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ZwischenZeiten Symposium 2015 Ison und andere Formen der Mehrstimmigkeit in der rumänischen Musik des 20. und 21. Jahrhunderts Delmenhorst, 6. – 8. November 2015 Organisatoren: Violeta Dinescu, Roberto Reale, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg / Institut für Musik

ZwischenZeiten Symposium 2015 · am Conservatorium Ciprian Porumbescu (heute Nationale Musikuniversität Bukarest) unterrichtet und von 1973 bis 1982 war sie freie Mitarbeiterin bei

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ZwischenZeiten Symposium 2015

Ison und andere Formen der Mehrstimmigkeit in der rumänischen Musik des 20. und 21. Jahrhunderts

Delmenhorst, 6. – 8. November 2015

Organisatoren: Violeta Dinescu, Roberto Reale,

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg / Institut für Musik

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Freitag, 6. November 2015

18:00 – 20:00 Begrüßung und Symposiumseröffnung mit Buchpräsentation, Vortrag und Gesprächskonzert

*** Begrüßung: Heidi Müller-Henicz (Hanse-Wissenschaftskolleg Delmenhorst) Violeta Dinescu (Institut für Musik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg)

*** Buchpräsentation: Pascal Bentoiu (der dritte Band aus der Reihe Archiv für osteuropäische Musik, Quellen und Forschungen) Vorstellung von Michael Heinemann

*** Vortrag: Ton und Bedeutung. Die Stellung des Ison im musikalischen Raum Referent: Michael Sukale

*** Gesprächskonzert: Musik von Komponistinnen aus Rumänien mit dem Trio Contraste Laura Manolache (*1959) Thinking Eden (2015) UA

Livia Teodorescu-Ciocănea (*1959) Archaeopterix (2011)

Felicia Donceanu (*1931) Ison Confession (2015) UA

Marta-Marina Vlad (*1949) Piano Sonata (1979) Evocare für Flöte, Schlagzeug und Klavier, arrangiert von Sorin Petrescu (2015) Cornelia Tăutu (*1938) Sursum corda (2015) UA

Doina Rotaru (*1951) Troiţe (Road Side Crosses) (1990) für Klarinette/Saxophon/Schlagwerk, Schlagzeug und Klavier; Variante für Flöte, Schlagzeug und Klavier (2001)

alle Werke (mit Ausnahme von Evocare von Marta-Marina Vlad) sind dem Trio Contraste gewidmet ca. 20:00 Abendessen im „Cabarelo“ aller Symposiumsteilnehmer

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Laura Manolache (geb. am 11. Mai 1959 in Bukarest), studierte Musikwissenschaft bei Viorel Cosma (1978-1982) und Komponistion bei Myriam Marbe (1992), Tiberiu Olah (1994-2001) und Doina Rotaru (2001-2002). Teilnahme an den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt (1990), DAAD-Stipendiatin (Köln 1992-1993; Osnabrück 1999, 2003); Stipendiatin der rumänischen Akademie – Stiftung der Familie Menahem H. Elias (Wien 1996). Ab 1991 Dozentin an der Nationalen Musikuniversität Bukarest, Unterrichtsgebiete Musikwissenschaft und europäische Musikgeschichte (Promotion 1995). 2006-2012 Leiterin des Nationalen „George Enescu” Museums. Mitglied u. a. des Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler in Rumänien (seit 1986); Mitglied der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik – Sektion Rumänien (seit 1991); Mitglied des Internationalen Arbeitskreises für Systematische und Vergleichende Musikwissenschaft (seit 1995). Die meisten ihrer Werke (Kammermusik, ebenso wie sinfonische Werke) wurden vom rumänischen Rundfunk aufgenommen und von Editura Muzicală (Bukarest) und vom Musikverlag Müller & Schade (Bern) veröffentlicht. Ihre Musik wurde in Konzerten und Festivals sowohl in Rumänien als auch in vielen europäischen Ländern und den USA aufgeführt. Thinking Eden Im Zusammenhang mit der Ausrufung des Jahres 2015 zum Internationalen Lichtjahr („Year of Light“) fand ein interdisziplinäres Bildungsprojekt und ein Wissenschafts-Kommunikations-Projekt statt. Der Pianist des Trio Contraste, Sorin Petrescu, wies mich darauf hin und hat mir das Thema für eine Komposition vorgeschlagen: Urlicht. Die musikalische Architektur besteht aus drei Abschnitten, die ununterbrochen einander folgen; sie tragen die Untertitel I. „Vor dem Anfang"; II. „Urlicht"; III. „Im Garten Eden“. Der vertonte Diskurs ist rubato geführt und integriert eine reiche Palette von Klang-Effekten und Kompositionstechniken – von den Multiphonics der Flöte bis zu Clustern des Klaviers und Vibraphons, von Glissandi in unterschiedlichen Erscheinungsformen – schnelle oder langsame – bis zu den improvisatorischen Passagen. Livia Teodorescu-Ciocănea (geb. 4. Februar 1959 in Bukarest) Komponistin und Pianistin, ist Professorin an der Nationalen Musikuniversität Bukarest, wo sie Komposition, Stilkunde und musikalische Analyse unterrichtet. Sie hat Artikel in der Zeitschrift „Muzica”, dem George Enescu International Musicology Symposium und Contemporary Music Review (Routledge, Band 22) sowie zwei Bücher veröffentlicht. Ihr Schaffen umfasst Kammer- und Vokalmusik, Konzerte sowie sinfonische Werke, darunter die Archimedes Symphony, Lebenskraft und Déesses de l'Air. Sie hat außerdem ein Ballett in drei Akten Le Rouge et le Noir nach Stendhal (wurde an der National Oper Bukarest zwischen 2000 bis 2008 aufgeführt) und die Oper in drei Akten Die Dame mit dem Hund nach Tschechow (Auftrag des UCMR) geschrieben. 2008 erhielt sie den Endeavour Award 2008 – postdoctoral research fellowship der Monash University, Melbourne, Australien. Als Pianistin spielte sie Visions de l'Amen und die Turangalîla Sinfonie von Messiaen als rumänische Uraufführungen sowie etlich Kammerkonzerte (Chopin, Schubert und Debussy). Ihre Musik wurde in zahlreichen Musikzentren der Welt (Japan, Hongkong, Indonesien, USA, Australien, Europa) gespielt. Archaeopteryx (Urvogel) komponierte ich unter Berücksichtigung der Virtuosität, der Klangfarbenphantasie und insbesondere der spezifischen Klangfülle des Trio Contraste. Die poetische Idee ist die der Ur-Phänomene: die Ur-Erde, Ur-Tiere und Ur-Vögel ebenso wie der ursprüngliche Flug, als primäre Ereignisse in einer prähistorischen Welt der Urzeit. Ich stellte mir vor: tellurische Klänge, krampfhafte Gesten, den Tod und die Himmelfahrt der ersten Vögel! Felicia Donceanu (geb. am 28. Januar 1931 in Bacău) ist eine Malerin, Bildhauerin und Komponistin. Sie wollte zuerst Regisseurin werden, aber interessierte sich immer mehr für Musik und studierte am Ciprian Porumbescu Conservatorium (heute Nationale Musikuniversität Bukarest) u. a. Komposition bei Mihail Jora. Nach ihrem Studium hat sie zuerst beim ESPLA Verlag gearbeitet (bis 1958) und danach bei Editura Muzicală (bis 1966). Danach hat sie freischaffend komponiert und ihre Musik wurde im In- und Ausland aufgeführt. Sie heiratete den Dichter Alexandru Voitin.

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Ison Confession habe ich geschrieben, wie immer wenn ich ein neues Werk schreibe, als ob es die letzte Botschaft wäre, die ich versenden kann. Das ist auch die Erklärung für die konzentrierte Zeit des kompositorischen Prozesses. In diesem Werk habe ich drei Selbstzitate aus Werken, die ich als Hauptwerke betrachte und die eine Art Credo beinhalten, verwendet: Das Gebet Tatăl Nostru für Singstimme und Glocke (1989), Cântând cu Ienăchiţă Văcărescu für Singstimme und Flöte, Viola da gamba und Cembalo (1984) und Piatra de Hotar, Ballade für Streichorchester mit einem Prolog auf einen eigenen Text (2014). Es war auch eine Motivation, diese 'Spuren der Erinnerung' in einen kontinuierlichen Ison zu integrieren, in mehreren Schichten miteinander verwoben. Marta-Marina Vlad (geb. 8. März 1949 in Bukarest) hat mit 5 Jahren begonnen Klavier bei Manya Botez und Violine bei Ionel Geantă zu studieren. Später hat sie u. a. bei Cecilia Geantă (Violine), Valentin Gabrielescu (Musiktheorie), Victor Iuşceanu und Dragoş Alexandrescu (Theorie und Solfège), Alexandru Paşcanu (Harmonilehre), Zeno Vancea und Myriam Marbe (Kontrapunkt), Nicolae Beloiu (Orchestration), Ioana Ştefănescu (Musikgeschichte), Emilia Comişel (Folklore), Paul Jelescu, Vinicius Grefiens und Alexandru Velehorschi (Partiturlesen), Grete Mileţineanu (Klavier), Tudor Ciortea, Ştefan Niculescu und Aurel Stroe (Komposition) studiert. Von 1973 bis 1990 hat sie Musiktheorie und Partiturlesen am Conservatorium Ciprian Porumbescu (heute Nationale Musikuniversität Bukarest) unterrichtet und von 1973 bis 1982 war sie freie Mitarbeiterin bei Radiodifuziunea Română (Rumänischer Rundfunk). Seit 1981 ist sie Mitglied des Komponisten- verbands Rumäniens. Evocare (Piano Sonata komponiert 1979) wurde von Sorin Petrescu für Flöte, Schlagzeug und Klavier 2015 arrangiert. Das Werk basiert auf zwei kontrastierenden Elementen: das erste pathetisch "gesangsvoll" und modal strukturiert, das zweite spielerisch, rhythmisch, quirlig, mit chromatischen Färbungen. Diese Elemente befinden sich in einer interaktiven Wechselwirkung, bei der das erste Element durch ISON-Strukturen erweitert wird und durch einen kontinuierlichen Prozess zunächst in Kontrast zu dem zweiten Element gestellt und schließlich integriert wird. Der Kontrast ist eigentlich nur scheinbar. Beide Strukturtypen vermitteln eine vitale Energie, eine Freiheit des Ausdrucks und Schwung. Zwei atonale, seltsame Klanginseln erscheinen – wie zwei große Fragezeichen. Die Musik wird allmählich mit immer mehr Energie aufgeladen und definiert so das Ende des Werkes. Cornelia Tăutu (geb. am 10. März 1938 in Odorheiu Secuiesc) ist Absolventin des Conservatoriums „Ciprian Porumbescu” (heute Nationale Musikuniversität) Bukarest (1967) im Fach Komposition. Sie komponierte u. a. die Filmmusik für 25 Spielfilme und viele Kurzfilme sowie die Musik für unzählige Theateraufführungen. Cornelia Tăutu hat aber eine ebenso umfangreiche Liste mit Werken sinfonischer Musik, Kammermusik und Chormusik. Sie wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, z.B. dem ,,Preis für Musik” von der Vereinigung der Rumänischen Cinematographie (in den Jahren 1975 und 1988), dem „Preis für Musik” der Rumänischen Akademie im Jahr 1987 (für SIMFONIA I), dem „Award of Excellence” von dem Zentrum der nationalen Cinematographie im Jahr 2002. Sursum corda durchquert eine Route, die von der Individualitat ausgeht und schließlich eine erstrebte Universalität erreicht. Es besteht aus drei Teilen, die ohne Unterbrechung gespielt werden. Dabei werden Archetypen der Volkmusik als Konstruktionselemente verwendet (keine direkten Zitate, sondern nachkomponiertes Material aus der traditionellen Musik). Außerdem wird die Fibonacci-Reihe zur Strukturierung der Dauer angewandt. Doina Rotaru (geb. am 14. September 1951 in Bukarest), ist Professorin für Komposition an der Nationalen Musikuniversität Bukarest. Ihre mehr als 125 Kompositionen wurden auf vielen Festivals weltweit aufgeführt, sie wurde zu Meisterklassen und Kursen nach Japan, Italien, Island, Frankreich, Polen, den Niederlanden, Deutschland, Großbritannien und Schweden eingeladen. Sie erhielt u. a. Preise vom rumänischen Komponisten Verband, von der rumänischen Akademie der Künste und Wissenschaften, sowie den ersten Preis beim Wettbewerb der GEDOK 1994 in Mannheim. Rotaru beschäftigte sich zentral mit Fragen zu Archetypen in der Musik. Wurzelnd auf rumänischer Folklore sowie Strukturprinzipien und -formen besitzt ihre Musik eine ganz eigene, unverwechselbare Klanglichkeit.

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Troiţa symbolisiert in der rumänischen Mythologie drei Himmelsäulen, die sich zu einem Baudenkmal zusammensetzen. In späteren Zeiten erhält es eine wichtige religiöse Bedeutung und symbolisiert drei zusammengesetzte Kreuze. In ihm spiegelt sich die kosmische Vorstellung über Leben und Tod, die Vereinigung (Drei in Einem) durch den Glauben wider. In dem Werk sind drei emotionale Zustände enthalten, die intensiv bei dem Tod lieber Menschen entstehen: die Revolte, der Schmerz und die Resignation (in der Hoffnung eines ewigen Lebens nach dem Tod).

TRIO CONTRASTE

Sorin Petrescu (Klavier), Doru Roman (Schlagzeug), Ion Bogdan Ştefănescu, (Flöte(n)) Das Ensemble Trio Contraste wurde 1983 gegründet. Seither gibt das Trio Contraste jährlich in Rumänien und im Ausland mehr als 40 Konzerte. Alle drei Mitglieder des Trio Contraste führen auch eine solistische Karriere mit Aufführungen klassischer Musik; wenn sie jedoch zusammen spielen, ist ihr Hauptziel die Verbreitung der rumänischen zeitgenössischen Musik. Der größte Teil der von ihnen gespielten Werke wurde ihm gewidmet von vielen wichtigen rumänischen Komponisten wie Anatol Vieru, Aurel Stroe, Myriam Marbe, Ştefan Niculescu, Nicolae Brânduş, Octavian Nemescu, Corneliu Dan Georgescu, Eugen Wendel, Lucian Meţianu, Doina Rotaru, Violeta Dinescu, Maia Ciobanu, Sorin Lerescu, Dan Dediu, George Balint, Petru Stoianov, Irinel Anghel, Diana Rotaru. Das Trio erhält regelmäßig Einladungen zum jährlich im Mai stattfindenden Internationalen Festival für Zeitgenössische Musik in Bukarest. Es hat außerdem an vielen internationalen Festivals u. a.: East-West – Amsterdam, Contemporary Music Festival – Huddersfield, Nueva Musica – Bogota, Musicarama – Hong-Kong, Piano Plus Festival – Bamberg, Zeit für Neue Musik – Bayreuth, George Enescu Festival – Bukarest (2003, 2007, 2009, 2011, 2013), Culture Escape – Schweiz, Stockholm New Music – Schweden, Neue Musik Festival Krakau – Polen teilgenommen. Das Trio Contraste erhielt den Preis des rumänischen Komponisten-Verbandes (1986) und den Stipendienpreis bei den Tagen für Neue Musik Darmstadt (1990). Eines der Mitglieder – Ion Bogdan Ştefănescu – erhielt 2007 ebenfalls den Preis des rumänischen Komponisten-Verbandes für seine solistischen Aktivitäten. Ebenfalls im Jahr 2007 wurde das Trio Contraste Solisten-Trio der Banatul Philharmonie in Timişoara. 2009 wurde es erneut vom rumänischen Komponisten Verband für seine Verdienste um die zeitgenössische rumänische Musik ausgezeichnet. Das Trio wurde oft zu rumänischen Rundfunksendungen eingeladen, es hat Produktionen beim Deutschlandfunk, dem WDR, dem Bayerischen Rundfunk, der Société de Musique Contemporaine Lausanne und Radio Swiss 2 aufgezeichnet. Ebenso gibt es zahlreiche Fernsehsendungen und CD-Aufnahmen des Trios. (Quelle: http://cimro.ro/trio-contraste/ Originalversion in englischer Sprache)

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Ison und andere Formen der Mehrstimmigkeit in der rumänischen Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Die Auseinandersetzung mit dem Thema verschiedener Formen der Mehrstimmigkeit im Europäischen Raum soll in dem 10. ZwischenZeiten Symposium der Universität Oldenburg in Kooperation mit dem Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK) Delmenhorst fortgesetzt und vertieft werden. Ziel der Tagung ist es, unterschiedliche Formen der Mehrstimmigkeit in der Musik Rumäniens im Kontext der europäischen Musik der Gegenwart zu untersuchen und damit die Arbeit des Symposiums 2014 über den Ison fortzusetzen. Diese Formen der Mehrstimmigkeit entstammen einem musikalischen Denken, das zunächst inkompatibel mit dem Musikdenken des Abendlands und seinen Formen der Mehrstimmigkeit zu sein scheint, letztlich aber viel mehr Korrespondenzen aufweist als angenommen. An Hand vergleichender Analysen von Gattungen und Werken von Komponisten aus Ost- und Westeuropa soll eine vertiefte Untersuchung dieser Arten, Mehrstimmigkeit zu konzipieren, erfolgen. Somit lassen sich auch verschiedene Stufen der Komplexität innerhalb der Mehrstimmigkeit erarbeiten: von einfachen Grundformen des Isons, auch zu finden in traditioneller Musik, bis zu komplexesten Polyheterophonien, die multidimensional bis an die Grenzen des Möglichen gebracht werden, im 'Einklang' mit aktuellen multimedialen und wissenschaftlichen Formen von Komplexität unserer Zeit. Die Untersuchungen und Analysen der Formen von Mehrstimmigkeit sind Grundlage für die Herausbildung eines Bewusstseins für scheinbar divergierende Denkweisen west- und osteuropäischer Musik. Hier entsteht ein Nährboden für die fruchtbare und konstruktive Kommunikation zwischen unterschiedlichen Kulturräumen, auf welche das Konzept des ZwischenZeiten Symposiums abzielt und die auch fächerübergreifende, interdisziplinäre Forschung ermöglicht.

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TAGUNGSPROGRAMM

Samstag, 7. November 2015 09:30 – 11:00 Symposium Teil 1: Einführungsvortrag: Ison und andere Formen der Mehrstimmigkeit in der rumänischen Musik. Korrespondenzen und Divergenzen in der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts

Referentin: Laura Manolache Analysen: Doina Rotaru – Ceasuri (Uhren) für Orchester und Cumpăna luminii – für Klarinette, Violine, Viola, Cello und Klavier; Tiberiu Olah – Invocații für 5 Ausführende; George Balint – Istorie für Kammerorchester

ReferentInnen: Laura Manolache & Martin Kowalewski 11:00 – 11:30 Kaffeepause 11.30 – 12.30 Symposium Teil 2: Cortège in memoriam Avram Iancu: Mehrstimmigkeit in der Musik von Cornel Ţăranu im Kontext der rumänischen Musik des 20. Jahrhunderts – Vergleichende Analysen

ReferentInnen: Ana Szilagyi & Adalbert Grote 12:30 – 13:30 Mittagessen im HWK 13:30 – 16:00 Symposium Teil 3: Ştefan Niculescus Theorie der syntaktischen Kategorien. Neue Kontexte und Perspektiven.

Referent: Corneliu Dan Georgescu Melos und Ison, Vorbild für eine Polyphonie der Strukturen angewendet auf die Suite für Kinderchor, Blasinstrumente und Schlagzeug von Liviu Glodeanu, Scoarţe (Teppiche) für Orchester von Mihai Moldovan und Jeux V „Refrains” für acht Violinengruppen, Blechinstrumente und Schlagzeug von Corneliu Dan Georgescu.

Referent: Nicolae Teodoreanu 16:00 – 16:30 Kaffeepause 16.30 – 18.30 Symposium Teil 4: Handeln mit Geschichte – Formen der Mehrstimmigkeit in der rumänischen Musik des 20. Jahrhunderts im europäischen Kontext: Bowstring für Violine, Doua piese für Klarinette, Sursum corda für Cello von Nicolae Brânduș

Referent: Michael Heinemann

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Jocuri – Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Musik von Laura Manolache und Corneliu Dan Georgescu

Referentin: Eva-Maria Houben 18:30 – 21:00 Begrüßungsbüffet im HWK

Sonntag, 8. November 2015

09:30 – 10:30 Symposium Teil 5: Der Ison in der rumänischen traditionellen Musik

Referentin: Constanţa Cristescu Analyse: Octavan Nemescu – Concentric (question comportant deux réponses/Eine Frage mit zwei Antworten) für Ensemble und Tonband (1969)

Referentin: Ana-Alexandra von Bülow Der Ison im Musikunterricht am Gymnasium: Annäherungen und Analysen Costin Miereanu – Rumore für Klarinette in B (1986)

Referentin: Monika Jäger 10:30 – 11:00 Kaffeepause 11:00 – 13:00 Round Table Gespräch: Aussichten/Ausblick 13:00 – 14:00 Mittagsbuffet Expertenkreis: Tido Dejan, Violeta Dinescu, Kadja Grönke, Heribert Houben, Corina Kiss, Luigi Manta, Heinz-Joachim Meencke, Roberto Reale, Raluca Stirbat, Michael Sukale, Silke Wulf

Montag, 9. November 2015

19:00 Uhr Symposiums-Ausklang in den Räumen von Piano-Rosenkranz (Mottenstraße 8, Oldenburg)

„Sonare“ R a l u c a S t i r b a t s p i e l t u n d e r l ä u t e r t

d i e K l a v i e r s o n a t e N r . 3 v o n G e o r g e E n e s c u

D i a l o g k o n z e r t m i t C D - P r ä s e n t a t i o n

M o d e r a t i o n : K a d j a G r ö n k e

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LEBENSLÄUFE UND ABSTRACTS DER REFERENTINNEN

Ana-Alexandra von Bülow, geborene Popescu (17.12.1955 in Bukarest) studierte an der Musikuniversität ihrer Heimatstadt Bukarest unter anderem bei Viorel Cosma (Musikwissenschaft), Ştefan Niculescu (Formenlehre), Aurel Stroe (Instrumententheorie und Orchestration), Liviu Comes und Dinu Ciocan (Kontrapunkt), Dan Buciu (Harmonielehre), Ana Pitiş und Ioana Minei (Klavier). Ihre Magisterarbeit über Stilistik in den sinfonischen Werken von Sigismund Toduţă wurde vom Komponisten selbst betreut und von Prof. Viorel Cosma und Prof. Grigore Constantinescu abgenommen. In Deutschland war sie als freie Mitarbeiterin tätig, u. a. im Paul Hindemith Institut, bei der Alten Oper Frankfurt, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Neuen Musikzeitung und hat einige Jahre das Pressebüro der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main geleitet. Im Mecklenburg hat sie eine Kulturreihe ins Leben gerufen und die ersten drei Editionen dramaturgisch geplant und organisatorisch durchgeführt. Gegenwärtig lebt sie im Rhein-Main-Gebiet, wo sie weiterhin freischaffend pädagogisch, journalistisch und musikwissenschaftlich tätig ist. Analyse: Octavan Nemescu – Concentric (question comportant deux réponses/Eine Frage mit zwei Antworten) für Ensemble und Tonband (1969) Als ein Schlüsselwerk für die Entwicklung der Ison-basierten Spektralmusik zeigt Octavian Nemescus Concentric für Klarinette, Violine, Viola, Violoncello, Klavier und Tonband (1969) den dezidierten Weg zu einer Konzeption, die eine komplexe Klangentfaltung aus den Wurzeln des Klangs an sich als Naturphänomen auffasst. Drei unterschiedliche Schichten von Klangereignissen überlagern sich in diesem Werk als Emanation des Ison-Klangs (C‘). Die miteinander verbundenen Ebenen entsprechen den Archetypen Zeitlosigkeit/Ewigkeit/kosmisches Unbewusstsein (Ison C‘-C-c-g-c’ in p–pp) – historische Zeit/kollektives Bewusstsein (Kadenzen, geschichtlich-geographisch projiziert in mp–mf) – flüchtige, ephemere Zeit/individuelles Bewusstsein (kurzlebige instrumentale Ereignisse in f-ff). Die Analyse versucht, die Rolle des Isons in diesem Werk aufzuzeigen sowie überhaupt die Verbindung zwischen der musikalischen Form und der spezifischen Weltanschauung, die ihr zugrunde liegt. Constanţa Cristescu, (geb. 10. Mai 1959 in Vatra Dornei/Suceava) besuchte bis 1978 das Musikgymnasium in Cluj-Napoca. Von 1980-1984 studierte sie an der Musikakademie in Cluj-Napoca Komposition, Musikwissenschaften und Pädagogik. Während ihrer Zeit als Doktorandin (1993-1994) besuchte sie postuniversitäre Kurse in psaltischer Musik an der Nationalen Musikuniversität „Ciprian Porumbescu“ in Bukarest. Den Doktor der Musikwissenschaft (Musikethnologie) erhielt sie 1996 an der Musikakademie „Gheorghe Dima“ Cluj (Doktorvater: Ileana Szenik). Ihre Forschungsschwerpunkte sind Ethnologie, Byzantinologie, interdisziplinäre und didaktische Studien. Von 1984 bis 1990 war sie Lehrerin für Theorie, Solfege, Klavier und Chorleitung an der Musikschule in Zalău (Sălaj). Von 1993-1994 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ethnographischen und Folkloristischen Institut „Constantin Brăiloiu” in Bukarest. Von 1998-2006 war sie Lehrerin für orthodoxe Theologie und Humanwissenschaften an der Fakultät der Universität „Aurel Vlaicu” in Arad. Seit 2008 ist sie Redakteurin der Wochenzeitschrift ”Rodul pământului” (Das Gedeihen der Erde). Zur Zeit ist sie künstlerische-musikwissenschaftliche Beraterin des “Centrul Cultural Bucovina” (Kulturzentrum Bucovina) in Suceava. Sie ist Mitarbeiterin beim Kulturradio, bei Radio Cluj, ProTv, TVTM und u. a. bei den Zeitschriften Muzica, HoReCa Profit, Actualitatea muzicală, Cronica muzicala ON-LINE, MELOS, Crai Nou. Mitglied des UCMR/Sektion Musikwissenschaft seit 1996. Sie ist Autorin zahlreicher Bücher und Veröffentlichungen, u. a. Chemări de toacă. Repertoriul românesc – Monografie, tipologie şi antologie muzicală, Bukarest (1999) 2. Auflage 2012, Sigismund Toduţă şi stilul liturgic de la Blaj, Cluj-Napoca, 2011, Izvoare bizantine în metamorfoze enesciene, Suceava, 2011 und Contribuții la valorificarea tradiției muzicale din Banat și Transilvania, București, 2011. Außerdem ist sie Verfasserin zahlreicher Unterrichtsmaterialien, u. a. Curs practic de muzică bisericească şi ritual (2000).

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Corneliu Dan Georgescu (geb. 01.01.1938 in Rumänien), Komponist, Ethnologe und Musikwissenschaftler, ist Autor symphonischer und elektronischer Musik, Opern-, Orgel- und Kammermusik, meist als Zyklen gefasst (u. a. Atemporal Studies, Jocuri, Umriss für ein Fresko, Hommage to Mondrian, Orbis, Transsilvanische Motive) sowie von Büchern und Studien zu Themen wie u. a. der Typologie der rumänischen Tanzmusik oder der karpatischen Alphornsignale, Musikarchetypen, syntaktischer Flexibilität, melodischer Systeme. Forschungstätigkeit am "Institut für ethnologische und dialektologische Forschungen" und am "Institut für Kunstgeschichte" in Bukarest, nach der Umsiedlung nach Deutschland 1987 am "Internationalen Institut für traditionelle Musik" und an der Freien Universität in Berlin, Mitarbeit an den Enzyklopädien MGG, KDG, Grove. Stichworte zu seinem Schaffen: Neoprimitivismus, Neofolklorismus, essenzialisierter Minimalismus, Ablehnung jeder Anekdotik, gezielte Monotonie bzw. atemporelle Musik, Kontemplation eines Archetyps, algorithmische Musik, Interesse für Malerei, Unabhängigkeit von Mode und Avantgarde. 1962-1987 Preise des rum. Komponistenverbandes und der rum. Akademie, 2013 Dr. h.c. der Kunstuniversität George Enescu von Jassy. http://www.corneliu-dan-georgescu.de/eu Ştefan Niculescus Theorie der syntaktischen Kategorien. Neue Kontexte und Perspektiven Während der Diskussionen im Rahmen unserer Oldenburger Symposien zum Thema Ison wurden in letzter Zeit viele grundlegende Aspekte des musikalischen Denkens angesprochen. In diesem Kontext dürfte eine ausführliche Betrachtung der entsprechenden Thematik unter der Berücksichtigung ihrer allgemeinsten, abstrakten Dimensionen nützlich sein, einer Thematik, in der die Ideen Ştefan Niculescus mit Bezug auf die musikalischen Syntaxkategorien optimale Suggestionen anbieten. Es geht im vorliegenden Text um einen ersten Versuch, diese Suggestionen aus einem anderen, erweiterten Gesichtspunkt zu ergänzen, einen Ansatz, der die Berücksichtigung vielfältiger Aspekte der komplexen musikalischen Wirklichkeit und auch eine neue Systematisierung erfordert. Adalbert Grote (geb. am 24.02.1957 in Grevenbroich) Studien in Musikpädagogik und Musikwissenschaft an der „Hochschule für Musik“ Köln, Universität zu Köln, Freie und Technische Universität Berlin u. a. C. Dahlhaus, R. Stephan u. J. Kuckertz; Dissertation: „Studien zu Person und Werk des Wiener Komponisten und Lehrers Robert Fuchs“; Veröffentlichungen in: ÖMZ, Heine-Jahrbuch der Internationalen Heine-Gesellschaft, Festschrift Rudolph Stephan, Kongressberichte Bukarest 2009 und 2011, 2013, Festschrift Violeta Dinescu 2013; Zahlreiche Vorträge bei verschiedenen Institutionen in Europa und den USA, so u. a. National und International Conferences der „College Music Society of America“ (2005-2013), Alban-Berg-Festival Hannover 2007 und Internationales Symposium G. Enescu 2009/ 2011/2013 Bukarest; Guest Lecturer George-Mason-University, Fairfax, VA, USA 2006/07; auf Einladung Teilnahme an der Konferenz des „Institutes for Music History Pedagogy“, Juilliard School, New York 2008; Referent beim Internationalen Symposion „ZwischenZeiten“ 2009/10/11/12/13/14. Seit 2012 ständiger Autor beim Symposium und der Schriftenreihe „Zwischen Zeiten“ an der Universität Oldenburg. Seit 2013 referierendes Mitglied der „Tschaikowsky-Gesellschaft Deutschland“. 2015 Ernennung zum „Member of the Comitee for International Communication“ und „Session Chair Staff“ der „College Music Society of America“. Weltenbummler – Interpretatorische Ansätze zu Cornel Ţăranus Kantate Cortège (1971) Wie kaum ein anderer seiner rumänischen Kollegen hat sich der Komponist Cornel Tăranu, Schüler Sigismund Toduţas, relativ lange im westlichen Ausland aufgehalten, und kam während seines Studiums am Pariser Conservatoire 1966/67 und durch die von Pierre Boulez ins Leben gerufenen „Domaine Musicale“ in engen Kontakt mit Olivier Messiaen, Nadja Boulanger, Pierre Boulez, Marius Constant und Yannis Xenakis. Anlässlich des Besuchs der „Darmstädter Ferienkurse“ 1967 und 1968 erweiterte sich sein Bekanntenkreis um Györgi Ligeti, Bruno Maderna und den Schlagzeuger Christoph Caskel. Cortege ist 1973

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entstanden, also nach seinen weit gefächerten künstlerischen Erfahrungen im In- und Ausland. Im Mittelpunkt der Kantate steht der rumänische Nationalheld Avram Jancu, der sich während der Revolution 1848/49 den imperialen Ansprüchen Ungarns gegenüber Transsylvanien entgegenstellte und der 1872 unter stärkster Anteilnahme der Bevölkerung mit einem riesigen Leichenzug zu Grabe getragen wurde. Die Analyse setzt sich mit dem Sujet wie der höchst eigenständigen Art der Vertonung durch Ţăranu auf zweierlei Weise auseinander, einerseits durch genaue Analyse des Wort-Tonverhältnisses und seiner Beziehung zum Ison als einem Stilmittel nationaler Provenienz, andererseits unter Berücksichtigung von Ţăranus vielfältigen internationalen Erfahrungen. Es zeigt sich, dass interpretatorische Blickwinkel immer wieder der Relativierung bedürfen, um sich tatsächlich der Phänomenologie eines Werkes anzunähern. Auf diese Weise wird es möglich, der Vielfalt möglicher Konnotationen des „Ison“ nachzuspüren, dessen Positionierung sich nicht nur im Kontext rumänischer Provenienz erweist, sondern sein ästhetisches Potenzial in neuen Bezugsfeldern zu erweitern und allgemein zur Bereicherung der musikalischen Ausdrucksmittel im ausgehenden 20. Jh. beizutragen vermochte. Michael Heinemann wurde 1959 geboren, studierte zunächst an der Musikhochschule Köln (Kirchenmusik, Orgel), dann in Köln, Bonn und Berlin Musikwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte. Seit 2000 Professor für Musikgeschichte an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden, seit 2010 auch an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. Veröffentlichungen insbesondere zur Bach-Rezeption sowie Robert Schumann (Mitherausgeber der Schumann-Briefedition). Handeln mit Geschichte Der Ison ist – zumal in den Solostücken von Nicolae Brăndus – eine vielschichtige Referenz: historisch, strukturell, spirituell und habituell. Letztere Dimension, vielleicht die entscheidende für das Verständnis aktueller rumänischer Musik, bedingt eine Relativierung der Bedeutung des Notentextes zugunsten des Performativen (und damit zugleich die Forderung für Musikwissenschaft und Analyse, alternative Beschreibungskategorien zu entwickeln). Eva-Maria Houben, geboren 1955 in Rheinberg am Niederrhein; Studium an der Folkwang-Hochschule für Musik Essen (Schulmusik, Künstlerische Abschlussprüfung), Orgel bei Gisbert Schneider. Promotion und Habilitation an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg bei Norbert Linke. Unterrichtstätigkeit an verschiedenen Gymnasien, Lehraufträge für Musikwissenschaft an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg und an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf. 1993 Berufung als Professorin an das Institut für Musik und Musikwissenschaft der Technischen Universität Dortmund. Schwerpunkte ihrer Forschung und Lehre sind die Musiktheorie und die Neue Musik. Eva-Maria Houben ist verbunden mit der Wandelweiser-Komponistengruppe. In der Edition Wandelweiser (Haan) werden ihre Kompositionen verlegt, ihre CDs publiziert. Zahlreiche Veröffentlichungen zur neuen Musik, u. a. zu Adriana Hölszky, Violeta Dinescu, Hans-Joachim Hespos, zum Wandelweiser Komponisten-Ensemble (MusikDenken, Antoine Beuger, Jürg Frey). Jocuri – Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Musik von Laura Manolache und Corneliu Dan Georgescu Corneliu Dan Georgescus Konzept atemporellen Komponierens hat viele Komponisten der nachfolgenden Generation stark beeinflusst. Atemporalität: erfahrbar gemachte Zeitlosigkeit oder Zeitfreiheit, die sich in Kompositionen unterschiedlicher Gattungen und mit verschiedensten Besetzungen manifestieren kann. Georgescu selbst dazu: „Atemporelle Musik stellt den extremen Fall der Idee der ‚Aufhebung der Zeit‘ dar […].“ Gemeint ist nicht die physikalische, sondern die psychologische Zeit. Atemporalität, so Georgescu weiter, „betrifft bei weitem nicht nur die moderne Musik […]. Das Moderne […] ist vielleicht nur das bewusste, intensive, systematische Behandeln dieser Aspekte der allgemeinen Atemporalität.“ Unter dem Titel Jocuri sind in Georgescus Werk mehrere Kompositionen erschienen, die mehr oder weniger miteinander verwandt sind. Ebenso hat Laura Manolache

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ein Werk mit diesem Titel geschrieben, das in ähnlicher Weise Tendenzen zur atemporellen Musik aufweist, aber dennoch ganz eigene und andere Wege geht. Monika Jäger, geboren 1971 in Krefeld; Studium Musik und Sozialwissenschaften an der Uni Wuppertal und TU Dortmund; Zweites Staatsexamen Lehramt am Studienseminar Münster; Studienrätin für Musik und Sozialwissenschaften am Anna-Freud-Oberstufenzentrum Berlin; 2001/2003/2011 Teilnahme am George-Enescu-Symposium Bukarest; 2008 Promotion „Das kompositorische Werk von Dinu Lipatti als Teil der europäischen Moderne“ (TU Dortmund); musikdidaktische Schwerpunkte u. a.: Zeitgenössische osteuropäische Musik, gesellschaftliche Funktionen von Musik, individualisierende und doppeldidaktische Konzepte. Costin Miereanu - Rumore für Klarinette in B (1986). Komponisten zwischen Ost und West Wie wirkt Rumore für Klarinette solo von Costin Miereanu auf angehende AbiturientInnen und ErzieherInnen, und durch welche Aspekte wird diese Musik für sie interessant? Ausgehend von eigenen Gestaltungsversuchen „Rumore“ nähern sich die SchülerInnen analytischen Fragestellungen an die Komposition an und erstellen eine kurze Werkbeschreibung für ein fiktives Nachschlagewerk „(Programm-) Musik für Kinder“. Martin Kowalewski (geb. 1976) studierte Philosophie, Psychologie und Germanistik in Hamburg und Oldenburg. Kürzlich hat er seine Dissertation mit dem Thema „Raum in der Musik“, betreut von Michael Sukale und Violeta Dinescu, eingereicht und verteidigt, beides mit großem Erfolg. Zweimal hat er bereits am Georges Enescu-Symposium in Bukarest teilgenommen und referierte zudem regelmäßig auf den ZwischenZeiten-Symposien in Oldenburg und am HWK in Delmenhorst. Er hat vor dem Hintergrund bedeutender philosophischer Diskurstraditionen ein eigenes Konzept zur Analyse der Räumlichkeit von Musik entwickelt und mit einem breiten theoretischen Kontext fundiert. Die Methode ist dazu im Stande, die besondere Nutzung der räumlichen Wahrnehmung von Musik bei heterophonen Kompositionen zu beleuchten und so spezifische Eigenarten der rumänischen Musik zum Vorschein zu bringen. Zur Zeit ist Martin Kowalewski außerdem als freier Journalist tätig. Analysen: Doina Rotaru – Cumpăna luminii – für Klarinette, Violine, Viola, Cello und Klavier; Tiberiu Olah – Invocații für 5 Ausführende; George Balint - Istorie für Kammerorchester In meinem Vortrag zeige ich im Rahmen einer gestalttheoretischen Analyse die besondere Nutzung der Räumlichkeit durch die Strukturprinzipien der Heterophonie in Werken von Rotaru, Olah und Balint auf. Durch die Umsetzung dieses Strukturtyps entsteht ein elastischer Raum im Klangeindruck, den ich auch anhand einer philosophischen Einordnung fundiere. Mit Hilfe dieses Raumbegriffs ist zudem eine Differenzierung musikalischer Strukturtypen und Gestaltungsmittel möglich. Als theoretischen Hintergrund habe ich ein eigenes Raummodel entwickelt, dass sich sowohl mit Raumkonzepten der Philosophie als auch mit musikwissenschaftlichen Raumbegriffen verbinden lässt. Die drei Werke sind organisch konzeptioniert und weisen grundlegende Konzepte bei der Entwicklung der Räumlichkeit auf. Rotaru präsentiert kurze Szenen bzw. Spotlights, die später Synthese-Prozessen unterzogen werden. Der Raum wird mit unterschiedlichsten Mitteln „ausgeleuchtet“. Olah schafft fragile zeitliche Differenzierungen über den Gegensatz von binären und ternären Mikrostrukturen und eine starke Loslösung der Kontur, in dem er diese in Linien umsetzt. Balint geht ähnlich vor. Er fächert das Klanggeschehen sprunghaft auf, um dann mit Klangfeldern und metrischen Binnendifferenzierungen zu arbeiten. Die Komponisten haben viele Gemeinsamkeiten aber auch Eigenheiten, wenn es darum geht einen instabilen Raum unter der ästhetischen Maßgabe der Heterophonie zu kreieren.

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Laura Manolache (geb. am 11. Mai 1959 in Bukarest), studiert Musikwissenschaft bei Viorel Cosma (1978-1982) und Komponistion bei Myriam Marbe (1992), Tiberiu Olah (1994-2001) und Doina Rotaru (2001-2002). Teilnahme an den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt (1990), DAAD-Stipendiatin (Köln 1992-1993; Osnabrück 1999, 2003); Stipendiatin der rumänischen Akademie – Stiftung der Familie Menahem H. Elias (Wien 1996). Ab 1991 Dozentin an der Nationalen Musikuniversität Bukarest, Unterrichtsgebiete Musikwissenschaft und europäische Musikgeschichte (Promotion 1995). 2006-2012 Leiterin des Nationalen „George Enescu” Museums. Mitglied u. a. des Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler in Rumänien (seit 1986); Mitglied der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik – Sektion Rumänien (seit 1991); Mitglied des Internationalen Arbeitskreises für Systematische und Vergleichende Musikwissenschaft (seit 1995). Die meisten ihrer Werke (Kammermusik, ebenso wie sinfonische Werke) wurden von dem rumänischen Rundfunk aufgenommen und von Editura Muzicală (Bukarest) und von dem Musikverlag Müller & Schade (Bern) veröffentlicht. Ihre Musik wurde in Konzerten und Festivals sowohl in Rumänien als auch in vielen europäischen Ländern und den USA aufgeführt. In der rumänischen Kultur der Zwischenkriegszeit hat die Tendenz zur Reflektion über die Frage der Möglichkeiten und Grenzen einer nationalen Kultur und ihrer Erscheinungsformen im Kontext des Allgemeinen bzw. eines „größeren Ganzen“ die kreative Energie vieler Künstler freigesetzt. In diesem Sinne lassen sich auch viele Aspekte der Persönlichkeit und der Musiksprache Enescus interpretieren. Mittels seiner Kompositionen hat Enescu eine übergreifende Idee modelliert, die darauf abzielt, eine anspruchsvoll notierte Partitur zu schaffen, die in Korrespondenz zu der Folklore steht (mit Doina, Balladen, Volkstänzen usw.), diese aber nur als Inspirationsquelle und nicht als Zitat verwendet. Die Geschichte hat gezeigt, dass die Entwicklung einer solchen „Idee“ einen Zeitraum von Jahrzehnten und die Bemühungen mehrerer Generationen erforderte. Erst in den späten 50er und frühen 60er Jahren gelang der Durchbruch dieser und ähnlicher Arten musikalischer Schöpfungen Dank der Generation, die aus diesem Grund als die "goldene Generation" der rumänischen Musik bezeichnet wird. Der von Violeta Dinescu vorgeschlagene Titel des Symposiums wurde als eine Herausforderung zur Systematisierung aufgefasst; als eine Gelegenheit zur Reflexion über die Bauelemente volkstümlicher Wurzeln, die der zeitgenössischen rumänischen "Last-Generation" ihre Tonsprache, Konsistenz und Besonderheit verleihen: von den Modi bis zur Heterophonie, von giusto sillabico vs. parlando rubato bis zu den geeigneten melodischen Zellen, Klangfarben und Gestaltungsformen. Ana Szilágyi wurde 1971 in Bukarest (Rumänien) geboren. Sie studierte Komposition (bei Prof. Aurel Stroe und Prof. Dr. Dan Dediu) und Orgel (bei Lect. Lidia Sumnevici) an der Nationalen Universität für Musik Bukarest sowie Elektroakustische Komposition (bei Prof. Mag. Dieter Kaufmann) und Musiktheorie (bei Prof. Dr. Dieter Torkewitz) an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Sie arbeitete als Assistentin an der Musikhochschule Brașov/Rumänien, wo sie Formenlehre und Werkanalyse unterrichtete. Seit 2002 arbeitet sie freiberuflich in Wien. Für das Wintersemester 2012-2013 erhielt sie einen Lehrauftrag an der Universität Wien. Seit 2013 unterrichtet sie Klavier am Richard-Wagner-Konservatorium Wien. 2009 promovierte sie an der Nationalen Universität für Musik Bukarest mit dem Thema Das Verhältnis Zeit-Form in der Musik des 20. Jahrhunderts. 2011 promovierte sie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien mit der Arbeit Inkommensurabilität in Aurel Stroes Musik am Beispiel seiner Opern-trilogie „Orestie“ und errang im selben Jahr den Award of Excellence des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung für ihre Dissertation, die 2013 beim Präsens Verlag Wien in Buchform erschien. 2014 publizierte Editura Muzicală ihr Buch in der rumänischen Sprache. Szilágyi publizierte ebenso Artikel und Studien in deutscher, rumänischer, englischer und französischer Sprache in verschiedenen Musikzeitschriften und Bänden. Ihre Arbeit als Komponistin wurde durch etliche Preise und Stipendien gewürdigt, darunter das Herder-Stipendium der Alfred Toepfer Stiftung (Deutschland), das Thyll-Dürr Stipendium (Schweiz) und der Theodor Körner-Preis (Österreich) für Komposition. 2012 und 2015 wurde ihr ein Arbeitsstipendium des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur zuerkannt. Aufführungen ihrer Werke

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fanden vielfach in Wien (u. a. Konzerthaus, Arnold Schönberg Center, Alte Schmiede, Radio Stephansdom, Peterskirche, Pfarrkirche-St. Leopold) wie auch im Ausland (Rumänien, Irland, Portugal, USA, Japan) statt. Cortege in memoriam Avram Iancu: Mehrstimmigkeit in der Musik von Cornel Ţăranu im Kontext der rumänischen Musik des 20. Jahrhunderts – VergleichendeAnalysen In dieser Arbeit wird das Werk Cortège in memoriam Avram Iancu von Cornel Ţăranu aus der Perspektive der Mehrstimmigkeit analysiert, die bei Cornel Țăranu gleichzeitig als Polyphonie, Heterophonie und Homophonie verstanden wird. Diese drei Syntaxen werden wiederum zum Obdach des Isons zugeordnet. Ausgehend von der Zwölftontechnik, in der die Horizontalität mit der Vertikalität übereinstimmt, arbeitet Țăranu polyphon und heterophon mit chromatischen Zellen (wobei bestimmte Intervalle wichtig sind), die zu einem ‚homophonen’ Cluster werden. Der Cluster entspricht einem mehrstimmigen Ison, der polyphon entsteht. Die Zellen werden der Variationstechnik – was alle Parameter betrifft – unterworfen. Das Werk wird mit Cântarea pătimirii noastre von Irina Odăgescu verglichen. Ähnlichkeiten und Unterschiede werden bei der Verwendung des Isons aufgezeigt. Nicolae Teodoreanu Komponist und Musikethnologe. Geboren am 26.06.1962 in Bukarest. Er hat 1986 die Nationale Musikuniversität absolviert und 2002 an der Musikhochschule in Cluj promoviert. Seit 1990 arbeitet er als Musikethnologe im Institut für Ethnographie und Volkskunde "Constantin Brăiloiu" in Bukarest und bekam Lehraufträge an verschiedenen Musikhochschulen Rumäniens. Zwischen 1994 und 2004 erhielt er mehrere Stipendien für Komposition und musikethnologische Forschung in Deutschland, Österreich und Rumänien. Seine Kompositionen wurden 1991 beim Internationalen „Karl Maria von Weber” Wettbewerb, 2006 von der Rumänischen Akademie der Wissenschaften und 2011 von dem Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler Rumäniens prämiert. Seine Musik wurde in Rumänien, Deutschland, Österreich und Frankreich aufgeführt. Seine Artikel in Bereich der Musikethnologie und Musiktheorie sind in verschiedenen Fachzeitschriften veröffentlicht worden. Seine kompositorische und musikwissenschaftliche Tätigkeit bedeutet ein Versuch, die psycho-kulturellen Grundlagen der Musik, sowohl auf stilistisch-musikalischer Ebene als auch auf der akustischen, zu erforschen. Er untersucht besonders die akustischen Eigenschaften des musikalischen Klanges und Wortes und deren Widerspiegelung in der musikalischen Struktur. Dafür verwendet er häufig algorithmische und computergestützte Methoden. Zweck seines Komponierens ist die Integration einiger Elementen aus verschiedenen musikalischen Traditionen wie die der europäischen Folklore und der außereuropäischen und byzantinischen Musik in eine moderne Tonsprache.

Melos und Ison, Vorbild für eine Polyphonie der Strukturen angewendet auf die Suite für Kinderchor, Blasinstrumente und Schlagzeug von Liviu Glodeanu, Scoarţe (Teppiche) für Orchester von Mihai Moldovan und Jeux V „Refrains” für acht Violinengruppen, Blechinstrumente und Schlagzeug von Corneliu Dan Georgescu. In meiner Analyse verwende ich die Begriffe Melos und Ison im weitesten Sinne, ausgehend von der Schlagzeugpraxis der orthodoxen Kirche mit der Semantron (Toaca). Dabei wechselt sich der Ison, womit man die sich stets wiederholenden Strukturen bezeichnet, mit den sog. Verzierungen, die die rhythmisch-„melodischen“ Formeln darstellen, ab. Ihre Repetition und ihr Bezug auf Verschiedenheit stehen für eine Kompositionstechnik, die man der rumänischen Musik mit der „Gruppe der Drei“, assoziiert; drei Komponisten aus der gleichen Generation, mit ähnlichen kompositorischen Anschauung. Alle von ihnen gehen von den abstrakten morphologischen und syntaktischen Prinzipien der folkloristischen Musik aus, die mit den modernen Kompositionsverfahren synthetisiert werden. Dadurch ergab sich schon in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Art „repetitive“ und „minimale“ Musik, völlig verschieden und ganz unabhängig von der amerikanischen Musik dieser Art. Die von mir vorgestellten Musikbeispiele und Analysen stammen gerade aus dieser Zeit. Zwei von diesen Komponisten, Glodeanu und Moldovan, haben die Anwendung dieser Technik irgendwann in ihren Leben plötzlich unterbrochen, wobei Corneliu Dan Georgescu diesen kompositorischen Weg weiter verfolgte und so schließlich Ende der 70er Jahre als Folge der damaligen Voraussetzungen zur sog. „zeitlosen Musik“ fand.

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9. November 2015 – 19.00 Uhr

in den Räumen von Piano-Rosenkranz (Mottenstraße 8)

– Eintritt frei, Spende erwünscht –

„Sonare“ R a l u c a S t i r b a t s p i e l t u n d e r l ä u t e r t

d i e K l a v i e r s o n a t e N r . 3 v o n G e o r g e E n e s c u

RALUCA STIRBAT wurde in der Universitätsstadt Iaşi im Nordosten Rumäniens geboren. Mit sechs Jahren erhielt sie Klavierunterricht am dortigen Musikgymnasium, gab mit zehn Jahren ihr Konzertdebüt und trat

schon bald mit allen wichtigen Orchestern Rumäniens auf. Sie nahm an mehreren Meisterkursen teil und wurde bei nationalen und internationalen Wettbewerben als Preisträgerin ausgezeichnet. Nach einem Studienjahr an der Musikakademie George Enescu in Iaşi ging sie 1994 an die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, um bei Prof. Jürg von Vintschger zu studieren, und erwarb gemeinsam mit ihrem Konzertexamen den Titel einer Magistra Artium. Seither konzertiert Raluca Stirbat regelmäßig mit Soloprogrammen, als Kammermusikpartnerin und mit Orchester, bereist neben Österreich auch ganz Kontinentaleuropa, Großbritannien, Zypern, Tunesien, die Türkei, Marokko, Singapur und den Iran und hat zahlreiche Tonträger-Einspielungen vorgelegt, u. a. für das Schweizer Radio DRS, Music Minus One (USA), Hungaroton (Budapest), Gramola (Wien) und den Österreichischen Rundfunk (ORF). Parallel dazu ist Raluca Stirbat als Klavierpädagogin und als Musikwissenschaftlerin tätig. Besonders intensiv beschäftigt sie sich mit Leben und Schaffen des rumänischen Komponisten, Violinisten, Pianisten, Dirigenten, Pädagogen und Musikwissenschaftlers George Enescu. Im August 2011 rief sie in Wien die Internationale George Enescu Gesellschaft ins Leben. Im Winter 2015 erscheint im Verlag Frank & Timme (Berlin) das von ihr mitübersetzte und mitherausgegebene Buch George Enescu – Meisterwerke von Pascal Bentoiu. Am heutigen Abend präsentiert sie ihre aktuelle CD „George Enescu – das Gesamtwerk für Klavier Solo“ (Hänssler Classic), die auch einige Welt-Ersteinspielungen umfasst. Für ihre künstlerischen Leistungen sowie für ihr soziales Engagement wurde Raluca Stirbat im März 2013 vom Innenministerium der Republik Österreich zur Integrationsbotschafterin ernannt.

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KADJA GRÖNKE ist Privatdozentin für Musikwissenschaft an der Universität Oldenburg, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Sophie Drinker Institut Bremen und freie Musikwissenschaftlerin. Ihre Arbeitsschwerpunkte in der Musik des 19., 20. und 21. Jh. führen neben einer regen Publikations- und Vortragstätigkeit zu regelmäßiger Kooperation mit dem Komponisten-Colloquium – Musik unserer Zeit und prägen auch das Konzept der Reihe Pianoforte! – Dialogkonzerte GEORGE ENESCU wurde 1881 in Liveni-Vârnav geboren, einem Ort an der Grenze zwischen Rumänien und Moldawien, der heute ihm zu Ehren den Namen George Enescu trägt. Das Wunderkind, das mit vier Jahren das Violinspiel erlernte, mit fünf Jahren seine ersten Kompositionen vorlegte, mit sieben Jahren das Studium in Wien aufnahm und mit 14 Jahren an das Pariser Konservatorium wechselte, war ein international gesuchter Geiger, Pianist und Dirigent, dessen technisch vollendetes und hochmusikalisches Spiel als Solist, Kammermusiker und Orchesterleiter gleichermaßen in den Bann zog. Mit ebensolcher Intensität komponierte Enescu, war ein unermüdlicher Lehrer und beschäftigte sich

forschend mit der Musik seiner Heimat. Seine universale Begabung machte ihn auf nahezu allen Gebieten des rumänischen Musiklebens zum Impulsgeber und Erneuerer und ist dort bis heute spürbar. Obwohl Enescu ebenso engagiert auch in Frankreich wirkte (er verstarb 1955 in Paris), ist er im Westen ein großer Unbekannter. Der heutige Abend zeigt einen Ausschnitt aus seinem Schaffen für Klavier – einem Instrument, das er ebenso umfassend beherrschte wie die Violine.

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9. November 2015 – 19.00 Uhr

in den Räumen von Piano-Rosenkranz (Mottenstraße 8)

„Sonare“ R a l u c a S t i r b a t s p i e l t u n d e r l ä u t e r t

d i e K l a v i e r s o n a t e N r . 3 v o n G e o r g e E n e s c u

D i a l o g k o n z e r t m i t C D - P r ä s e n t a t i o n

T e i l 1

Die Pianistin Raluca Stirbat (Wien)

im Dialog mit der Musikwissenschaftlerin Kadja Grönke (Oldenburg):

George Enescu: Klaviersonate Nr. 3, D-Dur op. 24 (1935) – Finale (Allegro con spirito)

T e i l 2

Die Pianistin Raluca Stirbat (Wien)

spielt Klavierwerke von George Enescu (1881-1955):

Scherzo fis-Moll (1896)

La Fileuse (Die Spinnerin, 1897)

Sonatensatz fis-Moll (1912, europäische Erstaufführung)

Sonate Nr. 3, D-Dur op. 24 (1935)

1. Vivace con brio

2. Andantino cantabile

3. Allegro con spirito

Aus Anlass des 20jährigen Bestehens der Veranstaltungsreihe Komponisten-Colloquium

– Musik unserer Zeit (Universität Oldenburg/Institut für Musik) und des 10jährigen

Jubiläums der Symposiumsreihe ZwischenZeiten (Universität Oldenburg/Institut für

Musik und Hanse-Wissenschaftskolleg, Delmenhorst) wird der heutige Abend

mitfinanziert von der Universitätsgesellschaft Oldenburg. Herzlichen Dank! Konzeption:

[email protected]