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Page 1: 420 0029 217006 Fussball Echo 21€¦ · Kocks verantwortlich. Warum gerade ihre Schule in der DG Flüchtlinge aufnimmt und aus- bzw. weiterbildet, begrün-det sie dadurch, dass sich

GrenzEchoDienstag, 23. Februar 2016 21

Durch den Ausbruch des Krie-ges und die Konflikte in Syri-en, Somalia, Afghanistan undim Irak haben bisher annä-hernd 20 Millionen Menschendie Krisengebiete verlassen.Mehr als 40.000 Flüchtlingesind nach Belgien gekommen,von denen 507 im Auffang-zentrum der Föderalen Agen-tur für den Empfang von Asyl-bewerbern, Fedasil, in Elsen-born aufgenommen wurden.Seit Oktober 2015 besuchen 14dieser Jugendlichen mit Mig-rationshintergrund die Klas-sen für Sprachförderung amRSI.

Für die Integration am Ro-bert-Schuman-Institut in Eu-pen ist die Direktorin BrigitteKocks verantwortlich. Warumgerade ihre Schule in der DGFlüchtlinge aufnimmt undaus- bzw. weiterbildet, begrün-det sie dadurch, dass sich dasRSI stets als eine sehr vielfälti-

ge und gemeinschaftliche Bil-dungseinrichtung ausgezeich-net hat und das Ministeriumsomit bereits 2001 entschied,den Neuankömmlingen fürihren schulischen Werdegangim RSI eine Klasse zur Verfü-gung zu stellen, die zu Beginndie Bezeichnung „EAS“ (erst-ankommende Schüler) trug,welche im Nachhinein in„Sprachförderung“ abgewan-delt wurde. Besagte Klasseumfasst zurzeit 14 Schüler ausdem Auffanglager in Elsen-born, welche die deutscheSprache erlernen. Weiterhinwerden die Jugendlichen inBezug auf ihre schulische Ori-entierung besonders betreut,damit sie anschließendschrittweise die gewünschteStudienrichtung einschlagenkönnen.

Die föderale OrganisationFedasil kümmert sich um dieFinanzierung von Kleidung,Nahrung, Schule und Unter-kunft. Diese Organisationwendet sich an das Ministeri-um, um dort das benötigteMaterial anzufragen. DiesesVerfahren belastet in finanzi-eller Hinsicht somit weder dieSchule noch die Bewohner derbetroffenen Gegend.

Für die schulische Betreu-ung der Jugendlichen stelltdas Ministerium Lehrer zurVerfügung, die eine bestimm-te Anzahl Stunden, meist 30pro Woche, unterrichten. DieOrganisation geht, so Brigitte

Kocks, jedoch nicht immereinfach vonstatten: „Hinterdiesem Prozess steckt eineganze Menge Arbeit; denn esmüssen Lehrer gefunden wer-den, die sich dazu bereit erklä-ren, mit Schülern zu arbeiten,die eine andere, ihnen oft un-bekannte Sprache sprechen.“

Einen weiteren Schwer-punkt wird künftig die Be-schulung der nicht begleitetenMinderjährigen, der MENAS,darstellen. Jedoch kann sichdas RSI nicht alleine um derenAufnahme und Betreuungkümmern; in diesem Zusam-menhang müssen auch dieanderen Schulen in der DG ak-

tiv werden. Einen dieser ME-NAS, d.h. minderjährigen Ein-wanderer, befragten wir be-züglich seines Fluchtweges inRichtung Belgien.

Auf der Flucht bot dasHandy die einzigeMöglichkeit, mit derFamilie in Kontakt zubleiben.

Das Gespräch mit dem jun-gen Syrer, der mit seinem Va-ter nach Belgien geflüchtet ist,lässt erahnen, mit welchen

Strapazen und Gefahren dieReise in die Freiheit verbun-den ist.

Die Flucht begann im Liba-non und führte Vater undSohn durch die Türkei. Vondort aus erreichten sie mit ei-nem Boot die griechische Ha-fenstadt Mytilini. Dann brach-te sie ein kleines Flugzeugnach Athen. Anschließendging es nach Serbien, und inBelgrad nahmen sie einen Zugin Richtung ungarische Gren-ze. Dort wurde dem Jungenzum ersten Mal bewusst, dasser sich auf der Flucht befandund wie belastend es war, zweiTage ohne Essen auszukom-

men und nur einen kleinenSchluck Wasser trinken zukönnen. Nach einem kurzenZwischenaufenthalt in Passauführte sie eine ganztägige Zug-fahrt nach Aachen. Von dortaus fuhren sie mit dem Bus inRichtung Elsenborn.

Auf ihrem Fluchtweg stelltedas Handy die einzige Mög-lichkeit dar, mit den zurückge-bliebenen Familienmitglie-dern in Kontakt zu bleiben.Auch jetzt wird das Smart-phone in diesem Zusammen-hang noch oft genutzt, da dieInternetverbindung im Auf-fanglager oft überlastet ist.

In Elsenborn leben 507Flüchtlinge auf engstemRaum. Zu Beginn waren dieUmstände sehr chaotisch, wasbei solch einer Menschen-menge völlig verständlich ist.Doch die Organisatoren ver-suchten schnellstmöglich dieProbleme zu beseitigen, in-dem Familien und Einzelgän-ger getrennt wurden.

Vielen Neuankömmlingenwurde bereits nach zwanzigTagen Asyl gewährt, währender bereits seit sechs Monatendarauf wartet. Er wurde in un-serer Schule mit offenen Ar-men empfangen, und somitsteht seiner beruflichen Zu-kunft eigentlich nichts mehrim Wege. Er möchte später In-genieur werden und hofft imRSI die nötige Unterstützungzur Umsetzung seines Vorha-bens zu erhalten.

Durch neun Länder nach Belgien

VON OLIVIA TUTU, ROMINALAUSBERG UND GRACE NDAYE

Am RSI in Eupen lernenminderjährige FlüchtlingeDeutsch. Sie sollen an ei-nem normalen Schulalltagteilnehmen und sichgleichzeitig in Bezug aufihr späteres Berufslebenorientieren. Die Jugendli-chen haben auf der Fluchtzum Teil schlimme Erfah-rungen gemacht.

Flüchtlinge: Für Jugendliche aus Bürgerkriegsländern beginnt die vieldiskutierte Integration mit dem Besuch einer Schule

Zurück in die Normalität: Viele Minderjährige finden nach der Flucht durch die Schule wieder zurück in einen geregelten Alltag. Foto: Henning Kaiser/dpa

Direktorin Brigitte Kocks im Interview mit den J1T-Redakteurinnen. Foto: RSI

Eine gestern durchgeführte Umfrage zeigt, dass ein Großteil der Eupener Hilfsbereitschaft signalisiert.Unterstützen Sie Flüchtlinge? Und wenn ja, was tun Sie?VON OLIVIA TUTU UND XAVIER FREITAG

Ich habe sie bereits mit denPfadfindern unterstützt. Wirhaben in Elsenborn ein Spiel-zimmer renoviert. Das war fürmich selbstverständlich undist eine Frage des Respekts.

AlexanderKlein,26 Jahre,Eupen,Metzger

Ich habe nichts gegen Flücht-linge, ganz im Gegenteil. Ichengagiere mich im Rahmen ei-nes Hilfsprojekts.

Marc AntoineMüllender,18 Jahre,Eupen,Student

Ja, ich helfe. Nicht mit Geld,aber indem ich Kleidung,Spielsachen und Haushalts-materialien spende.

Ja, ich unterstütze Flüchtlingefinanziell. Krieg wünscht manniemandem, diesen Schutzsu-chenden muss einfach gehol-fen werden.

Hans-JürgenThielen,55 Jahre,Eupen,Kfz-Meister

RalphHübinger48 Jahre,Eupen,Apotheker

Nein, ich möchte sie nicht un-terstützen. Stellen Sie sich vor,die Lage wäre genau umge-kehrt. Glauben Sie, dass unsjemand helfen würde?

Marie-Christinede Vinalmont,31 Jahre,Eupen,Floristin

Ich habe Winterkleidung undSchuhe gespendet. Weil ichVerwandte in Griechenlandhabe und viel über die Situati-on dort höre, habe ich auchGeld dorthin gespendet.

SusanneQuodbach,53 Jahre,Hauset,Café-Besitzerin

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