Besonderheiten Älterer in der Reha- Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
Dr. med. Thomas Zeile
20.06.2018
Dr. med. Thomas Zeile
Besonderheiten Älterer
Biografie
Abhängigkeit
Soziales
Umfeld
Multimorbidität
Frailty
Umgang mit demenziell erkrankten Patienten 2
Dr. med. Thomas Zeile
Rehabilitation – die häufigsten Fragen
Warum soll ich in die Reha?
Kommt mich jemand besuchen?
Wie lange dauert das denn?
Was brauche ich dort?
Sind die Leute dort nett?
Bekomme ich, was ich brauche?
Viele Sorgen und Fragen…
3 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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Multimorbidität
• Ältere Menschen haben im Durchschnitt 5-7 Erkrankungen (INH- Register), wovon akute und chronische parallel und gleichwertig im Schweregrad sein können, und in der Gesamtheit neue typisch geriatrische Krankheitsbilder auftreten
• Beispiel: M. Parkinson, Herzinsuffizienz, Coxarthrose, Demenz
• Sturzkrankheit bei multifaktorieller Gangstörung
Quelle: B. Weiss, Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2-2011
• Kardiovaskuläre Erkrankungen
• Herzinsuffizienz
• Schlaganfall
• Pneumonie, COPD
• Diabetes mellitus
• Osteoporose
• Arthrosen
• Demenz und Depression
• M. Parkinson
• Inkontinenz
• Tumorerkrankungen
4 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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Was ist Frailty? Die Fried-Kriterien
Frailty in Older Adults: Evidence for a Phenotype:Journal of Gerontology 2001, Vol. 56A, No. 3, M146–M156:
2 Punkte prefrail, 3+ Punkte frail
5 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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Was hat das für Konsequenzen für den alten Patienten?
• Mehrfacherkrankungen und Frailty schränken erheblich in der
selbständigen Lebensführung ein
• Die Belastbarkeit und das Tempo sind reduziert
• Die Orientierung kann erheblich eingeschränkt sein
• Viele Patienten erleben erstmals und traumatisch den vorgeschalteten
Krankenhausaufenthalt
• Viele Patienten verlieren die Hoffnung auf echte Genesung und die
Wiedererlangung eines selbständigen Lebens
• Hoffnungslosigkeit und Mutlosigkeit, Verzweiflung, Perspektiveverlust
6 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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Demenz und Delir im Akutkrankenhaus
1. Demenz
• Ca. 20% bei Patienten ab 70 Jahre, 30% bei Patienten ab 85 Jahre
• Klinische Wertung: leicht- mittelschwer- schwer/ fortgeschritten mit
Beschreibung der im Vordergrund stehenden Auffälligkeiten
2. Delir
• Ca. 20-60% im Rahmen eines akutstationären Aufenthaltes je Klinik
• Risiko für protrahierten Verlauf bei nicht erkannter Erkrankung
• Erhöhtes Demenzrisiko bei Fortbestehen über drei Monate
7 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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Demenz und Depression- zwei Kinder mit ähnlicher Präsentation
Demenz Gestörte Hirnleitunsfähigkeit
Antriebsstörung Verhaltensstörungen
Rückzug Vermeidungsstrategien Flapsigkeit- überspielen
Gedrückte Stimmung, Traurigkeit Stimmungsschwankungen
Motivationsstörungen
Depression
• Antriebsstörung
• Gedrückte Stimmung
• Schwingungsfähigkeit gestört (Affekt)
• Depressive Episode oder manifeste Depression?!
• Stimmungsschwankungen
• Vereinsamungsrisiko
• Suizidalität
• Freudlosigkeit, Perspektivlosigkeit
Demenz
• Gestörte Hirnleistungsfähigkeit
• Antriebsstörung
• Verhaltensstörungen
• Rückzug
• Vermeidungsstrategien
• Flapsigkeit- überspielen
• Gedrückte Stimmung, Traurigkeit
• Stimmungsschwankungen
• Motivationsstörungen
8 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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Klinische Auswirkungen
1. Orientierung
2. Verhalten
3. Unterstützungsbedarf
4. Mobilität und Umgang mit Hilfsmitteln
5. Motivation und therapeutischer Zugang
9 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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Bedeutung der Reha für Therapeuten und Therapie
1. Patienten können Therapien ggf. nicht selbstständig wahrnehmen
2. Medikamente können nicht evtl. nicht selbständig eingenommen werden
3. Patienten benötigen Zeit, um sich auf Therapieinhalte einzulassen und diese
umzusetzen
4. Therapieziele können nur bedingt oder gar nicht mit dem Patienten
zusammen festgelegt werden
5. Evtl. aggressives, gereiztes, ängstliches oder depressives Patientenverhalten
6. Sprachlicher Zugang gestört oder nicht möglich
10 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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Therapieplanung- praktische Umsetzung
• Erstbefundung durch Pflege, Physio-, Ergotherapie und Psychologie, mit
erweitertem Geriatrischen Assessment
• Planung der pflegerischen Unterstützung den funktionellen und
kognitiven Defiziten angepasst
• Erstellung eines für den Patienten geeigneten Tagesplanes, Festlegung
ob Patient abgeholt werden muss
• Anpassung des Unterstützungsaufwandes bei den Mahlzeiten
11 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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Therapie
• Vermeidung von Überlastungen für den Patienten
• Orientierungshilfe geben und über möglichst viele Sinneskanäle die
Wahrnehmung fördern
• Positive, angenehme Atmosphäre schaffen („Gefühl gut aufgehoben zu
sein“)
• Mittels kontinuierlicher Wiederholungen / Übungen arbeiten (dabei z.B.
an vorhandene Interessen und bekannte Tätigkeiten anknüpfen)
• Einbindung von Angehörigen
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Therapieangebot
• Gruppen- und Einzeltherapien (z.B. Hockergymnastik)
• Gedächtnistraining, Musik, kreatives Arbeiten
• Biografiearbeit
• ADL – Training
• Realitätsorientierungstraining (ROT), Angehörigenarbeit
• Bobath und neurophysiologische Therapien
• Basale Stimulation, Validation, Kinästhetik
• Sprach- und Sprechtherapie
• Ernährungsberatung und Kochgruppen
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Faktoren für eine erfolgreiche Rehabilitation
• Patient • Zeitpunkt • Indikation • Angebot
Angebot
Erfolg!
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1. Schritt zum Erfolg – Auswahl des richtigen Patienten
Krankheitsbilder:
Frakturen aller Art, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Lungenembolie, Pneumonie, COPD, Rheumatoide
Arthritis, Arthrose, Spinalkanalstenose, Cox- und Gonarthrose, Diabetes mellitus mit Komplikationen,
Gangstörungen, M. Parkinson, Demenzen mit Funktionsstörungen, …
Funktionseinschränkungen:
Der Patient war vor einem Akutereignis noch weitgehend selbstbestimmt und selbstversorgend lebend,
ist akut eingeschränkt und hat mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit das Potential, bei guter
Förderung seinen alten Stand wieder zu erreichen, ggf. mit Hilfsmittelversorgung oder Hilfeleistungen;
oder bereits PS
ZIEL: ambulante vor stationäre Versorgung
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2. Schritt zum Erfolg - Der richtige Zeitpunkt
Krankenhaus
Eigene Wohnung
Dauerpflege
Rehaeinrichtung
Kurzzeitpflege
MDK
16 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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2. Schritt zum Erfolg – Der richtige Zeitpunkt
Nach Akuterkrankung oder Operationen sind Patienten oft eingeschränkt belastbar.
Der Barthel-Index allein ist nicht aussagekräftig.
Fragen
• darf der Patient die Fraktur voll belasten?
• braucht der Patient Sauerstoff? Ist der organisiert? Liegen BGA‘s vor?
• Ist eine Prothese nutzbar und fertig?
• wie viel Flüssigkeit verliert der Patient über einen Anus praeter und braucht er Infusionen? Kann die
Konsistenz vorher verbessert werden? Ist die Stomaversorgung geregelt?
• braucht der Patient eine Therapiepause? Vor Reha Kurzzeitpflege? Oder Frührehabilitation?
17 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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3. Schritt zum Erfolg - Indikation
• Patient war vor der akuten Behandlung noch selbständig in der Lage,
einige Dinge des täglichen Lebens alleine auszuführen?
• Patient ist orientiert genug, um an Therapien teilnehmen zu können?
• Es liegt kein Delir vor?
• Der Patient ist medizinisch stabil genug und die Diagnostik ist
abgeschlossen?
• Es liegt ein Konzept für die Versorgung nach der Reha vor und dieses
ist mit Patient und Angehörigen besprochen?
• Ist der Patient motiviert für die Reha?
18 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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Mehr Informationen sind nötig- der erweiterte Fragebogen
19 Umgang mit demenziell erkrankten Patienten
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4. Schritt zum Erfolg - das Angebot
Auswahlkriterien der Klinik:
Ausstattung, Lage zum Wohnort, Erreichbarkeit für Angehörige, Essen,
Cafeteria, Bewegungsmöglichkeiten, Unterhaltungsangebot, Umgebung
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4. Schritt zum Erfolg - das Angebot
Logopädie
Ergotherapie
Physiotherapie
Ärzte
Psychologie
Sozialdienst
Patient
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4. Schritt zum Erfolg - das Angebot der Klinik
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(5.) Motivation Zusatzangebote – Quellen der Motivation
• Vorträge über Krankheit und Gesundheit
• Gruppenangebote- Selbsterfahrung
• Gemeinsames Kochen
• Entspannungsgruppen
• Singkreis
• Demenzgruppe
• Wochenendbasare
• Saisonale Veranstaltungshighlights
Ziel:
Verbesserung der Motivation und Erreichen einer Verhaltensänderung unter
Nutzung von Selbsterfahrung, gemeinsamem Erleben und Umsetzung in
den Alltag
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Ergebnisqualität
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Barthel-Index TUG Tinetti DEMMI
bei Aufnahme
bei Entlassung
Kategorie Aufnahme Entlassung Zielerreichung
Barthel-Index 56 Punkte 76 Punkte erreicht
TUG 44 sec 28 sec erreicht
Tinetti 17 Punkte 25 Punkte erreicht
DEMMI 42,9 Punkte 50,1 Punkte erreicht
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit —
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