Download pdf - 60 Jahre BRD: Nordhessen

Transcript
Page 1: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1949 in unserer Region

lichen Verhältnissen stamm-te. So iale Benachteiligunghatte sie am eigenen Leib er-fahren.

Was auch heute nochsch er genug ist, ar in den2 er-Jahren des origen Jahr-hunderts eine ahre Herku-les-Aufgabe: Elisabeth Selbertorganisierte als Mutter on

ei Kindern den Haushalt,holte gleich eitig das Abiturnach und schrieb 193 ihreDoktorarbeit um Thema„Zerrüttung als Eheschei-dungsgrund“. Fast 5 Jahrespäter urde das 1977 durchdie Eherechtsreform Geset .

Gerade noch be or die Na-is den Beruf für Frauen erbo-

ten, urde Elisabeth SelbertAn ältin. Sie musste die Fami-lie alleine durchbringen. IhrMann galt als Staatsfeind undbekam keine Arbeit. ElisabethSelbert durfte sich des egen

VON FRANK THON I CK E

KASSEL. Der Sat ar ebensoeinfach ie folgenreich:„Männer und Frauen sindgleichberechtigt.“ Dass er imGrundgeset steht, erdanken

ir der Kasseler PolitikerinElisabeth Selbert.

Liest man Porträts der 1896in Kassel geborenen Frau,dann erscheint sie oft unnah-bar – als strenge Kämpferin,die unbeirrt ihr Ziel erfolgte.Aber Elisabeth Selbert ar ielmehr. Ehefrau, Mutter, Oma.Im hohen Alter spielte sienoch mit ihren Enkeln Feder-ball. Sie machte Heu undkochte ein, pflegte ihre Rosenim Garten und trank abendsgern ein Glas Rot ein.

Als 22-Jährige ar ElisabethSelbert 1918 in die SPD einge-treten. Sie ar eine jungeFrau, die aus einfachen, christ-

Mutter der GleichberechtigungDie Kasseler Solzialdemokratin Elisabeth Selbert schrieb das Grundgesetz mit

keine politischen Eskapadenleisten – einen Kotau or denNa is machte sie aber nie.

Durchsetzungsvermögen

Sie usste also, über as siesprach, enn sie die Gleichbe-rechtigung forderte. Und sieset te sich gegen ihren Partei-orsit enden Kurt Schuma-

cher durch, als sie sich mitüberparteilichen Frauenorga-nisationen erband. ElisabethSelbert reiste durchs Land, umfür ihren Artikel im Grundge-set u erben und erhielt

aschkörbe eise ustimmen-de Post.

1948 urde die Mutter derGleichberechtigung als eineon ier Frauen in den Parla-

mentarischen Rat aufgenom-men, der das Grundgeset ent-

arf und erabschiedete. Am18. Januar 1949 ar es dannso eit. Ohne Gegenstimmen

urde der Selbert’sche Saterabschiedet: „Männer und

Frauen sind gleichberechtigt.“So klar und schnörkellos lau-tet seitdem Artikel 3 Absat 2Sat 1 des Grundgeset es.

Elisabeth Selbert starb am9. Juni 1986 im Alter on 89Jahren in ihrer HeimatstadtKassel.

Elisabeth Selbert in den1940er-Jahren. Foto: privat/nh

KASSEL. Am 1 . Mai 1949 fieldie Entscheidung: Nicht Kas-sel, sondern Bonn urde dieerste bundesdeutsche Haupt-stadt. Dabei hatte KasselsOberbürgermeister Willi Sei-del ge ichtige Argumente insFeld geführt: Die günstigeLage an den „Reichsautobah-nen“, die Lage im Her enDeutschlands, die nahen Flug-häfen Waldau, Roth estenund Frit lar.

Der Kan ler und die Bun-desregierung sollten im ehe-maligen Generalkommandound im Rote-Kreu -Kranken-haus sit en, das Schloss Wil-helmshöhe sollte für Staats-empfänge dienen, und dieStadthalle ar als Sit desBundesrates orgesehen.

Doch es half nichts: Bonnset te sich gegen Kassel, aberauch gegen Frankfurt undStuttgart durch. (tho)

Bonn stachKassel aus

nicht ab, zum Rathaus zu stür-men. Gefeiert wurde dann aufden Plätzen der Schwimm-und Rudervereine an der Ful-da. Foto: HNA-Archiv

ten Zehntausende wieder ihrVolksfest, den Zissel. Kassel lagnoch zu großen Teilen inTrümmern, doch alle Not undSorgen hielten die Menschen

Nach langer Pause scholl erwieder durch Kassel, der so be-liebte Schlachtruf: „Fullewas-ser, Fullewasser, hoi, hoi, hoi!“Nach zehn Jahren Pause feier-

Erster Zissel in den Trümmern

Chronik

Bad Hersfeld. Eine Goethe-Fest-spielwoche in der Stiftsruinezum 200. Geburtstag des Dich-ters legt den Grundstein für dieHersfelder Festspiele.

Kassel. Die im Krieg nur wenigbeschädigte Stadthalle wirdwieder eingeweiht.

Wolfhagen. Die Bürgermeister-wahl muss dreimal wiederholtwerden – vor allem wegen juris-tischer Unklarheiten im hessi-schen Innenministerium. Zeit-weise gab es zwei gewählte Bür-germeister, ehe am 14. Dezem-ber der bereits im ersten Anlaufgewählte Berthold Kommaleinbestätigt wurde.

Witzenhausen. Die erste große„Verkaufs- und Leistungsschau“desWitzenhäuserGewerbesmit17 Betrieben aus Stadt und Um-gebung lockt am ersten Novem-ber-Wochenende fast 5000 Be-sucher in die Turn- und Festhal-le. Es folgen große Modenschau-en der Textilfachgeschäfte unddes Schneiderhandwerks im Lö-wensaal.

Arolsen. Alexandra zuWaldeck,die zweitälteste Tochter desFürsten Josias und seiner Ge-mahlin Altburg, heiratet PrinzBotho zu Bentheim und Stein-furth. Josias war 1947 im Bu-chenwaldprozess zu lebenslan-ger Haft verurteilt worden.

Fritzlar. Erste Verkaufsmessenach dem Krieg mit über 100Ausstellern aus Industrie, Hand-werk und Gewerbe.

Fritzlar. 100 Jahre Liedertafel. Esgibt ein dreitägiges Fest, zumhistorischen Festzug kommenüber 10 000 Menschen.

Helsa.Das FlüchtlingsdorfWald-hof wird übergeben.

Hofgeismar. Aus dem Gericht:Ein Monat Gefängnis wegen Fah-rens ohne Fahrkarte zwischenKassel undWarburg, sechs TageGefängnis wegen Fahrens mit ei-nem Traktor ohne Licht.

Immenhausen. Die GlashütteSüßmuth feiert 25-jähriges Be-stehen. Richard Süßmuth bautedie kriegszerstörte Hütte in dreiJahren mit 240 Beschäftigtenwieder auf.

Spangenberg. Das am 1.4.1945durch Brandbomben zerstörteSchloss, im Krieg Internierungs-lager für britische Offiziere, sollwieder aufgebaut werden.

Neue Fuldabrücke: „Noch voreinem Jahr machten die Fahr-zeuge einen weiten Umweg, umüber die Fulle zu kommen. Heu-te gehört der brausende Verkehrauf der neuenBrücke zumKasse-ler Alltag. Gigantender Landstra-ße wechseln mit flinken Perso-nenwagen und gemütlichenPferdegespannen, Spaziergän-ger mit hastenden Heimkeh-rern“, betexteten die HessischenNachrichten vom 26. März 1949dieses Foto von Kurt W. L. Muel-ler.

Ereignis hielt der letzte US-Be-satzungsoffizier in Fritzlar, EarlH. Lubeoansky, mit seinem Fo-toapparat auf Farbfilm fest –1949 eine echte Seltenheit.(ula) Foto: Stadtarchiv Fritzlar/nh

die Gläubigen zum Gottes-dienst vor dem Hotel Nägel,das zu der Zeit auch Caritas-Haus hieß. Damals wie heutespielte der Katholische Bläser-chor dazu. Das farbenprächtige

erste Fronleichnamsprozessi-on nach dem Krieg statt. DasAllerheiligste wurde von Altarzu Altar durch die Stadt getra-gen. Unser Foto: Auf demMarktplatz versammelten sich

Flatternde Fahnen, geschmück-te Altäre und über 5000 fest-lich gekleidete Menschen: ImJuni 1949 fand in Fritzlar, derkatholischen Enklave im pro-testantischen Nordhessen, die

Erste Fronleichnamsprozession – in Farbe verewigt

12.9. Die Bundesversammlungwählt den Bundespräsidenten:Im zweitenWahlgang setzt sichTheodor Heuss (FDP) gegenKurt Schumacher (SPD) durch.

15.9. Der Bundestag wählt denehemaligen Kölner Oberbürger-meister Konrad Adenauer(CDU) zum Bundeskanzler.

20.9. Bildung des ersten Kabi-netts Adenauer aus CDU/CSU,FDP und Deutscher Partei.

7.10. Gründung derDeutschenDemokratischen Republik(DDR). SED-Chef Wilhelm Pieckwird Präsident der DDR, OttoGrotewohl Ministerpräsident.

12.-14.10. Gründungskongressdes Deutschen Gewerkschafts-bundes (DGB) in München. Ers-ter Vorsitzender wird HansBöckler.

Chronik 1949Deutschland

3.2. Die Fünferkommission desParlamentarischen Rats einigtsich darauf,West-Berlin nebenden elf Ländern der westlichenBesatzungszonen als zwölftesBundesland in die Präambel desGrundgesetzes aufzunehmen.

10.5. Bonnwird vom Parlamen-tarischen Rat zur vorläufigenBundeshauptstadt gewählt.Von 62 gültigen Stimmen entfal-len 33 auf Bonn, 29 auf Frankfurt.

12.5. Die Sowjetunion hebt dieBerlin-Blockade auf.

18.-20.5. Alle westdeutschenLandtagemitAusnahmeBayernsbilligen das Grundgesetz.

23.5. FeierlicheVerkündungdesGrundgesetzes für die Bundes-republik Deutschland in Bonn.

30.5. Der Deutsche Volkskon-gress billigt die Verfassung derDDR.

10.7. In Stuttgart wird derVfR Mannheimmit einem 3:2nach Verlängerung gegen Borus-sia DortmundDeutscher Fuß-ballmeister.

14.8.Wahlen zum erstenDeut-schen Bundestag.

Erster Bundeskanzler: KonradAdenauer (CDU). Foto: dpa

... und die Welt

4.4. Gründung der Nordatlanti-schen Verteidigungsgemein-schaft (Nato) in Washington.

11.5. Israelwird in die Verein-ten Nationen aufgenommen.

25.9. Die NachrichtenagenturTass meldet den ersten Atom-bombenversuch in der UdSSR.

1.10. Proklamation der Volksre-publik China durch KP-FührerMao Tsetung.

Mitt och, 11. Mär 2 9PolitikKS-BRD

e-paper für: 6069489

Page 2: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1950 in unserer Region

wirkt, der den Fluss vorWitzen-hausen 40 bis 50 Zentimeterhöher steigen ließ. Im Septem-ber 1949 sprach sich das Stadt-parlament für den Bau einermodernen Variante aus. Im Fol-gejahr begannen die Arbeiten.(sff) Archivfoto: Stadtarchiv Witzenhausen

kommend anrückte. InWitzen-hausen sollte die Brücke im frü-heren Zustand wieder herge-stellt werden, doch dagegenprotestierten die Bürger beimLandesbauamt in Eschwege.Denn die alte Bauweise hattebei Hochwasser einen Stau be-

Lkw über das Bauwerk rollte.Fünf Jahre zuvor, am 7. April1945, hatten abziehende deut-sche Truppen – wie andernortsauch – die Werrabrücke sowiedie Eisenbahnbrücke beim na-hen Unterrieden gesprengt, alsdie US-Armee von Westen

Am 10. Dezember 1950 war essoweit: Nach knapp halbjähri-ger Bauzeit wurde in Witzen-hausen die neue Brücke überdie Werra dem Verkehr über-geben. Die Bevölkerung nahmstarken Anteil. Es mutete wieein Volksfest an, als der erste

DieWerra ist wieder überbrückt

Willingen. Die Mühlenkopf-schanze wird zur Großschanzemit Anlaufturm umgebaut.

Kassel. DieWaggonfabrik Weg-mann baut zweistöckige Perso-nenwagen für die Bundesbahn.

Kassel. Auf dem Friedrichsplatzpräsentiert die „NordhessischeLandesausstellung“ wirtschaftli-che Erzeugnisse. An der Garten-bauausstellung auf dem Stadt-hallengelände nehmen 66 Fir-men teil.

Fritzlar. Bei einem Großbrandwerden vier Familien obdachlos.Unsere Zeitung ruft zu Spendenauf.

Kassel. Das vom ADAC auf demGelände des späteren Auestadi-ons veranstaltete zweite Sand-bahnrennen für Motorräderwird ein großer Erfolg.

Wabern. In der Zuckerfabrikwird der Zucker knapp. Der Bür-germeister bittet die Bundesre-gierung um Rohmaterial.

Immenhausen. Am 22. Mai zer-störteinverheerendesUnwetterdie Mittelstraße.

Hofgeismar. Die Volkshoch-schule des Landkreises Hofgeis-mar wird durch ProfessorDr. Heinrich Grupe gegründet.

ChronikNordhessen

Kassel. Die Kasseler Musiktagefinden nach zwölfjähriger Pauseerstmals wieder statt.

Wolfhagen. Rege Bautätigkei-ten: 1950/51 werden allein inWolfhagen 92 Bauvorhaben be-hördlich genehmigt, davon 28Wohnungsbauten.

Kassel. In der Stadt leben jetzt162 132 Menschen.

Witzenhausen. Nach elf JahrenPause findet inWitzenhausenwieder das traditionelle, seit1857 vom zylinderbehütetenFestausschuss ausgerichtete,Erntedank- undHeimatfest statt.

Korbach. Aus dem KreisWaldeck werden noch 2158Wehrmachtsangehörige und 44Zivilpersonen vermisst.

Korbach.Von1939bis 1950hatsich die Zahl der Einwohner desKreises Waldeck um 29 900(plus48Prozent) erhöht.Grund:Zuzug der Flüchtlinge aus demOsten. Ein enormes Baupro-gramm läuft an, fast jeder Ort er-hält seine „Ostlandsiedlung“(wie sie inWega heißt).

Kassel. Die Kaufhalle GmbH er-öffnet einWarenhaus in derOberen Königsstraße. Der Ne-ckermann-Versand verschicktKataloge an die Haushalte.

Kassel. Der Verein Deutscher In-genieure tagt imMai in Kassel,Motto: „Über die Verantwor-tung des Ingenieurs“. Im selbenMonat wird die Abendschule fürTechnik ins Leben gerufen.

Der Dampfer Elsa rollt durchKassel: Zum 25. Zissel-Geburts-tag gibt es außerdem wiedereinen Wasserfestzug auf derFulda

Am 24. September1950 startete das ers-te Motorrad-Rennen„Rund um Batten-berg“. Bei der Pre-miere bejubelten6000 Zuschauer ander Strecke vor allemFrieder Marc aus BadWildungen, der aufeiner 500er-BMW in5:16 Minuten dieschnellste Rundefuhr. (had)

Foto: HNA-Archiv

Repro: Steber

„Rund um Battenberg“ lockt Motorrad-Fans... und die Welt

4.4.Winston Churchill (Foto),der britischePremierminis-ter, spricht sichals erster pro-minenter west-licher Politikerfür einen deut-schen Verteidi-

gungsbeitrag aus.

6.6. Polen und die DDR erklärendieOder-Neiße-Linie zur end-gültigen deutsch-polnischenGrenze.

25.6. Nordkoreanische Streit-kräfte rücken in Südkorea ein:Beginn des Koreakrieges.

ChronikDeutschland

31.1. Gründung desMütterge-nesungswerkes durch EllyHeuss-Knapp (1881-1952), Ehe-frau des BundespräsidentenTheodor Heuss.

3.3. Unterzeichnung der Saar-Konventionen: Das Abkommengarantiert die politische Auto-nomie des Saargebiets und legtdessen wirtschaftlichen An-schluss an Frankreich fest.

4.4. Das DDR-Ministerium fürVolksbildung verbietet das Ab-spielen von anglo-amerikani-scher Tanzmusik.

Mai: In der Bundesrepublik ent-fallen die letzten Lebensmittel-rationierungen.

3.6. Den erstmals vergebenenFriedenspreis des DeutschenBuchhandels erhält der jüdischeErzähler Max Tau (1897-1976).

25.6. Der VfB Stuttgart wirdnach einem2:1-Sieg über dieOf-fenbacher Kickers DeutscherFußballmeister.

8.7.Hans Globkewird Personal-chef imKanzleramt. Er ist wegenseiner Tätigkeit als juristischer

Kommentator der NS-Rassenge-setze umstritten.

5.8. Verkündung der „Chartader Heimatvertriebenen“ inStuttgart: In der Charta verzich-ten die Landsmannschaften aufRache und Vergeltung und for-dern die Anerkennung desRechts auf Heimat.

1.9.Die FirmaHenkel bringtmiteiner großenWerbekampagneerstmals seit elf Jahren dasWaschmittel Persilwieder aufden Markt.

7.9. Der erste deutsche Nach-kriegsfarbfilm, „Schwarzwald-mädel“mit Rudolf Prack undSonja Ziemann, läuft in bundes-deutschen Kinos an.

9.10. Bundesinnenminister Gus-tav Heinemann (damals CDU)tritt aus Protest gegen die Hal-tung der Regierungsmehrheitzur Wiederbewaffnung zurück.

19.10. Der Bundestag verab-schiedet das Versorgungsgesetzfür Kriegsopfer, das rückwir-kend zum 1. Oktober in Krafttritt. Es sieht für Kriegsbeschä-digte je nach Umfang ihrer Er-werbsminderung Grundrentenzwischen 15 DM und 75 DM so-wie Ausgleichsrenten zwischen40 DM und 90 DM vor.

Umstrittener Berater: KanzlerAdenauer mit PersonalchefHans Globke (rechts). Foto: dpa

der 5 er-Jahre aren 25neue Quartiere fertig. Die be-teiligten Hand erker konn-ten selbst eine der fertigenWohnungen für günstigesGeld mieten. Entsprechendflott ging es oran.

Doch damit hielt man sichnicht lange auf. Die Menschenbrauchten ein Dach über demKopf. Binnen kür ester Zeit

urden iele Hausruinen inder Innenstadt abgerissen undWohnungen gebaut. Anfang

stan gerettet erden können.Viele alte Kasseler trauern bisheute dem längst nicht ölligerstörten Staatstheater nach.

Auch das Karlshospital unddie Garnisonkirche hätte man

ieder aufbauen können.

VON THOMAS S I EMON

KASSEL. Es ar eine Herkules-aufgabe nach der Zerstörungim Z eiten Weltkrieg. Tau-sende on Tonnen Schuttmussten aus der Kasseler Alt-stadt geräumt erden. VomFriedrichsplat bis ur Schö-nen Aussicht ( ischen demheutigen Staatstheater undder Neuen Galerie) hatte manpro isorisch Schienen erlegt.Darauf urden Loren mit denTrümmern bis an den Randdes Hanges geschoben unddann ausgeschüttet. „DerHang ar früher iel steiler,da ist jede Menge Schutt ge-landet“, erinnert sich Zeit eu-ge Hans Germandi (83). Auchdas Auestadion ist auf Trüm-merschutt gebaut.

195 ar das Stadtbild arnoch on Ruinen geprägt,Plät e und Straßen aber arenfreigeräumt. Der Wiederauf-bau konnte beginnen. Trotder erheblichen Zerstörungendurch die Bomben – E pertensehen Kassel auf einer Stufemit Dresden – hätte in denNachkriegsjahren noch eini-ges an historischer Bausub-

Die Trümmer sind wegTausende von Tonnen Schutt aus der Altstadt landeten an der Schönen Aussicht

Loren für den Abtransport: Vom Friedrichsplatz wurde der Trümmerschutt auf provisorischen Schie-nen zur Schönen Aussicht transportiert. Foto: Archiv Germandi/nh

KASSEL. Eine Rattenplageführt u außerge öhnlichenMaßnahmen. Vom 5. bis 11.No ember erden die Kasse-ler erpflichtet, die Nager ubekämpfen. Ein Rattenpaarhat jährlich 8 Nachkom-men, die 6 Zentner Brotfressen, schreiben die Hessi-schen Nachrichten. JederGrundstücksbesit er muss inder Drogerie ein Ratten er-nichtungsmittel kaufen undden Kassen ettel bei einerKontrolle durch die Stadt or-legen. (tos)

Kampf derRattenplage

Donnerstag, 12. Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD

e-paper für: 6069489

Page 3: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1951 in unserer Region

werden verkauft – der Hauptge-winn ist ein Auto, ein BorgwardHansa. 230 000Markwerden sofür den Wiederaufbau gesam-melt. Dazu kommt es trotzdemnicht. Es wird neu gebaut. Eröff-net wird das neue Haus abererst 1959. (w.f.)

trum rücken. Die städtischenGremien loben einen bundes-weiten Architektenwettbewerbfür einen Neubau aus. Doch siehaben große Teile der Bevölke-rung gegen sich. Ein Aufbauver-ein startet eine Wiederaufbau-lotterie. Über 700 000 Lose

spaltet im Jahr 1951 die Kasse-ler Bevölkerung. DieGegner desWiederaufbausmeinen, der kai-serlicheBauerfüllenichtdieAn-forderungen eines modernenTheaters, er verstelle den Blickin die Landschaft. Auch müssedas Theater mehr ins Stadtzen-

Soll das alte preußische Staats-theater, das im Krieg schwereBombentreffer abbekommenhat, am Hang oberhalb der Kas-seler Karlsauewieder aufgebautwerden? Oder soll am Fried-richsplatz ein neues Theater er-richtet werden? Diese Frage

Streit umWiederaufbau des Staatstheaters

tisch die Aussperrung derKunden bedeutete.

Wenige Tage später hattensich die Gemüter aber iederberuhigt. Und nach einem Ge-spräch ischen Innung, Ge-

erkschaft und Bauern er-band als Vertreter der Zuliefe-rer einigte man sich auf einenon allen Seiten ak eptierten

Kompromiss. Der schloss einePreiskontrolle durch alle Be-teiligten ein. (sff)

In einer Kundgebung aufdem Marktplat forderte derDGB-Vorsit ende Karl Henkelor 7 Zuhörern die „Haus-

frauen auf, jet t durch uhal-ten“. Sonst könnten sie die in

enigen Wochen „in uner-sch ingliche Höhen steigen-den Preise“ nicht mehr be ah-len.

Die Fleischer ant ortetenam 8. Oktober mit der Schlie-ßung ihrer Läden, as prak-

gen“. Andernfalls sehe mansich ge ungen, „diesem un-glaublichen Missstand durchSelbsthilfe ein Ende u berei-ten“.

Gespräche ischen Ge-erkschaft und Innung schlu-

gen fehl. Nun kündigte dasOrtskartell als Gegenmaßnah-me einen Käuferstreik an, umPreisdruck aus uüben – eineinmaliger Vorgang in der Ge-schichte Wit enhausens.

WITZENHAUSEN. Anfang der196 er-Jahre stieg die Nachfra-ge, gleich eitig kletterten aberauch die Preise. Darunter hat-ten or allem die noch immerahlreichen Arbeitslosen so-ie die Flüchtlinge u leiden.

Doch in Wit enhausen urdedas nicht einfach stillsch ei-gend hingenommen.

Bereits im Februar 1951andte sich das Ortskartell

des DGB in unge ohnt schar-fer Form an die Öffentlichkeit,um u protestieren „gegen diedauernden Preissteigerungen,

elche die an sich schon un-ureichenden Löhne usät -

lich schmälern“.Die Proteste allein fruchte-

ten – auch damals schon – nurenig, der offene Konflikt ar

nur eine Frage der Zeit. Er ent-ündete sich im Sommer an

den gesunkenen Einkaufsprei-sen für Sch einefleisch. Diehatte die Wit enhäuser Flei-scherinnung ar ohl ol-lend ur Kenntnis genommen,nicht aber daran gedacht, siean die Verbraucher eiter u-geben.

Selbsthilfe gegen Missstand

Da forderte das DGB-Orts-kartell am 28. Juni öffentlich„ on den Fleischermeistern,nun endlich ihre Preise mitden Einkaufspreisen in denrichtigen Einklang u brin-

Protest gegen hohe PreiseWitzenhäuser Hausfrauen boykottierten Fleischer, die sperrten ihre Kunden aus

Werbung im Festzug: Beim Erntefestumzug 1950 hatte die Fleischerinnung nochWerbung gemacht,im Jahr darauf verärgerte sie mit ihrer Preispolitik die Kunden. Foto: Stadtarchiv Witzenhausen

60 000 pilgertenin den BergparkAm 19. August dröhnten dort wieder die Motoren

KASSEL. Nach den Autoren-nen in den Z an igerjahren

urde das WilhelmshöherBergrennen am 19. August1951 als reine Motorrad eran-staltung ausgetragen. 6Motorsportfans säumten denBergpark und sahen bei sechsRennen ei Kasseler Siege.

Die Klasse 25 ccm domi-nierte Gerd Duthe auf einerDKW, ährend Adolf Nölkerdie Klasse 1 ccm auf einerNSU ge ann. Im Rennen derHalblitermaschinen stür teder Kasseler Rudi Edelmann(BSA), aber er kam mit einigenSchrammen da on. (geb)Gerd Duthe aus Kassel auf seiner DKW. Foto: Pauly/nh

... und die Welt

15.4. In Tirol wird das erste SOS-Kinderdorf eröffnet. Es soll hei-

matlosen Kin-dernBetreuungin familienähn-lichen Gemein-schaftenbieten.Initiator desProjektes istderösterreichische

SozialpädagogeHermannGmeiner (1919-1986).

9.7. Großbritannien erklärt alserste der drei Westmächte dieBeendigung des Kriegs-zustandsmit Deutschland.Frankreich folgt am 13. Juli, unddie USA folgen am 19. Oktober.

ChronikDeutschland

18.1. Premiere des Films „DieSünderin“ in Frankfurt. Der Filmwird wegen einer kurzen Nackt-szene mit Hildegard Knef zu ei-nem Skandal.

10.4. Der Deutsche Bundestagverabschiedet das Gesetz überdieMontan-Mitbestimmung.

19.4. Eröffnung der ersten Inter-nationalen Automobilausstel-lung in Frankfurt.

29.4. Eröffnung der ersten Bun-desgartenschau in Hannover.

6.6. Eröffnung der 1. Internatio-nalen Berliner Festspiele (Berli-nale) imSteglitzerTitania-Palast.Als bester Film wird „Das dop-pelte Lottchen“ nach demgleichnamigen Roman von ErichKästner ausgezeichnet.

21.6. Die Vollkonferenz derUnesco in Paris beschließt dieAufnahme der BundesrepublikDeutschland.

30.6. Der 1. FC Kaiserslauternwird durch ein 2:1 gegen Preu-ßen Münster Deutscher Fußball-meister.

1.7. Auf der Berliner Avuswirderstmals seit Kriegsende wiederein Autorennen ausgetragen.

29.7. In Bayreuth finden die ers-tenWagner-Festspiele nachdem ZweitenWeltkrieg statt.

31.8. Premiere des Films„Der Untertan“ vonWolfgangStaudte nach dem gleichnami-gen Roman von Heinrich Mannin der DDR.

10.-14.9. Außenministerkonfe-renz der drei Westmächte inWashington zurDeutschlandpo-litik. Die drei Westmächte be-schließen, die Bundesrepublik„auf der Grundlage der Gleich-berechtigung in eine kontinen-tal-europäische Gemeinschaft“zu integrieren. Die Bundesrepu-blik soll ferner an derwestlichenVerteidigung beteiligt werden.

1.11. Die DDR-Volkskammerbeschließt das Gesetz über denFünfjahresplan 1951-1955.Damit beginnt die zentralestaatliche Planwirtschaft fürlangfristigeWirtschaftslenkung.

16.11. Verbotsantrag der Bun-desregierung gegen die Sozialis-tische Reichspartei (SRP) unddie Kommunistische ParteiDeutschlands (KPD) beim Bun-desverfassungsgericht.

„Die Sünderin“: Hildegard Knefim Kino. Foto: dpa

WILLINGEN. Skispringerle-gende Sepp Weiler (Foto)macht die Mühlenkopfschan-e über Nacht berühmt: Am

13. Januar 1951 springt derOberstdorfer 1 1 Meter eit:Willingen erfügt nun übereine der größten Schan en derWelt. Fast 2 Jahre hat WeilersRekord Bestand. (gge)

SeppWeiler (1921-1997)

Kassel. Bei der Wohnraumbe-wirtschaftung von Altbauwoh-nungen undmöblierten Zim-mern tritt eine Lockerung ein.Die Eigentümer dürfen sich jetztunter drei vonderWohnungsbe-hörde bestimmtenWohnungs-suchenden einen Bewerber aus-wählen.

Hofgeismar. Die im Krieg zer-störtenWeserbrücken in Giesel-werder und Karlshafen werdenwieder aufgebaut.

Schwalmstadt. Aus ehemali-gem Kriegsgefangenenlagerwird ein Dorf: Die SiedlungTrutzhain wird zur selbständi-gen Gemeinde und ist damit die79. im Kreis Ziegenhain.

Schwarzenborn.WährendeinesTanzvergnügens an Himmel-fahrt wird in Schwarzenborn ein21-Jähriger ermordet.

Wickersrode. Ein junger Mannschießtbei einer Feiermit einemGewehr um sich. Der Amoklaufkostet dreiMenschendas Leben,vier werden verletzt.

Battenberg. 20 000 Zuschauerkommen zumMotorradrennen„Rund um Battenberg“. Diedeutschen Gespann-AsseWil-helm Noll und Fritz Cron, späterzweifacheWeltmeister, drehendrei Demonstrationsrunden.

ChronikNordhessen

Bad Hersfeld. 13 150 Besuchersehen die ersten Hersfelder Fest-spiele in der Stiftsruine. Inten-dant ist der Max-Reinhard-Schü-ler Johannes Klein.

Kassel. Im BergparkWilhelms-höhe veranstaltet Hans Laugsdas erste Lichterfest. 3000 Mit-wirkende unterhalten 12 000bis 15 000 Besuchermit Gesangund Tanz.

Frankenberg. Der Neubau desKreiskrankenhauses wird einge-weiht. Alle Patienten werdenvom seit 1946 als Klinik dienen-den Hotel Lengemann in dieneue Klinik verlegt. Spendenkommen sogar vom „Franken-berger Krankenhausunterstüt-zungsverein“ aus New York.

Wellerode. Ein Schäfer er-schießt imWald bei Wellerodeeinen Korbacher Viehhändlerund raubt ihm 500Mark.

Kassel. Die „GemeinnützigeBauunion Kassel“, eine Selbst-hilfeorganisation der Heimat-vertriebenen, errichtet für800 000 Mark auf der Hasenhe-cke 78Wohnungen.

Rotenburg. Die Stadt schenktdem Land Hessen das Schloss,den Marstall und die Remisen.Das ist der Grundstein für diespätere Landesfinanzschule.

Freitag, 13. Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-L

e-paper für: 6069489

Page 4: 60 Jahre BRD: Nordhessen

... und die Welt

6.2. Nachdem König Georg VI.gestorben war,wird seineTochter Eliza-beth (geb.1926, Foto)noch am selbenTag als Eliza-beth II. zur Kö-

nigin proklamiert.

1.11.AufdemEniwetok-Atoll imPazifik lassen die USA die ersteWasserstoffbombe detonieren.

4.11. Der RepublikanerDwightD. Eisenhowerwird zum neuenPräsidenten der USA gewählt.

ChronikDeutschland

24.1. In der Bundesrepublik trittdasMutterschutzgesetz inKraft. Danachwerden der Kündi-gungsschutz, die Verdienstsi-cherung unddie Bestimmungenam Arbeitsplatz für werdendeund stillendeMütter verbessert.

14.2.-25.2.OlympischeWinter-spiele in Oslo. Deutschlandnimmt zum ersten Mal seitKriegsende wieder an den Spie-len teil und erringt seine erstenGoldmedaillen im Zweierbobdurch Anderl Ostler und LorenzNieberl.

1.3. Rückgabe der InselHelgo-land durch die Briten an diedeutsche Verwaltung.

10.3. Der sowjetische Partei-und Regierungschef Josef Stalinschlägt den drei Westmächtenvor, einen Friedensvertrag miteiner gesamtdeutschen Regie-rung unter folgenden Bedingun-gen abzuschließen: Wiederver-einigung in den Grenzen, wie siedie Potsdamer Konferenz festge-legt habe. NeutralisierungDeutschlands nach Abzug allerausländischen Truppen.

25.3. DieWestmächte lehnendie in der „Stalin-Note“ gefor-derten Verhandlungen über ei-nen Friedensvertrag mit aus-drücklicher Billigung Bundes-kanzler Adenauers ab, solangekeine freien gesamtdeutschenWahlen stattgefunden haben.

2.5. BundespräsidentHeuss undKanzler Adenauer einigen sichauf dasDeutschlandlied als Na-tionalhymne. Bei staatlichen An-lässen soll künftig die dritte Stro-phe gesungen werden.

22.6. Der VfB Stuttgart wird inLudwigshafen durch ein 3:2 ge-gen den 1. FC Saarbrücken Deut-scher Fußballmeister.

11.10. Verkündung des Be-triebsverfassungsgesetzes, indem die Mitwirkung undMitbe-stimmung der Arbeitnehmer insozialen, personellen und wirt-schaftlichen Angelegenheitenfestgelegt wird.

23.10. Das Bundesverfassungs-gericht verbietet die neonazisti-sche Sozialistische Reichspartei.

15.12. Bundesweit werden dieNotrufnummern 110 (Polizei)und 112 (Feuerwehr) einge-führt.

26.12. Ausstrahlung der ersten„Tagesschau“ im Fernsehen.

Gold im Zweierbob: AnderlOstler und Lorenz Nieberl

Das Jahr 1952 in unserer Region

Kopf ab: Im September wurdeder Kopf des Kasseler Wahrzei-chens Herkules zur Reparaturabgenommen und in die Pyra-mide heruntergelassen.

Foto: Lengemann

Filmbetriebs. Das Kaskadewur-de zur Attraktion, und zwi-schen 1953 und 1960 kamenoft Filmstars, darunter Hilde-gardKnef undHeinz Erhardt, zuKinopremieren. Endgültig ge-schlossen wurde das Kino imJahr 2002. (nix)

Bode, der wie kaum ein ande-rer die Kasseler Nachkriegsar-chitektur prägte, wurde vor al-lem mit diesem und weiterenKinobauten auch überregionalbekannt.

Bauherr war Georg Reiss,Besitzer des gleichnamigen

die Zuschauer, schrieb die Zei-tung. Mit dem Kino, das am 12.Dezember 1952 feierlich eröff-net wurde, bekam Kassel seinezweite Kaskade.

Verantwortlich war Archi-tekt Paul Bode. Der Bruder vondocumenta-Gründer Arnold

Die Attraktion des Kaskade-Ki-nos am Kasseler Königsplatzwaren zweifelsohne die tan-zendenWasser, ein buntes, mitMusik untermaltes Wasser-spiel, das nach jeder Vorfüh-rung der Wochenschau statt-fand. „Märchenhaft“, fanden es

Märchenhaft: In der Kaskade tanzt dasWasser

Zentimeter eiter gesprun-gen, dann hätte sie in Finn-lands Hauptstadt die Bron e-medaille ge onnen.

5,9 m urden für IrmgardSchmel er gemessen, äh-rend für die Britin ShirleCa le 5,92 m u Buche stan-den. Gold holte sich damals –am 24. Juli 1952 – Y ette Wini-fred Williams aus Neuseelandmit 6,24 Meter, der eitgröß-ten Weite, die bis dahin je oneiner Frau gesprungen urde.

Kur or den Spielen in Hel-sinki ar Irmgard Schmel erDeutsche Weitsprung-Meiste-rin ge orden, und mit ihrerBest eite (5,98 m) der damali-gen Traumgren e on sechsMetern sehr nahe gekommen.

Irmgard Hermand, die imDe ember 2 2 im Alter on82 Jahren gestorben ist, ent-deckte später ihre Liebe umTennis und sch ang noch als8 -Jährige den Schläger. (geb)

HELSINKI. Der KSV Hessenar bei den Ol mpischen

Spielen 1952 in Helsinki mitIrmgard Hermand, die damalsnoch Schmel er hieß, ertre-ten. Es ar das erste Mal nachdem Krieg, dass eine deutscheMannschaft an den Ol mpi-schen Spielen teilnehmendurfte. Wäre die damals 31-Jährige Kasselerin nur ei

Knapp an einerMedaille vorbeiIrmgard Hermand-Schmelzer war Olympia-Vierte

Irmgard Hermand-Schmelzer

Belgierkaserne. Insgesamtwurden 1952 rund 150 Stra-ßen ausgebaut und instand-gesetzt, wurden 2500 neueWohnungen in Kassel gebaut,vier neue Volksschulen unddrei Turnhallen. Am Tannen-wäldchen entstand die bis da-hin größte JugendherbergeHessens. (tho)

1952 war auch das Jahr desAufbruchs und Wiederauf-baus. Helden des Wiederauf-baujahres waren die Bagger-führer, die die Kasseler Alt-stadt von Trümmern befrei-ten. Aber es wurde natürlichauch neu gebaut: Allein 1000Arbeiter schufteten an Kas-sels größter Baustelle, der

Baggerführer warendie Helden des Jahres

ben, dass Plünderer erschos-sen ürden. Außerdem hättensie Marmons Befehl nicht er-

eigern können, ohne ihr ei-genes Leben u riskieren – Ge-stapo-Chef Fran Marmon galtals äußerst brutaler Mann.

Als die Soldaten or Gerichtstanden, ar jener Fran Mar-mon bereits untergetaucht. Er

ar über Wit enhausen Rich-tung Har geflohen, anschlie-ßend lebte er unter dem Na-men Peter Pfriemer in Hit el-rode bei Esch ege.

Im Juni 195 urde Mar-mon dann doch in Karlsruheerhaftet. Der Pro ess in Kas-

sel egen des Massenmordesan den Italienern am BahnhofWilhelmshöhe konnte nunAnfang 1952 beginnen. Plöt -lich aber sagten alle ehemali-

VON FRANK THON I CK E

KASSEL. Es ist das Jahr 1949,und in Kassel stand ein Er-schießungskommando or Ge-richt. Unter dem Befehl desehemaligen Kasseler Gestapo-Chefs Fran Marmon hatte esier Jahre u or am Oster-

samstag 78 italienischeZ angsarbeiter erschossen.Z ei Tage or Kriegsende ur-den die Männer ermordet –die Amerikaner standenschon or Kassel.

Die Mitglieder des Kom-mandos urden freigespro-chen. Das Gericht begründetees damit, dass sie in dem Er-schießungsbefehl kein Verbre-chen gesehen hatten. Schließ-lich habe es überall in derStadt Hin eisschilder gege-

Mildes Urteil für Gestapo-ChefFranz Marmon ließ 78 italienische Zwangsarbeiter erschießen, kam aber auf freien Fuß

gen Gestapo-Mitglieder undauch Angehörige der Kripo fürMarmon aus: Er sei ein ausge-eichneter Chef ge esen und

habe den Erschießungsbefehlnur erteilt, um die Kasseler Be-ölkerung or Übergriffen u

schüt en.Am 5. Februar 1952 erkün-

detet das Sch urgericht seinUrteil: Marmon erhielt eiJahre Haft, seine eineinhalbJahre dauernde Untersu-chungshaft urde angerech-net. Das erbliebene halbeJahr urde auf dem Gnaden-

eg erlassen. Fran Marmon,der or Kassel stell ertreten-der Gestapo-Chef on Mün-chen ge esen ar, erließ alsfreier Mann den Gerichtssaal.

Er starb mit 45 Jahren einJahr später in Karlsruhe.

Franz Marmon, berüchtigterGestapo-Chef von Kassel.

Korbach.Hitzewelle im KreisWaldeck: 36,4 Grad sind der Hö-hepunkt am 2. Juli. Landwirtemüssen Vieh notverkaufen.

Kassel. Bei einer Erfindermesseauf dem Friedrichsplatz zeigendie Aussteller Neuheiten ausFrankreich, England, Schweden,Südamerika und den USA.

Hofgeismar. Die EvangelischeAkademie wird von Guntershau-sen nach Hofgeismar verlegt.

Homberg. Graf Luckner, der le-gendäre „Seeteufel“ des ErstenWeltkriegs, hält zwei Vorträge inHomberg. Der Mann, der ein Te-lefonbuch zerreißen konnte, ap-pelliert an seine Zuhörer, dem„leck gewordenen Schiff“ westli-che Zivilisation wieder „ein ech-tes Menschentum“ zu schenken.

Witzenhausen. Das über 100Jahre alte Krankenhaus inWit-zenhausen wird durch einenNeubau ersetzt. Der 1,3 Millio-nen Mark teure Trakt wird am6. September eingeweiht.

Battenberg. Als „schwarzerSonntag“ geht der 10. August indie Motorsportgeschichte ein.DerDüsseldorferGespannfahrerArno Günzel verunglückt töd-lich. EinweiteresGespann rast indie Zuschauer und tötet den Al-lendorfer Architekten HermannWinter. Zehn weitere Besuchererleiden schwere Verletzungen.Gespannfahrer Adolf Jüngerstirbt drei Tage später im Kreis-krankenhaus Frankenberg.

ChronikNordhessen

Kassel. Der wiederhergestellteStadtverordneten-SitzungssaalimRathauswird eingeweiht. DieSitzungen des Stadtparlamentskönnenwieder im eigenenHausstattfinden.

Gensungen. Im Torbogen derBurg Heiligenberg bei Gensun-gen weiht der Bund der Vertrie-benen am 20. Juli die Glocke derHeimat ein. Zu diesem Zeit-punkt haben sich rund 10 000Vertriebene im Kreis Melsungenangesiedelt.

Helmarshausen. Jetzt ist Zeit,die 1944 kriegsbedingt ausgefal-lene 1000-Jahr-Feier nachzuho-len.

Guntershausen. Die im Kriegzerstörte große GuntershäuserEisenbahnbrücke über die Fuldawird wieder hergestellt.

Elgershausen. Der Basaltabbauam Hirzstein wird eingestellt.

Samstag, 14. Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-L

e-paper für: 6069489

Page 5: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1953 in unserer Region

Sensation in Kassel: Die Trep-penstraße ist die erste deut-sche Fußgängerzone. 104 Stu-fen verbinden Hauptbahnhofund Friedrichsplatz.

Kassel.Die Berliner Brücke wirdfür den Verkehr frei gegeben.

Treysa. Die Grippe-Epidemiefordert am 2. Februar das ersteTodesopfer. 14 Schulen im Kreismüssen geschlossen werden.

Wasenberg. Gold im Hühner-magen: Eine Frau vermisst ihrenOhrring,amWochenendebringtderNachbar ihr den Schmuck. ErhatteeinHuhngeschlachtetundbeim Zerkleinern des Magensdas edle Stück gefunden.

Helmarshausen. Die Diemel-brücke ist wieder aufgebaut,vorher gab es nur eine Notbrü-cke aus Holz.

ChronikNordhessen

Kassel.Rechtzeitig vor der Über-tragung der Krönung von Köni-gin Elizabeth II. wird auf demHo-hen Gras ein Fernsehsender inBetrieb genommen.

Kassel. Das Haus der Jugend ander Fuldabrücke wird seiner Be-stimmung übergeben.

Frankenberg. An der Edertal-schule in Frankenberg fällt derUnterricht wegen Kohlenman-gels aus. Es kann nicht geheiztwerden.

Korbach. Eine Coca-Cola-Abfüll-station nimmt den Betrieb auf.14Mitarbeiter füllen pro Stunde4000 Flaschen.

Korbach. Die neuen Mauser-Werke werden eingeweiht.

Kassel.Hans Schallenbergerpräsentiert die von ihm erfunde-ne Doppelglasscheibe mit Vaku-um: das Thermofenster.

... und die Welt

5.3. Der 73-jährige sowjetischePartei- undRegierungschef JosefStalin stirbt in Moskau an denFolgen eines Schlaganfalls.

29.5. Erstbesteigung desMountEverest durch den Neuseelän-der Edmund Hillary und den Ne-palesen Tenzing Norgay.

ChronikDeutschland

10.5. Chemnitz wird auf Be-schluss der DDR-Regierung inKarl-Marx-Stadt umbenannt.

8.5.DerDDR-Ministerratordneteine Erhöhung der Arbeitsnor-men um 10,3 Prozent an.

17.6. Ein Streik gegen die Nor-menerhöhung in Ost-Berlin wei-tet sich auf 72 Städte und zahl-reiche Ortschaften in der DDRzum Aufstand gegen das kom-munistische Regime aus. Die De-monstrationenwerden von sow-jetischen Soldaten und DDR-Volkspolizisten gewaltsam zer-schlagen.

18.6. In Ost-Berlin, Leipzig, Mag-deburg und Jena werden etwa20 000 Personen vorüberge-hend in Haft genommen. Von ih-nenwerden in den ersten Tagen29 von sowjetischen Standge-richten zum Tode verurteilt undhingerichtet. In den nächstenMonaten erhalten außerdemmindestens 1400 teilweisemehrjährige Freiheitsstrafen.

21.6. Der 1. FC Kaiserslauternwird durch ein 4:1 über denVfB Stuttgart Deutscher Fußball-meister.

25.6. Der Bundestag verabschie-det ein neuesWahlgesetz, mitder so genannten Fünf-Prozent-Hürde. Danach dürfen Parteiennur noch in den Bundestag ein-ziehen, wenn sie mindestensfünf Prozent der abgegebenenStimmenerhaltenoder in einemWahlkreis mindestens ein Di-rektmandat gewinnen.

4.8.Der 17. Juni wird durch Bun-desgesetz zum „Tag der deut-schen Einheit“ bestimmt.

6.9. Zweite Bundestagswahl:

CDU/CSU, FDP, Deutsche Parteiund der Gesamtdeutsche Block/Bund der Heimatvertriebenenund Entrechteten bilden die Re-gierung.

27.12. Ruth Leuwerik undO. W.Fischer werden als beliebtesteSchauspieler des bundesdeut-schen Films mit dem „Bambi“ausgezeichnet.

Mit Steinen gegen Sowjetpan-zer: Ost-Berlin am 17. Juni1953. Foto: dpa

Bründl, Metzner, Daubert, Hell-wig und Schmidt. Im Trikot desSV Harleshausen: Stora - Spies,Balzk, Führer, Ullrich, Schilling,Czybik, Horchler, Sutter, Lingel-bach, Gibhardt. Repro: Koch

leshausen holten sich mit ei-nem 12:10 gegen Frisch-AufGöppingen die Südmeister-schaft. Der KSV spielte mit:Laue - Knothe, Hutfles - Win-disch, Zimmer, Hosung -

Tag ist das Ergebnis zweitran-gig, denn die Massen feiern dieEinweihung des Auestadions.Am 3. Mai 1953 war der KSV indie Oberliga aufgestiegen, unddie Feldhandballer des SV Har-

20 000 Zuschauer verfolgenam 23. August das Fußball-Oberligaspiel zwischen demKSV Hessen und ViktoriaAschaffenburg. Zwar verliertder KSVmit 1:2, aber andiesem

20 000 feiern die Auestadion-Einweihung

TREYSA. Das hatte dieSch alm noch nicht erlebt:Am 3 . August 1953 heiratenier Kinder der Familie Schrö-

der: Ernst (22), Günter (25),Willi (31) und Ottilie (33). Dasliegt ohl in der Familie, dennauch ihre Mutter Elisabeth fei-erte einst gemeinsam mit ih-rer Sch ester Sophie eineDoppelhoch eit – die beiden

urden im Jahr 1919 mit denBrüdern Gusta und ErnstSchröder getraut.

1953 geht es bei der ierfa-chen Schröder-Hoch eit inTre sa hoch her. Viele Schau-lustige bestaunen die Braut-paare an der Stadtkirche.

Übrigens: Die ier Paare ha-ben heute ehn Kinder, 15 En-kel und drei Ur-Enkel. Vorsechs Jahren feierten drei derier Eheleute das Fest der Gol-

denen Hoch eit. (ciß)

Vier Schröders sagen Ja30. August : Geschwister heiraten am selben Tag in Treysa

Vierfache Hochzeit: In Treysa heirateten am 30. August 1953Williund Käthe Schröder, Günter und Gertrud Schröder, Ernst undMa-ria Schröder sowie Heinz und Ottilie Pütz. Foto: privat/nh

spielte die ideologische Kon-frontation der S steme an derNahtstelle ischen Ost undWest eine immer größere Rolle.

Sender Meißner als Bollwerk

So erstand der HessischeRundfunk seinen neuen Sen-der Meißner neben der Ver-besserung des Empfangs inNordhessen in erster Linie als„Boll erk“ gegen die Senderder DDR. „Wir ünschen, dassauch drüben die Stimme derFreiheit gehört erden kann“,erklärte Intendant EberhardBeckmann.

Im Frühjahr 1953 schon er-schärfte sich die Lage an derGren e usehens. Und als am21. April berichtet urde, dass„auch an der Gren e unter-halb der Burg Hanstein beiWerleshausen Volksarmistenmit der Errichtung eines Sta-cheldraht aunes“ begannen,

aren die Kontaktmöglichkei-ten drastisch eingeschränkt.Jet t trennte der Eiserne Vor-hang die Menschen hüben unddrüben. (sff)

Menschen. Diebeiden Wit en-häuser StadtteileWerleshausenund Neuseesengehörten ur-sprünglich urso jetischenZone und arenerst nach dem„Wanfrieder Ab-kommen“ om17. September1945 im Tauschgegen die um BadSooden-Allendorfgelegenen DörferAsbach, Sicken-berg, Vatterodeund Weidenbachum amerikani-

schen Einflussge-biet gelangt.

Neben den gro-ßen irtschaftli-chen Problemendes Zonenrandge-biets, die nurdurch massi eSub entionen ge-mildert urden,

WITZENHAUSEN. An derNahtstelle ischen West-und Ostdeutschland erschärf-te sich die Situation nach dem17. Juni 1953, dem Volksauf-stand in der DDR. Fortan präg-te die Zonengren e bis umFall 1989/199 das Leben inder nordosthessischen Region.

Bis Anfang 1953 ar dieGren e ischen Hessen undThüringen noch relati durch-lässig. Reisen aren ebensomöglich ie das Be irtschaf-ten on Ackerland in den je-

eiligen Zonen. Die Men-schen ersuchten trot derSpannungen, persönliche Ver-bindungen eiter u pflegen.Wenn der VfB Wit enhausendie Fußballmannschaft ausHeiligenstadt im Eichsfeldempfing – und umgekehrt –,

ar das ein Zeichen dafür,dass die Gren e noch nicht ih-ren später undurchdringli-chen Charakter hatte.

Dennoch bestimmte die De-markationslinie seit ihrer end-gültigen Festlegung in uneh-mendem Maße das Leben der

Zaun aus StacheldrahtNach dem Volksaufstand in der DDR: Die Zonengrenze wird zum Eisernen Vorhang

So nah, aber über Jahrzehnte unerreichbar:Warnschilder und Sperranlagen der thürin-gisch-hessischen Zonengrenze bei Burg Han-stein. Foto: Stadtarchiv Witzenhausen

KASSEL. Gro-ßer Bahnhoffür den Bun-despräsiden-ten: Hundertefanden sichschon früh-morgens aufdem KasselerHauptbahn-hof ein, um die Ankunft onTheodor Heuss mit uerleben.

Der beliebte Präsident, omVolk „Papa Heuss“ genannt,lobte die „heitere, gelöste At-mosphäre“ in der Stadt undden Stand des Wiederaufbaus.„Theodor Heuss be aubertealle durch Charme und sch ä-bischen Humor“, hieß es inder Zeitung.

„Papa Heuss“besucht Kassel

TheodorHeuss

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60Jahre

Mehr auf www.hna.de

KASSEL. Jahrelang hatte derStreit angedauert, ob das onKriegsbomben getroffenepreußische Staatstheater ie-der aufgebaut oder durch ei-nen Neubau erset t erdensollte. Nun urden Fakten ge-schaffen: Das sch er beschä-digte Gebäude am Auehang

urde kur erhand abgerissen,as u lautstarker Empörung

unter Kasseler Bürgern führte.Es ar nicht der let te Auf-

reger rund ums Staatstheater:Z ei Jahre später urde derSiegerent urf für den Neubauon Hans Scharoun gekippt

und durch einen on PaulBode erset t. ( .f.)

Abriss desStaatstheatersempört Bürger

Montag, 16. Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-L

e-paper für: 6069489

Page 6: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1954 in unserer Region

ChronikNordhessen

Kassel. Der Bau des Staatsthea-ters erregt weiterhin die Gemü-ter in Kassel. Als beim Aushebender Grube für den preisgekrön-ten Entwurf von Hans Scharoun(Berlin) und HerrmannMattern(Kassel) alte Festungsmauerngefunden werden, stoppt dieLandesregierung die Arbeiten.

Witzenhausen. Das Autokenn-zeichenWIZ für den Kreis Wit-zenhausen wird erstmals ausge-geben.

Willingen. Bei einem Springenohne internationale Beteiligungstartet Max Höfer vom KSV Hes-sen Kassel und stürzt zu Tode.

Kassel. Die erste Rolltreppe inder Stadt lockt die Kasseler insKaufhaus Neckermann am Stän-deplatz.

Homberg. Skandal im Finanz-amt:DerKassenleiterhat36 000Mark unterschlagen und sich da-von ein Häuschen gebaut.

Calden. An der HolländischenStraßewirdeinHortfundausderJungbronzezeit gemacht.

Homberg. Gegen denWider-stand der Bürger wird die städti-sche Müllabfuhr eingeführt.

Treysa.Wilhelm Kalte kommtals letzter Kriegsgefangenernach Treysa zurück. Der Magis-trat lässt ihnmit einemAuto ausdem Lager Friedland abholen.

Borken.Die Preag plant ein neu-es Kraftwerk mit 128 000 Kilo-watt in Borken. Kosten für dieerste Ausbaustufe: 28 MillionenMark. Die Bergwerk FrielendorfAG liefert Rohbraunkohle.

Der Edersee ist ein beliebtesAusflugsziel – nicht nur , wenner voll ist, sondern auch dann,wenn man mal wieder trocke-nen Fußes die alte Brücke be-treten kann.

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60Jahre

ChronikDeutschland

4.1. In Duisburg werden die ers-ten Parkuhren der Bundesrepu-blik aufgestellt.

29.1. Das erste Reparaturfahr-zeug des Allgemeinen Deut-schen Automobil Clubs (ADAC)für die Pannen-Soforthilfe wirdin Deutschland eingesetzt.

6.2. Eröffnung der ersten umfas-senden Ausstellung der Werkedes Malers Max Liebermann seit1927 in Hannover.

26.2. Der Bundestag beschließtdie erste Wehrergänzung zumGrundgesetz. Diese regelt dieZuständigkeit des Bundes in Ver-teidigungs-, Wehrpflicht- undZivilschutzangelegenheitenundgibt ihmdamit das Recht zur Ge-setzgebung über die Verteidi-gung einschließlich der Einfüh-rung einerWehrpflicht.

23.3. Bayern beschließt als letz-tes Bundesland das Ende derEntnazifizierung.

14.6. Konstituierung des Kura-toriums „Unteilbares Deutsch-land, Volksbewegung für dieWiedervereinigung“ aus 128führenden Vertretern aller Ge-biete des öffentlichen Lebens.

17.6. Erstmals wird in der Bun-desrepublik Deutschland der„Tag der deutschen Einheit“ alsgesetzlicher Feiertag begangen.

4.7.Mit einem 3:2 Sieg über Un-garn wird die bundesdeutscheElf in Bern überraschend Fuß-ballweltmeister.

17.7. Theodor Heuss wird inWest-BerlinalsBundespräsidentwiedergewählt.

23.7. Der Präsident des Bundes-verfassungsschutzes,Otto John(1909-1997), gibt in einer Rund-funkansprache aus Ost-BerlinseinenWechsel in die DDR be-kannt.

29.9. Als erste deutsche TV-Fa-milienserie geht „Unsere Nach-barn heute abend: Familie Schö-lermann“ auf Sendung.

13.12. Der Rechtsausschuss desBundestages lehnt es ab, unver-heirateten Frauen die Anrede„Frau“ für den Umgangmit Be-hörden zuzugestehen. Damitbleibt die Bezeichnung „Fräu-lein“ im amtlichen Sprachge-brauch gültig.

30.12. Premiere des Film „Cana-ris“. O. E. Hasse spielt den ehe-maligen Chef der deutschen Ab-wehr, Wilhelm Canaris.

Theodor Heuss. Foto: dpa

er endbar ar. Heute äreGala Met ner der ideale Joker,doch damals durfte selbst beisch eren Verlet ungen nochkein Spieler ausge echselt

erden.Da sich Herberger aller-

dings früh eitig auf das magi-sche Viereck mit Horst Eckel(1. FC Kaiserslautern), Karl Mai(SpVgg. Fürth), Ma Morlock(1. FC Nürnberg) und FritWalter (1. FC Kaiserslautern)festgelegt hatte, blieb für GalaMet ner in der Sch ei nureine Rolle auf der Reser e-bank.

Doch anders als HelmutRahn (Rot-Weiß Essen), derden Kummer über die eit ei-lige Zurückset ung ins eiteGlied bei unge ählten Bier-chen ergessen ollte, bliebMet ner stets solide. Und freu-te sich schließlich am 4. Juliüber den 3:2-Triumph im End-spiel gegen die als unbesieg-bar geltenden Ungarn genauso sehr ie die Spieler, die aufdem Rasen des Berner Wank-dorf-Stadions standen.

VfL Kassel kickte, bereits alsReichstrainer 1941 u Lehr-gängen geholt und erinnertesich recht eitig or der WM-Endrunde in der Sch ei andie Fähigkeiten Met ners.

Der perfekte Joker

Jet t ar er berufen or-den, eil er als Außenläuferund Halbstürmer ielseitig

Auch für Met ner kam dieBerufung uner artet. Z arspielte der KSV damals in derOberliga Süd, ar also erst-klassig, aber die Kasseler Ak-teure standen nicht so imRampenlicht ie ihre Kolle-gen aus den Fußball-Hochbur-gen. Aber Herberger kannteMet ner gut. Er hatte den Kas-seler, der damals noch für den

VON G E RD BR EHM

Liebe Sportkameraden!Wir freuen uns, Ihnenmitteilen u können,

dass Sie um Kreis der Spielergehören, die den DeutschenFußball-Bund bei der Welt-meisterschaft in der Sch eiertreten sollen. Wir hoffen

gerne, dass ir Sie bei guterGesundheit und ohl orbe-reitet auf die kommendenAufgaben am Mitt och, den9.6.1954 in der SportschuleKarlsruhe-Schöneck er artendürfen und erbleiben mitsportlichen Grüßen! Deut-scher Fußball-Bund, i. A. Paß-lack.

Das stand in dem Brief, deram 5. Juni in der Kasseler Zent-grafenstraße 118 landete.Empfänger: Karl-Hein Met -ner.

Kassels bester Fußballspie-ler, genannt Gala, hatte es alsogeschafft und ählte u den 22Glücklichen, die Bundestrai-ner Sepp Herberger für dieWM-Endrunde berufen hatte.

Weltmeister Gala MetznerDer Kasseler Fußballer war beim Triumph der deutschen Elf in der Schweiz dabei

Vor dem Abflug in die Schweiz: Von links: Max Morlock (1. FC Nürnberg), Hans Schäfer (1. FC Köln), Gala Metzner (KSV Hessen Kassel),Fritz Laband (Hamburger SV), Heinz Kubsch (FK Pirmasens) und Toni Turek (Fortuna Düsseldorf). Foto: nh

Gala Metzners Spielerpass für dieWM 1954 in der Schweiz.

KASSEL. Am 6. Juli 1954 irdder gebürtige Kieler LauritLaurit en Oberbürgermeister

in Kassel. DasNordlichtbleibt bis 1963in der Fulda-stadt. Danachmacht der So-ialdemokrateiter Karrie-

re. Er ird Jus-ti minister in

Wiesbaden und echselt spä-ter als Bau- und Verkehrsmi-nister in die Bundespolitik. Inseine Kasseler Amts eit fallenunter anderem die Bundesgar-tenschau 1955 so ie die bei-den ersten documenta-Aus-stellungen. (tos)

Lauritzen

macht Karriere

LauritzLauritzen

fährlicher Urlaub“ on CarolReed, u dessen Uraufführungsie für ein paar Stunden nachKassel gekommen ar.

Im Bildte t heißt es: „Ist dieLuft auch rein?“ HildegardKnef benut t am liebsten Sei-

KASSEL.Während die Fans imKaskade-Kino sehnsüchtig aufdie Autogrammstunde desFilmstars arteten, plauderteHildegard Knef im Hotel Hes-senland mit der Presse überihren neuen Agentenfilm „Ge-

Immer auf der Flucht vor stürmischen FansHildegard Knef kam zur Uraufführung des Films „Gefährlicher Urlaub“ für ein paar Stunden nach Kassel

tenpforten, denn Garderobeund Make-up könnten leiden,

enn die Verehrer all u stür-misch erden. (...)

Am glücklichsten aren diejungen Leute, die sich am Sei-tentor des Hessenland aufge-

baut hatten. Sie konnten e-nigstens einen raschen Blickin den eilig da onrauschen-den Wagen erfen und ein Lä-cheln on Hildegard Knef mitnach Hause nehmen.“ (hpo)

Foto: Lengemann

... und die Welt

7.5. Die letzte Bastion Frank-reichs in Indochina (Dien-Bien-Phu) fällt. Am 21. Juli endet diefranzösische Kolonialherrschaftin Indochina.

1.11. Kriegsausbruch im franzö-sischen Überseegebiet Algerien.Der Krieg endet erst 1962mitder Anerkennung der Unabhän-gigkeit Algeriens endet.

10.5. Bill Haley and the Cometsnehmen in den USA das Lied„Rock Around The Clock“ auf,mitdemdieneueMusikrichtung„Rock’n’ Roll“ begründet wird.

Dienstag, 17. Mär 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-R

e-paper für: 6069489

Page 7: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1955 in unserer Region

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

Mehr auf www.hna.de

... und die Welt

5.4. Der britische Premierminis-terWinston Churchill gibt sei-nen Rücktritt bekannt. SeinNachfolger wird der bisherigeAußenminister Anthony Eden.

14.5. Regierungsvertreter derDDR, Albaniens, Bulgariens, Po-lens, Rumäniens, Ungarns, derTschechoslowakei und der Sow-jetunion unterzeichnen inWar-schau den „Vertrag über Freund-schaft, Zusammenarbeit und ge-genseitigen Beistand“. DerWar-schauer Pakt ist als Gegenge-wicht zur Nato gedacht.

ChronikDeutschland

25.1. Die Sowjetunion erklärtdenKriegszustandmit Deutsch-land für beendet.

23.2. Premiere des Films „DesTeufels General“ nach demgleichnamigen Bühnenstückvon Carl Zuckmayer.

1.3. Nachdem die Bundesrepu-blik die Lufthoheit erhalten hat,nimmt dieDeutsche Lufthansaden Luftverkehr auf.

27.3.Die erste Jugendweihe fin-det in Ost-Berlin statt.

5.5.Die Pariser Verträge tretenin Kraft. Abgesehen von einigenalliierten Sonderrechten (Trup-penstationierung, Berlin-Status)erlischt das Besatzungsstatut.Die Bundesrepublik wird be-dingt souverän.

9.5. Beitritt der Bundesrepublikzur Nato.

6.6. Die „Dienststelle Blank“wird umgewandelt in das Bun-desministerium der Verteidi-gung. Theodor Blankwird Ver-teidigungsminister.

8.-14.9. Bundeskanzler KonradAdenauer reist mit einer Regie-rungsdelegation nach Moskau.Ministerpräsident Nikolai A. Bul-ganin und Adenauer unterzeich-nen eine Vereinbarung über dieAufnahme diplomatischer Be-ziehungen und die Rückführungder letzten deutschen Kriegsge-fangenen.

22.9. Adenauer verkündet vordemBundestag die so genannteHallstein-Doktrin, nach der dieBundesregierung keine diplo-matischen BeziehungenmitStaaten unterhalten könne, diedie DDR anerkennen (mit Aus-nahme der Sowjetunion).

12.11. Die ersten 101 Freiwilli-gen der Bundeswehr erhaltenvon VerteidigungsministerTheodor Blank ihre Ernennungs-urkunde. Damit ist die Grün-dung der Bundeswehr vollzo-gen.

23.12. Uraufführung des öster-reichischenSpielfilms „Sis-si“ in Münchenmit RomySchneider(Foto) und Karl-heinz Böhm inden Hauptrol-

len. Romy Schneider starb 1982.

In bundesdeutschenWohnstu-ben hält die Kultur der Nierenti-sche, Schalensessel und Tulpen-lampen Einzug.

Ernennungsurkunden: Die Bundeswehrwird gegründet.Foto: dpa

einen großen Schub für denWiederaufbau gebracht. Mitdem Blumenmeer und denbunten Farben brachte dieBundesgartenschau ein StückLebensfreude in die Nach-kriegszeit zurück. (tos)

Foto: HNA- Archiv

hen ist, wurde in die Ruine desim Krieg stark beschädigtenGebäudes integriert. Für dieimmer noch von den Bombendes Zweiten Weltkriegs ge-zeichnete Stadt war die perfektinszenierte Schau eine enormeAnstrengung, doch sie hat auch

nen Besucher wurden gezählt.Zu den Attraktionen gehörteein Sessellift, mit demman vonder Schönen Aussicht bis in dieKarlsaue schweben konnte.Zentraler Anlaufpunkt war dieOrangerie. Die Ausstellungs-halle, die auf dem Foto zu se-

Zur Eröffnung der Bundesgar-tenschaubekamendie KasselerKinder schulfrei. Bundespräsi-dent Theodor Heuss gab am29. April 1955 das Startsignalfür eine Ausstellung, die zu ei-nem großen Publikumsmagne-ten werden sollte. 2,8 Millio-

2,8 Millionen Besucher erleben die Bundesgartenschau

Schriftzug vor demAusstellungsgebäude: Das FridericianumamKasseler Friedrichsplatzmit demHinweis auf die do-cumenta. Schon damals schrieb sich die Ausstellungmit kleinem d. Foto: documanta Archiv/ nh

WABERN. Als Karl Schmidtam 25. September 1955 beim1:3 in Belgrad gegen Jugosla-

ien sein erstes Länderspielabsol ierte, hatte er sich arschon dem 1. FC Kaiserslau-tern angeschlossen, aber uBeginn der Fünf igerjahre hat-te der Waberner als Akteur

des KSV Hes-sen auf sichaufmerksamgemacht.Schmidt, derin Belgrad lin-ker Verteidi-ger spielte,

ar um 1. FCKaiserslautern

ge echselt, eil er in Mainein Jura-Studium begonnenhatte.

1958 ollte Sepp Herbergerden Nordhessen mit ur WMnach Sch eden nehmen, aberSchmidt, der insgesamt neunLänderspiele absol ierte, lehn-te ab, eil er mitten in seinemjuristischen Staatse amenstand. Von 1992 bis 2 1 arKarl Schmidt Schat meisterdes Deutschen Fußball-Bun-des. Von 2 1 bis 2 7 fun-gierte er als DFB-Vi epräsi-dent. (geb)

Karl Schmidtabsolviert erstesLänderspiel

KarlSchmidt

ChronikNordhessen

Wolfhagen. Die geplante Ein-richtung einer Meisterschule fürFriseure inWolfhagen scheitert,weil man starke wirtschaftlicheEinbußen für die bestehendenFriseurbetriebe befürchtet.

Kassel. Das Schlosshotel unddasHotel Hessenland werden voll-endet, die Empfangshalle desHauptbahnhofs mit dem Bali alsNon-Stop-Kino und das Auebadebenfalls. Fertiggestellt und frei-gegebenwird auchder FlugplatzWaldau – angeblich mit An-schluss an den internationalenLuftverkehr.

Korbach. Am Berndorfer Torwird der erste Selbstbedie-nungsladen eröffnet

Ziegenhain. „Aus dem Nichts“heraus errichtet der 50-jährigeFabrikant Erich Rohde am Süd-bahnhof eine neue Schuhfabrik.Die alte hatte er in Guben (Nie-derlausitz) verloren.

Karlshafen. Auf ehemaligemSali-nengelände entsteht eineWe-berei mit 96Webautomatenund 130 Mitarbeitern.

Herleshausen: Die ersten 600Spätheimkehrer aus russischerKriegsgefangenschaft treffenüber Herleshausen im LagerFriedland ein. Noch immer gel-ten 1,5 Millionen Soldaten alsvermisst. Deshalb stehen vieleverzweifelte Frauen auf demBahnsteig und halten Schildermit den Namen ihrer Männerund Söhne hoch. Foto: dpa

parente Vorhänge, die Bodeanbringen ließ. Wie ichtigdie Ausstellungsarchitekturfür die Wirkung einer Kunst-schau ist, hat Bode mit seinerisionären Bilder- und Skulp-

turen-Dramaturgie ge eigt.Präsentiert urden unter

anderem Arbeiten on HenrMoore, Wilhelm Lehmbruck,Picasso, Kandinsk , Giorgio deChirico, Oskar Schlemmer,Paula Modersohn-Becker undMa Ernst. Ausgestellt aren67 Werke on 148 Künstlern.13 Besucher ließen sichom Kunsterlebnis anlocken.Schon damals eränderte

die Kunstschau (und da u na-türlich die Bundesgarten-schau) die Stadt. Die Flaneureauf den Straßen aren inter-nationaler, das Treiben leben-diger als sonst. Das Café Pau-lus auf der Treppenstraße rea-gierte auf die eränderte Stim-mung mit einer Maßnahme,die damals fast so re olutionärund unerhört irkte ie man-ches Kunst erk: Man stelltedraußen Stühle auf. (fra)

rockbau nur äußerlich pro i-sorisch hergestellt orden, in-nen aber noch ein Rohbau.Ziegelsteine als Hintergrundfür die Bilder boten ebensorei olle Kontraste ie trans-

Als Standort ählte mandas Fridericianum, jenes ersteöffentlich ugängliche Muse-umsgebäude des europäi-schen Festlandes. Nach derKriegs erstörung ar der Ba-

KASSEL. Lücken schließenollte der Kasseler Künstler

und Hochschullehrer ArnoldBode (19 -1977) mit derKunstausstellung documenta.Die Lücken, die durch ölfJahre Na i-Herrschaft in derKunst ahrnehmung inDeutschland entstanden a-ren. In der Einladungskarteur Eröffnung hieß es, es sei

für die Kunst an der Zeit, „dieWege und Punkte des Erreich-ten auch in Deutschland ein-mal sinnfällig u markieren“.Als Begleitausstellung urBundesgartenschau öffnetedie erste documenta im Fride-ricianum am 15. Juli 1955.

Sie eigte um einen die in-ternational bedeutenden Wer-ke der klassischen Moderneseit Anfang des 2 . Jahrhun-derts und bot um anderen ei-nen Überblick über den aktu-ellen Stand der europäischenKunst. Arnold Bode und seineMitstreiter erhielten 2Mark Fördergeld on Stadt,Land und Bund, um das Pro-jekt stemmen u können.

Kunst in der RuineParallel zur Bundesgartenschau schlug die Geburtsstunde der documenta

Mädchen vor dem Spiegel (1932): Arnold Bode (links) und Bun-despräsident Theodor Heuss vor Pablo Picassos Gemälde. Foto: dpa

Mitt och, 18. Mär 2 960 Jahre BundesrepublikKS-BRD

e-paper für: 6069489

Page 8: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1956 in unserer Region

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

Mehr auf www.hna.de

(Eva Bartok) kann ihn zu einerEntziehungskur überreden. Alser dann doch rückfällig wird,will sie sogar selbst Rauschgiftnehmen, um sein Schicksal zuteilen. Regie in dem Melodramführte der Star persönlich:Curd Jürgens. (hpo)

Tisch) auf der Terrasse des CaféPaulus eine Szene des Films„Ohne Dich wird es Nacht“drehten. Der „normannischeKleiderschrank“ spielt einenRechtsanwalt, der allerdingsnur brilliert, wenn er Morphi-um genommen hat. Erst Gina

Filmstadt Kassel: Wieder ein-mal war Kassel Drehort einesSpielfilms. Viele Schaulustigefanden sich in der Treppenstra-ße von Klose-Moden ein, umhautnah mitzuerleben, wieCurd Jürgens und seine damali-ge Ehefrau Eva Bartok (links am

Filmstars auf der Treppenstraße

schlossen, um hier „einem ge-regelten Broter erb nach u-gehen“. Der Rest der Gastar-beiter kam gutgelaunt nachWabern. Auf dem Bahnhof„ ar ein buntes Ge irr aus-ländischer Laute, aufgeregtenRufens und freudiger Verspre-chen, im nächsten Jahr iedernach Deutschland u kom-men, um über die Sommermo-nate in der Land irtschaftaus uhelfen“, schrieb dasKreisblatt.

Einer war bald wieder da

Vier ehn Tage nach Abfahrtkam ein Italiener „mit Sackund Pack“ urück nach Wa-bern. „Ihm gefiel es hier dochbesser“, schrieb die Zeitung.

„ erstanden es ortrefflich,überall an upacken“. Wit eüber die Gastarbeiter urdennun kaum noch gemacht.

Für die Italiener aren inder Bundesrepublik die Ver-dienstmöglichkeiten esent-lich höher als in ihrer Heimatum Neapel herum, o diemeisten on ihnen Familienu ernähren hatten. Fast alle

behielten nur enig Geld fürden eigenen Lebensunterhaltund schickten den Rest desVerdienstes nach Hause. Das

iederum imponierte so man-chem nordhessischen Bauern.

Als am 26. No ember dieRückreise der Italiener an-stand, hatten sich schon fünfon ihnen um Bleiben ent-

teil Homberg untergebracht,je eils acht kamen nach Mel-sungen und in den alten KreisFrit lar.

Von einer Ausnahme abge-sehen, ent ickelte sich einum Teil her liches Verhältnis

ischen den Gastarbeiternund ihren Arbeitgebern –trot eines anstrengendenZehn-Stunden-Arbeitstags.

Vorurteile widerlegt

Z ar aren die nordhessi-schen Bauern unächst furcht-bar erschrocken, als sie dieaus ihrer Perspekti e klein-

üchsigen Italiener um ers-ten Mal sahen. Schnell erflogjedoch dieser Eindruck, denndie Männer aus dem Süden

VON THOMAS SCHAT TN ER

Gegen 22.2 Uhr kamensie freitags planmäßigmit dem D-Zug aus

Frankfurt in Wabern an: dieersten 5 italienischen Gastar-beiter im Landkreis. Die Süd-italiener aren in der Regel

ischen 2 und 3 Jahre altals sie sich entschlossen, eit-ab ihrer Heimat Geld beimErnte-Einsat u erdienen.

Vertreter der Kreisbauern-schaft und des Arbeitsamtesbegrüßten die Neuankömm-linge am Waberner Bahnhof,be or diese anschließend mitKraftfahr eugen u ihren neu-en Arbeitsstätten gebracht

urden. 34 urden im Kreis-

50 kleine ItalienerDie ersten Gastarbeiter kamen als Erntehelfer nach Homberg, Melsungen und Fritzlar

Eisschollenstapeln sichauf derWerra

Das Jahr 1956 war von extre-memWetter geprägt: Bevor dieWerra imMärz und erneutMitteJuli über die Ufer trat und imFrühsommer die Kirschen we-gen des vielen Regens an denBäumen verfaulten, ließ sibiri-sche Kälte bis unter minus 20°Cden Fluss Anfang Februar zufrie-ren. Treibeis staute sich nichtnur vor Brücken zu riesigenSchollenstapeln (das Foto ent-stand bei Kleinvach nahe BadSooden-Allendorf), sondernrutschten auch über die Ufer.

Aus technischen Gründenwar es nicht möglich, das Eis zusprengen, sodass der Natur frei-er Lauf gelassen werdenmusste– mit fatalen Folgen: In Blickers-hausen schloss aufgestautesWasser die Gastwirtschaft Elendein. Riesige Eisschollen zerbra-chen den Zaun, zertrümmertendie Laube, stießen gegen dasHaus und rissen eine Ecke derScheunemit. (sff)

Foto aus: „DieWerra“ von Manfred Lückert

FRITZLAR. Mit einem offi iel-len Einmarsch am 14. De em-ber urden in Frit lar 1956das Pan er-Aufklärungs-Batail-lon 5 und das Grenadier-Ba-taillon 22 begrüßt. Nach demKrieg aren bis 1951 amerika-nische und anschließend fran-ösische Truppen in Frit lar

stationiert ge esen. Die Bun-des ehrsoldaten sollten Hü-ter und Beschüt er der Frei-heit sein, sagte der Standortäl-teste Oberstleutnant Fren el.

Fritzlar wieder

Militärstandort

Mit Musik: Die Bundeswehrzieht in Fritzlar ein. Repro: HNA

ChronikDeutschland

2.1. Einberufung der ersten Bun-deswehr-Soldaten: In Ander-nach, Wilhelmshaven und Nör-venich ziehen die ersten Freiwil-ligen in die Kasernen ein.

16.2. Übertritt der Bundesmi-nister des „GesamtdeutschenBlocks/Bund der Heimatvertrie-benen und Entrechteten“ (GB/BHE) zur CDU.

23.2. Die FDP-Bundestagsmit-glieder beschließen unter derFührung von Thomas Dehler dieAufkündigung der Koalition mitder CDU/CSU und gehen damitin die Opposition. 16 Mitgliederder FDP-Bundestagsfraktion, da-runter die vier Minister, spaltensich von der Partei ab, bilden die„Freie Volkspartei“ und bleibenin der Koalition.

1.4. Der Bundesnachrichten-dienst (BND) nimmt in Pullachbei München offiziell seine Tä-tigkeit auf.

24.6. Borussia Dortmund wirdnach einem 4:2-Sieg über denKarlsruher SC inWest-BerlinDeutscher Fußballmeister.

7.7. Der Bundestag verabschie-det das Wehrpflichtgesetz. Da-mit wird die künftige Bundes-wehreineWehrpflichtarmee. ImSeptember wird die Dauer desWehrdienstes auf zwölf Monatefestgelegt. Außerdemwird einziviler Ersatzdienst für Kriegs-dienstverweigerer geschaffen.

16.8. Premiere des Films „DerHauptmannvonKöpenick“ nachdem gleichnamigen Theater-stück vonCarl Zuckmayer; die Ti-telrolle spielt Heinz Rühmann.

17.8. Das Bundesverfassungsge-richt erklärt die KPD für verfas-sungswidrig und verfügt ihreAuflösung. Noch am selben Tagwerden die Parteibüros ge-schlossen.

1.10.Das „Deutsche Fernsehen“beginnt mit der täglichen Aus-strahlung der „Tagesschau“. -Die IG Metall erreicht die 45-Stunden-Wochemit vollemLohn- und Gehaltsausgleich.

11.10. Der Bundestag be-schließt die Einführung einerzentralen Verkehrssünderkarteimit Sitz in Flensburg.

Paraderolle: Heinz Rühmannals Hauptmann von Köpenick.

Foto: dpa

... und die Welt

25.2. Auf dem XX. KP-Parteitagenthüllt Parteichef NikitaChruschtschow die vom ehema-ligen Staatschef Josef W. Stalinbegangenen Verbrechen.

28.6. EinArbeiteraufstand inderpolnischen Stadt Posen wirddurch Armee-Einheiten nieder-geschlagen.

29.10. Israelische Streitkräftegreifen Ägypten an und beset-zen innerhalb kürzester Zeit dieSinai-Halbinsel. Sie reagieren da-mit auf die ägyptische Verstaatli-chung des Suezkanals.

4.11. Sowjetische Panzereinhei-tenmarschieren inBudapestein,schlagen den Volksaufstand nie-der und beenden so den Ver-such Ungarns, demokratischeReformen einzuleiten.

ChronikNordhessen

Ziegenhain. Die Meteorologenverzeichnen den härtestenWin-tereinbruch seit 1928/1929. Be-reits am 18. Februar sind dieBrennstoffvorräte aufgebraucht.

Kassel. Die letzten Heimkehreraus russischer Kriegsgefangen-schaft werden vomMagistratder Stadt empfangen.

Kassel. Ein „Großflugtag“ lockttausende auf den Flugplatz Wal-dau.

Melsungen. Die Bartenwetzer-brücke, Wahrzeichen der Stadt,wird zum Heimatfest wiederfreigegeben. Im Krieg warenzwei Bögen der Brücke ge-sprengt worden. Bis zumWie-deraufbau behalf man sich miteiner Holzkonstruktion.

Kassel. Sara Nussbaum (1868 -1956), im Drit-ten Reich vonden Nazisschwer verfolg-te Kasseler Bür-gerin jüdischenGlaubens, wirddie erste Ehren-

bürgerin der Stadt. Im KZ There-sienstadt hatte sie als Kranken-schwester zahlreichen Häftlin-gen das Leben gerettet.

Korbach.Mit Start des Sommer-fahrplans erhält Korbach fünf Eil-zugverbindungen.

Kassel. Die junge Bundeswehrtritt zum ersten Mal in Kassel andieÖffentlichkeit. 20000Bürgererleben vor demehemaligenGe-neralkommando den GroßenZapfenstreich.

Baunatal.Mit viel Eigenleistungder Bürger entsteht die Kultur-halle Großenritte.

Willingen.DerOberstdorfer Ski-springer Max Bolkart wird amMühlenkopf mit Weiten vonzweiMal 88,5MeternDeutscherMeister.

Wolfhagen. Der 1946 wiederaufgenommene Braunkohle-bergbau am Hundsberg beiOelshausen wird eingestellt. Zu-letzt arbeiteten dort noch etwa65 Kumpel.

Donnerstag, 19. Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD

e-paper für: 6069489

Page 9: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1957 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Kassel. Die Altmarkt-Kreuzungist fertig. Auf der modernstenStraßenkreuzung in Europa ha-ben Rechtsabbieger stets freieFahrt. Kontaktschwellen in denStraßen steuern die Ampeln.Fußgänger kommen durch Tun-nel gefahrlos auf die andere Sei-te oder die Straßenbahninseln.

Witzenhausen. Die Innenstadterstrahlt vor Weihnachten erst-mals im Glanz ungezählter Lich-terketten. Der Einzelhandelmacht es möglich. Da will dieStadt nicht zurückstehen undübernimmtdieBeleuchtungdesMarktplatzes.

Kassel.Wegmann & Co. wirdvon der Bundesregierung mitder Instandsetzung und Umrüs-tung von amerikanischen Zug-maschinen sowie dem Bau vonPanzerattrappen beauftragt.

Baunatal. Am 5. Oktober unter-zeichnet Volkswagen den Kauf-vertrag für das Werksgelände inAltenbauna; das besiegelt end-gültig den Niedergang der Hen-schel-Flugmotoren-Werke.

Mengeringhausen. Vor 1800Teilnehmerin-nen des Inter-nationalenFrauentagswarnt HessensMinisterpräsi-dent Georg Au-gustZinn(Foto)

davor, die Bundeswehr mitAtomwaffen auszurüsten.

Kassel. Das CVJM-Gebäude ander Wolfsschlucht wird im Rah-men einer internationalen Ta-gung des Dachverbands YMCAim Juni eingeweiht. 200 Gästeaus 38 Nationen kommen nachKassel, darunter der – wie dieZeitung schreibt – „37-jährigeNeger-Präsident Dr. Charles D.Sherman“ aus Liberia.

Hofgeismar.MeisterfotografFritz Brill, ein Pionier der Fotoa-nalyse und das Farbfilms imMi-kro- und Makrobereich, erhältden Bundesfilmpreis, das Silber-ne Filmband.

Kassel/Chicago.Oberbürger-meister Lauritz Lauritzen berich-tete unserem USA-Korrespon-denten in Chicago, dass er weni-ge Tage zuvor beim Besuch desGrand Canyons den steilenWegzu Fuß gehenmusste. Grund: Erwar zu schwer. Die Reitesel dür-fen nur Personen bis 90 Kilo tra-gen. In New Orleans wurde Lau-ritzen zumEhrenbürger ernannt.

nach indischer Art soll nichtnur scharf, sondern auch ziem-lich angebrannt gewesen sein.Auf jeden Fall war Max ein net-ter Verlierer, Zisselvater WilliSchmidt dagegen ein ausge-sprochen überlegener Gewin-ner.“ (hpo) Foto: HN

Besucherinnen beweisen, dassauch Männer kochen können.Und was kam dabei heraus?„Gut lecken konnte SolotänzerMax Jacubowskij“, textete un-sere Zeitung unter dem rech-ten Foto. Allerdings: „Das vonihm bereitete Hammelragout

gramms war ein Wettkochenzwischen zwei Junggesellenund zwei Ehemännern. Zissel-Vater Willi Schmidt und Solo-tänzer Max Jacubowskij vomStaatstheater, der Henschel-Angestellte Georg Leszinski so-wieWolfgangHahlwolltenden

Auf dem Platz zwischen Schö-ner Aussicht und FrankfurterStraße, wo heute die KasselerGerichtsgebäude stehen, lock-te im Juni die Ausstellung „ABCder Hausfrau“ die Besucher inScharen an. Einer der Höhe-punkte des Rahmenpro-

Wettkochen: Ehemänner gegen Junggesellen

das Motto des Wohnungsbaus.Neue Siedlungen entstehenim Auefeld, am Lindenberg, inBad Wilhelmshöhe und Helle-böhn.

Der Bedarf ist groß. Am 17.April 1957 melden die Hessi-schen Nachrichten, dass noch25 Menschen in Kassel da-rauf arten, eine Wohnungu bekommen.

gend nötig, denn allein in derKasseler Altstadt urden imKrieg 8 Wohnungen er-stört.

Licht, Luft und Sonne

Z ölf Jahre später müssenimmer noch ahlreiche Fami-lien mit mehr als drei Perso-nen in einem Zimmer leben.Licht, Luft und Sonne, lautet

chenneubauten aus dieser Zeitgehören die katholischen Got-teshäuser St. Bonifatius (We-sertor), Her Mariä (Harles-hausen) und Fatima (Bad Wil-helmshöhe). Sie gelten heuteals Vor eigebauten für mar-kante 5 er-Jahre-Architektur.

Deutlich sichtbar sind auchdie Fortschritte im Woh-nungsbau. Das ist auch drin-

VON THOMAS S I EMON

KASSEL. Es ging Schlag aufSchlag. 1957 bekam der Wie-deraufbau in Kassel immermehr Konturen. T pisch fürden Baustil in dieser Zeit istdas AOK-Gebäude am Randdes Friedrichsplat es. Es giltbis heute als Perle der oftmalsu Unrecht geschmähten

5 er-Jahre-Architektur.In dieser Zeit entstand eine

gan e Reihe on modernenVer altungsgebäuden. DieWintershall-Zentrale (Fried-rich-Ebert-Straße) mit ihren1 88 Fenstern gehört ebensoda u ie das EAM-Hochhausan der Treppenstraße. NeueSchulen so ie Kindergärtenund Kirchen prägten uneh-mend das Stadtbild.

Die Türme der Martinskirche

Besonders markant sind bisheute die Türme on Kasselsgrößtem Gotteshaus, der imKrieg stark beschädigten Mar-tinskirche. Auf die Stümpfeder beiden Türme urde einneuer, moderner Aufbau ge-set t.

Nach dem Krieg uchs dieZahl der Katholiken in Kasseldurch Flüchtlinge und Vertrie-bene beträchtlich. Zu den Kir-

Das neue Gesicht der Stadt50er-Jahre-Architektur prägt den Wiederaufbau - Zu den Klassikern gehört die AOK

Klassiker der 50er-Jahre: Das Verwaltungsgebäude der AOK am Friedrichsplatz kurz nach der Fertig-stellung 1957. Foto: HNA-Archiv

AUGSBURG. Zusammen mitden Brüdern Stumpf aus Celle

ar der Kasseler Günter Beckfür die Weltmeisterschaft imKanu-Slalom in Augsburg no-

miniert or-den. Im Einer-Kanadier ge-lang dem Trioeine großeÜberra-schung, undBeck kehrteals Weltmeis-ter nach Kassel

urück. Auf Plat ei landetedie DDR – damals in den West-deutschen Medien noch So -jet one genannt – or derCSSR. (geb)

Günter BeckWeltmeister imKanu-Slalom

GünterBeck

... und die Welt

25.3. Vertreter der Benelux-Staaten, Frankreichs, Italiensund der BundesrepublikDeutschland unterzeichnen die„Römischen Verträge“ über dieSchaffung der EuropäischenWirtschaftsgemeinschaft (EWG)und der Europäischen Atomge-meinschaft (Euratom).

4.10.Die UdSSR starten den ers-ten künstlichen Erdsatelliten„Sputnik1“ und eröffnen damitdie Ära der Raumfahrt. Der tech-nologische Erfolg der Sowjetslöst in den USA den Sputnik-Schock aus.

16.9.Die ersten Einwegflaschenersetzen die Mehrwegflaschenfür Wein und Traubensäfte inder Bundesrepublik.

21.9. Das deutsche Segelschul-schiff „Pamir“ sinkt südwestlichder Azoren. Nur sechs der 86 Be-satzungsmitglieder können ge-rettet werden.

1.11. Die 24-jährige Prostituier-te Rosemarie Nitribit (Foto), die

offensichtlichKontakte zu ho-hen Persönlich-keiten aus In-dustrie, PolitikundWirtschafthatte, wird er-würgt in ihrer

Wohnung in Frankfurt aufgefun-den. Ihr Leben und der nicht auf-geklärte Mord entwickeln sichzur meistdiskutierten Affäre derNachkriegszeit.

ChronikDeutschland

1.1. Das Saarland wird zehntesBundesland der BundesrepublikDeutschland.

21.1.Der Bundestag verabschie-det das Gesetz über die Renten-reform und führt damit die dy-namische Rente ein.

23.3. Das Bundesarbeitsgerichtin Kassel stellt fest, dass dasGleichberechtigungsgesetzauch beim Abschluss von Tarif-verträgen gilt. Dementspre-chend sind tarifliche Bestim-mungen nichtig, die für Frauenbei gleicher Tätigkeit einen ge-ringeren Lohn vorsehen als fürMänner.

12.4. Im „Göttinger Manifest“fordern 18 führende deutscheAtomwissenschaftler die Bun-desregierung zum Verzicht aufdie atomare Bewaffnung derBundeswehr auf.

3.5. Der Bundestag verabschie-det ein Gesetz über die Gleich-berechtigung von Mann undFrau. Darin wird die Zugewinn-gemeinschaft als gesetzlicherGüterstand in der Ehe einge-führt. Außerdemwird entschie-den, dass Männer weiterhin beiUneinigkeit in Bezug auf die Kin-dererziehung einen „Stich-entscheid“ haben.

23.6. Borussia Dortmund wirdnach einem Sieg über den Ham-burger SV Deutscher Fußball-meister.

15.9.Wahlen zum3. DeutschenBundestag. Die CDU/CSU er-reicht die absolute Mehrheit.

Z ei Jugendliche aus Ziegen-hain starben an der Krankheit.Vier eitere Todesopfer a-ren höheren Alters.

Besonders stark hatte dieGrippe elle die Stadt Neukir-chen, Heilbach und Rommers-hausen er ischt. Hier bliebendie Schulen ochenlang ge-schlossen. Im GilserbergerHochland aren mehr als dieHälfte aller Schüler erkrankt.Das Kreisgesundheitsamt ord-nete daher auch hier dieSchulschließung an.

Auch für die Ortskranken-

SCHWALMSTADT. Die Schu-len im Kreis Ziegenhain blie-ben geschlossen, Herbstferien

urden erlängert: Die Hälftealler Schulkinder ar an Grip-pe erkrankt. Während der Epi-demie im September und Ok-tober steckten sich 26Frauen, Männer und Kindermit dem Virus an. Sechs Men-schen starben an den Folgen.

Sechs Wochen ütete dieGrippe-Epidemie im Sch alm-kreis. Von den 55 Be oh-nern ar laut Kreisgesund-heitsamt die Hälfte krank.

Sechs Tote nach GrippewelleJeder zweite Bewohner im Schwalmkreis infiziert – Schulen wochenlang geschlossen

kassen ar die Grippe einegroße Belastung. Der Leiterder AOK Ziegenhain sagte,ehn Pro ent aller Pflicht er-

sicherten seien krank gemel-det. Täglich urden 9 DMKrankengeld mit der Post er-schickt, das Zehnfache dessonst üblichen Betrags. Einenderartig hohen Stand hatte dieAOK bis dahin noch nie erlebt.Ge öhnlich lag die Zahl derErkrankten bei 3,3 Pro ent.

Die Belastung für die Kran-kenkassen ar so hoch, dasssie sich Sorgen um ihre Reser-

en machten. Die AOK ar ge-ungen, Bankkredite auf u-

nehmen, um Krankengeld andie Versicherten aus ahlen ukönnen.

Die Grippe elle hatte meh-rere hessiche Landkreise er-fasst. Ende Oktober ebbte dieEpidemie ab. Im Sch alm-kreis aren nur noch et a55 Be ohner krank. Dasließ die Krankenkassen aufat-men. Die Schulen urden ie-der geöffnet, die Krankengeld-ahlungen sanken auf Nor-

malmaß. (aba)

Freitag, 2 . Mär 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 6069489

Page 10: 60 Jahre BRD: Nordhessen

ChronikDeutschland

14.3. Im Deutschen Fernsehenwird die erste Sendung der Kri-mi-Serie „Stahlnetz“ ausge-strahlt, in der tatsächliche Krimi-nalfälle nachgestellt werden.

19.4. In mehreren bundesdeut-schen Großstädten finden Mas-senkundgebungen der Aktion„Kampf dem Atomtod“ gegendie Ausrüstung der Bundeswehrmit Kernwaffen statt.

18.5. Schalke 04wird nach ei-nem Sieg über den Hambur-ger SVmit 3:0 Deutscher Fuß-ballmeister.

1.7. In der BundesrepublikDeutschland tritt das 1957 ver-abschiedete Gesetz über dieGleichberechtigung von Mannund Frau in Kraft.

30.7. Das Bundesverfassungsge-richt erklärt die von Hamburgund Bremen geplante Volksbe-fragung über die atomare Be-waffnung der Bundeswehr fürverfassungswidrig.

23.8. In Hamburg läuft das ersteSegelschulschiff der Bundesma-rine, die „Gorch Fock“, vom Sta-pel.

1.10.DeramerikanischeRock ’n’Roll-SängerElvisPresley trifft als

Wehrpflichtiger zu seinemDienst inderBundesrepublikeinund wird von vielen hundertFans jubelnd empfangen.

26.10. Im Anschluss an ein Kon-zert des Rock ’n’ Roll SängersBillHaley kommt es inWest- Berlinzu Krawallen.

10.11.Der sowjetischeMinister-präsident Niki-ta Chruscht-schow (Foto)fordert auf ei-ner Kundge-bung in Moskaudie Revision desPotsdamer Ab-kommens und kündigt an, dieSowjetunion werde ihren Teilder Kontrolle über Berlin an dieDDR übertragen. Damit löstChruschtschow die so genannteBerlin-Krise aus.

16.11. Bei denWahlen zurVolkskammer und zu den Be-zirkstagen in derDDR erhaltendie Einheitslisten 99,7 Prozentder Stimmen.

1.12. Gründung der Ludwigs-burger Zentralstelle zur Verfol-gung nationalsozialistischer Ge-waltverbrechen.

Empfang in Friedberg (Hessen):Elvis Presley und Fans. Foto: dpa

... und die Welt

16.6.Der ungarische ReformPo-litiker ImreNagy (Foto)wird durch sow-jetische Trup-pen hingerich-tet. Sein Todlöst weltweitEmpörung aus.

9.10. Papst Pius XII. stirbt inRom, seinNachfolgerwirdPapstJohannes XXIII. (1881-1963).

Das Jahr 1958 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Wolfhagen.DieArbeiten andenersten Gebäuden für die Pom-mernkaserne beginnen.

Eichenberg.Mit der Ernst-Reu-ter-Schule entsteht zwischenEichenberg, Hebenshausen undBerge die erste Mittelpunkt-schule Deutschlands.

Kassel. Der LokomotivbauerHenschel &Sohn GmbH istzahlungsunfä-hig. Fritz AurelGoergen (Foto)wird Hauptak-tionär, Vor-standsvorsit-

zender und rettet das Unterneh-men.

Riebelsdorf. Bei einemWirbel-sturm imSchwälmer Land stürztdie Reithalle in Riebelsdorf ein.Menschen und Tiere werdennicht verletzt, aber der Sach-schaden beträgt 250 000 DM.

Kassel. Nach Fertigstellung derneuen Türme wird die im KriegstarkzerstörteMartinskirchemiteinem feierlichen Gottesdienstwieder eingeweiht.

Homberg. So bleibt das Bierkalt: Die Homberger Brauereibekommt eine Anlage zur Eis-erzeugung und produziert imheißen Sommer 100 Zentner Eis.

206 000 Besucher werden beider 2. Hessischen Landwirt-schaftsschau an der KasselerDamaschkestraße gezählt.

Lauf. Zu Best eiten hat dasWerk, das keine komplettenAutos, sondern Komponentenbaut, 2 Mitarbeiter. Heu-te sind es beim größten Ar-beitgeber der Region 13 inProduktion und Vertrieb Ori-ginalteile.

Eine Ver altung ird auf-gebaut. Fran Kutsche (Kassel),erster Personalchef im hiesi-gen Werk, muss noch Möbelon der Krankenkasse mau-

sen, damit seine Mitarbeiterloslegen können. Eine rasanteEnt icklung nimmt ihren

und späteren Kon ernboss,das Ende 1957 aus Wolfsburgangerückt ist. Die Pionieresäubern die alten Henschel-Hallen und richten sie her,machen das eitere Geländeurbar. „Das ar alles Wald-gebiet“, er ählt Schmied.

VON INGR ID JÜNEMANN

BAUNATAL. Es ist der 23. Juni1958, als es richtig losgeht imAltenbaunaer Loh äldchen:Volks agen startet dort mitder Aufbereitung on Z lin-derköpfen, Vergasern, Kraft-stoffpumpen und Kupplun-gen. Der Motor der nordhessi-schen Wirtschaft läuft an. Bisum Jahresende erden es be-

reits 855 Mitarbeiter sein imVW-Werk Kassel, so der offi-ielle Name, das auf dem Ge-

lände der heutigen Stadt Bau-natal liegt. Doch deren Ge-burtsstunde schlägt erst inden 6 er-Jahren.

In jenem Sommer 1958 sinddie Hallen 4,5 und 6, ehemalsProduktionsstätten der Hen-schel-Flugmotoren erke(HFM), bereits instand geset t.Denn die neuen Herren ausWolfsburg haben das Areal einDrei ierteljahr früher für 6,5Millionen Mark übernommen,am 5. Oktober 1957 urde derKauf ertrag für eine MillionQuadratmeter Fläche or ei-nem Notar in Frankfurt unter-eichnet.

Der alte Fuchs „Jupp“ Köcher

Dass VW damals nach Al-tenbauna kommt und nichtins enige hundert Meter ent-fernte Kassel, ird dem legen-dären Landrat Josef „Jupp“ Kö-cher (19 7-1997) ugeschrie-ben. Der alte Fuchs hatte die

irtschaftliche Bedeutung fürden Landkreis Kassel und diegesamte Region als erster er-kannt.

Otto Schmied (77), heute inBaunatal-Altenritte uhause,ist im Januar 1958 der Mannmit der Stammnummer Null –der erste Mitarbeiter, der spe-iell für Altenbauna einge-

stellt ird. Eine neue Zähl ei-se beginnt: Erstmals steht die„4“ für das neue Werk auf ei-nem Personalpapier. 4 ,so lautet Schmieds Nummere akt. Mit ihm beginnt dieReihe on fast 7 Beschäf-tigten, die seitdem bei den Au-tobauern angeheuert haben.

Der gelernte Maurer er-gän t das Team um Rudolf Lei-ding, den ersten Werkleiter

Der Motor VW läuft anAm 23. Juni beginnt die Produktion beim größten Arbeitgeber der Region

Die Anfänge der Produktion: Aggregateaufbereitung bei Volkswagen in einer der ehemaligen Hen-schel-Hallen. Archivfoto: VW / nh

Start im Juni 1958: VW-Eingangsgebäude (rechts) undVerwaltungstrakt (links). DasHaus hinter demTorgebäude steht als letzter Bau von Henschel noch heute. Archivfoto: VW / nh

In einem ehemaligen Pferde-stall begann die Erfolgsge-schichte des SpangenbergerSägeband-Herstellers Wikus.Wilhelm Hubert Kullmanngründet die Firma kurz vor sei-nem30. Geburtstag unter demNamen Wiku. Mit seinem Bru-

Wikus: Es begann im Pferdestall

der Josef sowie einem Arbeiterund einem Lehrmädchennimmt er schon vier Tage spä-ter die Produktion von Säge-bändern auf. Sein dritter Bru-der Karl hilft mit einer großenBürgschaft. Erstes Firmenfahr-zeug ist ein Fahrrad. Nur weni-

ge Monate später sind bereitssiebenMitarbeiter beschäftigt.Ein VW-Käfer wird angeschafft.Der erste große Auftrag lässtnicht lange auf sich warten. Erkommt von Debras, der Ein-kaufsgesellschaft für Daimler-Benz do Brasil. (and)

KASSEL. Am 16. No emberurde das Kasseler Auestadi-

on um Schauplat des End-spiels um den DFB-Pokal i-schen dem VfB Stuttgart undFortuna Düsseldorf.

Nach Ende der regulärenSpiel eit stand es 3:3. Die Ent-scheidung für die Sch abenfiel erst sechs Minuten orEnde der Verlängerung. Stutt-garts Mittelstürmer Weiseüber and den DüsseldorferTor art Klose per Kopf.

25 Zuschauer sahen sie-ben Nationalspieler. Für denVfB Stuttgart spielten Tor artSa it ki, Schlien , Waldnerund Geiger, und für FortunaDüsseldorf liefen Jusko iak,Steffen und der spätere Bun-destrainer Jupp Der all auf.

Und eil es so schön ar,fand auch das nächste DFB-Po-kalfinale im Kasseler Auesta-dion statt. Am 27. De ember1959 ge ann Sch ar -WeißEssen gegen Borussia Neunkir-chen mit 5:2. (geb)

Pokalfinaleim Auestadion

AUGSBURG. Der deutscheSieg im Leichtathletik-Länder-kampf am 2 . und 21. Septem-ber in Augsburg gegen dieSo jetunion ar eine großeÜberraschung. Eine Sensationaber ar es, dass Lud ig Mül-

ler die beidenLangstrecken5 und1 Meteror seinen

hoch fa ori-sierten Kon-kurrenten ausder UdSSR ge-

ann.Und eil

Müller mit seinen fantasti-schen Läufen den Länder-kampf für die Mannschaft derBundesrepublik Deutschlandentschieden hatte, gaben dieJournalisten dem Langstreck-ler aus Wesel in Westfalen ei-nen Beinamen. Seit dem 21.September 1958 heißt derheute 77-Jährige, der im Fuld-abrücker Ortsteil Bergshausen

ohnt, „Held on Augsburg“.Als Müller um Helden ur-

de, startete er noch für Wesel,aber ein paar Jahre späterschloss sich der Langstrecklerdem KSV Hessen an. (geb)

Der Heldvon Augsburg

LudwigMüller

Samstag, 21. Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 6069489

Page 11: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1959 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Schwarzenborn.Wie eine dickeDecke liegt Nebel am 14. Januarüber dem Knüll. Die Besatzungeines Bundeswehr-Hubschrau-bers verliert die Orientierung.Beim Absturz sterben acht Sol-daten.

Kassel. Die Tageszeitungen„Hessische Nachrichten“ und„Kasseler Zeitung“ schließensich zur zur „Hessischen Allge-meinen“ zusammen.

Frankenberg. Es ist so heiß wieseit Menschengedenken nicht.Die einen sprechen vom Jahr-hundertsommer, die Landwirteklagen allerdings über dieDürre.Im gesamten Sommer gibt esnur zwei Regentage. Am 19. Ok-tober fällt der erste Regen aufdie ausgetrocknete Erde.

Rotenburg.Am13. Juni wird dieGedenkstätte fürdieKriegsopferauf dem Alheimer eingeweiht.

Hofgeismar. Umfangreiche Sa-nierungsarbeiten beginnen ander Sababurg imReinhardswald.DasDornröschenschlosswird zueiner Gaststätte mit Hotelbe-trieb ausgebaut.

Wolfhagen. Rege Bautätigkeitführt zur Vollbeschäftigung imHandwerk. Die Großbaustellenin der Kreisstadt : Kasernenanla-gen, Gymnasiummit Aula undTurnhalle, Kreisjugendheim undLandwirtschaftsschule.

Tausende harrten im strömen-den Regen aus, um Belgienserst 28-jährigen König Bau-douin (Foto) in Kassel zu begrü-ßen. Der Monarch inspizierteseine in der Stadt stationiertenTruppen. Es war der erste Be-such eines gekrönten Hauptesseit 52 Jahren. Damals hatteKaiser Wilhelm II. Englands Kö-nig Edward VII. auf Schloss Wil-helmshöhe empfangen.

ChronikDeutschland

6.2. Das Bundesverteidigungs-ministerium bestellt 96 Star-fighter F-104 in den USA.

20.2. Das Bundesverwaltungs-gericht in Berlin entscheidet,dass die Streitkräfte der Bundes-republik mit Atomwaffen derUSA ausgerüstetwerdendürfen.

19.3. In einer Presseerklärungerkennt der sowjetische Partei-und Regierungschef NikitaChruschtschow die Berlin-Rech-te der früheren westalliiertenBesatzungsmächte an undnimmt das Berlin-Ultimatumvon 1958 zurück.

7.4. Premiere des bundesdeut-schen SpielfilmsHunde, wolltihr ewig leben? von FrankWis-bar (1902-1967), der eine Aufar-beitung der Schlacht um Stalin-grad 1942/43 zum Inhalt hat.

28.6. Eintracht Frankfurtwirdnach einem5:3-Sieg über dieOf-fenbacher Kickers DeutscherFußballmeister.

1.7. In West-Berlin wirdHein-rich Lübke (CDU) zum neuenBundespräsidenten gewählt.

29.7. Das Bundesverfassungsge-richt korrigiert das so genannteGleichberechtigungsgesetzund hebt die Vorrechte des Va-tersbei der ErziehungderKinderauf.

26./27. 8. Als erster US-Präsi-dent besuchtDwight D. Eisen-hower die Bundesrepublik. Da-bei bekräftigt er dieGarantie derwestlichen Verbündeten zumSchutz West-Berlins.

12.9. Im ehemaligen Konzentra-tionslager Ravensbrückwirdeine Mahn- und Gedenkstätteeröffnet.

13.-15.11. Auf dem Parteitagder SPD wird das GodesbergerProgramm verabschiedet. Mitihrem fünften Parteiprogrammvollzieht die SPD einen pro-grammatischenWandel zurVolkspartei und distanziert sichvomMarxismus.Wesentliche In-halte sind das Bekenntnis zurLandesverteidigung, die grund-sätzliche Bejahung der freienMarktwirtschaft bei öffentlicherKontrolle wirtschaftlicherMachtkonzentration, die Einfüh-rung einer staatlichen Mindest-rente und die Gleichstellung derFrau.

Zweiter Bundespräsident:Heinrich Lübke

... und die Welt

8.1. GeneralCharles deGaulle (Foto)wird in Frank-reich zumStaatspräsiden-ten der V. Repu-blik proklamiert.

16.2. In Kuba übernimmt Revo-lutionsführer Fidel Castro(geb.1926) das Amt des Minis-terpräsidenten.

3.9. Der UdSSR gelingt es, denersten Flugkörper, die SondeLunik 2, auf den Mond zu schie-ßen.

Die zweite documenta, dieunter der Leitung von Ar-nold Bode vom 11. Juli bis11. Oktober 1959 ihre Toreöffnete, lockte 134 000 Be-sucher nach Kassel. Am be-liebtesten war der großeSkulpturenpark vor derOrangerie. Im Zentrum derzweiten Kunstschau derModerne stand aber die

134 000 Besuchererlebten die documenta 2

Das Hauptereignis der documenta 2: Der Skulpturenparkvor der Ruine der Orangerie. Foto: nh

„Die zerstörte Stadt“: Plastik des russischstämmigen französischenKünstler Ossip Zadkine vor der Orangerie. Foto: Archiv

abstrakte Malerei, etwa vonWassily Kandinsky. EinenSkandal gab es wegen derZurückweisung des Bildob-jekts „Bed“ des späterenPop-Künstlers Robert Rau-schenberg. Laken, Bettde-cke und Kopfkissen warenauf Holz montiert wie einan der Wand hängendesBett. (w.f.)

Bode ent orfenen Bau mit dergroßflächigen Glasfassadeund dem repräsentati en Kup-fer ordach. Das langjährigeOpern-Pro isorium im BlauenSaal der Stadthalle ging damituende. Mancher trauerte al-

lerdings auch dem alten preu-ßischen Staatstheater nach.

Das Schauspielhaus mit sei-nen 54 Plät en urde am fol-genden Tag mit Schillers „Ma-ria Stuart“ einge eiht. DerAnbau des kleinen Hauses arerst durch die Initiati e Kasse-ler Bürger möglich ge orden.714 163 Tombola-Lose u 5Pfennig aren dafür erkauft

orden. Organisiert hatte dieAktion der Wiederaufbau er-ein, Vorläufer der heutigenFördergesellschaft des Staats-theaters. ( .f.)

Für die Ein eihung desneuen Kasseler Staats-theaters am 12. Septem-

ber hatte die hessische Landes-regierung eigens die Komposi-tion einer Oper in Auftrag ge-geben. Im Beisein on Minis-terpräsident Georg AugustZinn und Kassels Oberbürger-meister Laurit Laurit en ur-de das 953 Besucher fassendeOpernhaus mit dem Musik-theater erk „Prometheus“on Rudolf Wagner Régen er-

öffnet. Intendant Dr HermannSchaffner hatte selbst die In-s enierung übernommen.

Der Erfolg des Stücks armäßig. Heute ist es on denSpielplänen ersch unden.Doch die Kasseler Be ölke-rung ar stol auf den mo-dern irkenden, on Paul

Mit Pomp und PrometheusAm 12. September wurde der Neubau des Kasseler Staatstheaters eingeweiht

Großer Bahnhof vor dem neuen Staatstheater: Zur feierlichen Er-öffnung reisten zahlreiche Ehrengäste an. Foto: Lengemann

gen. Nicht nur Anbauer ausdem Raum Wit enhausen,sondern auch aus den Nach-barkreisen Hersfeld-Roten-

WITZENHAUSEN. Schon uBeginn der 5 er-Jahre hattenes die Obstanbauer im Werra-tal immer sch erer, am Marktgute Preise u er ielen: Im-port are und fliegende Händ-ler machte den heimischenKirschenanbauern uneh-mend Konkurren . Ein elneOrtschaften (Dohrenbach,Roßbach, Unterrieden) schlos-sen sich u Verkaufsgemein-schaften usammen.

Am 1 . Mai 1959 griffen dieObstanbauer ur Selbsthilfe.59 on ihnen gründeten dieAbsat genossenschaft Wit en-häuser Kirschen, die die süßenFrüchtchen on Unterriedenaus u den Kunden (Großhan-del, Märkte, Industrie) in ganDeutschland brachte.

Die AGU uchs bis 1984 auf8 Mitglieder an und konntein der Nach ende eit nocheinmal kräftig auf 16 ule-

NeueWege für süße FrüchtchenSelbsthilfe: Obstanbauer bilden die Absatzgenossenschaft Witzenhäuser Kirschen

burg und Kassel set ten aufdie gemeinsame Vermark-tung. Der Süßkirschenanbauim Werratal hat eine 4 -jäh-

rige Tradition. Zeitungsmel-dungen aus dem 19. Jahrhun-dert berichten on guten undschlechten Ernten. ( ke)

Naturschauspiel zu allen Zeiten: die malerische Kirschblüte imWerratal , hier bei Wendershausen.Archivbild: Kopietz

KASSEL. 3 Zuschauer ge-nossen am 18. Oktober imAuestadion eine Doppel eran-staltung. Zunächst ge annder KSV Hessen seine Partieder 2. Fußball-Liga Süd gegenden SV Waldhof Mannheimmit 2: . Anschließend gingdas Halbfinale um die Deut-sche Feldhandball-Meister-schaft über die Bühne. Die SVHarleshausen mit dem legen-dären Spielertrainer OtmarSutter erlor gegen den TuSLintfort mit 12:13.

Harleshausen spielte mit:Stora - Bürger, Wienke - Füh-rer, Bork (ein Tor), Gibhardt -Kaletta (5), Lingelbach (1), Sut-ter (1), Beisheim (1), Lumm (3).(geb)

Harleshausenverpasst knappdas Finale

Montag, 23. Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 6069489

Page 12: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1960 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Kassel.AmWartebergwird eineneue Vertriebenensiedlung ein-geweiht, die den Namen desWi-derstandskämpfers Adam vonTrott zu Solz erhält.

Immenhausen. im Bereich Gre-bensteiner Straße werden zahl-reiche Keramikbruchstücke ausder Jungsteinzeit gefunden. Siebeweisen die Existenz einerbandkeramischen Besiedlungzwischen 5600 und 4800 v. Chr.

Rotenburg. Bundeswehr-Solda-ten ziehen in die Alheimerkaser-ne, imDezember beginnt die Re-krutenausbildung in der Garni-sonstadt.

Kassel. Fabrikant Dr. ing. e. h.August Bode(Foto), Inhaberder Waggonfa-brik Wegmann&Co., wird zumEhrenbürgerder Stadt er-nannt. Im De-

zember desselben Jahres stirbtBode im Alter von 85 Jahren.

Frankenberg. 50 Jahre lang ha-ben die Frankenberger in der Ba-deanstalt an der Eder Schwim-men gelernt. Im Juni 1960 ist esdamit vorbei: Das Gesundheits-amt verbietet es,weil die Eder zuschmutzig ist.

Kassel.Mit knapp 216 000 Ein-wohnern istdieStadt fastwiederso groß wie vor dem Krieg. ZurHöchstzahl aus dem Jahr 1939fehlen nur 10 000.

Wolfhagen. Richtfest des Kran-kenhauses und Schwestern-wohnheims am Kleinen Ofen-berg.

... und die Welt

1.5. Ein US-Spionageflugzeugvom Typ U2 wird über sowjeti-schem Gebiet abgeschossen. Pi-lot Gary Powers kann sich mitSchleudersitz rettenundgerät insowjetische Gefangenschaft.

14.10.Während der 15. UN-Vollversammlung in New Yorkprotestiert im Verlauf einer stür-mischen Debatte um die Entko-lonialisierung der sowjetischePartei- und RegierungschefNiki-ta Chruschtschow gegen die Er-wähnung von Moskaus osteuro-päischen Satellitenstaaten, in-dem er mit seinem Schuh aufdas Rednerpult hämmert.

8.11. In den USA wird John F.Kennedy (Fo-to), der 43-jäh-rige Kandidatder Demokra-ten, zum neuenPräsidenten ge-wählt.

ChronikDeutschland

12.-24.3. Bei seinem USA-Be-suchtrifftBundeskanzlerKonradAdenauer am 14. März erstmalsauf den israelischenMinisterprä-sidentenDavid Ben Gurion.

16.3. Bundestagsbeschluss zurPrivatisierung des Volkswagen-werks in Wolfsburg.

30.4. Das US-amerikanischeHilfsprogramm CARE für dienach dem Krieg Not leidendeBevölkerung der Bundesrepu-blik wird beendet.

3. 5. Der Bundesvertriebenen-minister Theodor Oberländer(1905-1998) tritt wegen der ge-gen ihn erhobenenVorwürfe, anKriegsverbrechen im ZweitenWeltkrieg beteiligt gewesen zusein, von seinem Amt zurück.

23.5. Der israelische Minister-präsident David Ben Gurion gibtbekannt, dass Agenten des israe-lischen Geheimdienstes Mossadden ehemaligen SS-Obersturm-bannführer Adolf Eichmann inArgentinien gefasst haben.

21.6.Der Deutsche Armin Hary(geb. 1937) läuft bei einemLeichtathletiksportfest in Zürichals erster Mensch die 100-Me-ter-Strecke in 10,0 Sekunden.

25.6.Durch einen 3:2-Sieg überden 1. FC Köln wird der Hambur-ger Sportverein Deutscher Fuß-ballmeister.

9.8. Das Jugendarbeitsschutz-gesetz tritt in der Bundesrepu-blik inKraft. DasMindestalter füreine Beschäftigung wird auf 14Jahre festgelegt, Akkord- undFließbandarbeit für Jugendlichewerden verboten.

18.8. In einem HamburgerNachtclub tritt die Band TheBeatles erstmals außerhalbGroßbritanniens auf.

12.9. Nach dem Tod vonWil-helm Pieck wird das Amt desStaatspräsidenten abgeschafftund durch ein kollektives Staats-oberhaupt, den Staatsrat derDDR, ersetzt. ErsterVorsitzenderwirdWalter Ulbricht.

Durchbruch in Hamburg: DreiBeatles (George Harrison, Stu-art Sutcliffe und John Lennon).

wurde der Standort Pommern-kaserne genannt. Die größteEinheit war das Panzergrena-dierbataillon 62. In Spitzenzei-ten waren über 1500 Soldatenin der Kaserne, die im Juni 2008von der Bundeswehr verlassenwurde. (awe) Foto: nh

Herrmannübergabdie Kaserneim Gasterfelder Holz ihrer Be-stimmung. Am Abend erlebtentausende den Großen Zapfen-streich auf dem Sportplatz ander Liemecke. Mitte Juni wurdeRichtfest für 18 Häuser mit 74Wohnungen gefeiert. Erst 1963

Panzerbataillons 54 (später 64)von Wetzlar in die neu einge-richtete Kaserne nach Wolfha-gen an. Der gemeinsame Wegdes Panzerbataillons 64 undder Stadt Wolfhagen begann.Unser Foto entstand beim Ap-pell am 5. April. Generalmajor

Ein Befehl der 2. Panzergrena-dierdivision schaffte am 24. Fe-bruar 1960 die Grundlage fürdie Gründung der Bundes-wehrgarnison Wolfhagen. Die-ser Befehl ordnete die Verle-gung der Panzerjägerkompa-nie 50 von Marburg und des

Soldaten ziehen inWolfhager Kaserne ein

Fabrikkrankenkasse, unter-hält die WalderholungsstätteKragenhof, ermöglicht einebeitragsfreie Unfall ersiche-rung, richtet eine In aliden-Wit en- und Waisenkasseein. Es gibt eine Henschel-Schule für Kleinkinder, derChor hat einen eigenenÜbungsraum, und man kannsich in einer Henschel-Badean-stalt aschen. Ein Wannen-bad kostet 15 Pfennig – halb soiel ie in den städtischen Bä-

dern. Und Henschel baut fürseine Arbeiter in Kassel Woh-nungen, die sie sich auch leis-ten können.

Mit dem Ersten Weltkriegird Henschel ur Rüstungs-

schmiede. Man baut das Werk

VON FRANK THON I CK E

KASSEL. Im Jahr 196 bestehtein Unternehmen, das u Kas-sel gehört ie der Herkulesoder die Fulda, seit 15 Jahren:Henschel.

181 ar es, als der Glo-ckengießer Georg ChristianCarl Henschel und sein SohnJohann Werner, ein Bildhau-er, eine kleine Gießerei grün-den. Sieben Jahre später steigtCarl Anton, der Ober-Bergin-spektor ist, in die Firma ein.

Damit ist der Weg u einerder größten und ichtigstenMaschinenbaufirmen dieserZeit frei. Carl Anton Henschelist ein genialer Erfinder undent ickelt neuartige Dampf-kessel und Turbinen.

Sein Sohn Georg Ale anderCarl Henschel startet 184schließlich den Lokomoti -bau. Die Nummer 1, der „Dra-che“, erließ 1848 die Fabrik.

Alles für die Arbeiter

Die e pandierende Firmaachtet darauf, dass es den Ar-beitern gut geht. Henschelahlt Spit enlöhne, hat eine

Der Drache dampfte schon 1848Die Henschel-Werke werden 150 Jahre alt – Der Lokomotivbau läuft wieder

Mittelfeld für den Geschüt -bau. Die Rüstungsproduktionläuft auf Hochtouren. Parallelur Rüstungsprodution läuft

der Lokbau. Henschel liefertder Reichsregierung 798 Feld-bahn-Lokomoti en. 1917 er-lässt die erste so genannteKriegs-Einheitslok das Werk.Die Baureihe umfasst insge-samt 433 E emplare.

Nach dem Ende des Kriegesmuss Henschel die Rüstungs-maschinen auf Druck der Sie-germächte erschrotten. Manin estiert in den Lokbau, er-richtet ein eigenes Dampf-kraft erk und eine Gießerei.

1922 erreicht die Beschäfti-gungs ahl ihren Höchststand– es gibt in Kassel 1 773 Hen-schelaner. Ab 1925 erden imWerk Mittelfeld Last agenund Busse hergestellt.

Die Welt irtschaftskrisetrifft Henschel hart. 1931 irddie Arbeit eingestellt, dochkur danach startet man neu.

Der Z eite Weltkriegbringt ieder Rüstungsaufträ-ge – usammen mit Porsche

erden sch ere Pan er ge-baut. Im Jahr 1942 beschäftigtHenschel 6 Z angsarbei-ter.

Ziel der Bomber

Natürlich ar die Rüstungs-schmiede ein ichtiges Zielfür die Bombenangriffe der Al-liierten. Die Werke urdenfast ollständig erstört.

1946 bekam man schließ-lich die Erlaubnis, kleine In-dustrielokomoti en u bauenund beschädigte Last agen ureparieren. Ab 1948 urden

ieder größere Loks gebaut,und 1961 übernahm Henscheldie Diesellokfertigung der Ma-schinenfabrik Esslingen.

Drache hieß die erste Lokomo-tive von Henschel. Sie wurdean die Hessische Friedrich-Wil-helms-Nordbahn ausgeliefert.

Unwetter tobt über HombergBäume entwurzelt – Viele Dächer beschädigt – Stromzufuhr unterbrochen

HOMBERG. Menschen flüch-ten in Kellerge ölbe, ein Wir-bel ind beschädigt ahlreicheDächer, der Regen schießt inStrömen die Straßen entlang,mannsstarke Äste on jahr-hundertealten Bäumen er-den abgerissen: Über demHomberger Land ütet am 3 .Juli ein unge öhnlich sch e-res Un etter.

Frei illige Feuer ehr,Technisches Hilfs erk undiele Helfer aus der Be ölke-

rung gingen un er üglich andie Arbeit, um als erstes dieDurchgangsstraßen ieder

frei u machen. „Die Alarmsi-renen konnten nicht betätigt

erden, da die Strom ufuhrdurch Kur schluss unterbro-chen ar“, heißt es in einemZeitungsbericht der Hessi-schen Nachrichten.

Der Schaden in der Land-irtschaft ar unächst nicht

ab uschät en. In den Flurender Umgebung lag das Getrei-de am Boden, an den Waldrän-dern, o der Sturm gute An-griffspunkte hatte, knicktendie Bäume ie Streichhöl erum oder urden mitsamt demWur elstock ausgerissen. In

Lüt el ig urden Dächer ab-gedeckt.

In der Homberger Klinikund ielen anderen Häusernstanden die Keller unter Was-ser. Erheblicher Schaden ent-stand auch am Dach der Hom-berger Stadtkirche, das erst inder Vor oche reno iert or-den ar. Viele Mopeds undMotorräder hatte der Sturmumge orfen und beschädigt.

Als Wunder kann es be-eichnet erden, dass durch

die ahlreichen Blit einschlä-ge kein offenes Feuer ent-stand. (ula)

WITZENHAUSEN. Im Zugedes so genannten Mühlen-Stilllegungsgeset es musstedie Rit -Mühle in Wit enhau-sen ihren Betrieb einstellen.Sie ar die mit eitem Ab-stand größte Mühle in Nord-hessen und nach den beidenGroßmühlen im FrankfurterMainhafen die drittgrößteMühle in Hessen. So lagen fastüber Nacht 85 Paar Mahl al-en mit einer Kapa ität on

25 Zentnern Getreide täg-lich still. Und 85 Mitarbeiterstanden auf der Straße. 1977

urde die Mühle schließlichabgerissen. (sff)

Größte Mühlemuss schließen

KASSEL. Im Jahr 1959 ar dasKasseler Brüder-Grimm-Mu-seum gegründet orden. ImJanuar 196 ar es dann so

eit: In Gebäude der Murhard-schen Bibliothek der StadtKassel urde das Museum mitE ponaten u Leben undWerk der Märchensammlerund Sprachforscher Jacob undWilhelm Grimm eröffnet. EinErfolg der Bemühungen derBrüder-Grimm-Gesellschaftund ihres Präsidenten, des Bä-renreiter-Verlegers Karl Vöt-terle.

Das Museum, das sich in ge-meinsamer Trägerschaft onBrüder-Grimm-Gesellschaftund Stadt Kassel befindet, ogdann im Jahr 1972 um ins Pa-lais Belle ue, o es sich bisheute befindet. In Zukunft sollauf dem Kasseler Weinbergein neues Grimm-Museumentstehen, das eine Märchen-

elt einschließt. ( .f.)

Ein Museumfür dieBrüder Grimm

Domizil für Grimms: Die Mur-hardsche Bibliothek. Foto: Koch

Dienstag, 24. Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 6069489

Page 13: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1961 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Kassel. 727 Arbeitslose, aber5000 offene Stellen sind im Be-zirk des Arbeitsamts Kassel ge-meldet. Viele Lehrstellen blei-ben unbesetzt.

Hofgeismar. Die Fertigstellungder B 7-Ortsumgehung fürWestuffeln und ObermeiserbringteineVerkehrsberuhigung.

Kassel. Die AEG eröffnet eineneue Produktionshalle in Bet-tenhausen. Über 1000 Men-schen finden dort Arbeit.

Korbach. Ein Bundeswehr-Star-fighter stürzt aus 12 000 MeterHöhe ab. Die beiden Piloten ret-ten sich mit dem Schleudersitz.Kurz bevor ein Zug in den Bahn-hof einfährt, prallen die Jet-Trümmer am Bahndamm auf.

Kassel. In allenWagen der KVGgilt jetzt absolutes Rauchverbot– nicht wegen der Gefahren fürdie Gesundheit, sondern wegender vielen Brandlöcher in derKleidung der Fahrgäste.

Ziegenhain. Der Kreistag be-schließt, in Ziegenhain ein Kran-kenhaus zu bauen. Es ist dasgrößte Bauprojekt in der Ge-schichte des Schwalmkreises.

Kassel. 24 000 Besucher kom-men zur Erfinder- und Neuhei-tenausstellung in die Stadthalleund bestaunen Nützliches wiedas aufblasbare Pannenwarnge-rät, aber auchmanch kurioseIdee wie eine Kombination ausEierkocher und Brotröster.

Kassel. Autos raus: Die ObereKönigsstraße zwischen Fünffens-terstraße und Königsplatz wirdFußgängerzone.

KASSEL. Eine bahnbrechendeErfindung beginnt 1961 inKassel ihren Sieges ug durchdeutsche Innenstädte: dieParkscheibe. Vater dieses Ge-dankens ist der damalige Poli-eipräsident und spätere Bür-

germeister Hein Hille. „Mitder Parkkontrollscheibe solldie Verkehrskrankheit desDauerparkens bekämpft er-den“ ermeldet die HessischeAllgemeine. Die Scheibe, eine14 mal 14 Zentimeter große,drehbare Zeigerscheibe, irdgut sichtbar hinter der Wind-schut scheibe angebracht undgarantiert unächst eine, spä-ter sogar ei Stunden kosten-loses Parken. (chr)

Parkscheibe in

Kassel erfunden

... und die Welt

12.4. Der sow-jetische Kos-monaut Juri Ga-garin (Foto)startet als ers-ter Mensch insWeltall.

17.-20.4. In der kubanischenSchweinebucht scheitert einevom amerikanischen Geheim-dienst CIAgeplante Invasion vonExilkubanern.

30.10. Die KPdSU beschließt,den Leichnam des 1953 gestor-benenDiktators Josef Stalin ausdemMausoleumamRoten Platzin Moskau zu entfernen.

27.10. Am Berliner Sektoren-grenzübergang CheckpointCharlie stehen sich erstmalsamerikanische und sowjetischePanzer gegenüber.

7.11. Konrad Adenauerwirdzum vierten Mal zum Bundes-kanzler gewählt.

15.12. Der ehemalige SS-Ober-sturmbannführer Adolf Eich-mannwird in Jerusalemals einerder Organisatoren des Völker-mordes an den europäischen Ju-den zum Tode verurteilt.

ChronikDeutschland

4.1. Der letzte Band desDeut-schenWörterbuchs der BrüderJacob (1785-1863)undWilhelmGrimm(1786-1859),dievor123Jahren mit der Arbeit begonnenhatten, wird fertiggestellt.

3.4. Die ersten Kriegsdienstver-weigerer treten den Zivildienstan.

17.6. In Bayern liefert nach dreiJahren Bauzeit das erste deut-sche Atomkraftwerk Strom.

24.6. Der 1. FC Nürnbergwirdnach einem 3:0-Sieg über Borus-sia Dortmund Deutscher Fuß-ballmeister.

28.6. Der Bundestag beschließteine Änderung des Familien-rechts. Scheidungenwerden absofort schwerer.

1.7. Die Banken führen die Fünf-Tage-Woche ein. Samstags blei-ben die Schalter geschlossen.

13.8. Bewaffnete Volkspolizis-ten der DDR riegeln Ost-BerlingegenWest-Berlin ab. DerMau-erbau beginnt.

5.9. In der DDR beseitigen FDJ-Mitglieder alle nachWesten aus-gerichteten Fernsehantennen.

17.9. Bei den Bundestagswah-len verlieren CDU/CSU (45,3Prozent) die absolute Mehrheit.

Teilung: Der Mauerbau trenntOst undWest für 28 Jahre.

ten die Autos zweispurig in bei-de Richtungen fahren. Lärm-probleme gab es anfangs nicht,erinnert sich Erika Semler ausBergshausen. Die Brücke standdamals außerhalb des Dorfes,und der Verkehr war gering.(hog) Foto: Geschichtsverein Fuldabrück/nh

Schlosser in luftiger Höhe ar-beitete. Bei einem Arbeitsun-fall stürzten zwei Arbeiter trotzSicherung in den Tod. Die Brü-cke hatte nur einen Fahrstrei-fen pro Richtung. 1971 wurdeein zweites Brückenbauwerkdaneben gesetzt, dann konn-

Meter Höhe über die Fuldaspannt; 1962wurde die Brückeeingeweiht. Die Bauarbeitenwaren schwierig. Beim Einbaueines tonnenschweren Stahl-trägers senkte sich die Brückeum einenMeter, berichtet Her-bert Wehrmann (67), der als

Im Zuge des Autobahnbausentschiedman sich für den Baueiner Stahlfachwerkbrücke beiBergshausen. 1959 wurde mitdem 700 Meter langen Bau-werk begonnen. Unser Foto ausdem Jahr 1961 zeigt die fastfertige Brücke, die sich in 55

Die Bergshäuser Brückewird errichtet

Zoll und Gren schut hat-ten auf estlicher Seite iel utun, um um Beispiel Konflik-te on Gren besuchern mitden DDR-Organen u erhin-dern. „Wir schafften es alleinnicht, sondern mussten Kolle-gen on der internationalenGren e hin u iehen“, erinner-te sich der frühere Leiter desZollgren kommissariats Wit-enhausen, Albert Nickel.Bis eit in die 195 er-Jahre

hinein aren die Vopos ausdem Eichsfeld noch häufigGäste bei der Kirmes in hessi-schen Gren dörfern. Auch die-se Episode urde mit demMauerbau beendet.

Der Esch eger Landrat Ei-tel O. Höhne (SPD) appelliertean die Parteien, den Wahl-kampf im Gren kreis u be-schränken: „Jet t heißt es u-sammenstehen.“ Das Wit en-häuser Erntefest, das stets imAugust gefeiert ird, sollteum Bekenntnis für Deutsch-

land erden.Nach Zeitungsberichtenurde bei Linde erra erst-

mals ein Pan erspäh agen ander Zonengren e gesehen.Und bei Wartha flüchtete eineReichsbahnerin im Bremser-häuschen eines Zuges in denWesten: Sie og in Herleshau-sen die Notbremse.

ringen Berührungsdruck. Ka-men bis 1961 noch täglichFlüchtlinge aus der DDR in dieKreise Esch ege und Wit en-hausen, urden dies mit demAusbau der Gren sperranla-gen immer eniger. Allein amWochenende 16./17. Juli tra-fen im hessischen Notaufnah-melager Gießen 15 Men-schen aus der DDR ein.

Die Welt hielt den Atem an,als in der Nacht um 13. Au-gust 1961 in Ost-Berlin dieBauarbeiter akti urden. DieLage ar gespannt, aber ru-hig, berichteten die Lokal ei-tungen aus dem östlichen Hes-sen.

VON W E RN ER K E L L E R

WITZENHAUSEN. Es ar e-nige Wochen nach dem 13.August 1961: Im thüringisch-hessischen Gren gebiet ge-genüber den damaligen Krei-sen Esch ege und Wit enhau-sen rückten DDR-Arbeitskom-mandos an. Unter scharfer Be-

achung begannen sie damit,Hol beobachtungstürme undStacheldraht äune in drei Li-nien u set en.

Denn die mittler eile eitfortgeschrittene AbriegelungOst-Berlins ar das Signal da-für, nun auch an der Gren eu Westdeutschland mit dem

Ausbau u beginnen. Bis dahingab es nur einen ehn Meterbreiten Kontrollstreifen undeinen einfachen Draht aun:Der Ackerstreifen diente da u,die Spuren on Flüchtlingenu erkennen.

Tote und Verletzte

Das Gelände ischen demeiten und dritten Zaun ur-

de nun im Raum Neuseesen/Bornhagen ermint. Die Arbei-ten forderten nach den Auf-eichnungen der bundesdeut-

schen Gren behörden Toteund Verlet te. Denn die Bo-denminen reagierten auf ge-

Flucht im BremserhausMauerbau 1961 in Berlin war Signal für die Befestigung der Zonengrenze

Komplett getrennt: Mit mehreren Zäunen riegelte die DDR die Grenze nach Hessen ab, hier ein Blicküber die gesprengteWerrabrücke ins thüringische Dorf Lindewerra. Archivfoto: Stadtarchiv Witzenhausen

tung und Lagerhäuser befin-den sich jedoch in Melsungen.

Das Geschäftsgebiet um-fasst seiner eit Stadt undLandkreis Kassel so ie dieKreise Melsungen, Frit lar-Homberg, Wolfhagen undHofgeismar. Insgesamt gehö-ren der neuen nordhessischenEdeka 7 Ein elhändler an.Et a die Hälfte ihres Gesamt-umsat es on 84,5 Millionen

MELSUNGEN/KASSEL. DerWettbe erb im regionalenEin elhandel nimmt u, derRationalisierungsdruck beiden Kaufleuten ächst. Des-halb schließen sich die Genos-senschaften Edeka Kassel undEdeka Hessenring MelsungenMitte Februar 1961 ur EdekaNordhessen usammen. Dieneue Großgenossenschaft hatihren Sit in Kassel, Ver al-

Stolz auf 400 TiefkühltruhenIm Februar fusionieren die Edeka-Organisationen in Melsungen und Kassel

Mark machen sie mit Lebens-mitteln und anderen Waren,die sie on Melsungen ausüber ihren Einkaufs usam-menschluss be iehen.

Damals noch längst nichtselbst erständlich: Die EdekaNordhessen ist stol auf insge-samt 4 Tiefkühltruhen, dieim Genossenschaftsgebiet füreine geschlossene Waren-Kühlkette sorgen. (as )

Markenzeichen im Wandel:Dieses alte Edeka-Logo wurde1965 durch das heute bekann-te blaue E auf gelbem Grund inBlockschrift abgelöst. Repro: nh

Mitt och, 25. Mär 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 6069489

Page 14: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1962 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

... und die Welt

3.7.Mit dem Abkommen vonÉvian-les-Bains endet nach achtJahren der Algerienkrieg. DasLand wird von Frankreich unab-hängig.

5.8. Die US-Filmschauspie-lerinMarilynMonroe (Foto)wird in ihrerWohnung inLos Angeles totaufgefunden.

22.-28.10. Kuba-Krise: Die USAfordern den Abbau aller sowjeti-schen Raketen und Abschuss-rampen auf Kuba. Die USA unddie Sowjetunion stehen kurz voreinem Krieg, der erst durch denendgültigen Abbau der Raketenverhindert wird.

ChronikDeutschland

20.1. Die deutsche Erstauffüh-rung des Dramas Andorra vonMax Frisch findet in Düsseldorf,Frankfurt und München statt.

7.2. Bei einer Schlagwetter-Ex-plosion in der Grube Luisenthalbei Völklingen im Saarland kom-men 300 Bergleute ums Leben.

17.2. Norddeutschland wirdvon der schwersten Flutkata-strophe seit 1855 heimgesucht.330 Menschen sterben.

22.3. Die DDR-Regierung führtfür Bundesbürger den Visum-zwang ein.

12.5. Der 1. FC Kölnwird mit ei-nem 4:0-Sieg über Titelverteidi-ger 1. FC Nürnberg DeutscherFußballmeister.

10.6. Bei der Fußball-WM in Chi-le scheidet Deutschland im Vier-telfinale nach einer 0:1-Nieder-lage gegen Jugoslawien aus.Weltmeister wird Brasilien.

13.7.Die täglicheWerbezeit imFernsehenwird auf 20 Minutenbegrenzt.

17.8. Bei einem Fluchtversuchüber die BerlinerMauerwirdder18-jährige Ost-Berliner Bauar-beiter Peter Fechter von DDR-Volkspolizistenangeschossen.Erverblutet qualvoll.

26.10. Beginn der Spiegel-Affä-re. Im Auftrag der Bundesan-waltschaft durchsucht die Poli-zei die Redaktionsräume desNachrichtenmagazinsDer Spie-gel. Herausgeber Rudolf Aug-stein wird wegen Verdachts aufLandesverrat 103 Tage inhaf-tiert.

14.11. Eröffnung des Ernst-Bar-lach-Museums in Hamburg.

12.12. Premiere des FilmsDerSchatz im Silbersee nach demRoman von Karl May .

14.12.GründungderdeutschenWelthungerhilfe.

Sturmflut anderNordsee: VieleDeiche brechen. Foto: Archiv

spricht im Bundestag von ei-nem „Abgrund von Landesver-rat“, Strauß hingegen beteuertzunächst, mit der Sache nichtszu tun zu haben. Auf Druck derFDP-Minister im Kabinett ver-liert Strauß schließlich seinAmt. (hpo) Foto: HNA-Archiv

Zustand der Bundeswehr aus-einandergesetzt. Spiegel-Bürosin Hamburg und Bonn wurdendurchsucht und wochenlangbesetzt. Auf Veranlassung vonStrauß wurde Ahlers im Spa-nien-Urlaub verhaftet. Bundes-kanzler Konrad Adenauer

rausgebers Rudolf Augstein so-wie mehrerer Redakteure un-ter der Beschuldigung des Lan-desverrats. In dem Artikel „Be-dingt abwehrbereit“ hatte sichConrad Ahlers kritischmit Bun-desverteidigungsministerFranz-Josef Strauß und dem

Die „Spiegel-Affäre“ beschäf-tigt auch Kasseler Gymnasias-ten: Einige hundert Schüler be-teiligen sich im November aneiner Demo in der Königsstra-ße für den Erhalt der Pressefrei-heit. Vorausgegangen war dieVerhaftung des Spiegel-He-

Schüler demonstrieren für Pressefreiheit

Gefeierte Stars des deutschenFilms drehten im Juni 1962in Schrecksbach: CorneliaFroboess, Georg Thomallaund Peter Weck kamen zuAußenaufnahmen für eineVerfilmung der Operette „DerVogelhändler“ ins SchwälmerDörfchen Schrecksbach.

Zwar war das Wetter fürdie Filmaufnahmen günstig,aber die Geduld des Regis-seurs Geza von Chiffra und sei-ner Kameraleute wurde aufeine harte Probe gestellt:Häufig störten Geräusche ausder großen Zuschauermengedie Aufnahmen, so dass man-che Szene bis zu fünfmal wie-derholt werdenmusste.

Vor allem ConnyFroboess, auf unserem Zei-tungsausriss mit ihrem Kolle-gen PeterWeck zu sehen, wur-de während der Drehpausenvon jugendlichen Zuschauernum Autogramme bestürmt.(syg)

Conny und Peter drehen in der Schwalm

ti . Vom 15. Juli bis um 3 .No ember 1946 ar Dr. Kon-rad Gumbel in der Verfas-sungsberatenden Landes er-sammlung für Groß-Hessen tä-tig, und om 1. De ember1946 bis um 3 . No ember1954 ertrat er die SPD alsLandtagsabgeordneter für

ei Wahlperioden. Damitar der blinde Politiker auf

dem Höhepunkt seiner Karrie-re angelangt.

Nach seinem Ausscheidenaus dem Hessischen Landtag1954 urde es ruhig um ihn.Gumbel starb 1962 in Gießen.Der Protestant ar erheiratetmit Margaretha Johanna Ida,geborene Sader.

irt und mit Doktore amenabschloss.

Später arbeitete Gumbel alsDo ent an Volkshochschulenund in Bildungseinrichtungender So ialdemokratie. 1945bekam er die Leitung des Gie-ßener Versorgungsamtesübertragen. Dabei kam ihmugute, dass er sich u or über

einen langen Zeitraum poli-tisch betätigt hatte. Vom 7.De ember 1931 bis um 7. Juli1933 ar Gumbel Landtagsab-geordneter.

Verfassung mit erarbeitet

Schon bald nach Kriegsendeurde der Mann aus Falken-

berg aber erneut politisch ak-

dung als Former. Als Soldat imErsten Weltkrieg urde ererlet t und kam erblindet

nach Hause.

Bildung war Voraussetzung

Konrad Gumbel gab jedochnicht auf. Stattdessen begannbald schon eine große politi-sche Karriere, die in ge isserHinsicht für die Arbeiterbe e-gung t pisch ar, denn Bil-dung ar Vorausset ung füralles. Grundlage des späterenAufstiegs bildete der Besuchder Marburger Blindenstu-dienanstalt und das anschlie-ßende Studium der Volks irt-schaft in Marburg und Gießen,das Gumbel als Diplom-Volks-

VON THOMAS SCHAT TN ER

FALKENBERG. Am 29. De em-ber 1962 starb der SPD-Politi-ker Dr. Konrad Gumbel. SeineKarriere beeindruckt und istfür ein armes nordhessischesDorfkind eher unge öhnlich:Konrad Gumbel aus Falken-berg bei Wabern (Sch alm-Eder-Kreis) urde om Kriegs-blinden u einem einflussrei-chen Landespolitiker in Hes-sen.

Geboren urde er am 2 .Oktober 1886 als Sohn desWagners Johann HeinrichGumbel in Falkenberg. Nachdem Besuch der Volksschuledurchlief Konrad eine Ausbil-

Blind und erfolgreichKonrad Gumbel – Eine beispiellose Karriere aus der Arbeiterbewegung

HOMBERG. Mäuse bedrohenWald und Flur. Die flinken Na-ger fressen die Felder kahl, un-terminierten Raine und Bö-schungen und laufen sogarWanderern ungeniert über dieFüße. Da u kommen ihre Ver-

andten, die Rötelmäuse(Foto). Die machen sich an diearte Rinde des Junghol es im

Wald. Sie schaffen es, bis ufünf Meter die Stämme hinaufu klettern. Eschen und Bu-

chen, Douglasien und Fichtenertrocknen reihen eise, eil

die Pflan en ohne Rinde keineMöglichkeiten haben, dasWasser u transportieren.

Allein im Homberger Stadt-ald sind fünf Hektar geschä-

digt – eine Fläche fast so großie sieben Fußballfelder. Mit

Gift für 1 Mark rücktman den Nagern im Staats-forst Homberg auf den Pel .(rbg)

Mäuseplagein Homberg

ChronikNordhessen

Kassel. Der Hauptvorstand derGewerkschaft Gartenbau, Land-und Forstwirtschaft (GLF) ver-legt seinen Sitz nach Kassel undbezieht das neue Hauptverwal-tungsgebäude in der Druseltal-straße.

Witzenhausen. Ab dem Früh-jahr wird am Riesenprojekt Ka-nalisation für die Stadt gearbei-tet. Bis dato waren lediglich 52Prozent derWohnhäuser ans Ka-nalnetz angeschlossen.

Kassel.AnderDamaschkestraßewird die dritte Brücke über dieFulda innerhalbdesStadtgebietsfür den Verkehr freigegeben.

Frankenberg. Die Burgwald-kaserne wird eingeweiht. Sieexistiert bis heute und beheima-tet das Bataillon ElektronischeKampfführung.

Arolsen. Fürstin Bathildis zuWaldeck undPyrmont, dieletzteregierendwaldeckischeFürstin, stirbtam 6. April imAlter vom 67Jahren in Arol-

sen. Eine Ära geht damit zu Ende.

Kassel.DasersteBürgerhausderStadt, das Philipp-Scheidemann-Haus, wird in der Nordstadt ein-geweiht.

Kassel. Im Hessenkolleg wirdder Unterricht aufgenommen.

Waldeck. Binnen weniger TagefahrenzweiAutos indenEderseeund versinken. Sieben Insassenertrinken – einmal zwei vonsechs, dann alle fünf Personen.

Kassel. Der KSV Hessen schafftden Aufstieg in die Fußball-Oberliga Süd.

Kassel. Die Kreuzung Holländi-scher Platz ist fertig. 26 Häusermit 59Wohnungen sowie 33 Fir-men und Geschäfte musstenweichen.

Donnerstag, 26. Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 15: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1963 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

... und die Welt

8.8.Beimbis dato größtenGeld-raub in der britischen Geschich-te, demÜberfall auf den PostzugGlasgow-London, erbeuten 15Männer umgerechnet 30 Millio-nen DM. Die meisten Täter wer-den schnell gefasst.

22.11.Beieiner Fahrt imoffenenWagen durch Dallas/Texas wirdUS-Präsident John F. Kennedyerschossen. Der mutmaßlicheTäter Lee Harvey Oswald wirdkurz darauf festgenommen undzwei Tage später selbst von ei-nem Nachtclubbesitzer erschos-sen. Die Spekulationen ummög-liche Hintermänner des Atten-tats dauern bis heute an.

ChronikDeutschland

20.2. In der Freien VolksbühneinWest-Berlin wird Rolf Hoch-huths DramaDer Stellvertreteruraufgeführt. Es kritisiert diepassive Haltung des Vatikans ge-genüberder Judenverfolgung imNS-Deutschland.

1.4. Das Zweite Deutsche Fern-sehen (ZDF) nimmt seinen Sen-debetrieb auf.

30.4. Die 963 Meter lange Feh-marnsundbrücke, die die InselFehmarn mit dem schleswig-holsteinischen Festland verbin-det, wird eröffnet.

10.5. In West-Berlin wird Jo-ghurt erstmals im Einweg-Kunststoffbecher verkauft.

23.-26.6. Staatsbesuch desamerikanischen PräsidentenJohn F. Kennedy in der Bundes-republik und inWest-Berlin. Sei-ne Rede vor dem Schöneberger

Rathaus beendet er auf Deutschmit denWorten: „Ich bin einBerliner.“

29.6. Borussia Dortmundwirdmit einem 3:1-Sieg über den1. FC Köln deutscher Fußball-meister.

15.7. Der SPD-Politiker EgonBahr formuliert in einer Rede inder Evangelische Akademie Tut-zing eine neue Konzeption derdeutschen Ostpolitik unter derDeviseWandel durch Annähe-rung.

15.10. Bundeskanzler KonradAdenauer tritt zurück, Wirt-schaftsminister Ludwig Erhardwird zu seinem Nachfolger ge-wählt.

1.11. In Lengede (Niedersach-sen) werden elf Bergleute zweiWochen nach dem Grubenun-glück lebend geborgen. DasWunder von Lengede ist die bis-her spektakulärste Rettungsakti-on in der Geschichte des Berg-baus.

17.12. Unterzeichnung einesPassierscheinabkommens zwi-schen der DDR und dem Senat,das den Besuch vonWest-Berli-nern in Ost-Berlin über Weih-nachten und Silvester regelt.

Heinrich Bölls(Foto) RomanAnsichten ei-nes Clowns isteines der erfolg-reichsten Bü-cher des Jahres.

„Ich bin ein Berliner“: John F.Kennedy, der fünf Monate spä-ter ermordet wird. Foto: ddp

kaufsfläche sind dort entstan-den, 700 Menschen finden inden 30 Verkaufsabteilungensowie der Verwaltung Arbeit.Und im autofreundlichen Kas-sel wird das Parkdeck mit 184Plätzen besonders begrüßt.(wet) Foto: privat

Frost unter schützenden Zelt-planen weiter. Am 8. Mai ist esso weit: Die Neckermann KGkann eines ihrer schönsten undgrößten Kaufhäuser eröffnen.Das Kaufhaus zieht vom Stän-deplatz ins Herz der Stadt.10 000 Quadratmeter Ver-

nachdem zuvor 12 000 Kubik-meter Trümmerschutt besei-tigt worden sind.

Durch den eiskalten Wintergestalteten sich die Bauarbei-ten besonders schwierig. Umdie Termine einhalten zu kön-nen, betonierte man auch bei

Die letzte Baulücke am Kasse-ler Königsplatz, dort, wo früherdie alte Hauptpost stand, wirdvom Deutschen Lloyd mit ei-nem betont modernen Stahl-beton-Zweckbau der BerlinerArchitekten Schwebes undSchloßberger geschlossen –

Neckermann zieht an den Kasseler Königsplatz

fern. Trot dem gelang es or-läufig nicht, eine Echo-Affäreu kreieren. Sämtliche Redak-

teure befinden sich ur eitnoch auf freiem Fuß.“ Chefre-dakteur ar damals der Schü-ler Rolf Mänken, heute ist erFachbereichsleiter in diesemG mnasium.

Kur e Zeit später aber be-klagte Clément bitterlich:„Unser Homberger Schulecho,or einem Jahr im Wettbe-erb mit allen hessischen

Schul eitungen preisgekrönt,hat sich auf den bereits er-

elkten Lorbeeren ur Ruhebegeben und ist sanft ent-schlafen.“ Schmer haft mach-te sich bemerkbar, dass einigeder Redakteure nach dem Abi-tur die Schule erlassen hat-ten.

Schuleiter Dr. HorstClément über seineneun Redakteure lo-bend: „Unbeirrt onaller Kritik, brachtendie Schülerredakteu-re das HombergerSchulecho eiter he-raus. Ihre fleißige undselbstständige Arbeitfand eine schöne An-erkennung.“

Wie stol der Direk-tor auf seine mitunterrebellische Redaktion

ar, da on eugtauch dieses Zitat: „Un-beirrt on aller Kritik

ar unsere Schul ei-tung eiterhin be-müht, dem eltbe-rüchtigten Vorbild(Spiegel) nach uei-

VON THOMAS SCHAT TN ER

HOMBERG. Das „Schulecho“der Homberger August-Vil-mar-Schule urde Ende 1962ur besten Schüler eitung

Hessens gekürt.Am 8. Januar 1963 aren

der Hessische Rundfunk unddie Tages eitung im heutigenTheodor-Heuss-G mnasiumu Gast. Stol präsentierten

die Mädchen und Jungen ihreSchüler eitung „Schulecho“.

Für dieses Blatt hatten sieden mit 3 DM dotierten 1.Preis eines Wettbe erbs deshessischen Er iehungsminis-teriums erhalten. Be orbenhatten sich Schulen mit 5Zeitungen. Bereits 1959 hat-ten die Homberger den 2. und1961 den 3. Preis erhalten.

Jubel über „Schulecho“Homberger Schülerzeitung gewinnt bei landesweitem Wettbewerb den ersten Preis

Das siegreiche „Homberger Schulecho“1963.

sche Roh- und Werkstoffepachtete Mannesmann dieGrubenfelder der Ge erk-schaft Christiane im Juli 1936für 25 Jahre und führte den Be-trieb unter dem Grubenna-men „Christiane“.

Bei einer Gesamtbeleg-schaft on 26 Personen (da-on et a 18 Mann unter

Tage) urden im Jahr 196fast 156 Tonnen Er miteinem durchschnittlichen Ei-sengehalt on 3 ,35 Pro entgefördert. Hierbei handelt essich um die höchste Jahresför-derung eines Grubenbetriebesim hessischen Eisener berg-bau seit 1918, die auch in derFolge eit nicht mehr übertrof-fen urde. Im Rahmen derStilllegung des gesamten in-ländischen Eisener bergbauson Mannesmann urde im

Re ier Martenberg am 16.April 1963 der let te mit ei-nem Kran geschmückte Wa-gen abge ogen und der Abbaueingestellt. (emr)

röhren-Werke um eine Ver-stärkung ihrer Er basis.

Da heimisches Eisener udieser Zeit ein begehrter Roh-stoff ar, konnten abbau ür-dige Vorkommen nur sch erer orben erden. Unter Ver-mittlung des Amtes für deut-

ters Bredelar und den begüter-ten Adelshäusern geregelt.

Seit dem Jahr 1935 bemüh-ten sich die gegenüber ande-ren Ruhrkon ernen nur übereine ergleichs eise geringeinländische Eisener grundla-ge erfügende Mannesmann-

ADORF. Nach 1,7 MillionenTonnen gefördertem Eisener

ar Schluss: Am 16. April1963 urde in der GrubeChristiane in Diemelsee-Adorfdie let te Förderschicht gefah-ren. Die Grube Christiane arnach dem Z eiten Weltkriegdie größte Eisener grube inHessen. Mit dem Ende des Er -abbaus nach 25 Jahren in derGrube Christiane ging auchdie Geschichte des Bergbausim Raum Diemelsee insge-samt u Ende. Diese reichtmindestens bis ins 13. Jahr-hundert urück. Am 5. Januar1273 urde die älteste Urkun-de über den Adorfer Eisener -bergbau ausgestellt. In dieserUrkunde ird das Schürfrechtim Raum Esbeck (Wüstung imAdorfer Raum, südlich des da-maligen Schachtes Webbel),Upspringe (das heutige Giers-hagen, Nachbarort auf estfä-lischem Boden) und Amesl th(das heutige Arnstein) i-schen den Feinden des Klos-

Letzte Förderschicht fuhr einIn der Grube Christiane bei Adorf wurde am 16. April der Eisenerz-Abbau beendet

Das Ende: Einmit einemKranz geschmückterHunt – ein Förderwa-gen im Bergbau – wurde bei der letzten Schicht aus dem Förder-korb des Adorfer Bergwerkes geschoben. Foto: Privat

ChronikNordhessen

Kassel. Amtsgericht, Landge-richt, Oberlandesgericht, Amts-anwaltschaft und Staatsanwalt-schaft nehmen ihre Tätigkeit indenneuenGerichtsgebäudenander Frankfurter Straße auf.

Rotenburg. DasWaldschwimm-badwird eingeweiht. Es hat über1,1 Millionen Mark gekostet.

Ziegenhain.MinisterpräsidentGeorg-August Zinn setzt denersten Spatenstich für die kreis-übergreifende Schwalmregulie-rung, mit der Überschwemmun-genvermiedenwerdensollen. Esgehört zudengrößtenProjektenderöffentlichenHand inHessen.

Kassel. NeuerOberbürger-meister wirdder bisherigeBürgermeisterKarl Branner(Foto).Er löst Lauritz

Lauritzen ab, der hessischer Jus-tizminister wird.

Treysa. Die Besitzer von Fern-sehgeräten in Treysa sind verär-gert: Das Zweite Programm istnicht zu empfangen. Abhilfe sollder neue Sender auf dem Rim-berg bringen.

Kassel. Im Februar liefern dieHenschel-Werke der DeutschenBundesbahn die bisher stärksteund schnellste dieselhydrauli-sche Lokomotive, die V 320mit4000 PS Motorleistung.

Witzenhausen. Die neuen Ge-bäude der Deutschen Landma-schinenschule (Deula) werdenihrer Bestimmung übergeben.

KASSEL.Mit einer Schussfahrtins Neue Jahr auf dem Schlit-ten begrüßen iele junge Leu-te das Jahr 1963, doch dieFreude über den Winter sollden Menschen bald ergehen:Die Schneemassen behindernden Verkehr derart, dass es uheftiger Kritik in der Öffent-lichkeit kommt und am 4. Ja-nuar die Bundes ehr einge-set t erden muss, um beimSchneeräumen in der Innen-stadt u helfen.

Tödliche Gasvergiftung

Doch es soll noch schlim-mer kommen. Als Gasrohrebrechen, stirbt ein Nordstadt-Be ohner an Gas ergiftung.

Klirrender Frost behindertdie Müllabfuhr, stellen eisebricht die Wasser ersorgungusammen. Grund sind nicht

geplat te Rohre, sondern leereSpeicher. Regen asser konntenicht durch den gefrorenenBoden dringen. Menschenmüssen in der Kälte an Tank-

agen anstehen.Eher Jubel er eugt dann

eine andere Maßnahme derStadt: Ab dem 22. Januar gibtes schulfrei, denn Kohlen sindknapp ge orden, und die Ze-chen an der Ruhr eigernsich, Kohle per Lk u schi-cken. Man set t dort auf dieBahn, aber die ist mit ihrenKapa itäten auch am Ende.

Als am 28. Januar 3 Ton-nen Kohle eintreffen, erdendie Schulen mit Ausnahmeder Berufsschulen ieder ge-öffnet. ( et)

Keine Kohle:

Eine Woche

schulfrei

Freitag, 27. Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 16: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1964 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikDeutschland

11.1. Nominierung der letztengesamtdeutschen Olympia-mannschaft für die Olympi-schen Spiele in Innsbruck undTokio.

15./16.2. Auf dem Sonderpar-teitagder SPDwirdWillyBrandtzum Vorsitzenden und Kanzler-kandidaten gewählt.

12./13.3. Die SED-Parteileitungder Ost-Berliner Humboldt-Uni-versität schließt Professor Ro-bert Havemannwegen kriti-scher Äußerungen aus demLehrkörper der Universität undaus der Partei aus.

9.5. Der 1. FC Kölnwird in derneuen Bundesliga deutscherFußballmeister.

1.7.Heinrich Lübke (CDU)wirdin Berlin erneut zum Bundesprä-sidenten gewählt.

10.9. In Köln trifft dermillionsteGastarbeiterein:DerPortugieseArmando Rodriguez (1926-1981) erhält bei seiner Ankunftein Moped als Geschenk.

16.9. Die Bundesregierung be-schließt die Gründung derStiftungWarentestmit Sitz inWest-Berlin.

31.10.Der Rationalisierungsver-band Ruhrbergbaumeldet 31Großzechen im Ruhrgebiet zurStilllegung an. In den folgendenWochen gehen Tausende vonBergleuten auf die Straße unddemonstrieren für den Erhalt ih-rer Arbeitsplätze.

28.11. Gründung der rechtsex-tremen Nationaldemokrati-schen Partei Deutschlands(NPD) in Hannover.

Im deutschen Fernsehen wirderstmals zu Spenden für geistigund körperlich behinderte Kin-der aufgerufen. Die AktionSorgenkind (heute: AktionMensch) wird zu einem großenErfolg.

Wiederwahl als Bundespräsi-dent: Heinrich Lübke

... und die Welt

25.2. Der erst 22-jährige US-Amerikaner Cassius Clay (Foto),

der sich nachseinem Über-tritt zum Is-lamMuham-mad Ali nen-nen wird, er-kämpft gegenSonny ListondenTiteleines

Boxweltmeisters im Schwerge-wicht.

1.6. Gründung der Palästinensi-schen Befreiungsorganisation(PLO), deren erklärter Gegnerder Staat Israel ist.

4./5.8.NachUS-Angaben habennordvietnamesische Kriegsschif-fe im Golf von Tongking zweiUS-Zerstörer angegriffen. DieserZwischenfallwird zumAnlass fürdie Bombardierung von Zielenin Nordvietnam durch US-Flug-zeuge genommen.

14.10. Der sowjetische Partei-und RegierungschefNikitaChruschtschowwird vom Zen-tralkomitee der KPdSU aller Äm-ter enthoben.

überhöhten Preisen in Rech-nung gestellt haben. 4Mark sollen so in seine Taschegeflossen sein.

Bereits ier Tage u or, am22. April 1964 hatten 5 Poli-isten in Kassel die Henschelei

durchsucht. Alle Mitarbeitermussten das Bürogebäude er-lassen, ährend Beamte Bergeon Akten sicherstellten.Frit -Aurel Goergen ar

1958 als Retter on Henschelnach Kassel gekommen. Dereigen illige und ego entri-sche Goergen ar ein renom-mierter Wirtschaftsboss – u-or hatte er die Phoeni -

Rheinrohr AG geleitet, dasgrößte Hütten erk an derRuhr, und er ar Generalbe-ollmächtigter des Oetker-

Kon erns. Henschel befandsich 1958 in einer sch ierigenLage. Die Banken fürchteten

VON FRANK THON I CK E

KASSEL. Es ar der 26. April1964, und Henschel-ChefFrit -Aurel Goergen hatte essich un eit des Kan lers Kon-rad Adenauer bequem ge-macht. Beide nahmen an ei-nem Bankett in Hanno er teil.Adenauer mochte Goergen –schließlich ählte er u denKapitänen des deutschenWirtschafts unders ie MaGrundig, Helmut Horten undJosef Neckermann. Nichts undniemand schien Goergen et-

as anhaben u können.Doch da erschienen plöt -

lich Kriminalbeamte und nah-men den Henschel-Boss omBankett eg fest. Der Vor-

urf: Goergen soll Ersat teilefür Pan er der Bundes ehraus Ne York importiert undsie der Bundesregierung u

Krimi um Henschel-ChefFritz-Aurel Goergen wurde spektakulär verhaftet und erst Jahre später rehabilitiert

um ihr Geld und hatten Goer-gen geholt. Er bekam dafür27,5 Pro ent der Henschel-Ak-tien u niedrigem Preis.

Goergen hatte in Kasselschnell Erfolg. Lag der Hen-schel-Umsat 1958 noch nochbei 193 Millionen Mark, so a-ren es drei Jahre später schon5 Millionen. Goergen baute

Henschel om reinen Lok- undLk -Werk u einer Sch erma-schinenfabrik um.

Z ei Monate nach seinerFestnahme urde Goergen imJuni 1964 gegen eine hoheKaution aus der Haft entlas-sen. Der Kapitän des Wirt-schafts unders hatte onDeutschland die Nase oll. Ererkaufte seinen Henschel-An-

teil für fast 6 Millionen Markan die Rheinischen Stahl er-ke Essen und og in dieSch ei .

Erst 1969 erhob man Ankla-ge gegen Goergen egen Be-trugs und Untreue. 1974 ur-de das Verfahren auf Kostender Staatskasse eingestellt –faktisch ein Freispruch.

Frit -Aurel Goergen starbam 4. No ember 1986 im Alteron 77 Jahren in Cologn bei

Genf.

Fritz-Aurel Goergen Foto: Lengemann

28. Juni 1964: Der Blick auf dieTabelle der Bundesliga-Auf-stiegsrunde ist ernüchternd.Mindestens mit vier Toren Un-terschiedmuss der KSV Hessenbei Hannover 96 gewinnen,wenn der Aufstieg noch klap-pen soll. Doch die Aufgabe istfür Nolte, Vollmer, Istel, Michel,Dittel, Alt, Assmy, Fritzsche,Kuster, Jendrosch und Burjanzu schwer. Mit einem 3:1 si-chert sich Hannover den Auf-stieg. Zwar hatte der KSV die1:2-Auftakt-Niederlage gegenHannover schnell verkraftetund das erste Auswärtsspiel inAachen 4:2 gewonnen, aberschon beim zweiten Heimspielfiel die Vorentscheidung gegendie Löwen. Gegen den FK Pir-masens gab es ein 1:4. Siege inPirmasens (4:2) und zuhausegegen Aachen (2:0) verbesser-ten die Lage nicht, weil sichHannover keine Blöße mehrgab. – Unser Foto: Peter Jen-drosch (links) trifft beim 4:2 inPirmasens. (geb) Foto: nh

KSV Hessen verpasst den Aufstieg in die Bundesliga

massiven Skulpturen geschaf-fen. Unser Archivfoto zeigt sei-ne „Automobile Skulptur“. Kra-merwar später Professor in Kas-sel und ist Begründer der Künst-ler-Nekropole. (w.f.)

Art undkinetischen (bewegten)Kunst gewidmet war. Der da-mals in Paris lebende KünstlerHarry Kramer hatte mit seinenObjektenausEisendrahtGegen-modelle zu den glatten und

leitet wurde sie wieder vomdo-cumenta-Gründer Arnold Bodezusammen mit Werner Haft-mann. Eine besondere Attrakti-onwar die Abteilung „Licht undBewegung“, die der jungen Op-

Bei der documenta 3, die vom27. Juni bis 5. Oktober 1964 inKassel ihre Tore öffnete, wurdewieder ein Besucherrekord er-zielt: 200 000 Menschen sahendie Weltkunstausstellung. Ge-

Die Kunst geht neueWege auf der documenta 3

TOKIO. Der Kasseler KlausLehnert tritt am 17. Oktober1964 gan entspannt umStabhochsprung-Wettbe erbbei den Ol mpischen Spielenin Tokio an. „Ich hatte mir garnichts ausgerechnet und arentsprechend locker“, erklär-te der damals 26-Jährige spä-ter. Doch der Mann, der sichals Außenseiter fühlt, holtsich die Bron emedaille undist damit der erste KasselerMedaillenge inner bei Ol m-pischen Spielen.

Die on Lehnert über-sprungenen fünf Meter ur-den nur om amerikanischenOl mpiasieger Fred Hansenübertroffen, der 5,1 m über-querte. Der Göppinger Wolf-gang Reinhardt, der Silber ge-

ann, schaffte ebenso ieLehnert fünf Meter.

Klaus Lehnert ar auchnach seiner Stabhochsprung-Karriere erfolgreich und ur-de Hochschullehrer an derUni ersität Kassel im BereichSport issenschaften. (geb)

KasselerKlaus Lehnertzgewinnt Bronze

Strahlend in Tokio: Stabhoch-springer Klaus Lehnertz.

ChronikNordhessen

Kassel.Hessen feiert seinen700.Geburtstag beim dreitägigenHessentag in Kassel. Die Promi-nenz geht zum feierlichen Fest-akt ins Große Haus des Staats-theaters, die Bevölkerungströmt inScharenzumMusikfestder „Gemeinschaft der Vier Na-tionen“ im Auestadion. Und200 000 Zuschauer sehen densiebenKilometer langen Festzugdurch die Innenstadt.

Baunatal. Altenbauna, Kirch-bauna und Altenritte schließensich zur Gemeinde Baunatal zu-sammen.

Treysa.Die beliebte Fernsehsen-dung „Zum Blauen Bock“ wirdaus Treysa übertragen.

Kassel. 15 000 Sänger feiern inKassel den 125. Geburtstag desMitteldeutschen Sängerbundes.

Witzenhausen.DieBahnstreckezwischen Kassel und Göttingenist elektrifiziert: Am 25.Septem-ber befährt der erste elektrischbetriebene Zug, der „Rheingold-Express“, mit Ehrengästen dieStrecke undmacht mittags InWitzenhausen Station.

Kassel. Der Neubau der Volks-hochschule in der Wilhelmshö-her Allee wird seiner Bestim-mung übergeben.

Niedermöllrich. Leichtathlet Jo-sef Klik aus Niedermöllrich beiWabern wird Deutscher Meisterim Diskuswerfen. 1954 hatte erdiesen Titel bereits im Kugelsto-ßen und1955 imZehnkampf ge-wonnen.

Samstag, 28. Mär 2 960 Jahre BundesrepublikBRD

e-paper für: 10216894

Page 17: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1965 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

KASSEL. Einen unge öhnli-chen Dienst treten Mitte Okto-ber Gisela Knauf, HeidemarieJacob und Isolde Germerothan. Als die ersten drei Poli ei-helferinnen Kassels, auch „Po-litessen“ genannt, sollen sie„Parkscheibensündern“ aufKur eitparkplät en „ on ar-ter Hand“ gebührenpflichtigeVer arnungen hinter dieScheiben ischer stecken,aber auch alten Leuten helfen,Kinder sicher über die Straßebringen und aus ärtigen Gäs-ten Auskunft erteilen.

Analog u den KasselerStadtfarben Blau und Weißsind eiße Bluse, blaues Kos-tüm und ein rundes Käppi ihreDienstkleidung.

Als Ledige im Alter on 25Jahren erdienen die Poli ei-helferinnen et a 6 Markund als Verheiratete 65 Markim Monat. (tos)

Knöllchen

von zarter Hand

Gisela Knauf ist eine der dreiersten Kasseler Politessen.

ChronikNordhessen

Kassel. Im wieder aufgebautenhistorischen Marstallgebäudewird erstmalsMarkt abgehalten.Die Fleischer undWurstmachersind vom Entenanger zunächstin das Obergeschoss eingezo-gen. Als sie nach einigen Mona-ten in das Erdgeschoss umzie-hen, ist Platz für die Obst- undGemüsehändler vom Königs-platz.

Treysa. Carl Freudenberg eröff-net ein Kunststoff-Industrie-werk.

Grebenstein.DasNeubaugebietRiethwegmit 315 Ein- undMehrfamilienhäusern entsteht.

Treysa. 1000 Soldaten aus Trey-sa machten mit bei Aufnahmenfür einen Film über die Bundes-wehr als „die modernste Artille-rie Europas“.

Kassel. Die KVG beginnt, dieSchaffner abzuschaffen. Entwer-tungsautomatenmachen inStraßenbahnen und Bussen nunihre Arbeit. 100 Schaffner verlie-ren ihren Job.

Kassel. Automatisch geht es abdem20.März imParkhaus in derNeuen Fahrt im Herzen Kasselszu. Dort wird die bundesweiterste elektronische Steuerungs-anlage in Betrieb genommen.Ampeln zeigen dem Autofahrer,ob in irgendeinem der fünfStockwerke noch ein Plätzchenfrei ist.

Kassel. Flutlicht für Fußballer:Begeistert können Spieler, Trai-ner und Vereinsmitglieder desCSC 03miterleben, wie die 24ScheinwerferdererstenKasselerFlutlichtanlage den roten Bo-denbelag des Hartplatzes an derJahnstraße in 24 000Watt star-kes Licht tauchten.

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

... und die Welt

24.2. Der DDR-Staatsratsvor-sitzende und ParteichefWalterUlbricht (Fo-to) trifft zu ei-nem Staatsbe-such in Kairoein, wo er undseine Frau Lot-te mit allenEhren emp-fangen wer-den. Der Besuch ist die erste Rei-se Ulbrichts in einen Staat au-ßerhalb desWarschauer Paktes.

18.3. Der sowjetische Kosmo-nautAlexej Leonow (geb. 1934)schwebt als erster Mensch 20Minuten frei imWeltraum.

17. 12. In bundesdeutschen Ki-nos startet der James-Bond-Film„Feuerball“ mit Sean Connery(geb. 1930) in der Hauptrolle.

ChronikDeutschland

29.1.DieNRW-Landesregierungstellt den so genannten Smog-Plan auf. Danach kann bei Smog-Gefahr der private Kraftfahr-zeugverkehr in einigen Städtenganz oder teilweise stillgelegtwerden. Smog ist ein Kunstwortaus der Kombination der engli-schenWörter „Smoke“ (Rauch)und „Fog“ (Nebel).

10.2. Der Bundestag hält erst-mals eine „Aktuelle Stunde“ ab.Sie soll der Opposition die Mög-lichkeit bieten, aktuelle Themenim Plenum zu erörtern.

7.4. Sowjetische Düsenjägerüberfliegen die Berliner Kon-gresshallewährend der Plenar-sitzung des Bundestages inWest-Berlin. Außerdemwerdenaus Protest gegen die Abhaltung

der Sitzung des Bundestageszeitweilig die Zugänge zuWas-ser und zu Lande nachWest-Ber-lin durch sowjetische und DDR-Soldaten blockiert.

5.5. Der Bundestag verabschie-det das624-DM-Gesetz. Danachkönnen Arbeitnehmer nach ta-rifvertraglicher Vereinbarungjährlich bis zu 624 Mark steuer-begünstigt mit Unterstützungdes Arbeitgebers sparen.

12.5. Die BundesrepublikDeutschland kündigt die Auf-nahme von diplomatischen Be-ziehungen zu Israel an.

15.5.Werder Bremenwird inder Bundesligasaison 1964/65Deutscher Fußballmeister.

19.8.VerkündungderUrteile imAuschwitz-Prozess in Frankfurt.Die zum Teil milden Strafen füh-ren zu Protesten im In- und Aus-land.

19.9.Wahlen zum5. DeutschenBundestag. Union und FDP bil-den erneut die Regierung.

Bundestag in Berlin: Düsenjä-ger über der Kongresshalle

ten und dem stetig unehmen-den Auto erkehr gerecht er-den. Die Abbrucharbeiten be-ginnen an der Brauhausstra-ße. Die neue Fuldabrücke arjedoch kein Bau für die E ig-keit. Schon jet t, nach gut 4Jahren, gilt sie als marode undmuss mit Millionenauf andsaniert erden. (sis)

ROTENBURG. Die Bagger rol-len im Juli 1965: Mehr als 4alte Häuser, darunter ieleFach erkgebäude, erden inRotenburg abgerissen, umPlat für Neues u schaffen:Eine moderne, breite Brückeüber die Fulda ist geplant. Siesoll die alte Brücke, die Neu-und Altstadt erbindet, entlas-

Fachwerk muss

für Brücke weichenIn Rotenburg werden über 40 Häuser abgerissen

Start an der Brauhausstraße: Häuser müssen weichen, um Platzfür eine neue Fuldabrücke in Rotenburg zu schaffen. Archivfoto: nh

Nur mit Mühe erreichte unser Fotoreporter Jochen Baron am 16. Juli die Gemeinde Obermeister im Kreis Hofgeismar. Sein Bild von ei-nem Bauern, der eine Kuh in Sicherheit bringt, dokumentiert, wie hoch dasWasser durch den Ort strömte.

Das Jahr 1965 galt bei denMeteorologen als das größteRegenjahr seit 1 Jahren.Überall auf der Welt kam es uStürmen und Übersch em-mungen. Und auch unsere Re-gion in der Mitte Deutsch-lands ar betroffen.

Lang anhaltende, sintflutar-tige Wolkenbrüche hatten dasUnglück ausgelöst. Am härtes-ten traf es in Nordhessen dieKreise Waldeck und Hofgeis-mar.

Als das Wasser abfloss, a-ren eite Landstriche mit ei-ner Schlammschicht bedeckt.

VON FRANK THON I CK E

KASSEL. Zehn Menschen er-trinken in den Fluten, überallerstörte Brücken und einge-

stür te Häuser, unterspülteBahndämme, riesige lehm-braune Seenplatten und totesVieh, das in reißenden Strö-men treibt: Im Juli 1965 glei-chen eite Teile Nordhessens,Ost estfalens und Südnieder-sachsens einem riesigenTrümmerfeld.

Die sch erste Un etterka-tastrophe seit Jahre ehntenrichtet Millionenschäden an.

Menschen sterben in den FlutenNach heftigen Überschwemmungen gleicht die Region einem riesigen Trümmerfeld

Nachrichten- und Telefon er-bindungen aren errissen.

Bei der Rettung on Flutop-fern spielten sich mitunterdramatische S enen ab. So inHelmarshausen bei Hofgeis-mar: Dort stüt te eine Frau ab,die bereits das Rettungsseil ei-nes Hubschraubers ergriffenhatte. Sie starb an den Verlet-ungen, die sie dabei erlitt. In

Wre en (Waldeck) starb eine64 Jahre alte Frau unter denTrümmern ihres Hauses, dasdurch einen Erdrutsch umEinstur gebracht orden

ar.

Gegen die Fluten kämpftenBundes ehr, belgische, hol-ländische und britische Ein-heiten so ie Feuer ehr undahlreiche Hilfsorganisatio-

nen.Hessens Ministerpräsident

Georg August Zinn sagte nacheinem Flug über das Katastro-phengebiet: „Das ist nieder-schmetternd und furchtbar.“Unsere Zeitung startete eine„Hilfsaktion Hoch asser“.Tausende Leser machten mit.Nach enigen Tagen arenschon über 233 Mark u-sammengekommen.

senkirchen, die über 1 Me-ter in 11,6 Sekunden hinterder Polin E a Klobuko ska(11,3) Rang ei belegte.

Und eine schöne Anekdotegibt es auch noch u er ählen:Der Fahrer des Wagens mitholländischem Kenn eichen,der in die Fußgänger one Obe-re Königsstraße einbog, arkein Geringerer als AdrianPaulen, der Präsident des In-ternationalen Leichtathletik-Verbandes. Als Paulen on ei-nem Poli isten höflich gefragt

urde, as Ziel seiner Reisesei, ant ortete der Holländer:„Ich möchte u meinemFreund Ma .“

Gemeint ar Dr. Ma Dan ,der Kasseler Präsident desDeutschen Leichtathletik-Ver-bandes. Und überliefert ist,dass die Irrfahrt durch dieFußgänger one damals nichtmit einem Strafmandat ge-ahndet urde.

VON G E RD BR EHM

KASSEL. Am 19. September1965 ar das Kasseler Auesta-dion Nabel der Sport elt. Diesechs besten Frauen-Leicht-athletik-Teams Europas tratenum Europacup-Finale an. Die

So jetunion ge ann or derDDR (Mitteldeutschland ge-nannt), Polen, der Bundesre-publik, Ungarn und Holland.

2 Zuschauer sahenei Weltrekorde der Press-

Sch estern aus der So jetuni-on. Tamara steigerte ihre eige-ne Bestleistung im Kugelsto-ßen auf 18,59 m, und Irinastellte mit 1 ,4 Sekunden den8 -Meter-Hürden-Weltrekordder Australierin Pamela Kil-born ein. Auf einen Sieg einerbundesdeutschen Starterin

arteten die Leichtathletik-Fans ergebens. Die beste Plat-ierung erreichte die Sprinte-

rin Erika Pollmann aus Gel-

Jubel um Tamara

und Irina PressBerühmte Schwestern glänzen mit Weltrekorden

Hürdenfinale mit Weltrekord: Irina Press (links) stürmt zum Sieg,Inge Schell (Mitte) aus München wird Dritte. Foto: Baron

Montag, 3 . Mär 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 18: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1966 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ChronikNordhessen

Frankenberg. Aus für das Fräu-lein vom Amt, wie die Damen inder Telefon-Fernvermittlung ge-nannt wurden. Jetzt kannmanauch imKreis Frankenberg ande-re Orte in Deutschland per Vor-wahlnummer erreichen.

Witzenhausen. Für die Entwick-lung der Stadt zu einem zentra-len Ort landwirtschaftlicher Aus-bildung werden entscheidendeWeichen gestellt: Die „DeutscheIngenieurschule für Tropenland-wirtschaft“wirderöffnetunddie„Höhere Landbauschule“ in einesechssemestrige Ingenieurbau-schule für Landwirtschaft umge-wandelt.

Kassel. Sensation im Auestadi-on: Der KSV Hessen wirft Ein-tracht Frankfurtmit 6:2 aus demDFB-Pokalwettbewerb.

Grebenstein. Gründung desSchulverbandes Mittelpunkt-schule Grebenstein (ersterSchulverband auf Kreisebene)mit Schülern aus Grebenstein,Burguffeln, Schachten, Westuf-feln und Udenhausen, ab 1968auch Obermeiser.

Homberg. Die 25-jährige HelgaDuchac (Foto)aus Hombergist die erstedeutsche Chef-stewardess iminternationalenLuftverkehr. Beider US-Flugge-

sellschaft TWA ist sie für die Aus-wahl und Schulung der Kollegin-nen verantwortlich.

Hofgeismar. Das bekannte Ho-tel Hessischer Hof stürzt ein. Anseiner Stelle wird später ein um-strittener Flachdachbau für ei-nen Supermarkt errichtet.

Kassel. Die Söhrebahn von Kas-sel-Bettenhausen nachWellero-de-Wald stellt ihren Betrieb ein.

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

... und die Welt

19.1. Indira Gandhi (Foto), dieTochter desehemaligenPremierminis-ters Pandit Ja-vaharlal Neh-ru (1889-1964), wirdzur Premier-ministerin In-

diens gewählt.

1.7. Der von StaatspräsidentCharles deGaulle angekündigteAustritt FrankreichsausderNatobeginnt: Frankreich zieht seineTruppen aus dem Kommando-bereich der Nato zurück.

2.7. Frankreich nimmt seinenersten Atomwaffenversuch aufdemMuroroa-Atoll im Südpazi-fik vor.

ChronikDeutschland

12.1. Der Inspekteur der Bun-desluftwaffe berichtet vor demVerteidigungsausschuss desBundestages, dass 1965 insge-samt 26 Starfighter-Kampfflug-zeuge abgestürzt sind und 15 Pi-loten dabei ums Leben kamen.

1.4. Der regimekritischeWis-senschaftler Robert Havemannwird aus der Ost-Berliner Akade-mie der Wissenschaften ausge-schlossen.

5.5. BorussiaDortmundgewinntmit einem 2:1-Sieg über Liver-pool als erste deutsche Mann-schaft den Europapokal der Po-kalsieger.

28.5. Der TSV 1860Münchenwird deutscher Fußballmeister.

30.7. Im Londoner Wembley-Stadion unterliegt die deutscheNationalmannschaft im Finaleder Fußball-Weltmeisterschaftdem Gastgeber durch ein um-strittenes drittes Tormit 4:2.

1.10. Der frühere NS-Rüstungs-minister Albert Speer und derfrühere NS-ReichsjugendführerBaldur von Schirachwerdennach zwanzigjähriger Haft ausdem KriegsverbrechergefängnisBerlin-Spandau entlassen.

27.10. Die FDP verlässt die Bon-ner Regierungskoalition mitCDU und CSU wegen einesStreits über Steuererhöhungenbzw. -senkungen.

6.11.Bei den Landtagswahlen inHessen erreicht dieNPD 7,9 Pro-zent der Stimmen. Damit ziehtdie rechtsextreme Partei erst-mals ineinLandesparlamentein.

30.11. Nachdem die Koalitions-verhandlungen zwischen CDU,CSU und FDP gescheitert sindund die Unionsparteien sichmitder SPD geeinigt haben, trittBundeskanzler Ludwig Erhardvon seinem Amt zurück.

1.12. Kurt Georg Kiesinger wirdzum Bundeskanzler einer Regie-

rung der Großen Koalition ausCDU/CSU und SPD gewählt. Vi-zekanzler und AußenministerwirdWilly Brandt.

Große Koalition: Kanzler Kie-singer (CDU, rechts) und Au-ßenminister Brandt (SPD)

kehrs mit der Herkulesbahnim Jahr 1966 trauern heutenoch iele Menschen nach.Mittler eile gibt es Bestrebun-gen, die Linie mit neuen Schie-nen und modernen Fahr eu-gen ieder ubeleben.

nauf auf Kassels Hausberg, dasHohe Gras.

Der Güter erkehr urde be-reits 1961 eingestellt, da nachdem Z eiten Weltkrieg derBergbau stark urückging.Dem Ende des Personen er-

len Steinbrüche. Der Perso-nen erkehr startete kur e Zeitspäter. Insbesondere am Wo-chenende ar der preis erteAusflug mit der Herkulesbahneine Attraktion. Wintersport-ler nut ten die Verbindung hi-

VON THOMAS S I EMON

KASSEL. Der Andrang ar sogroß, dass die Kasseler Ver-kehrsgesellschaft einen Zu-sat agen einset en musste.Geschmückt mit Tannengrünund Weidenkät chen machtesich die Herkulesbahn am 11.April 1966 um let ten Malauf den Weg hinauf u KasselsWahr eichen. Nach über ierJahr ehnten kam das Aus fürdie beliebte Schienen erbin-dung. Statt der Straßenbahnfuhren on nun an Linienbus-se um Herkules.

Eine unge öhnliche Ent-icklung für Kassel, denn im

Gegensat u anderen Städtenhatte man hier immer auf dieStraßenbahn geset t. Doch indiesem Fall set te sich dieBundes ehr durch, die mehrPlat auf der Druseltalstraßebeanspruchte. Auf dem Wegum Übungsplat im Ha-

bichts ald störte die Bahn.Es ar das Ende einer tradi-

tionsreichen und sehr belieb-ten Verbindung. Ab 19 2transportierte die Herkules-bahn unächst die im Ha-bichts ald geförderte Braun-kohle und den Abbau der ie-

Aus für die Herkules-BahnAm 11. April 1966 wurde die beliebte Straßenbahn-Verbindung eingestellt

Wehmütiger Abschied: Der Start zur letzten Tour der Herkules-Bahn am 11. April 1966 wurde mitMusik begleitet. Archivfoto: Lengemann

Gisela ar unächst mitdem Schauspieler Rolf Zacherusammen. Mitte der 7 er-Jah-

re heiratete sie Paul Gett III,den Enkel des MultimillionärsGett , et a ein Jahr nach des-sen spektakulärer Entfüh-rung. Jutta Winkelmann armit dem Regisseur HelmutWinkelmann erheiratet.Nach über 2 Jahren in denUSA leben die beiden seit eini-gen Jahren in München. (tos)

KASSEL. Sie aren blutjung,bildhübsch und ollten hi-naus in die große Welt. DieKasseler Z illinge Gisela undJutta Schmidt erfüllten sichdiesen Traum Beide studiertenon 1966 bis 197 an der Kas-

seler Kunsthochschule. ÜberBerlin und Rom og es die bei-den nach Holl ood. Dortlernten sie Größen ie DennisHopper, Bob D lan und WimWenders kennen.

Die wilden Zwillingekamen bis HollywoodGisela und Jutta Schmidt suchten das Abenteuer

Kassel wurde ihnen schnell zu klein: Die glamourösen Zwillings-schwestern Gisela Getty (links) und JuttaWinkelmann.

Foto: Reichhardt/nh

BAUNATAL. Immer mehrMenschen ollen in der Näheihres Arbeitsplat es im Alten-baunaer VW-Werk ohnen:Straßen und Wohnungen er-den in den Dörfern rundhe-rum benötigt, doch das lässtsich finan iell nur gemeinsamschultern. Daher schließt sichGroßenritte am 1. Juli 1966dem Trio aus Altenbauna,Kirchbauna und Altenritte an,das sich 1964 ur GemeindeBaunatal formiert hatte.

Die neue Kommune erhältauch Stadtrechte. 12 Men-schen leben dort damals, 2

eniger als bei VW arbeiten.Heute hat die Stadt Baunatalsieben Stadtteile und 28Ein ohner, Volks agen ählt13 Beschäftigte. (ing)

VW schafft dieBasis: Baunatalwird Stadt

Schilderwechsel: Großenritteist jetzt Ortsteil der neuenStadt Baunatal. Foto: nh

te den Kritiker besonders. Auchdie Mitwirkung der britischenBeat-Band „The Sonics“ sorgtefür Aufregung. Zahlreiche Thea-terabos wurden gekündigt. Im-merhin: Das Kasseler Staats-theater war bundesweit im Ge-spräch. (w.f.) Archivfoto: Lengemann

„geistiges Halbstarkentum aufbesondersgrobianischeWeise“,ereiferte sich der Kritiker HansLudwig Schulte in der „Hessi-schen Allgemeinen“. Beim Pre-mierenpublikum kamdas Stückdagegen gut an. Gerade diese„lautstarkeZustimmung“ ärger-

sistrata“ in und vor einem vonNiki de Saint Phalle geschaffe-nen weiblichen Torso gespieltwurde, war der Skandal groß. Indem Stück verweigern sich dieFrauen Athens den Krieg füh-renden Männern. Die Inszenie-rung von Rainer von Diez zeige

Heute gehören die Nanas, dieprall-bunten Figuren der Künst-lerin Niki de Saint Phalle (1930-2002) zu den beliebtesten Ob-jekten der neueren Kunst. Daswar 1966 noch anders. Und alsim Kasseler Schauspielhaus dieKomödie des Aristophanes „Ly-

Theaterskandal um „Lysistrata“

Dienstag, 31. Mär 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 19: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1967 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

Werratal wählterstmals eineKirschenköniginEigentlich nur probehalber ver-anstaltet, sollte aus der Witzen-häuser Kesperkirmes ein Erfolgs-modell werden. Um den Touris-mus zu stärken und für das Kir-schenanbaugebiet imWerratalsowie die rote Frucht selbst zuwerben, lässtderVerkehrsvereinvonWitzenhausen Anfang JulisechsheimischeBands zueinemBeat-Festival in der Festhalle auf-treten, Kirschsaft aus demMarktbrunnen fließen und eineKirschenkönigin wählen.

Publikum und Jury entschei-den sich unter den zehn Bewer-berinnen für die jüngste, die 17Jahre alte Ute Hoffmann ausdemDorf Roßbach. Eingehüllt ineine rote Samtrobe, werden ihrein Krönchen aufgesetzt und einZepter in die Hand gedrückt. Da-mit besaßen die Kirschen-gemeinden umWitzenhausenerstmals eine gemeinsame Sym-bolfigur. Seither wird jedes Jahrim Juli aufs Neue eine Kirschen-königin gekrönt. (sff)

Foto: Stadtarchiv Witzenhausen

machen lassen durch Joh. Ja-cob Anthoni ein Goldschmidgebürtig aus Augsburg. Ist an-gefangen anno 1714 und fertig

orden anno 1717 d. 3 . No .“Seitdem steht der 3 . No-

ember 1717 als Geburtstagdes Herkules fest. Zum 25 .gratulierten ihm die Kasselerauf besondere Weise: „DerHerkules kommt in die Stadt“,hieß das Motto des Wasser-fest ugs auf der Fulda am Zis-sel-Sonntag.

Standfest auch im Orkan

Bereits dreimal in der jün-geren Vergangenheit standder Herkules kopflos auf derP ramide des Oktogon. Und

ar in den Jahren 19 , 1951und 2 6. Auch bei der Ver-jüngungskur or drei Jahrenstellten die E perten fest, dassdie 8,25 Meter große Figur ausher orragendem Material her-gestellt urde. Nur das besteKupfer ar dem Schmied imMessinghof (Bettenhausen)gut genug.

Bei der jüngsten Sanierungurde in erster Linie das In-

nenleben des Herkules aufVordermann gebracht. Dersoll nicht nur bei Sonnen-schein glän en, sondern auchOrkanböen bis u 18 Stun-denkilometer aushalten, ohnemit der Wimper u ucken.

VON THOMAS S I EMON

KASSEL. 25 Jahre Herkules,enn das kein Grund um Fei-

ern ist. 1967 ar es so eit,die Kasseler ließen ihr Wahr-eichen hochleben. Doch da-

mals ie heute bereitete dersagenhafte Held on Wil-helmshöhe auch einige Sor-gen. Seit seiner Geburtsstundeim Jahr 1717 nagten Windund Wetter an der Figur.

Zum 25 . Geburtstag arder Herkules mal ieder ein-gerüstet. Für eine bessereStandfestigkeit hatten ihn dieMitarbeiter des Staatsbauam-tes ein Zementkorsett undjede Menge Betonsprit en er-passt.

Ist angefangen anno1714und fertigwordenanno 1717 d. 3 . Nov.“

INSCHR IFT AUF DERPLAKETTE IM KOPF

DES HERKULES

Das genaue Geburtsdatumar erst im Jahr 19 akten-

kundig ge orden. Damals hat-te man ihm bei Sanierungsar-beiten um ersten Mal denKopf abgenommen. Darinfand sich eine Plakette mit fol-gender Inschrift: „CarolusLandgr. . H. hat dieses Bild

Ein Hoch auf den HerkulesKasseler Wahrzeichen feiert 250. Geburtstag – Immer wieder muss es saniert werden

Thront seit 1717 über der Stadt: DerHerkules ist dasWahrzeichenKassels. Die kolorierte Postkarte stammt aus der Zeit der Jahrhun-dertwende. Foto: nh

Stolz auf das Stadtbad MitteModernes Schwimmbad in bester Innenstadtlage - Millionen für den Wohnungsbau

KASSEL. Es galt als eines dermodernsten HallenbäderDeutschlands. Entsprechendstol ar Kassels damaligerOberbürgermeister Karl Bran-ner bei der Eröffnung desStadtbades Mitte am 2 . Juni1967.

Doch die Zeiten haben sichgrundlegend geändert. Gutier Jahr ehnte später hat das

Bad in bester Innenstadtlagekeine Zukunft mehr. Es sollnur noch so lange stehen blei-ben, bis der Ersat am Aue-damm fertig ist. Danach irdes der Abrissbirne um Opferfallen. Eine Sanierung, das ha-ben Baue perten festgestellt,lohnt sich nicht mehr. Dafür

hofft die Stadt Kassel darauf,dass das Grundstück in direk-ter Nachbarschaft um CitPoint am Königsplat einigeMillionen Euro bringt.

Das Stadtbad Mitte arnicht das ein ige große Bau-projekt in Kassel, das im Jahr1967 für Schlag eilen sorgte.Z ischen den StadtteilenOber ehren und Nordshau-sen uchsen die Wohnblocksder Brückenhofsiedlungschnell empor. 17 Wohnun-gen entstanden dort, die Ge-meinnüt ige Wohnungs- undSiedlungsbaugesellschaft (Ge-

obag) in estierte 4 Millio-nen Mark in neuen Wohn-raum. (tos)

Festlich geschmückt: Das Stadtbad Mitte wurde am 20. Juni 1967eröffnet. Foto: Archiv/nh

AROLSEN. Josias Georg Wil-helm Adolf Prin u Waldeckund P rmont (71) stirbt am 3 .No ember auf dem Familien-schloss Schaumburg in Diean der Lahn. Der Arolser, ältes-ter Sohn des let ten Regentendes Fürstentums Waldeck-P r-mont, machte im DrittenReich steile Na i-Karriere umPoli ei- und SS-General. AlsAdjutant des Reichsführers-SS, Heinrich Himmler, arWaldeck in die Organisationder E ekutionen nach dem„Röhm-Putsch“ 1934 er i-ckelt.

1947 urde er als Kriegs er-brecher on einem US-Militär-gericht im Buchen ald-Hauptpro ess u einer lebens-langen Freiheitsstrafe erur-teilt. Die Strafe urde 1948auf 2 Jahre Haft erkür t.195 urde Waldeck aus ge-sundheitlichen Gründen or-eitig entlassen. ( rk)

Prinz Josias

stirbt in Diez

Josias Prinz zu Waldeck undPyrmont in amerikanischerKriegsgefangenschaft. Foto: nh

ChronikNordhessen

Kassel. Als erste mittlere Groß-stadt installiert Kassel eine elek-tronische Verkehrssteuerungs-anlage „zur maximalen Ausnut-zung der vorhandenen Straßen-kapazität“.

Ziegenhain. Beim Brand einerLagerhalle verbrennen 120 000Schuhe.

Hofgeismar. Das neue Postamtwirdeingeweiht. Endedes Jahreswird auch in Hofgeismar der Te-lefon-Selbstwählferndienst ein-gerichtet.

Kassel. 143 000 Besucher wer-den bei der Hausfrauenausstel-lung gezählt. Nach dem großenErfolg des Vorjahres findet siezum zweiten Mal in einer Zelt-stadt aufdenGiesewiesenanderDamaschkestraße statt.

Witzenhausen.Mit demAus fürdie Feinpapierfabrik Staffel, eineder ältesten PapierfabrikenDeutschlands und industriellesHerz der Region umWitzenhau-sen, verlieren 400 Beschäftigteihren Arbeitsplatz.

Spaziergang mit Geparden aufder Kasseler Fuldabrücke. EdithWeidmann vomZirkus Sarrasa-ni nutzt das Gastspiel zu einemStadtbummel mit ihren beidenLieblingen. Foto: Archiv

Chronik 1967Deutschland

14.2. Auf Initiative des Bundes-wirtschaftsministersKarlSchillerkommen Vertreter von Arbeit-nehmer- und Unternehmerver-bänden sowie des volkswirt-schaftlichen Sachverständigen-rates und der Bundesregierungzu informellen Gesprächen übereine Konzertierte Aktion zu-sammen, mit der die Rezessionbekämpft werden soll.

19.4. Altbundeskanzler KonradAdenauer stirbt im Alter von 91Jahren in Rhöndorf.

26.5. Der Deutsche Sportbundund die Deutsche OlympischeGesellschaft gründen die Stif-tungDeutsche Sporthilfe, de-renZiel in dermateriellenUnter-stützung der Sportler liegt.

27.5.-4.6. Besuch des persi-schen Schahs Mohammad ResaPahlawi (1919-1980) und sei-ner Frau Farah Diba (geb. 1938)in der Bundesrepublik und in

West-Berlin. Dabei kommt es zuAusschreitungen bei einer De-monstration vor der DeutschenOper in Berlin. In dem Tumultwird der 26-jährige StudentBenno Ohnesorg von einemPolizisten erschossen.

Eintracht BraunschweigwirdDeutscher Fußballmeister.

13.6. Die Bundesregierung er-klärt sich bereit, im gesamtdeut-schen Sportverkehr die Flaggeder DDR zu dulden.

3.8. Zwischen der Bundesrepu-blik und der Tschechoslowakeiwird die Errichtung vonHandels-vertretungen vereinbart.

25.8.Die Live-FernsehshowDerGoldene Schuss ist die ersteFarbsendung, die das ZDF aus-strahlt.

20.10. Die erste Folge der neuenSerie Aktenzeichen XY unge-löst ...wird im ZDF ausgestrahlt.In der Sendungwerden von Edu-ard Zimmermann unaufgeklärteKriminalfälle präsentiert unddieZuschauer umMithilfe gebeten.

Von einem Polizisten erschos-sen: Benno Ohnesorg, Studentund Demonstrant. Foto: Archiv

... und die Welt

29.4. Uraufführung des Rock-MusicalsHair in New York. FürJugendliche in allerWelt wird esinnerhalb kürzester Zeit zu ei-nem Kultstück.

5.6. Im Sechs-Tage-Krieg beset-zen israelische Truppen unteranderem die Altstadt von Ost-Jerusalem, denGazastreifen unddie Golanhöhen.

9.10. Der Guerilla-Kämpfer Er-nesto CheGuevarastirbt bei ei-nem Gefechtmit boliviani-schen Regie-rungstruppen.

3.12. In Kapstadt verpflanztChristiaan Barnard erstmals ei-nemMenschen ein fremdesmenschliches Herz. Obwohl derEingriff gelingt, stirbt PatientLouis Washkansky 18 Tage spä-ter an einer Lungenentzündung.

Mitt och, 1. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-re

e-paper für: 10216894

Page 20: 60 Jahre BRD: Nordhessen

... und die Welt

16.3. US-Soldaten verüben einMassaker in dem südvietnamesi-schen DorfMy Lai. 507 Men-schen kommen ums Leben.

4.4. In Memphis/USA wird derschwarze Bür-gerrechtlerMartin LutherKing (geb.1929) von ei-nem weißenAttentäter er-schossen.

10.5. In Frankreich rufen die Ge-werkschaften aus Solidaritätmitden rebellierenden Studentenzu einem Generalstreik auf, bür-gerkriegsähnliche Zuständestürzen das Land ins Chaos.

5.6. US-Senator Robert F. Ken-nedy, jüngerer Bruder von Ex-Präsident John F. Kennedy, wirdbei einem Attentat angeschos-sen und stirbt einen Tag später.

20./21.8. Truppen desWar-schauer Paktes besetzen dieCSSR und beenden damit denPrager Frühling, das Experimenteiner Demokratisierung vonStaat und Gesellschaft.

Das Jahr 1968 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ChronikNordhessen

Frielendorf. Der letzte ZugmitBraunkohle verlässt die ZecheFrielendorf.

Immenhausen. Die Tuberkulo-seheilstätte Philippstiftung wirdFachklinik für Lungenerkrankun-gen.

Kassel. Beim erstenWilhelms-höher Bürger- und Parkfest hatdie neue Beleuchtungsanlagefür Kaskaden und Herkules Pre-miere.

Calden.Die Bauarbeiten für denFlugplatz Calden beginnen.

Kassel. Die Hochschule für bil-dende Künste an der Menzel-straße wird offiziell eingeweiht.

Burghasungen. Die A 44 wirdvon Kassel-Süd bis Burghasun-gen (Abfahrt Zierenberg) fürVerkehr frei gegeben.

Kassel. Die Henschel-Werkebauen die erste Fluggastbrücke.Sie geht an den Flughafen Frank-furt.

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

Hans-Peter Bernhardt, eiehemaligen THS-Schülern unddamaligen Frankfurter So io-logiestudenten, stieß bei denSchülern auf offene Ohren.

Bundes eit berichtete diePresse über die erste „Gegen-

VON THOMAS SCHAT TN ER

HOMBERG. Um ein Haaräre das Homberger G m-

nasium 1968 in John-Len-non-Schule umbenannt

orden. Wenn die Schülerihren Willen bekommenhätten, äre nicht der ehe-malige BundespräsidentTheodor Heuss, sondernein Beatle Namenspatron.

Die Euphorie der 68er-Be egung sch appte ineiner großen Welle on Berlinund Frankfurt direkt nachHomberg. Die THS sollte ur„Gegenschule“ erden, aufdem Stundenplan sollte or al-lem eines stehen: Se . Die For-derung on Dieter Bott und

Sex statt Mathe und ChemieHomberger THS soll zur „Gegenschule“ werden und nach John Lennon heißen

schule“, die statt Mathe undChemie lieber Se unterrich-ten ollte – in Theorie undPra is. Überhaupt sollte es ander „Gegenschule“ locker u-gehen. So hieß es in der Schü-ler eitung: „Regelmäßiges Er-

scheinen ist keine Pflicht:Die Veranstalter empfeh-len, sich lieber mit derFreundin oder dem Freundu beschäftigen.“ Weiter-

hin sollte die Schul eitnach einem Flugblatt auf

ei Monate erkür t er-den, der Rest des Jahressollte für Ferien reser iertbleiben.

Am Tag nach den Oster-ferien aren die Wändemit teils deftigen Sprü-

chen beschmiert. Das ging derSchulleitung dann doch u

eit. Man klagte. Ein Tre saerGericht erurteilte Bernhardtu 18 Monaten und Bott u

drei Monaten Gefängnis aufBe ährung.

Aufmüpfig waren die Schüler der Homberger Theodor-Heuss-Schule, die inder Boulevard-Presse bald „Pornoschule“ genannt wurde. Foto: Schattner/nh

KASSEL. Mit Erstaunen undauch ein enig Unbehagen

urde der Plan aufgenom-men, auf dem Werksgeländeder ehemaligen WaggonfabrikCredé in Kassel-Nieder eh-ren ein Einkaufs entrum mit22 Geschäften u bauen. So et-

as hatte es in Nordhessennoch nicht gegeben. Doch e-nige Monate nach der Eröff-nung aren alle Z eifel besei-tigt: Kunden aus der gesamtenRegion hatten das de , einesder ersten deutschen Ein-kaufs entren überhaupt, so-fort sehr gut angenommen.

Nach mehreren Um- und Er-eiterungsbauten präsentiert

sich das de heute als moder-ne Shopping Mall mit über 7Fachgeschäften und 26Quadratmetern Verkaufsflä-che. (hpo)

Das dez lockt

Kunden an

KASSEL. Eigentlich galt dieseOper on Bernd Alois Zimmer-mann als unspielbar. MehrereOrchester und Handlungs-stränge laufen in der Verton-bung des Dramas „Die Solda-ten“ on J. M. R. Len parallel.Doch kur nach der Kölner Ur-aufführung be ies das Staats-theater Kassel 1966, dass einmittleres Haus u Großem inder Lage sein kann: In der In-s enierung on Intendant Ul-rich Brecht und musikalischgeleitet on Gerd Albrechtsorgte die Premiere für Aufse-hen in der Opern elt. ( .f.)

Soldaten auf

Kassels Bühne

Szene aus Bernd Alois Zimmer-manns Oper „Die Soldaten“ inKassel. Foto: privat/nh

ler Christo (zweiter von links)und seine Frau Jeanne-Claudedie Öffentlichkeit mit der Fragein Atem, ob er seine 85 Meterhohe Skulptur verpackter Luftzum Stehen (linkes Foto) brin-gen würde. Er schaffte es. (w.f.)

Fotos: Archiv

der Ausstellung, weil die poli-tisch-kritische und die Aktions-Kunst keinen Zugang hatten.Beim Publikum war die docu-menta 4 aber ein Erfolg. Mit207 000 Besuchern wurde einRekord erzielt. Wochenlanghielten der bulgarische Künst-

Kunst im Aufbruch: Die docu-menta 4 vom 27. Juni bis 6. Ok-tober 1968 war die letzte, anderen Leitung der Gründer Ar-nold Bode beteiligt war. Ob-wohl neue Kunstformen wiePop-Art und Minimal Art Ein-zug hielten, gab es viel Kritik an

85Meter verpackte Luft bei der documenta 4

mandeurstagung. Von 12 Uhrbis in die Abendstunden hi-nein belagerten rund 1Schüler und Studenten dieStadthalle. Um 12.5 Uhr set -ten sie die Deutschlandflaggeauf Halbmast. Dann urde imChor die Melodie des Deutsch-landliedes angestimmt: „Not-stand, Notstand über alles!”

Als die ersten Ehrengäste ueinem Empfang eintrafen,plat ierten sich Demonstran-ten u einem Sit streik auf derStadthallentreppe. Poli eibe-amte errten sie ur Seite.Ohne Erfolg. Prominente Ta-gungsgäste ie der damaligeWissenschaftsminister Ger-hard Stoltenberg mussten perHubschrauber in den Innen-hof geflogen erden. Kurnach 18 Uhr eskalierte dieLage. Es kam um Schlagab-tausch ischen Demonstran-ten, Pol isten und Feldjägern.Auf beiden Seiten gab esLeicht erlet te. (tos)

Notstands erfassung das Bon-ner Parlament passieren soll-te, traf sich in der KasselerStadthalle die Führungsspit eder Bundes ehr ur 14. Kom-

der Faust ie anderorts urdeder Verstand gebraucht.”

Wenige Wochen späterurde die Gangart rauer. Am

29. Mai, einen Tag, be or die

KASSEL. Am Ostersamstag1968 ar die Kasseler Innen-stadt Austragungsort einer derersten größeren Demonstra-tionen des Jahres. 1 jungeLeute schoben sich durch dieObere Königsstraße. Das Berli-ner Attentat om 11. April, beidem der StudentenführerRudi Dutschke lebensgefähr-lich erlet t urde, set teauch in Kassel eine Protestbe-

egung in Gang. Noch blieballes friedlich, und die Poli ei

ar stol auf die gute Zusam-menarbeit ischen Demons-tranten und E ekuti e.

Anders als in Berlin oderFrankfurt flogen in Kassel kei-ne Steine, brannten eder Au-tos noch urden Fensterschei-ben einge orfen. Als sub er-si galt da schon das Befesti-gen roter Fahnen am Spohr-Denkmal, die man unter demBeifall des Publikums jedochschnell ieder entfernte. DiePresse kommentierte: „Statt

Demo vor der StadthalleStudentenproteste erreichen Kassel - Nur der Hubschrauber kam durch

Im Laufschritt zur Stadthalle: Der Protest gegen die Notstandsge-setze begann friedlich. Später kam es zu Handgreiflichkeiten.

Foto: Archiv

ChronikDeutschland

1.1. In der Bundesrepublik wirddie Bruttoumsatzsteuer durchdieMehrwertsteuer ersetzt.

1.1. Premiere des Sexualaufklä-rungsfilms „DasWunder der Lie-be“ von Oswalt Kolle.

2.4.Aus Protest gegen die politi-schen und gesellschaftlichenVerhältnisse setzen vier radikali-sierte Anhänger der Außerparla-mentarischen Oppositon (APO)zwei Frankfurter Kaufhäuser inBrand.

11.4. Studentenführer RudiDutschkewird inWest-Berlinvon einem 23-jährigen Arbeiterniedergeschossen und schwerverletzt. Der Anschlag führt invielen Teilen der Bundesrepu-

blik zu Demonstrationen undteilweise blutigen Auseinan-dersetzungenmit der Polizei.

14.4. Bundesjustizminister Gus-tav Heinemannmahnt in einerselbstkritischen Rundfunk- undFernsehansprache zur Gewaltlo-sigkeit.

25.5. Der 1. FC NürnbergwirdDeutscher Fußballmeister.

30.5. Der Bundestag beschließteine Ergänzung des Grundgeset-zes durch die Notstandsverfas-sung. Sie genehmigt unter ande-remdenEinsatzderBundeswehrbei inneren Unruhen.

28.10. Außenminister WillyBrandt erklärt die Bereitschaft,von der Existenz der DDR als ei-nes zweiten deutschen Staatesauszugehen und der Regierungder DDR auf gleichberechtigterBasis zu begegnen.

7.11. Auf dem CDU-Parteitag inWest-Berlin ohrfeigt die 29-jäh-rige Beate Klarsfeld (geb. 1939)Bundeskanzler Kurt-Georg Kie-singer. Sie will damit auf seineNS-Vergangenheit als stellver-tretender Abteilungsleiter derRundfunkabteilung des Reichs-außenministeriums hinweisen.

Attentatsopfer: Studentenfüh-rer Rudi Dutschke. Foto: dpa

Donnerstag, 2. April 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 21: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1969 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ChronikNordhessen

Baunatal. VWwächst undwächst und wächst. Im Baunata-ler Werk arbeiten jetzt 16 140Menschen.

Melsungen. Schwere Unwettermit sintflutartigem Regen verur-sachen im Kreisgebiet Schädenvon 3 Millionen Mark. 21 Ortesind betroffen.

Treysa. Festtag für die AnstaltenHephata in Treysa: Das bishergrößte Bauwerk der Anstalten,die für fünf Millionen Mark er-richtete Nervenklinik, wird feier-lich eingeweiht.

Kassel. Die belgischen Soldatenverlassen die Stadt.

Hofgeismar. Die Altstadtsanie-rung beginnt.

Kassel. Auf dem Bahnhof Kassel-Unterneustadt wird die ersteContainer-Umschlagstelle inNordhessen in Betrieb genom-men.

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

Lothar Behnke (26) aus Wil-helmshaven, besser bekanntals DJ Ralf, stellt in der KasselerDiskothek „Old Ranch“ einenWeltrekord im Plattendauer-auflegen auf: 685 Stunden.Zwischendurch muss er Sauer-stoff aus einem Atemgerät derFeuerwehr tanken. Foto: Lengemann

... und die Welt

21.7. Über 500 Millionen verfol-genweltweit live amBildschirm,wie der Ame-rikaner NeilArmstrong alserster Menschden Fuß aufdie Mond-oberflächesetzt. Er sagtdazu: „Einkleiner Schrittfür einenMenschen,aber ein ge-waltiger Sprung für die Mensch-heit“.

langte gar eine „Gegendarstel-lung“. Bei den Frankenberger

FRANKENBERG. Skandal umeinen Dokumentarfilm: DerNDR-Film „Der deutscheKleinstädter“ erschütterte1969 nicht nur Frankenberg,sondern die gan e Republik.

Drei Wochen lang hattendie Regisseure Theo Gallehrund Rolf Schübel Frankenbergmit der Kamera inspi iert. IhrFilm präsentierte entlar endeStammtischkommentare,selbst ufriedene Kommunal-politiker, enig streikbereiteArbeiter und kritische Schü-ler, Hinterhöfe mit erfallen-der Bausubstan .

Es hagelte Zuschauerbriefe,Landrat Heinrich Kohl er-

Auch der Landrat war sauerFernsehfilm stempelte die Frankenberger zu typischen deutschen Kleinstädtern

Kommunalpoliti-kern löste der Film einen

übereilten Einstieg in die Alt-stadtsanierung aus. ( e)

wurden die letzten handver-mittelten Gespräche vom Fern-amt Hannover übernommen,und Doris Schenk wechseltezur Fernsprechauskunft. (use)

Foto: Lengemann

pünktlich um 11 Uhr. DorisSchenk (Foto), das letzte „Fräu-lein vomAmt”, beendete in derHauptvermittlungsstelle Kas-sel ihren Dienst. Von diesemhistorischen Augenblick an

ren die „Fräuleins vom Amt”die Bindeglieder, um die Ver-bindung zwischen zwei Telefo-nen herzustellen. Dieser Ab-schnitt Postgeschichte endetein Kassel am 4. März 1969

Ihnen wurden allein wegen ih-rer netten Stimme Heiratsan-träge gemacht, ungeduldigeZeitgenossen wünschten siemanchmal allerdings auch aufden Mond: Jahrzehntelang wa-

Das letzte „Fräulein vomAmt“

RENGSHAUSEN. Im Juli undAugust 1969 rumorte es imBeiserhaus in Rengshausen(Kreis Frit lar-Homberg). Im-mer ieder kamen Akti istender Studentenbe egung inden Ort und riefen um Wi-derstand gegen Er ieher undHeimleitung auf. Z ei Mal a-ren Andreas Baader und Gud-run Ensslin unter ihnen.

Einige Heimbe ohner o-gen u den Studenten nachFrankfurt, darunter Peter-Jür-gen Boock, der später als einerder Schle er-Entführer trauri-ge Berühmtheit erlangte.

Ulrike Meinhof

Auch das Mädchener ie-hungsheim in Gu hagen ge-riet massi in die öffentlicheKritik. Die Journalistin UlrikeMeinhof recherchierte undquartierte sich mehrere Tagein Gu hagen ein. Das Ergebnis

ar frappierend: Schüler orga-nisierten sich. Das Schülerko-mitee an der Melsunger Ge-sch ister-Scholl-Schule ludUlrike Meinhof ein. Sie nahman einem ihrer Gesprächsfo-ren im De ember 1969 teil.

Meinhof prangerte auch dieVerhältnisse im Waberner Er-iehungsheim an: den Kar er,

die Prügel und die geschlosse-ne Abteilung. Bald darauf gingsie in den Untergrund, utiefstfrustriert, dass Veränderun-gen aus ihrer Sicht auf friedli-chem Weg nicht möglich a-ren. (t.s.)

Baader und

Ensslin im

Beiserhaus

Fahr eugbau GmbH 1969griff Daimler-Ben u und si-

cherte sich 51 Pro ent. Da dieFinan sorgen bei den Stahl-

erken anhielten, erkaufteder Kon ern Ende 197 auchdie erbliebenen Anteile andie Stuttgarter. Der neue Ei-gentümer stellte die Lk onHanomag-Henschel kontinu-ierlich auf Daimler-Technikum, sortierte die Modellpalet-te nach und nach aus. Mitteder 7 er-Jahre tilgte Daimler-Ben den Markennamen Ha-nomag-Henschel om Markt.

sich um Vertrieb undWartung der Hano-mag-Fahr euge.

Die Stahlkrise leerteEnde der 196 er-Jahredie Kassen der Rheini-schen Stahl erke. DasUnternehmen musstesich einen finan star-ken Partner suchen,der sich an der gemein-samen Lk -Sparte onHanomag und Hen-schel beteiligen sollte.Bei der Gründung der

196-

4 die Kasseler Henschel WerkeAG.

Hanomag gehörte schonlänger u den Stahl erken –ein Spe ialist für Traktoren,Kleintransporter und leichtebis mittelsch ere Lk . DieModellpallette ergän te sich,die Kon ernspit e straffte dieStrukturen. Henschels Nut -fahr eugsparte kümmerte

ben. Henschel arb daher inden Nachbarländern um Part-ner bei der Programmgestal-tung und -abstimmung. 1961biss der fran ösische Nut -fahr eugbauer Sa iem an,1963 die britische Rootes-Gruppe. Be or die internatio-nale Zusammenarbeit Früchtetragen konnte, übernahmendie Rheinischen Stahl erke

VON ANDR EA S NORDLOHNE

KASSEL. Die komplette Band-breite on Nut fahr eugenaus einer Hand: Die Ehe i-schen der Lk -Sparte der Kas-seler Maschinen- und Fahr-eugschmiede Henschel und

der Hanno erschen Maschi-nenbau AG (Hanomag) im Jahr1969 hat das ermöglicht. Ha-nomag-Henschel Fahr eugbaulieferte allerdings nicht langeModelle om leichten Trans-porter bis um 2 -Tonner. Inden 197 ern schluckte Daim-ler-Ben den Betrieb. Hen-schels Stern beim Nut fahr-eugbau ging unter, der on

Daimler stieg eiter auf.Die Henschel-Werke, die

1848 den Grundstein für denLokomoti bau mit dem legen-dären „Drachen“ legten, pro-du ierten seit 1925 neben Om-nibussen mittelsch ere bissch ere Lk . Geringe Stück-ahlen und das fehlende eige-

ne Händler- und Ser icenetsteckten enge Gren en, denE port in die Höhe u schrau-

Kurzes Leben einer MarkeHanomag-Henschel Fahrzeugbau baute leichte bis schwere Nutzfahrzeuge

Aus Henschel (links) wird Daimler-Benz (rechts): Die Hanomag-Henschel Fahrzeugbau GmbH bestand nur wenige Jahre. Foto: Archiv

Mehrheiten die erste soziallibe-rale Koalition. Sie will – soBrandt – vor allem „mehr Demo-kratie wagen“.

ChronikDeutschland

23.1. Bundestagspräsident Eu-genGerstenmaier kündigt nachheftiger Kritik an seinem Verhal-ten in Zusammenhangmit Wie-dergutmachungszahlungen denRücktritt an.

5.2. Das Bundeskabinett billigtdas so genannte Airbus-Projekt.Dabei handelt es sich um die ge-meinsammit Frankreich undGroßbritannien geplante Pro-duktion eines Mittelstrecken-Großflugzeuges.

5.3. InWest-Berlinwirdder SPD-Politiker Gustav Heinemann imdrittenWahlgang mit 512 Stim-men zum Bundespräsidentengewählt. Auf Gerhard Schröder,den Kandidaten der CDU/CSU,entfallen 506 Stimmen. Heine-mann spricht von einem „StückMachtwechsel“.

9.5. Der Bundestag verabschie-det einige rechtliche Neuerun-gen,dieals erster Schritt zueinergroßen Strafrechtsreform gese-hen werden. Unter anderemwird ab dem 1. April 1970 dieZuchthausstrafe abgeschafft,und ab dem 1. September wer-den Ehebruch und Homosexua-lität straffrei.

24.5. Zwei Spieltage vor Ablaufder Bundesligasaison steht derFC Bayern München als Deut-scher Fußballmeister fest.

12.6. Verabschiedung des Ge-setzes über die Lohnfortzah-lung im Krankheitsfall. Danachsind die Arbeitgeber verpflich-tet, auch Arbeitern (ebenso wiebisher den Angestellten) denvollen Bruttolohnausgleichwäh-rend der ersten sechs Krank-heitswochen zu zahlen.

28.9. Nach denWahlen zum 6.Deutschen Bundestag schließenWilly Brandt (SPD) undWalterScheel (FDP) trotz knapper

Mehr Demokratie wagen:KanzlerWilly Brandt. Foto: ap

Freitag, 3. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 22: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1970 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

IMMENHAUSEN. Weil dieeltbekannte Glashütte Süß-

muth in Immenhausen nacheiner Wirtschaftsflaute und

egen ersäumter Rücklagen-bildung in Not geraten ist,übergibt Richard Süßmuth am17. Mär 197 die Firma in ei-ner be egenden Ansprachean die Mitarbeiter. Sie sind be-reit, die Firma bei Lohn er-icht und unbe ahlten Über-

stunden u übernehmen.Unter einem neuen Ge-

schäftsführer produ iert die1898 gegründete und 1946on Süßmuth iedereröffnete

Hütte eiter, ist aber dochnicht u retten. Im Oktober1996 schließt sie endgültig dieTore. (tt )

GlashütteSüßmuth andie Mitarbeiter

Richard Süßmuth (1900-1974)Foto: privat/nh

... und die Welt

30.4. Auf Befehl von US-Präsi-denten Richard Nixonmarschie-renUS-TruppenvonSüdvietnamaus in Kambodscha ein.

18.9.Der Rockgitarrist Jimi Hen-drix (27) stirbt an den Folgenüberhöhten Alkoholgenussesund der Ein-nahme vonSchlaftablet-ten in London.Am 4.10.stirbt die Sän-gerin Janis Jo-plin (Foto) inLos Angelesan einer Überdosis Heroin.

Chronik 1970Deutschland

13.2. Bei einem Brandanschlagvermutlich arabischer Terroris-ten auf das Altersheim der Israe-litischen Kultusgemeinde inMünchen kommen sieben Men-schen ums Leben.

29.3. Die Fernsehsender ARDund ZDF benutzen für dieWet-tervorhersage erstmals eineKarte Europas ohne Grenzen.Bisher zeigten die Sender auf ih-renWetterkarten die Grenzendes Deutschen Reichs von 1937.

4.5. BorussiaMönchenglad-bachwird erstmals DeutscherFußballmeister.

14.5. Der 1968 wegen Kauf-haus-Brandstiftung verurteilteAndreas Baaderwird unter Mit-wirkung von Ul-rike Meinhof(Foto) befreit.Dabei wird einJustizbeamterlebensgefähr-lich verletzt. Die Gewalttat giltals Geburtsstunde der Roten Ar-mee Fraktion (RAF).

21.6. Bei den Fußballweltmeis-terschaften in Mexiko wird Bra-silien nach dem 4:1-Sieg überItalienWeltmeister.

31.7. Durch eine Grundgesetz-änderung wird in der Bundesre-publik das aktiveWahlalter auf18 Jahre herabgesetzt.

5.9. Beim Training zum GroßenPreis vonMonza verunglücktderin der WM führende Formel-I-Fahrer Jochen Rindt tödlich.

9.10. Die FDP-AbgeordnetenErich Mende, Heinz Starke undSiegfried Zoglmann wechselnaus Protest gegen die sozial-libe-raleKoalitionzurCDU/CSUüber.

23.10.Mit der Premiere des alsAufklärungs-Film bezeichnetenSchulmädchen-Reports be-ginnt eine erfolgreiche, 13-teili-ge Sexfilmserie.

7.12. Kanzler Willy Brandt undPolens Ministerpräsident JozefCyrankiewicz unterzeichnendenWarschauer Vertrag zurNormalisierung der Beziehun-gen. Bei einer Kranzniederle-gung am Denkmal für die OpferdesWarschauer Gettos knietBrandt spontan nieder. Das BildvonBrandtsKniefallgehtumdieWelt.

Erfolgreichstes Buch des Jahresist Hildegard Knefs „Der ge-schenkte Gaul“.

Erfolgreiche Serie: Schulmäd-chen-Report. Foto: dpa

fer des Faschismus im Fürsten-garten am Weinberg einenKran niederlegen. Doch dortund an anderen Stellen in derStadt prügeln in ischenrechte und linke Demonstran-ten aus der gan en Bundesre-publik aufeinander ein, eskommt ur Auseinanderset-ungen mit der trot Verstär-

kung überforderten KasselerPoli ei.

Die DDR-Delegation blästdie Kran niederlegung ab,

eil „die BRD-Behörden die Si-cherheit des Ministerpräsiden-ten nicht ge ährleisten“könnten. Die Stimmung sinktauf den Nullpunkt. Erst amAbend, als die meisten De-monstranten abge ogen sindund die Poli ei die Lage ie-der im Griff hat, kann Stophseinen Kran doch noch nie-derlegen. Eine neue Peinlich-keit ird erst am nächstenMorgen bekannt: Unbekannteent enden nachts die Schlei-fen des Kran es.

Denkpause

Doch da on eiß noch nie-mand et as, als Kan lerBrandt seinen DDR-Besuchergegen 22 Uhr auf dem Bahn-hof erabschiedet. Man illeine Denkpause einlegen,aber den Dialog fortset en.

Kassel atmet auf, der aufre-gendste Tag der Nachkriegsge-schichte ist u Ende.

bereich schleichen konnten,haben die DDR-Flagge or demSchlosshotel om Mast geholt.Stoph protestiert, Brandt ent-schuldigt sich, die Gesprächs-atmosphäre ist gerei t.

Gegen Mittag be irtetBrandt seinen Gast mit Stan-genspargel in Sauce Vinai-grette, Neunahrer Rindfleisch,gespicktem Rehrücken mitRahmtunke, Pfifferlingen,Stangensellerie, Spät le undfrischen Erdbeeren. Gereicht

ird unter anderem ein1963er Assmannshäuser Höl-lenberg Spätburgunder.

Nachmittags steht das Gip-feltreffen plöt lich or demAbbruch. Stoph ill ie ge-plant am Mahnmal für die Op-

beln durch die Luft, ein Mannirft sich auf die Kühlerhaube

der mit den Standern der Bun-desrepublik und der DDR ge-schmückten Mercedes-Limou-sine. Endlich erreicht die Wa-genkolonne den eiträumi-gen Sperrbe irk, der rund umdas Schlosshotel errichtet

orden ist.

Flaggen-Zwischenfall

Be or die Gespräche über-haupt inhaltlich erden kön-nen, unterbricht Stoph denBundeskan ler. Gerade hatman ihm einen Zettel in denTagungssaal gereicht: DreiRechtse tremisten aus Schles-

ig-Holstein, die sich als Jour-nalisten getarnt in den Sperr-

VON WOL FGANG B L I E F F E R T

Am Donnerstag, 21. Mai,ist für Kassel der großeTag endlich gekommen:

Gegen 9:3 Uhr trifft die DDR-Delegation mit einem Sonder-ug auf dem Bahnhof Wil-

helmshöhe ein. An Gleis 3 be-grüßt ein ernst irkenderBundeskan ler Will Brandtseinen Gast, DDR-Ministerprä-sident Willi Stoph. Es ist erstdas eite Treffen der Regie-rungschef der beiden deut-schen Staaten nach dem histo-rischen Besuch Brandts eni-ge Wochen u or in Erfurt.

Die Menschen im geteiltenDeutschland hoffen, dass onKassel aus ein Signal für er-besserte Be iehungen ausge-hen möge. 1 Journalistenaus dem In- und Ausland sindu dem mit Spannung er ar-

teten Gipfel angereist, freieHotel immer gibt es schonseit Tagen nicht mehr. Vordem Schlosshotel ragen Fern-sehsendemasten in die Höhe.

Begleitet on sieben Motor-radfahrern der Kasseler Poli-ei fahren Brandt und Stoph

durch ein dichtes Spalier in-kender Menschen über dieWilhelmshöher Allee Rich-tung Schlosshotel.

Die Stimmung ist durch De-monstranten jeglicher Cou-leur aufgehei t. Knallkörpere plodieren, Flugblätter ir-

Die Welt blickt auf KasselZweites innerdeutsches Gipfeltreffen Brandt/Stoph – Eine Stadt im Ausnahmezustand

Linke gegen Rechte und Polizisten gegen Demonstranten: Wie hier in der Weinbergstraße kam es beim deutsch-deutschen Gipfel inKassel mehrfach zu schweren tätlichen Auseinandersetzungen. Polizeipräsident Herbert Ahlbornmusste sich in den Tagen danach kri-tische Fragen zu seinem Einsatzkonzept gefallen lassen. Foto: Lengemann

Gespannte Atmosphäre: DDR-Ministerpräsident Willi Stoph(links) und Bundeskanzler Willy Brandt im Kasseler Schlosshotel.

siert, dass das Land nur sechsMillionen Mark u den Kostenon 21 Millionen für den Flug-

plat da u gab. Os ald da-mals: „Wir müssen sehen, iesich die Dinge ent ickeln.“

Zu or hatte Albert Os alddie Prognose ge agt, dass Kas-sel-Calden die Drehscheibedes regionalen Flug erkehrsin Hessen sein erde. Als Ge-schenk hatte der Ministerprä-sident 25 Mark mitge-bracht – ein Zuschuss für dasFunkfeuer des Flugplat es.

Kassels OberbürgermeisterBranner hatte erklärt, derPlat habe nicht nur für Kas-sel, sondern für „den gan ennordhessischen Raum“ Bedeu-

VON FRANK THON I CK E

KASSEL. Am 11. Juli 197 ares so eit: Der Regionalflugha-fen Kassel-Calden urde eröff-net. Prominentester Gast arder hessische Ministerpräsi-dent Albert Os ald, der mit ei-ner 4 -sit igen Passagierma-schine aus Frankfurt gekom-men ar und on KasselsOberbürgermeister Karl Bran-ner begrüßt urde.

In Frankfurt hatte es gereg-net, in Calden schien die Son-ne – doch die Miene des Minis-terpräsidenten erfinstertesich usehens. Denn auf derPressekonferen anlässlichder Eröffnung urde kriti-

Linienflüge nach Köln/BonnZwei Tage Hochbetrieb bei der Eröffnung des Regionalflughafens Kassel-Calden

tung: „Sonst hätten ir ihnnicht gebaut.“

Gelbe Nelken für die Ersten

Vor der Feierstunde aren8 Flug euge in Kassel-Caldengelandet – Teilnehmer einesSternfluges mit dem Motto„Ab nach Kassel“. Und amMorgen der Feierlichkeiten

ar eine „Con air Metropoli-tan“ mit 4 Tagesausflüglernaus Hamburg nach Calden ge-flogen. Die ersten Flugtouris-ten in Nordhessen bekamengelbe Nelken überreicht.

Anlässlich der Eröffnungherrschte ei Tage Hochbe-trieb auf dem Flugplat . Blech-la inen äl ten sich nach

Calden. Die ein ige Zufahrts-straße ar hoffnungslos über-lastet. Und auch die Rundflüge

aren heiß begehrt. Am Eröff-nungstag ählte man in Kas-sel-Calden 7 Flugbe egun-gen.

Z ei Tage nach der Eröff-nung erließ die erste Linien-maschine der Gesellschaft Ge-neral Air Calden. Ihr Ziel:Köln/Bonn und Düsseldorf.Außerdem gab es eine Linien-erbindung nach Hanno er.

Die Flüge urden on der Kas-seler Flughafen GmbH sub en-tioniert. Geflogen urde mitHochdeckern des T ps „Dor-nier-Sk ser ant“, die Plat für

ölf Passagiere hatten.

ChronikNordhessen

Kassel.Der 18. Februarmarkiertein historisches Datum in derStadtgeschichte: An diesem Tagbeschloss die Hessische Landes-regierung in einer Sitzung imKasseler Rathaus die Gründungder Gesamthochschule.

Hofgeismar. Der Landkreis Hof-geismar kauft das JugendheimPanorama in Berchtesgaden-Schönau.

Karlshafen. Im November wirddas älteste Schiff derOberweser-dampfschiffahrtsgesellschaft ,der 70 Jahre alte Schaufelrad-dampfer „Kaiser Wilhelm“, andas Elbschifffahrtsmuseum Lau-enburg verkauft, wo er bis heutevor allem Touristen befördert.Der Verkauf wird an der Ober-weser schon bald bedauert.

Homberg.Hoffnung auf Ansied-lung eines VW-Zweigwerks mit500Arbeitsplätzen inHomberg .Der Grundstücksvertrag wirdunterschrieben, doch dasWerkbleibt ein Traum.

Kassel.DieDeutschen packt dasFernweh. Deshalb ist der An-drang zur ersten Messe „Reise -Urlaub - Freizeit + Hobby“ (RUF70) in der Stadthalle groß.

WABERN. Die Eman ipationhat auch auf dem Fußballplatbegonnen: Im damaligen KreisFrit lar-Homberg urde dieerste Damenfußballmann-schaft gegründet. Sie gehörteum Tuspo 19 Wabern.Das erste Spiel bestritt die

Elf gegen die Alten Herrenund erlor or 8 Zuschau-ern nur mit 5:6.

Die Idee ur Gründung derDamenmannschaft ar beimKarne al entstanden, als dasBallett in Fußballerkostümenauftrat. (rbg)

Damen schnürenFußballstiefel

Samstag, 4. April 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 23: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1971 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Kassel. Die Landkreise Kassel,Hofgeismar undWolfhagenschließen sich am 1. November1971 zum Landkreis Kassel zu-sammen. Zum Landrat wird Her-bert Günther (SPD) gewählt, bis-her Landrat des Untertaunus-kreises.

Schwalmstadt. Seit Jahresbe-ginn gibt es die Stadt Schwalm-stadt. In demOrt, zu dem sichZiegenhain, Treysa und Nach-bargemeinden zusammen-schlossen, leben jetzt 17 000Einwohner.

Kassel. Auf der Strecke derKleinbahn Kassel-Naumburgverkehrt die letzte Dampfloko-motive, danach fahren nur nochDieseltriebwagen und Busse.

Baunatal. Das neue Altenzen-trum des Landkreises Kassel mit156 Plätzen, für knapp 8 Millio-nenMark erbaut, geht in Betrieb.

ChronikDeutschland

8.2. Das Bundesverteidigungs-ministerium erlässt denHaar-netz-Befehl. Dementsprechendmüssen Soldaten, deren Haareüber den Hemdkragen reichen,aus Sicherheitsgründen einHaarnetz tragen.

7.5. Die Kreditinstitute in derBundesrepublik , in Belgien, denNiederlanden und Luxemburgbeschließen die Ausgabe ein-heitlicher „eurocheques“ und„eurocheque“-Karten.

13.5.BundesfinanzministerAlexMöller (1903-1985) tritt aufGrund der kritischen Haushalts-lage zurück. Bundeswirtschafts-minister Karl Schiller (ebenfallsSPD) übernimmt dessen Minis-teriummit.

6.6. 374 Frauen aus der Bundes-republik geben in der Hambur-ger Illustrierten „stern“ bekannt:

„Wir haben abgetrieben“. DieSelbstbezichtigungskampagneerregt großes Aufsehen.

6.6. Einen Tag nach Beendigungder Fußballsaison 1970/71 ent-hüllt der Präsident des Abstei-gers Kickers Offenbach,HorstGregorio Canellas, dass durchGeldzuwendungen Spiele derBundesligamanipuliert wurden.Meister wird erneut BorussiaMönchengladbach.

1.7. In der Bundesrepublik ha-benFrauenab30undMänner ab45 einmal pro Jahr gesetzlichenAnspruch auf kostenlose Krebs-Vorsorgeuntersuchungen, da-mit vor allem Erkrankungenschon im Frühstadium erkanntund behandelt werden können.

10.9. Die Bundesregierung be-schließt die Verkürzung desGrundwehrdienstes von 18 auf15 Monate.

10.12. Bundes-kanzler WillyBrandt wird inOslo mit demFriedensnobel-preis ausge-zeichnet. DieOstpolitik desBundeskanzlers wird als Beitragzur Überwindung der Konfron-tation zwischen den Machtblö-cken in Europa betrachtet.

Modehit des Jahres sindHot-Pants –Hosen in der Länge einesMinirocks.

Spektakulärer „stern“-Titel:Wir haben abgetrieben.

... und die Welt

7.2. In der Schweiz wird durchVolksabstimmung das passiveund aktiveWahlrecht für Frau-en auf Bundesebene eingeführt.

3.5.Walter Ulbricht tritt aus Al-tersgründenvom Amt desErsten Sekre-tärs des Zen-tralkomitees(ZK) der Sozia-listischen Ein-heitsparteiDeutschlands

(SED) zurück. Sein Nachfolgerwird Erich Honecker (Foto).

schweres Gerät ein, um eineUmzäunung aus Baumstäm-men anzubringen. Man wusstenicht, dass es für den Leitbullenein Kinderspiel gewesen wäre,den Zaun umzudrücken. Spä-ter wurde entsprechend nach-gebessert. (tty) Foto: Archiv

drohter heimischer Tierartenwie Wisenten, Ure und Wild-pferden. Später kommen Luch-se, Wölfe und andere Artenhinzu. Experimentell war dieUnterbringung der drittstärks-ten Wisentherde Europas. DasTechnische Hilfswerk setzte

der Tiergarten an der Sababurgzunächst provisorisch für Besu-cher freigegeben – mit einemEintrittskarten-Automaten.

Der Park, der dann Pfingsten1973 offiziell eröffnet wird,widmet sich vor allem dem Er-halt und der Rückzüchtung be-

Anfangs kritisch beobachtet(die Junge Union forderte so-gar einen Baustopp), wird der1571 geschaffene erste Wild-park Europas vom LandkreisHofgeismar 1971 zum 400-jäh-rigen Bestehen wieder ins Le-ben gerufen. In dem Jahr wird

Sababurg wieder Heimat für bedrohte Tiere

erbessert erden. Die GhKgab sich reformbe egt unde perimentierfreudig, as uder Aufbruchstimmung der197 er-Jahre passte. Statusun-terschiede ischen Fach-hochschule und Uni solltenabgebaut erden; in den ge-stuften Studiengängen, die da-mals „integrierte“ hießen, stu-dierten alle gemeinsam. Chan-cengleichheit und Eman ipa-tion hießen die Zauber orte.Interdis iplinäre Themen,übergreifende Arbeit an Pro-jekten und Pra isanteile imStudium urden obligato-risch.

Das bildungspolitische E -periment urde bald Gegen-stand konser ati er Kritik undder Ruf nach einer „richtigen“Uni laut. Die Reformhoch-schule hat diese Stürme über-standen, sich in nun fast 4Jahren an manchen Punktenselbst immer ieder refor-miert. Aber sie steht mit ih-rem Her stück, den gestuftenStudiengängen, nach ie oran der Spit e der Be egung:Unter dem Etikett Bachelor/Master prakti iert heute jedeHochschule in Europa genaudieses Modell aufeinander auf-bauender Abschlüsse.

Künste, eine Ingenieurschule,die Höhere Wirtschaftsfach-schule und die land irtschaft-liche Hochschule in Wit en-hausen. Vor allem hielten dieStadt Kassel und eine kleineGruppe on Bürgern hartnä-ckig an der Idee einer Hoch-schule fest. Damit sollte dasBildungsangebot für die nord-hessischen Schulabsol enten

Diskussion, in elche Rich-tung sich die Uni baulich ent-

ickeln sollte, gerade am An-fang. Damals begannen 2913junge Leute mit dem Studium,heute studieren über 18 .

Die Grundlagen für eineUnigründung aren in derNordhessenmetropole durch-aus gegeben: Es gab eineHochschule für bildende

VON B E A T E EDER

KASSEL. Im Rückblick ar dieGründung der damaligen inte-grierten Gesamthochschule(GhK) das beste, as Kassel jepassieren konnte. Die Hoch-schule hat das Gesicht dieserRegion grundlegend erän-dert: Sie ist ein ichtiger Wirt-schaftsfaktor mit der Ausgrün-dung des Solartechnikherstel-lers SMA als Zugpferd.

Die Uni hat junge Leute indie Stadt geholt, er ielt ichti-ge Forschungsergebnisse inUm elt issenschaften so iemoderner Technologie. Siehat Maßstäbe für die Lehrer-bildung geset t, und sie bietetden Studenten ein breites Fä-cherspektrum aus ihren Kom-peten feldern Natur, Technik,Kultur, Gesellschaft. Die Uniist Motor für die Stadtent ick-lung rund um den Holländi-schen Plat . Denn die Tage desStandorts in Ober ehrensind ge ählt.

Aber bei der enig pompö-sen Gründungsfeier am 25.Oktober 1971 mit Kultusmi-nister Lud ig on Friedeburgund Ministerpräsident AlbertOss ald ar diese Ent ick-lung nicht ab usehen und die

GhK nimmt Fahrt aufAm 25. Oktober 1971 wurde die Hochschulgründung mit wenig Pomp gefeiert

Hochschul-Neubau auf der Grünen Wiese: Zur Eröffnung der Kas-seler Gesamthochschule in Oberzwehren am 25. Oktober 1971durften auch die Schilder nicht fehlen. Archivfoto: Baron

Dr. JoachimSchnell. Derheutige Kon-ernchef Lud-ig Georg

Braun tratum 1. Okto-

ber in den Vor-stand ein.

Die Um-andlung in

eine AG schaffte die Voraus-set ung, um bei ständig ach-senden In estitionsbedürfnis-sen auf dem Geldmarkt kur -

MELSUNGEN. Die Firma B.Braun Melsungen urde um3 . September 1971 in eineAktiengesellschaft umge an-delt. „Mit diesem Schritt solllangfristig der Bestand der Ge-sellschaft als Familienunter-nehmen unter einheitlicherLeitung gesichert erden“,meldete der Wirtschaftsteilder „Welt“.

Die beiden Inhaber OttoBraun und Dr. Bernd Braun

aren fortan als Vorstands-mitglieder tätig, ebenso ie

B. Braun rechnet mit TempoKonzern wird zur AG umgewandelt und nimmt neues Rechenzentrum in Betrieb

fristig das not-endige Kapi-

tal u beschaf-fen. Im Gegen-sat u ande-ren Aktienge-sellschaftenhatte die B.Braun Melsun-gen AG keiner-lei Aktien im

öffentlichen Umlauf. Bis heutebefinden sich die Anteile desUnternehmens ausschließlichin Familienbesit .

Ein eiterer Meilenstein fürB. Braun ar 1971 die Eröff-nung eines Rechen entrums,um eine neue, größere Daten-earbeitungsanlage u beher-

bergen. Deren große Stärkeliege darin, dass sie „mit Ge-sch indigkeiten rechnet, diefür iele Menschen un orstell-bar sind“, hieß es in der Mitar-beiter eitschrift om De em-ber 1971. Heute, 38 Jahre spä-ter, hantiert mancher Schülermit einem schnelleren Ta-schenrechner. (as )

Von Firmenchefs zu AG-Vor-standsmitgliedern: Otto (links)undDr. BerndBraun. Fotos: Archiv

KASSEL. Eines der drei Boote,die beim Mannschafts ettbe-

erb der Kanu-Wild asser-WM 1971 in Meran an denStart gehen, ist mit einemnordhessischen Duo beset t.Der Kasseler Walter Spengler(26) und der Melsunger PeterStock (31) kehren als Welt-meister urück und knüpfendamit an den Erfolg an, dender Kasseler Günter Beck 1957mit dem Titelge inn in Augs-burg im Kanu-Slalom gefeierthatte. (geb)

Spengler/StockWeltmeisterim Wildwasser

Ein Schluck auf dieWeltmeister(von links): Walter Spengler,Günter Beck und Peter Stock.

Foto: nh

AROLSEN. Die Suche nach ei-ner Mineral asserquelle isterfolgreich. Im Park hinterdem Neuen Schloss stößt manin 4 Meter Tiefe auf eineWasserader. Anal sen erge-ben einen Mineralgehalt, derdie Verleihung des PrädikatsHeil asser im Jahr 1976 recht-fertigt.

Die Heilquelle Schlossbrun-nen bringt die Stadt einen gro-ßen Schritt eiter in ihremBestreben, den Namen BadArolsen führen u dürfen.1977 ist es dann so eit. AlsLuftkurort ar Arolsen schon1956 anerkannt orden.

Das milde Bitter asserirkt lokal auf die Magen-

Darm-Schleimhäute, die Le-ber ellensekretion und dieGallenfunktion. Da u ist eskochsal arm und hat mit ei-nem Fluoridgehalt on 1,5Milligramm eine günstige Re-lation für die Zahn-Karies-Pro-ph la e. (hpo)

Bohrung stößtin Arolsen aufMineralwasser

Montag, 6. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 24: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1972 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

KASSEL. Waren bis or kur-em noch die Arbeitskräfte

knapp, so beklagt KasselsOberbürgermeister Karl Bran-ner jet t eine steigende Ar-beitslosigkeit. 25 Stellen insechs Großbetrieben urdengestrichen.

Gleich eitig ird das Lebenspürbar teurer. „Mehr Gro-schen”, die durch den Auspuffder Autos gejagt erden, be-klagt die Zeitung. Der Ben in-preis ird um iereinhalbPfennig angehoben. Ein LiterSuperben in kostet jet t 64,5,Normalben in 56,9 Pfennig.

Die Post erhöht das Porto.Die Beförderung des Standard-briefs kostet ab 1. Juni 4 (statt3 ) Pfennig, die Postkarte nun3 statt 25 Pfennig.

Elektrischer Strom irdebenfalls teurer. Die Städti-schen Werke in Kassel hebenden Grundpreis um 1,6 DMund die Zählergebühr um 5Pfennig an. Der Kilo attstun-denpreis bleibt bei 1 Pfenni-gen. (tos)

Weniger Arbeit,aber diePreise steigen

ChronikNordhessen

Helsa. Die erste hessische Bür-gerinitiative bildet sich in Helsa.Die Bürger stemmen sich erfolg-reich gegen den Beschluss derGemeindevertreter, für eineautogerechteOrtsdurchfahrt imZentrum Fachwerkhäuser abzu-reißen. Der historische Ortskernbleibt erhalten, die Bürger-initiative wird von der Paul-Dierichs-Stiftung ausgezeichnet.

Witzenhausen.Mit dem Bauvon Hochwasserschutzanlagenan der Werra haben die Über-flutungen in der Stadt endlichein Ende.

Kassel. Der Neubau des Kom-munalen Gebietsrechenzen-trums (KGRZ)wird vonMinister-präsident Albert Osswald seinerBestimmung übergeben.

se+Druck entrum frei, undallgemein urde die In estiti-on für das neue Haus an derFrankfurter Straße in Kasselals gutes Beispiel für Struktur-politik gelobt. Bundeskan lerBrandt sprach ausdrücklichon einen Beispiel für „ irt-

schaftliche Weitsicht und un-ternehmerische Risikobereit-schaft.“

Viel Lob heimste bei den Er-öffnungsfeierlichkeiten aberauch eine Initiati e des Verle-gers Dr. Paul Dierichs ein: Errichtete für unächst ein Jahreinen Ombudsman ein, eineBesch erdeinstan , an diesich die Leser enden konn-ten. Will Brandt eigte sichbeeindruckt da on, „ as indiesem Haus probe eise undfrei illig auf den Weg ge-bracht erden soll.“

VON FRANK THON I CK E

KASSEL. Großer Bahnhof beider Ein eihung des neuenPresse+Druck entrums unse-rer Zeitung in Kassel. DerKan ler, ei Bundesministerund der Parlamentspräsidentkamen. So iel Prominen ,

urde damals angemerkt,habe es „im Zonenrandgebiet“

ohl noch nie gegeben.Erschienen aren Bundes-

kan ler Will Brandt (SPD),Bundestagspräsident Kai U eon Hassel (CDU), Bundesau-

ßenminister Walter Scheel(FDP), BundesinnenministerHans Dietrich Genscher (FDP)und natürlich der hessischeMinisterpräsident Albert Os-

ald (SPD).Der Kan ler höchst persön-

lich gab den Start für das Pres-

Der Kanzler gab den Start freiViel Prominenz kam zur Einweihung des Presse+Druckzentrums in Kassel

BundeskanzlerWilly Brandt drückte auf den Knopf, und die großeZeitungsrotation begann sich zu drehen. Foto: Archiv

lichen Domturms ein eiZentner sch eres Steinkreuin die Tiefe und durchschlugdas Dach des Altenheims St.Peter. Menschen kamen nichtu Schaden.In Kassel-Waldau riss der

Sturm die Flachdächer onei Hochhäusern. Die Trüm-

mer stür ten auf Geh egeund einen Kinderspielplat .Glücklicher eise urde nie-mand erlet t. Auf demWerksgelände on Hanomag-Henschel in Kassel erfet teder Orkan eine Traglufthalle.

Viele Autos urden durchBäume, Äste und Dach iegelsch er beschädigt. Wer keineKasko ersicherung abge-schlossen hatte, blieb auf sei-nen Kosten sit en. Der Scha-den in den deutschen Wäl-dern urde mit mehr als einerMilliarde Mark be iffert.

VON P E T E R OCHS

KASSEL. Als „Niedersachsen-Orkan“ ging er in die Ge-schichte ein. Sch erste Schä-den richtete das Sturmtief„Quimburga“ am 13. No em-ber aber auch in Nordhessenund hier or allem im Rein-hards ald an. Zehn Meterüber dem Boden erreichte derOrkan Spit engesch indig-keiten on 17 km/h.

In Esch ege starb ein 81-Jähriger, als eine Böe ihn onder Leiter blies.

In den Wäldern hinterließer eine Spur der Ver üstung.Straßen und Bahnstrecken

aren on umgestür ten Bäu-men blockiert. Auf dem Flug-plat Kassel-Calden urden

ei Sportmaschinen auf denRücken ge orfen. In Frit larstür te on der Haube des süd-

Eine Spur der VerwüstungSturmtief „Quimburga“ erreichte Orkanstärke – Hohe Schäden im Reinhardswald

Im Reinhardswald sah es nach dem Orkan aus, als hätten RiesenMikado mit ganzen Bäumen gespielt. Rund 200 000 FestmeterHolz fielen dem Sturm zumOpfer. Foto: Baron

RHODEN. Hermann Köhleraus Diemelstadt-Rhoden durf-te am 1 . September kur on

der Goldme-daille träu-men. Diedeutsche4 4 -Meter-Staffel gingbei den Ol m-pischen Spie-len in Mün-chen als hei-ßer Fa oritins Rennen.

Köhler auf Position drei be-kam den Staffelstab on Horst-Rüdiger Schlößke als Erster,erteidigte den knappen Vor-

sprung und übergab an KarlHon .

Der ar eigentlich damalsDeutschlands bester 4 -Me-ter-Läufer, aber im Finale au-ßer Form. So musste HermannKöhler machtlos usehen, ieHon on den Schlussläufernaus Kenia, Großbritannienund Frankreich überholt ur-de. „Den ierten Plat haben

ir damals als totalen Misser-folg empfunden“, sagt Köhlerheute noch. (geb)

Als Köhler vomOlympiasiegträumte

HermannKöhler

ChronikDeutschland

28.1. Auf dem Höhepunkt derFahndung nach Mitgliedern derRote Armee Fraktion (RAF) be-schließen die Regierungschefsvon Bund und Ländern unterVorsitz von BundeskanzlerWillyBrandt den so genannten Radi-kalenerlass. Danach könnenMitglieder extremer Organisa-tionen aus dem öffentlichenDienst fern gehalten werden.

27.4. Im Bundestag scheitertdas Konstruktive Misstrauens-votum der CDU/CSU gegen Bun-deskanzler Willy Brandt (SPD).Der Antrag, OppositionsführerRainerBarzel (CDU)zumKanzlerzu wählen, verfehlt um zweiStimmen die Mehrheit.

1.6. Die RAF-Terroristen Andre-as Baader, Holger Meins undJan Carl Raspewerden nach ei-nemSchusswechselmit der Poli-zei in Frankfurt festgenommen. -

Ab sofort gilt auf Landstraßenaußerhalb geschlossener Ort-schaften eine Geschwindigkeits-begrenzung: „Tempo 100“.

18.6.Durch einen 3:0-Sieg überdie UdSSR wird das deutscheTeam in Brüssel Fußball-Euro-pameister. Die meisten Spielerstellt Meister Bayern München.

26.8.-11.9. Die XX.Olympi-schen Sommerspiele finden inMünchen und Kiel statt. Mitglie-der der arabischenOrganisation

„Schwarzer September“ ver-üben im Olympischen Dorf einAttentat auf die israelischeOlympiamannschaft. Bei demAnschlag sowie bei dem polizei-lichen Versuch, die von den Ter-roristen als Geiseln genomme-nen Israelis zu befreien, werdenelf Israelis, ein deutscher Polizistund fünf Terroristen getötet.

29.10. Arabische Terroristenentführen eine Lufthansa-Ma-schine nach Libyen. Passagiereund Besatzung werden gegendrei nach demOlympia-An-schlag inhaftierte Attentäterausgetauscht.

19.11. Bei der Bundestagswahlwird die SPD erstmals stärksteFraktion. Die SPD/FDP-Koalitionregiert weiter.

Anschlag auf die Spiele: Terro-risten im Olympischen Dorf.

... und die Welt

17.6. Fünf Männer werden beieinem Einbruch in dasWahl-kampfhauptquartier der US-De-mokraten imWatergate-Hotelin Washington ertappt und fest-genommen. Wie sich heraus-stellt, handelt es sich umHelferdes Komitees für die Wieder-wahl des republikanischen Präsi-denten Richard Nixon. Im Laufeder Watergate-Affäre geratenimmermehr Mitarbeiter des US-Präsidenten - und schließlich erselbst - ins Zwielicht.

kratie“ mit Besuchern. So ge-wann die Ausstellung eine poli-tische Dimension. EinewichtigeEntdeckung waren die Fotorea-listen. Witzig: Das Plakatmotivzur documenta 5 wurde durchAmeisenauf rotemGrundgebil-det. (w.f.) Fotos: Archiv

pierte Schau als Skandal. Weilsie Kunst und Nichtkunstgleichsetzte, Kitsch und Wer-bung integrierte und zahlreicheAktionen von Avantgarde-Künstlern zeigte. Joseph Beuysdiskutierte 100 Tage lang in sei-nem „Büro für direkte Demo-

Im Rückblick gilt die documen-ta5, die vom30. Junibis8.Okto-ber 1972 inKassel zu sehenwar,als eine der wichtigsten Kunst-ausstellungen des 20. Jahrhun-derts. Doch von den 220 000Besuchern empfanden viele dievon Harald Szeemann konzi-

documenta 5 schockte das Publikum

Ameisen bildeten den Na-men der documenta 5.

Dienstag, 7. April 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 25: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1973 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

... und die Welt

1.9. In Chilenimmt sich dersozialistischePräsident Salva-dor Allende dasLeben, als dasputschende Mi-litär den Präsi-dentenpalast erstürmt.

6.10.DieÜberraschungsangriffeägyptischer und syrischer Streit-kräfte auf Israel am höchsten jü-dischen Feiertag Jom Kippur lö-sen den Jom-Kippur-Krieg aus.BeimWaffenstillstand am 25.Oktoberhabendie Israelis die anbeiden Fronten die Oberhand.

26.-28.11. Auf der ArabischenGipfelkonferenz in Algier wirderklärt, dass der Kampf gegen Is-rael auchdurchdieÖlwaffe, alsodie Reduzierung der Öllieferun-gen nach Europa und in die USA,geführt werden soll.

ChronikDeutschland

8.1. Das 1. Programm der ARDsowie 3. Programme beginnenmit der Ausstrahlung der ameri-kanischen Kinderserie Sesam-straße in deutscher Sprache.

3.2. Als erste Frau moderiertCarmen Thomas das AktuelleSportstudio im ZDF.

1.5. In Dortmund wird die Zen-tralstelle für die Vergabe vonStudienplätzen (ZVS) eingerich-tet.

Der FC Bayern Münchenwirdmit elf Punkten Vorsprung wie-der Deutscher Fußballmeister.Die Bayern waren seit dem ers-ten Spieltag Tabellenführer derBundesliga.

18.-22.5. Der sowjetische KP-ChefLeonidBreschnewbesuchterstmals die Bundesrepublik.

1.6. Der frühere CDU-Abgeord-nete Julius Steiner erklärt, beimMisstrauensvotum 1972 für Wil-ly Brandt gestimmt zu haben.Daraufhin wird ein Untersu-chungsausschuss des Bundes-tags eingesetzt, der klären soll,ob Korruption im Spiel war.

12.6.DerMinisterpräsident vonRheinland-Pfalz,Helmut Kohl,wird als Nachfolger des zurück-getretenen Rainer Barzel neuerCDU-Bundesvorsitzender.

30.6. Das restaurierte Reichs-tagsgebäude in West-Berlinwird an den Deutschen Bundes-tag übergeben.

31.7. Das Bundesverfassungs-gericht inKarlsruheentscheidet,dass der zwischen der Bundes-republik und der DDR geschlos-sene Grundlagenvertragmitdem Grundgesetz vereinbar ist.

30.8. ImZDFwirddieerste Folgeder KinderserieRappelkiste aus-gestrahlt.

18.9. Bundesrepublik und DDRwerden in die Vereinten Natio-nen (UN) aufgenommen.

25.11. Im Zuge des Energie-sicherungsgesetzes werdenFahrverbote an Sonntagensowie Geschwindigkeitsbe-grenzungen verhängt.

Leere Autobahnen: Fahrverbo-te an Sonntagen. Foto: Archiv

KASSEL. 1973 urde nochHandball auf dem Großfeld ge-spielt, und um ein Haar äreder Deutsche Meister aus Kas-sel gekommen. Die SV Harles-hausen traf im Finale in Wet -lar auf den TV Groß allstadtund führte kur or Schluss9:8. Den Ausgleich aber konn-te Tor art Henne nicht er-hindern, und in der folgendenVerlängerung dominierte derTV Groß allstadt, der schließ-lich mit 13:1 die Oberhandbehielt.

Für Harleshausen spielten:Henne - Behrend, Bock, H.Bork, Dekaris, Dippel, Fend-ler, Gau, Himmelmann, Kos-lo ski, Mögling, Nagelsch-mitt, H. Nordheim, Sattler.(geb)

HarleshausenVizemeister aufdem Großfeld

GUXHAGEN. Schon dreimalhier und immer noch nicht be-sonnen: Dieser Sat stand aufkahlem, grauem Put . Eine In-sassin des Mädchener ie-hungsheims Fuldatal hatteihn in die Wand ihrer Zelle ge-rit t. Ein Dokument eines düs-teren Kapitels. Bis um Jahr1973 urden hinter den Mau-ern der id llischen Klosteran-lage Gu hagen-BreitenauMädchen untergebracht, dieals sch ierig galten. Die Be-dingungen aren unmensch-lich.

„Alle persönlichen Sachenmussten ir abgeben, auchdie eigene Kleidung“, erinnertsich Renate Schmidt, die imEr iehungsheim Fuldatal 31Monate erbrachte. Ihr Alltagbestand damals or allem ausArbeit - auf dem Feld oder inder Werkstatt. Pri atsphäregab es nicht, Hunger ar an

Haft hinter KlostermauernNach Bericht von Ulrike Meinhof: Mädchenerziehungsheim Fuldatal wird geschlossen

der Tagesord-nung, und ersich den strengenAufseherinnen i-derset te, musstemehrere Tage inso genannten Be-sinnungs ellenerbringen. Zim-

mer, die an dunk-le Kerker erin-nern.

Erstmals in dieKritik geriet dasGu hagener Heim1969. Eine Studieüber Legastheniebrachte utage,dass die Mädchen,die dort unterge-bracht aren, ps -chische Schädenauf iesen. Nachder Veröffentli-chung des Artikelsmachten auch Me-

dien ie Der Spiegel und dieFrankfurter Rundschau aufdie Zustände im Heim auf-merksam.

Auch Journalistin UlrikeMeinhof, später Mitglied derRAF, recherchierte or Ort.Ihre Ergebnisse präsentiertesie anschließend im Hessi-schen Rundfunk. Unter demTitel „Gu hagen – Mädchen inFürsorgeer iehung“ prangertesie den Führungsstil der Heim-leitung an.

Der Druck auf den damali-gen Betreiber, den Landes-

ohlfahrts erband Hessen(LWV), uchs. 1973 schloss erdas Jugendheim Fuldatal. Erstiele Jahre später meldeten

sich Betroffene u Wort, dieihre Erinnerungen an die Zeitin Gu hagen schilderten.

Der LWV entschuldigte sicherst im Jahr 2 6 öffentlichbei ihnen. (som)

Beklemmend: Der Blick in eine so genannteBesinnungszelle im ehemaligen Erziehungs-heim Fuldatal. Archivfoto: Sangerhausen

cherkraftwerk dann in Betriebgenommen. Zwei Maschinen-sätze, bestehend aus einer Tur-bine, Generator und Pumpe,produzieren bei Volllastbe-trieb in dem Kavernenkraft-werk zusammen 440 Mega-watt. (ukl) Fotos: nh

von 106 Metern, ist 33,5 Meterbreit und 54 Meter hoch.

Die Maschinenhalle (rech-tes Bild) befindet sich damit ineiner der größten von Men-schenhand geschaffenenkünstlichen Höhlen der Welt.1976 wurde das Pumpspei-

1970 bis 1973 regelrecht aus-gehöhlt, wobei aus einer Tiefevon mehr als 800 Metern rund107 600 Kubikmeter Aus-bruchmaterial von den Bauar-beitern aus dem Berg geräumtwerden mussten. Die fertigeHöhle (links) hat eine Länge

Drei Jahre lang haben sich dieBauarbeiter in den Berg vorge-graben, dann war sie fertig:1973 wurde die Kaverne fürdas PumpspeicherkraftwerkWaldeck II am Edersee fertigge-stellt. Für den Bau dieser Kaver-ne wurde der Peterskopf von

Peterskopf: Eine der größten künstlichen Höhlen derWelt

Hilfskräfte on Feuer ehr,DRK und ASB, Poli ei, Gren -schut , des Zi ilen Be ölke-rungsschut es so ie ahlrei-che Är te aren noch die gan-e Nacht hindurch bemüht,

die Verlet ten und Toten ubergen. Die Rettungsarbeitengestalteten sich besonderssch ierig, eil die Menschenin einem Stahl- und Blechge-

irr eingeklemmt aren.Bei der Suche nach den Ur-

sachen für das Unglück fielschnell auf, dass an diesemTag ischen Guntershausenund Rengershausen insgesamtfünf Züge über einen unge-

öhnlich langen Abschnittie auf Schlittenkufen über

die Gleise gerutscht aren.Herbstlaub, Nässe undSchmut hatten, ie E pertenspäter ermittelten, für einenSchmierfilm auf den Schienengesorgt, sodass die Brems ir-kung sehr stark erringert

urde. (tho/hpo)

KASSEL. Eines der sch erstenEisenbahnunglücke, die es bis-her in Deutschland gegebenhatte, ereignete sich am 5. No-ember 1973 or den Toren

Kassels. Am Bahnhof Gunters-hausen (Landkreis Kassel) star-ben 13 Menschen, 25 Reisende

urden sch er, eitere 4leicht erlet t.

Um 14.29 Uhr ar der D-Zug „Ederland“ trot einerZ angsbremsung noch mitTempo 6 auf den auf freierStrecke or dem Bahnhof ste-henden Inter onen ug D 435geprallt. Der Inter onen ug,unter egs on Mönchenglad-bach nach Leip ig, ar orGuntershausen egen einesSchlauchschadens liegenge-blieben.

Bei dem Aufprall hatte diesch ere Elektrolokomoti e ei-nen Erste-Klasse-Wagen amZugende auf et a ein Drittelseiner ursprünglichen Längeusammengeschoben.

Lok zermalmte 1.-Klasse-Wagen13 Tote bei Eisenbahnunglück vor Guntershausen: D-Zug schlitterte in Interzonenzug

Ein Gewirr aus Stahl und Blech: Viele Unfallopfer waren in denTrümmern des Interzonenzugs eingeklemmt. Foto: Archiv

ChronikNordhessen

Rotenburg.Der Bundesverbandder Betriebskrankenkassen wirdin Rotenburg für zehn MillionenMark eine Bundesschule errich-ten - auf einemvonder Stadt zurVerfügung gestellten Grund-stück. Aus der Bundesschulewurde die BKK-Akademie.

Witzenhausen. Im Gelstertalnimmt eine neue Papierfabrikdie Produktion auf, 170 Arbeits-plätze sind entstanden. Wegenunkalkulierbarer Umweltbelas-tungen gibt es aber auch Protes-te.

Grebenstein. Funde der Archäo-logie-AG der Albert-Schweitzer-SchuleHofgeismarweisen nach:Vor 80 000 bis 100 000 Jahrenlebten Neandertaler in der Ge-markung Grebenstein.

Korbach. In der Kreisstadt wirdeine der seltenen Stradivari-Gei-gen entdeckt. Das 1714 gebauteMeisterstück hat einen Schätz-wert von 800 000 Mark.

Witzenhausen. Im Dezemberkommt das endgültige Aus fürdie Gelstertalbahn, die 1915erstmals fuhr. Sie verbandWit-zenhausenmit Großalmerodeund Hessisch Lichtenau.

Auf und am neuen FlughafenKassel-Calden findet im Junider „air market Kassel 1973“statt, eine internationale Fach-messe der Luftfahrt.

Zur Premiere seines neuenFilms „Oh Jonathan, oh Jona-than“ im Kaskade-Kinoschwebt Hobbypilot HeinzRühmann (72) mit seiner eige-nen Sportmaschine in Kassel-Calden ein.

Mitt och, 8. April 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 26: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1974 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

viel mehr als zuvor im Landes-museum. Die „Hessische Allge-meine“ freute sich über „Kunstfür den Bürger im Schloss desFürsten“.Unddie„Welt“ schrieb:„Nicht nur Deutschland, Europahat ein bedeutendes Museummehr.“ (w.f.) Foto: Archiv

sammlungen, Erich Herzog,übergeben konnte. Unser Bildzeigt Herzog (rechts) mit demhessischenMinisterpräsidentenAlbert Osswald (vorn). 600 Bil-der, darunter die Paradewerkevon Rembrandt, Rubens undHals, konnten gezeigt werden,

zerstörten Schlosses beschlos-sen. 1972, zur documenta 5,sollte die Gemäldegalerie eröff-net werden. Doch es dauerteweitere zwei Jahre, bis Kultus-minister Ludwig von Friedeburgendlich die Schlüssel an den Di-rektor der Staatlichen Kunst-

Als am 3. April 1974 die Gemäl-degalerie Alte Meister inSchloss Wilhelmshöhe eröffnetwurde, war dies ein Neuanfang.Gleichzeitig war es auch dasEnde einer fast unendlichen Ge-schichte. 1960 hatte das LandHessen den Wiederaufbau des

Die AltenMeister ziehen ins SchlossWilhelmshöhe

Nachdem es auch in Kasselund seinem Umland Problemegegeben hatte – das reicheBaunatal hatte sich mithilfeon Landrat Josef Köcher er-

folgreich gegen eine Einge-meindung nach Kassel ge-

ehrt und der Landkreis Kas-sel ar am 1. August 1972Wirklichkeit ge orden, –stand in Nordhessen um 1. Ja-nuar 1974 eine eitere riesigeNeugliederung an: Die Land-kreise Sch alm-Eder, Wal-deck-Frankenberg und Werra-Meißner entstanden.

Auch da knirschte es anmanchen Ecken: Vor allem

ischen Waldeckern undFrankenbergern, so urde kri-

VON FRANK THON I CK E

KASSEL. Von 197 bis 1977urde Hessen neu struktu-

riert. Mit der Gebietsreformsollte die Ver altungskraftder Gemeinden und Kreise ge-stärkt erden. Vor allemKleinstgemeinden unter 3Ein ohnern, die keine haupt-amtlichen Ver altungsbeam-ten hatten, sollten in größereEinheiten integriert erden.

Die Gebietsreform urdeso usagen in ei Teilen um-geset t: Bis 1971 schlossensich Gemeinden und Kreisefrei illig usammen, ab 1972folgte eine geset liche, also

angs eise Neugliederung.

Hessenkarte neu gezeichnetDie Kreise Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg und Werra-Meißner entstanden

tisiert, gebe es keine gemein-same Identität. Insofern seider Landkreis Waldeck-Fran-kenberg ein fauler Kompro-miss.

Im neuen Sch alm-Eder-Kreis hatten seit 1821 dieLandkreise Frit lar, Homberg,Melsungen und Ziegenhaine istiert. 1932 gab es eine Ver-

altungsreform – die beidenLandkreise Frit lar und Hom-berg urden um LandkreisFrit lar-Homberg ereinigt.

Die danach noch selbststän-digen drei Landkreise urdenschließlich 1974 umSch alm-Eder-Kreis er-schmol en. Als Kreisstadt ur-den Homberg (Ef e) ge ählt,

da die Stadt in et a in der Mit-te des Kreisgebiets liegt.

Im Werra-Meißner-Kreis –er entstand 1974 durch die Zu-sammenlegung der bis dahinselbständigen LandkreiseEsch ege und Wit enhausen– hatte es bereits 1972 Ände-rungen der Kreisgren en gege-ben. Teile des Kaufunger Wal-des gingen om Landkreis Kas-sel nach Wit enhausen, Son-tra ar aus Hersfeld-Roten-burg herausgelöst dem Land-kreis Esch ege ugeordnet

orden. Kreisstadt urde ab1974 Esch ege – die Stadt argrößer als Wit enhausen undliegt im Landkreis et as en-traler.

ChronikDeutschland

13.2. In der Bundesrepublikwerdendie LöhneundGehälterim öffentlichen Dienst um 11Prozent erhöht.

1.5. Um Verstöße gegen dieStraßenverkehrsordnungbesserkontrollieren zu können, be-ginnt das Kraftfahrtbundesamtin Flensburg, in der Verkehrssün-derkartei Strafpunkte aufzu-zeichnen.

6.5. BundeskanzlerWilly Brandttritt wegen der AgentenaffäreumdenDDR-SpionGünterGuil-laume, seinem persönlichen Re-ferenten, überraschend zurück.

11.5. Als erstem Bundesligaver-ein gelingt es Bayern München,zum dritten Mal hintereinanderDeutscher Fußballmeister zuwerden. Am 17. Mai gewinntUdo Latteks Elf auch den Europa-pokal der Landesmeister.

15.5.Walter Scheelwird zumBundespräsidenten gewählt.

16.5. Der Deutsche BundestagwähltHelmut Schmidt zumKanzler. Die sozial-liberale Koali-tion wird fortgesetzt.

22.6. Bei der Fußball-WM ver-liert die Bundesrepublik ihr Vor-rundenspiel gegen die DDRdurch das Tor von Jürgen Spar-wasser mit 0:1, wird aber am 7.Juli durch einen 2:1-Erfolg ge-gen Holland dennochWelt-meister.

26.6. Das Bundesaufsichtsamtfür Kreditwesen entzieht demprivaten Kölner Bankhaus IwanD. Herstatt die Erlaubnis zurFortführung des Bankgeschäfts.Hohe Verluste und betrügeri-sche Aktivitäten leitender Ange-stellter hatten zur größten Ban-kenpleite seit der Weltwirt-schaftskrise 1929 beigetragen.

17.7.Der Iran erwirbt 25,04 Pro-zent des Grundkapitals der Bo-chumer TochtergesellschaftKrupp Hüttenwerke AG.

14.10. Der schwedische Möbel-konzern Ikea eröffnet in Echingbei München sein erstes deut-sche s Möbelhaus.

9.11.RAF-HäftlingHolgerMeinsstirbt an den Folgen seinesHun-gerstreiks. Daraufhin wird amTag danach inWest-Berlin Kam-mergerichtspräsident Güntervon Drenkmann von Terroristenermordet.

Der Kanzler und der Spion:Wil-ly Brandt (links) und GünterGuillaume. Archivfoto: dpa

... und die Welt

12./13.2. Die Sowjetunion er-kennt dem Schriftsteller Alexan-der Solschenizyn die Staatsbür-gerschaft ab und weist ihn aus.

6.4. Schwedens PopgruppeAbba gewinnt mit „Waterloo“den Grand Prix de la Chanson.

9.8.US-Präsident RichardNixon(Foto) erklärt inder Watergate-Affäre um einenEinbruch insWahlkampf-hauptquartierder Demokra-ten seinenRücktritt. Nachfolger wird Vize-präsident Gerald R. Ford.

hausen in der Schwalm aus-gewählt worden, zusammenmit Thomas Schmerer dasHessentagspärchen zu sein.Ministerpräsident Albert Oss-wald hatte sich für die beidenzehnjährigen Trachtenkinderentschieden. (rbg)

Christel Schmieling und Tho-mas Schmerer waren 1974dasHessentagspaar in Fritzlar.„Ich habe völlig neue Weltenkennengelernt“, sagt die Frauaus Kirchbauna heute. Sie wardamals in der Grundschuledes 800-Seelen-Orts Seigerts-

Schwälmer Trachtenkinder

ChronikNordhessen

Bad Hersfeld.Mit nur 34 000Besuchern verzeichnen die BadHersfelder Festspiele das ver-gleichsweise schlechteste Er-gebnis seit ihrer Gründung.Schuld war der Fußball: MitRücksicht auf die Weltmeister-schaft waren der Beginn um 14Tage in die Sommerferien ver-schoben worden.

Kassel. Der weltweit beachteteWagner- „Ring“ von Ulrich Mel-chinger findet imOpernhausmitder „Götterdämmerung“ seinenAbschluss.

Naumburg.DasFreizeitzentrumwird Einwohnern und Gästenübergeben.

Bad Hersfeld. Stolzes Industrie-Jubiläum: Vor 100 Jahren grün-dete Benno Schilde sein Maschi-nenbauunternehmen, in dem„Exhaustoren“ (Ventilatoren)hergestellt wurden.

Kassel.Harleshausen feiert 900-jähriges Bestehenmit einemgroßen Festumzug. Der Ort wur-de 1074 erstmals in einer Urkun-de des Klosters Hasungen er-wähnt.

Schwalmstadt. Der StadtteilAscherodeerhält aufderGrünenWoche in Berlin die bronzenePlakette beimWettbewerb„Unser Dorf soll schöner wer-den“.

Kassel. Die Bundesbahndirekti-on Kassel hört auf, als eigeneBehörde zu existieren. Der Be-zirk wird in die Bundesbahndi-rektion Frankfurt eingegliedert.

Kassel. Thyssen-Henschel be-ginnt mit den Forschungs- undEntwicklungsarbeiten auf demGebiet der Magnetfahrtechnik.

Die Heinemanns in Kassel. Miteinem zweitägigen Besuch inKassel und Eschwege verab-schieden sich BundespräsidentGustav Heinemann und seineFrauHildaMitte Juni vonHessen.Mit dem Hubschrauber lande-ten sie in der Karlsaue (unserFoto). Tausende hatten sich be-reits vor dem Rathaus versam-melt, um den Besuchern zuzuju-beln. „Die Stadt hat Zukunft undist auf Zukunft ausgerichtet“, riefder beliebte Präsident den Men-schen zu.

BAUNATAL. Fast 68 der18 5 Mitarbeiter im Bauna-taler VW-Werk sind on Kur -arbeit betroffen. Volks agenreagiert damit, ie andere Au-tohersteller auch, auf die Öl-krise, die die Automobilindus-trie besonders sch er trifft.Ab Juni bietet der Vorstandum ersten Mal altersunab-

hängige Aufhebungs erträgean. (phe)

Kurzarbeitauch bei VW

lant behandelt. Mit heute 75Mitarbeitern ist das HKZ größ-ter Arbeitgeber Rotenburgs.

Mit dem HKZ sei der großeWurf für Rotenburg gelungen,hieß es 1974 bei der Ein ei-hung. Meise urde mehrfachals Glücksfall für Rotenburgund die Region ge ürdigt. Erhat das HKZ immer ieder er-

eitert und neue medi ini-sche Angebote gemacht, bautedrei eitere Hotels, den See-park Kirchheim und die Mei-rotels-Halle. Bei seinem 7 .Geburtstag 1997 hatten seineUnternehmen 3 87 Bettenund 15 Mitarbeiter.

Das let te Werk des HKZ-Gründers blieb un ollendet.Im Frühjahr 1998 ollte er ne-ben der Heil asserquelle einThermalbad mit Kurmittel-haus bauen. Sein ichtigsterPartner, die Fröhlich Bau AG,ging in Konkurs. Der Roten-burger Ehrenbürger starb 71-jährig Pfingsten 1998.

VON MAN FR ED SCHAAK E

ROTENBURG. Eines der größ-ten deutschen Her entren

urde am 17. Januar 1974 inRotenburg einge eiht – dasHer - und Kreislauf entrum(HKZ). Hein Meise, der bereits1948 in Rotenburg und 196in Wiesbaden Architekturbü-ros eröffnet hatte, plante undbaute das HKZ.

In nur 312Arbeitstagenentstand dasKlinikum mitdem Hotel Per-gola auf demRodenberg.1989 kamendas Hotel Ro-denberg so ie die Her chirur-gie hin u. Im Herbst origenJahres urde der 3 . Her -patient in Rotenburg operiert.Im HKZ urden im Vorjahrüber 14 Patienten statio-när und eitere 37 ambu-

Nach 312 Tagenstand das HKZHerzzentrum Rotenburg im Januar eingeweiht

Heinz Meise

Donnerstag, 9. April 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 27: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1975 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Schwalmstadt.BerndHeyn (10)aus Treysa darf die Fußball-Na-tionalmannschaft begrüßen - alsAnerkennung für seineMitarbeitin der Jungschargruppe Treysa.Trainer Helmut Schön stellt ihnBeckenbauer so vor: „Unser jun-ger Sportsfreund aus Treysa.“

Baunatal. Das Heim der Natio-nen, eine internationale Begeg-nungsstätte der Stadt Baunatal,öffnet in Altenbauna.

Willersdorf. InWillersdorf stürztdie 250 Jahre alte Kirche ein, alsdie Glocken gerade 20 Uhrschlagen. Organist Willi Engelhatte die Kirche erst 30Minutenvorher verlassen.

Kassel. Die hessische Landesre-gierung gibt grünes Licht füreine zweite Bundesgartenschauin Kassel. Nach 1955 soll dienordhessische Metropole imJahr 1981 wieder Schauplatz ei-ner Buga sein.

Kassel. Die neue Hauptpost ander Unteren Königsstraße wirderöffnet.

Frankenberg. Die Stadtverwal-tung schafft den ersten Compu-ter an. Der Haushaltsplan kannjetzt statt in mehreren Tagen inwenigen Stunden geschriebenwerden.

Eckhard Baum eröffnet in Kas-sel seinen „Film-Shop“ undahnt nicht, dass er die erste Vi-deothek der Welt ins Lebenruft. Foto: nh

KASSEL. Hans Eichel (33), bis-her Vorsit ender der SPD-Fraktion in der Stadt erordne-ten ersammlung on Kassel,

ird neuer Oberbürgermeis-ter. Er löst Karl Branner (65)ab, der nach 13 Amtsjahrenabtritt. „D’r Karle“, ie ihn dieKasseler liebe oll nennen,

ird um Ehrenbürger derStadt ernannt ird. Eichel istder jüngste OB in der Bundes-republik. (hpo)

Hans Eichelneuer OB

Mit einemStraußNelkengratu-liert Dr. Karl Branner seinemNachfolger imAmtdesKasselerOberbürgermeisters, Hans Ei-chel. Foto: Lengemann

ren Freigaben der Autobahn:1970Zierenberg–Breuna, 1971Breuna–Diemelstadt, 1972schließlich Diemelstadt–Wün-nenberg und Soest–Dort-mund/Unna. (tho) Foto: Archiv

Anschlussstellen Kassel-Südund Zierenberg bei Burghasun-gen wurden die Bauarbeitenfür ein 16 km langes Teilstückaufgenommen. Im Oktober1968 war es fertig. Die weite-

149 Kilometer lange Autobahnendlich fertig. Die Idee einerOst-West-Autobahn war schon1927 entstanden, aber erst imNovember 1964 begann derBau der A 44: Zwischen den

Freie Fahrt zwischenKassel unddem Ruhrgebiet: Im Sommer1975 wird das letzte Teilstückder Autobahn 44 zwischenWünnenberg und Soest-Ostfreigegeben. Damit war die

Endlich freie Fahrt bis Dortmund

Höhepunkt des Jahres arder historische Fest ug EndeAugust. Z ei Stunden lang o-gen 88 Gruppen, Fest agenund Musik üge nach einemheftigen Ge itter bei Sonnen-schein durch die Straßen. „AnBuntheit und Vielfalt ar bis-her in Wit enhausen nichtsGleich ertiges geboten or-den,“ berichtete die HNA.

Die 75 -Jahr-Feier urde u-gleich genut t, um eine Städ-tepartnerschaft mit Saint Val-lier sur Rhône u besiegeln.3 Fran osen aren da u mitTan gruppe und Spielmanns-ug an die Werra gereist. Der

Kontakt ar drei Jahre u ordurch den fran ösischen Bür-germeister ustande gekom-men. Sein Name: Robert E.Witsenhausen.

VON S T E F AN FORB ER T

WITZENHAUSEN. Unbekanntist, ie alt die Stadt an derWerra ist. Die urkundlicheErster ähnung ist ugleichdie Verleihung der Marktrech-te – am 3 . Mär 1225. Sostand Wit enhausen 1975 imZeichen der 75 -Jahr-Feier.

Von der Verleihung derFreiherr- om-Stein-Plaketteüber das Gastspiel des Fußball-Bundesligisten Hertha BSCBerlin, ein Sängerfest auf derFreilichtbühne, die Jahres-haupt ersammlung des Ver-eins für Hessische Geschichteund Landeskunde, Ausstellun-gen und Sport eranstaltungenbis hin ur Fest oche mit Ern-tedank- und Heimatfest reich-te das Programm.

Werrataler feiernmitFranzosenHistorischer Festzug war Höhepunkt der 750-Jahr-Feier der Stadt Witzenhausen

Visionen der Schüler: Von Witzenhausen als Weltstadt 2750träumte die Schuljugend im Festzug. Archivfoto: Stadtarchiv Witzenhausen

ChronikDeutschland

1.1. In der Bundesrepublik wirddas Volljährigkeitsalter von 21auf 18 Jahre herabgesetzt.

27.2. Der CDU-Politiker PeterLorenz wird von Terroristen der„Bewegung 2. Juni“ entführt.Am 5. März wird Lorenz freige-lassen, nachdem die Bundesre-gierung fünf inhaftierte Mitglie-der der Bewegung in die Volks-republik Jemen ausfliegen lässt.

15.4. Das Kernkraftwerk Biblisam Rhein nimmt den Betriebauf.

24.4. RAF-Terroristen überfal-len die deutsche Botschaft inStockholm. Als die Bundesregie-rung die Freilassung inhaftierterRAF-Mitglieder verweigert, wer-den zwei Botschaftsmitgliedergetötet. Die restlichen Geiselnwerden von der Polizei befreit,die Terroristen festgenommen.

21.5. In Stuttgart-Stammheimbeginnt der Prozess gegen dieführenden RAF-Mitglieder Ulri-ke Meinhof, Andreas Baader, JanCarl Raspe und Gudrun Ensslin.

14.6. Borussia Mönchenglad-bachwird Deutscher Fußball-meister.

8.-12.7. Als erster israelischerMinisterpräsident besucht Yitz-hak Rabin die Bundesrepublik .

30.9. Der Prozess gegen Spielervon FC Schalke 04 beginnt. DieFußballer sollen dafür, dass sie1971 ein Spiel gegen ArminiaBielefeld verloren, insgesamt40 000 Mark Bestechungsgelderhalten haben. Die Spieler strei-ten dieses unter Eid ab.

1.10.Die ersten weiblichen Offi-ziere treten in die Bundeswehrein. Die fünf Ärztinnen werdenim Sanitätsdienst eingesetzt.

9.10. In den Kinos läuft der Film„Die verlorene Ehre der Katha-rina Blum“ von Volker Schlön-dorff undMargarethe von Trottanach der gleichnamigen Erzäh-lung Heinrich Bölls an.

15.12. Günter Guillaumewirdwegen Spionage für die DDR zu13 JahrenHaft und seine Ehefrauzu acht Jahren Haft verurteilt.

Gefangener der „Bewegung2. Juni: Der CDU-Politiker PeterLorenz. Archivfoto: dpa

... und die Welt

1.4. US-Wissenschaftler entde-cken , dass dieOzonschicht derErde gefährdet ist – besondersdurch das in Spraydosen ver-wendete Treibgas.

30.4. Nach der Einnahme Sai-gons durch den kommunisti-schen Vietkong endet der seit1946 dauernde Vietnamkrieg.

7.9. Die tschechoslowakischeTennisspielerinMartina Navra-tilova stellt einen Asylantrag inden USA.

20.11. Francisco Franco (Foto),der Spanien 36Jahre lang mitdiktatorischenMitteln regierthat, stirbt im Al-ter von 82 Jah-ren in Madrid.

Staatsarchi s in Marburginkten ab, auch Fußnoten

sollten nicht darauf er ei-sen. Die Murhardsche Uni-Bi-bliothek in Kassel sah sichauch nach sechs Wochen Prü-fung nicht in der Lage, die Bi-bel u bestimmen. „DerWunsch eines Schulmeisterssei Vater des Gedankens,meinte man damals. Daskonnte nicht ahr sein“, erin-nert sich Baas heute.

Alles änderte sich, als Baasim Sommer 1975 Eins- u-eins-Kopien einer Seite eitgleichan das Gutenberg-Museum inMain , die StaatsbibliothekMünchen und die Landesbi-bliothek Darmstadt schickte:Praktisch post endend ka-men Telegramme: „Kein Z ei-fel, die Gutenbergbibel istecht“. Friedrich-Karl Baas be-kam später sogar das Bundes-erdienstkreu .Die Bibel, damals auf fünf

Millionen Mark ta iert, in i-schen auf einen Wert on achtMillionen Euro, ist heute inder Tresoranlage der Uni ersi-tätsbibliothek am Brüder-Grimm-Plat in Kassel u be-sichtigen.

ne Faust eiter, eignete sichissenschaftliche Methodenur Druckt penanal se an

(Haeblersche Methode) undar über eugt: Das Buch ar

das 48. E emplar des 5 Jahreu or om Erfinder des Buch-

drucks angefertigten 1. Bibel-bandes (Altes Testament).

Doch die E perten des

den eingestaubte Früh- undReformationsdrucke, die sichin die Zeit um 15 datierenließen. Nur eine große, alte Bi-bel gab ihre Herkunft nichtpreis.

Der Immenhäuser LehrerFriedrich-Karl Baas befasstesich ab 1965 intensi mit demBuch. Er bildete sich auf eige-

VON THOMAS TH I E L E

IMMENHAUSEN. Die Ge-schichte gäbe das Drehbuchfür einen spannenden Spiel-film ab: Ein Lehrer findetbeim Aufräumen eines Dach-bodens ein altes Buch. Er istüber eugt, ein bis dahin unbe-kanntes E emplar einer ech-ten, berühmten Gutenberg-Bi-bel gefunden u haben, dochjahrelang ill ihm keinerglauben. Vor allem nicht dieE perten in der Region.Schließlich jedoch hat er dochRecht - und die Nachricht omWeltkulturfund geht on Im-menhausen aus um die Welt.

Diese Geschichte trug sich1975 im Landkreis Kassel u.1958 ar nach einem Pfarrer-

echsel der Dachboden dese angelischen Pfarrhauses inImmenhausen aufgeräumt

orden. Immenhausen ardie nordhessische Stadt, in deruerst protestantisch gepre-

digt urde ( as dem ugereis-ten Prediger Bartholomäus Ri-seberg sogleich Gefängnis ein-brachte). Aus jener Früh eitdes Protestantismus stamm-ten etliche auf dem Dachbo-

Superfund vom DachbodenLehrer spürte wertvolle Gutenberg-Bibel auf – Experten zweifelten bis zuletzt

Stolzer Entdecker: Der Immenhäuser Lehrer Friedrich-Karl Baasmit demmillionenteuren Dachbodenfund. Foto: Margot Baas/nh

Samstag, 11. April 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 28: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1976 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Bad Hersfeld. Günther Flecken-stein ist neuer Festspiel-Inten-dant. Carl Zuckmayer nimmt ander Premiere seines Schauspiels„Rattenfänger“ teil.

Baunatal. Das Ozon-Hallenbadgeht in Betrieb.

Witzenhausen. Das das Bürger-hausmit Hallenbad ist fertig, dieKosten von 9,5 Millionen DM lie-gen ein Drittel über dem Plan.

Kassel. Die Orangerie kannRichtfest feiern. 16 MillionenMarkwurdenmit Landeshilfe fürdie Restaurierung aufgebracht.

Hofgeismar. Ein schwererOrkanrichtet vor allem imAltkreis Hof-geismar, Knüll und Kellerwaldgroße Schäden an.

Bad Hersfeld. Die Fußgängerzo-ne wird eingeweiht.

Eine elegant-charmante Er-scheinung: Die Gattin des Bot-schafters der Elfenbeinküste(rechts) trug ein grünes Abend-kleid, das mit dem Bild einerafrikanischen Maske ge-schmückt war. Foto: Baron

... und die Welt

31.1. In Frankreich werden 119Bilder des Künstlers Pablo Picas-so aus dem Papstpalast in Avi-gnon geraubt.

19.6. König KarlXVI. Gustav vonSchweden hei-ratet in Stock-holm die deut-sche Stewar-dess SilviaSommerlath (Foto).

9.9. Der Tod des chinesischenParteichefsMao Tsetung (82)wird bekanntgegeben.

ChronikDeutschland

1.1. In der Bundesrepublik wirddie Gurtpflicht für Autofahrereingeführt. Außerdemwird eineRichtgeschwindigkeit von 130km/h auf Autobahnen empfoh-len.

12.2. Der Bundestag reformiertden Paragraphen 218. Danachwird bei einem Schwanger-schaftsabbruch in den erstendrei Monaten bei ethischer, me-dizinischerodersozialerNotlageder Frau Straffreiheit gewährt.

9.5. Die RAF-Terroristin UlrikeMeinhofwird erhängt in ihrerZelle aufgefunden. Laut Anga-benderGefängnisleitungbegingsie Selbstmord.

21.5. Borussia Mönchenglad-bach sichert sich die DeutscheFußballmeisterschaft.

15.6. Bei Eschwege bringenDDR-Grenzsoldaten zwei Be-amte des Bundesgrenzschutzesin ihre Gewalt, die bei einemStreifengangdieGrenzezurDDRüberschritten hatten. Nach drei-tägigen Verhören werden dieWest-Beamten abgeschoben.

1.7. In der Bundesrepublik trittein neuesNamensrecht in Kraft.Ehepaare können künftig ent-scheiden, ob sie den Familienna-men des Mannes, der Frau odereinen Doppelnamen annehmen.

18.8. Der PfarrerOskar Brüse-witz setzt sich auf demMarkt-platz der Stadt Zeitz aus Protestgegen dieDDR-Regierung selbstin Brand. Vier Tage später erliegter seinen Verletzungen.

29.10.SED-ChefErichHoneckerwird zum Vorsitzenden desDDR-Staatsrates und des Vertei-digungsrats gewählt. Damit un-terstehen ihm die drei wichtigs-ten Ämter im Staat.

16.11.Während einer Tourneedes LiedermachersWolf Bier-manndurchdieBundesrepublik

beschließt das Politbüro derDDR dessen Ausbürgerung.

14.12. Der IndustriellensohnRichard Oetkerwird entführt.Nach Zahlung von 21 MillionenDM Lösegeld wird er am 16. De-zember schwer verletzt freige-lassen.

15.12. Der Bundestag wähltHelmut Schmidt erneut zumBundeskanzler einer sozial-libe-ralen Koalition.

Der DDR zu kritisch: Liederma-cher Wolf Biermann wird aus-gebürgert. Archivfoto: dpa

Einen Schlagerstar und einenstrahlenden Bürgermeisterzeigt dieses Foto, das bei derEinweihung der KorbacherStadthalle entstand. Bürger-meisterDr. Dr. Horst Bökemei-

Mary Roos in Korbacher (Mitte in der hellen Jacke)findet sichtlich Gefallen anMary Roos, die ihren Gesangs-auftritt im schulterfreienAbendkleid absolviert.

Foto: nh

BAUNATAL. Ein anderer KSVim Auestadion als der KSVHessen Kassel? So sollte es mitdem Aufstieg des KSV Bauna-tal 1976 in die 2. Fußball-Bun-desliga kommen. Die beidenStädte ereinbarten, dass dieBaunataler ihre Heimspiele imAuestadion absol ieren durf-ten. Bei mehr als 5 Zu-schauern mussten sie aller-dings 15 Pro ent der Einnah-men, bei unter 5 Besu-chern nur ehn Pro ent insKasseler Stadtsäckel ahlen.

„OB Eichel und Bürgermeis-ter Hille als Sportde ernentbetonten, dass der KSV Bauna-tal gegenüber den übrigenVereinen das Vorrecht habe“,schrieb die Hessische Allge-meinen. „Es erde jedoch si-chergestellt, dass auch dieHessenligisten in Kassel (KSVHessen und SV Ol mpia), dieauf das Stadion ange iesenseien, ersorgt ürden.“ (tos)

KSV Baunatalsteigt in ZweiteBundesliga auf

künstlichen Schnee produ-ierte.In Ziegenhain drehten die

Filmemacher auf dem großenParadeplat . In Frit lar arder gan e Marktplat gesperrt

orden, um einige S enen udrehen. Als Statisten irktenLandfrauen aus Willingshau-sen in der Sch alm, der Rei-ter erein Borken und derDomorganist Wilhelm Koh-nen als Trommler mit.

Wenn Sigmar Solbach alsRobert on Ha nau im Filmüber den Marktplat reitet,dauert das nur enige Sekun-den. Gedreht urde aber ein-einhalb Stunden.

Die Verschiffung der hessi-schen Soldaten nach Amerika

urde in Bad Karlshafen mit3 Komparsen gedreht. Mitdabei aren 3 Pioniere onder 2. Jägerdi ision in Hann.Münden.

Für ahlreiche Ein ohnerer ies sich der Film als eineChance, einen kleinen Neben-erdienst ein ustreichen. Sta-

tisten bekamen pro Tag 6Mark, ein Gehenkter urdemit 8 Mark belohnt. Verär-gert registrierten Fernseh u-schauer in Nordhessen bei derAusstrahlung des Films, dassdie angeblichen NordhessenFrankfurter Platt sprachen.

geln angebracht, um an dieTradition der Reiherjagd inWabern u erinnern. Die S e-nen mussten so oft iederholt

erden, dass am Ende dieJagdhunde on den Reiternnur noch mitgeschleift ur-den.

Unterstüt t urde das Film-team bei den Dreharbeitendurch die Feuer ehr, die mitihrem Schaumlöschfahr eug

Wülmersen und in Bodenfeldean der Weser machte das iel-köpfige Fernsehteam Station.

Bei Wabern urde eine Pap-pelallee u einer herrlichen Ei-chenallee umgebaut, die imFilm um Gut Ha nau führte.

Außerdem ar das Film-team in der Ederau bei Ober-möllrich akti . Da u urdenin den Baumkronen Reiher-horste mit ausgestopften Vö-

VON THOMAS SCHAT TN ER

FRITZLAR. Halb Nordhessenar 1976 die Bühne für große

Film- und Fernsehstars. Anmehreren Orten drehte FritUmgelter für die ARD denDreiteiler „Der Winter, der einSommer ar“ nach dem Ro-man on Sandra Paretti.

Das Historienepos dramati-sierte den amerikanischen Un-abhängigkeitskrieg on 1776bis 1783. Der hessische Land-graf Friedrich II. hatte für 3Taler pro Kopf 12 Landes-söhne an den englischen Kö-nig ermietet, um die Aufstän-dischen in Amerika u be-kämpfen.

Günter Strack, ChristianQuadflieg und Siegmar Sol-bach, Horst Frank, PinkasBraun, Klaus Höhne, Hans Ca-ninenberg, Anneliese Uhlig,Hein Baumann, Georg Lehnund Nicole Heesters irktenmit. Insgesamt aren 98 Rol-len u beset en.

Einige S enen urden aufder Tannenhöhe bei Wabernund in den Ederauen bei Ober-möllrich gedreht. Aber auchin Frit lar, Oberurff, Ziegen-hain, Bad Karlshafen, in Wil-helmshöhe und im Schloss-park Wilhelmsthal, auf dembei Hofgeismar gelegenen Gut

80 Mark für GehenktenHistorienepos „Der Winter, der ein Sommer war“ wurde in Nordhessen gedreht

Autogrammstunde: ChristianQuadflieg in schmucker UniformbeiWabern. Foto: Frisch/nh

KASSEL. Direkt neben Kasse-ler dem Auestadion entstand1976 die Eissporthalle. 6 mal8 Meter sollte sie groß er-den. 38 Sit - und Stehplät e

aren unächst orgesehen.Die Kasseler UnternehmerEdith und Simon Kimm in es-tierten drei bis dreieinhalbMillionen Mark in das Vorha-ben.

Schon kur nach Baubeginnstanden die Mitglieder der Eis-sport-Gemeinschaft (ESG) inden Startlöchern: Sie ollteneine Eishocke mannschaftaufbauen und in der neuenHalle spielen lassen. Ferner

olle die ESG Eiskunstlauf,Eistan und Eisstockschießenin ihr Programm aufnehmen,

ie der Sport art ankündigte.Den Beteiligten ar klar:

Die Halle kann irtschaftlichnur überleben, enn es ge-lingt, Groß eranstaltungennach Kassel u holen.

Eishalleentsteht nebendem Auestadion

31 Jahre nach Ende des Zwei-ten Weltkriegs war es endlichso weit: Die Kasseler Neue Ga-lerie an der Schönen Aussichtwar wieder erstanden, und dieKunst konnte einziehen. Zu se-hen war nach dem zwölf Mil-lionenMark teurenWiederauf-bau vor allem Kunst der 20.Jahrhunderts. Ein Raum wardemKünstler Joseph Beuys ge-widmet. Aber auch ältereKunst ab 1750 fand Platz in derNeuen Galerie, darunter Bilderder Malerfamilie Tischbein.Weitere 30 Jahre später, 2006,musste die Neue Galerie er-neut schließen. Zunächst, umPlatz für die documenta 12 zuschaffen. Seither wird das Ge-bäude im Zuge des Ausbausder Kasseler Museumland-schaft umgebaut. (w.f.)

Neue Galeriewiedereröffnet

KASSEL. Der Sommer bringtbrütende Hit e und Trocken-heit. Ende Juli kämpfen 9Feuer ehrleute, Soldaten undForstbedienstete auf einen Flä-che on 25 Hektar im Ha-bichts ald ischen ZecheMarie und Bismarckturm er-geblich gegen einen Wald-brand. Erst durch den Einsaton Bergepan ern der Bundes-ehr können die Flammen ge-

stoppt erden. Die Pan erschlagen eine 5 Meter langeund fünf Meter breite Schnei-se ischen einer Schonungund den bereits in Brand gera-tenen Hoch ald.

Panzer stoppenWaldbrand

KASSEL. „Ihre E ellenon...“ Mit dieser Formel er-

den Hessens Ministerpräsi-dent Albert Oss ald die Herr-schaften des DiplomatischenKorps aus Bonn am 6. Juli imSchloss Wilhelmshöhe orge-stellt. Diplomaten aus 5 Län-dern samt Begleitung sind ueinem Besuch nach Kassel ge-kommen. Am Empfang derLandesregierung im Weißen-steinflügel des Schlosses neh-men außerdem 7 Vertreteraus Wirtschaft, Politik undkulturellem Leben Nordhes-sens teil.

Das mehrtägige Programmfür die Gäste sieht Besuche derGemäldegalerie, des Tapeten-museums und on Th ssenHenschel or.

Diplomatenzu Besuch

Dienstag, 14. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 29: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1977 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

... und die Welt

20.1. Der Demokrat JimmyCarterwird als 39. Präsident derUSA vereidigt.

27.3. Beim bislang schwerstenLuftfahrtunglück stoßen auf Te-neriffa zwei Jumbo-Jets m BO-den zusammen, 575 Passagieresterben.

16.8. Rock-’n’-Roll-Star ElvisPresley (Foto),Idol einer gan-zen Generation,stirbt im Altervon 42 Jahren inMemphis, Ten-nessee, anHerz-versagen.

ChronikDeutschland

1.2. Die erste Ausgabe der Zeit-schrift Emma erscheint. Heraus-geberin ist die Feministin AliceSchwarzer.

7.4. Generalbundesanwalt Sieg-fried Bubackwird zusammenmit seinem Fahrer in Karlsruheauf offener Straße von RAF-Ter-roristen erschossen.

28.4. Das Stuttgarter Oberlan-desgericht verurteilt die Terro-risten Andreas Baader, GudrunEnsslin und Jan Carl Raspe zu le-benslanger Haftstrafe.

21.5. Borussia Mönchenglad-bachwird zum dritten Mal inFolge Deutscher Fußballmeister.

27.5.Der Bundestag verabschie-det eineWehrdienst-Novelle,nach der Wehrpflichtige künftigohne Gewissensprüfung zwi-schen Bundeswehr und Zivil-dienst wählen dürfen.

30.7. Der Vorstandsvorsitzendeder Dresdner Bank, Jürgen Pon-to, wird in seiner Villa bei einemEntführungsversuch von RAF-Terroristen erschossen.

5.9. Der ArbeitgeberpräsidentHannsMartinSchleyerwirdvonder RAF entführt. Schleyers Fah-rer und drei Sicherheitsbeamtewerden erschossen. Die Entfüh-rer fordern die Freilassung vonelf inhaftierten RAF-Terroristen.

11.9.Die Bundesbahn stellt ihreletzten beidenDampflokomoti-ven außer Dienst.

9.10. Der Journalist GünterWallraff präsentiert sein Buch„Der Aufmacher“, in dem diejournalistische Praxis der „Bild“-Zeitung dargestellt werden.

13.10. Palästinensische Terro-risten entführen die Lufthansa-Maschine Landshut nachMoga-dischu, um die Forderung derSchleyer-Entführer nach der Ent-lassung inhaftierter RAF-Mitglie-der unterstützen.

18.10.Die Spezialeinheit GSG 9des Bundesgrenzschutzesstürmt die „Landshut“ und be-freit die Geiseln. Am selben Tagbegehen die RAF-TerroristenBaader, Ensslin und Raspe inStuttgart-Stammheim Selbst-mord.

19.10.Hanns Martin Schleyerwird im Kofferraum eines Autosin Mülhausen/Elsaß erschossenaufgefunden.

Entführt: Die Lufthansa-Ma-schine „Landshut“ in der Handvon Terroristen. Foto: ap

ChronikNordhessen

Bad Hersfeld.Hartmut H. Boeh-mer (36) wird zum Bürgermeis-ter von Bad Hersfeld gewählt. Erist es heute immer noch.

Rengshausen. Peter-JürgenBoock, ehemaliger Bewohnerdes Beiserhauses in Knüllwald-Rengshausen, ist einer derSchleyer-Entführer.

Treysa. Eine Massenschlägereiauf offener Straße vor einer Dis-co in Treysa lieferten sich 60 tür-kische Gastarbeiter und ameri-kanische Soldaten. Die PolizeimussteTränengaseinsetzen, umder Lage Herr zu werden.

Homberg. 500 Schüler demons-trieren gegen die hessische„Schulmisere und Rotstiftpoli-tik“.

Kirchhof. Die SG Kirchhof steigtin die Handball-Bundesliga derFrauen auf.

Kassel. Die „Beamtenlaufbahn“genannte Brücke über die Frank-furter Straße, die Aue undWein-berg verbindet, wird gesprengt,weil die Straße verbreitert wer-den soll. Die neue Brücke ist roll-stuhltauglich.

Naumburg. Die NaumburgerKleinbahn stellt den Personen-verkehr nach Kassel auf derSchiene ein.

Bad Hersfeld. AmHainberg ent-steht die Psychosomatische Kli-nik mit 188 Betten.

Fürstenwald. Die Fachklinik fürSuchtkrankheiten wird nachzweijähriger Bauzeit eröffnet.

Korbach. In Lengefeld wird eineaus dem 7. Jahrhundert stam-mende Schmuckscheibe gefun-den, die jetzt im Heimatmu-seum ausgestellt wird.

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

„EinWunder, dass nichtmehrpassiert ist.“ Das war am 8.Dezember die erste Reaktionvon Beobachtern des Eisen-bahnunglücks zwischen Kas-sel und Lohfelden. 13 zumTeil mit Kühlschränken bela-dene Waggons hatten sichselbstständig gemacht, wa-ren die abschüssige Streckeentlang des Waldauer Wegshinab gerollt und hatten imehemaligen Fieseler-Werkeine stehende Lok mit dreiWagen gerammt. Der 56-jäh-rige Lokführer wurde dabeiglücklicherweise nur leichtverletzt. Der Sachschadenbe-lief sich auf rund 500 000Mark. (hpo)

Geisterzug rollt durch Lohfelden

WILLINGEN. Anfang Januargeht in Braunlage der Stern ei-nes nordhessischen Sportlersauf: Jochen Behle om SC Wil-lingen, 17 Jahre jung, stürmtaus dem Schatten des legendä-ren Ski-Langläufers Walter De-mel und ird im 15-km-Lauferstmals Deutscher Meister.

Dem Triumph ließ der jun-ge Mann aus Sch alefeld ei-tere 41 Deutsche Meisterschaf-ten folgen, urde 198 beiOl mpia in Lake Placid be-rühmt, als ihn TV-ReporterBruno Mora et ergeblichsuchte („Wo ist Behle?“), undist seit 2 2 nun selbst erfolg-reicher Bundestrainer, derWeltmeister und Ol mpiasie-ger geformt hat. „Aber bisheute bin ich der jüngste deut-sche Meister aller Zeiten“, sagtder 48-Jährige stol . (sam)

Ein Sterngeht auf:Hier ist Behle

Der junge Jochen Behle.Foto: Archiv

ZIEGENHAIN. Am 17. Septem-ber kam es in der Ziegenhai-ner Hessenallee u einem Ver-kehrsunfall, ie er glückli-cher eise nicht oft passiert.Ein Pk -Fahrer stellte seinenWagen, as dort erlaubt ist,halb auf der Straße und halbauf dem Bürgersteig ab. Dannging er um Einkaufen in eineFleischerei. Kur darauf rollteeine amerikanische Armeeko-lonne durch die Hessenallee.Der Fahrer eines Schüt en-pan ers übersah das parkendeAuto und überrollte mit sei-nem Kettenfahr eug den Pkin oller Länge. Der Sachscha-den betrug 1 DM.

Und dann kamein Panzer

Walter de Marias „VertikalerErdkilometer“ war das spekta-kulärste Kunstwerk der an Auf-sehen errregenden Arbeitenreichen documenta 6. Vom 26.Juni bis 2. Oktober sahen355 000 Besucher die vomkünstlerischen Leiter ManfredSchneckenburger konzipierteAusstellung. Nicht nur dieKuntswerke waren gigantisch.Auch mit der Zahl von 492Künstlern stellte die documen-ta 6 einen Rekord auf. Bekanntwurde sie als Medien-docu-menta,weil dieWerkenachMe-dien getrennt (Malerei, Skulp-tur, Fotografie, Video, Zeich-nung) gezeigt wurden. (w.f.)

Spektakuläre Kunstauf der documenta 6

Bohrturm auf dem Kasseler Fried-richsplatz: Hier wurde kein Öl ge-fördert, sondern eines der spekta-kuklärsten Kunstprojekte in der Ge-schichte der documenta realisiert:der vertikale Erdkilometer des ame-rikanische Konzept- und Land-Art-KünstlersWalter deMaria. AmEndewar an der Oberfläche des des ver-senkten Erdkilometers nur eineMessingsscheibe zu sehen.

Der „Diarahmen“ der KünstlergruppeHaus-Rucker-Co ermög-licht heute noch einen besonderen Blick in die Karlsaue.

Zur documenta 6 leuchteteerstmals Horst H. BaumannsLaser über Kassel.

Bohlmann hatte eine Säure-spur hinterlassen, die onHambrug, Lübeck, Hanno erüber Kassel und Düsseldorf bisnach Bochum reichte. Insge-samt richtete der ps chischkranke Täter einen Schadenon 135 Millionen Euro an.

Den Anschlag im Schloss Wil-helmshöhe be eichnete er alsseine größte Tat.

Den entscheidenden Hin-eis ur Ergreifung Bohl-

manns lieferte die Kasseler Ga-lerieaufseherin Ruth Gass undBernd Wolf om Empfang desSchlosshotels. Bohlmann ur-de 1977 erurteilt und schlug

ährend eines Hafturlaubs1988 in München erneut u.Er urde in eine Ner enklinikeinge iesen. Anfang 2 9starb er 71-jährig an Krebs.

In Kassel rollte eine Spen-den elle an. Den Restaurato-ren gelang die Wiederherstel-lung der Bilder. Das let te, onWillem Drost, kehrte 2 8 u-rück. Heute ist „Der Segen Ja-kobs“ on Rembrandt mit ei-ner Glasscheibe geschüt t.

VON W E RN ER FR I T S CH

KASSEL. Bei seinem Säure-At-tentat auf ier bedeutende Ge-mälde der Staatlichen Kunst-sammlung in Kassel hinter-ließ Deutschlands gefährlichs-ter Kunstschänder Hans-Joa-chim Bohlmann im Oktober1977 einen Schaden in Höheon 4,2 Millionen Mark. Drei

Rembrandt-Bilder, darunterdas eltbekannte Gemälde„Der Segen Jakobs“, hatte derdamals 39-Jährige mit Sch e-felsäure um Teil sch er be-schädigt.

Bohlmann selbst hatte sei-nen Anschlag auf die Kunst-

erke im Schloss Wilhelms-höhe als sein größtes Werk be-eichnet. Aus Kassel arenor 32 Jahren auch die ent-

scheidenden Hin eise gekom-men, die Stunden später inHamburg ur Ergreifung desBilderstürmers geführt hat-ten. Allein der Wert der dreiRembrandt-Gemälde urdeseiner eit auf 5 Millionen.Mark geschät t.

Anschlag auf Alte MeisterBei einem Säure-Attentat im Oktober 1977 wurden drei Rembrandts schwer beschädigt

Ein Bild der Zerstörung: Rembrandts Gemälde „Der Segen Jakobs“von 1656 nach dem Säure-Anschlag. Foto: Archiv

Mitt och, 15. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

Page 30: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1978 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikDeutschland

19.1. Der letzte in Deutschlandgefertigte VW-Käfer läuft in Em-den vom Band.

12.2. In Hofheim wählen dieJungsozialisten (Jusos) den da-mals 33-jährigen Gerhard Schrö-der zum neuen Vorsitzenden.

27.2. Einführung eines Gütezei-chens für umweltverträglicheProdukte. Es zeigt einen von ei-nem Eichenkranz umgebenenblauen Engel.

29.4. Der 1. FC Kölnwird Deut-scher Fußballmeister.

6.6. Für die Fahndungspannenim Entführungsfall Schleyerübernimmt FDP-Bundesinnen-minister Werner Maihofer dieVerantwortung und tritt zurück.Nachfolger wird Gerhart RudolfBaum.

21.06. Titelverteidiger Deutsch-land scheidet nach einer 2:3-Niederlage gegenÖsterreich beider Fußballweltmeisterschaftin Argentinien aus.

26.7. Das Hamburger Landge-richt weist die „Sexismus“-Kla-ge von zehn Frauen, darunterAlice Schwarzer und Inge Mey-sel, gegen die Hamburger Illus-trierte „stern“ ab.

7.8. Der baden-württembergi-sche MinisterpräsidentHans Fil-binger (CDU) tritt auf Drängenseiner Parteifreunde zurück. Ge-gen ihn waren Vorwürfe wegenseiner Tätigkeit als Jurist in derNS-Zeit laut geworden. SeinNachfolger wird Lothar Späth.

26.8-3.9. Als erster Deutschernimmt der DDR-KosmonautSigmund Jähn an einemWelt-raumflug teil.

22.10. Die schwedische Schrift-stellerin Astrid Lindgrenwird inFrankfurt mit dem Friedenspreisdes Deutschen Buchhandelsausgezeichnet.

16.11. In Ost-Berlin unterzeich-nen Vertreter der Bundesrepu-blik und der DDR das Verkehrs-abkommen.Darinwerdenunteranderem der Bau einer neuenTransitautobahn zwischen Ber-lin und Hamburg vereinbart.

Neues Gütezeichen: Der so ge-nannte blaue Engel kommt aufdenMarkt. Archivfoto: dpa

... und die Welt

8.5. Reinhold Messner (Foto)und Peter Ha-beler besteigenals erste Berg-steiger denMount Everestohne Sauer-stoffgerät.

9.5. Terroristen der Organisati-on „Rote Brigaden“ erschießen55 Tage nach dessen Entführungden früheren italienischen Mi-nisterpräsidenten Aldo Moro

26.7. In Großbritannien wirddas erste Retortenkind gebo-ren. Die Befruchtung wurde imReagenzglas vorgenommen.

27.8. Der schnellste Eisenbahn-zug der Welt, der TGV, wird inFrankreich erfolgreich getestet.Der Zug erreicht eine Geschwin-digkeit von 260km/h.

penreine Amateure Großarti-ges leisteten.

Das Tor hüteten ManfredUmbach oder Ralf Stremet ne,Fran Wagner ar der erfolg-reichste Torschüt e, Uli Faberfungierte als Spielmacher,Jörg Anacker und Jochen Bo-land hatten ihre Stärken inder Ab ehr, U e Wald-schmidt hieß der Kreisläufer,Uli Kran agierte im rechtenRückraum, der in ischen lei-der schon erstorbene JörgSteinbach urde auf der lin-ken Seite eingeset t, FrankReiss ar Rechtsaußen undFrank Döring so ie WalterReinhardt ählten u denRückraumspielern. (geb)

GENSUNGEN. Das AbenteuerBundesliga dauerte für JahnGensungen ar nur ein Jahr,aber die Saison 1978/1979

ird für die Handballfans derRegion un ergessen bleiben.

Stets ar die Kreissporthal-le bis auf den let ten Plat ge-füllt, enn die Teams mit dengroßen Namen aus Gummers-bach, Groß allstadt, Göppin-gen oder Kiel in Nordhessenauftauchten. Und umindestbei den Heimspielen hielt Au-ßenseiter Gensungen gegendie erfahrenen Gegner meis-tens prima mit. Und er einechter Gensungen-Fan ar,der erinnert sich noch gangenau an die Spieler, die als lu-

Gensungen schafft AufstiegHandballer mischen 1978/1979 in der Bundesliga bei den ganz großen Namen mit

Die Aufstiegshelden: Hinten von links: Masseur Steidler, TrainerPeter Barthelmey, Karl-Otto Barthelmey, Selec, Steinbach, Faber,Wagner, Betreuer Bernhardt. Vorn von links: Kranz, Anacker, Bo-land, Busse, Umbach, Waldschmidt. Archivbild: Becker

halle eingeweiht. In jener Zeitwurde außerdem die neueFußgängerzone eingerichtet.Hessentagspärchen waren Do-ris Fassmann (14) und ThomasLaubert (16). Der Umzug (Bild)zum Abschluss dauerte dreiStunden. (tty) Foto: Archiv

keller des sanierten Rathausesdas wiedergegründete Stadt-museum eröffnet, das dort bis1986 residierte und dann ingrößere eigene Gebäude um-zog. Beim Hessentag wurdeauch die vom ArchitektenFranz Kersting geplante Stadt-

che lang blickte das Land aufdie Stadt, in der Ausnahmezu-stand herrschte. Beim Hessen-tag erfüllten sich viele Wün-sche, von denen einige erstdurch das Landesfest möglichwurden. Unter anderemwurdeim mittelalterlichen Gewölbe-

Einen solchen Innovations- undFinanzschub wünschten sichdie Kommunalpolitiker gernnoch einmal. Vom 24. Juni bis2. Juli 1978 war Hofgeismar,die ehemals nördlichste Kreis-stadt Hessens, Austragungsortdes 18. Hessentags. Eine Wo-

Der Hessentagmacht vieles möglich

die Stadt ein not endigerSchritt: In schöner Regelmä-ßigkeit hatten u or Unter-nehmen ihren Sit in denLandkreis erlegt. Kassel undLohfelden hofften, durch denIndustriepark Geld in die Kas-sen u spülen. Steuereinnah-men und Arbeitsplät e solltendie In estitionskosten ett-machen. Zunächst bemühtensich die Planer um kleinere In-dustrie- und Ge erbebetriebe,die größeren Unternehmensollten folgen. Kein schnellumset bares Unterfangen,schließlich planen Unterneh-men die größeren In estitio-nen nicht über Nacht.

Dennoch ermochte der In-dustriepark u über eugen.Nachdem StadtkämmererKühne 1978 mit einer Bagger-schaufel den Boden aufgeris-sen hatte, ist das Gelände aufgut 3 Hektar Fläche ange-

achsen – mit der eit gut 4Unternehmen und 9 Be-schäftigten.

Strom- und Wasserleitungen.Das Ziel: Bis 1985 sollten 12Hektar Land erschlossen sein.

Damit das Großprojekt gutaus den Startlöchern kam,hatte die Gemeinde Lohfelden1975 einen Teil des Geländesan die Stadt abgetreten. Für

terte die Fuldastadt 23 Millio-nen. Das Geld floss in den Stra-ßenbau, unter anderem in ei-nen Autobahn ubringer undeiner Verbindungsstraße i-schen den Bundesstraßen 7und 83. Zudem bauten Arbei-ter Ab asserkanäle, erlegten

VON ANDR EA S NORDLOHNE

KASSEL. Den ersten Spaten-stich set te eine Baggerschau-fel: Am 19. Oktober 1978 star-tete Stadtkämmerer GerhardKühne offi iell den Ausbaudes Industrie- und Ge erbege-biets Waldau in Kassel. DasGroßprojekt sei „das bedeu-tendste Vorhaben im nordhes-sischen Raum ur Industrie-und Ge erbeansiedlung“, sag-te Karlhein Zahn, Geschäfts-führer der Hessischen Landes-ent icklungs- und Treuhand-gesellschaft (HLT).

Die Stadt Kassel schnürtedort für Unternehmen einrei olles Paket: Erschlosse-nes Land, ergän t um einegute Verkehrsanbindung.„Man muss den Unternehmenet as bieten“, lobte HLT-Ge-schäftsführer Zahn das Kon-ept – und ar mehr als nur

eine grüne Wiese. Die Planerbe ifferten die Kosten auf 8Millionen Mark. Da on schul-

Kassel setzt aufs GewerbeErster Spatenstich für die Bauarbeiten im geplanten Industriepark Waldau

Große Projekte erfordern großes Gerät: Mit einem Bagger vollzogKassels Stadtkämmerer den ersten „Spatenstich“ für das Indus-trie- und GewerbegebietWaldau. Foto: Baron

KASSEL. Mal gab es sie, dannieder nicht: die Zeitung.

Wenn sie erschien, dann ardas redaktionelle Programmstark gekür t, eiße Fleckenrissen die Te tstücke ausei-nander, und sie konnte nurerspätet um Leser gelangen.

Der Grund ar der Set er-streik in deutschen Druckerei-en und Zeitungsbetrieben

ährend des Tarifkonflikts imFebruar und Mär 1978.

Das Kasseler Druckhaus areines der enigen, die imMär auf unbefristete Zeitbestreikt urden. Hinter-grund der bundes eiten Pro-testaktionen, an denen 1Set er teilnahmen, ar derEin ug des Computers. In dennächsten fünf bis ehn Jahrensollten die alten Bleiset ma-schinen rechnergesteuertenTe ts stemen eichen.

Um die Leser trot dem mitInformationen u ersorgen,tippte, klebte und druckte dieRedaktion eine Not eitung,bis am 21. Mär die Einigunggelang. Kan leramtsministerHans-Jürgen Wischne skiund der Präsident der Bundes-anstalt für Arbeit, Josef Stingl,hatten ermittelt. (nh)

Streik: NurNotzeitungen

ChronikNordhessen

Witzenhausen. Die Innenstadterhält eine Fußgängerzone, dieerste Phase ist am 1. Septemberabgeschlossen.

Melsungen. Das Kasino, 1837/83 von einer Bürgergesellschaftals Ballhaus für die bessere Ge-sellschaft erbaut, wird nach um-fangreicher Sanierung als Stadt-halle eingeweiht. Ursprünglichwollte die Stadt auf dem Gelän-de ein neues Bürgerhaus errich-ten. Doch der Landeskonserva-tor verhinderte den Abriss, dadas Kasino ein herausragendesBeispiel des Kurfürstlichen Kas-seler Klassizismus sei.

Kassel. Das neue Berufsbil-dungszentrum der Handwerks-kammer wird inWaldau einge-weiht.

Neukirchen. ImSitzungssaaldesRathauses wird der Schrecksba-cher Farbfilm „Schwälmer Hoch-zeit“ von 1942 wiederaufge-führt. Der Streifen galt als ver-schollen, bis ihn der Sohn desHolzburger Pfarrers Heinz Metzin den USA wiederentdeckte.

Frielendorf. Die ersten Gästekommen ins neue Feriendorf amSilbersee. 30 Jahre nach demEnde des Braunkohle-Abbaussind 200 Holzhäuser entstan-den.

Großropperhausen.Wie einMeteor schlägt im Oktober einneun Kilo schwerer Stein nebender Friedhofshalle ein. Eine Frau,die 40 Meter weiter am Grab ih-res Mannes steht, erleidet einenSchock. Die Ermittlungen erge-ben, dass der Brocken von einerSprengung im 700Meter ent-fernten Steinbruch stammt.

Kassel. Bei der documenta 6bohrte die Firma H. Angers Söh-ne (Lichtenau) das Loch für Wal-ter de Marias Vertikalen Erdkilo-meter, jetzt sucht sie in Wil-helmshöhe eine Thermalsole-quelle . Vor dem erstenWelt-krieg sowie in den 30er-Jahrenwaren entsprechende Bohrun-gen erfolglos.

Donnerstag, 16. April 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

Page 31: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1979 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Baunatal. Flutlicht-Premiere imParkstadion beim Spiel des KSVBaunatal gegen den FC Hanau93. Das Spiel ging 1:3 verloren.

Calden. Eine Mineralwasserab-füllanlage entsteht inWilhelms-thal.

Ermschwerd. Beim Flugtag am26.August auf demBurgbergbeiWitzenhausen-Ermschwerdstürzt ein Kunstflieger vor meh-reren tausendBesuchern abunderliegt seinen Verletzungen.

Borken.Die ganzeRegion atmetauf: Pläne, in Borken ein Atom-kraftwerk zu bauen, sind vomTisch.

... und die Welt

12.2. In Genf beginnt die ersteWelt-Klima-Konferenz. Im Mit-telpunkt steht die Beeinflussungdes Klimas durch denMenschen.

3.5. Bei den britischen Unter-hauswahlen er-ringen die Kon-servativen ei-nen überwälti-genden Wahl-sieg. Ihre Partei-vorsitzendeMargaret That-cherwird erste Premierministe-rin Großbritanniens.

28.3. Im Kraftwerk ThreeMile Is-landbeiHarrisburg ereignet sichder bisher schwerste Störfall inder Geschichte der Kernenergie.

27.12. Sowjetische Truppenüberschreiten die Grenze nachAfghanistan und erobern Kabul.

ChronikDeutschland

17.1. Im Ruhrgebiet wird zumerstenMal in der Geschichte derBundesrepublik wegen zu ho-hen Schwefeldioxidgehalts inder Luft Smogalarm ausgelöst.

17.3. In Frankfurt beginnt einzweitägiges Treffen von Partei-en, Bürgerinitiativen und Um-weltschutzorganisationen, beidem die politische VereinigungDie Grünen gegründet wird.

17.4. In West-Berlin erscheintdie erste Ausgabe der alternati-ven „Tageszeitung“ (taz).

23.5. Der bisherige Bundestags-präsident Karl Carstens (CDU)wird zum fünften Bundespräsi-denten gewählt.

23.5. Borussia Mönchenglad-bachwird zum2.Mal nach 1975Uefa-Cup-Sieger gegen RoterStern Belgrad

2.7. Die CDU/CSU-Bundestags-fraktion entscheidet sich für denbayerischen Ministerpräsiden-ten Franz-Josef Strauß als Kanz-lerkandidatenderUnionbei denBundestagswahlen 1980.

9.6 DerHamburger SVwirddeutscher Fußballmeister .

3.7.Der Bundestag hebt die Ver-jährungsfrist für Mord auf, sodass auch neu entdeckteNS-Verbrechen verfolgt werdenkönnen.

16.9. Zwei Familien gelingt in ei-nem selbstgebastelten Heißluft-ballon die Flucht aus derDDR indie Bundesrepublik. Die aben-teuerliche Fahrt sorgt weltweitfür Schlagzeilen.

18.9. Der Bundesgerichtshofentscheidet, dass eine Leugnungder Judenvernichtung („Ausch-witz-Lüge“) einen Beleidigungs-tatbestand bildet.

7.10. Die Partei „Die Grünen“erringt bei den Bürgerschafts-wahlen in BremenerstmalsMan-date in einem Landesparlament.

24.12.Der frühere Anführer derStudentenbewegung, RudiDutschke, stirbt im dänischenAarhus andenSpätfolgendes imJahr 1968 auf ihn verübten At-tentats.

Wurde 1979 Kandidat für dasAmt des Bundeskanzlers Franz-Josef Strauß. Archivfoto: ap

2007 ging der Laserstrahl – jetztgespeist durch Solarenergie –wieder in Betrieb. Seitherstrahlt er immer samstags undzu besonderen Anlässen grün-lich vom Zwehrenturm in Rich-tung Herkules. (w.f.) Foto: Koch

schließend zerstört. Auf Initiati-ve des documenta-Forumswur-den ab 2006 rund 200 000 Eurofür einen neuen, Energie spa-renden Laser gesammelt. Sym-bolische Lasermeterwurden für10 Euro verkauft. Im November

HNA-Verlegers Rainer Dierichsmachte es möglich, die Licht-skulptur wieder in Betrieb zunehmen. Die äußerst energiein-tensive Lasertechnik im Zweh-renturm des Fridericianumswurde 1992 entwendet und an-

Schonwährend der documenta6 im Jahr 1977hatteüberKasselder Laserstrahl des KünstlersHorst H. Baumann geleuchtet.Am 13. Januar 1979 feierte derKasseler Laserstrahl ein zweitesMal Premiere. Eine Spende des

Der Laser strahlt wieder über Kassel

BAD AROLSEN. 15 Men-schen demonstrierten am 28.April or dem Arolser Bürger-haus gegen das Suchdienst-und Kameradschaftstreffender Hiag (Hilfsgemeinschaftauf Gegenseitigkeit der ehe-maligen Angehörigen derWaffen-SS). Es fand enige Ki-lometer entfernt in der Stadt-halle on Mengeringhausenstatt. Es ar das ierte Treffender SS-Ehemaligen in Arolsen,aber das erste, bei dem es brei-ten Widerstand gab.

Während sich in Menge-ringhausen, geschüt t durchstarke Poli eikräfte, 3 Ehe-malige der SS-Di ision Toten-kopf ersammelten, fand ordem Bürgerhaus die Gegende-monstration statt, u der die„Waldecker Bürgeriniati e ge-gen Neofaschismus“ aufgeru-fen hatte. Spruchbändern ie„Arolsen ist kein Na i-Kurort“,„Seid achsam“ und „Na israus“ urden ge eigt.

Einer der Redner ar derBundes orsit ende der Jusos,der spätere Bundeskan lerGerhard Schröder. Er be eich-nete es als „eine Frechheit sei-tens der offi iellen Stellen“,Treffen ie das der Totenkopf-Kameradschaft u ermögli-chen. Auch enn sie nicht alsVerbrecher erurteilt ordenseien, trügen sie „historischeSchuld“. (aha/emr)

Demonstrationgegen Treffenvon SS-Soldaten

die Arbeit des Jugendhilfebe-reichs und seiner Außenstel-len: Kinder und Jugendliche

erden außerhalb Hephatasgefördert. Jugendliche hättenin angemieteten Zimmern imUmfeld des Diakonie entrumsdie Chance, selbständigesWohnen u erlernen, erklärtBiskamp.

Die Fachbereiche Jugendhil-fe und Schule für Diakonieund So ialpädagogik hättenhierbei neue Ak ente geset t.Mit finan ieller Unterstüt-ung des Sch alm-Eder-Krei-

ses sei es möglich, dass bisherier Mitarbeiter Hephatas in

Familien innerhalb des Kreis-gebiets tätig seien. Ohne dieseHilfe hätten Kinder aus denbetreuten Familien in Heimenuntergebracht erden müs-sen. Die Kosten bei der Arbeitin den Familien ürden nureinen Bruchteil on dem aus-machen, as die Heimer ie-hung erlange, heißt es da u.

richtet erden. Mit einem Mo-dell urde 1979 erdeutlicht,

ie das Kon ept aussieht: Ei-genständige Wohnbereiche

erden in Gruppen geschaf-fen. Neu geordnet ird auch

Jahren on einer Planungs-gruppe erstellten Programmsoll in der Sanierung und Er-

eiterung des Diakonie en-trums in Tre sa eine Wohn-siedlung für Behinderte er-

VON JÜRG EN KÖCHER

SCHWALMSTADT. Das Hessi-sche Diakonie entrum Hepha-ta in Tre sa ächst und

ächst: Beim Neujahrsemp-fang im Januar im Kirchsaalkündigt Direktor Karl Bis-kamp an, dass im neuen Jahreine Wohnsiedlung für Behin-derte errichtet erden soll.Gebaut ird auch an andererStelle: Der bisher teuersteNeubau des Diakonie en-trums, die neue Versorgungs-entrale, soll in Kür e einge-eiht erden.Dem Ausbau Hephatas als

Tagungsstätte müsse Rech-nung getragen erden, er-klärt Pfarrer Biskamp im Jahr1979 or rund 8 Hephata-Mitarbeitern. Schließlich er-de der Planung on eiterenBauabschnitten iel Zeit ge-

idmet, um den FachbereichHeiler iehung und Pflege aus-ubauen. Nach dem or sechs

Für eigenständiges LebenDas Diakoniezentrum Hephata baut eine neue Wohnsiedlung für Behinderte

Zum Jahresanfang noch ein Modell: Beim Hephata-Neujahrsemp-fang wird die Planung für eine neueWohnsiedlung vorgestellt.

Repro: HNA

VON W I L H E LM D I T Z E L

KASSEL. Als im April 1979 auseiner Tiefe on 85 Metern dieersten Liter 25,2 Grad arme,dreipro entige Thermalsolesprudelten, ar klar, dass dieVision einer Therme auf demGelände Unter den Eichen amRande des Bergparks Wil-helmshöhe konkrete Gestaltannehmen ürde. Dass da-raus ein neues Kasseler Wahr-eichen und ein An iehungs-

punkt für Menschen aus ganDeutschland er achsen ür-den, hat seiner eit ohl kaumjemand ermutet.

Vorausset ung für den Bauder Kurhessen-Therme areine Heilquelle, nach derenWasser um ersten Mal am 2 .Juli 1978 gebohrt urde. NeunMonate ar der 4 Meter hohe

674 Meter unter der ErdeGrundsteinlegung für die Kurhessen-Therme ebnet den Weg für eine neue Badekultur

Bohrturm aufdem späterenThermen-Geländeim Einsat , bis erin einer Tiefe on674 Meternschließlich auf die25 Grad armedreipro entigeThermalsolestieß, deren che-mischer Charak-ter dem Wasseron Bad Reichen-

hall, Bad P rmontund Bad Nauheimähnelt.

Die Bauarbei-ten erstrecktensich über einenZeitraum on dreiJahren. Im Febru-ar 1982 urde dieEin eihung des

Bades mit allerlei Prominengefeiert. Fraglos ar die Ther-me mit ihrer Badephilosophieihrer Zeit eit oraus. Asia-tisch anmutende Architekturund eitläufige Bade- undSaunalandschaften legten ne-ben der hauseigenen Thermal-quelle den Grundstein für denErfolg des Hauses. Kannteman u or nur sit en, sch it-en und duschen, urde das

Saunaerlebnis in der Thermeu einer eigenen Kultur.Was seiner eit mit enigen

Saunen begann, hat sich mitt-ler eile u einer Wellness-Oase mit neun Sch it tem-peln und einem römischenDampfbad ent ickelt.

Das Ziel on 1979, ein or-dentliches Rheuma-Bad uetablieren, ist in ischen eitübertroffen orden.

DieQuelle sprudelt: Der Kasseler StadtratDr.Herbert Michaelis, Geologe Dr. Hans-JürgenPickel, Dieter Meibert, seinerzeit Leiter desKasseler Verkehrs- und Wirtschaftsamtesund der Bauherr der Kurhessen-Therme,Werner Wicker (von links), nehmen den ers-ten Schluck Sole-Wasser.

Das erstmals gefeierte Stadt-fest in Kassel endet mit einemWeltrekord: 7000 Gäste ver-sammeln sich am „längstenTisch der Welt“ in der OberenKönigsstraße, um gemeinsamAhleWorscht zu essen. Foto: Baron

Freitag, 17. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

Page 32: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1980 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Kassel. Zur Eröffnung der 20.Herbstausstellung sind die neu-en festen Messehallen in denFuldaauen fertig, die für 5,5Mio.DM in nur 100 Tagen errichtetwurden. Den Besuchern stehen4000 Parkplätze kostenlos zurVerfügung.

Breuna. Beim Landeswettbe-werb „Unser Dorf soll schönerwerden“ gewinnt Breuna denzweiten Platz.

Kassel. Aus für das kostenloseParken in der Innenstadt. In denParkhäusern kostet die ersteStunde jetzt 1,50 DM, jede wei-tere eine Mark.

Witzenhausen. Am Abend des29.MaierschüttertdieExplosionzweier Propangasflaschen dieAltstadt. Folgen: Neun zum Teilerheblich verletzte Menschenund Schaden an 30 Gebäuden -„das größte Unglück inWitzen-hausen seit Kriegsende“.

Kassel. Die Südtangente ist fer-tig. Der Verkehr muss sich nichtmehr über die Damaschkebrü-cke quälen.

Bad Emstal. Der neue Kur- undFestsaal am Thermalbad wirdeingeweiht. Er bietet Platz für biszu 800 Personen.

tun, bis der stinkendeSchlamm beseitigt ist. DerSchock bei den Menschen sitzttief, aber wie durch ein Wun-der wurde niemand verletzt.(zvl/nh) Foto: Geschichtsverein Helsa/nh

Häuser. Betroffen sind die Be-wohner der Siedlung Ringen-kuhl. Die Kasseler Berufsfeuer-wehr, zahlreiche freiwilligeFeuerwehren und Einheitender Bundeswehr haben Tage zu

gelaufen, der Damm hält demDruck nicht stand. Eine dreiMeter hohe Schlammlawineschießt Richtung Ortsmitte,entwurzelt Bäume, reißt Autosmit sich und ergießt sich in die

Am 18. Juni 1980 gegen 15 Uhrvernehmen die Menschen inHelsa-Wickenrode ein Don-nern und Brausen. Eine Ab-raumhalde der ehemaligen Ze-chenanlage ist mit Wasser voll-

Schlammlawine überrollt Helsa-Wickenrode

1935 hatte die Produktionon Zell olle auf dem frühe-

ren Gelände einer Munitions-fabrik an der Lilienthalstraßein Bettenhausen begonnen.Heute erden Gelände und

Flächen in den noch erhalte-nen und teil eise denkmalge-schüt ten Gebäuden om Un-ternehmenspark Kassel an Ge-

erbebetriebe ermietet. (hos/ach)

dienstkreu urück. Dreiein-halb Jahre lang urde um dieZukunft des Enka-Werkes ge-rungen, doch dann gab es kei-ne Zukunft mehr. Nach 49 Jah-ren ging ein Stück Kasseler In-dustriegeschichte u Ende.

Bereits seit Jahren ar dieChemiefaserproduktion in ei-ner Krise. Durch den Aufbauneuer Standorte im Auslandfür die kapital- und arbeitsin-tensi e Produktion on Kunst-fasern ar eine Überkapa itätentstanden. Damit begründe-te die Enka AG die Schließungdes Werkes in Bettenhausen,die Kassel und die Region harttraf.

Die Wut der Mitarbeiter,Bürger und Kommunalpoliti-ker ent ündete sich daran,dass Enka gleich eitig Millio-nenge inne machte und denAktionären die Di idende er-höhte. Peter Wedemeier, da-mals Kassels DGB-Chef, erte-te die Werksschließung als ka-pitalistische Untat.

KASSEL. Die Nachricht schlugein ie eine Bombe: Betriebs-rats orsit ender Helmut Haa-se informierte im De ember198 ohne Absprache mit derWerksleitung die Öffentlich-keit über die be orstehendeSchließung des Kasseler Enka-Werks mit seinen 84 Arbeits-plät en.

Die ur Enka AG in Wupper-tal (Muttergesellschaft: Ak oin den Niederlanden) gehören-de Fabrik stellte Pol esterfa-sern und Pol amidfasern her.Werksleiter Manfred Schüt ebetonte ar, es gebe nochkeinen Vorstandsbeschluss,doch die Beschäftigten kämpf-ten um ihre Arbeitsplät e.

Das Werk urde bis Endedes Jahres beset t, im nächs-ten Jahr erneut. Helmut Haasetrat in den Hungerstreik. Dochalles nüt te am Ende nichts:Das Enka-Werk Kassel urdegeschlossen. Betriebsrats or-sit ender Helmut Haase gabdaraufhin sein Bundes er-

Der Kampf um EnkaDas Chemiefaserwerk in Bettenhausen war ein Stück Kasseler Industriegeschichte

Protest gegen die Werksschließung: Aller Einsatz nutzte nichts,drei Jahre später kam das Aus. Das Foto entstand 1981. Foto: Archiv/nh

und Umbau des Rathauseswurden von der Jury als vor-bildliche Leistung ausgezeich-net. Rechts das Rathaus ausdem Jahre 1656, hinten dasBuchenau’sche Haus von1682. (m.s.) Foto: Schaake

staltet und mit der Fertigstel-lung desMehrzweckhauses - inder Bildmitte - ein Beispiel fürhervorragende Stadtsanierunggeschaffen. Dafür gab es einenPreis des Landes Hessen. DieRestaurierung, der Neubau

1980 wurde Rotenburg mitder Verwaltungsfachhoch-schule – heute Studienzen-trum der Finanzverwaltungund Justiz – nicht nur jüngsteHochschulstadt. Der histori-scheMarktplatz wurde neu ge-

Beispiel für hervorragende Stadtsanierung

KASSEL. Als der Kon ent derGesamthochschule (später:Uni ersität) Kassel den 32-jäh-rigen HochschuldidaktikerMichael Da ner um neuenPräsidenten ählt, geht Kul-tusminister Hans Krollmann(SPD) der Reformeifer an derFulda u eit: Er er eigertdem mit studentischer und ge-

erkschaftlicher Mehrheit ge-ählten Radikalreformer am

13. Oktober die Bestätigung.Da ner erden e treme Po-

sitionen nachgesagt. Er lehneüberprüfbare Maßstäbe fürdie Forschung ab und olledie Hochschule im Kampf ge-gen Kernkraft erke einset-en, heißt es. Das läuft den

Plänen des Landes u ider,das die junge Hochschuleschnell an das Qualitätsni eauherkömmlicher Hochschulenangleichen ill. Nach langenAuseinanderset ungen er-ichtet Da ner am 7. No em-

ber. Später ird er Präsidentder Uni Osnabrück. ( .f.)

Richtungsstreitan der GhK

ChronikDeutschland

1.1. In der Bundesrepublik trittdas Gesetz zur Neuregelung desRechtes der elterlichen Sorge inKraft. Es schränkt die elterlicheGewalt zugunsten des Kindesein.

13.1.Die ParteiDie Grünen kon-stituiert sich auf ihremKongressin Karlsruhe als Bundespartei.

6.2.Das Bundesverfassungsge-richt erklärt die friedliche Nut-

zung der Kernenergie für ver-einbar mit dem Grundgesetz.

23.3. Eine Gruppe, die sich „Re-volutionäre Zellen in der IG Me-tall“ nennt, verübt einen Spreng-stoffanschlag auf das Bundesar-beitsgericht in Kassel. Dort wirdüber die Rechtmäßigkeit vonAussperrungen als Reaktion derArbeitgeber auf Streiks verhan-delt.

6.4. In der Bundesrepublik gilterstmals die MitteleuropäischeSommerzeit.

30.4. Die Bundesrepublik unddie DDR schließen eine Verein-barung über die Verbesserungder Verkehrswege nachWest-Berlin.

31.5. Der FC Bayern Münchenwird Deutscher Fußballmeister.

25.8. Bei Krawallen anlässlich ei-ner Wahlkampfveranstaltungdes CSU-Vorsitzenden Franz-Jo-sef Strauß in Hamburg wird einDemonstrantgetötet. Über100Polizeibeamte und zahlreicheDemonstranten erleiden Verlet-zungen.

26.9. Auf demMünchner Okto-berfest werden bei einem Bom-benanschlag 13 Menschen ge-tötet und 219 verletzt. Der mut-maßliche Attentäter, der alsRechtsextremist bekannte Gun-dolf Köhler, kommt ebenfallsums Leben.

5.11.Helmut Schmidt wird er-neut zum Bundeskanzler einersozial-liberalen Koalition ge-wählt.

15.-19.11. Papst Johannes PaulII. besucht die Bundesrepublik.

Von nun an erlaubt: Die Nut-zung der Kernenergie ist grund-gesetzkonform. Archivfoto: dpa

... und die Welt

26.1.DieGrenzen zwischen Isra-el und Ägyptenwerden geöff-net. Beide Länder haben sichnachmehr als 30 Jahren derFeindseligkeit auf eine friedlicheNachbarschaft geeinigt.

30.6.Mit 5,46 Millionen produ-ziertenKraftfahrzeugen verdrän-gendie JapanerdieUSAerstmalsvom Spitzenplatz in der Auto-mobilherstellung.

4.11. In denUSA siegt der Kandi-dat der Republi-kaner, der frü-here Schauspie-ler Ronald Rea-gan, bei denPräsident-schaftswahlen.

8.12. Der Sänger der Beatles,John Lennon, wird in New Yorkauf offener Straße erschossen.

KASSEL. Riesenerfolg fürHorst Appel: Der damals 25-jährige Ge ichtheber omPost SV Phöni Kassel kehrt198 mit einer Silbermedaillein der Ge ichtsklasse bis 82,5

Kilogrammon der Euro-

pameister-schaft in Bel-grad urück.Appel bleibtWochen späterdie Ol mpia-teilnahme inMoskau egen

des Bo kotts estlicher Staa-ten er ehrt. Er ird insge-samt ehnmal deutscher Meis-ter und beendet seine akti eLaufbahn 1987. (bre)

GewichtheberHorst Appelholt EM-Silber

HorstAppel

KASSEL. Am 3. Mai 198 ist esendlich ieder so eit: SechsJahre nach dem Abstieg in dieOberliga Hessen ist der KSVHessen Kassel ieder eit-klassig. Mit einem 2:1-Siegüber den FCA Darmstadt ma-chen die Lö en unter TrainerRudi Kröner am orlet tenSpieltag ihr Meisterstück unddamit den Aufstieg in die 2.Bundesliga Süd perfekt.

Für die Treffer or 8 Zu-schauern im Auestadion sor-gen Helmut Hampl und Ed-

ard Kott per Foulelfmeter.Z eiter ird übrigens der KSVBaunatal. Die Bilan der bei-den nordhessischen Teamsuntereinander ist damals aus-geglichen. Beide Teams ge in-nen ihre Heimspiele je eilsmit 2:1.

Die KSV-Hessen-Mannschaftbeim 2:1 über den FCA Darm-stadt: Sie ert - Horch - Dame-rau, Hüter, Hofmann, Frohn-apfel, Kott - Zac k (37. WilliNebe), Hampl, Grau. (bre)

KSV steigt in diezweite Liga auf

Samstag, 18. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 33: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1981 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

Lohfelden. Jahrhundertwinterim Landkreis Kassel: Die Land-straße zwischen Lohfelden-Crumbach und Vollmarshausenist meterhoch zugeschneit undkann erst nach längerer Zeit vonSchneefräsen wieder befahrbargemacht werden.

Baunatal.VWstellt in der Aggre-gate-Aufbereitung den fünfmilli-onsten Austauschmotor fertig.

Kassel. Nach 25 Jahren Vorherr-schaft büßt die SPD ihre absolu-te Mehrheit im Stadtparlamentein. Erstmals sind die Grünenvertreten. Sie stützen den SPD-Minderheits-Magistrat.

Loshausen. Das SchwälmerStorchenpaar ist 1981 das einzi-ge inHessen, das für Nachwuchsgesorgt hat. Neben dem in Los-hausen gab es nur drei Storchen-paare in Südhessen.

Kassel.Weltrekord: Das vondem Kasseler Jens Knobloch ge-steuerte, elektrisch angetriebe-ne Fahrzeug (Hagen-Elobil) er-reicht in Hockenheim 161 km/hauf einen Kilometer.

Altenbauna. Das VW-Kraftwerkbeliefert 550Wohnungen amBaunsberg mit Fernwärme.

Bad Hersfeld. Die neue Haupt-stützpunktfeuerwache Knotten-gasse ist mit Baukosten von 7Mio. DM der vermutlich am bes-ten ausgestattete Feuerwehr-stützpunkt Hessens.

Kassel. Der Bau der Bundes-bahn-Neubaustrecke Hannover-Würzburg beginnt jetzt auch inHessen. Zwischen Kassel undVellmar wird feierlich derGrundstein gelegt.

Homberg. Nach langer Vorbe-reitungszeit rockt imAugust derHomberger Burgberg. Jugendli-che aus der Stadt veranstaltenmit viel Idealismus (aber wenigGeld) das erste Burgbergfestival.DasOpen-Air-Festival hoch überden Dächern der Stadt vor dereinzigartigen Kulisse der Burg-ruine ist seitdem ein Highlightim Szene-Terminkalender.

Kassel.Mit einer Live-Sendungdes „Blauen Bocks“ aus der dies-jährigen Patenstadt Kassel wirddie ARD-Fernsehlotterie „EinPlatz an der Sonne“ eröffnet.

ChronikDeutschland

14.1. Der Film Lili Marleen vonRainer Werner Fassbinder wirdinWest-Berlin uraufgeführt.

13.2. Die britische RockgruppePink Floyd gastiert an acht Ta-gen hintereinander in der aus-verkauften DortmunderWestfa-lenhalle mit der Jahrhundert-Show „TheWall“.

6.3. Bei dem Prozess gegen denmutmaßlichen Mörder ihrer sie-benjährigen Tochter erschießtMarianne Bachmeier den Ange-klagten Klaus Grabowski im Saaldes Lübecker Schwurgerichts.

24.3. Das Bundesverfassungsge-richt in Karlsruhe spricht dasSorgerecht für nichtehelicheKinder allein der Mutter zu.

16.4.DerTerroristSigurdDebusstirbt im Krankenhaus Ham-burg-Barmbek an den Folgen ei-nes Hungerstreiks für bessereHaftbedingungen.

11.5. Der hessischeWirtschafts-ministerHeinz Herbert Karry(FDP) wird von Terroristen er-schossen.

23.5. In Bonn wird das ersteFrauenmuseum der Welt eröff-net.

31.8. Auf das Hauptquartier derUS-Luftstreitkräfte in Ramstein/Pfalz wird ein Sprengstoffan-schlag verübt, bei dem zweiDeutsche und 18 Amerikanerverletzt werden.

18.9. In den Kinos der Bundesre-publik läuft der FilmDas BootvonWolfgang Petersen an.

1.10. InderBundesrepublikwirdab sofort auf den Zigaretten-schachteln vor den gesundheitli-chen Gefahren des Rauchensgewarnt.

15.11. Auf dem Frankfurter Flug-hafengelände kommt es zuschweren Ausschreitungen zwi-schen der Polizei und Gegnernder geplanten StartbahnWest.

4.12. Das OberlandesgerichtDüsseldorf verurteilt das RAF-Mitglied StefanWisniewski zulebenslanger Haft.

Opfer eines Terroranschlags:FDP-Politiker Heinz HerbertKarry. Archivfoto: ap

... und die Welt

1.1. Griechenland tritt der Euro-päischen Gemeinschaft bei.

12.-14.4. Erster Weltraumflugder amerikanischen RaumfähreColumbia.

13.5. Papst Johannes Paul II.wird auf demPetersplatz inRom durch ei-nen Schuss le-bensgefährlichverletzt. Der At-tentäter Meh-met Ali Agcawird sofort überwältigt.

6.6.Der HandelmitGroßwalenund ihren Erzeugnissen wirdweltweit verboten.

29.7. Der britische ThronfolgerPrinz Charles und Lady DianaSpencer heiraten in London.

Orangerie. Hier urden mitsch eren Maschinen großeBlumenbeete angelegt. Wasdie Gärtner nicht ussten: Un-ter dem Grün befand sich einausgeklügeltes Drainages s-tem. Z ei Jahrhunderte hat-ten Schilfrohr und feine Kanä-le für die Ent ässerung ge-sorgt. Jet t sch ammen diefrisch gepflan ten Blumen ineinem See, das Wasser musste

ieder mühsam abgepumpterden.Aus heutiger Sicht ist das

ein Schönheitsfleck in der an-sonsten überragenden Aus-stellungsbilan .

Kiesabbaugebiete an der Fuldabis um Neubau derSch immbad- und Gärtner-plat brücke brachte die Gar-tenschau 1981 ahlreiche Im-pulse für die Kasseler Stadt-ent icklung.

Stand die Schau 1955 nochgan im Zeichen des Wieder-aufbaus, so sollte diesmal derZugang ur Fulda on den öst-lichen Stadtteilen aus ganneu geschaffen erden.

Berechtigte Kritik gab es imVorfeld an der Umgestaltungdes Bo linggreens or der

lungsgebiete in der Stadt uschaffen, ar so über eugend,dass es auch ier Jahre späterin Berlin übernommen urde.An die Kasseler Besucher ah-len kam die Millionenstadtmit 5,2 Millionen Garten-freunden allerdings nichtgan heran.

Von der Erneuerung derTreppenstraße über die Er-schließung der ehemaligen

der Superlati e erden. 5,5Millionen Besucher sorgtenum ersten Mal in der Ge-

schichte der Gartenschauendafür, dass der Etat nicht über-schritten urde.

Bis heute irkt diese Gar-tenschau nach. Mit dem Buga-See entstand damals ein gran-dioses Frei eitgelände mit Ba-deseen und Vogelreser aten.Dieses Kon ept, Naherho-

VON THOMAS S I EMON

KASSEL. Es regnete mal ie-der, doch der anderfreudigeBundespräsident ließ sich da-on die Laune nicht erder-

ben. Beim Rundgang ur Eröff-nung der Kasseler Bundesgar-tenschau am 3 . April 1981

ar Karl Carstens so unter-egs, ie er ielen heute noch

in Erinnerung ist: Mit grünemLodenmantel und Wanderhut.Freundlich grüßte er in dieMenge und sch enkte denHut.

Auch enn der Auftaktbuchstäblich ins Wasser fiel,kamen schon am Eröffnungs-

ochenende 7 Besucher.Dabei aren die neuen Wegedurch die Karlsaue teil eisekaum nut bar. Der so genann-te Teutokies hielt nicht, asdie Hersteller ersprachen.Gerade bei Regen sollte der Be-lag eine feste, elastische Ober-fläche ent ickeln. Stattdessenhing der knöcheltiefe Matschan den Schuhen fest.

Trot dieser Startsch ierig-keiten sollte die nach 1955

eite Bundesgartenschau inKassel u einer Veranstaltung

Blumen für MillionenKasseler Bundesgartenschau 1981 schuf Naherholungsgebiete in der Stadt

Blütenpracht in der Karlsaue: Vor der Orangerie wurden anlässlich der Bundesgartenschau große Blumenbeete angelegt. Allerdingsgab es Problememit der Be- und vor allemmit der Entwässerung. Archivfotos: nh

Attraktion: Mit Zügen des Auen-Expresses konnten die Besucherdas Gelände auf einer 5,5 Kilometer langen Strecke durchfahren.

schen Landesregierung urRealisierung der Anlage inVolkmarsen urden nach derheftigen Kritik let tlich aufge-geben. (ler)

gestoßen. Bei einer Veranstal-tung in der Volkmarser Stadt-halle Ende Januar 1981 ging esdann hoch her. Hunderte onMenschen urden ieder

VOLKMARSEN. Da gingso mancher Ein ohnerim Landkreis Waldeck-Frankenberg auf die Bar-rikaden: 198 /81 gab esPläne, abgebrannteKernbrennstoffe beiVolkmarsen, Diemel-stadt-Wethen oder Fran-kenberg-Wangershausenu lagern. Heftige De-

monstrationen undWahlerfolge on Atom-kraftgegnern sorgtenmit dafür, dass das Pro-jekt scheiterte.

Fast täglich stand da-mals et as um ThemaWiederaufbereitungsan-lage (WAA) in der Wal-deckischen Allgemei-nen. Überall bildetensich Bürgerinitiati en.

Mit Vorträgen prominenterKernkraftgegner im Volkmar-ser Ortsteil Ehringen, in Breu-na und Arolsen aren die Ini-tiatoren auf großes Interesse

Waldecker auf den BarrikadenGeplante Wiederaufbereitungsanlage in Volkmarsen: Atomkraftgegner machen mobil

nach Hause geschickt, der Saalder Stadthalle, die on einemstarken Poli eiaufgebot gesi-chert urde, ar schon orBeginn der Diskussions eran-

staltung ur geplantenWiederaufbereitungs-anlage egen Überfül-lung geschlossen or-den. Über 1 Leute,or allem die direkt Be-

troffenen aus der Ku-gelsburgstadt und dembenachbarten Breuna,

ollten Informationenon den E perten, die

sich ier Stunden langüber das Pro und Kontraeiner WAA einen hefti-gen Schlagabtausch lie-ferten – begleitet onBuh-Rufen und Pfiffen.Vor den Mikrofonenfürs Publikum bildetensich lange Warteschlan-gen, iele Fragestellerkamen nicht u Wort.

Die Pläne der hessi-

Ausriss aus der HNA am 17. Januar 1981: In Volkmarsen machten Bürgerinitiati-venmobil gegen die geplanteWAA und veranstalteten Info-Abende, wie hier imOrtsteil Ehringen. Repro: Jordan

WITZENHAUSEN. Einen fürdie in Wit enhausen regieren-den So ialdemokraten fatalenScherbenhaufen hinterließEnde August 1981 Hans Koch.Er ar erst seit Mär 198 alsBürgermeister im Amt undkündigte eineinhalb Jahre spä-ter öllig überraschend undkur fristig seinen Rücktrittan. Er ar einem „Lockruf ausKassel” erlegen. Schon MitteSeptember saß Koch als Vor-stands orsit ender der Städti-schen Werke und der KasselerVerkehrsgesellschaft an sei-nem neuen Schreibtisch.

Im Wit enhäuser Stadtpar-lament bildete sich ein neuesBündnis: Die FDP machte nungemeinsame Sache mit derCDU. So urde mit einer Stim-me Mehrheit ein Liberaler, Ge-org-Michael Primus, neuerBürgermeister. (sff)

Lockruf nach

Kassel kostet

SPD die Macht

Montag, 2 . April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 34: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1982 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessen

BadWildungen. Das Kurorches-ter wird aufgelöst, nachdem dieZahl der Kurgäste im Jahresver-gleich um 28 Prozent sank.

Helsa. Am 31. August um 7.45Uhrmacht sich der Reisebus derfranzösischen PartnergemeindeTrebes an der steil abfallendenRingenkuhler Straße inWicken-rode selbstständig. Nachdem erzwei Autos niedergewalzt hat,reißt er die Außentreppe derGrundschule nieder. Verletztwird niemand. Der Schaden be-trägt 150 000 DM.

Kassel.Oscar R. Henschel, derfrühere Inhaber der Firma Hen-schel & Sohn, stirbt im Alter von92 Jahren in Zürich und wird inKassel beigesetzt. Er stand von1924 bis 1958 an der Spitze dertraditionsreichen Firma.

Kassel. Der Enka-Aufsichtsrat inWuppertal beschließt, dasWerkKassel aufzugeben. Am 12. De-zember wird die Polyamidfaser-produktion eingestellt.

Kassel. Die Ausstellung „Motor-rad ’82“ in den Messehallen istZiel der 36. Internationalen Poli-zei-Sternfahrt, an der sich Teil-nehmer aus allen europäischenLändern beteiligen.

KAUFUNGEN. In der Lossetal-gemeine Kaufungen geht 1982das erste Sammelanrufta i(AST) Deutschlands auf Fahrt:Für die Strecke ur Straßen-bahnhaltestelle Lindenberg inKassel-Bettenhausen könnendie Kaufunger jet t per Anrufeinen Miet agen bestellen,der unter egs mehrere Kun-den einsammelt und sie für je2,5 Mark ur Tram bringt. Esist der Startschuss für dieseArt des flächendeckenden Er-gän ungs erkehrs in der Bun-desrepublik, der an der UniWuppertal um Schließen onFahrplanlücken ent ickelt

urde.Der rührige Kaufunger Bür-

germeister Gerhard Iske spar-te damit richtig Geld: 1DM Zuschuss ahlte die Ge-meinde jährlich für das AST,entsprechende Bus erbindun-gen hätten 16 DM gekos-tet. (tom)

Kaufungenbietet das ersteSammeltaxi an

ChronikDeutschland

15.1. Bei einem Bombenan-schlag auf ein jüdisches Restau-rant inWest-Berlin kommt einKind ums Leben.

5.2. Alle SPD- und FDP-Bundes-tagsabgeordneten sprechenBundeskanzlerHelmut Schmidtdas Vertrauen aus. Schmidt hat-te die Vertrauensfrage gestellthat, um sich Klarheit über denpolitischen Kurs zu verschaffen.

24.2. Die Bonner Staatsanwalt-schaft ermittelt in der Partei-spendenaffäre gegen Spitzen-politiker der im Bundestag ver-tretenen Parteien und gegenManager des Flick-Konzerns.

18.3. Erstmals gibt es in Ost-Ber-lin offizielle Kontakte zwischenAbgeordneten des Bundestagesund der DDR-Volkskammer.

16.4.Das erste deutsche „Retor-tenbaby“ kommt in Erlangenzur Welt.

24.4.MitdemTitel „EinbisschenFrieden“ gewinnt die SängerinNicole den „Grand Prix Eurovisi-on de la Chanson“.

31.5. InHamburg verbrennt sichdie Türkin Semra Ertan Bilir ausProtest gegen die Ausländer-feindlichkeit in der Bundesre-publik.

26.10. Helmut Schmidt verzich-tet aus gesundheitlichen Grün-den auf eineweitere Kanzlerkan-didatur.

3.11. Das Bundeskabinett be-schließt, die Ausbildungsförde-rung für Studenten künftig nurnoch als Darlehen zu gewähren.

11.11. In einemWaldstück beiFrankfurt werden die beidenmutmaßlichen RAF-TerroristenAdelheid Schulz und BrigitteMohnhaupt gefasst. Am 16. No-vember wird auch Christian Klarfestgenommen.

10.12. In den Kinos der Bundes-republik läuft der US-amerikani-sche Spielfilm „E.T. - der Außer-irdische“ an.

Stellte die Vertrauensfrage undwurde bestätigt: HelmutSchmidt. Archivfoto: dpa

... und die Welt

2.4. Argentinische Streitkräftebesetzen die britische Kronkolo-nie Falkland-Inseln, die von Ar-gentinien beansprucht wird;Auslöser für den Falkland-Krieg.

25.4. Israel gibt die Sinai-Halb-insel vollständig an Ägypten zu-rück und erreicht damit eine ge-wisse Entspannung des Nahost-konfliktes.

29.4. In Parisstirbt die Film-schauspielerinRomy Schnei-der imAlter von43 Jahren.

30.5. Spanien tritt derNato bei.

18.9.ChristlicheMilizen richtenunter denAugen israelischer Be-satzungstruppen in BeiruterFlüchtlingslagern einMassakeran.

BAUNATAL. Wie ein Ufothront sie am Rande des Bau-nataler Stadtparks: 1982 gehtdie Rundsporthalle in Betrieb.Gekostet hat sie 7,5 MillionenMark (3,8 Mio. Euro). Außerdem Parkett für den Sport bie-tet sie – je nach Bestuhlung –Plat für rund 25 Zuschau-er. Besonderheiten sind knapp5 Sit plät e auf einer Tele-skoptribüne und ei Rund-laufbahnen mit je 133,33 Me-tern Länge.

Die Baunataler Halle, eineder größten in Nordhessen,

ird nicht nur schnell urstark genut ten Sportarena.Mittler eile ist sie auch einbeliebter Veranstaltungsortfür Kon erte und ähnlicheGroß eranstaltungen. (ing)

Rundsporthallewird auch zurKonzertbühne

tauft. Manche Fahrgäste hät-ten sich für „August der Star-ke“ entschieden - nach demSpitznamen von Landrat Au-gust Franke, von dem die Ini-tiative kam. (asz)

leichtemMotor bietet Platz für26 Fahrgäste und kann vonGruppen gechartert werden.Während der Jungfernfahrtmit Politikernwird das Floß aufden Namen „Fuldanixe“ ge-

Auf der Fulda zwischen Mor-schen und Melsungen nimmtam 1. Juli 1982 das erste spe-ziell für den Tourismusverkehrgebaute Floß seinen Betriebauf. Das Wasserfahrzeug mit

„Fuldanixe“ auf Jungfernfahrt

die „7000 Eichen“, die die Ge-müter erregten. Die zugehöri-gen Stelen waren zunächst aufdem Friedrichsplatz aufge-häuft. Beuys, der 1986 starb, er-lebte die Vollendung seinesWerks 1987 nicht mehr. (w.f.)

Beuys zur documenta 7 starte-te. 380 000 Besucher sahen dievom Niederländer Rudi Fuchsgeleitete Weltkunstaustellungvom19. Juni bis 28. September.Obwohl die Malerei im Zen-trumder Schau stand, waren es

Heute freuen sich die Einwoh-ner Kassels über ihre grüneStadt. Nicht alle wissen, dass alldie Bäume, neben denen eineBasaltstele eingelassen ist, Teildes Kunstwerks „7000 Eichen“sind, das der Künstler Joseph

documenta 7: Lauter Steine und Eichen

Noch heute ein Blickfangander Fulda:Die Spitzha-cke des Pop-KünstlersClaes Oldenburg (80).Der Künstler ist bekanntdafür, Alltagsgegenstän-de in momentale Skulp-turen zu verwandeln. DieSpitzhacke wurde in derVerlängerung der Achsevom Herkules über dieWilhelmshöher Allee po-sitioniert - so als habeHerkules das Gerät ansFuldaufer geschleudert.

Prägte die documenta 7: Joseph Beuys, oben, inmitten der Stelen desProjekts „7000 Eichen“. Außerdem schmolz er eineNachbildungderKrone Iwans des Schrecklichen zu einemFriedenshasenum (rechts).

Den Gren aunhatte der Flüchtling schon

über unden, dann fielen die Schüsse.

Über die Schaufel seinesÜberkopfladers ar der Arbei-ter über den mit Selbstschuss-anlagen ersehenen drei Me-ter hohen Metallgitter aun ge-sprungen und dann eine Bö-schung hinauf gerannt. Einebundesdeutsche Zollstreife be-obachtete den Flucht ersuch,eingreifen konnte sie nicht.

Der 35-Jährige soll das 26.und let te Todesopfer an derthüringisch-hessischen Gren-e ge esen sein. Nach dem

Fall der Mauer urden die bei-den Schüt en, um Tat eit-punkt 2 und 21 Jahre alt,1996 u Freiheitsstrafen onje eils 15 Monaten erurteilt– ausgeset t ur Be ährung.

VON S T E F AN FORB ER T

BAD SOODEN-ALLENDORF.Nur enige Meter, nur enigeSekunden fehlten Hein -JosefGroße bis ur Freiheit, um

estdeutschen Gebiet ober-halb on Bad Sooden-Allen-dorf. Z ei DDR-Gren soldatenstreckten den 35-Jährigen ausdem eichsfeldischen DorfThal enden am Nachmittagdes 29. Mär 1982 mit acht,neun Schüssen aus Maschi-nenge ehren in den Rückennieder. Noch auf DDR-Gebiet,

enngleich auf estlicher Sei-te des Metallgitter aunes, er-blutete der Baggerführer imSchifflersgrund.

Der 26. ToteTragisches Ende eines Fluchtversuchs

CALDEN. Im Jahr, als eineDauerserienbriefmarke dasRokokoschloss Calden-Wil-helmsthal bundes eit be-kannt macht, gibt es auch dra-matische Schlag eilen: BeiCalden-Fürsten ald streift am19. Mai 1982 ein eimotori-ges Flug eug die Baum ipfelam Postenberg. Die Treibstoff-tanks reißen auf, das elfsit igeFlug eug e plodiert in derLuft. Wrack und Leichenteile

erden im Umkreis on 6Metern erstreut.

Alle acht Insassen, darunterfast die gesamte Führungsrie-ge eines Münchner Unterneh-mens, kommen ums Leben.

Ursache des Unglücks areine kur fristig entstandeneNebelbank. Sechs Jahre späterbekommt der Flugplat Kas-sel-Calden ein Instrumenten-landes stem für Schlecht et-terlandungen. (tt )

Flugzeugexplodiert:Acht Tote

Dienstag, 21. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 35: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1983 in unserer Region

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

Mehr auf www.hna.de

MillionenfürBuch

ausNordhessen

Ein Buch aus Nordhessensorgt für Schlagzeilen: Am 6.Dezember wird das Evangeli-ar Heinrichs des Löwen imLondoner Auktionshaus Sot-heby’s für 32,5 Millionen D-Mark für Deutschland erstei-gert. Lange Zeit war es damitdas teuerste Buch der Welt.Entstanden ist das Buch, dasder Herzog für den Marienal-tardesBraunschweigerDomsvorgesehenhatte, um1180 indenWerkstätten der Bene-diktinerabtei Helmarshausen(heute Stadtteil von BadKarlshafen). Den Kaufpreisbrachten die Bundesregie-rung, die Länder Niedersach-sen und Bayern, die StiftungPreußischer Kulturbesitz so-wie private Spender auf. DasEvangeliar wird inWolfenbüt-tel aufbewahrt. In Helmars-hausen liegt eine Kopie. (tty)

An der Spit e des Protest u-ges marschiert dann die fürden „Sommernachtstraum“erpflichtete Schauspielerin

E a Ren i und tritt bei der an-schließenden Kundgebung aufdem Linggplat auch als Red-nerin auf. Ren i hatte u orbereits den Schirmherrn derFestspiele, den egen seinerNS-Vergangenheit umstritte-nen Bundespräsidenten KarlCarstens, als „Na i“ be eich-net. Sie ird des egen abge-mahnt und schließlich fristlosgekündigt.

Am Pfingstmontag erklärtder Vorsit ende des Kamerad-schafts erbandes, Albert Sten-

edel, gegenüber Bürgermeis-ter Hartmut H. Boehmer undIntendant Hans Gerd Kübel,dass sich sein Verein nichtmehr in Bad Hersfeld treffen

erde, um den Festspielen„jegliche Sch ierigkeiten uersparen“. Als neuer Regisseurfür den „Amadeus“ kommt Pe-ter Lotschak, der spätere Dau-er-Intendant der Festspiele.

spiele auf das SS-Treffen auf-merksam macht. Daraufhinsagen der Regisseur Imo Mos -ko ic , der den „Amadeus“ins enieren sollte, und derSchauspieler Günter Mackihre Teilnahme ab.

über die Möglichkeiten, dieVeranstaltung u erbieten –ohne Erfolg.

Zum Eklat kommt es, alsder DGB-Kreis orsit ende Juli-us Klausmann einige Mit ir-kende der Bad Hersfelder Fest-

VON KAR L SCHÖNHOL TZ

BAD HERSFELD. Mehr als5 Menschen demonstrie-ren in Bad Hersfeld amPfingstsamstag gegen dasgleich eitig stattfindende Jah-restreffen des Kamerad-schafts erbandes des I. Pan-erkorps der ehemaligen Waf-

fen-SS. Bei der om DeutschenGe erkschaftsbund (DGB) ini-tiierten Protestkundgebungkommt es nur am Ende u Zu-sammenstößen, die om star-ken Poli eiaufgebot bereits imKeim erstickt erden.

Seit 1979 hatten sich die SS-Kameraden mit et a 5 Teil-nehmern alljährlich in BadHersfeld getroffen, unächstohne dass die breite Öffent-lichkeit Kenntnis genommenhätte. 1981 urde im Stadt-parlament erstmals gegen dasTreffen protestiert. Ein Jahrspäter demonstrierte dann derDGB, und 1983 diskutierte ne-ben den Stadt erordneten so-gar der Hessische Landtag

SS-Treffen sorgt für EklatKünstler sagen Teilnahme an Hersfelder Festspielen ab – Tausende demonstrieren

Plakate gegenNazis: Tausendedemonstrieren in BadHersfeld ge-gen ein Kameradschaftstreffen derWaffen-SS. Foto: Archiv

... und die Welt

5.2.Der ehemalige SS-Haupt-sturmführer und Gestapo-Chefvon Lyon, Klaus Barbie, wird inFrankreich verhaftet.

18.4. Durch einen Sprengstoff-anschlagwird die US-Botschaftin Beirut weitgehend zerstört,66 Menschen sterben.

19.6. Die Regierungschefs derzehn EG-Mitgliedstaaten unter-zeichnen die „Feierliche Dekla-ration zur Europäischen Union“.

20.-27.8. Bei den Europameis-terschaften inRom gewinntder Offenba-cher Schwim-mer MichaelGroß viermaldie Goldme-daille und ein-mal Silber.

KASSEL / AMNIVILLE. GroßeFreude in Kassel über eineKeglerin: Im Mär 1983 si-chert sich die damals 31-jähri-ge Hannelore Laske usam-men mit ihrem Partner DieterBaumeister (34, Wanne-Ei-ckel) im fran ösischen Amni-ille den Weltmeister-Titel im

Mi ed-Paarkampf. Laske, dieheute in Staufenberg ohnt,beendet ihre Karriere 1993.Zu or ird sie 1991 nochWeltmeisterin mit der Mann-schaft so ie Vi e eltmeiste-rin im Ein elkegeln. (bre)

KasselerKeglerin Laskeholt WM-Titel

Weltmeister 1983: HanneloreLaske und Dieter Baumeister.

Foto: nh

HELSA. Gute Augen hatte derPolier einer Baufirma, der sichim No ember 1983 mit seinerBaggerschaufel durchs Erd-reich auf dem Kirchhof onHelsa buddelte. Beim Abrissder alten Kirchhofmauer stießer auf 39 Silbermün en, dieermutlich or dem 3 -jähri-

gen Krieg ischen 134 und15 geprägt urden.

Der Polier brachte die Mün-en, sogenannte „sächsische

Groschen“, u Helsas Bürger-meister Lud ig Dann. Die Sil-berling tragen lateinischeWorte an den Rändern. EinMün e perte des Landesam-tes für Landesgeschichte er-mutete damals, dass es sichum Ersparnisse oder um erlo-rengegangenes Geld handelt.Einige Mün en erbliebenbeim Geschichts erein Helsa,andere gingen ans HessischeLandesmuseum. (tom)

Polier findetSilberschatzunter Kirchhof

ChronikDeutschland

20./21.1. In Bonn und Paris fin-den aus Anlass des 20jährigenBestehens des deutsch-französi-schen FreundschaftsvertragesFeiern statt.

20.2. Das Bundesjustizministe-rium teilt mit, dass alle Urteiledes NS-Volksgerichtshofs imBundeszentralregister gelöschtworden sind.

6.3. Bei den vorgezogenen Neu-wahlen zum Bundestag ziehendie Grünenmit 5,6 Prozent derStimmen erstmals in den Bun-destag ein.

10.4. Ein Transitreisender ausder Bundesrepublik Deutsch-land stirbt während der Verneh-mung durch DDR-Sicherheitsor-gane an Herzversagen.

21.4. Bei den Feierlichkeitenzum500. Geburtstag vonMartinLuther wird die restaurierteWartburg in Thüringen wieder-eröffnet.

25.4. Das Magazin „stern“ kün-digt auf einer Pressekonferenzdie Entdeckung und Veröffentli-chung von Tagebüchern AdolfHitlers anundbeginntmit derenauszugsweisem Abdruck. Am 6.Juni werden die Tagebücher alsFälschung entlarvt.

4.6.DerHamburger SV vertei-digt seinen deutschen Meisterti-tel, er hatte zuvor den Europapo-kal der Landesmeister gewon-nen.

18.10. Eine Erhebung der Bun-desregierung ergibt, daß einDrittel des deutschenWaldes er-krankt ist.

2.11. Verbot und Auflösung desVereins „Hell’s Angels Motor-Club“ durch den Bundesinnen-minister. Den Mitgliedern wirdunter anderem Zuhälterei undErpressung vorgeworfen.

7.11. In München wird feierlichdie erste öffentliche Zapfsäulefür bleifreies Benzin in Betriebgenommen.

14.11.Als ersteGemeinde inderBundesrepublik führt Buxtehu-de in seiner Innenstadt ver-suchsweise „Tempo 30“ ein.

Restauriert: Die Wartburg beiEisenach. Archivfoto: dpa

finden ist. Zum Erfolg der Ther-me trug vor allem auch Hen-drik Schellinger bei. Erwar über25 Jahre lang Geschäftsführerder Therme. Schellinger starbim Januar 2009 im Alter von 56Jahren an den Folgen einesHerzinfarkts. (red) Archivfoto: Baron

Mark-Projekt an, strömen so-gar aus dem Ausland nach Wil-helmshöhe. Das fernöstlicheFlair mit dem Pagodendachwird in der Stadt zu einemSymbol für ein Kultur- und Er-holungsangebot, wie es ande-renorts in dieser Form nicht zu

des Bergparks ist von Beginn aneine Attraktion. Noch bevor dieersten Besucher in einer SaunaPlatz nehmen, verspricht Bau-herr Werner Wicker: „Es wirddas schönste und attraktivsteBad Europas.“ Die Badegästenehmen das 55-Millionen-

Am 25. Februar 1983 öffnet dieKurhessen-Therme in Wil-helmshöhe erstmals ihre Pfor-ten. Der Bau hatte vier Jahre ge-dauert. Zur Eröffnung tritt un-ter anderem das Wasserballettdes KSV Hessen auf (Foto). DieBäder- und Saunawelt am Fuße

Kurhessen-Thermewird eröffnet

KAUFUNGEN. Zum 95 . To-destag on Kaiserin Kunigun-de geschah in Kaufungen Un-geheuerliches: 11 katholi-sche Frauen aus den Diö esenBamberg und Fulda pilgertenam 3. Mär 1983 ins Lossetalund feierten in der in i-schen protestantischen Stifts-kirche den ersten katholi-schen Gottesdienst seit der Re-formation.

Kaiserin Kunigunde, Frauon Heinrich II., hatte 1 17

ein Benediktinerinnen-Klosterin Kaufungen gegründet unddie Stiftskirche bauen lassen.In Kaufungen ar sie 1 33 ge-storben, im Bamberger Domneben ihrem Gatten beige-set t orden. Nach der Feierin der Kirche tan ten die Wall-fahrerinnen fröhlich auf demStiftshof. (tom)

1100 Frauenpilgern insLossetal

ChronikNordhessen

Kassel. 1,55 Millionen Besucherkommen auf das 3. KasselerStadtfest und sehenWeltrekor-de: Dermit 1722Metern längsteTisch der Welt wird aufgebaut,6000 Haxen verspeist, eine vier-einhalb Kilometer lange Polo-naise zieht durch Kassel.

Schwalmstadt. FrankreichsStaatspräsident François Mitter-rand spendet im Juni für die Ge-denkstätte Trutzhain. Mitter-rand war dort Kriegsgefangener.

Baunatal. Die Unterhaltungs-show Zum Blauen Bock gastiertim Juli in Baunatal.

Kassel. ImDezember schlägt dieletzte Stunde der Söhrebahn.Nach über sieben JahrzehntenwirdderVerkehr aufder Strecke,die von Bettenhausen nachWel-lerode-Wald führte, eingestellt.

Mitt och, 22. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 36: 60 Jahre BRD: Nordhessen

ren, Akten anschauen und Film-ausschnitte ansehen. Inzwi-schen gibt es zudem eine Dau-erausstellung, in der KünstlerStephan von Borstel an dieSchicksale von KZ-Häftlingenund Insassen des Erziehungs-heims erinnert. (som) Foto: nh

tet. 1984 richtete die Gesamt-hochschule Kassel in Zusam-menarbeit mit dem Landes-wohlfahrtsverband Hessen inder Klosteranlage eine Gedenk-stätteein. Besucher könnensichseitdem über die Vergangen-heit der Klosteranlage informie-

trauriger Ort: Von 1952 bis1973 gab es dort ein Mädchen-erziehungsheim, das vor allemdurch seine unmenschlichenMethoden in die Schlagzeilengeriet. Die Geschichte des Klos-ters wird seit Beginn der Achtzi-gerjahre detailliert aufgearbei-

Wer die idyllisch am Fuldaufergelegene Klosteranlage Breite-nau (Guxhagen) sieht, wirdkaum vermuten, dass sich hin-ter den Mauern während desZweiten Weltkrieges ein Kon-zentrationslager befand. Undauchdanachwar das Kloster ein

Erinnerungen an ein düsteres Kapitel

Bode befanden sich im Aus-stand für die Forderung nachder 35-Stunden-Woche bei ol-lem Lohnausgleich. Die Ar-beitgeber reagierten mit Aus-sperrung.

Auf einer Kundgebung pro-testierten 75 Arbeitnehmerdes VW-Werkes. Im Juli ende-te der sechs Wochen dauerndeArbeitskampf, 38,5-Stunden-Woche lautete der Schlichter-spruch. Während sich die Lagean der Metallfront normali-sierte, gingen die Arbeits-kämpfe in der Druckindustrie

eiter.Mit 16,1 Pro ent ar die

Zahl der Arbeitslosen in KasselEnde 1984 so hoch ie nir-gends sonst in Hessen. Ein Mi-nus on 18 Arbeitsplät enim ge erblich-technischenBereich sei durch neue Ar-beitsplät e auf dem Dienstleis-tungssektor nicht aus uglei-chen, beklagte Kassels Ober-bürgermeister Hans Eichel.

Straße, als die Firma Land-ehr+Schult , Haus- und Si-

cherheitstechnik Konkurs an-meldete.

Unterdessen stand dieStreikfront der Metaller inKassel. 4 Arbeitnehmerdes Daimler-Ben -Werkes, derFirmen Wegmann, Gebrüder

Chemiefaserproduktion ur-de eingestellt, über 3 Be-schäftigte urden in die Ar-beitslosigkeit entlassen. Unterdem Begriff Unternehmens-park Kassel erden auf demGelände neue Unternehmenangesiedelt. Weitere 17 Be-schäftigte standen auf der

VON C L AUD I A HOHMANN

KASSEL. Hohe Arbeitslosig-keit und die Sorge um die Ar-beitsplät e be egen die Kasse-ler 1984. Die Streiks der Me-tallindustrie für die 35-Stun-den-Woche schlagen auch inKassel hohe Wellen.

147 Beschäftigte im Bun-desbahn-Ausbesserungs erkKassel bangten um ihre Ar-beitsplät e. 28 arbeitsloseBauarbeiter im Arbeitsamtsbe-irk Kassel und 12 Kur ar-

beiter standen für die Kriseder Bau irtschaft. Im Mär er-reichten die Warnstreiks inder Metallindustrie Kassel.315 Mitarbeiter in sechs Kas-seler Betrieben legten die Ar-beit nieder, um ihrer Forde-rung nach der 35-Stunden-Wo-che Nachdruck u erleihen.

Während die Metaller fürmehr Arbeitsplät e kämpften,gingen bei Enka am 3 . Juniendgültig die Lichter aus. Die

1800 Jobs gehen verlorenEntlassungen und der Kampf um die 35-Stunden-Woche bewegt die Kasseler

Für die 35-Stunden-Woche: Tausende Arbeitnehmer demonstrie-ren auf dem Friedrichsplatz. Foto: Archiv

schenhandels“ u sechs Jah-ren Gefängnis. Der Flucht er-such ar damals nicht nuraufgeflogen, sondern ins Tra-gische gekippt. Die dilettan-tisch organisierte Aktion imKofferraum eines schrott-reifen Opel endete tödlich fürdas sechs Monate alte Bab desEisenacher Paares. Das Kind

ar mit Medikamenten ruhig-gestellt orden.

Während der CDU-Politikeraus Nordhessen in der Haftan-stalt Baut en II „leichteSchraubarbeiten“ errichteteund sich die Frei eit hinterGittern mit Lesen, Skat undDoppelkopf ertrieb, glühtendie diplomatischen Drähte

ischen Bonn und Ostberlin.Aus estdeutscher Sicht aron Michaelis kein strafrecht-

licher Vor urf u machen.Kopfschütteln und hämischeKommentare handelte sichder Rathauschef dennoch ein:

VON WOL FGANG R I E K

BAD AROLSEN. Von Ost-Gren-ern aus der Warteschlange

ge inkt, über Stunden in ei-ner Gitterbude am Autobahn-Übergang Helmstedt-Marien-born geschmort, dann ab inden DDR-Knast: So endete am14. De ember 1984 im nochgeteilten Deutschland fürArolsens Bürgermeister ErnstHubert on Michaelis die Rei-se u einem Ad entskon ertin Berlin. Die DDR ollstreckteeinen alten Haftbefehl gegenden damals 35-jährigen CDU-Nach uchspolitiker.

Von Michaelis hatte 1977ei entfernten Ver andten

in Eisenach, die raus aus derDDR ollten, Kontakte uWestberliner Fluchthelfernermittelt. Im Februar 1985erurteilte das Ostberliner

Stadtgericht ihn deshalb e-gen „Staatsfeindlichen Men-

DDR-Knast statt AdventskonzertArolser Bürgermeister im Osten verhaftet - Vorwurf: „Staatsfeindlicher Menschenhandel“

Wäre er nicht ins Auto gestie-gen, sondern nach Berlin ge-flogen, hätten die Ost-Gren erihn nicht gekriegt.

Dass die DDR ihn auf demKieker hatte, musste er nachHafturteilen gegen seine Ver-

andten und de-ren Fluchthelferumindest geahnt

haben.Im August

1985, acht Mona-te nach seinerFestnahme, kamon Michaelisieder frei. Der

übliche Ost-West-Bus brachte ihnmit anderen frei-gekauften DDR-Häftlingen umGren übergangHerleshausen u-rück. Die mittler-

eile rot-grüneMehrheit im Arol-

ser Stadtparlament ollte onMichaelis nach seiner erstenAmts eit nicht mehr als Bür-germeister. Seit 199 ist er Ge-schäftsführer der Nas-sauischen Heimstätte/Wohn-stadt GmbH in Kassel.

Wieder imWesten: ErnstHubert vonMichae-lis steigt nahe Herleshausen aus einem Strei-fenwagen des Bundesgrenzschutzes.

Archivfoto: Forbert

Das Jahr 1984 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

... und die Welt

9.2.Der sowjetische Staats- undParteichef Jurij Andropow stirbtinMoskau. Nachfolger wird Kon-stantin Tschernenko (72).

11.8.Weltweites Aufsehen er-regt US-Präsi-dent RonaldReagan wäh-rend einer Mi-krofonprobemit dem Satz:„Die Bombar-dierung Russ-lands beginnt in fünf Minuten“.

31.10. Die indische Ministerprä-sidentin Indira Gandhiwird vonzwei Leibwächtern erschossen.

10.12. BischofDesmond Tutuaus Südafrika erhält für seineAnti-Apartheids-Bemühungenden Friedensnobelpreis.

MELSUNGEN.Das schlimmsteHoch asser seit ielen Jahrensuchte den Kreis Melsungenim Februar 1984 heim: EtlicheOrte im Fuldatal aren onder Außen elt abgeschnitten,in der Melsunger Altstadtsorgten Schlauchboote undKähne für Bilder ie aus Vene-dig. Die Rettungsdienste a-ren pausenlos im Einsat , umKeller und Baugruben leer upumpen. Glücklicher eisekam niemand ernsthaft uSchaden.

Im No ember folgte dannder nächste Schlag durch dieNatur: Ein Orkan on bislangungekannter Heftigkeit brach-te im Forst rund um Melsun-gen 4 Festmeter Hol uFall. Forstamtsleiter WolfgangSeidenschnur sprach on ei-nem „Jahrhundertereignis imnegati en Sinne“. Bis umSommer des Folgejahres arenSpa iergänger im Wald nichtsicher - dann hatten Forst-arbeiter die dringendsten Auf-räumarbeiten geschafft. (as )

Naturschlugzu:AufHochwasserfolgte Orkan

ChronikNordhessen

Obermeiser. Nach verheeren-denWolkenbrüchen imFrühjahrwerden große Teile des OrtesObermeiser bei Zierenberg voneiner Flutwelle bislang unbe-kannten Ausmaßes über-schwemmt. Hunderte von Feu-erwehrleutenausdemLandkreissind mit Rettungsarbeiten be-schäftigt.

Kassel. Bundespräsident Ri-chard vonWeizsäcker besuchtKassel und trägt sich insGoldeneBuch der Stadt ein. Anlass ist das100-jährige Bestehen der sozial-gerichtlichenRechtsprechunginKassel.

Ahnatal. ImHerbst 1984 hat dieGemeinde Ahnatal an allensechs Ortseingängen Schilderaufgestellt: KeineAtomwaffen inAhnatal.

FRANKENBERG. Er ar derjüngste Bürgermeister Hes-sens: Helmut Eichenlaub(CDU), der heutige Landraton Waldeck-Frankenberg,urde am 24. September 1984

als Bürgermeister der StadtFrankenberg ereidigt - mit 29Jahren. Am 1. Oktober lösteder CDU-Politiker den bisheri-gen Rathauschef Sepp Wallerab, der dieses Amt 18 Jahreinne hatte. Bis 1997 blieb Hel-mut Eichenlaub Bürgermeis-ter in Frankenberg, dann ur-de er Landrat. (jul)

Eichenlaubwird jüngsterBürgermeister

Bei der Vereidigung: Helmut Ei-chenlaub. Foto: Archiv

ChronikDeutschland

1.1.Das erste Kabelfernsehpro-jekt nimmt in Ludwigshafen imRahmen eines Pilotprojektes sei-nen Sendebetrieb auf.

6. 1.DieDeutsche Bundespoststellt die Nachtleerungen ihrerBriefkästen ein.

19.1. Der RegisseurWolfgangStaudte stirbt bei Dreharbeitenin Jugoslawien an einem Herzin-farkt.

24.1. DDR-Bürger, die in dieStändige Vertretung der BRD inOstberlin geflüchtet waren, dür-fen ausreisen.

1.2. In Stuttgart-Stammheimbe-ginnt der Prozess gegen die RAF-Terroristen Christian Klar undBrigitteMohnhaupt. Ihnenwirdunter anderem die Ermordungdes Vorstandssprechers derDresdner Bank, Jürgen Ponto, imJahre 1977 vorgeworfen.

23.2. Im Volkswagenwerk inWolfsburg wird eine vollauto-matische Fertigungsstrecke fürdie Golf-Produktion vorgeführt.

5.4. Als erstes Bundesland ver-ankert Bayern den Umwelt-schutz in der Verfassung.

12.4.Die umstrittene Startbahn-West des Frankfurter Flugha-fenswird in Betrieb genommen.

19. 5. Der VfB StuttgartwirdDeutscher Fußballmeister.

23.5. Richard vonWeizsäcker(CDU) wird zum sechsten Bun-despräsidenten gewählt.

27.6.Mit einem 2:0 über Spa-nienwird die französischeNatio-nalelf Fußball-Europameister.Titelverteidiger Deutschlandschied in der Vorrunde aus.

1.8. In der Bundesrepublik wirddasAnlegen von Sicherheitsgur-ten auf Pkw-Rücksitzen Pflicht.

20.11.Hessens Grüne kündigendie Zusammenarbeit mit derSPD-Landesregierung unter Hol-ger Börner.

30.11. DieDDR baut die letztenSelbstschussanlagen ab.

Neuer Bundespräsident: Ri-chard vonWeizsäcker.

Arch ivfoto: dpa

Donnerstag, 23. April 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 37: 60 Jahre BRD: Nordhessen

... und die Welt10.3. Der sowjetische Staats-und Parteichef KonstantinTschernenkostirbt. MichailGorbatschow(Foto) wird tagsdarauf zumneuen General-sekretär derKPdSU gewählt.

16.8. Die UdSSR schlägt ein in-ternationales Abkommen überdie Nichtmilitarisierung desWeltraums vor und regt eine Zu-sammenarbeit bei der Erfor-schung desWeltraums an.

1.9. Ein Team von französischenund US-amerikanischen For-schern findet in fast 4000 Me-tern Tiefe vor der Küste Neu-fundlands das Wrack des 1912gesunkenen britischen Passa-gierdampfers „Titanic“.

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

Das Jahr 1985 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

se Zeit für Naumburg zu Ende ist.“Die Ungewissheit, ob die Streckedes Hessencourrier stillgelegtwerde oder nicht, stellt sich heuteso dar, dass die Strecke nur für dieFahrten der Lok offen ist, die etwaeinmal im Monat stattfinden.(nix) Archivfoto: Koch

bejubelte Empfang in Naum-burg glichen einem Festtag.Auch der damalige Bürgermeis-ter Ludwig Noe, seine Frau Luise,die die Lok auf „Naumburg“ tauf-te, begrüßten, die Reaktivierungder Lok mit den Worten „Wirfreuen uns, dass die dampfloklo-

de, um mit Restaurierungsar-beiten zu beginnen. Denn die16 000 Arbeitsstunden und153 000 Mark, die die 28 Mit-glieder des Arbeitskreis inves-tierten, lohnten sich. Die Fahrtder „neuen alten“ Lok von1941 und der mit viel Beifall

Als der Hessencourrier amSamstag, 7. September 1985wieder unter Volldampfstand, waren die Zweifel ver-gessen, die im Januar 1983aufkamen, als die DampflokvomDenkmal vor demNaum-burger Bahnhof entfernt wur-

Hessencourrier steht wieder unter Volldampf

Loriot erhält Preisfür groteskenHumorAls erster Preisträger erhielt Vic-co von Bülow alias Loriot 1985den Kasseler Literaturpreis fürgrotesken Humor. Der Preiswurde vom Schriftstellerehe-paar Christine Brückner undOtto Heinrich Kühner gestiftetund war mit 15 000 Mark do-tiert. Deutschlands bekanntes-ter Humorist trug sich auch insGoldene Buch der Stadt Kasselein. Unser Archivbild zeigt vonlinks Loriots FernsehpartnerinEvelyn Hamann, Otto HeinrichKühner, Vicco von Bülow, Stadt-verordnetenvorsteher GünterKestner, Christine Brückner undOberbürgermeister Hans Eichel.Loriot wurde in Kassel späternoch einmal geehrt: 2004 er-hielt er den Jacob-Grimm-Preisfür deutsche Sprache. (w.f.)

ChronikDeutschland1.1. In der Bundesrepublik star-tet das erste private Satelliten-Fernsehprogramm SAT 1.

18.1. Erstmals seit Bestehen derBundesrepublik gilt im westli-chen Ruhrgebiet Smog-Alarmder Stufe III (Absolutes Fahrver-bot für Kraftfahrzeuge mit Ver-brennungsmotoren).

4.2.Die Deutsche Gesellschaftfür Wiederaufbereitung vonKernbrennstoffen (DWK) ent-scheidet sich für das bayerischeWackersdorf als Standort für dieerste kommerzielleWiederauf-bereitungsanlage (WAA) in derBundesrepublik Deutschland.

23.2. Martin BangemannwirdNachfolger von Hans-DietrichGenscher als FDP-Parteichef.

2.4. In Stuttgart-Stammheimwerden Christian Klar und Bri-gitte Mohnhauptwegen ihrerMitgliedschaft in der Rote Ar-mee Fraktion (RAF) und ihrer Be-teiligung anmehreren MordenundMordversuchen zu lebens-langer Haft verurteilt.

15.4. Als erster Deutscher ge-winnt der 27 Jahre alte GolfprofiBernhard Langer das Masters-Golfturnier in Augusta/USA.

8.6.Mit vier Punkten Vorsprungauf Bremen wird Bayern Mün-chen Deutscher Fußballmeister.

19.6. Ein Bombenanschlag aufdem Frankfurter Flughafen for-dert drei Tote und 42 Verletzte.

7.7. Boris Becker gewinnt alsbislang jüngster Tennisspielerund als erster Deutscher dasTennisturnier in Wimbledon/England.

22.9. In West-Berlin stirbt im Al-ter von 73 Jahren der Zeitungs-verleger Axel Springer.

16.10. Nach über dreiwöchigenVerhandlungen kommt es inHessen zu einer Koalition zwi-schen SPD und Grünen.

8.12. Die ARD beginnt mit derAusstrahlung Familienserie „Lin-denstraße“ von HansW. Gei-ßendörfer. Sie läuft noch heute.

Erster grüner Landesminister:Joschka Fischer (rechts) wirdvon Ministerpräsident HolgerBörner vereidigt. Archivfoto: dpa

es für die Kommunalpolitiknur begren te Möglichkeiten,den Schadstoffausstoß u er-ringern. Die städtische Müll-erbrennungsanlage urde

ebenso heruntergefahren iedas Kraft erk an der Denn-häuser Straße.

Um eltschüt ern ar dasnoch iel u enig. Eine Grup-pe on Demonstranten blo-ckierte die Rathauskreu ung.Die Autofahrer reagierten miteinem Hupkon ert und konn-ten nach einer Viertelstunde

ieder Gas geben. Nach Rück-sprache mit der Poli ei set tendie Demonstranten ihre Akti-on or dem Kasseler Rathausfort.

Eine der Forderungen ausdieser Zeit ar ein Nulltarifbei Smog für Busse und Stra-ßenbahnen der Kasseler Ver-kehrsgesellschaft (KVG). Da-raus ist nichts ge orden.

ten Innenhof des Rathausesund forderte die Mitarbeiterauf, mit öffentlichen Ver-kehrsmitteln ur Arbeit ukommen. Außer Appellen gab

bote gab es noch nicht, aberjede Menge Appelle, das Autostehen u lassen.

Die Stadt sperrte den an-sonsten als Parkplat genut -

VON THOMAS S I EMON

KASSEL. Am 15. Januar irdin Kassel erstmals Smogalarmausgelöst. Die dringende Emp-fehlung: Das Auto stehen las-sen und auf öffentliche Ver-kehrsmittel umsteigen.

Wie eine Dunstglocke lagdie Luft über Kassel, und sie

urde immer schlechter. DieAbgase der Fabrikschlote, Hei-ungen und Kraft erke mach-

ten sich ebenso breit ie dieaus den Auspuffrohren derAutos. Unten hing die kalteWinterluft im Kasseler Be-cken, oben hielt sie armeMittelmeerluft fest.

Solche Wetterlagen hatte esschon früher gegeben, Anfang1985 griff aber um ersten Maleine neue Verordnung. Alarm-stufe I urde am 15. Januarausgerufen, das ar der ersteKasseler Smogalarm. Fahr er-

Smog löst Alarm ausStadt Kassel ruft zum Autoverzicht auf – Umweltschützer blockieren Straße

Trotz dicker Luft: Die Appelle zum Umstieg auf öffentliche Ver-kehrsmittel brachten nicht viel. Foto: Archiv

FULDATAL. Mit einem Knopf-druck auf den Sprengautoma-ten startet Irene Eiermann,die Frau des Kasseler Landra-tes Willi Eiermann, am 29.Mai den Bau des Lohbergtun-nels in Fuldatal-Ihringshausen(Kreis Kassel). Das 58 Meterlange Tunnelbau erk ist Teilder Bundesbahn-Neubaustre-cke Hanno er-Wür burg.

Irene Eiermann ist Patin desLohbergtunnels, der mit Kos-ten on 21 Millionen Markdurch den Berg getrieben

ird. Er ählt egen besonde-rer geologischer Bedingungenu den sch ierigsten berg-

männischen Aufgaben auf derneuen Schnellbahnstrecke.Als Tunnelpatin ist Irene Eier-mann die ein ige Frau, die denTunnel ährend der Bauarbei-ten betreten darf. (mic)

Irene Eiermannstartet Bau desLohbergtunnels

KASSEL. Was für ein Drama.Die Aufstiegsfeier ar orbe-reitet und dann das: Der KSVals Tabellenerster der 2. Fuß-ball-Bundesliga erliert seinlet tes Saisonspiel beim Clubmit :2, stür t auf den iertenPlat und erfehlt damit dasRelegationsspiel um Aufstiegin die Bundesliga.

Dabei hatte alles so gut aus-gesehen. Seit dem 16. Spieltagführen die Lö en 1985 die Ta-belle an. Die ersten Chanceergeigen die Lö en am or-

let ten Spieltag uhause or23 Zuschauern gegen Han-no er 96. Ein Sieg hätte umAufstieg gereicht und allesdeutet ur Halb eit bei einer2: -Führung darauf hin.

Riesenchance bei ZitterpartieDoch Hanno er holt auf, er-ingt ein 2:2. So geht’s in die

Verlängerung nach Nürnberg.Hier reicht dem KSV einPunktge inn. Nach 6 Minu-ten geht Nürnberg in Füh-rung, nachdem der Lö e Pa-nierschk om Plat geflogen

ar. Aufopferungs oll kämpftder KSV. Kur or Schluss er-gibt Michael Deuerling eineRiesenchance, im Gegen ugerhöht der Club auf 2: .

Die KSV-Mannschaft on da-mals: Wulf - Grei er (72. Kirch-berg), Panierschk , Münn,Kahlhofen - Eplinius, Freuden-stein - Bakalor , Hampl, Ces-tonaro, Deuerling. (bre)

0:2 beim Club:KSV verpasstden Aufstieg

ChronikNordhessenKassel. Die Einwohnerzahl derStadt Kassel ist mit 184 500 aufeinen Tiefstand gesunken.

Baunatal.Bis 1985baut VW790Wohnungen in Baunatal undSchauenburg - bis zum selbenJahr fördert dasWerkmit 42Mil-lionenMarkden Eigenheim-undEigentumswohnungsbau.

Bad Hersfeld. Im November wü-tet ein Orkan im Kreis Bad Hers-feld. Es kommt zu Hochwasser-schäden.

Melsungen. Stararchitekt JamesStirling plant für B. Braun in Mel-sungen dasWerksgelände Pfief-fewiese.

Freitag, 24. April 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 38: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Demonstrantinnen Sand aufdie Stadtverordneten undspritzen mit Wasser. Mit Er-leichterung wird in Nordhes-sen aufgenommen, dass dieLandesregierung den Bau einesKernkraftwerks in Borken un-tersagt. (red) Foto: Archiv

besser nicht verzehrt werden.1000 besorgte Bürger demons-trieren vor dem Rathaus (Bildmit Schlagzeile vom 1. Mai) ge-gen die Informationspolitik derBehörden über die Folgen derKatastrophe. Bei einer Stadt-verordnetensitzung werfen

Gefahren ausschließt, sind dieBürger besorgt. Zu Recht: Am2. Mai schließt Hessen denGrenzübergang Herleshausenfür strahlenbelastete Lkw ausdem Ostblock. Im Kindergar-ten gibt es Tiefkühlspinat mitEi, denn Freilandgemüse soll

Am 26. April kommt es imAtomkraftwerk von Tscherno-byl zum schwersten Reaktor-unglück der Geschichte. Auchauf Deutschland fallen radioak-tiver Staub und Regen herab.Obwohl die deutsche Regie-rung zunächst gesundheitliche

Kasseler haben Angst vor Tschernobyl-Folgen

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

Das Jahr 1986 in unserer Region

... und die Welt28.1. Kurz nach demStart explo-diert die amerikanische Raum-fähre Challenger. Alle sieben Be-satzungsmitglieder kommenums Leben. Die Nasa setzt da-raufhin alle bemannten Raum-flüge auf unbestimmte Zeit aus.

27.2. Schwe-dens Minister-präsident OlofPalme wird inStockholm voneinem Unbe-kannten er-schossen.

26.4. In dem Kernkraftwerk vonTschernobyl nördlich von Kiewin der UdSSR schmilzt der Reak-torkern und verursacht die bis-her größte Katastrophe in derGeschichte der friedlichen Nut-zung von Atomenergie.

ChronikDeutschland7.1.Mehrere tausend Polizistenräumen dasHüttendorf, dasGegner der Wiederaufberei-tungsanlageWackersdorf imTaxöldner Forst errichtet haben.

23.1. In Düsseldorf stirbt derKünstler Joseph Beuys im Altervon 64 Jahren.

13.2. Das Bundeskartellamt ge-nehmigt die Übernahme derAEG durch denDaimler-Benz-Konzern. Damit ist der größteUnternehmenszusammen-schluss in der Geschichte derBundesrepublik perfekt.

26.3. Der italienischeWeinskan-dal, der bereits mehrere Men-schenleben in Italien geforderthat, greift auf die Bundesrepu-blik über. Erstmals wird auchhier mitMethylalkohol vergifte-ter Wein sichergestellt.

5.4. Bei einemBombenanschlagauf die Berliner Diskothek LaBellewerden zwei Menschengetötet und rund 200 verletzt.

26.4. Am letzten Spieltag ver-liert Bremen durch ein 1:2 inStuttgart die Fußballmeister-schaft an Bayern München.

30.6. Im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft schlägt dieargentinische die deutsche Na-tionalmannschaft mit 3:2.

1.7. In der Bundesrepublik müs-sen Autoinsassen künftig 40 DMBußgeld zahlen, wenn sie aufden Rücksitzen keine Sicher-heitsgurte angelegt haben.

9.7.Der Siemens-Manager KarlHeinz Beckurtswird bei Mün-chen getötet. Zu demMordan-schlag bekennt sich die RAF.

15.9. Greenpeace-Mitgliederdemonstrieren vor dem DDR-Ministerium für Umweltschutzin Ost-Berlin gegen die Salzein-leitung der Kalibergwerke derDDR in dieWerra.

31.12. Panne bei der Ausstrah-lung der NeujahrsansprachevonBundeskanzlerHelmutKohl:Es wird die Ansprache vom Vor-jahr wiederholt. Die ARD liefertdie korrekte Fassung am Neu-jahrstag 1987 nach.

Tod im gepanzerten BMW: DieRAF ermordet Siemens-Mana-ger Beckurts. Archivfoto: dpa

Untertagedeponie Herfa-Neu-rode entdeckt, nur eineinhalbStunden später fand die Poli-ei an einem anderen Park-

plat die tote Karola. Die Mäd-chen aren erstickt be ie-hungs eise er ürgt orden.

Die Kripo richtete eine19köpfige Sonderkommissionein. Ihr Verdacht richtete sichgegen die Eltern. Erst präsen-tierte die Staatsan altschaftMonika Weimar als Haupt er-dächtige, nur einen Tag spätersollte es der Ehemann und Va-ter der Kinder, der 34jährigeSchlosser Reinhard Weimar,ge esen sein. Beide urdenfestgenommen, mussten aber

ieder auf freien Fuß geset terden.Dreieinhalb Wochen nach

der Tat erklärte Monika Wei-mar plöt lich, ihr Mann habedie Kinder umgebracht. Siehabe die Töchter tot im Bettgefunden, ihr Mann habe dieLeichen eggebracht.

VON FRANK THON I CK E

KASSEL. Um Philippsthal-Röh-rigshof hat bis 1986 kein Hahngekräht. Das Dorf am Zonen-rand kannte nur der, der dort

ohnte. In der Nähe urdeKali abgebaut, und hinter denMehrfamilienhäusern in Röh-rigshof türmten sich die Ab-raumhalden.

Alles ar ie immer amosthessischen Zonenrand, bisam 4. August 1986 die 28 Jahrealte Krankensch ester Moni-ka Weimar die Poli ei alar-mierte: Sie ermisse ihre Kin-der Melanie (7) und Karola (5).Die beiden Mädchen seien ausdem Sandkasten spurlos er-sch unden.

Es begann eine Suche, ander sich neben Nachbarn undFreunden auch die Mutter be-teiligte. Drei Tage später ur-den die Mädchen gefunden -tot. Ein Busfahrer hatte Mela-nie an einem Parkplat der

Eine Mutter als MörderinIm August 1986 wurden Melanie und Karola Weimar umgebracht

Doch die Ermittler glaubenMonika Weimar nicht. DieMädchen aren oll angeklei-det gefunden orden, ihreHaare aren mit Spangen her-gerichtet - da u habe dem un-beholfenen Reinhard Weimardas Geschick gefehlt.

Die Ermittlungen kon en-trieren sich nun ieder aufMonika Weimar. Nur sie, dasind sich Poli ei und Staatsan-

altschaft mittler eile si-cher, könne ihre Töchter getö-tet haben. Weimar sei er-

eifelt ge esen: Sie olltemit ihrem Geliebten, einemUS-Bürger, nach Amerika. Der

ollte die Kinder nicht mit-nehmen. Monika Weimar ie-derum ollte aber Karola undMelanie nicht ihrem Mannüberlassen - darum habe siedie Mädchen umgebracht.

Am 27. Oktober 1986 urdeMonika Weimar egen Mord-erdachts erhaftet. Sie leug-

nete die Tat, und Deutschlanddiskutierte, ob eine Mutter tat-sächlich ur Mörderin ihrerKinder erden kann.

Was niemand ahnte: Der In-di ienpro ess gegen die sprö-de Frau sollte drei Verfahrenund 14 Jahre dauern. Schließ-lich urde sie u lebenslangerHaft erurteilt. Heute ist Wei-mar, die ihren Mädchenna-men Böttcher trägt, frei. Siesoll in Frankfurt leben.

Verurteilt: Monika Weimar tö-tete ihre Töchter. Foto: Archiv

HABICHTSWALD. Seit dem 1.Januar läuft in Habichts aldein Pilotprojekt ur Mülltren-nung. Das Trenns stem sollda u beitragen, Gebührener-höhungen des Müll eck er-bandes für den Verbraucheru ermeiden. Die aufgestell-

ten Container für Glas und Pa-pier erden oft genut t. (ni )

Müll wirdnun getrennt

Herbstausstellungfeiert JubiläumÜber 500 Aussteller aus dem In-und Ausland sind vom12. bis 21September bei der Jubiläums-Herbstausstellung in der Fulda-Aue dabei. Seit 25 Jahren lockendie Veranstaltungen der Messe-gesellschaft zehntausende Besu-cher aus der Region an. Auf demMessegelände in den Fulda-Auen stehen nun 40 000 Qua-dratmeter Ausstellungsflächezur Verfügung, davon 10 500 infesten Hallen. Bei der EröffnungsagtOberbürgermeister Hans Ei-chel, dieses „Kasseler Schaufens-ter nach draußen“ leiste einengroßen Beitrag zur wirtschaftli-chen Stärkung der Region. Da-mit habe die Messegesellschaftbewiesen, dass auch in Nordhes-sen ein Markt vorhanden sei,wenn Initiativen genutzt wür-den. (red) Foto:Archiv

ChronikNordhessenKassel. Die Stadt Kassel führtTempo-30-Zonen ein undschafft Radarwagen an.

Witzenhausen. Im BürgerhausinWitzenhausen wird das ersteBlockheizkraftwerk in Betriebgenommen. Das mit Erdgas be-triebene Kraftwerk besaß Pilot-funktion weit über Witzenhau-sen hinaus und erlangte hessen-weites Interesse.

Vellmar. In Vellmar wird dergroße Ahnepark gebaut.

Homberg. Die Emanzipationschreitet fort: In Homberg neh-men fünf Männer bei der HeiratdenFamiliennamen ihrer Frauenan.

SCHWALMSTADT. In Yue -ang, einer Stadt mit 3Ein ohnern in der südchine-sischen Pro in Hunan, solleine Fabrik ur Herstellungon Klimaanlagen entstehen.

Die Sch almstädter FirmaKon ekta hat im Rahmen ei-nes Li en ertrages den Zu-schlag für die Errichtung derProduktionsstätte erhalten –und sich damit gegen interna-tionale Konkurren aus denUSA und Japan durchgeset t.

Die Fertigung im Auslandsei not endig, um aufgrunddes hohen Lohnni eaus inDeutschland keine Anteile amWeltmarkt u erlieren, er-klärte Geschäftsführer CarlHeinrich Schmitt. Zur Vorbe-reitung des Projektes empfinger in Ziegenhain eine Gruppechinesischer Wirtschaftsfach-leute. (jkö)

Konvektabaut neueFabrik in China

BAUNATAL. Im Jahr 1986 er-reicht VW in Baunatal denHöchststand an Mitarbeitern:2 52 Menschen erdienendort ihr Brot.

Es ist auch das Jahr, in demdie Leichtmetallgießerei umein Aluminium-Umschmel -

erk er eitert ird. Im Rec c-ling erfahren sollen Rohstoffefür Getriebe und Kurbelgehäu-se ge onnen erden. Das istkostengünstiger als Alumini-um-Flüssigmetall on außenu be iehen. Außerdem stellt

die Aggregate-Aufbereitung1986 das einmillionste Schalt-getriebe für den Austausch-dienst fertig.

Heute arbeiten im Baunata-ler Werk und im Vertrieb Ori-ginalteile on VW knapp13 Menschen. (ing)

Rekordzahl:VW hat 20 520Beschäftigte

Samstag, 25. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 39: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Für die Kunst-E perten gabes aber keinen Z eifel, el-ches das bedeutendste Kunst-

erk der Ausstellung ar: Jo-seph Beu s’ ein Jahr nach sei-nem Tod im Fridericianumplat ierte, raumfüllende In-stallation „Blit schlag mitLichtschein auf Hirsch“. Aller-dings gab es Streit, ob die ein-elnen Gegenstände der In-

stallation tatsächlich korrektangeordnet aren.

Eine neue Kunstform ge-ann bei der documenta 8 an

Bedeutung: die aus mehrerenMonitoren gebaute Video-skulptur. Nam June Paik, Ma-rie-Jo Lafontaine und Fabri ioPlessi aren bedeutende Ver-treter dieser Richtung.

Trot solcher spektakulärerArbeiten gilt die documenta 8heute im Rückblick insgesamtals eine der sch ächeren Aus-stellungen. Allerdings er-eichnete sie fast 9 Besu-

cher mehr als die Vorgänger-documenta. Hatte die docu-menta 7 rund 38 Kunst-liebhaber angelockt, so arenes bei der documenta 8 schon468 . Auch dieser Erfolg be-

ahrte die Schau aber nichtor einem Defi it on 91

Mark. Doch er ollte demRetter aus der Not grollen?

seinen dreiköpfigen, fünf Me-ter hohen Riesen-Tedd bär,der aus der Steifftier-StadtGiengen nach Kassel gekom-men ar.

Ein Kunst erk, das or al-lem die Kinder liebten, hatteder amerikanische KünstlerCharlemagne Palestine herge-stellt: „Godbear“ nannte er

VON W E RN ER FR I T S CH

KASSEL. Eigentlich hätte diedocumenta 8, die om 12. Junibis 2 . September die Kunstin-teressierten in aller Welt be-schäftigte, on dem Duo Edde Wilde und Harald S ee-mann geleitet erden sollen.Jenem Harald S eemann, des-sen documenta 5 aus dem Jahr1972 ielen nach ie or alsdie ichtigste aller documen-ta-Ausstellungen gilt.

Doch es ar anders gekom-men. Der Sch ei er S ee-mann und der Niederländerde Wilde konnten sich nichtauf ein Kon ept einigen. Undso urde ieder als Nothelfer

ieder Manfred Schnecken-burger geholt, der schon ehnJahre u or die documenta 6erant ortet hatte.Es gab eine gan e Reihe be-

deutender und auch spektaku-lärer Werke, die Aufsehen er-regten. Zum Beispiel die ierGouillotinen des Briten IanHamilton Finle im Aueparkmit Blickrichtung auf denSch anentempel: „A Vie tothe Temple“. Damit ies er da-rauf hin, dass ischen demBau der Orangerie und demdes Sch anentempels dieFran ösische Re olution lag.

Blitzschlag undGouillotineManfred Schneckenburgers documenta 8 lebte von spektulären Einzelwerken

Blickfang im Fridericianum: Die Installation „Blitzschlagmit Licht-schein auf Hirsch“ des ein Jahr zuvor gestorbenen Joseph Beuys.

Thema Leben und Tod: Die imAuepark aufgestellte Reihe von vier Gouillotinen „A View to the Temple“ des britischen Künstlers IanHa-milton Finlay sorgte für Diskussionsstoff. Archivfotos: nh

Hessentag beidenBartenwetzernDen 27. Hessentag haben dieMelsunger, Spitzname: Barten-wetzer, ausgerichtet. Aprilwet-ter begleitete das Landesfest,doch zum Umzug am 14. Juni,strahlte die Sonne. 10 000 Mit-wirkende in 300Gruppen ließensich bewundern. Bis dahin hattedas Hessentagspaar Beate Apelund Volker Salzmann bei unge-zählten Auftritten die Stadt zuvertreten. Mal ging es sportlichzu, mal musikalisch, mal war eswas für Kinder, mal für Senioren- kein Tag ohne eine Riesenaus-wahl anVeranstaltungen, für dieHessentagsmacherWernerHoll-stein und sein Teamgeplant undgeschwitzt hatten. Profitiert hatMelsungen vom Fest nicht nur,weil es bekannter wurde, son-dern auch, weil viel Geld vomLand in die Stadt floss, um Fach-werkhäuser herauszuputzen.(bmn) Foto: nh

Das Jahr 1987 in unserer Region

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

Mehr auf www.hna.de

KASSEL. Der Aschrott-Brun-nen in Kassel ist ieder da: AlsSinnbild für den on den Na-tionalso ialisten im DrittenReich erstörten Brunnen,lässt Künstler Horst Hoheiselseinen neuen Aschrott-Brun-nen or dem Rathaus ersen-ken. Tonnensch ere Betontei-le erden in den Untergrundhinabgelassen. (red)

Neuer Brunnenwird versenkt

Unter der Erde: Der neueAschrott-Brunnen. Foto: Archiv

BAD HERSFELD. Mit gleichei Unglücksfällen haben die

Hersfelder Festpiele 1987 ukämpfen: Intendant Karl Vi-bach stirbt am 9. Juni kur order ersten Premiere der Spiel-eit im Alter on 58 Jahren. Er

erliegt den Folgen sch ererKnochenbrüche, die er sichbei einer Theaterprobe uge-ogen hatte.Oberspielleiter Jochen

Schmidt springt bis um Endeder Saison ein. Vibachs desig-nierter Nachfolger Peter Lot-schak tritt sein Amt um 1.September 1987.

Darstellerin erleidet InfarktDramatisch ird es auch

bei Generalprobe für den „Be-such der alten Dame“: Haupt-darstellerin Heidemarie Hat-he er erleidet einen Her an-fall. Die Suche nach einem Er-sat hat Erfolg: Bei der Premie-re steht E a Kotthaus auf derBühne, die nur als Zuschaue-rin nach Bad Hersfeld gekom-men ar. Kotthaus hatte dieRolle schon gespielt, und ein„Knopf im Ohr“ - erbundenmit einem Walkie-Talkie –übertrug Te t und Regiean-

eisungen. (ks)

Intendant derFestpiele stirbtvor Premiere

ChronikNordhessenBad Hersfeld. Im Januar schlie-ßen die Pepsi-ColaWerk in Hers-feld.

Wolfhagen. Im Juni halten dreiGroßbrände in fünf Tagen dieFeuerwehr in Emstal-Sand aufTrab. Im Juli führt ein Sommer-gewitter imWolfhager Land zuMillionenschäden durch Über-schwemmungen in NaumburgundWolfhagen-Ippinghausen.

Witzenhausen. Im Stadtteil Ger-tenbach hinterlässt eineWind-hoseam23.Septembereine500Meter breite Schneise der Ver-wüstung.

Kassel. Bei ersten Entwürfe zumBau des Intercity-Bahnhofs inKassel-Wilhelmshöhe sind keineToiletten vorgesehen. Ammeis-ten verwundert: Es handelt sichnicht um eine planerische Pan-ne, sondern Vorsatz.

... und die Welt28.5. Der deutsche SportpilotMathias Rust (Foto) landet miteiner Cessna aufdem RotenPlatz in Moskau.Die Folgen: Ver-teidigungsmi-nister Sergej So-kolow wirdpensioniert,Luftabwehrchef Alexander Kol-dunow abgesetzt, Rust zu vierJahren Arbeitslager verurteilt.

12.6. US-Präsident Ronald Rea-gan fordert in einer Rede vordem Brandenburger Tor er denParteichef Gorbatschow auf, dieBerliner Mauer niederzureißen.

9.2. In Hessen zerbricht die seitDezember 1985 regierende rot-grüne Koalition mit Holger Bör-ner (SPD) und Joschka Fischer(Grüne) an der Diskussion überdie Plutoniumfabrik in Hanau.

11.3. Der CDU/CSU/FDP-Koaliti-on wähltHelmut Kohl erneutzum Kanzler.

23.3.NachQuerelen umdie vonihm vorgeschlagene Pressespre-cherinMargaritaMathiopoulosund seinen Führungsstil erklärtWilly Brandt nach 23-jährigerAmtszeit seinen Rücktritt alsSPD-Parteivorsitzender.

14.6. Auf einem Sonderpartei-tag der SPD wirdWilly BrandtzumEhrenvorsitzenden ernanntNeuer Parteichef wirdHans-Jo-chen Vogel.

17.6. Bayern München erringtseinen zehntenDeutschenMeis-tertitel.

14.7. Im GrenzdurchgangslagerFriedland treffen ineinerWoche1440 deutsche Übersiedler ausOstblockstaaten ein - die höchs-te Zahl in einer so kurzen Frist.

17.8. Der ehemalige Stellvertre-ter Adolf Hitlers, Rudolf Heß,stirbt im Alter von 93 Jahren imbritischen Militärhospital inWest-Berlin durch Selbstmord.

7.9. Zum ersten Mal in der Ge-schichte der beiden deutschenStaaten besuchtmit ErichHone-cker ein Staats- und Parteichefder DDR die Bundesrepublik.

11.10. Ende der Affäre um denwenige Tage zuvor zurückgetre-tenen KielerMinisterpräsi-denten UweBarschel(CDU): EinStern-Repor-ter findet ihntot in der Ba-dewanne ei-nes Genfer Ho-tels - wahrscheinlich ein Freitodangesichts einer ausweglosen Si-tuation. Barschel hatte sich inWidersprüche verwickelt, als erVorwürfe um schmutzigeWahl-kampftricks zurückwies.

ChronikDeutschland25.1.Wahl zum 11. DeutschenBundestag

Montag, 27. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 40: 60 Jahre BRD: Nordhessen

... und die Welt8.2.Der sowjetische Staats- undParteichefGorbatschowkündigtden Abzug der sowjetischenTruppen aus Afghanistan an.

8.5. FrançoisMitterrandwird für weiteresieben Jahrezum französi-schen Präsiden-ten gewählt.

30.6. Der traditionalistische Erz-bischofMarcel Lefebvreweihtin der Schweiz trotz päpstlichenVerbots vier Bischöfe. Für denPapst bedeutet dies einen end-gültigen Bruch: Lefebvre wirdexkommuniziert.

Das Jahr 1988 in unserer Region

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

Mehr auf www.hna.de

MELSUNGEN. Im September1988 geht in Melsungen einesder modernsten Fleisch erkeder Bundesrepublik in Be-trieb. Darin kann die Fleisch-

erk Hessengut GmbH - eineTochtergesellschaft der Edeka-Handelsgesellschaft - täglichüber 7 Tiere mit einem Ge-

icht on et a 5 Tonnen er-arbeiten.

Das ischen 2 und 25 Mil-lionen DM teure Werk - aufeine genaue In estitionssum-me legt sich das Unternehmennicht fest - soll den Kunden-stamm der Edeka mit 1Ein elhandelsgeschäften inNord- und Mittelhessen undSüdniedersachsen mit Wurst-,Schinken- und Fleischartikelnersorgen. Das neue Fleisch-erk bietet 15 Arbeitsplät e,erfügt über 16 Meter

Transportbahnen, ein moder-nes EDV-S stem und automa-tische Wiege-Anlagen.

NeuesFleischwerkgeht in Betrieb

SÖHREWALD. Seit 1823 ur-de in der Söhre Braunkohleabgebaut - schönste Hinterlas-senschaft ist der heute bei Ba-defreunden beliebte Stellberg-see. Doch im Jahr 1967 urdenach einem Feuer in der Verla-destation der Bergbau einge-stellt, die let ten 43 Kumpelnach Hause geschickt.

Als jedermann dachte, dasKapitel Bergbau in der Söhresei geschlossen, kündigte1988 das Unternehmen Waiton Eschen an, alte Abbau-

rechte in einem Untertagebe-trieb mit 15 Bergleuten ie-der nut en u ollen, umBraunkohle ab ubauen.

Protest hatte ErfolgRasch formierte sich die

Bürgerinititi e „Rettet dieSöhre“, die sich gegen die Koh-leförderung aussprach. Partei-en, Pri atleute und Vereinekämpften für die Un ersehrt-heit der id llischen Waldland-schaft - und hatten Erfolg. Am15. April 2 erklärte das Re-gierungspräsidium Kassel, derSchut on Grund- und Trink-

asser sei ichtiger als derKohleabbau. (tom)

Bürgerinitiativerettet die Söhre:Kein Bergbau

Mittel Recht, um et a an Bil-der der Opfer u kommen. DieHilfskräfte aren mit dem An-sturm des Fernsehens und derPresse anfangs überfordert,erst nach und nach schüt tensie die Hinterbliebenen derOpfer. Trot dem kam es udramatischen S enen: Hinter-bliebene, die sich erfolgtfühlten, arfen mit Steinennach den Journalisten.

Borken-Stol enbach, dasar auch der Beginn einer

neuen Epoche: Das Medien-eitalter begann an der Kohle-

grube - mit all seinen negati-en Begleiterscheinungen.

Noch nie aren so iele Jour-nalisten aus gan Deutschlandbei einem Unglück auf derJagd nach Informationen undSensationen. Dabei aren alleerlaubten und unerlaubten

on Betroffenen und Hinter-bliebenen urde beispielge-bend.

Stol enbach ar die Ge-burtsstunde für die Betreuungon Katastrophen-Opfern.

Nach Stol enbach usstenÄr te und Ps chologen, ieman anderen Menschen, dieunter den massi en Folgenon Unglücken leiden, helfen

kann und muss.

VON FRANK THON I CK EUND O L A F D E L L I T

STOLZENBACH. Um 12.29Uhr ar am 1. Juni 1988 dieWelt noch in Ordnung in Bor-ken-Stol enbach. Die Kumpelder Frühschicht aren ie ehund je eingefahren. Eine Mi-nute später ar nichts mehrso ie früher: Eine ge altigeDetonation erschütterte um12.35 Uhr die Braunkohle e-che. Wie sich später heraus-stellt, handelte es sich umeine Kohlestaube plosion. Soet as hatte es u or im Braun-kohlebergbau nie gegeben.

51 Bergleute sterben in denStollen, acht erden überTage erlet t. Drei Tage spätergeschieht dann das, oranniemand mehr geglaubt hatte- das Wunder on Stol enbachtritt ein: Sechs Kumpel er-den gerettet. Sie überlebten ineiner Art Sauerstoffblase.

Das Unglück on Stol en-bach ar die größte Katastro-phe, die die Region seit demZ eiten Weltkrieg erschütter-te. Noch nie aren so ieleMenschen bei einem ein igenUnglück ums Leben gekom-men, noch nie aren Trauerund Betroffenheit so groß.Aber auch die Hilfe ar soüber ältigend ie nie. DasProgramm ur Unterstüt ung

Wunder von StolzenbachEin Grubenunglück verändert die ganze Region - Sechs Bergleute werden gerettet

Die sechs Überlebenden von links: Heinz Röse,Wilfried Dönch, Helmut Gessner, Ahmet Batkan, Egon Dehn und Thomas Geppert. Es istder 4. Juni 1988 und seit der Explosion sindmehr als 65 Stunden vergangen. Archivfoto: Berger

Trauerfeier für die Opfer: Die Särge der türkischen Toten warenmit Nationalfahnen bedeckt.Archivfoto: Koch

ChronikNordhessenBad Hersfeld. Der größte Heiß-luftballon derWeltmuss imMai-in Hersfeld notlanden.

Ziegenhain. Im Juni findet imChinapark in Ziegenhain die ers-te Schwalm-Eder-Schau statt.Handel, Handwerk, Industrieund Landwirtschaft der Regionstellen ihre Leistungskraft vor.

Kassel.Wohnraum ist knapp. ImJuli verbarrikadieren sich 17Hausbesetzer in einem leerenHaus in der Breitscheidstraße.Als die Polizei ins Gebäude vor-dringt, ziehen die Besetzer ab.

Breuna. Breuna stellt als ersteGemeinde in Nordhessen neueTafelnandenOrtseingängenauf,die zuoberst die Namen derOrtsteile zeigen.

ChronikDeutschland10.1. Jürgen Sparwasser, einerder prominentesten Fußball-spieler der DDR, setzt sich in dieBundesrepublik ab.

1.3. Einwohner vonWest-Berlinkönnen künftig bei Reisen nachOst-Berlin einmal übernachten.

9.3.Der frühere BundeskanzlerKurt Georg Kiesinger (CDU)stirbt 83jährig in Tübingen.

1.5.Der ICE stellt bei Fulda mit406,9km/heinenWeltrekord fürSchienenfahrzeuge auf.

21.5.Mit vier Punkten Vor-sprung vor München wirdWer-der Bremen Fußballmeister.

3.8.DieSowjetsbegnadigendenSportfliegerMathias Rust undweisen ihn aus aus. Rust war1987mit einer Cessna auf demRoten Platz in Moskau gelandet.

16.8. In Gladbeck überfallenzwei Gangster eine Bank, undfliehenmit zwei Geiseln nachBremen. Dort kapern sie einenvoll besetzten Bus und erschie-ßen einen 15jährigen Insassen.Bei der Verfolgungsjagd in Bre-men stirbt ein Polizist. Am18. September stellt die Polizeidie Verbrecher auf der Auto-bahn bei Siegburg und beendetdie Geiselnahme in einer bluti-gen Schießerei, bei der die 18-jährige Geisel Silke Bischoff umsLeben kommt.

28.8. Bei einer Flugschau aufdem amerikanischen Luftwaf-fenstützpunkt Ramstein in derPfalz kommen beim Absturzdreier Flugzeuge einer italieni-schen Kunstflugstaffel 70 Men-schen ums Leben.

3.10. Der CSU-Vorsitzende undbayerische MinisterpräsidentFranz-Josef Strauß stirbt an ei-nem Herz-Kreislauf-Versagen.

11.11. BundestagspräsidentPhilipp Jenninger (CDU) trittnach Kritik an seiner Rede zum50. Jahrestag der Pogromnachtzurück. Nachfolgerin wird dieGöttinger Bundestagsabgeord-nete Rita Süssmuth (CDU).

18.12. Zum ersten Mal in der88jährigen Geschichte des Da-vis-Cup gewinnt eine deutscheMannschaft die höchste Team-Trophäe im Tennis.

Geiseldrama von Gladbeck:Dieter Degowski bedroht dieGeisel Silke Bischoff. Archivfoto: dpa

mar, der Vater der Kinder undder on Monika Weimar be-trogene Ehemann, hätte er-

VON FRANK THON I CK E

FULDA Das Landgericht Fuldaerurteilt am 8. Januar 1988

die 29 Jahre alte Kranken-sch ester Monika Weimaraus Philippsthal u lebenslan-ger Haft. Monika Weimar hat,so die Über eugung des Ge-richts, ihre Töchter Melanie(7) und Karola (5) ermordet.

Monika Weimar leugnetedie Tat on Anfang an. Auchiele Pro essbeobachter hat-

ten Z eifel an der Schuld derMutter. Das Publikum im Saalund or dem Gericht bejubeltedagegen das Urteil über dieMutter.

Motiv blieb im DunkelnDie Fuldaer Richter gaben

u, dass das Moti der Tat„ eitgehend im Dunkeln“ ge-blieben ar. Reinhard Wei-

Lebenslang fürMonikaWeimarFasern gaben den Ausschlag – Zuschauer bejubelten das Urteil in Fulda

mutlich ein besseres Moti ge-habt. Doch das Gericht fandNichts, as den Schlossser

hätte belasten können. Soblieb als Moti let tlich die Ve-mutung, die Kinder hätten derBe iehung Monika Weimarsu ihrem amerikanischen Ge-

liebten im Weg gestanden. Esar ein Indi ien-Urteil: Rund

1 Zeugen aren befragtorden, und 14 Zellulose-Fa-

sern spielten eine entschei-dende Rolle.

Gelbe Bluse am TattagDiese Fasern hatten am T-

Shirt und an der Hose der er-mordeten Melanie gehaftet.Das Besondere: Genau dieseFasern stammten on einergelben Bluse, die Monika Wei-mar am Tattag getragen ha-ben soll. Für das Landgerichtgenügte dies als Be eis, dassdie Mutter die Mörderin ihrerbeiden Töchter Melanie undKarola ar.

Von der Mutter ermordet: Undatiertes Archifoto von Melanie(links) und KarolaWeimar. Archivfoto: ap

Dienstag, 28. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 41: 60 Jahre BRD: Nordhessen

KARLSRUHE.Monika Weimarmuss im Gefängnis bleiben.Der Bundesgerichtshof (BGH)bestätigt am 17 . Februar 1989das Urteil des LandgerichtsFulda und er irft die Re isi-on. Monika Weimar ar inFulda egen Mordes an ihrenKindern Melanie (7) und Karo-la (5) u lebenslanger Haft er-urteilt orden. (tho)

MonikaWeimarbleibt in Haft

... und die Welt25. 12. Bei der Revolution in Ru-mänienwerden StaatschefNiko-lai Ceausescu und seine Frauvon einemMilitärtribunal zumTode verurteilt und sofort hinge-richtet. Zuvor waren bereits dieanderen kommunistischen Sys-teme in Osteuropa zusammen-gebrochen.

ChronikDeutschland6.2.DDR-Grenzsoldaten er-schießen den 20-jährigenSchlosser Chris Gueffroy beimVersuch, von Ost- nachWest-Berlin zu flüchten.

7.5. Bei den Kommunalwahlenin der DDR entfallen nach offi-ziellen Angaben 98,8 Prozentder Stimmen auf die Kandidatender Einheitslisten. Von Opposi-tionellen werden vielerortsWahlfälschungen festgestellt.

17.6. Der FC Bayern Münchenwird deutscher Fußballmeister.

4.9. In Leipzig findet die ersteMontagsdemonstration im An-schluss an das traditionelle Frie-densgebet in der Nikolaikirchestatt. Es wird mehr Reisefreiheitgefordert.

30.9. BundesaußenministerHans-Dietrich Genscher verkün-det auf dem Balkon der bundes-deutschen Botschaft in Prag,dass alle DDR-Flüchtlinge, diesich in dendeutschenMissionenin Prag undWarschau befinden,ausreisen dürfen.

7.10. 40. Jahrestag der DDR-Gründung. Der sowjetischeStaats- und Parteichef Gorbat-schow erklärt die Notwendigkeitvon Reformen: „Wer zu spätkommt, den bestraft das Le-ben.“

18.10. Das Zentralkomitee derSED stürzt Erich Honecker. EgonKrenzwird neuer Generalsekre-tär.

9.11. SED-PolitbüromitgliedGünter Schabowski erklärt beieinerPressekonferenzzurneuenAusreiseregelung: „Privatreisennach demAusland können ohneVorliegen von Voraussetzungen(Reiseanlässe und Verwandt-schaftsverhältnisse) beantragtwerden. Die Genehmigungenwerden kurzfristig erteilt.“ Da-raufhin drängen am selbenAbend Tausende von Ost-Berli-nern nachWest-Berlin. Kurz vorMitternacht öffnen sich die ers-ten Schlagbäume. Das Ende derMauer ist da. Millionen DDR-Bürger besuchen in den nächs-ten Tagen denWesten.

10. 11. Vor dem SchönebergerRathaus inWest-Berlin sagt derSPD-EhrenvorsitzendeWillyBrandt: „Jetzt wächst zusam-men, was zusammengehört.“

30.11. Der Vorstandssprecherder Deutschen Bank, AlfredHerrhausen,wird in Bad Hom-burg von Terroristen der RotenArmee Fraktion durch einenBombenanschlag ermordet.

11.12. Erstmals wird bei denmittlerweile traditionellen Mon-tagsdemonstrationen in derDDR der Ruf nachWiederverei-nigung deutlich.

Die Mauer ist offen: BerlinerGrenzübergang am Abend des9. November. Archivfoto: dpa

Das Jahr 1989 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikNordhessenBad Hersfeld. Im Stadtparla-ment Hersfeld kommt es imApril zu Tumulten gegen denEinzug der NPD.

Kassel. Der lange Donnerstagwird am 5. Oktober eingeführt.Geschäfte öffnen erstmals bis20.30 Uhr.

Fritzlar. Die Fritzlarer Flieger-Asse Konrad Hanses und LudgerSchulter-Bispingwerden bei derHubschrauber-Weltmeister-schaft das beste europäischeTeam.

Kassel. Bei der Kommunalwahlerreicht die SPD knapp die abso-lute Mehrheit mit 50,5 Prozent.Weitere Ergebnisse: CDU 29,5Prozent, Grüne 12,3 und FDP6,6.

ROTENBURG. 1989 erteilt dieHessische Landesregierungdem Her - und Kreislauf en-trum Rotenburg die Genehmi-gung für Operationen am offe-nen Her en – der Start derHer - und Gefäßchirurgie. Imselben Jahr legte Hein Meise,der das HKZ gebaut und am17. Januar 1974 eröffnet hatte,den Grundstein für das HotelRodenberg, das iele Jahreum Zentrum gehörte. Meisear auch HKZ-Geschäftsfüh-

rer. Er starb 1998.Die Her chirurgie ar dem

HKZ unter der SPD-Landesre-gierung stets ersagt orden.Ab 1987 regierte unter WalterWallmann eine CDU-Landes-regierung, die mit der Her -chirurgie für Rotenburg einWahl ersprechen einlöste. ImHerbst 2 8 urde im HKZder 3 her chirurgischePatient behandelt. (m.s.)

Nun auchOperationenamoffenen Herzen

KASSEL. Es ar am 7. Juli,dem 129. Geburtstag des Kom-ponisten Gusta Mahler, als inder Stadthalle mit einem Fest-kon ert das erste „Gusta -Mahler-Fest“ in Kassel eröffnet

urde. Die Stadt, in der Mah-ler on 1883 bis 1885 als Mu-sikdirektor ge irkt hatte, ge-riet ins Mahler-Fieber.

Das Fest ging auf eine Initia-ti e des Generalmusikdirek-tors Adam Fischer urück, derdie künstlerische Leitungübernahm. Ein begeistertesPublikum erlebte sechs Fest-kon erte, ei Liederabendeund Begleit eranstaltungenmit namhaften Musikern ausaller Welt. Die Verbindung

ischen Friedrichsplat undKarlsaue heißt seitdem Gus-ta -Mahler-Treppe. (red)

Mahler-Festwird eröffnet

Deutschland-West über dieAutobahn und passierte ohneBehelligung den Gren über-gang Herleshausen. Der est-deutsche Gren schut applau-dierte dem Mann.

Die DDR-Deutschen urdenin der Region her lich be-grüßt. Die Westler halfen denOstlern, o sie konnten. Undes gab Geld für die DDR-Bür-ger: 1 Mark für jeden ur Be-grüßung.

Bei der Aus ahlung gab esegen des Ansturms nicht nur

in Herleshausen Probleme:

KASSEL. Als am 9. No emberdie innerdeutsche Gren e auf-ging, ar das ein Feiertag fürdie Region. Tausende DDR-Bürger kamen - in Trabbisoder auf Mofas im Blaumann,um ischen Nacht- und Spät-schicht eine Freischicht imWesten ein ulegen. Andere

aren ohlorganisiert, hatteneinen Atlas in der Hand.

Als sie urückfuhren, hat-ten sie or allem eines im Ge-päck: Bananen. Schnell über-holten Tatsachen das Klischee,Südfrüchte urden das S m-bol des ersten deutsch-deut-schen Tages in der Region. DieThüringerin Brigitte Glock,die in Bebra mit Apfelsinenund Bananen in der Handstand und der Tränen über dieWangen liefen, sagte es füralle anderen: „So as gibt‘sbei uns einfach nicht.“

Geld zur BegrüßungÜberall kullerten die Freu-

dentränen, und die Sektkor-ken knallten. Es ar ein Volks-fest. Verbrüderungs enenüberall. Am 11.11., dem erstengemeinsamen deutschen er-kaufsoffenen Samstag,herrschte so et as ie Nar-renfreiheit. Da radelte umBeispiel ein Bürger (Ost) nach

Im Trabbi ab nach KasselDie DDR-Grenze ging auf, und die Region feierte ein wahres Volksfest

Dort halfen Frei illige derKreis er altung bei der Aus-ahlung des Begrüßungsgel-

des. Fast immer urde es inNaturalien umgeset t: NebenApfelsinen und Bananen ur-den mit Süßigkeiten gefüllteNikolausstiefel und Weih-nachtsmänner aus Schokoladegekauft. Alle hofften: Der Ein-kaufsbummel im Westen sollkeine Eintagsfliege bleiben.

In Wanfried schufften dieDDR-Gren er, um die Sperran-lagen eg uschaffen. Danachmarschiert aus Osten die Blas-

kapelle aus Diedorf/Wende-hausen in Wanfried ein. DDR-Soldaten bauen eine pro isori-sche Gren kontrollstelle, inder es Ausreise-Visa gibt.

Auf der Straße ischenOber- und Untersuhl stehentausende Westler und klat-schen Beifall, als sich on Os-ten her die Kara ane in Be e-gung set t.

Für Flüchtlinge gerüstetAn den Gren übergang bei

Eichenberg im Norden desWerra-Meißner-Kreises sind6 Menschen geströmt.Rudi Müller heißt der erste,der mit seinem Trabbikommt. Im Gegen ug schrei-tet Artur Kün el, Chef desWerratal ereins Wit enhau-sen, über die offene Gren e.

Schon or der Gren öff-nung hatte es einen Flücht-lingsstrom in die Region gege-ben. Viele DDR-Bürger kamenüber den Um eg Ungarn. Dienordhessischen Kommunenhatten sich darauf eingestellt.Frit lar um Beispiel ar für35 Flüchtlinge gerüstet, imKnüll urden ölf Kasernenfür 8 Menschen freige-macht. In Frielendorf am Sil-bersee konnten 6 Gäste un-tergebracht erden. (red)

Blick in die Innenstadt: 20 000 Menschen aus der DDR besuchten am 12. November Kassel. Ein massenhafter Sonntagsausflug – undeine freudige deutsch-deutsche Begegnung. Archivfoto: Koch

Einkaufsbummel in Kassel: Bepackt mit Tüten traten viele Besu-cher aus der DDR schließlich die Heimreise an. Archivfoto: Herzog

Hessentag startetin FrankenbergFast eine halbeMillion Besucherströmten zwischen dem24. Juniund dem 2. Juli 1989 zumHes-sentag nach Frankenberg. Dererste Hessentag im LandkreisWaldeck-Frankenberg war einvoller Erfolg – und eine teure An-gelegenheit: Ausgaben in Höhevon 1,4 Millionen DM standenEinnahmen von 460 000 Markgegenüber. Allerdings bekamdie Stadt im Vorfeld 10 Millio-nen DM Zuschüsse vom Land,mit denen unter anderem dieEderberglandhalle und dasSportzentrum gebaut und dieAltstadtsanierung vollendetwurden. Außerdemwurde einneues Parkdeck in der Altstadtgebaut. Investitionen flossenauch in das Radwegenetz undden Fremdenverkehr. (jul)

Mitt och, 29. April 2 960 Jahre BundesrepublikBRD-RE

e-paper für: 10216894

Page 42: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Das Jahr 1990 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

BAD HERSFELD /WILDECK.Bei der bisher größten Mas-senkarambolage seit derGren öffnung urden auf derA4 am 1. No ember 5 Men-schen um Teil sch er er-let t. Es entstand ein Sach-schaden on über 6 D-Mark.

Der Unfall ereignete sich ineiner Senke ischen Höne-bach und Obersuhl, als bei ei-nem Sattel ug die Bremsenersagten und der Lk auf ein

Stauende auffuhr. Bei den Ret-tungsarbeiten aren alle er-fügbaren Kranken agen desKreises im Einsat . Die Ver-let ten urden in die Kran-kenhäuser in Bad Hersfeld, Ro-tenburg und Esch ege ge-bracht. Die Autobahn A4 armehrere Stunden gesperrt.(kai)

Erster großerUnfall nachGrenzöffnung

... und die Welt11.2. Der südafrikanische Bür-gerrechtler NelsonMandelawirdnachüber27 JahrenausderHaft entlassen.

ChronikDeutschland18.3. Bei den ersten und einzi-gen freien Volkskammerwah-len erreicht die konservative „Al-lianz für Deutschland“ aus CDU,DSU und DAmit 48,1 Prozentder Stimmen einen überwälti-genden Sieg. Der CDU-Vorsit-zende Lothar de Maizière wirdMinisterpräsident.

25.4.Auf den saarländischenMi-nisterpräsidenten und SPD-Kanzlerkandidaten,Oskar La-fontaine, wird auf einer Wahl-veranstaltung inKöln-Mühlheimein Attentat verübt, bei dem erlebensgefährlich verletzt wird.

2.5.Die beiden deutschen Re-gierungen vereinbaren Um-tauschkurse für dieWährungs-union.

12.5. Der FC Bayern Münchenwird Deutscher Fußballmeister.

7.6. In der DDRwerden SusanneAlbrecht und später noch ande-re mutmaßliche RAF-Terroris-ten festgenommen.

21.6. Gleichzeitig verabschie-den der Bundestag und dieVolkskammer den Staatsvertragüber dieWährungs-, Wirt-schafts- und Sozialunion.

8.7.DieMannschaft der Bundes-republik Deutschland wirddurch einen 1:0-Sieg über Ar-gentinien Fußballweltmeister.

14.-16.7.BundeskanzlerHelmutKohl trifft in der Sowjetunionmit Präsident Michael Gorbat-schow zusammen. Dieser billigteinem vereinten Deutschlanddie volle Souveränität zu.

12.9.DieAußenministerder vierSiegermächte und der beidendeutschen Staaten (Vier-plus-Zwei) unterzeichnen den „Ver-trag über die abschließende Re-gelung in Bezug auf Deutsch-land“. Damit erhält das geeinteDeutschland die volle Souverä-nität und faktisch einen Frie-densvertrag.

3.10. Die Vereinigung: Die Ost-länder treten dem Geltungsbe-reichdesGrundgesetzes bei. DieBundesrepublik verfügt von nunan über die volle Souveränität.

2.10. BundesinnenministerWolfgang Schäuble erleidet beieinem Attentat im südbadi-schen Oppenau lebensgefährli-che Verletzungen, die zu einerQuerschnittslähmung führen.

2.12.Erste freiegesamtdeutscheWahlen seit 1932.

3. Oktober 1990: Tag der deut-schen Einheit. Archivfoto: dpa

starten die Bauarbeiten fürdas Museum für Sepulkralkul-tur.

Im Westen der Stadt irdmit Hochdruck am neuen ICE-Bahnhof Wilhelmshöhe ge-baut. Das Riesendach, das ei-nen gan en Stadtteil prägt,nimmt Gestalt an und sorgtfür hit ige Diskussionen.

Auch für das „große Spiel“in Wilhelmshöhe erden dieWeichen gestellt: Im Mär ge-ben Magistrat und Stadt er-ordneten ersammlung grünesLicht für die Einrichtung einerSpielbank im Schlosshotel mitdem Hin eis, die Spielbank

erde für Kassel in jeder Hin-sicht ein Ge inn sein.

Streit um die TreppeÜber die Umgestaltung des

Königsplat es ird heftig ge-stritten. Anlass ist die Planungon Gusta Lange, ein „skulp-

turartiges Gebäude“ auf denPlat u set en. Gegen erhebli-chen Widerstand ird derpreisgekrönte Ent urfschließlich durchgeset t. Eineon mehreren politisch bri-

santen Entscheidungen derKasseler So ialdemokraten,die über die Köpfe der Bürgerhin eg getroffen erden.

Theater orplat ersch in-den.

In der Innenstadt bestim-men Baukräne das gan e Jahrüber das Bild. Für die Kurfürs-ten-Galerie an der Mauerstra-ße ird das Richtfest gefeiert,im Mär ird am Hang i-schen Staatstheater und Oran-gerie mit kleinen Hol pflö-cken ein großes Projekt abge-steckt.

Die Vorarbeiten für den Bauder neuen documenta-Hallebeginnen. Auf dem Weinberg

ler „Lollies“, die rot- eißenWarnbarken, und die starkeAus eitung der Tempo-3 -Zo-nen.

Parkplät e sollen u Stadt-Plät en erden und or allemdie Innenstadt ieder attrakti-er und menschenfreundli–

cher machen. Das „Ja“ umBau der umstrittenen Tiefga-rage unter dem Friedrichs-plat ird erknüpft mit demZ ang um Abbau on oberir-dischen Parkplät en. Das Au-toblech soll om Kasseler

VON JÖRG S T E I N BACH

KASSEL. Mit einem General-erkehrsplan stellt das Stadt-

parlament Kassel die Weichenfür eine neue Verkehrspolitik.„Vorfahrt für den Um elt er-bund“ ist die Leitidee für denPlan, mit dem Kassel als Le-bensraum für 2 Men-schen so ie in der Funktionals Ober entrum für rund eineMillion Menschen aufge er-tet erden soll.

Den Pk -Verkehr um 2Pro ent u redu ieren, jedesfünfte Auto aus der Stadt uerbannen, lauten die Ziele.

Millionen D-Mark fließen inNah erkehr, Fuß- und Rad e-ge. Dahinter steckt auch dieAngst, Kassel könnte im Auto-erkehr ersticken. Anfang

199 sind erstmals in der Ge-schichte Kassels über 1Fahr euge ugelassen. Auch inder Region nimmt die Motori-sierung ständig u.

Die Lollies kommenSichtbarer Ausdruck des Be-

mühens, den Fußgängern undRadlern so ie dem öffentli-chen Nah erkehr Vorrang orden Autos u erschaffen, sindspäter die umstrittenen Kasse-

Kassel wird zur BaustelleEin Wechsel der Verkehrspolitik verändert stark das Gesicht der Stadt

„Palast derWinde“: Das umstrittene Riesendach amkünftigen ICE-BahnhofWilhelmshöhe veränderte einen ganzen Stadtteil. ImOkto-ber werden die Haltestellen für Busse und Straßenbahnen unter dem Säulendach eingerichtet. Archivfoto: Herzog

Streit um den Königsplatz: Diese Planung von Gustav Lange wirdtrotz Kritik an der Treppe umgesetzt. Archivfoto: Herzog

WITZENHAUSEN.Am 3 . Sep-tember endete in Wit enhau-sen eine 15 -jährige Industrie-tradition: Die let te Zigarren-fabrik schloss ihre Pforten. Da-bei hatte es Ende der 7 er Jah-re für die Firma Leopold Engel-hardt noch gut ausgesehen.

Nach der Übernahme onBetrieben in Baden-Württem-berg und Nordrhein-Westfa-len befand sich der Zigarren-hersteller auf dem Zenit desErfolges. Das Unternehmengehörte mit einem Umsaton 55 Millionen Mark und

6 Mitarbeitern u den sechsGroßen der Branche.

Allerdings änderten sich dieVerbraucherge ohnheiten.Die Zigarre erlor den Kampfgegen die Zigarette. Bereits1985 musste Engelhardt Kon-kursantrag stellen. Auffangge-sellschaften konnten das Ster-ben nur erlängern. Mit derSchließung 199 erlorenschließlich 82 Beschäftigteihre Arbeit. Die Gebäude ander Nordbahnhofstraße über-nahm die Uni ersität Kassel.( ke)

Die letzteZigarrenfabrikmacht dicht

ChronikNordhessenFrankenberg.DreiOrkanstürmesorgen zum Jahresanfang fürgroße Schäden in Frankenberg

BadHersfeld.DieBerlinerKroneAG übernimmt das Siemens-werk mit damals 1500 Mitarbei-tern in Bad Hersfeld und gibt-weitreichende Bestandsgaran-tien.

Kassel. Die Kasseler Uni platztaus allen Nähten: Fast 15 000Studenten sind imWinterse-mester an der für 7500 Studen-tengeplantenundgebautenUnieingeschrieben.

EICHENBERG. Über die Wie-der ereinigung urde i-schen den beiden deutschenStaaten noch heftig diskutiert,da schritten die Eisenbahneraus Ost und West schon urTat: Anfang 199 begannendie Arbeiten für die Wieder-aufnahme des Zug erkehrs

ischen Kassel und Halle imBereich der Bahnhöfe Eichen-berg (Werra-Meißner-Kreis)und Arenshausen (DDR-KreisHeiligenstadt). Seit 1945 arder Schienen erkehr hier un-terbrochen. Am 26. Mai urdedie Wiederinbetriebnahmeder Strecke u einem Volks-fest. Die Chefs beider Staats-bahnen, Bundes- und DDR-Re-gierung saßen in den erstenZügen, die nach Thüringenrollten. ( ke)

Bahn fährt vonWest nach Ost

Feier zur Eröffnung: Der Zug-verkehr wurde wieder aufge-nommen. Foto: Archiv

Reim: 16Wochenauf Platz eins16Wochen auf Platz eins derdeutschen Charts: Das schaff-te der Homberger MatthiasReim im Jahr 1990mit seinerHitsingle„Verdammt, ich lieb’dich“. Der Schlagersänger,1957 in Korbach geboren,hatte während seiner Schul-zeit in der Homberger Theo-dor-Heuss-Schule erste musi-kalische Versuche unternom-men. Nach dem Abi studierteer in Göttingen, zog jedochdie Musikstudios den Hörsä-len vor. So komponierte er fürSänger wie Roberto Blancound JürgenDrews, bis ihmderDurchbruchmit „Verdammt,ich lieb’ dich“ gelang. Gleich-zeitig wurde der Song fastschon zum Fluch: Keines sei-ner folgenden Alben konntean den Erfolg der Hitsingle an-knüpfen. (bf) Foto: Archiv

Donnerstag, 3 . April 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-LI

e-paper für: 10216894

Page 43: 60 Jahre BRD: Nordhessen

BAUNATAL. Der Volks agen-Kon ern hat eine für die nord-hessische Region ukunfts-trächtige Entscheidung getrof-fen: In Baunatal soll das neueErsat teil entrum entstehen.Am 21. No ember ird in An-

esenheit on Ministerpräsi-dent Hans Eichel östlich derAutobahn 49 der Grundsteinfür das Original-Teile-Center(OTC) gelegt. Im Sommer 1994

ird es in Betrieb genommen.

Mehrfach erweitertAuf einer Fläche on

125 Quadratmetern er-den 145 erschiedene Tei-le der Marken Volks agen,Audi, Seat, Skoda und VW-Nut fahr euge für den Ver-sand in 185 Länder bereitge-halten. Im Laufe der Jahre

ird das OTC mehrfach er ei-tert. In ischen lagern38 Teile in den riesigenHallen, im Jahr 2 11 sollen es515 Teile sein. (hog)

VW legtGrundsteinfür das OTC

Das Jahr 1991 in unserer Region

Mehr auf www.hna.de

ALLE SEITEN dieser Serie fin-den Sie auch im Internet alsPDF auf www.hna.de/60jahre

ChronikDeutschland13.1. Der baden-württembergi-sche Ministerpräsident LotharSpäth (CDU) tritt wegen derTraumschiff-Affäre zurück.Späth weist die Vorwürfe, aufKosten der Industrie Ferienrei-sen und Dienstflüge unternom-men zu haben, von sich.

15.2. ImMontagewerk derVolkswagen Sachsen GmbH inMosel bei Zwickau beginnt dieFertigung des VW-Golf.

1.4.Der Präsident der Treuhand-anstalt,Detlev Karsten Roh-wedder,wird in seinemHausbeiDüsseldorf Opfer eines Mordan-schlages, zu dem sich die RoteArmee Fraktion (RAF) bekennt.

30.4. In Zwickau läuft nach fast35 Jahren der letzte Trabantvom Band.

14.5. In seiner ersten Arbeitssit-zung im Berliner Reichstagsge-bäude beschließt der DeutscheBundestag u.a. den Solidaritäts-zuschlag für den Aufbau derneuen Bundesländer.

15.6. Der 1. FC Kaiserslauternwird nach 1951 und 1953 zumdritten Mal Deutscher Fußball-meister.

20.6.Mit 338 gegen 320 Stim-men entscheiden sich die Abge-ordneten des Deutschen Bun-destags für Berlin als künftigenRegierungssitz.

17.8. Die Sarkophage der Preu-ßenkönige FriedrichWilhelm I.(1688-1740) und Friedrich II.(1712-1786,Bild) werdengemäß testa-mentarischemWunsch Fried-richs II. nachPotsdam über-führt.

20.9. Der Überfall von Rechtsex-tremisten auf vietnamesischeGastarbeiter und das Eingreifender Polizei lösen im sächsischenHoyerswerda schwere Aus-schreitungen Rechtsradikalergegen Ausländer und Asylbe-werber aus, in deren Verlauf un-ter dem Beifall vieler Zuschauerauch ein Asylbewerberwohn-heim angegriffen wird.

14.11. Der Bundestag verab-schiedet das Stasi-Unterlagen-gesetz. Damit erhalten alle be-spitzelten Bürger das Recht, Ein-sicht in die von der DDR-Staats-sicherheit über sie geführten Ak-ten zu nehmen.

Opfer der RAF: Detlev KarstenRohwedder, Chef der Treu-hand. Foto: ap

... und die Welt17.1. Eine multinationale Trup-pe unter Führung der USA be-ginnt imRahmenderOperationWüstensturmmit Luftangriffenauf den Irak, das den Nachbar-staat Kuwait im Jahr zuvor be-setzt hatte. Am 28. 2. enden dieKampfhandlungen.

7.6.Mit demEinsatz der Bundes-armee gegen die nach Unabhän-gigkeit strebenden Kroaten undSlowenen beginnt der jugosla-wische Bürgerkrieg.

19.8. In der Sowjetunion versu-chen reformfeindliche Kräftevergeblich, PräsidentMichailGorbatschow zu stürzen.

Bundesgebiet. Die Auflösungdes Falles fanden die Hersfel-der Poli isten jedoch gan inder Nähe, im Bordell „VillaTina“ im Lud igsauer OrtsteilRohrbach.

Überreste im WaldVier Jahre danach, am 22.

Mär 1991, erurteilt dasSch urgericht des Landge-richts Fulda nach 112 Ver-handlungstagen den Bordell-Betreiber Günter S. (54) ausBad Hersfeld und seinen Kom-pagnon Otto S. (32) aus Kon-stan u lebenslanger Frei-

VON KAR L SCHÖNHOL TZ

BAD HERSFELD. Als am Mor-gen des 25. April 1987 auf ei-ner Wiese bei Hilperhausen(Kreis Hersfeld-Rotenburg) ineinem ausgebrannten Pk dieLeiche des Wirtschaftsbera-ters Peter H. aus Berlin ent-deckt ird, glaubt die Kripo inBad Hersfeld noch, dass der54-Jährige nur ufällig in ih-rem Zuständigkeitsbereich er-schlagen urde.

Die Ermittler erfolgen inden nächsten Wochen undMonaten Spuren im gesamten

Bordell-Betreiber für Morde verurteiltTäter räumte Rivalen auf brutale Weise aus dem Weg – Urteil lautete lebenslang

heitsstrafe. Gemeinsam habensie den Geschäftsmann H.,Günther S. darüber hinaus ei-nen Konkurrenten namens Pe-ter W. umgebracht. Seine er-stückelten Überreste fandenSpa iergänger im Wald beiRohrbach. Der Mord an einem

eiteren Ri alen, dessen Lei-che am Bodensee gefunden

urden, bleibt mangels Be-eisen ungesühnt.Moti für den Mord an Peter

H. ar Geldgier. Dem klam-men Finan makler hatten dieAngeklagten ein Darlehenüber 3 Mark in Aussicht

gestellt und dafür als Sicher-heit eine Risiko-Lebens ersi-cherung erlangt. Diese urde

ar abgeschlossen, doch inRohrbach erhielt H. kein Geld,sondern einen Knüppelschlag.

Auto angezündetSeine Leiche fuhr Günter S.

auf besagte Wiese und ünde-te das Auto an. Ob ohl Kom-pli e Otto S. ur Tat eit in Lu-gano seine Verlobung feierte,

urde er erurteilt: Beide An-geklagten hätten auf denMord hingearbeitet, hieß es inder Urteilsbegründung.

BAD HERSFELD. 1 Solda-ten der 3. Sch adron/11. Ka-allerieregiment sind im Junion Bad Hersfeld nach Doha

in Ku ait am Persischen Golferlegt orden. Ihr Aufenthalt

dort ist auf drei bis sechs Mo-nate angelegt. In Bad Hersfeldbleiben 2 bis 3 Soldatenur Be achung der rund 2

Familienangehörigen und derMilitäranlagen urück.

Die Hersfelder GI’s sollenmit den in Fulda und Bad Kis-singen stationierten Soldatendes 11. „Blackhorse“-Regi-ments die Stabilität in demnach der Operation DesertStorm befreiten Golfstaat si-chern. (kai)

US-SoldatenausHersfeld ziehenin den Golfkrieg

on 12 auf 17,5 Mark proQuadratmeter. Mancher In-estor legte für einen Qua-

dratmeter Grund und Bodenlocker 8 Mark auf denTisch.

Befürchtung nicht erfülltEine on ielen gehegte Be-

fürchtung erfüllte sich im Zu-sammenhang mit dem Fern-bahnhof Wilhelmshöhe übri-gens nicht: dass der KasselerHauptbahnhof dadurch let t-endlich in die Bedeutungslo-sigkeit absinken und eröden

ürde.Vier Jahre nach der Eröff-

nung des WilhelmshöherBahnhofs nahmen die Kasse-ler Besit on dem schließ-lich um Kulturbahnhof um-gebauten alten Hauptbahn-hof. Und hier tobte später oftgenug noch das pralle Leben.(uli)

ten Menschenmenge emp–fangen. Die Kasseler sindtrot der relati hohen Preiseoffensichtlich begeistert ondem Verkehrsmittel.

Weniger Begeisterungmacht sich über den Bahnhofselber breit. Bahnkundenschimpften über die ugigeEmpfangshalle, über steileRampen, über lange Wege,fehlende Förderbänder undRolltreppen.

Der Bahnhof gab Wilhelms-höhe ein neues Gesicht. Dasneue Verkehrs entrum lenk-te die Augen ieler In estorenin die Gegend: die Einkaufs-entren „Atrium“ und „Cit -

Center“ entstanden, das Inter-cit - und das Ramada-Hotelebenfalls. Z ischen den Jah-ren 1989 und 1991 stieg derMietpreis für Büroflächen an-gesichts der gestiegenen An-iehungskraft des Stadtteils

Kassel stand bisu diesem Tag bei

der Bahn im Ab-seits. Die ichtigs-te Nord-Süd-Stre-cke führte onHamburg überHanno er, Göttin-gen, Bebra undFrankfurt eitläu-fig an der Fulda-stadt orbei.

Erst die Neu-baustrecke onHanno er nachWür burg rückteKassel ins Zen-trum. Nur noch 3Minuten dauertedie Fahrt mit demICE nach Fulda,u or aren es

fast eineinhalbStunden.

Sieben Jahre or Eschedeird der erste ICE im neuen

Bahnhof on einer begeister-

KASSEL. Der Start in die neueBahn-Ära fand in Kassel statt,und kein geringerer als Ri-chard on Wei säcker gab dasSignal. Am 29. Mai stellte derBundespräsident mittags um12 Uhr die Weichen für dieneuen Intercit -E press-Züge(ICE) mit einem s mbolischenKnopfdruck auf grün.

Es ar der Beginn desHochgesch indigkeits eital-ters der Bahn. Und es ar u-gleich die Ein eihung des

eit über 1 Millionen Markteuren Fernbahnhofs Wil-helmshöhe.

Vier Tage wurde gefeiertBei dem offi iellen Akt

blieb die geladene Prominenmit 25 Menschen noch un-ter sich. 1 Menschenaus der Region feierten dasKasseler Ereignis des Jahres1991 anschließend mit einemiertägigen Bahnhofsfest.

Das ICE-Zeitalter beginntIm neuen Bahnhof fällt der Startschuss für die Hochgeschwindigkeitszüge

Kurz vor der Einweihung: der Bahnhof Wilhelmshöhe im Jahr1991. Einige Eigenheiten des Gebäudes stoßen bis heute auf Kri-tik. Archivfotos: Herzog

Prominentenauflauf bei der Eröffnung (vorne, von links): Karin Eichel, Minis-terpräsident Hans Eichel und Richard vonWeizsäcker.

Kraftwerk schließtseine Pforten

Am 15. März 1991 geht mit derAbschaltung des Blocks III diefast 70 Jahre währende Ge-schichte des Braunkohlekraft-werks in Borken zu Ende, die Blö-cke I und II waren in den 80erJahren bereits abgeschaltet wor-den. Seit 1923 hatte das Kraft-werk 66 Millionen TonnenBraunkohle verstromt, 61Millio-nen Tonnen aus Betrieben imBorkener und Ostheimer Berg-bau-Revier. Zu Spitzenzeitenverdientenüber2000Menschenim Kraftwerk und im Bergbau ih-ren Lebensunterhalt. Die Erinne-rung an die Bergwerksgeschich-te der Region lebt im BorkenerBergbaumuseum und im dorti-gen Themenpark des Museums„Kohle & Energie“ fort. (bf)

Foto: nh

ChronikNordhessenBad Hersfeld. Am 23. März wirdTV Eitra Meister in der zweitenBundesliga Gruppe Süd undsteigt in die erste Bundesliga auf.

Witzenhausen. Ab August wirktsich die Abrüstung auf die Bun-deswehr in Hessisch Lichtenauaus: Knapp die Hälfte der 1200Soldaten muss die Blücher-Ka-serne verlassen.

Bad Hersfeld. 25 Jahre Hoechstin Bad Hersfeld. Das Chemiefa-serwerk hat 1400 Mitarbeiter.

KASSEL. Anlass ar die deut-sche Wieder ereinigung: EineGruppe Kasseler Bürger stiftete1991 den Preis „Das Glas derVernunft“ für Persönlichkeit-ren, die sich besonders für dieMa imen der Aufklärung, Ver-nunft und Toleran eingeset thaben. Erster Preisträger dermit 1 Euro dotierten Aus-eichnung ar Bundesaußen-

minister Hans-Dietrich Gen-scher. Bisher urde der Preis18-mal ergeben. ( .f.)

Genscher erhältdas Glasder Vernunft

Freitag, 1. Mai 2 9 60 Jahre BundesrepublikBRD-li

e-paper für: 10216894

Page 44: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Historischer Tag: Unter einer schwarz-rot-goldenen Standarte liegt am 23. Mai 1949 das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschlandzur Unterschrift bereit. Ort der Handlung: die ehemalige Aula der Pädagogischen Akademie in Bonn. Foto: dpa

12. Mai billigten es die dreiwestlichen Militärgouverneu-re, am 23. Mai wurde es ver-kündet und in Kraft gesetzt.

Bereits am 14. August wardie erste Bundestagswahl; am7. September traten Bundes-tag und Bundesrat das ersteMal zusammen. Am 12. Sep-tember wählte die Bundesver-sammlung den ersten Bundes-präsidenten: Die wichtigstenInstitutionen waren komplett.

und Massenorganisationen“gebildet wurde. Die Volkskam-mer tagte selten und durftenichts entscheiden, was dieSED-Führung nicht vorher ge-billigt hatte.

Im Vergleich dazu warendie Aktivitäten, welche dieBundesrepublik an ihrem An-fang entfaltete, geradezu hek-tisch. Am 8. Mai 1949 be-schloss der ParlamentarischeRat das Grundgesetz. Am

durch Wahlen zustande ge-kommen war. Die Legitimati-on durch die Bevölkerung ge-schah erst ein Jahr später. Dieerste Volkskammerwahl er-folgte am 15. Oktober 1950.

Die Wahlbeteiligung lagnach offiziellen Angaben bei98 Prozent. 99,7 Prozent derStimmen entfielen angeblichauf die Einheitlisten der Natio-nalen Front, die aus dem „Zu-sammenschluss der Parteien

Keine große Eile bei der Staatsgründung der DDRZwei Provisorien: Die „Deutsche Demokratische Republik“ sollte die Antwort sein auf die „Bundesrepublik Deutschland“V O N S Y L V I A G R I F F I N

D ie DDR ließ sich Zeit.Ihre Gründung erfolgteals Reaktion auf die

staatlichen Anfänge der Bun-desrepublik, aber ganz so eiligwie in den West-AlliiertenUSA, Großbritannien undFrankreich war es den Sowjetsin ihrem Einflussbereichnicht. Ihr Statthalter WalterUlbricht, späterer Staatsrats-

vorsitzender, hatte die Sacheknapp, aber richtig beschrie-ben: „Es muss demokratischaussehen, aber wir müssen al-les in der Hand haben.“

Am 7. Oktober 1949 trat inOstberlin eine provisorischeVolkskammer zusammen undsetzte die Verfassung der DDRin Kraft. Ausgearbeitet wor-den war sie von der SED-Füh-rung und gebilligt worden voneinem „Volksrat“, der nicht

Die 40er-Jahre: Totale Niederlage - schwieriger Aufbau

Die Städte sind Trümmerwüsten: Deutsch-land 1945.

Millionen Flüchtlinge und Vertriebenemüssen aufgenommen werden.

Erster Bundeskanzler: Kon-rad Adenauer (CDU) 1949.

Schlangestehen für das alltäglicheBrot.

Die Alliierten sitzen zu Gericht: Kriegs-verbrecherprozess in Nürnberg.

Unterzeichnung ist es Aden-auer, der die bescheidene,aber feierliche Zeremonie lei-tet. Dann erheben sich die An-wesenden in der mit Birken-grün geschmückten Aula derBonner Pädagogischen Akade-mie von ihren schlichtenHolzstühlen und singen - inErmangelung einer National-hymne - das Volkslied: „Ichhab mich ergeben, mit Herzund mit Hand, dir Land vollLieb und Leben, mein deut-sches Vaterland.“

politiker. Während CarloSchmid (SPD) Eloquenz undHerzblut in die Formulierun-gen gießt und den wichtigenHauptausschuss beherrscht,zieht Konrad Adenauer (CDU)im Hintergrund die Fädenkünftiger politischer Verbin-dungen. Er ist zwar Präsidentdes Parlamentarischen Rates,er prägt die Beratungen je-doch nicht. „Nicht mal einKomma“ des Textes geht aufihn zurück, spotten Teilneh-mer. Aber am 23. Mai bei der

das dieses Grundgesetz prägt.Die Weimarer Verfassungdient sozusagen als negativeRichtschnur, die Hitler-Dikta-tur als abschreckendes Bei-spiel. Die ersten 20 Artikel las-sen sich so zusammenfassen:Der Staat hat der Freiheit sei-ner Bürger zu dienen, nichtdie Bürger der Sicherheit desStaates. Freilich: Das Grundge-setz beschreibt die Ordnungdes Staates, wie sie ein sollte.Die Praxis wird dem nicht im-mer entsprechen. Lange sind

als zunächst verlangt. (Bayern,das seinem Königreich nach-trauert, wird deshalb nicht zu-stimmen. Der Landtag ver-fährt aber vorsichtshalbernach der alten politischen Re-gel: Ablehnen, wenn die An-nahme gesichert ist.) Denn esgibt nicht die von den Besat-zern gewünschte Volksabstim-mung über das Dokument,sondern Voten der Landespar-lamente.

Die Grundrechte sind dasNeue, das gänzlich Andere,

V O N S Y L V I A G R I F F I N

F ür den Anfang der Bun-desrepublik hat das kol-lektive Gedächtnis der

Deutschen Bilder parat. Etwadie Menschen, die 1948 nachder Währungsreform stau-nend vor vollen Schaufens-tern stehen. Oder den Jubelnach dem Gewinn der Fuß-ballweltmeisterschaft 1954.Die optische Erinnerung anden Parlamentarischen Rat,der im Bonner Museum König1948 seine Beratungen auf-nimmt und sie am 23. Mai1949 vollendet, gehört kaumdazu.

Die Umstände sindschmucklos, die wirtschaftli-che Versorgung im Lande istbescheiden. Politik gilt als ver-rufen. Die Besatzungsmächtebestimmen den Alltag.

Sie bestimmen auch, ange-sichts des Kalten Krieges undder Berlin-Blockade durch dieSowjets, dass in den drei West-zonen die Grundlagen eineskünftigen Staates erarbeitetwerden sollen. In den „Frank-furter Dokumenten“ machensie ihre Vorgaben. Sie gehenan die Ministerpräsidentender Länder, die bis dahinhöchste Instanz einer staatli-chen Ordnung, die seit demKriegsende entstanden ist.

Es ist der Beginn eines Tau-ziehens. Denn die Deutschen,gedemütigt von der bedin-gungslosen Kapitulation, vollböser Ahnungen hinsichtlicheiner Ost/West-Teilung desLandes, wollen höchstens vor-läufige Strukturen.

D er Konvent von Herren-chiemsee findet im Au-gust überraschend

schnell in nur 13 Tagen eineerste Antwort. Er reicht einenfast fertigen Entwurf an denParlamentarischen Rat (aus-drücklich keine „verfassungs-gebende Versammlung“) wei-ter, der nun an den Detailsfeilt. Immer wieder greifen dieAlliierten ein, wollen be-stimmte Inhalte verbindlichmachen. Aber die gewähltenVertreter des Rates setzen sichin vielen Punkten durch;manchmal, indem sie Vorga-ben einfach ignorieren.

Bayern lehnt abSie schaffen ein „Grundge-

setz“, keine endgültige Verfas-sung. Die föderale Ordnung,die die Siegermächte wün-schen, wird zwar beachtet,aber der Bundesstaat hat den-noch weit mehr Vollmachten

Der bescheidene AnfangAm 23. Mai 1949 wurde in Bonn das Grundgesetz unterzeichnet - die Entstehungsstunde der Bundesrepublik

wesentliche Inhalte strittig:Bundesrat oder Senat? Wiesoll das Parlament heißen?Wer hat welche Gesetzge-bungskompetenzen? WelcheRolle spielt der Präsident? Wieweit soll die Regierung vomParlament abhängig sein?

Nicht mal ein KommaUnd hinter den Kulissen

laufen nicht nur schwierigeAbstimmungen mit den Allier-ten, sondern bereits Macht-kämpfe der künftigen Spitzen-

I N H A L T

60 JahreBundesrepublikAuf den nächsten sechsSeiten beschäftigen wiruns ausführlich mit derVerkündung des Grundge-setzes und der Gründungdes BundesrepublikDeutschland vor 60 Jah-ren. Lesen Sie:

• Die Kasseler Juristin Eli-sabeth Selbert setzte denGleichberechtigungs-Arti-kel im Grundgesetz durch- ein Porträt.

• Wie sich unser Grundge-setz in den vergangenen60 Jahren verändert hat -eine Analyse.

• Von Theodor Heuss überRichard von Weizsäckerbis Horst Köhler - Porträtsunserer Bundespräsiden-ten.

• Ein Tag zum Feiern - wasunsere Leser zum Verfas-sungstag am 23. Mai mei-nen.

• Wie die dritte Strophedes Deutschlandliedeszur Nationalhymne wur-de.

• Der Mercedes-Stern er-setzte das Eiserne Kreuz,sagt der Politikwissen-schaftler Herfried Münkler- ein Interview.

Page 45: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Die 50er-Jahre: Wirtschaftswunder und das Wunder von Bern

Freude in Friedland: Kriegs-gefangene kehren heim.

Helm auf: Die Bundeswehr wird ge-gründet.

Aufruhr im Osten: Panzer walzen am17. Juni 1953 die Proteste nieder.

Symbol des Wirtschaftswun-ders: der VW-Käfer.

Das Wunder von Bern: Deutschland wird 1954 durchein 3:2 gegen Ungarn Weltmeister.

Zur Person• Elisabeth Selbert wurde 1896in Kassel geboren. Sie absolvier-te die Gewerbe- und Handels-schule und wurde Auslandskor-respondentin.• Als Postbeamtenanwärterinlernte sie 1914 ihren späterenMann Adam Selbert kennen. Erförderte ihr politisches Interes-se. 1918 trat sie in die SPD ein.1925 holte sie ihr Abitur nachund studierte Rechts- undStaatswissenschaften. 1930 pro-movierte sie.• 1934 legte sie das zweiteStaatsexamen ab, wurde als An-wältin zugelassen und ernährtemit diesem Beruf ihre Familie.• 1946 arbeitete sie an der Hes-sischen Verfassung, 1948 amGrundgesetz mit. Gegen vieleWiderstände gelang es ihr, denSatz „Männer und Frauen sindgleichberechtigt“ dort zu veran-kern.• Drei Wahlperioden lang warsie Landtagsabgeordnete, da-nach arbeitete sie wieder alsRechtsanwältin mit Spezialge-biet Familienrecht. Sie war biszu ihrem 85. Lebensjahr beruf-lich aktiv.• Als Ehrenbürgerin von Kasselstarb sie 1986.Plakate, Flugblätter und Fotos aus dem Nachlass von Elisabeth Selbert sind in Kassel im Archiv der deutschen Frauenbewegung zu se-

hen. Foto: dpa

Frauen verbieten. Sie betrach-ten eine solche Tätigkeit als„Einbruch in den altgeheilig-ten Grundsatz der Männlich-keit des Staates“.

Wirtschaftsstrafsachen,Meineidverfahren und Jugend-gerichtsdelikte bringen ihrerKanzlei genügend ein, dass sieihre Familie finanziell überWasser halten kann. Ihr Manngilt als Staatfeind, ist zeitwei-se inhaftiert und darf nicht ar-beiten. Die Sozialdemokratinmuss vorsichtig agieren, „ob-wohl ich nie einen Kotau vorden Nationalsozialisten ge-

rin werden - auch das scheitertan den Kosten. Ein ganz nor-males Frauenschicksal zu Be-ginn des 20. Jahrhunderts.

Aber mit Adam Selbert hei-ratet Elisabeth Rhode einenaußergewöhnlichen Mann. Erist Buchdrucker, seit 1913 Mit-glied der SPD und bereits mitzwanzig Jahren Abgeordneterim Kommunal- und Provinzi-allandtag für Hessen-Nassauund Vorsitzender des Arbeiter-und Soldatenrates währendder Novemberrevolution 1918in Niederzwehren. Er erkenntihr Talent, unterstützt undfördert sie. Als promo-vierte Rechtsanwältinwird sie gerade nochrechtzeitig als Anwältinin Kassel zugelassen,ehe die Nationalsozialis-ten diese Berufe für

V O N S Y L V I A G R I F F I N

E igentlich spricht alles ge-gen sie. Sie ist eine Frau,und hat damit mindere

Rechte. Sie ist Mutter, damitist ihre Rolle angeblich festge-legt. Sie kommt aus armem El-ternhaus, deshalb bleibt ihreSchulbildung zunächst lü-ckenhaft. Elisabeth Selberthat alle diese Hindernisse hin-ter sich gelassen.

Sie macht ihr Abitur mit 29Jahren als Externe, währendsie noch im Telegrafenamt ar-beitet und für die Erziehungihrer beiden Söhne sorgenmuss. Sie ist eine der wenigenFrauen, die in den Zwanziger-jahren Jura studieren. Und siegibt nicht nach, bis der Parla-mentarische Rat den schlich-ten, aber folgenreichen Satzins Grundgesetz aufgenom-men hat: „Männer und Frauensind gleichberechtigt.“

Böse ÜberraschungBis zu ihrer „Sternstunde“,

dem Augenblick, als dieser Ar-tikel drei ohne Einschränkungin der Verfassung steht, war esein steiniger Weg. Die am ei-genen Leibe verspürte Benach-teiligung muss es gewesensein, die die Tochter eines Jus-tizwachtmeisters antreibt.Wegen besonderer Leistungenbraucht ie auf der Mädchenre-alschule kein Schulgeld zu be-zahlen, das die Familie sichnicht hätte leisten können.Aber anders als die Jungen er-halten die Mädchen kein Rei-fezeugnis. Sie möchte Lehre-

Die hartnäckige Grundsatz-FrauElisabeth Selbert, die Kasseler Juristin, setzte den Gleichberechtigungs-Artikel durch - ein Porträt

macht habe. Ich konnte mirkeine politischen Eskapadenerlauben, ohne meine Exis-tenz und die meiner Familieaufs Spiel zu setzen.“

Eine zerbombte Praxis undentbehrungsreiche Jahre sindnach Kriegsende vor allem An-sporn für Elisabeth Selbert,politisch tätig zu werden, inder Stadt Kassel und im LandHessen. Aber es sind die Nie-dersachsen, die sie als einevon vier Frauen in den Parla-mentarischen Rat entsenden.Kein reines Vergnügen: Zügefahren unregelmäßig und sind

überfüllt. Mittag- undAbendessen gibt es nur ge-gen Lebensmittelkarten.Für Übernachtungen mussdie eigene Bettwäsche mit-gebracht werden. Das Ta-gegeld beträgt 15 Reíchs-mark, für Übernachtungengibt es sechs Mark extra.

Eine böse Überraschungist der Widerstand gegendie Idee der Gleichberech-tigung, die Selbert „in mei-nen kühnsten Träumennicht erwartet“ hätte. „Ichwollte die Gleichberechti-gung als imperativen Auf-trag an den Gesetzgeber,im Gegensatz zur Weima-rer Verfassung, verstandenwissen.“

Das genau aber wollendie 61 Männer (und zweikonservativen Frauen) imParlamentarischen Ratnicht. Denn das bedeutet,dass weite Teile des Bürger-lichen Gesetzbuches über-arbeitet werden müssen.

Erst der Protest, den sie unterden Frauen der drei Westzo-nen entfacht, durch unermüd-liche Vorträge vor überpartei-lichen Frauenorganisationenund Gewerkschaftsfrauen,bringt ein Umdenken. DieFrauen überschütten den Par-lamentarischen Rat mit Post.Das bleibt nicht ohne Ein-druck, wenn auch der LiberaleTheodor Heuss über das „Qua-si-Stürmlein“ spöttelt, das daentfacht worden sei.

I hrer Partei ist die Frau zueigenständig, die daraufbeharrt, für sich selber zu

denken. Dabei sieht sie sichnicht als ungewöhnlich: „Ichbin Jurist und unpathetischund ich bin Frau und Mutterund zu frauenrechtlerischenDingen gar nicht geeignet.“Weil die Unterstützung für po-litische Ämter fehlt, widmetsie sich vor allem ihrer An-waltskanzlei und ihrer Fami-lie. Bis ins hohe Alter, mitüber 80, bleibt sie als Rechts-anwältin tätig.

Immerhin hat sie die Ge-nugtuung erlebt, dass die bür-gerlichen Rechte der Frauen1958 (wenn auch verspätet,die gesetzte Frist war 1953) insGesetzbuch Einzug fanden.Und der Grundsatz der „Zer-rüttung als Ehescheidungs-grund“, Gegenstand ihrer Dis-sertation, wird 1977 in derEherechtsreform Gesetz. Ganzschön viel für eine Frau, fürdie in der Schule Sticken, Stri-cken und Nähen ursprünglichreichen sollte.

Elisabeth Selbert(1896-1986) liebtegroße Hüte, Zigaret-ten und einen Rot-wein zur Entspannungim Familienkreis.

S T I C H W O R T

Die Präambel desGrundgesetzesMit der deutschen Einheitam 3. Oktober 1990 wur-de der Wortlaut der Prä-ambel durch Grundge-setzänderung neu gefasst,denn das Ziel der EinheitDeutschlands – das diePräambel ursprünglichforderte – war nun er-reicht. Außerdem wurdendie neuen Länder der Prä-ambel hinzugefügt. DiePräambel lautet nun:

Im Bewußtsein seinerVerantwortung vor Gottund den Menschen, vondem Willen beseelt, alsgleichberechtigtes Gliedin einem vereinten Europadem Frieden der Welt zudienen, hat sich das Deut-sche Volk kraft seiner ver-fassungsgebenden Gewaltdieses Grundgesetz gege-ben.

Die Deutschen in denLändern Baden-Württem-berg, Bayern, Berlin, Bran-denburg, Bremen, Ham-burg, Hessen, Mecklen-burg-Vorpommern, Nie-dersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen,Sachsen-Anhalt, Schles-wig-Holstein und Thürin-gen haben in freier Selbst-bestimmung die Einheitund Freiheit Deutschlandsvollendet. Damit gilt die-ses Grundgesetz für dasgesamte Deutsche Volk.

Unsere Autorin

Sylvia Griffin (61) lernte dasjournalistische Handwerk in Stu-dium und Praxis in den Vereinig-ten Staaten. Nach fünf Jahrenkam sie zurück nach Deutsch-land und arbeitet seit 37 Jahrenfür die HNA; seit 1991 als Haupt-stadt-Korrespondentin.

#!" %$(#"&*)(#"'

62".,74

9*1%:3(-4!6>%30:-A

$:7%-A#-:=:7!32*13:A

#>7=71:-A!+:3082%:A

6:33:A;1:-A%2A=!

?82%@

9227%2A=

$7:":A

&:*)%:A.,74!/>7<>"":7A

$72A=:A!.,74

51C7-A4:A

92*13:A!'A12%0

92*13:A

$2B:7A$2=:A!+C700:".:74

Page 46: 60 Jahre BRD: Nordhessen

V O N D E T L E F S I E L O F F

W ährend Deutschlanddas 60. Jubiläum desGrundgesetzes feiert,

sehen andere düstere Wolkenam Horizont aufziehen.Ursache ist der Vertrag von Lis-sabon, der nach Ansicht derKritiker das Grundgesetz ineine Verfassung von unterge-ordnetem Rang herabstuft unddas Entscheidungsmonopoldes Bundesverfassungsgerichtsunterhöhlt. Sie sind deshalbgegen den EU-Vertrag vor Ge-richt gezogen. Einer der Klage-führer in Karlsruhe ist der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler,der vom Freiburger Rechtspro-fessor Dietrich Murswiek ver-treten wird.

Die Regelungshoheit desEuropäischen Gerichtshofs(EuGH) in Luxemburg, die bis-her für wirtschaftliche Angele-genheiten gelte, werde durchden EU-Vertrag auf nationaleVerfassungsfragen ausgedehnt,die zum Kern nationaler Souve-ränität gehörten, kritisiertMurswiek: „Er macht den EU-Vertrag zur europäischen Ober-verfassung und den Europäi-schen Gerichtshof zum Ober-verfassungsgericht für alle EU-Staaten.“ Die Karlsruher Rich-ter verlören ihre Kompetenz,über Fragen des deutschen Ver-fassungsgerichts letztverbind-lich zu entscheiden.

Unbestimmte RechtsbegriffeEine Einbruchstelle in natio-

nales Recht sei die Normierungder Grundrechte. Bisher nureine politische Verpflichtung,über die der EuGH nicht urtei-len könne, seien sie nach demLissabonner Vertrag direkt an-zuwenden: „Das bedeutet, dasskünftig jedes Amtsgericht eindeutsches Gesetz unangewen-det lassen kann und muss,wenn es meint, es sei mit ei-nem der EU-Grundwerte unver-einbar“, warnt Murswiek.

In den Grundwerten seienauch so unbestimmte Rechts-begriffe wie „Gerechtigkeit“und „Solidarität“ hinzugefügt,was dem Gerichtshof die Mög-lichkeit eröffne, sich in die In-nen- und Sozialpolitik der Mit-gliedsstaaten einzumischen.Murswiek: „Wird der Gerichts-hof beispielsweise eine natio-nale Vorschrift für rechtswid-rig erklären, die Managergehäl-ter begrenzt, weil das ‚unge-recht‘ sei? Oder wird er umge-kehrt entscheiden, es verstoßegegen die Grundwerte, wenndie Managergehälter nicht be-grenzt werden?“

Schränkt der EU-Vertrag dieSouveränität Deutschlands zustark ein? Welche Grenzenzieht das Bundesverfassungsge-richt? Spannende Fragen, dievoraussichtlich im Juni beant-wortet werden.

Gefahrdroht ausEuropaStuft EU-Vertrag dasGrundgesetz herab?

Die 60er Jahre: Bewährungsprobe für die Demokratie

13. August 1961: Die DDR baut dieMauer.

Sozialliberale Koalition: Kanzler Wil-ly Brandt und Walter Scheel (FDP).

Bedrohte Pressefreiheit: Die„Spiegel“-Affäre 1962.

Die studentische Jugend protestiert gegen den „Muff unter den Talaren“: RudiDutschke führt die Außerparlamentarische Opposition.

H I N T E R G R U N D

Die Veränderungeines Grundrechts

Politisch Verfolgtegenießen Asylrecht

lautete in schlichterSchönheit der Artikel 16,wie ihn das Grundgesetz1949 formulierte. Ange-sichts steigender Asylbe-weberzahlen ergänzte derBundestag den Artikel. Erlautet nun (in Auszügen):

Artikel 16a(1) Politisch Verfolgte

genießen Asylrecht.(2) Auf Absatz 1 kann

sich nicht berufen, wer auseinem Mitgliedstaat derEuropäischen Gemein-schaften oder aus einemanderen Drittstaat ein-reist, in dem die Anwen-dung des Abkommensüber die Rechtsstellungder Flüchtlinge und derKonvention zum Schutzeder Menschenrechte undGrundfreiheiten sicherge-stellt ist. Die Staaten au-ßerhalb der EuropäischenGemeinschaften, auf diedie Voraussetzungen desSatzes 1 zutreffen, werdendurch Gesetz, das der Zu-stimmung des Bundesra-tes bedarf, bestimmt. Inden Fällen des Satzes 1können aufenthaltsbeen-dende Maßnahmen unab-hängig von einem hierge-gen eingelegten Rechtsbe-helf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, dasder Zustimmung des Bun-desrates bedarf, könnenStaaten bestimmt werden,bei denen auf Grund derRechtslage, der Rechtsan-wendung und der allge-meinen politischen Ver-hältnisse gewährleistet er-scheint, daß dort wederpolitische Verfolgungnoch unmenschliche odererniedrigende Bestrafungoder Behandlung stattfin-det. Es wird vermutet, daßein Ausländer aus einemsolchen Staat nicht ver-folgt wird, solange er nichtTatsachen vorträgt, die dieAnnahme begründen, daßer entgegen dieser Vermu-tung politisch verfolgtwird.

(4) Die Vollziehung auf-enthaltsbeendender Maß-nahmen wird in den Fällendes Absatzes 3 und in an-deren Fällen, die offen-sichtlich unbegründetsind oder als offensichtlichunbegründet gelten,durch das Gericht nur aus-gesetzt, wenn ernstlicheZweifel an der Rechtmä-ßigkeit der Maßnahme be-stehen; der Prüfungsum-fang kann eingeschränktwerden und verspätetesVorbringen unberücksich-tigt bleiben. Das Nähereist durch Gesetz zu be-stimmen.

(Ein fünfter Absatz be-schäftigt sich mit entspre-chenden völkerrechtli-chen Verträgen.)

Allerdings - es gab auch po-sitive Veränderungen. So wur-de die Gleichberechtigungs-klausel präzisiert: „Der Staatfördert die tatsächliche Durch-setzung der Gleichberechti-gung von Frauen und Män-nern und wirkt auf die Beseiti-gung bestehender Nachteilehin.“ Auch das Verbot der Be-nachteiligung von Behinder-ten wurde neu aufgenommen.

N icht der Bundestag,sondern die KarlsruherRichter waren auf der

Höhe der Zeit, als sie dieGrundrechte fortschrieben,die heute noch nicht in derVerfassung stehen, aber den-noch existieren. Um Daten-schutz geht es beim „Rechtauf informationelle Selbstbe-stimmung“ und der „Gewähr-leistung von Vertraulichkeitund Integrität informations-technischer Systeme.“

Das Grundgesetz hat all dasausgehalten und sich als an-passungsfähig an neue Le-benswirklichkeiten erwiesen.

Grundgesetzes begeben wol-len, stellen fest, dass derSchirm löchrig geworden ist.Besonders die Unverletzlich-keit der Wohnung und dasPost- und Fernmeldegeheim-nis gerieten im Namen der Si-cherheit unter Druck. Vorrats-datenspeicherung, großerLauschangriff, Online-Durch-suchung, automatische Erfas-sung von Kfz-Kennzeichen,Rasterfahndung, Volkszäh-lung - sie alle dienten dem Ge-setzgeber dazu, versuchsweiseden Hammer anzusetzen,Splitter aus dem großen Blockzu hauen und Grundrechtekleiner zu machen.

Auf der Höhe der ZeitDas Verfassungsgericht hat

dem immer wieder Einhalt ge-boten - zuletzt mit einem wah-ren Paukenschlag, als es dasLuftsicherheitgesetz wegfeg-te, das dem Staat die Tötungvon Verbrechensopfern erlau-ben wollte, die in einem vonTerroristen gekaperten Flug-zeug sitzen.

fahrung der Kriegsgenerationgeschuldet, dass es so einfachund uneingeschränkt formu-liert war: Politisch Verfolgtegenießen Asylrecht. Denn siehatte erleben müssen, dass fürdie verfolgten Nazigegner, fürdie vom Tode bedrohten Ju-den, sogar für Schriftstellerund Künstler, die Grenzen all-tenhalben dicht waren. Viel zuwenige Länder nahmen Deut-sche auf, die vor Hitler auf derFlucht waren.

U nd so schrieben die Ver-fassungsväter und -müt-ter in der kriegszerstör-

ten Bundesrepublik, inmittenvon Armut und Elend, diesesglänzende Versprechen auf -dem 1993 der Totenscheinausgestellt wurde. PolitischesAsyl gibt es noch immer - nurdarf man es nicht in Deutsch-land begehren. Die Bedingun-gen, unter denen FlüchtendenSchutz gewährt würde, sindpraktisch kaum erfüllbar.

Aber nicht nur jene, die sicherst unter den Schutz des

V O N S Y L V I A G R I F F I N

D as Provisorium hat sichverselbständigt. Dennes sollte eigentlich wei-

chen. Im Artikel 146 desGrundgesetzes war das Ver-fahren formuliert: „DiesesGrundgesetz, das nach Voll-endung der Einheit und Frei-heit für das gesamte deutscheVolk gilt, verliert seine Gültig-keit an dem Tage, an dem eineVerfassung in Kraft tritt, dievon dem deutschen Volke infreier Entscheidung beschlos-sen worden ist.“

Auf die Volksabstimmung,die das Grundgesetz offiziellzu einer Verfassung aufstuft,warten die wiedervereintenDeutschen noch heute. Zwargab es nach dem Fall der Mau-er und dem Beitritt der frühe-ren DDR zum Geltungsbereichdes Grundgesetzes eine Ver-fassungskommission, die Än-derungen erarbeiten sollte.

Was nicht heißt, dass es inden 60 Jahren seit Bestehendes Grundgesetzes nicht ein-schneidende Änderungen ge-geben hätte. Insgesamt warenes 52, die 109 Artikel geän-dert, neu hinzugefügt oderaufgehoben haben.

Durchgreifend waren dieNeuerungen von 1956 und1968. Die erste betraf die Auf-stellung der Bundeswehr unddie Wehrpflicht, während dasGrundgesetz bis dahin nur dasRecht auf Kriegsdienstverwei-gerung gekannt hatte. Diezweite Änderung fügte dieheftig umkämpften Not-standsgesetze ein.

„Wir stellen nicht erstseit gestern fest, dassdem Grundrecht aufDatenschutz nicht nurvon staatlicher, son-dern auch von privaterSeite Gefahren drohenkönnen.“

H A N S - J Ü R G E N P A P I E R ,P R Ä S I D E N T D E S B U N D E S -V E R F A S S U N G S G E R I C H T E S

Weniger beachtet wurden1969 die Reform der Finanzbe-ziehungen zwischen Bundund Ländern, die Änderungen1990 und 1994 nach der deut-schen Einheit und die Födera-lismusreform 2006: Sie betref-fen den sperrigen Teil des Do-kumentes, der gelegentlichdetailversessen, grammatischfragwürdig und verworren an-mutet. Denn die Verfassung(der Begriff hat sich inzwi-schen eingebürgert) ist - vor al-lem im verwaltungstechni-schen Teil - wesentlich längergeworden, lesbarer wurde sienicht.

Viel wichtiger für die Bür-ger ist jedoch, was sich bei denGrundrechten getan hat. Siebefinden sich im Zustand derBelagerung. Als erstes traf esdas Asylrecht. Es war der Er-

Ein flexibles DokumentVom Grundgesetz zur Verfassung: Änderungen fügten hinzu und schränkten ein

Man könne das Grundgesetz nicht ständig unter dem Arm tragen, hat Hermann Höcherl, CSU-Innen-minister in den 60er-Jahren, einmal gesagt. Aber eine Miniaturausgabe haben manche Politiker stetsbei sich - wie hier SPD-Chef Franz Müntefering. Foto: dpa

Page 47: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Die 70er Jahre: Entspannungspolitik und RAF-Terror

Versöhnungspolitik: KanzlerBrandt kniet 1970 in Warschau.

Wyhl und Brokdorf: Anti-AKW-Pro-test wird zum Widerstand.

In der Ölkrise: Sonntagsfahrverbote inDeutschland 1973.

In den Händen von Terroristen:Hanns-Martin Schleyer 1977.

Das Ende der heiteren Spiele: Terroristen überfal-len 1972 in München Israels Olympiateam.

Der nach Heuss zweite Libera-le im Amt war zuvor Außen-minister. Zur Heiterkeit derrheinischenFrohnatur ge-sellte sich Här-te in der Sache.So war er sichvor Amtsan-tritt nicht zuschade für ei-nen Fernseh-auftritt alsSänger des be-liebten Volksliedes „Hoch aufdem gelben Wagen“. Im „deut-schen Herbst“ 1977 brand-markte er Sympathisantenund Helfer der Terroristen öf-fentlich als „mitschuldig“.

Weil sich die politischenMehrheiten Ende der 70er-Jah-re geändert hatten, verzichte-te er auf eine Kandidatur füreine zweite Amtszeit.

Der fast 90-Jährige lebt heu-te - nach dem Tod seiner Ehe-frau Mildred inzwischen wie-der verheiratet - in der Nähevon Freiburg. (dpa)

Walter Scheel -der singendePräsident

1974-79:Walter Scheel

Karl Carstens,1914 in Bremengeboren, hatte eine lange Di-plomaten- und Beamtenlauf-bahn hintersich, ehe er1972 für dieCDU in denBundestag ein-zog. Dortmachte er sichals scharfzün-giger Kritikerder Ostpolitikeinen Namen.

Als Staatsoberhaupt war erals Wanderpräsident bekannt,weil er Deutschland in mehre-ren Etappen durchwanderteund dabei mit vielen Men-schen Gespräche führte.

Sein größte Herausforde-rung im Amt war die Neuwahldes Bundestages 1983, die vonder CDU/CSU/FDP-Koalitionmittels einer bewusst verlore-nen Vertrauensabstimmungherbeigeführt wurde. Der pe-nible Jurist Carstens machtedas nur mit größten Bedenkenmit. 1992 starb Carstens. (dpa)

Karl Carstenswanderte durchDeutschland

1979-1984:Karl Carstens

ständnisvolles Auftretenbrachte den Deutschen vielSympathien.

Das größte Handicap seinerAmtszeit war die von Lübkeselbst stets ebenso unge-schickt wie unvollständig dar-gestellte eigene Vergangen-heit während des Nationalso-zialismus. Die von der DDRgroß angelegte Propaganda-kampagne gegen den „KZ-Bau-meister Lübke“ im Dienst vonAlbert Speer weitete sich fastzur Staatskrise aus, obwohlLübke strafrechtlich unschul-dig war. Ein halbes Jahr vordem Ende seiner Amtszeit tratHeinrich Lübke zurück. (rie)

V on Heinrich Lübke(CDU) sind vor allem sei-ne rhetorischen Fehl-

tritte in Erinnerung geblie-ben. Bei einem Staatsbesuch1962 in Liberia soll er seineRede mit der Begrüßung „Sehrgeehrte Damen und Herren,liebe Neger“ begonnen haben.

Der stramm konservativeKatholik, der mit 64 Jahrengewählt wurde, übernahm dasAmt, nachdem Konrad Aden-auer seine Pläne zur Präsident-schaft verworfen hatte. Lübkeselbst schätzte sich als „weniggeeignet ein: „Ich kommevom kleinen Dorf im Sauer-lande, von kleinen Leuten,und man hat mir an der Wiegenicht gesungen, dass ich Kan-didat für den Posten des Bun-despräsidenten sein sollte“.

Der passionierte Landwirt,der nach dem Krieg maßgeb-lich den Gemeinsamen Agrar-markt der EWG entwickelthatte, war politisch durchausaufgeschlossen. Er forcierteeine Regierungsbeteiligungder SPD in einer großen Koali-tion und machte sich für dieEntwicklungshilfe stark. Mitseiner Frau Wilhelmine unter-nahm er 15 Reisen in 35 Staa-ten. Sein bescheidenes, ver-

In allerWeltunterwegs1959-69:Heinrich Lübke

Auch in Togo hoch angesehen:Heinrich Lübke 1966 in Häupt-lingstracht auf einem Gemälde.

Foto: dpa

demokratischen Wurzeln die-ses „schwierigen Vaterlandes“auf. Heinemann baute proto-kollarischen Pomp ab, lud„einfache“ Bürger in die VillaHammerschmidt und suchtedas Gespräch mitMinderheiten.

Auch bei sei-nen Auslandsrei-sen gemeinsammit Ehefrau Hil-da bemühte ersich erfolgreich,das neue, demo-kratischeDeutschland zurepräsentieren.Heinemann tatdies ohne Pathosund ohne aufge-setzte Jovialität.Es gelang dem„Bürgerpräsiden-ten“ ebenso, dieanfänglicheSkepsis seinerehemals eigenenPartei - Heinemann hatte dieCDU 1952 aus Protest gegenKanzler Adenauers Aufrüs-tungspolitik verlassen - abzu-bauen. Schon zu Beginn derneuen Ostpolitik riet er - striktauf Neutralität im Amt be-dacht - vergeblich zu einer en-gen Zusammenarbeit zwi-schen SPD/FDP-Regierung undCDU/CSU-Opposition.

Zunehmend fragte Heine-mann aber auch die eigenen

V O N W O L F G A N G B L I E F F E R T

V om Habitus her ein bie-derer Bürger, im Herzenein Rebell - Gustav Hei-

nemann war ein Mann des Wi-derspruchs und des Infrage-stellens. Zu Zeiten der De-monstrationen gegen Viet-nam-Krieg, Notstandsgesetzeund „Muff unter den Talaren“,in einer Zeit der Reformsehn-sucht war Heinemann für dieSPD der ideale Präsident-schaftskandidat.

Seine Wahl 1969 mithilfeder oppositionellen FDP sah erselbst als „ein Stück Macht-wechsel“, nur wenige Mona-ten später bildeten SPD undFDP tatsächlich die erste sozi-alliberale Koalition auf Bun-desebene.

Heinemann, in der NazizeitMitglied der Bekennenden Kir-che und vor seiner Wahl be-reits Justizminister der gro-ßen Koalition, wusste, dass dieeigentliche Macht des neuenAmtes in der Wirkung auf dieÖffentlichkeit liegt. Er sah sei-ne vornehmste Aufgabe des-halb darin, das demokratischeBewusstsein zu fördern unddie unruhige Jugend für die-sen Staat (zurück)zugewin-nen.

Immer wieder rügte er auchdas mangelnde Geschichtsbe-wusstsein der Deutschen undforderte zur Besinnung auf die

Der Bürgerpräsident1969-74: Gustav Heinemann, erster Sozialdemokrat im Amt

Parteifreunde, ob er über sei-ne repräsentativen Pflichtenhinaus nicht mehr tun könne.Bundeskanzler Willy Brandtmußte dies bedauernd vernei-nen. So verzichtete Heine-

mann 1974, auch gesundheit-lich schon angeschlagen, aufeine Kandidatur für eine zwei-te Amtszeit. Zwei Jahre später,am 7. Juli 1976, starb er in Es-sen.

Ein Ausspruch kennzeich-net bis heute am besten die-sen manchmal schwierigenSozialdemokraten und seinStaatsverständnis: „Ich liebenicht Staaten, ich liebe meineFrau.“

„Ich liebe nicht Staaten, ich liebe meine Frau.“Gustav Heinemann mit Ehefrau Hilda.

Foto: Bundesarchiv

Das ThemaEs hat sich eingebürgert,dass am 23.Mai, dem Tagder Verkündung desGrundgesetzes vor60 Jahren, der Bundes-präsident gewählt wird.Auf diesen beiden Seiteporträtieren wir unserebisherigen Staatsober-häupter.

als Reichstagsabgeordneter imMärz 1933 trotz schwerer Be-denken dem „Ermächtigungs-gesetz“ zu, was aber nicht ver-hinderte, dass Heuss seinReichstagsmandat, seine Lehr-tätigkeit und später auch dieErlaubnis zu publizieren ver-lor. Dennoch galt Heuss, nichtzuletzt aufgrund seiner Ver-bindungen zu Widerstands-kreisen, 1945 als unbelastet,und wurde von den Amerika-nern in die Nachkriegspolitikgeholt.

Sein Mandat im ersten Bun-destag trat er nicht an, weil erzum Präsidenten gewählt wur-de. In dieser Funktion sah erseine Aufgabe vor allem in derAusbildung einer bürgerlich-demokratischen politischenKultur, deren Entstehung erdurch seine Reden zu fördernversuchte. Als einer der erstensorgte Heuss für eine politi-sche Neubewertung des Wi-derstandes gegen Hitler undder Attentäter des 20. Juli1944. Seine Frau Elly Heuss-Knapp, mit der er einen Sohnhatte, gründete das Mütterge-nesungswerk. Heuss gilt zu-sammen mit Adenauer alsGründungsvater der Bundes-republik.

hatte er bereits im Reichstagerworben. Obwohl er sich in-tensiv und kritisch mit demNationalsozialismus beschäf-tigt hatte, (in seiner Publikati-on „Hitlers Weg“) stimmte er

„hocken blieb“, um dem Weinzuzusprechen.

Seine Erfahrung als Abge-ordneter, die er im Parlamen-tarischen Rat an der Arbeit fürdas Grundgesetz einbrachte,

ihn nicht nur von theoreti-schem Interesse: Bei Besuchendes Bundespräsidenten pas-sierte es zu fortgeschrittenerStunde, dass er den offizellenTeil für erledigt erklärte - und

V O N S Y L V I A G R I F F I N

E r war wie geschaffen fürdas Amt und die Zeit.Nach dem Dritten Reich,

in dem Zackigkeit, Pathos undSelbstüberschätzung Marken-zeichen der handelnden Politi-ker waren, wirkte TheodorHeuss als erster Bundespräsi-dent wie ein guter, weiser Va-ter auf die Deutschen. Sienannten den damals 65-jähri-gen Geschichtsprofessor, derso anheimelnd schwäbelte,denn auch „Papa Heuss“.

Seine nordwürttembergi-sche Herkunft und die Revolu-tion von 1848, an der seineVorfahren aktiv teilgenom-men hatten, prägten Heuss.Hinzu kam der Einfluss des Li-beralen Friedrich Naumann,zu dessen Kreis Heuss nachdem Abitur 1902 stieß und derihn für die Parteipolitik imlinksliberalen Sinne gewann.

Heuss war umfassend gebil-det: Er studierte Nationalöko-nomie, Geschichte, Philoso-phie, Kunstgeschichte undStaatswissenschaften in Mün-chen und Berlin, war als Publi-zist und Dozent tätig. Sein Pro-motionsthema „Weinbau undWeingärtnerstand“ war für

Papa Heuss - der erste Mann1949-1959: Theodor Heuss versöhnt die Deutschen in zwei Amtszeiten behutsam mit sich selbst

Umfassend gebildet und anheimelnd schwäbelnd: Theodor Heuss. Foto: dpa

Page 48: 60 Jahre BRD: Nordhessen

bar nichts zu sagen. Doch erschwamm sich frei, setzte ei-gene Akzente.

Und manche Rede von da-mals wirkt noch heute aktu-ell, ja fast prophetisch. Etwaals er eindringlich warnte:„Eine Gesellschaft, die alle Le-bensbeziehungen den Geset-zen des Marktes unterwirft,trägt Anzeichen von autoritä-rer Ideologie, die lebensge-fährlich ist für den Staat“.

Da war er, dessen Lebens-motto „Versöhnen statt Spal-

E iner der ganz großenBundespräsidenten warer vielleicht nicht, aber

einer der beliebtesten: Johan-nes Rau, der Präsident von ne-benan, ein Skatspieler undBiertrinker, ein begeisterterSänger und begnadeter Anek-dotenerzähler. Menschenfi-scher und Bruder Johanneshat man den fröhlichen Chris-ten oft genannt.

Rau verfügte über dieMacht des Wortes - und hatteals Präsident zunächst schein-

Bruder Johannes blieb sich treu1999-2004: Rau lebte auch im Amt sein Motto „Versöhnen statt Spalten“

ten“ oft als naiv belächelt wur-de, ein höchst politischer Prä-sident. Wie denn auch der Ein-druck täuscht, Raus Karrieresei immer friedlich und ge-radeaus verlaufen. Er sei keinentscheidungsschwacher Fest-redner, nicht „der gute Onkelaus Wuppertal“, hat er solcheCharakterisierungen stets zu-rückgewiesen.

Stolz durfte er sein auf sei-nen Staatsbesuch in Israel zuBeginn seiner Amtszeit alsBundespräsident. Als erstes

deutsches Staatsoberhauptsprach der engagierte Christvor der Knesset und bat indeutscher Sprache um Verge-bung für die Verbrechen amjüdischen Volk in der Nazi-Zeit. Ein schwerer Gang. Ermeisterte ihn mit Bravour.

Nach dem Ende der Präsi-dentschaft blieb ihm nichtmehr viel Zeit für EhefrauChristina und die drei Kinder.Wenige Tage nach seinem75. Geburtstag starb JohannesRau. (bli)

Skat im Schloss Bellevue: Jo-hannes Rau. Fotos: dpa, ap

len auf große Resonanz.Heute lebt Herzog - inzwi-

schen 75 - mit seiner zweitenFrau Alexandra Freifrau vonBerlichingen in Landshut.

mierte er den27. Januar, denTag der Befrei-ung des Konzen-trationslagersAuschwitz, zumGedenktag fürdie Opfer des Na-tionalsozialis-mus. Er hoffe,dass gemeinsa-me Formen des Erinnerns ge-funden werden könnten, diein die Zukunft wirkten. DieInitiative stieß vor allem beiJugendgruppen und an Schu-

Dieses unkomplizierteStaatsoberhaupt mit seinemHang zu unbändigem Spottund mildem Zynismus hat na-tionales Pathos und schwülsti-ge Überhöhungen stets ver-mieden. Sein deftiger Stil trugdem Landshuter viel Sympa-thie ein.

Und die Ungeduld ange-sichts der politischen und ge-sellschaftlichen Stagnation ar-tikulierte der ehemalige Ver-fassungsgerichtspräsident imApril 1997 in seiner inzwi-schen berühmt gewordenen

V O N W O L F G A N G B L I E F F E R T

K aum ein Bundespräsi-dent hatte es beim Startschwerer als Roman

Herzog (CDU): Der Schattendes Vorgängers Richard vonWeizsäcker war lang, seinStart stotternd. Doch spätes-tens als Herzog in Polen einebedingungslose Entschuldi-gung für die deutschen Ver-brechen aussprach, wurdeklar: Auch der neue Mann imAmt äußert sich nicht minderernsthaft und nachdenklich.

Der Mann mit der Ruckrede1994-1999: Roman Herzog wollte die Deutschen aufrütteln

Rede im Hotel Adlon. „DurchDeutschland muß ein Ruck ge-hen“, forderte der Präsident.„Alle sind angesprochen, allemüssen Opfer bringen, allemüssen mitmachen“. WeilHerzog dabei aber kaum einenAdressaten seiner Kritik be-nannte, blieb die Ruck-Redeletztlich im Diffus-Unverbind-lichen. Es fühlte sich von ihrjeder und niemand angespro-chen.

Eindeutige Spuren hat Her-zog dagegen auf anderem Ge-biet hinterlassen. 1996 prokla-

„Alle müssen Opfer bringen“: Roman Herzog.

Weizsäckers diplomatischesGeschick in der Bundestags-fraktion, schob ihn dann aberauf Posten außerhalb des un-mittelbaren Machtzirkels derBundesregierung ab. In denNeunzigerjahren hielt Weizsä-cker der Politik vor, gleichzei-tig „machtversessen undmachtvergessen“ zu sein. Kohlfühlte sich getroffen.

Als „Elder Statesman“ istder mit vielen in- und auslän-dischen Auszeichnungen undEhrendoktorwürden bedachteWeizsäcker (89) auch heutenoch rastlos tätig,

desgemäß die adelige Marian-ne von Kretschmann ehelich-te. Nach dem Militärdienstwurde er Jurist und stand sei-nem Vater während der Nürn-berger Kriegsverbrecherpro-zesse als Hilfsverteidiger zurSeite.

Sein Sohn Richard fandvom Wirtschaftsanwalt fürBanken und Industrie baldden Weg in die Politik. SeinFörderer hieß Helmut Kohl.Doch der unabhängige KopfWeizsäckers störte bald dasVerhältnis zum CDU-Vorsit-zenden - Kohl nutzte zwar

vor einem wieder vereinigtenDeutschland klein zu halten.Der Fall der Berliner Mauerwar für den früheren Regie-renden Bürgermeister der da-mals noch geteilten Stadt derHöhepunkt seiner zehnjähri-gen Präsidentschaft. Demons-trativ verlegte er lange vor derRegierung seinen Dienstsitznach Berlin.

Es gibt Leute, die nennenihn „Richie“, aber das verbie-tet sich bei diesem souverä-nen, gebildeten Mann, derstandesgemäß in Oxford undGrenoble studierte und stan-

Hitlers, schlug den Bogen vonder Schuld zur Befreiung. DieDeutschen mahnte er, ihre Ge-schichte zu akzeptieren, unddem Ausland demonstrierteer, dass sie sich ihrer Verant-wortung stellen.

Damit hatte der Diploma-tensohn, dessen Vater selbstdem nationalsozialistischenStaat gedient hatte, mehr fürdas Ansehen Nachkriegs-deutschlands in der Welt ge-tan als viele Diplomaten. Undes war vielleicht auch dieFernwirkung dieser Rede, diees 1989 ermöglichte, die Angst

V O N S Y L V I A G R I F F I N

E r ist einer, der die Wirk-samkeit des Wortes vor-trefflich unter Beweis

gestellt hat. Hätte Richard vonWeizsäckerwährend seineslangen politischen Lebens nureine einzige Rede gehalten,die vom 8. Mai 1985, dann hät-te sie ausgereicht, um ihn zueinem großen Bundespräsi-denten zu machen. Einfühl-sam, aber mit unnachsichtigerDeutlichkeit verband Weizsä-cker das Datum des Kriegsen-des mit der Machtergreifung

Das IdealbildDas Idealbildeines Präsidenteneines Präsidenten

Richard von Weizsäcker1984-1994: Richard von Weizsäcker- gebildet, charmant, nachdenklich- gebildet, charmant, nachdenklich

Meister des geschliffenen Wortes: Richard von Weizsäcker. Foto: dpa

Wie fällt Ihre Bilanz vonHorst Köhler aus?

PAUL NOLTE: In der Finanz-und Wirtschaftskrise hätte ergut daran getan, den Men-schen denSpiegel vorzu-halten. Mir hatseine Beschrei-bung der Fi-nanzmärkteals Monsternicht gefallen.Es wäre bessergewesen,wenn er er-klärt hätte: Das sind kompli-zierte Mechanismen, wir kön-nen uns nicht auf populisti-sche Vorurteile einlassen. Dahat er zu stark versucht, beider Bevölkerung anzukom-men. Da hätte er Grenzen zie-hen und nicht dem Volk nachdem Munde reden sollen.

Welche Debatten hat Köhlerin seiner Amtszeit angestoßen?

NOLTE: Dazu zählt sicherlichdas Schicksal von Afrika, auchwenn mit dem Thema nichtviel Aufmerksamkeit zu holenist. Umso bemerkenswerter istsein Engagement. Dann hat erimmer wieder klar gemacht,die Agenda 2010 war richtig,aber die Reformen müssenfortgesetzt werden, auchwenn wir den Menschen nichtzuviel abverlangen dürfen.Sein Thema Zivilgesellschaftund bürgerliches Engagementscheint mir dagegen inzwi-schen etwas in den Hinter-grund getreten zu sein.

Sehen Sie das als Defizit?NOLTE: Ich würde mir gerade

in der Krise einen Präsidentenwünschen, der sagt: Klagtnicht nur, tut selbst was.

In seiner letzten BerlinerRede hat Köhler eine Abkehrvom Wachstumsdenken gefor-dert. Wie realistisch ist das?

NOLTE: Ich sehe das mitSkepsis. Welcher Entwurfsteht dahinter? Der Verzichtauf Wachstum klingt ein-leuchtend, aber verzichtenwir damit nicht zugleich aufdringend notwendige Innova-tion? Oder denken Sie an dieBildungsdebatte: Wir wollenmehr junge Menschen mitAbitur und Studium, in gutqualifizierten und gut bezahl-ten Jobs. Was heißt das ökono-misch? Wachstum!

• Zur Person:Paul Nolte (46, Foto), in Gel-dern geboren,lehrt NeuereGeschichte ander Freien Uni-versität Berlin.Er gilt als Neo-konservativerund hat wie-derholt Sympathie fürschwarz-grüne Bündnisse be-kundet. (ap)

„Volk nachdem Mundgeredet“Historiker Paul Nolteüber Horst Köhler

Seit 2004:Horst Köhler

Die 80er Jahre: Nachrüstungsstreit und Versöhnungsgeste

Versöhnungsgeste in Verdun: KanzlerKohl und Präsident Mitterrand 1984.

9. November 1989: Die Mauer fällt,die Einheit kommt.

Neue Gesichter: DieGrünen im Bundestag.

Steuerbefreiung für den Konzern, Spen-den für die Parteien: die Flick-Affäre.

Marsch auf Bonn: Der Protest gegen die Nato-Nachrüstung mobilisiert 1983 Hunderttausende.

Page 49: 60 Jahre BRD: Nordhessen

Die 90er-Jahre: Auf der Suche nach der neuen Rolle

3. Oktober 1990: Tag der deutschenEinheit vor dem Reichstag.

Die Bundeswehr im Ausland: Kfor-Soldaten nach dem Kosovokrieg.

Verfallene Städte, marode Indus-trien: Milliarden für den Aufbau.

Rot-Grüne Koalition: GerhardSchröder und Joschka Fischer.

Gewalt gegen Ausländer: Tödliche Brandanschlä-ge in Solingen, Mölln und anderswo.

S T I C H W O R T

Schwarz-Rot-Goldals NationalfarbenAm 18. Februar 1919 be-stimmte der Staatsaus-schuss der deutschen Na-tionalversammlung inWeimar die Einführungder deutschen National-farben. Die Flagge ist eineTrikolore aus drei gleichgroßen horizontalen Bal-ken in Schwarz, Rot undGold.

Woher diese Farbkom-bination kommt, ist auchheute noch umstritten.Eine Rolle spielten jedochdie „Lützowschen Jäger“,ein Freikorps, das um 1813gegen die von Franzosen-kaiser Napoleon errichte-te Fremdherrschaftkämpfte.

Die Lützower trugeneine schwarze Uniformmit rotem Kragen und gol-denen Knöpfen.

D O K U M E N T A T I O N

Das Deutschlandlied, dritte StropheEinigkeit und Recht und FreiheitFür das deutsche Vaterland!

Danach lasst uns alle streben

Brüderlich mit Herz und Hand!

Einigkeit und Recht und Freiheit

Sind des Glückes Unterpfand:

Blüh im Glanze dieses Glückes,

Blühe, deutsches Vaterland!

regierung bekannt gemacht -ist seit August 1991 nichtmehr das ganze Werk, son-dern nun auch offiziell nur„die dritte Strophe“ des Liedesvon Hoffmann von Fallersle-ben „die Nationalhymne fürdas deutsche Volk“.

Gesungen wird dasDeutschlandlied bis heute zurMelodie der „Kaiserhymne“von Joseph Haydn. (dpa)

Kleinstaaterei gemeint. Als Be-kenntnis zu Nation und Ein-heit.

Mit der Einheit flammt dieHymnen-Debatte neu auf.Durch einen Briefwechsel zwi-schen Bundespräsident Ri-chard von Weizsäcker undKanzler Helmut Kohl - wie derSchriftverkehr von Adenauerund Heuss durch Veröffentli-chung im Bulletin der Bundes-

Weimarer Republik, FriedrichEbert, (SPD), zur Nationalhym-ne erklärte Deutschlandliedzwar übernommen. Von 1934an wurde aber auf Befehl des„Führers“ Adolf Hitler nurnoch die erste Strophe„Deutschland, Deutschlandüber alles“ gesungen - zusam-men mit dem nationalsozialis-tischem Horst-Wessel-Lied.Deshalb hielt Heuss das ganzeLied für „entehrt und besu-delt“.

Die Nazis brachten dieHymne in einen Kontext vonImperialismus und Größen-wahn - eine Interpretation, diemit dem ursprünglichen Sinnnichts gemein hatte. Denn alsHeinrich Hoffmann von Fal-lersleben den Text 1841 aufHelgoland dichtet, ist„Deutschland über alles“ alsflammender Appell zur Über-windung der deutschen

kommt eine gewisse Resigna-tion Heuss’ gegenüber demBeharrungswillen des altenRheinländers Adenauer zumAusdruck. Er habe „den Tradi-tionalismus und sein Behar-rungsbedürfnis unterschätzt“,schreibt Heuss. Wenn er derBitte der Bundesregierungnachgebe, obwohl er ange-sichts des „tiefen Einschnittsin unsere Staatsgeschichte“eine neue Symbolgebung fürnotwendig erachte, so gesche-he dies nur „in Anerkennungdieses Tatbestandes“, soHeuss.

Er verbindet die Erklärungdes Deutschlandsliedes zurdeutschen Nationalhymnemit der Bitte, bei staatlichenAnlässen nur die dritte Stro-phe zu singen. Denn die ersteStrophe war verpönt: Die Na-zis hatten 1933 das 1922 vomersten Reichspräsidenten der

Adenauers „Handstreich“, derder jungen Bundesrepublikwenig später eine National-hymne beschert. Nach Anga-ben des Historikers TheoSchwarzmüller war es derCDU-Politiker Albert Finck -Mitglied des Parlamentari-schen Rates und einer der Vä-ter des Grundgesetzes -, derzuvor die Initiative ergriffenund Adenauer zum Vorschlagmit der dritten Strophe desDeutschlandlieds inspirierthatte.

1952 gibt BundespräsidentTheodor Heuss nach langemZögern nach, die dritte Stro-phe wird nun auch offiziell ak-zeptiert - wenngleich das bisheute - anders als die Bundes-flagge (Artikel 22/Grundge-setz) - nicht im Grundgesetzverankert ist.

Im entsprechenden Brief-wechsel mit dem Kanzler

V O N G E O R G I S M A R

K onrad Adenauer grollt.„Heidewitzka, Herr Ka-pitän“, tönt es ihm bei

einem Besuch in Chicago ent-gegen. Eine Verlegenheitslö-sung der Gastgeber, West-deutschland hat nun mal nachdem Krieg noch keine offiziel-le Hymne. Den Bundeskanzlernervt es gehörig, bei offiziel-len Empfängen Schunkel-schlager und Verballhornun-gen wie „Wir sind die Eingebo-renen von Trizonesien“ - eineAnspielung auf die drei Zonender Westmächte - zu hören.

Im April 1950 reicht es ihm,im Berliner Titania-Palast for-dert er das Publikum nach ei-ner Rede auf, mit ihm die drit-te Strophe des Deutschlandlie-des zu singen. „Einigkeit undRecht und Freiheit“ ertönt.

Die SPD wettert gegen

Hymne im HandstreichKonrad Adenauer ließ 1950 „Einigkeit und Recht und Freiheit“ singen

Das ThemaIst das Grundgesetz ge-lungen? Ist der 23. Maiein Tag zum Feiern? Undwelcher Bundespräsi-dent gefiel am besten?fragten wir unsere Leser.Hier Auszüge aus denAntworten.

enthält man dem deutschenVolke Abstimmungen (Volks-begehren – Volksentscheid)weiterhin vor und wie das mitden Wahlen aussieht wissenwir alle: man darf die Katz imSack wählen und was wirklichdabei herauskommt, erfahrenwir dann nach der Wahl. Mei-ne Meinung: Es gibt keinenGrund, ... diese Demokratie-auffassung zu feiern.

Heidemarie Wegener,Osterode

Das Grungdsetz ist Klasse...Es geht aber noch besser: stattdes nur für einen Bevölke-rungsteil sinnvollen Gottbezu-ges besser die universelle„Ehrfurcht vor dem Leben“,und ergänzt um die bisher denPflanzen und Tieren vorent-haltenen Rechte.

Uwe Muster, Vellmar

Schwarz-Rot-Goldener Jubel - hier auf der Berliner Fanmeile während der Fußball-Europameisterschaft 2008. Foto: dpa

Das Grundgesetz ist gut,nur die Leute, die es beachtensollten, nämlich in erster Liniedie Politiker, sind schlecht.Seit mehr als vierzig Jahrenhaben sie unser Land derartverschuldet, daß an eine Rück-zahlung auch in vielen Gene-rationen nicht gedacht wer-den kann.

Peter Fricke, Bad Hersfeld

Im Grundgesetz steht, dasssich das deutsche Volk eineVerfassung geben soll, aberdieser Auftrag wird von unse-ren Politikern seit nunmehr60 Jahren einfach ignoriert...Genau wie eine Verfassung

sen, wie er während des Natio-nalsozialismus herrschte. Seitnunmehr 60 Jahren leben dieMenschen Deutschlands in ei-ner von der Verfassung gestüt-zen Demokratie, in der Mannund Frau, egal welcher Ab-stammung vollkommengleichgestellt sind.

Sebastian Streit, Meensen

Unser Grundgesetz ist topund hätte einen Feiertag ver-dient. Unser jetziger Bundes-präsident ist von allen der Bes-te. Karl Battefeld,

Frankenberg

60 Jahre Grundgesetz ist

keit und köstlichem Humor.Einmal gab er Bischof DöpfnerFeuer für die Zigarre. Es er-losch sofort. Döpfner: „DasFeuer der Politik erlischt“.Heuss: „Immer, wenn es dieKirche in die Hand nimmt.“

Dr. Otmar Einwag,Grebenstein/Udenhausen

Ich denke, dass der 60. Ge-burtstag der Verfassung einTag zum Feiern ist. Besondersvor dem zeitgeschichtlichenHintergrund, aus welchem un-sere Verfassung entstand,wird die Bedeutsamkeit deut-lich. Mit ihr wurde verhindert,einen solchen Terror zuzulas-

I ch freue mich, in einemsolch demokratischenLand mit dieser guten In-

frastruktur und diesen unter-schiedlichen Mentalitäten derMenschen zu leben. Kritik angewissen Auswüchsen undFehlern der Politik ist berech-tigt, aber das System funktio-niert grundlegend.

Hagen Mukerjee, Melsungen

Ich war damals 18 Jahre alt.Leider muß ich zugeben, dassich das Einsetzen des Grund-gesetzes nicht wahrgenom-men habe, denn es standenuns ja kaum, wie heute, dieMedien zur Verfügung. Derseinerzeitig älteren Generati-on bedeutete es wohl mehr.Daher ist das 60jährige Jubi-läumen für mich auch keinTag zum Feiern. Viel wichtigerist für mich der Tag der Ein-heit, denn die Wiedervereini-gung habe ich mit vollem Be-wußtsein erlebt.

Roswitha Gruber,Hann. Münden

Der 23. Mai ist natürlich einTag zum Feiern! Ich ... binstolz darauf, was Deutschlandin den letzten 60 Jahren er-reicht hat (bin im ZweitenWeltkrieg geboren).

Renate Dickel, Bad Hersfeld

Theodor Heuss war eine ein-malige Mischung aus überra-gender Bildung, politischemSachverstand, Volkstümlich-

„Ein Tag zum Feiern“Unsere Leserüber den 60. Geburtstag des Grundgesetzes und die Bundespräsidenten

schon ein Grund, es zu feiern.Denn es ist viel Positives er-reicht worden. Johannes Rauwar für mich des beste Bun-despräsident. Uwe Thielke,

Bad Wildungen

Das Grundgesetz war einereine Kopfgeburt, die auf An-ordnung der drei Westalliier-ten erfolgte... Aber die Mütterund Väter des Grundgesetzesschufen die beste Verfassung,die Deutschland je hatte. Manhatte aus der Vergangenheitgelernt und die Mängel derWeimarer Verfassung korri-giert.Rainer Degethoff, Grebenstein

Page 50: 60 Jahre BRD: Nordhessen

2000 bis 2009: Katastrophen, Krisen und eine Kanzlerin

Trauer um Gefallene: DieBundeswehr in Afghanistan.

Finanzkrise, Rekordschulden, Arbeitslosig-keit: Die Bundesrepublik am 60. Geburtstag.

Amoklauf in Erfurt: 17 Menschen ster-ben 2002 im Gutenberg-Gymnasium.

Deutschland bekommt eineKanzlerin: Angela Merkel 2005.

Die Reform des Sozialstaates: Kanzler Schrö-der startet die Agenda 2010.

Das ThemaDie Währungsreformund das anschließendeWirtschaftswunder ha-ben das Bewusstsein derNachkriegsdeutschenbestimmt, politischeGründungsmythen feh-len dagegen. Über den23. Mai 1949 sprachenwir mit dem Politikwis-senschaftler Prof. Her-fried Münkler.

Zur PersonHerfried Münkler (57), in Friedberg/Hessen geboren, ist einer derprofiliertesten Politikwissenschaftler Deutschlands. Die „Zeit“nannte ihn einmal einen „One-Man-Think-Tank“, eine Ein-Mann-Denkfabrik“. Seit 1992 hat Münkler den Lehrstuhl für Theorie derPolitik am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Univer-sität zu Berlin inne. In diesem Jahr erhielt er den Preis der LeipzigerBuchmesse in der Kategorie Sachbuch/Essayistik für sein neuestesWerk Die Deutschen und ihre Mythen. (Rowohlt)

Weitere Veröffentlichungen:• „Der Wandel des Krieges. Von derSymmetrie zur Asymmetrie“, Vel-brück Wissenschaft, 2006• „Imperien. Die Logik der Welt-herrschaft – vom Alten Rom bis zuden Vereinigten Staaten“, Ro-wohlt Verlag, 2005• „Machiavelli: die Begrün-dung des politischen Denkensder Neuzeit aus der Krise derRepublik Florenz“. FischerTaschenbuch-Verlag, 2004

schen politischen Klasse zutun, den 3. Oktober zum Na-tionalfeiertag zu machen, ei-nen Tag, der das Schicksal des23. Mai erleiden wird, der Tag,an dem das Grundgesetz inKraft getreten ist.

Woher rührt das?MÜNKLER: Der 3. Oktober

war der nüchterne Schluss-punkt einer Entwicklung, dieMonate vorher absehbar war.Der 9. November war dagegenein emotional umstürzendesEreignis, eine Beschleunigungder Geschichte. Er ist aberkein Tag, den die politischeKlasse der alten Bundesrepu-blik feiern konnte. Sie wurdevon dem Ereignis völlig über-rascht, sie hatte nichts dafürgetan. Der 3. Oktober war da-gegen ein Tag, an dem sie sichselbst feiern konnte nach denVier-plus-zwei-Verhandlun-gen.

Was bleibt dann vom 9. No-vember 1989?

MÜNKLER: Es wird sich in die-sem Jahr, wenn die Dokumen-tationen über den 9. Novem-ber im Fernsehen laufen unddie alten Bilder wieder gezeigtwerden, herausstellen, welcheKraft und Bedeutung dieserTag hat. Und wie blass, harm-los und zu einem Thomas-Gottschalk-Volksfest verkom-men der 3. Oktober ist.

HerfriedMünkler

Foto: dpa

Bonn in die Metropole Berlin.Seitdem haben wir wiedereine Hauptstadt, die neben Pa-ris, London und Rom bestehenkann. Das Sommermärchen2006, auch eine Wunderge-schichte, hat die Deutschendann mit einem integrativen,aber doch merklich gesteiger-ten Selbstwertgefühl gezeigt.Das braucht man auch ange-sichts der heutigen Herausfor-derungen.

Die Gründung der Bundesre-publik war - wie beschrieben -ein weitgehend mythenfreierAkt. Warum hat der 9. Novem-ber, der Mauerfall, offenbarkeine mythenbildende Wir-kung entfaltet?

MÜNKLER: Das hat mit derEntscheidung der westdeut-

schon groß. Nach der verhee-renden Niederlage 1945 tratendie Deutschen jetzt den Be-weis an, doch noch siegen zukönnen, wenn die Übermachtvon Feinden nicht zu groß ist.Etwas mehr als zehn Jahre zu-vor - mitten im Krieg - hatteZarah Leander in einem popu-lären Propagandafilm gesun-gen „Ich weiß, es wird einmalein Wunder geschehen“. Daskam einer Verheißung gleich.Das Wirtschaftswunder unddas Wunder von Bern konntendann als die Einlösung dieserVerheißung begriffen werden.Geschichte als Abfolge vonWundern.

Die Bundesrepublik blieb einsymbolarmer Staat. Liegt nichtaber ein Vorteil darin, keineMythen zu besitzen, weil manPolitik dann rationaler betrei-ben kann?

MÜNKLER: Das könnte man

se der Bevölkerung. Aberwenn wir uns die Italiener an-schauen, wie die in der politi-schen Erinnerung mit ihren„Duce“ verklären, oder wieunzureichend die Russen ihresowjetische Vergangenheitaufarbeiten – da können wirschon einen gewissen Stolzentwickeln.

Das Grundgesetz und der23. Mai 1949 spielen im kollek-tiven Gedächtnis der Deut-schen praktisch keine Rolle.Was hat das für Folgen?

MÜNKLER: Dass sich das My-thenbedürfnis von der Politikauf die Wirtschaft verschobenhat. Die Währungsreform unddas anschließende Wirt-schaftswunder haben das Be-wusstsein der Nation be-stimmt. Das zeigt sich an derBedeutung verschiedener Pro-dukte: Das Erfolgsmodell VW-Käfer war der zivilisierte Kü-belwagen, und der Mercedess-tern trat quasi an die Stelle desEisernen Kreuzes Erster Klas-se.

Zeigt sich das bis heutenoch?

MÜNKLER: Ja. Wir waren stetsdarauf fixiert, Exportwelt-meister zu sein, die Deutschenzogen Identitätsgewinn auswirtschaftlicher Leistungsfä-higkeit. Dieses Denken hataber seinen Preis. Vor allem inZeiten, wo klar wird, dass die-ser Identitätsgewinn aus wirt-schaftlicher Potenz so nichtmehr eingestrichen werdenkann.

Zu den mythischer Ereignis-sen der 50er-Jahre gehört derWM-Sieg gegen Ungarn 1954.Wird die Bedeutung des Wun-ders von Bern nicht manchmalübertrieben?

MÜNKLER: Die Bedeutung ist

V O N W O L F G A N G B L I E F F E R T

Die Franzosen haben ihrenSturm auf die Bastille, die Ame-rikaner ihren Befreiungskrieg,die Engländer die Erinnerungan das Empire - alles positiv be-setzte politische Mythen. Wa-rum haben die Deutschennichts Vergleichbares?

HERFRIED MÜNKLER: Die Brü-che der deutschen Geschichtesind sehr viel tiefer. Und des-wegen gibt es auch Abbrüchein der narrativen Kontinuitätdeutscher Geschichte. Das se-hen wird gerade mit Blick aufden 23. Mai 1949.

Man könnte ja fragten:Braucht ein Volk überhauptMythen? Sind sie wirklich wich-tig?

MÜNKLER: Es braucht sienicht unbedingt. Aber sie stär-ken so etwas wie kollektiveIdentität. Es gibt ja auch Fami-lien, die faktisch ohne kollek-tives Gedächtnis existieren,die sich nichts erzählen überdie Vorfahren und deren Her-kunft, die nie in alten Fotoal-ben blättern. Solche Familiensind – drastisch gesagt – vomZerfall bedroht. Und so mussman sich das auch für den kol-lektiven Verband einer Nationvorstellen.

„Da können wir schoneinen gewissen Stolzentwickeln“.

H E R F R I E D M Ü N K L E R Ü B E RD I E A R T U N D W E I S E , W I E

S I C H D I E D E U T S C H E N I H R E RV E R G A N G E N H E I T

G E W I D M E T H A B E N

Sie haben geschrieben, denNachkriegs-Deutschen bleibe,wenn es um politische Mythengehe, nur die Erinnerung an diezweimalige Niederlage undden Völkermord. Haben dieDeutschen sich daran nichtaber in einer Weise abgearbei-tet, die selbst eine sinnstiften-de Wirkung erzielen kann?

MÜNKLER: Natürlich. Wirsind eine lernende oder ge-lernt habende Nation. Nichtaus unserer Schande, sondernaus der Art des offensiven undbewussten Umgangs damitkann ein kollektives Selbstbe-wusstsein entwickelt werden.Wobei dieses sich natürlichnur auf bestimmte sensibili-sierte, in der Regel intellektu-ell-publizistische Eliten be-zieht und weniger auf die Mas-

vermuten. Nach der Mythen-Hypertrophie der Nazizeit fan-den sich die Deutschen gewis-sermaßen auf der Quarantäne-station wieder. Aber das sindtherapeutische Maßnahmen,bei denen klar ist, dass sie zeit-lich begrenzt bleiben. Wennes darum geht, Identität aus-zubilden und Selbstbewusst-sein zu entwickeln, brauchtman eine Reihe von narrati-vierten Ereignissen und Figu-ren, auf die man stolz seinkann. In Deutschland hat sichdas, wie gesagt, auf unpoliti-sche Gebiete verlagert.

Heute wird problemlos dieNationalhymne gesungen undSchwarz-Rot-Gold gezeigt. Sinddas Zeichen einer normalenNation?

MÜNKLER: Wir sind auf demWeg dahin. Das begann schonmit dem Umzug der Regie-rung aus dem Provinznest

Die Deutschen zogen Identitätsgewinn aus wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit - Herfried Münkler über das Wirtschaftswunder. Foto: dpa

„Der Mercedes-Sternersetzte das Eiserne Kreuz“Politikwissenschaftler Herfried Münkler über die Gründungsmythen der jungen Bundesrepublik