Klinische Psychologie (Kinder/Jugendliche & Paare/Familien), Dr. Irina Kammerer
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Tagung „Depression und Familie – Zusammenhänge und Interventionsmöglichkeiten“ ängstlich? depressiv? aggressiv? hyperaktiv? Worauf bei Kindern besonders zu achten ist 26. August 2011 Lehrstuhl für Klinische Psychologie (Kinder/Jugendliche & Paare/Familien) Dr. Irina Kammerer
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Klinische Psychologie (Kinder/Jugendliche & Paare/Familien), Dr. Irina Kammerer
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1. Einführung
2. Prävalenz depressiver Störungen bei Kindern und Jugendlichen 3. Altersspezifisches klinisches Symptom- und Erscheinungsbild 4. Komorbidität 5. Fallbeispiel
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Inhalt
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1. Einführung
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Gedicht von Mona (14 Jahre) Ein trauriges Gedicht Es wäre schön, wenn da etwas wäre, an das ich glauben könnte. Ein Gott zum Beispiel, doch wo ist er. An eine Zukunft, doch die ist ungewiss und nicht greifbar. An dich, doch du bist gegangen. Und mit dir die Hoffnung. Geblieben ist nur die Gewissheit, dass wir alleine sind, und es auch bleiben. Trostlos, jeder neue Tag, der mir noch bleibt. Jordan, A. (2007). Das Eismeer in mir: Gedanken von Kindern und Jugendlichen mit Essstörungen, Depressionen und
Psychosen.
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Kernsymptome einer Depression • Andauernde emotionale Niedergeschlagenheit, Traurigkeit oder
depressive Verstimmung, erhöhte Reizbarkeit
• Eingeschränkte Möglichkeit, Freude, Lust und Interesse zu
empfinden (Anhedonie)
• Verminderter Antrieb, weniger Aktivität oder leichtere Erschöpfung
und Ermüdbarkeit (Antriebslosigkeit) • emotional (z.B. geringes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle)
• verhaltensbezogen (z.B. unruhiges oder verlangsamtes Verhalten)
• kognitiv/motivational (z.B. Konzentrationsprobleme, Entscheidungsprobleme,
Suizidgedanken)
• körperlich/neurovegetativ (z.B. Veränderungen des Appetits oder Schlafs,
körperliche Beschwerden wie Kopf-/Bauchschmerzen) 5
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Zusätzlich bei Kindern und Jugendlichen: • Häufige körperliche Beschwerden wie Kopf-, Bauch-, Muskel-,
Magenbeschwerden oder Müdigkeit
• Gelangweiltsein
• Ängstliches Verhalten
• Erhöhte Reizbarkeit (anstatt Niedergeschlagenheit)
• Schlafprobleme, Alpträume
• Verhaltensprobleme (aggressives oder introvertiertes Verhalten)
• Soziale Probleme, Probleme mit Gleichaltrigen
(Birmaher et al., 1996a, 1996b; Groen & Petermann, 2008; Ihle et al., 2004; Preiss & Remschmidt, 2007)
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Depressive Störungen im Kindes- und Jugendalter – Klassifikation nach ICD-10/ MAS • Leichte depressive Episode (F32.0)
• Mittelgradige depressive Episode (F32.1)
• Schwere depressive Episode (F32.2)
• Rezidivierende depressive Störung (F33)
• Dysthymia (F34.1)
• Anpassungsstörung (mit depressiven Reaktionen) (F43.2)
• Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung (F92.0)
• Kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen
(F92.8)
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2. Prävalenz
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Prävalenz und Verlauf depressiver Störungen im Kindes- und Jugendalter • Prävalenzraten: 0,9 bis 5,4%
• 6-Monate-Prävalenz : 0.66% (Steinhausen et al., 1998)
• 1-Jahres-Prävalenz: 0.4% bis 2.5% (Ihle & Esser, 2002)
• bei Vorschulkindern: < 1%
• bei Kindern (Schulalter): 1-2%
• bei Jugendlichen: 2-5%
• Zunahme depressiver Störungen mit dem Alter (Essau et al., 1998)
• stärkster Anstieg zwischen dem 14. und dem 15. Lebensjahr
• Kindliche Depression als Risiko für Depression im Erwachsenenalter
(Groen & Petermann, 2008; Preiss & Remschmidt, 2007) 9
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3. Altersabhängiges klinisches Symptom- und Erscheinungsbild
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Kleinkinder (1 bis 3 Jahre)
Vorschulkinder (3 bis 6 Jahre)
Schulkinder Jugendliche
Trauriges, ausdrucksloses Gesicht
Trauriger Gesichtsausdruck
Erzählt, dass es traurig ist
Apathisch, teilnahmslos, Gelangweiltsein, Lustlosigkeit, Antriebslosigkeit
Schnelles Weinen, schreien
Irritabiliät, Stimmungslabilität
Reizbarkeit Stimmungslabiliät
Reizbarkeit Depressive Verstimmung/ Niedergeschlagenheit, Leere, Hoffnungslosigkeit
Wird schnell zornig, erhöhte Irritabilität
Trennungsangst, ängstliches Verhalten
Schulprobleme
Schulleistungsprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten
Schlaf- und Fütterprobleme
Spielunlust, Rückgang von Spielaktivitäten, sozialer Rückzug
Schuldgefühle Suizidgedanken
Soziale Probleme, sozialer Rückzug
Spielhemmung, Spielunlust
Körperliche Beschwerden (Kopf-, Bauchschmerzen)
Sozialer Rückzug, Isolation, wenig Kontakte zu Gleichaltrigen und Schwierigkeiten in bestehenden Beziehungen
Vermindertes Selbstvertrauen, Selbstzweifel
Ausdrucksarmut Aggressives Verhalten
Appetitmangel Suizidgedanken oder -handlungen
Selbststimulierendes Verhalten
Schlafstörungen Alpträume
Schlafstörungen Schlaf- und Essstörungen
Essstörungen Körperliche Beschwerden (Kopf-, Bauchschmerzen
Drogen- und Alkoholkonsum
(Carlson & Kashani, 1988; Flament et al., 2001; Groen & Petermann, 2008; Hautzinger & Petermann, 2003; Remschmidt, 2005)
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Fazit: Erkennen von Depressionen im Kindesalter
• Depression treten bei Kindern und Jugendlichen anders auf als im Erwachsenenalter und werden häufig weder erkannt noch behandelt.
• Eltern und Kind unterscheiden sich in ihren Angaben zur Art und
Häufigkeit von Symptomen bei depressiven Störungen. • Verschiedene Bezugssysteme in der kindlichen Erlebenswelt (Familie,
Schule, Peer-Gruppe, etc.) nehmen Problematik unterschiedlich wahr.
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4. Komorbidität • Angststörungen (v.a Trennungsangst, soziale Ängstlichkeit,
generalisierte Angststörung, Zwangsstörungen) (bis zu 75%)
• Störung des Sozialverhaltens (v.a. im Jugendalter, ICD-10 eigene
Kategorie) (bis zu 50%)
• Hyperkinetische Störungen/ Aufmerksamkeitsdefizit-/
Hyperaktivitätsstörung
• Störung durch Substanzmissbrauch (25%)
• Anorexia nervosa
• Enuresis/Enkopresis
• Lese-/Rechtschreibstörung
• Tourette-Störung (Tic-Störung)
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Störung I
Störung II
Introveriert Extravertiert
Labil
Stabil
Keine Störung
Keine Störung
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Zwei Gruppen kindlicher Störungen
Internalisierende Störungen
• Soziale Ängste
• Leistungsängste
• Affektive Störungen
• Sprachauffälligkeiten
• Essstörungen
• Sozialer Rückzug
• Körperliche Beschwerden
Externalisierende Störungen
• Aggressives Verhalten
• Dissoziales Verhalten
• Hyperkinetische Symptome
• Sozial-emotionale Impulsivität
Achenbach & Rescorla (2003), Döpfner et al. (1999)
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• Anmeldungsgründe
• Konzentrationsprobleme
• Motivationsprobleme
• Erziehungsschwierigkeiten
• Verdacht Lehrperson und Mutter: ADHS
5. Fallbeispiel Thomas (11;9 Jahre)
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• Schule (Lehrperson, Schulleitung) • Oft gereizt, frech
• Schreibt ab
• Redet drein
• Schlägt Banknachbarin
• Viele Flüchtigkeitsfehler bei Texten
• Keine oder unvollständige Hausaufgaben
• Unkonzentriert, ablenkbar
• Schwatzt oft während Unterricht
• Provokativ, verweigert
• Einschätzung Lp: geringer Selbstwert
• Gedämpfte, gedrückte Stimmung
Fallbeispiel Thomas (11;9 Jahre)
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• Zu Hause
• Befolgt Anweisungen nicht
• Macht Hausaufgaben nicht oder nur mit viel Nachdruck und
Drohungen
• Sitzt 2 bis 3 Stunden pro Tag am PC/TV
• Klagt oft über Rückenprobleme und Schmerzen
• Peers/ Freizeit
• Hat wenig soziale Kontakte, hat einen Freund
• Zieht sich eher zurück
• Wenig Aktivitäten, kein Hobby
Fallbeispiel Thomas (11;9 Jahre)
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• Familiäre Hintergründe
• Ke getrennt, als Thomas zwei Jahre alt war
• Km hat seither neuen Partner, gemeinsame Tochter (8 Jahre)
• Unregelmässiger Kontakt zu Kv (Kv depressiv, seit 5 Jahren
arbeitslos, exessives „Gamen und TV“, wenig Regeln und
Struktur)
• Km: schwierige Schulkarriere, keine „praktische und emotionale
Unterstützung“ durch Gre ms, hat Mühe, schulische
Anforderungen sowie die Anforderungen zu Hause bei Thomas
einzufordern
• Km möchte ihm „besseres Leben“ ermöglichen
Fallbeispiel Thomas (11;9 Jahre)
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• ängstlich?
• Schüchtern, sozial gehemmt im Kontakt
• aggressiv?
• Frech, verstösst gegen Normen und Regeln
• hyperaktiv?
• Konzentrations- und Aufmerksamkeitsprobleme,
Motivationsprobleme
• depressiv?
• Selbstwert, Stimmung
Fallbeispiel Thomas (11;9 Jahre)
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