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100 Im Süden Tour 7 Dem Montparnasse ist leider nur der klingende Name geblieben, das Viertel selbst ist durch mangelnde Sensibilität zu Tode saniert worden. Als ab- schreckendes Beispiel der Architektur der 1970er-Jahre beherrscht die Tour Montparnasse mit ihren 59. Stockwerken den Parnassos-Hügel. F Fo on nda at tion n Ca ar rt ti ie er r, zeitgenössische Kunst, S. 102 Catacombes de Paris Catacombes de Paris, Friedhof- ersatz unter Tage, S. 103 Cimetière de Montparnasse Cimetière de Montparnasse, Ruhestätte vieler Berühmtheiten, S. 104 Zwischen Nostalgie und Moderne Montparnasse Den poetischen Namen „Parnassos- Hügel“ soll der einstige Steinbruch von den Studenten aus dem Quartier Latin erhalten haben, die sich auf dem Berg der Musen trafen, um Gedichte zu rezi- tieren. Abgesehen von ein paar Klös- tern und Ausflugsgaststätten war am Montparnasse nicht viel los, bis zu Be- ginn des 20. Jahrhunderts allmählich die Künstler vom Montmartre abwan- derten und sich der Montparnasse zum kulturellen Nabel von Paris entwickel- te. Man Ray, Henry Miller, Anäis Nin und Ernest Hemingway saßen stun- denlang diskutierend in den Cafés. In den Nachtclubs, so im 1927 eröffneten La Jungle, spielten Pianisten Ragtime und Blues, die Fratellini-Clowns traten im Cirque Médrano auf, während sich die Lesbenszene im Le Monocle traf. Zu den Klassikern am Boulevard de Mont- parnasse gehörten auch das 1897 als bescheidene „Trinkhalle“ eröffnete „Café du Dôme“, das auch Sinclair Le- wis und Walter Bondy aufsuchten, und das „La Rotonde“, in dem sich Lenin und Trotzki während des Ersten Welt- kriegs ihren politischen Visionen hin- gaben. Und über allem herrschte Kiki; die ungekrönte Königin vom Montpar- nasse sang „Canaille-Lieder“ voller un- anständiger Doppeldeutigkeiten und stellte ihre legendären Reize zur Schau. Für die Surrealisten war Kiki Muse und Modell: Kisling, Pascin und Derain malten sie, Man Ray hat sie mit seinem berühmten Foto Le Violon d’Ingres un- sterblich gemacht. Dass es in den be- rühmten literarischen Cafés früher bei weitem nicht so vornehm zuging wie heute, beweist Henry Millers surrealis- tische Schilderung des „Café du Dôme“ in seinem „Wendekreis des Krebses“: „Wenn Ebbe ist und nur ein paar syphi- litische Nixen im Schlamm gestrandet zurückbleiben, sieht das Dôme wie eine Tour Mont rnass

Zwischen Nostalgie und Moderne Tour 7 …...Fondation Henri Cartier-Bresson oder zur Place de Catalogne zu gelangen, wo der Spanier Ricardo Bofill mit postmo-dernen Formen für den

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Im Süden

Tour 7Dem Montparnasse ist leider nurder klingende Name geblieben,das Viertel selbst ist durchmangelnde Sensibilität zu Todesaniert worden. Als ab-schreckendes Beispiel derArchitektur der 1970er-Jahrebeherrscht die Tour Montparnassemit ihren 59. Stockwerken den�Parnassos-Hügel�.

FFoonndaattionn Caarrttiieerr, zeitgenössischeKunst, S. 102Catacombes de ParisCatacombes de Paris, Friedhof-ersatz unter Tage, S. 103Cimetière de MontparnasseCimetière de Montparnasse,Ruhestätte vieler Berühmtheiten,S. 104

Zwischen Nostalgie und Moderne

MontparnasseDen poetischen Namen „Parnassos-Hügel“ soll der einstige Steinbruch vonden Studenten aus dem Quartier Latinerhalten haben, die sich auf dem Bergder Musen trafen, um Gedichte zu rezi-tieren. Abgesehen von ein paar Klös-tern und Ausflugsgaststätten war amMontparnasse nicht viel los, bis zu Be-ginn des 20. Jahrhunderts allmählichdie Künstler vom Montmartre abwan-derten und sich der Montparnasse zumkulturellen Nabel von Paris entwickel-te. Man Ray, Henry Miller, Anäis Ninund Ernest Hemingway saßen stun-denlang diskutierend in den Cafés. Inden Nachtclubs, so im 1927 eröffnetenLa Jungle, spielten Pianisten Ragtimeund Blues, die Fratellini-Clowns tratenim Cirque Médrano auf, während sichdie Lesbenszene im Le Monocle traf. Zuden Klassikern am Boulevard de Mont-parnasse gehörten auch das 1897 alsbescheidene „Trinkhalle“ eröffnete„Café du Dôme“, das auch Sinclair Le-wis und Walter Bondy aufsuchten, unddas „La Rotonde“, in dem sich Leninund Trotzki während des Ersten Welt-kriegs ihren politischen Visionen hin-gaben. Und über allem herrschte Kiki;die ungekrönte Königin vom Montpar-nasse sang „Canaille-Lieder“ voller un-anständiger Doppeldeutigkeiten undstellte ihre legendären Reize zur Schau.Für die Surrealisten war Kiki Muse undModell: Kisling, Pascin und Derainmalten sie, Man Ray hat sie mit seinemberühmten Foto Le Violon d’Ingres un-sterblich gemacht. Dass es in den be-rühmten literarischen Cafés früher beiweitem nicht so vornehm zuging wieheute, beweist Henry Millers surrealis-tische Schilderung des „Café du Dôme“in seinem „Wendekreis des Krebses“:„Wenn Ebbe ist und nur ein paar syphi-litische Nixen im Schlamm gestrandetzurückbleiben, sieht das Dôme wie eine

TourMontrnass

Montparnasse

KarteS.103

Sehenswertes 101

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vom Wirbelwind heimgesuchteSchießbude aus. Alles ver-rinnt langsam im Abzugs-kanal. Etwa eine Stun-de lang herrscht To-tenstille, währenddas Erbrocheneaufgewischt wird.Plötzlich begin-nen die Bäume zuzwitschern ... DerAugenblick ist ge-kommen, die letzte Blase vollUrin auszuleeren. Der Tag kommtgeschlichen wie ein Aussätziger.“

Infolge der deutschen Besetzung kamdas unbeschwerte Leben am Montpar-nasse im Zweiten Weltkrieg zum Er-liegen, den Todesstoß versetzten demViertel allerdings die städtebaulichenMaßnahmen der Ära Pompidou, die imAbriss des alten Bahnhofs und dem

Bau der Tour Montparnasse gipfelten.Zwar entstanden auch ein paar archi-tektonisch ansprechende Projekte, wiebeispielsweise die Häuser an der Placede Catalogne und der Jardin Atlantiqueauf dem Dach des neuen Bahnhofs,doch das vielbeschworene Flair vomMontparnasse ist unwiderruflich dahin.

SpaziergangDer Boulevard Montparnasse, an des-sen Kreuzung zum Boulevard Raspaildas Balzac-Denkmal von Rodin steht,ist lang nicht mehr so prächtig wieeinst. Diese Misere bleibt auch trotz derberühmten Literatencafés am Boule-vard Montparnasse offensichtlich. Viel-leicht sind Äußerlichkeiten auch nurnebensächlich, wie Samuel Beckett de-monstrierte, als er sich nach dem Erfolgvon „Warten auf Godot“ zwei Apparte-ments in dem hässlichen Hochhaus amnahen Boulevard Saint-Jacques (Haus-nummer 38) kaufte. Ästheten solltensich lieber der nahe gelegenen Fondati-on Cartier pour l�Art Contemporain zu-wenden. Die Stiftung ist ein lobenswer-ter Versuch des Juweliers Cartier, derKunst wieder einen Platz am Montpar-nasse einzuräumen. Quasi auf der an-deren Straßenseite befindet sich die fürKunstfreunde ebenfalls interessanteFondation Giacometti. Knapp 200 Me-ter weiter trifft man auf den Eingang zuden Catacombes de Paris. Eine „ange-

nehmere“ Möglichkeit, sich mit den Pa-riser Toten zu beschäftigen, bietet abersicherlich ein Spaziergang über denCimetière de Montparnasse. Auf demWeg dorthin lohnt ein Abstecher durchdie Marktstraße Rue Daguerre, derenauthentisches Flair begeistert. DenFriedhof muss man wieder durch densüdlichen Eingang verlassen, um zurFondation Henri Cartier-Bresson oderzur Place de Catalogne zu gelangen, woder Spanier Ricardo Bofill mit postmo-dernen Formen für den sozialen Woh-nungsbau experimentierte und eineWohnanlage mit beschwingten Frontenund gläsernen Halbsäulen geschaffenhat. Der Weg zur Tour Montparnasseführt durch den Jardin Atlantique, derauf dem Dach des Bahnhofs Montpar-nasse an eine surreale Oase in derGroßstadtwüste erinnert. Den Vorplatzder Gare Montparnasse dominiert diedunkel glänzende Tour Montparnasse(Panoramablick!), die anstelle des altenBahnhofs errichtet wurde. Letzterer ist

102 Tour 7: Montparnassedurch einen spektakulären Unfall welt-berühmt geworden, als eine Lokomo-tive durch die Fensterfront des Sack-bahnhofs auf die Straße stürzte. In un-mittelbarer Nähe des Bahnhofs, wo sichtraditionell viele Bretonen niedergelas-sen haben, liegt das Musée Bourdelle,

das mit seinen überdimensionalenBronzeskulpturen lockt. Für Naturwis-senschaftler bietet sich noch ein Be-such des Musée Pasteur an, währendKunstenthusiasten das KünstleratelierLa Ruche aufsuchen.

SehenswertesZeitgenössische Kunst

Fondation Cartier pour l�ArtContemporainDurch die 1994 eröffnete FondationCartier hat der Montparnasse wieder anseine Vergangenheit als Hort der Kunstanknüpfen können. In dem von JeanNouvel errichteten postmodernen Ge-bäude sind hochkarätige Wechselaus-stellungen zeitgenössischer Kunst zusehen. Zur Fondation gehört auch derangrenzende kleine Park mit seinenSkulpturen, der von Lothar Baumgar-ten gestaltet wurde und als TheatrumBotanicum bezeichnet wird.

261, boulevard Raspail, 75014. Raspail(Linie 4 und 6). Bei Ausstellungen tgl. (außerMo) 11�20 Uhr, Di bis 22 Uhr geöffnet. Eintritt10,50 �, erm. 7 �. http://fondation.cartier.com.

Atelierbesuch

Fondation GiacomettiDie im Juni 2018 eröffnete FondationGiacometti widmet sich dem Schaffendes großen Schweizer Bildhauers Alber-to Giacometti, wobei den Besucher auf350 Quadratmetern auch eine Nachbil-dung seines Ateliers erwartet.5, rue Schoelcher, 75014. Raspail (Linie 4und 6). Di�So 10�18 Uhr. Eintritt 8,50 �, erm.5 � (Achtung: Tickets müssen online gebuchtwerden). www.fondation-giacometti.fr.

Sehewer

Lichtdurchflutet: Fondation Cartier

Montparnasse

KarteS.103

Sehenswertes 103

Friedhofersatz unter Tage

Catacombes de ParisAls Ende des 18. Jahrhunderts zahlrei-che innerstädtische Friedhöfe geschlos-sen wurden, überführte man die Gebei-ne von rund sechs Millionen Toten indie unterirdischen Steinbrüche, diefortan Katakomben hießen. Die dekora-tiv an den Wänden aufgeschlichtetenKnochen und Schädel entwickeltensich schnell zu einer vielbesuchtenSehenswürdigkeit. Heute besuchen all-

jährlich 200.000 Menschen den makab-ren Museums-Friedhof. Im ZweitenWeltkrieg erfuhren die Katakombeneine andere Nutzung: Während derdeutschen Besatzung nutzte die Résis-tance den Untergrund als Kommando-zentrale für ihre Sabotageakte. Spätertrafen sich die Cataphiles, um im Un-tergrund verbotene Kunst-Happenings,Partys oder Schwarze Messen zu ver-anstalten. Insgesamt gibt es 350 Kilo-meter lange Stollen durch den Unter-grund, von denen aber nur dieser Ab-schnitt zugänglich ist.

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104 Tour 7: MontparnasseHinweis: Die Begehung des 1,7 Kilome-ter langen Weges durch die Unterwelterfolgt auf eigene Faust. Da die Tempe-ratur nur 14 Grad Celsius beträgt, emp-fiehlt sich im Sommer ein warmer Pul-lover oder eine Jacke. Die frische Lufterblickt man nach rund 45 Minutenwieder in der Rue Rémy-Dumoncel.1, avenue Colonel Henri Rol-Tanguy, 75014/Eckeplace Denfert-Rochereau. Denfert-Rochereau(Linie 4 und 6). Tgl. außer Mo 10�20.30 Uhr. Ein-tritt 13 �, erm. 11 �. www.catacombes.paris.fr.

Ruhestätte vieler Berühmtheiten

Cimetière de MontparnasseDer nach dem Père Lachaise zweitgröß-te Pariser Friedhof steht diesem an Be-rühmtheiten und stimmungsvollerAura kaum nach. An erster Stelle sindJean-Paul Sartre und Simone de Beau-voir zu nennen, die rechts vom Haupt-eingang unter einer schlichten Grab-platte, im Tod vereint, ruhen. Zwischenden teilweise pompösen Grabmälernliegen auch zahlreiche Künstler und

Literaten wie Samuel Beckett undEugène Ionesco, Baudelaire und SergeGainsbourg begraben; ungewöhnlichist das mit Fotografien verzierte Grabdes Cineasten Henry Langlois. EinTipp: An der Eingangspforte ist dieKopie eines Lageplans der bekanntes-ten Gräber erhältlich.Boulevard Edgar Quinet, 75014. Edgar Qui-net (Linie 6). Tgl. 8�18 Uhr, So ab 9 Uhr, imWinter nur bis 17.30 Uhr.

Fotos, Fotos, Fotos

Fondation Henri Cartier-BressonDie 2003 in einem ehemaligen Wohn-haus eröffnete Fondation widmet sichdem Lebenswerk des berühmten Foto-grafen und Mitbegründers der Foto-agentur Magnum Henri Cartier-Bresson(1908–2004) und seiner EhefrauMartine Franck. Neben einer Bib-liothek werden Fotografien von „HCB“sowie anspruchsvolle Wechselaus-stellungen gezeigt.2, impasse Lebouis, 75014. Gaité (Linie 13).Tgl. außer Mo 11�19 Uhr. Eintritt 10 �, erm.5 �. www.henricartierbresson.org.

Bürohochhaus mit Aussichtsterrasse

Tour MontparnasseDie 1973 errichtete Tour de Montpar-nasse ist der einzige Wolkenkratzer imPariser Zentrum. Schon mehrfach wur-de vergeblich gefordert, das 209 Meterhohe Scheusal abzureißen. Doch wieschrecklich das Hochhaus auch immersein mag, vom 56. (Panoramarestau-rant) beziehungsweise 59. Stockwerk(Freiluftterrasse), das man in 38 Se-kunden mit einem der schnellsten Auf-züge Europas erreicht, bietet sich einphantastischer Panoramablick.

Tour Montparnasse, 75015. Montparnasse-Bienvenue (Linie 4, 6 und 13). 9.30�22.30 Uhr,im Sommer bis 23.30 Uhr. Eintritt 18 �, erm.15 � und 9,50 �. www.tourmontparnasse56.com.

Fondation Henri Cartier-Bresson

Montparnasse

KarteS.103

Sehenswertes 105

Garten über den Gleisen

Jardin AtlantiqueExakt 18 Meter über den Gleisen desBahnhofs Montparnasse wurde ein dreiHektar großer, futuristisch anmutenderPark mit Spielplätzen und Sportein-richtungen (Tennis) angelegt. EineRolltreppe führt hinauf zu dem experi-mentellsten der Pariser Gärten. Die ge-samte Anlage spielt mit dem ThemaMeer, wobei steinerne Wellen sich amUfer brechen und Gräser Dünen imitie-ren sollen.75015, Gaîté � Pasteur (Linie 6 und 12).

Zuhause und Atelier des Bildhauers

Musée BourdelleEmile-Antoine Bourdelle, ein SchülerRodins, lebte und arbeitete bis zu sei-nem Tod 1929 in diesem Gebäude, dasseine Hinterbliebenen zusammen miteinem Teil der Sammlung der StadtParis schenkten. Trotz der musealenNutzung geht von Bourdelles Ateliernoch immer eine persönliche Atmos-phäre aus. Auch der von der Straßenicht zu erkennende moderne Erweite-rungsbau von Christian de Portzam-

parc stört den Gesamteindruck nicht.Ausgestellt sind vor allem monumen-tale Plastiken aus Gips und Bronze.16, rue Antoine Bourdelle, 75015. Montpar-nasse-Bienvenüe (Linie 4, 6, 12 und 13). Tgl.außer Mo 10�18 Uhr. Eintritt frei! Sonderaus-stellungen 9 �, erm. 6 �. www.bourdelle.paris.fr.

Wohnstatt eines Genies

Musée PasteurFür Chemiker, Biologen und Medizinergehört ein Besuch des Museums selbst-verständlich zum Pflichtprogramm. Inder einstigen Wohnung von LouisPasteur werden im Rahmen einer sehrpersönlichen Führung das nachge-stellte Labor sowie wissenschaftlicheund persönliche Dokumente gezeigt,die einen guten Einblick in das Werkdes großen Gelehrten geben. MehrereGemälde beweisen, dass der junge Pas-teur auch über ein beachtliches künst-lerisches Talent verfügte. Recht pom-pös ist das mit allegorischen Mosai-ken verzierte Grabmal Pasteurs, dassich im Keller befindet.25, rue du Docteur Roux, 75015. Pasteur(Linie 6 und 12). Mo�Fr um 14, 15 und 16 Uhr,im Aug. geschlossen. Eintritt 10 �, erm. 5 �.www.pasteur.fr.

Der Tour de Montparnasse überragt den gleichnamigen Friedhof

106 Tour 7: Montparnasse

Paris im KastenSartre und Beauvoir � eine KaffeehausbeziehungJean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir gelten als das Musterbeispiel einer in-tellektuellen Beziehung. Da die beiden niemals zusammen eine Wohnung besa-ßen, spielte sich das gemeinsame Leben von Sartre und Beauvoir vorzugsweise inden Pariser Cafés ab. „Als Lehrer mit nur wenig Geld lebte ich in einem Hotel“,erinnerte sich Jean-Paul Sartre, „und wie alle Leute, die in Hotels wohnten, ver-brachte ich den größten Teil des Tages im Café.“ Und als sich Sartre im ZweitenWeltkrieg in deutscher Kriegsgefangenschaft befand, waren die Pariser Cafés fürSimone de Beauvoir ein zweites Zuhause, denn dort hatte sie „das Gefühl, zu einerFamilie zu gehören, und das bewahrt vor Depressionen“. Nach Kriegsende trafensich Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir mit Albert Camus und MauriceMerleau-Ponty vorzugsweise im „Café de Flore“ oder in der gegenüberliegenden„Brasserie Lipp“ und begründeten dadurch den Ruf von Saint-Germain-des-Présals Treffpunkt der intellektuellen Elite.

Arbeitsplatz für Künstler

La Ruche„Der Bienenkorb“ ist eines der legen-därsten Künstlerateliers von Paris.Chagall, Léger, Modigliani, Zadkineund Soutine arbeiteten hier. Der Malerund Bildhauer Alfred Boucher ließ 1902den Weinpavillon der Weltausstellunghier wiedererrichten und führte ihn ei-ner neuen Nutzung als Atelierkomplex

zu. Sozial engagiert, wollte er es auchfinanzschwachen Künstlern ermögli-chen, in einem eigenen Atelier zu ar-beiten. Nach einem steten Niedergangin der Nachkriegszeit, entging das Ge-bäude in den 1970er-Jahren nur knappdem Abbruch und wird heute wiederals Atelier genutzt, sodass eine Besich-tigung nur von außen möglich ist.Passage de Dantzig, 75015. Convention,Porte de Versailles (Linie 12).

Makabre Unterwelt

Prakthe In

Montparnasse

KarteS.103

Praktische Infos 107

Praktische Infos Karte S. 103

Essen & TrinkenLa Closerie des LilasLa Closerie des Lilas , von Hemingway als�eines der besten Cafés von Paris� gelobt, erin-nert noch ein Messingschild an der Bar an denberühmten Gast. Das angeschlossene Restau-rant genießt auch in Feinschmeckerkreisen ei-nen ausgezeichneten Ruf. Ein Klassiker ist dasFilet de boeuf Hemingway. Mittagsmenü 47 �.171, boulevard du Montparnasse, 75006, 0140513450. Montparnasse Bienvenüe(Linie 4, 6, 12 und 13). www.closeriedeslilas.fr.La Rotondea Rotonde , ein weiterer Pariser Klassiker.Die Künstler und Literaten sind verschwundenund auch die Leistungen des Küchenchefs las-sen vom einstigen Glanz des Hauses träumen.Dafür begeistert die sonnige Terrasse, auf derman am Morgen herrlich Zeitung lesen kann.Menüs zu 19,90 und 25 � (mittags), abends zu46 �. 105, boulevard du Montparnasse, 75006, 0143266884. Vavin (Linie 4).La CoupoleLa Coupole , mit 800 Quadratmetern ist das1927 eröffnete La Coupole fast so groß wie einBallsaal. Man speist im distinguierten Art-déco-Ambiente, nur der Service lässt etwas zuwünschen übrig. Ansprechende Menüs mittags zu19,50 und 29,50 �, sonst 31, 39 und 59 �. Im An-gebot auch Meeresfrüchte. 8.30�23 Uhr geöffnet,So von 14.30 bis 19 Uhr ist �Tanztee�. 102,boulevard du Montparnasse, 75014, 0143201420. Vavin (Linie 4). www.lacoupoleparis.com.Le Château PoivreLe Château Poivre , in einem zeitlos mo-dernen Bistroambiente wird hier eine anspre-chende französische Küche serviert, beispiels-weise bei einer Blanquette de veau tradition-nelle. Menüs zu 19 � (mittags) und 39 �,mittags gibt es eine Plat du jour mit einem GlasWein und Café für 17,50 �. Di�Sa nur abendsgeöffnet, im Aug. Betriebsferien. 145, rue duChâteau, 75014, 0143220368. Pernety(Linie 13). www.chateaupoivre.fr.La Cantine du Troqueta Cantine du Troquet , ein schmuckesBistro mit alten Holzstühlen. Serviert wirdbodenständige Kost, so die Kalbsnieren für22 �. Samstagmittag und So geschlossen. 89,rue Daguerre, 75014, 0143202009. Den-fert-Rochereau (Linie 4 und 6). www.lacantinedutroquet.com.Chez EnzoChez Enzo , eher ein Imbiss als ein Restau-rant, aber die leckeren Pizzen und die her-vorragende Pasta zu zivilen Preisen (12�15 �)

lohnen einen Besuch. Die Calzone specialewird gar mit Parmaschinken gefüllt. Samstag-abend, So und Montagmittag geschlossen, imAug. Betriebsferien. 72, rue Daguerre, 75014, 0143216666. Denfert-Rochereau (Linie 4und 6). http://enzopizzeriadaguerre.com.Café du Dômeafé du Dôme , das berühmte Literaten-café zehrt noch immer von seinem einstigenRuhm, den sich der heutige Besitzer gerne be-zahlen lässt. Serviert werden vor allem Meeres-früchte. Mittagsmenü 48 �. Tgl. bis 24 Uhr geöff-net. Mitte Juli bis Ende Aug. mittags sowie So undMo Ruhetag. 108, boulevard du Montparnasse,75014. Vavin (Linie 4). www.restaurant-ledome.com.Lee Séélectt , die Einrichtung samt Stuck ist seitden 1920er-Jahren relativ unverändert, sodasshier noch am ehesten das einstige Flair desMontparnasse zu spüren ist. Mittagsmenü für23,50 � (inkl. einem Glas Wein und Kaffee). Tgl.7�2 Uhr , Fr und Sa bis 3 Uhr geöffnet. 99,boulevard du Montparnasse, 75006, 0145483824. Vavin (Linie 4). www.leselectmontparnasse.fr.

EinkaufenMarché du Livre Ancien et d�OccasionMarché du Livre Ancien et d�Occasion ,Bücherfreunde aus ganz Paris treffen sich hierjedes Wochenende ab 9 Uhr. Parc GeorgesBrassens, 75015. Porte de Vanves, Conven-tion (Linie 12 und 13).

Kultcafé La Rotonde