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Akutbehandlung

Trauma und Berufskrankheit · Supplement 1 · 2004 | S163

Herr Leuftink Herr Belzl, wenn Sie, wiein Ihrem Vortrag angeklungen, für denPhysiotherapeuten mehr Eigenständig-keit ansprechen,was bleibt dann dem Arztan Kompetenz in der Behandlungsfüh-rung?

Herr Belzl Ich möchte damit nicht sagen,dass dem Arzt die Entscheidungskompe-tenz beschnitten werden soll, jedoch den-ke ich, dass in der Auswahl der verschie-denen Behandlungsmethoden die Fach-kompetenz des Physiotherapeuten mitentscheiden sollte.

Herr Leuftink Insgesamt hat die Physio-therapie heute in der Behandlung von Un-fallverletzten deutlich mehr Spielraum,und das wurde von den Berufsgenossen-schaften auch als richtig erkannt.

Herr Dr. Krackhardt, wenn Sie in ih-rem Vortrag auf eine bessere Ausnutzungder Rehabilitationsmöglichkeiten abge-hoben haben, muss man sich fragen, wa-rum das nicht schon früher realisiert wor-den ist. Ist denn der Weg zum Physiothe-rapeuten so schwer?

Herr Dr. Krackhardt Nein, das ist nichtso, und ich denke, das Problem liegt eherin der ambulanten Behandlung. Wir se-hen den Patienten im Rahmen der am-bulanten Behandlung häufig nur in unse-rer Sprechstunde und haben damit auchnur eine kurze Momentaufnahme. Ichdenke schon, dass wir die Möglichkeitendes Heilverfahrens konsequent ausnut-zen, aber es gibt einfach noch Defizite.

Akutbehandlung

F. Maurer · Krankenhaus St.Elisabeth, Ravensburg

Akutbehandlung beendet– was nun ?Diskussion mit dem Auditorium

Deswegen möchte ich auch nochmals aufdie Wichtigkeit von Schulungsmaßnah-men hinweisen.

Herr Dr. Müller Nach meiner Erfahrungbesteht immer noch ein Kommunika-tionsloch zwischen BG und dem behan-delnden Arzt. Es heißt immer, dass mansich bei der BG melden soll,wenn irgend-welche Probleme da sind,aber ich falle insolchen Fällen bei der BG nicht selten inein Kommunikationsloch.

Herr Dr. Bischoff Eigentlich ist jeder Ein-zelfall eines solchen Kommunikations-lochs zu viel.Falls wir ein solches Problemerkennen, wird auch sicher umgehendeine Veränderung versucht. Sie müssendavon ausgehen,dass der Sachbearbeitereinfach den schriftlichen Kontakt mit dembehandelnden Arzt gewohnt ist, wir ar-beiten aber daran.Oft ist es aber auch so,dass sich der kleine Sachbearbeiter bei te-lefonischer Kontaktaufnahme mit dembehandelnden Arzt von diesem in Fragegestellt sieht.Ich denke,da bestehen nochProbleme in beiden Richtungen.

Herr Leuftink In dem neuen Konzept ge-rade zur BGSW ist noch immer ein Ge-nehmigungsvorbehalt für den Unfallver-sicherungsträger vorgesehen. Gleichzei-tig ist ein schnelles Reagieren des Unfall-versicherungsträgers erforderlich (Ent-scheidung innerhalb von 24 h). Ist dennsolch ein schneller Ablauf überhaupt re-alisierbar und möglich?

Herr Dr. Bischoff Hier muss man daraufhinweisen, dass der Arzt ja nicht erst beider Entlassung des Unfallverletzten über-legen sollte,ob im Einzelfall mit EAP oderBGSW weiter zu behandeln ist. Der je-weilige Behandlungs- und auch Rehabi-litationsplan sollte frühzeitig so festgelegtwerden und die Hintergründe sollten auchso transparent sein, dass rechtzeitig dieEntscheidung über die Fortführung derRehabilitationsmaßnahmen getroffenwerden kann.

Herr Dr. Schmickal Ich möchte das Au-ditorium einmal fragen,ob Sie denn Pro-bleme in der Kommunikation mit demUnfallversicherungsträger haben?

Herr Dr. Schwämmle Ich möchte hierzusagen, dass meiner Meinung nach nicht24 h, sondern 42 h die Regel sind, bis wireine Entscheidung von Seiten der Berufs-genossenschaften haben. Für die Ent-scheidung, wie es weitergehen soll, brau-che ich auch keinen beratenden Arzt derBerufsgenossenschaft für die Antragstel-lung.

Herr Leuftink Dem kann ich so nicht zu-stimmen,denn es bleiben meiner Meinungnach noch genügend Lücken, und demRehabilitationsträger muss eine Über-prüfung zugestanden werden.Herr Dr.Bi-schoff hat bereits auf den Indikationska-talog hingewiesen. Im Übrigen ist dieseEntscheidung innerhalb der 24-h-Grenzenoch gar nicht definitiv fixiert,wir werdenhier noch alle auf dem Prüfstein stehen.

Trauma Berufskrankh 2004 · 6 [Suppl 1] : S163–S164DOI 10.1007/s10039-003-0819-8 Online publiziert: 9. Januar 2004 © Springer-Verlag 2004

Akutbehandlung

| Trauma und Berufskrankheit · Supplement 1 · 2004S164

Herr Prof. Dr. Wentzensen Ich meine, esist einfach eine klare Begriffsbestimmungnotwendig.Die BGSW muss als Anschlussan die Behandlung in der Akutklinik ge-sehen werden.Alles andere sind die klas-sischen stationären Heilverfahren. EinePrüfung der Vorgehensweise durch denUnfallversicherungsträger ist legitim.

Herr Dr. Müller Ich habe in der Verbin-dung mit dem Sachbearbeiter in der Re-gel kein Problem, wenn nicht gerade dieMittagspause betroffen ist.Ansonsten istder Kontakt mit dem Sachbearbeiter gut.Ich möchte aber noch auf den Punkt derberufshelferischen Maßnahmen hinwei-sen.Diese waren in 2 Fällen angezeigt unddie Unfallverletzten wurden jeweils in derBG-Unfallklinik Ludwigshafen vorgestellt.Hier habe ich aber im weiteren Verlaufüberhaupt keine Rückmeldung bekom-men. Ich finde, dass auch in solchen Fäl-len der Kontakt mit dem Erstbehandlernotwendig ist.

Herr Leuftink Ich halte das Vorgehen mitder persönlichen Kontaktaufnahme zumSachbearbeiter des Unfallversicherungs-trägers trotz der angesprochenen Proble-me wegen der Mittagspause für o.k.

Herr Dr. Bischoff Es wurde gerade einProblem in der Kommunikation ange-sprochen,wir wissen,dass wir auch an denprimären Behandler eine Rückmeldungmachen müssen, auf keinen Fall soll einbehandelnder Arzt ausgegrenzt werden.

Herr Dr. Krackhardt Ich sehe durch denVorwurf aus dem Auditorium auch dieBG-Unfallklinik Tübingen mit angespro-chen. Wir geben in der Regel nicht nurdem Versicherungsträger einen Bericht,sondern auch immer dem überweisen-den oder behandelnden Arzt.

Herr Leuftink Herr Belzl,meinen Sie dassdie Qualifikation der Physiotherapeutenauf dem richtigen Niveau ist? Wie sehensie das Problem der Kommunikation zwi-schen Arzt und Physiotherapeuten?

Herr Belzl Unser Berufsstand hat dasProblem, dass für die Dokumentationnoch konkrete Messparameter fehlen. Esist auch nicht ganz eindeutig,welche The-

rapiefreiheit der Therapeut im Einzelnenhat. Für bestimmte evidenzbasierte Ver-fahren und Therapien gibt es im Rahmender BG-lichen Behandlung klare Indika-tionen.

Resümee

In den verschiedenen Vorträgen und auchden Diskussionsbeiträgen haben sichnicht 1, sondern 2 rote Fäden herauskris-tallisiert, die immer wieder zur Sprachegekommen sind:

1. die Zeitproblematik mit der Forde-rung, im Rahmen des BG-lichenHeilverfahrens Zeitverluste zu ver-meiden und

2. die Zusammenarbeit der verschiede-nen, an der Behandlung beteiligtenPartner.

Herr Belzl hat das Problem der verkürz-ten Akutphase in der Behandlung ange-sprochen.

▂ Ist für die weitere Zielsetzung derArzt entscheidend?

▂ Gibt es eine Liste für die verschiede-nen Indikationen?

▂ Sollten nicht gemeinsam Arzt undPhysiotherapeut in Kenntnis des Pa-tienten das konkrete Vorgehen festle-gen?

Für die EAP ist wichtig, dass der Unfall-verletzte selbst von der Verbesserung sei-nes Zustands überzeugt ist.Insgesamt er-fordern die verschiedenen Verfahren einenoch einfachere Verordnung und aucheine rasche Genehmigung.

Herr Dr.Krackhardt hat in seinem Vor-trag auf einen wesentlichen Punkt hinge-wiesen: Wann immer im Laufe der Be-handlung ein Zugewinn im Sinn des Fort-schreitens der Rehabilitation fraglich wird,sollte rechtzeitig an eine Veränderung ge-dacht werden.In Bezug auf die BGSW hater die Bedeutung sozialer und organisa-torischer Gründe herausgestellt.

Dem Vortrag von Herrn Dr. Bischoffwar zu entnehmen, dass der Unfallversi-cherungsträger zusammen mit allen Be-handlungspartnern die Behandlung desUnfallverletzten bestimmt.Das Effizienz-problem wurde angesprochen,es handelt

sich hier v. a. aber um ein Problem derSchnittstellen und damit auch um ein Pro-blem des Zeitverlusts.Verbesserungsideensind hier bereits umgesetzt oder noch un-mittelbar vor der Umsetzung.

Wie Herr Leuftink ausgeführt hat,mussbei sich verändernden Rahmenbedin-gungen der hohe Standard der BG-lichenBehandlung erhalten werden.Die Schnitt-stellenproblematik im Übergang von derAkut- zur Nachbehandlung wurde ange-sprochen.Die sachliche Entscheidung fürdie verschiedenen Möglichkeiten der Phy-siotherapie der EAP oder des BGSW er-fordert die Zusammenarbeit aller.Die Re-aktionszeit muss auf allen Ebenen nochverringert werden.

Korrespondierender AutorProf. Dr.F. Maurer

Krankenhaus St. Elisabeth,Elisabethenstraße 15, 88212 RavensburgE-Mail: [email protected]

Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor

versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma,

deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer

Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt,

bestehen.


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