeschichte des NT SS 2010 85

10. Platonismus

• Joh 1,1Im Anfang war das Wort,und das Wort war bei Gott,und Gott war das Wort.VEn avrch/| h=n o` lo,goj( kai. o` lo,goj h=n pro.j to.n qeo,n( kai. qeo.j h=n o` lo,gojÅ

• Hebr 1,2f.Ihn hat er zum Erben des Alls eingesetzt,durch ihn schuf er die Äonen,der er Abglanz seiner Herrlichkeit ist und Ausdruck seines Wesens (o]j w'n avpau,gasma th/j do,xhj kai. carakth.r th/j u`posta,sewj auvtou/).der das All trägt durch das Wort seiner Kraft,machte von den Sünden rein und setzte sich zur Rechten der Majestät in der Höhe.

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11. Religionskritik

• Apg 14,15„Wir sind leidende Menschen wie ihr.“

• Apg 17,24f.29„ 24Gott, der die Welt erschaffen hat und alles, was in ihr ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die von Hand gemacht sind. 25Er lässt sich auch nicht von Menschenhänden bedienen, als ob er etwas bedürfte: er, der selbst allem Leben gibt und Atem und alles. 29Die wir nun von Gottes Art sind, dürfen nicht meinen, Gold und Silber oder Stein, ein Gebilde der Kunst, ein Einfall von Menschen, sei dem Göttlichen gleich.“

• Apg 19,24„… ihr seht und hört, wie nicht nur in Ephesus, sondern in fast ganz Asien dieser Paulus eine große Anzahl von Leuten überredet, indem er sagt, es gäbe keine Götter, die handgemacht sind.

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11. Religionskritik

• 1Kor 12,2Oi;date o[ti o[te e;qnh h=te pro.j ta. ei;dwla ta. a;fwna w`j a'n h;gesqe avpago,menoiIhr wisst, dass ihr als Heiden zu den stummen Götzen fortgerissen wurdet.

• Gal 4,3ou[twj kai. h`mei/j( o[te h=men nh,pioi( u`po. ta. stoicei/a tou/ ko,smou h;meqa dedoulwme,noi\Als wir unmündig waren, wurden wir von den Weltelementen versklavt.

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11. Religionskritik

• Röm 1,19-23

• Röm 1,24-31

• Röm 1,32

„Denn …sie erkannten Gott, verehrten ihn aber nicht als Gott …“ (V. 21)„Darum übergab Gott sie im Begehren ihrer Herzen der Unreinheit …“ (V. 24)„Darum übergab Gott sie schändlichen Leidenschaften …“ (V. 26).„Und wie sie es nicht schätzten, Gott in der Erkenntnis zu haben, übergab Gott sie wertlosem Verstand“ (V. 28).„Die Gottes Gerechtigkeit erkennen, dass, die solches tun, todeswürdig sind, haben so etwas nicht nur getan, sondern auch gutgeheißen, die so gehandelt haben.“

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11. Religionskritik

• Röm 1,19-2319Denn was erkennbar ist von Gott (to. gnwsto.n tou/ qeou/), ist ihnen offenbar; Gott hat es ihnen offenbart. 20Denn seine Unsichtbarkeit lässt sich seit Erschaffung der Welt am Geschaffenen mit Vernunft erkennen, seine ewige Macht und Gottheit, so dass sie ohne Entschuldigung sind.21Denn sie erkannten Gott, verehrten ihn aber nicht als Gott und dankten nicht, sondern zunichte wurden ihre Gedanken, und verfinstert wurde ihr unverständiges Herz. 22Sie behaupteten, weise zu sein, und wurden zu Toren und 23vertauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit Bildern, die einem vergänglichen Menschen oder Vögeln und Vierfüßlern und Reptilien gleichen.

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11. Religionskritik

• Xenophanes Alles übertragen auf die Götter Homer und Hesiod, was bei den Menschen Schimpf und Schande ist: stehlen, ehebrechen und sich einander betrügen.

nach Sext., adv. math. 9,193Alle möglichen Unrechtstaten der Götter ließen sie erklingen: stehlen, ehebrechen und einander betrügen.

nach Sext., adv. math. 1,289

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11. Religionskritik

Xenophanes

Aber die Sterblichen glauben, geboren würden die Götter,hätten wie sie ihre Kleidung, Stimme und Wuchs.

nach Clemens Alex., strom. 5, 109

Wenn aber Hände hätten die Rinder, Pferde oder Löwen,oder zeichnen könnten mit Händen und Standbilder wirken wie Menschen,zeichneten Pferde den Pferden, Rinder den Rindern gleichauch ihrer Götter Gestalt, und Körper bildeten sieso, wie auch selbst ihren Wuchs sie haben im einzeln.

nach Clemens Alex., strom. 5, 110

Die Äthiopier behaupten von ihren Göttern, plattnasig seien sie und schwarz,die Thraker, blauäugig seien sie und rothaarig.

nach Clemens von Alexandria, Stromata 7,22

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Söding, Religionsgeschichte des NT SS 2010 92

11. Religionskritik

• Xenophanes, Ein einziger Gott, unter Göttern und Menschen der größte, weder an Gestalt den Sterblichen ähnlich noch an Gedanken.[Die Gottheit] ist ganz Auge, ganz Geist, ganz Ohr.Doch sonder Mühe schwingt er das All mit des Geistes Denkkraft.Stets am selbigen Ort verharrt er sich nirgend bewegend, und es geziemt ihm nicht bald hierhin bald dorthin zu wandern.Denn aus Erde ist alles, und zur Erde wird alles am Ende.Dieses obere Ende der Erde erblickt man zu unseren Füßen an die Luft stoßen, das untere dagegen erstreckt sich ins Unermeßliche.Erde und Wasser ist alles, was da wird und wächst.

nach Clemens Alex., strom. 5, 109

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11. Religionskritik

• Epikur, Brief an MenoikosZuerst einmal halte Gott für ein unvergängliches und seliges Wesen, wie es die allgemeine Vorstellung von Gott vorgibt. Aber dichte ihm nichts an, was seiner Unvergänglichkeit fremd und mit seiner Seligkeit unverträglich wäre. …Götter gibt es also tatsächlich, unmittelbar einleuchtend ist ihre Erkenntnis. Aber sie sind nicht so, wie die Masse sie sich vorstellt. …Gottlos ist nicht der, der die Götter der vielen abschafft, sondern der den Vorstellungen der vielen von den Göttern anhängt.

nach Diogenes Laertius , vit. Phil. 10,123

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11. Religionskritik

• Theophrast, char. 16,6f. 11f.Wenn eine Maus einen Mehlsack angeknabbert hat, geht er zum Zeichendeuter und fragt, was zu tun sei, und antwortet der, er solle ihn beim Seiler flicken lassen, achtet er nicht darauf, sondern kehrt heim und bringt ein Opfer dar. …Hat er geträumt , geht er zu den Traumdeutern, den Wahrsagern und Vogelbeschauern, um sie zu fragen, zu welchem Gott oder zu welcher Göttin zu beten sei …Auch scheint er zu denen zu gehören, die sich fleißig im Meer besprengen.

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11. Religionskritik

• Plutarch, de superstitione Die Götter haben uns den Schlaf gegeben, damit wir unser Unglück vergessen und ausruhen. Warum machst du ihn zu einer ständigen und qualvollen Folterkammer für deine arme Seele, die nicht in einen anderen Sxchlaf entfliehen kann? (mor. 166C)Die tiefen Pforten der Unterwelt öffnen sich: Ströme von Feuer mischen sich mit den Nebenarmen des Styx, Finsternis wird angefüllt mit vielgestaltigen bizarren Gespenstern, die scheußliche Gesichter zur Schau tragen und erbärmlich heulen; dazu Scharfrichter und Folterknechte und Klüfte und Schlünde, angefüllt mit Abertausenden von Seufzern (mor 167A)Sie fürchten die Götter und suchen ihre Zuflucht bei ihnen; sie schmeicheln ihnen und schmähen sie; sie beten zu ihnen jund klagen sie an (mor. 167F). Er betet mit stammelnder Stimme und streut den Weihrauch mit zitternden Händen … und naht sich den Hallen und Heiligtümern der Götter, als wären es Bärenhöhlen oder Schlangengruben oder Verstecke von Seeungeheuern (mor 169E).

Die Gotter sind unsere Retter (mor 166D)

Wir erbitten von ihnen Reichtum und Wohlergehen, Frieden, Eintracht und Erfolg (in unseren besten Worten und Werken (mor 166E)Nichts ist angenehmer für die Menschen als Feste und Opfermähler in den Tempeln und Einweihungen und mystische Riten und Gebete und Götterverhehrung“ (mor. 169D).