Aus der Klinik und Poliklinik für Orthopädie
der Universität Würzburg
Direktor: Professor Dr.med. Jochen Eulert
„Adhärenz humanpathogener Staphylokokken auf orthopädischen Implantatmaterialien“
Inaugural - Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde der
Medizinischen Fakultät
der
Bayerischen Julius-Maximilians-Universität zu Würzburg
vorgelegt von
Andreas Freytag
aus Würzburg
Würzburg, Dezember 2004
Referent: Herr Professor Dr. med. Jochen Eulert
Koreferentin: Frau Privatdozentin Dr. med. Wilma Ziebuhr
Dekan: Herr Professor Dr. med. Georg Ertl
Tag der mündlichen Prüfung: 10.Juni 2005
Der Promovend ist Arzt
Inhaltsverzeichnis I
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 1
1.1 Biomaterial: Gewebsintegration versus Infektion 1
1.2 Staphylokokken – Ursache vieler Infektionen 2
1.2.1 Der Genus Staphylococcus 2
1.2.2 Durch Staphylokokken ausgelöste Erkrankungen 3
2. Aufgabenstellung 5
3. Material und Methoden 6
3.1 Geräte und Chemikalien 6
3.1.1 Geräte 6
3.1.2 Chemikalien 7
3.2 Beschreibung der getesteten Staphylokokken-Stämme 8
3.3 Material und Oberflächenbeschaffenheit der Prüfkörper 9
3.3.1 Prüfkörper ohne Proteinbeschichtung 9
3.3.2 Proteinbeschichtung der Prüfkörper 10
3.3.3 PLL-g-PEG Beschichtung der Prüfkörper 10
3.4 Kulturmedien und Agarplatten 11
3.5 Methoden 12
3.5.1 Adhärenz-Test von Staphylokokken auf Titan und Kobalt-
Chrom-Legierung unter Zusatz klinisch relevanter Proteine 12
3.5.1.1 Reinigung der Prüfkörper 12
3.5.1.2 Photometrische Bestimmung der Bakterienzellzahl 12
3.5.1.3 Adhärenz-Test der Prüfkörper 13
3.5.1.4 Proteinbeschichtung der Prüfkörper 14
3.5.1.5 Blockierung der Staphylokokkenproteinrezeptoren 15
3.5.1.6 Adhärenz-Test mit PLL-g-PEG Beschichtung der Prüfkörper 17
3.5.2 Antibiotikaresistenzbestimmung der klinischen Stämme 17
3.5.3 Biofilmtest auf Zellkulturplatten 18
3.5.3.1 Biofilmtest auf nativen Zellkulturplatten 18
Inhaltsverzeichnis II
3.5.3.2 Biofilmtest mit Kollagenbeschichtung der Zellkulturplatten 19
3.5.3.3 Biofilmtest mit Kollagenbeschichtung der Zellkulturplatten nach
Blockierung der Kollagenrezeptoren 20
3.6 Elektronenmikroskopie 22
3.6.1 Vorbereitung der Prüfkörper 22
3.6.2 Betrachtung der Oberfläche mit dem Rasterelektronenmikroskop 23
4. Ergebnisse 25
4.1 Antibiotikaresistenzen 25
4.2 Einführung der Wertungsskala 26
4.3 Adhärenz von Staphylokokken auf Titan und Kobalt-Chrom-
Legierung unter Zusatz klinisch relevanter Proteine 31
4.3.1 Adhärenz auf Kobalt-Chrom-Legierung-Prüfkörpern 32
4.3.2 Adhärenz auf Titan-Prüfkörpern 34
4.3.2.1 Adhärenz und Biofilminduktion der klinischen Isolate mit und
ohne Proteinbeschichtung der Prüfkörper in Standkulturen 35
4.3.2.2 Klinische Isolate mit Proteinbeschichtung der Prüfkörper nach
Blockierung der Staphylokokkenproteinrezeptoren 37
4.3.2.3 Klinische Isolate auf PLL-g-PEG beschichteten Prüfkörpern 38
4.3.2.4 Adhärenz der klinischen Isolate mit und ohne
Proteinbeschichtung der Prüfkörper in Schüttelkulturen 42
4.4 Biofilmtest 43
4.4.1 Testung mit unbeschichteten Zellkulturplatten aus Polystyren. 43
4.4.2 Testung mit Kollagenbeschichtung der Zellkulturplatten 44
4.4.3 Testung mit Kollagenbeschichtung der Zellkulturplatten nach
Blockierung der Kollagenrezeptoren 44
5. Diskussion 46
5.1 Einführung der semiquantitativen Wertungsskala 46
5.2 Adhärenzverhalten der einzelnen Stämme 47
5.2.1 Fibrinogen und Fibronektin 48
5.2.2 Albumin 50
Inhaltsverzeichnis III
5.2.3 Der Einfluss von Kollagen Typ I und Typ II auf Adhärenz und
Biofilmbildung 50
5.2.4 Beeinflussung im Schüttler 51
5.2.5 Blockierung der Staphylokokkenproteinrezeptoren 52
5.2.6 PLL-g-PEG-Beschichtung 53
5.3 Zukünftige Aufgabenstellungen 53
6. Zusammenfassung 56
7. Literatur 58
8. Abkürzungsverzeichnis 66
9. Anhang: REM-Bilder 68
9.1 Kobalt-Chrom-Legierung-Prüfkörper 68
9.1.1 Prüfkörper ohne Proteinbeschichtung 68
9.1.2 Prüfkörper mit Albuminbeschichtung 71
9.1.3 Prüfkörper mit Kollagen-Typ I-Beschichtung 73
9.1.4 Prüfkörper mit Kollagen-Typ II-Beschichtung 76
9.1.5 Prüfkörper mit Fibronektinbeschichtung 78
9.1.6 Prüfkörper mit Fibrinogenbeschichtung 81
9.2 Titanprüfkörper 83
9.2.1 Prüfkörper ohne Proteinbeschichtung 84
9.2.2 Prüfkörper mit Albuminbeschichtung 91
9.2.3 Prüfkörper mit Kollagen-Typ I-Beschichtung 100
9.2.4 Prüfkörper mit Kollagen-Typ II-Beschichtung 109
9.2.5 Prüfkörper mit Fibronektinbeschichtung 117
9.2.6 Prüfkörper mit Fibrinogenbeschichtung 126
9.2.7 Prüfkörper mit PLL-g-PEG-Beschichtung 134
Einleitung 1
1. Einleitung
1.1 Biomaterial: Gewebeintegration versus Infektion
Die Einbringung von Fremdmaterial in den menschlichen Organismus ist ein großer
medizinischer Fortschritt. So kann ein Katarakt-Patient mit Hilfe einer Kunststofflinse
wieder sehen. Für Patienten mit zerstörten Herzklappen sind die Kunstklappen
lebensrettend. Für Verkehrsunfallopfer mit komplizierten Knochenbrüchen bedeuten
Metalleinbringungen am und in den Knochen die Möglichkeit zur Genesung. Wenn ein
Gelenk durch Arthrose zerstört ist, kann es durch eine Endoprothese ersetzt werden. Die
Schmerzen werden beseitigt und die Mobilität wird wieder hergestellt.
Die zwei Schwierigkeiten beim Einsatz von Fremdmaterial im menschlichen Körper
sind zum einen die schlechte Integration im Gewebe, zum anderen Fremdkör-
perinfektionen (Gristina, 1987). Die Schwierigkeit in der Verbesserung dieser Situation
liegt darin, dass es bei einer Erleichterung der Gewebeintegration auch Bakterien besser
möglich ist, an der Oberfläche des Materials zu adherieren. So stellen z. B. rauere
Oberflächen von Gelenkimplantaten bessere Bedingungen zum Einwachsen von
Knochen dar. In diese rauen Oberflächen können sich auch Bakterien leichter
festsetzen (Taylor et al., 1998, Verheyen et al., 1993). Sobald sich eine Endoprothese
im menschlichen Körper befindet, wird ihre Oberfläche von einer Matrix bestehend aus
Fibrinogen, Kollagen, Fibronektin und anderen Proteinen beschichtet. Diese verbessert
einerseits die Gewebeintegration, andererseits aber auch die Bedingungen für die
Ansiedlung von Bakterien. Hierbei spielen zunächst elektrostatische Kräfte eine Rolle.
Eine Oxidschicht verstärkt durch negative Ladung die Bildung dieser Matrix. Aufgrund
dieser Erkenntnis werden vermehrt Metalle wie Titan und Chrom-Kobalt-Legierungen
eingesetzt, die nicht oxidieren. Dennoch kommt es auch bei diesen Metalllegierungen
zur Entstehung der Matrix und Bakterienansiedlung. Wäre die Oberfläche optimal im
Gewebe integriert, hätten die Mikroorganismen keine Möglichkeit zu adherieren. Dies
setzt voraus, dass die menschlichen Gewebszellen schneller anheften als die Bakterien
und dass bei der Operation keine Keime an die Prothese gelangen. Gristina prägte
hierfür den Ausdruck „The race to the surface“.
Einleitung 2
Eine Modifizierung der Oberfläche, welche zur Verbesserung der Gewebeintegration
dient und gleichzeitig Bakterienanheftung mindert, muss gefunden werden (Gristina,
1987). Seit 17 Jahren steht diese Forderung. Dennoch ist noch keine Oberfläche
gefunden, welche eine weitere Verbesserung beim Einsatz von Biomaterial bringt.
1.2 Staphylokokken – Ursache vieler Infektionen
1.2.1 Der Genus Staphylococcus
Staphylokokken sind unbewegliche, gram- und katalasepositive Bakterien, die nicht zur
Sporenbildung fähig sind und sich fakultativ anaerob vermehren. Staphylokokken
exprimieren auf ihrer Oberfläche Proteine, die den Kontakt zu Matrixproteinen und
Wirtszellen herstellen. Neben den unter 1.1 beschriebenen elektrostatischen Kräften
spielen diese Zellwand-gebundenen Proteine bei der Adhärenz auf Fremdmaterial im
menschlichen Körper eine entscheidende Rolle. Sie binden an die körpereigene
Proteinmatrix, welche das fremde Material umgibt und ermöglichen so das Anheften
der Staphylokokken. Nach dieser initialen Adhärenz eines einschichtigen
Bakterienrasens, kann es in einem zweiten Schritt zum akkumulativen Wachstum und
zur Ausbildung eines mehrschichtigen Biofilms kommen. Hierbei hüllen sich die
Bakterien in eine extrazelluläre Polysaccharidschicht ein. Es handelt sich hierbei um ein
β-1,6-verknüpftes Glucosaminoglykan, welches den Kontakt der Bakterien
untereinander herstellt und deshalb auch Polysaccharid-Interzelluläres-Adhäsin (PIA)
bezeichnet wird. Diese Biofilmbildung hängt stark von externen Bedingungen ab, wobei
Nährstoffangebot und externe Stressoren wie Antibiotika, Ethanol oder Osmolarität eine
wichtige Rolle spielen. Für die Invasion und Etablierung im körpereigenem Gewebe
sind vor allem Exoproteine von Bedeutung. Enzyme wie Hämolysine, Leukocidin,
Hyaluronidase, Lipasen, Proteasen und Nukleasen stehen den Staphylokokken zur
Verfügung. Bisher sind 37 verschiedene Arten der Gattung Staphylococcus bekannt.
Hierbei trennt sich die freie Koagulase bildende Art S. aureus durch ihre potentielle
Pathogenität von den übrigen koagulasenegativen Staphylokokken (KNS) ab. Von den
zahreichen KNS-Arten ist S. epidermidis für den Menschen besonders bedeutsam. Bei
Einleitung 3
jedem gesunden Menschen besitzt die Haut eine Schutzschicht aus Bakterien, welche
vor einer Infektion durch pathogene Keime schützt. In dieser Schicht spielt S.
epidermidis eine wichtige Rolle. Er besitzt bei immunkompetenten Menschen geringes
pathogenes Potential und verhindert die Ansiedlung anderer pathogener
Krankheitserreger (Kloos, 1997). In den letzten Jahren stellten nun auch diese, einst
harmlosen Bakterien, eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit dar. Besonders bei der
Verwendung von Fremdmaterial kommt es zur Besiedlung mit diesen Keimen und im
weiteren Verlauf zu klinischen Infekten (Hahn et al., 1999). Durch das natürliche
Auftreten von S. epidermidis auf der Haut ergeben sich auch Probleme bei der
Diagnostik. Durch Kontamination der Proben können Keime kultiviert werden, die
nicht als eigentlicher Krankheitserreger fungieren, sondern eine Verunreinigung
darstellen. Sie könnten dann aber fälschlicherweise als Krankheitsursache angesehen
werden.
1.2.2 Durch Staphylokokken ausgelöste Erkrankungen
Anfang der 60er Jahre erhöhte S. aureus als nosokomialer Keim die Sterberate in den
Krankenhäusern erheblich. Seit den 80er Jahren stellen methicillinresistente
S. aureus-Stämme (MRSA) ein epidemiologisches Problem in Kliniken dar (Wenzel et
al., 1996). Heute sind multiresistente Staphylokokken eine weltweite Gefahr für die
Menschheit. Durch den Selektionsdruck durch Antibiotika entstehen Resistenzen.
Antibiotika induzieren die Produktion von inaktivierenden Enzymen und es kommt zur
Selektion resistenter Varianten, die in jeder Bakterienpopulation in geringer Zahl
vorkommen und sich weiterhin vermehren. Die Genetik der Resistenzen beruht auf
Chromosomenmutation oder übertragbarer Resistenz, bei der DNS, die einen
Resistenzfaktor kodiert, in die Zelle aufgenommen wird. Dies kann durch
Transformation, Transduktion und Konjugation geschehen. Die Mechanismen der
Resistenz beruhen zum Beispiel auf Veränderung von Zielmolekülen. Dadurch kann das
Antibiotikum nicht mehr binden und seine Wirkung so nicht entfalten. Auch eine
verstärkte Ausschleusung des Antibiotikums aus der Zelle durch Induktion von
Effluxpumpen ist möglich (Hahn et al., 1999). Um diese Resistenzentwicklung zu
Einleitung 4
verhindern ist eine strenge Indikationsstellung von Seiten des Arztes und eine gute
Compliance des Patienten gefordert (Hamilton-Miller J M., 2002).
Infektionen durch S. aureus lassen sich in drei Gruppen einteilen (Hahn et al., 1999):
Zum einen sind es Lokalinfektionen, die oberflächlich eitrig und tief-invasiv verlaufen:
Pyodermien (Abszess, Furunkel, Karbunkel), Impetigo contagiosa, Infektionen der
Hautanhangsorgane (Mastitis, Parotitis, Hordeolum, Dakryozystitis), Osteomyelitis,
Pneumonie, Lungenabszess, Pharyngitis, postoperative und posttraumatische Wundin-
fektionen, Fremdkörperinfektionen und Empyeme. Zum anderen ist es die systemische
Ausbreitung als Sepsis und Endokarditis. Die dritte Gruppe sind toxinbedingte
Syndrome: Staphylococcal-Scalded-Skin-Syndrom (SSSS), Toxic-Shock-Syndrom
(TSS), Nahrungsmittelintoxikationen (meist durch Enterotoxin A und andere
Entertoxine).
Mit dem steigenden Einsatz von Fremdmaterial, wie Herzschrittmacher, Prothesen,
Katheter etc. und der Zunahme der Zahl immunsupprimierter Patienten ist die Zahl der
durch KNS verursachten Infektionen stark gestiegen (Eiff et al., 2001). Beispiele in der
Inneren Medizin mit KNS sind Shunt-Meningitis, CAPD (kontinuierliche ambulante
Peritonealdialyse) - Peritonitis, Endokarditis bei künstlichen Herzklappen und Sepsis
gefürchtet. Nach Linsenimplantation in der Augenheilkunde ist die Enophthalmitis als
Komplikation von Bedeutung. Im Bereich Orthopädie/Unfallchirurgie sind Arthritiden
mit KNS als sogenannte „Low Grade“ Infektionen bekannt (Hahn et al. 1999). Bei den
aus orthopädischen Infektionen isolierten Keimen handelt es sich überwiegend um
Staphylococcus aureus und Staphylococcus epidermidis (Fitzgerald et al. 1995).
Aufgabenstellung 5
2. Aufgabenstellung
Mit Zunahme des Einbaues von orthopädischen Implantaten erhöhte sich auch die
Anzahl von Komplikationen. Zu diesen zählen unter anderem Infektionen.
Fremdmaterial eignet sich gut als Anlagerungsstelle für Bakterien. Nach Anhaftung von
Staphylokokken kommt es bei Endoprothesen zu einer septischen Lockerung. Ein
Wechsel der Prothese und damit verbundene lange Krankenhausaufenthalte werden für
den Patienten unumgänglich.
Ziel der Arbeit ist es, eine Methode zu entwickeln, mit der man eine semiquantitative
Aussage über das Adhärenzverhalten der Bakterien machen kann. Hauptaugenmerk
liegt hierbei auf einem einfachen und robusten System, innerhalb dessen man
verschiedene Versuchsbedingungen in Hinsicht auf das biologische Verhalten von
Staphylokokken leicht variieren kann. Verschiedene Gewebsproteine, die auch an Ort
und Stelle im Körper vorkommen, sind in Bezug auf die Beeinflussung der
Bakterienadhärenz miteinander zu vergleichen.
Dabei soll untersucht werden, welche Bedingungen eine Infektion fördern und welche
diese eher hemmen. Ob das Ergebnis zur zukünftigen Reduzierung der Infektionen von
Gelenkendoprothesen nützlich ist, soll diskutiert werden.
Material und Methoden 6
3. Material und Methoden
3.1 Geräte und Chemikalien
3.1.1 Geräte
Tabelle 1: Folgende Geräte wurden für die Arbeit benötigt.
Geräte Hersteller
Analysenwaage JL-180 Chyco Balance Corp.
Autoclavi FOM/B 30 Fedegari
Brutschrank Heraeus
Fireboy Eco
GasPak System (Anaerobiertopf) BBL
Grobwaage “Navigator” Ohaus
Incubator Shaker innova 4300 New Brunswick Scientific
Pipetten Gilson
Rasterelektronenmikroskop DSM 962 Zeiss, Germany
Rührgerät Gerhardt
Sonorex RK 100 Bandelin
Sputter Coater SCD 005 Balzers Union BAL-TEC
Thermostat 5320 Eppendorf
Tischzentrifuge Biofuge pico Heraeus
Ultrospec 2000 Spectrophotometer Pharmacia Biotech
Vortex Genie2 Scientific Industries
Material und Methoden 7
3.1.2 Chemikalien
Tabelle 2: Folgende Chemikalien wurden für die Arbeit verwendet.
Chemikalie Hersteller
Aceton AppliChem
Agar granulated DIFCO
Albumin (5% human) Octa Pharma
Anaerocult C Merck
Chloramphenicol 30 µg Oxoid
Ciprofloxacin 5 µg Oxoid
Clindamycin 2 µg Oxoid
Collagen Typ I (calf skin) Sigma
Collagen Typ II (chicken sternal cartilage) Sigma
Dextran Sigma
Erythromycin 15 µg Oxoid
Essigsäure AppliChem
Ethanol Roth
Fibrinogen (TypeI human) Sigma
Fibronektin (bovine) Sigma
Gentamycin 10 µg Oxoid
Glutaraldehyd Serva
KCl Roth
KH2PO4 Merck
Kristallviolett Certistain
Mc Farland 0,5 Bio Mérieux
NaCl Roth
Na2HPO4 x 2 H2O AppliChem
Oxacillin 1 µg Oxoid
Penicillin G 10units Oxoid
SDS AppliChem
Material und Methoden 8
Teicoplanin 30 µg Oxoid
Tetracyclin 30 µg Oxoid
Trimethoprim 5 µg Oxoid
Vancomycin 30 µg Oxoid
3.2 Beschreibung der getesteten Staphylokokken-Stämme
Für die Experimente werden Referenzstämme aus der American Tissue and Cell
Collection eingesetzt.
S. epidermidis RP62A (=ATCC 35984) ist ein stark biofilmbildender Referenzstamm,
der hinsichtlich dieser Eigenschaft und seines Adhärenzverhaltens auf Plastik von
Christensen et al. (1982) beschrieben wurde.
S. carnosus TM300 (Götz et al. 1981) wird als Biofilm-negativer Kontrollstamm
eingesetzt.
S. aureus RN4220 ( Kreiswirth, 1993) wird als negativer Kontrollstamm für die
Kollagenversuche eingesetzt. Er besitzt nachweislich keine Kollagen-Rezeptoren und ist
somit für die kollagenbeschichteten Prüfkörper eine negative Kontrolle. (S. Geyer,
2002)
Die S. aureus Stämme 907, 911 und 913 sind klinische Isolate, die von infizierten
Gelenkendoprothesen aus dem König-Ludwig-Haus Würzburg stammen.
Die S. epidermidis Stämme 910 und 814 sind ebenfalls klinische Isolate, die von
infizierten Gelenkendoprothesen aus dem König-Ludwig-Haus Würzburg stammen.
Der Stamm 814 nimmt eine Sonderstellung ein. Bei ihm handelt es sich um eine „Small
colony“ Variante. Diese Varianten zeichnen sich durch Defekte in
Atmungskettenenzymen aus. Somit sind sie in ihrer Wachstumsrate vermindert und alle
energieabhängigen Prozesse, wie die Exotoxinproduktion oder Antibiotikaaufnahme
Material und Methoden 9
sind nur eingeschränkt möglich. Dadurch bestehen Resistenzen gegenüber einigen
Antibiotika wie zum Beispiel den Aminoglykosiden; es werden jedoch auch keine
Wirtszellen in der Nachbarschaft abgetötet. „Small colony“ Varianten persistieren
vielmehr in eukaryotischen Zellen ohne vom Immunsystem erkannt zu werden. Wenn
es die äußeren Umstände zulassen, können sie wieder zum voll virulenten Phänotyp
zurückkehren (revertieren). Die „Small colony“ Variante 814 ist nur unter anaeroben
Bedingungen auf Kochblutagar anzüchtbar ist. Hierfür ist eine Zeit von etwa 72 h bei
37°C erforderlich. Nachdem der Stamm auf Kochblutagar gewachsen ist, wird er
wieder auf TSB-Agar ausgestrichen und unter aeroben Bedingungen erneut 72 h bei
37°C inkubiert. Jetzt zeigt sich auch hier Wachstum. Somit ist die „Small colony“
Variante (Scv) revertiert. Diese wird im Folgenden als „Revertante“ (Rev) bezeichnet.
3.3 Material und Oberflächenbeschaffenheit der Prüfkörper
3.3.1 Prüfkörper ohne Proteinbeschichtung
Um das Adhärenzverhalten der Staphylokokken zu testen, werden Prüfkörper aus Titan
und einer Kobalt-Chrom-Legierung verwendet. Die Oberflächenrauheit beider Metalle
liegt zwischen 0,8 und 1,0 µm. Hersteller ist die Firma Johnson & Johnson
(Nordenstedt, Deutschland). Die Zusammensetzung der Legierung ist in Tabelle 5
wiedergegeben:
Tabelle 5: Chemische Zusammensetzung der Kobalt-Chrom-Legierung.
Element Zusammensetzung begrenzt auf (%)
Chrom 26,5 bis 30,0
Molybdän 4,5 bis 7,0 max.
Nickel 2,5 max.
Eisen 1,0 max.
Kohlenstoff 0,35 max.
Magnesium 1,0 max.
Silicium 1,0 max.
Kobalt Balance
Material und Methoden 10
3.3.2 Proteinbeschichtung der Prüfkörper
Die Beschichtung der Prüfkörper wird mit jeweils flüssiger Proteinlösung der
Konzentration 1mg/ml durchgeführt.Verwendet werden die in Tabelle 2 aufgelisteten
Proteine Albumin von Octa Pharma (Langenfeld, Deutschland), Kollagen Typ I und II,
Fibrinogen und Fibronektin von Sigma (Seelze, Deutschland).
Hierfür werden die gereinigten Prüfkörper auf der Oberfläche mit den Proteinlösungen
benetzt und 24 h bei 37°C inkubiert. Im Anschluss daran werden die überständigen
Proteinlösungen wieder abpippetiert (Merritt et al., 1997). (s. 3.5.1.4)
3.3.3 PLL-g-PEG Beschichtung der Prüfkörper
Die einzelnen Prüfkörper wurden nach folgendem Schema durch S. Tosatti, ETH Zürich
(Schlieren, Schweiz) speziell beschichtet.
Reinigung der Prüfkörper:
Im ersten Schritt werden die Prüfkörper im Ultraschallbad 2 x 10 min in Hexan, Aceton
und Ethanol gereinigt. Danach folgen weitere 10 min Ultraschallbad in Millipore-
Wasser. Ist dies geschehen, werden sie für eine Stunde in 30%ige HNO3 getaucht.
Daraufhin folgen noch mal 2 x 10 min Ultraschallbad in Millipore-Wasser. Zuletzt
erfolgt die Trocknung mit N2.
Im Anschluss daran wurde die Reinheit der Prüfkörper mit XPS (X-Ray photoelectron
spectroscopy) getestet.
PLL-g-PEG Beschichtung:
Als erstes werden die Prüfkörper 3 min mit UV / Plasma bestrahlt. Daraufhin folgt eine
Qualitätskontrolle mit XPS. Zeigt diese keine Verunreinigung, schließt sich die
eigentliche Beschichtung 15 min SAM mit PLL-g-PEG an. Im Anschluss daran wird
3 x mit PBS und 2 x mit Millipore-Wasser gespült. Zuletzt werden sie noch mit N2
getrocknet und mit dem XPS ein weiteres mal auf Reinheit getestet.
Material und Methoden 11
3.4 Kulturmedien und Agarplatten
Mueller-Hinton-Bouillon:
Getrocknete Infusion aus Rindfleisch 300 g/l
Caseinhydrolysat 17,5 g/l
Stärke 1,5 g/l
H2O dest. ad 1000 ml
Trypticase-Soy-Broth (TSB-Medium):
Für dieses Medium wurde ein Fertigpräparat der Firma DIFCO verwendet.
Caseinpepton 17 g/l
Pepton aus Sojamehl 3 g/l
Glucose 2,5 g/l
NaCl 5 g/l
Di-Kaliumhydrogenphosphat 2,5 g/l
H2O dest. ad 1000ml
Mueller-Hinton-Agarplatten: Mueller-Hinton-Bouillon + 12g Agar pro Liter
TSB-Agarplatten: TSB-Medium + 14g Agar pro Liter
Kochblutagarplatten: 475 ml TSB-Medium + 7g Agar mit 25 ml Blut
bei 60°C im Wasserbad vermischen und im
Anschluss auf Platten gießen.
Material und Methoden 12
3.5 Methoden
3.5.1 Adhärenztest von Staphylokokken auf Titan und Kobalt-Chrom-
Legierung unter Zusatz klinisch relevanter Proteine
3.5.1.1 Reinigung der Prüfkörper
Bevor die Bakterienaussaat auf die Testmaterialien erfolgte, wurden diese spezifischen
Reinigungs- und Sterilisationsprozeduren unterzogen ( Steinert, KLH Würzburg ).
Tabelle 6: Reinigungs- und Sterilisationsprozeduren der Prüfkörper.
15 min In 2 %ige SDS-Lösung eintauchen
15 min In SDS im Ultraschallbad
2 x 10 min In H2O reinst im Ultraschallbad
10 min In 5%iger Dextran-Lösung im Ultraschallbad
2 x 10 min In H2O reinst im Ultraschallbad
10 min In absolutem Ethanol im Ultraschallbad
10 min In Aceton im Ultraschallbad
2 x 10 min In H2O reinst im Ultraschallbad
anschließend Trocknen in Petrischalen
1 h Autoklavieren bei 121°C
3.5.1.2 Photometrische Bestimmung der Bakterienzellzahl
Um für die Adhärenzversuche die gleiche Anzahl Bakterien zu verwenden, wird für
jeden Stamm vor Beimpfung der Prüfkörper eine Messung der optischen Dichte (OD) in
TSB-Medium durchgeführt. Anhand des OD-Wertes bei einer Wellenlänge von 550 nm
kann mit Hilfe der Tabelle 7 auf die Zellzahl pro Milliliter geschlossen werden. (Der
OD-Wert sollte dabei um 1 liegen, andernfalls sind Verdünnungen bzw. eine höhere
Konzentration der Lösung vorzunehmen.)
Material und Methoden 13
Die Prüfkörper wurden mit der Bakteriensuspension für 24 Stunden bebrütet. Danach
erfolgte die Waschung, um nicht adhärente Keime wegzuspülen. Schließlich wurden die
Bakterien auf der Oberfläche mit Glutaraldehyd fixiert und unter dem
Rasterelektronenmikroskop erfolgte die Bestimmung der Adhärenz semiquantitativ.
Die Bakterienanzahl in allen folgenden Adhärenzversuchen betrug 150 x 106 Zellen pro
Prüfkörper. Das heißt bei einer Zellanzahl von 5 x 106 Zellen / µl wurden 30 µl der
Übernachtkultur verwendet. Bei einer Zellzahl von 3,8 x 106 Zellen / µl jedoch 39,4 µl.
Tabelle 7: Zusammenhang zwischen optischer Dichte und Zellzahl der Bakterienlösung.
OD 550 Zellzahl/ml (109)
0,47 0,36
0,52 0,39
0,57 0,43
0,63 0,47
0,69 0,51
0,76 0,56
0,84 0,62
0,92 0,68
3.5.1.3 Adhärenztest der Prüfkörper
Medium:
Trypticase-Soy-Broth
Puffer und Lösungen:
10 x PBS: 40 g NaCl
6,25 g Na2HPO4 x 2 H2O
1 g KCl
1 g KH2PO4
H2O ad 500 ml
Material und Methoden 14
5 %ige Glutaraldehydlösung: 25 %ige Stocklösung in 1 x PBS verdünnen
Durchführung des Adhärenzversuches:
Die Übernacht (ÜN)-Kulturen werden bei 37°C über Nacht in TSB angeimpft. Am
nächsten Tag wird die optische Dichte der TSB-ÜN-Kulturen gemessen und
Gewebekulturplatten werden mit den Prüfkörpern bestückt. Zu jedem Prüfkörper wird
das Volumen der TSB-ÜN-Kulturen, in welchem eine Zellzahl von 150 x 106
Staphylokokken enthalten sind, zugefügt und auf 3ml mit TSB aufgefüllt. Es folgen
weitere 24 h Inkubation bei 37°C. Danach werden die Prüfkörper 3 x mit 1 x PBS
aggressiv gewaschen, damit in den Zwischenräumen der Metallteile keine nicht-
adhärenten Bakterien verbleiben. Es folgt eine 30 - minütige Fixation mit 5%iger
Glutaraldehydlösung bei Raumtemperatur (RT). Dann werden die Prüfkörper zunächst
3 x mit 1x PBS und anschließend noch 2 x mit Auqa dest. gewaschen. Nach 24 h
Trocknen bei Raumtemperatur folgt die Auswertung am Rasterelektronenmikroskop.
3.5.1.4 Proteinbeschichtung der Prüfkörper
Durch Beschichtung der Prüfkörper mit verschiedenen Proteinen werden
unterschiedliche Bedingungen für das Adhärenzverhalten der Staphylokokken
geschaffen. Es werden hierbei Proteine verwendet, welche während der
Endoprothesenimplantation im Operationsgebiet vorkommen.
Medium:
Trypticase-Soy-Broth
Puffer und Lösungen:
10 x PBS: 40 g NaCl
6,25 g Na2HPO4 x 2 H2O
1 g KCl
1 g KH2PO4
H2O dest. ad 500 ml
Material und Methoden 15
5 %ige Glutaraldehydlösung: 25 %ige Stocklösung in 1 x PBS verdünnen
Zusatz des gewählten Proteins:
a) Kollagen Typ I-Lösung: festes Kollagen Typ I in 0,1 M Essigsäure [1mg/ml]
b) Kollagen Typ II-Lösung: festes Kollagen Typ II in 0,1 M Essigsäure [1mg/ml]
c) Fibrinogen-Lösung: festes Fibrinogen in 0,9 %iger NaCl-Lösung [1mg/ml]
d) Fibronektin (bereits in Lösung) [1mg/ml]
e) Albumin ( 5% human)
Durchführung des Adhärenzversuches mit Proteinbeschichtung:
Nachdem die Prüfkörper in die Gewebekulturplatten eingebracht worden sind, werden
auf sie 100 µl der jeweiligen Proteinlösung gleichmäßig mit einer Pipette aufgetragen.
Im Anschluss daran folgen 24 h Inkubation bei 37°C. Hierbei ist auf ein feuchtes Milieu
um die Gewebekulturplatten herum zu achten, damit die Proteinlösungen nicht
verdunsten. Ist die Inkubationszeit vorbei, werden die restlichen Proteinlösungen von
den Prüfkörpern abpipettiert. Nun bestückt man neue Gewebekulturplatten mit den
beschichteten Prüfkörpern und der unter 3.5.1.3 beschriebene Adhärenztest kann
durchgeführt werden.
3.5.1.5 Blockierung der Staphylokokkenproteinrezeptoren
Hierbei werden die Bakterien, bevor sie die Möglichkeit zur Adhärenz an dem
Prüfkörper haben, mit Proteinlösungen wie z.B. Kollagen inkubiert. Mit diesem
Verfahren ist es möglich, den Einfluss verschiedener Proteine durch
Rezeptorblockierung auf die Adhärenz zu unterscheiden. Rezeptoren der Bakterien,
Material und Methoden 16
welche für die Adhärenz auf den beschichteten Prüfkörpern verantwortlich sind, sollen
somit besetzt werden, bevor sie an die Beschichtungen der Prüfkörper binden können.
Medium:
Trypticase-Soy-Broth
Puffer und Lösungen:
10 x PBS: 40 g NaCl
6,25 g Na2HPO4 x 2 H2O
1 g KCl
1 g KH2PO4
H2O dest. ad 500 ml
5 %ige Glutaraldehydlösung: 25 %ige Stocklösung in 1 x PBS verdünnen
Kollagen Typ I-Lösung: festes Kollagen Typ I in 0,1 M Essigsäure [1mg/ml]
Kollagen Typ II-Lösung: festes Kollagen Typ II in 0,1 M Essigsäure [1mg/ml]
Fibrinogen-Lösung: festes Fibrinogen in 0,9 %iger NaCl-Lösung [1mg/ml]
Fibronektin (bereits in Lösung) [1mg/ml]
Albumin ( 5% human)
Durchführung des Adhärenzversuches nach vorheriger Rezeptorblockierung:
Die Übernacht (ÜN)-Kulturen werden in TSB angeimpft und bei 37°C über Nacht
inkubiert. Am nächsten Tag wird die optische Dichte der TSB-ÜN-Kulturen gemessen
und das Volumen, in welchem eine Zellzahl von 150 x 106 Staphylokokken enthalten
sind, wird 2 min bei 13.000 rpm zentrifugiert. Das überständige TSB-Medium wird
abpipettiert und das zurückbleibende Pellet mit 1 x PBS vorsichtig gewaschen. Nach
Vermischen des Pelletts mit der jeweiligen Proteinlösung folgt eine einstündige
Material und Methoden 17
Inkubation bei 37°C im Schüttler. Im Anschluss daran wird die Lösung erneut 2 min bei
13.000 rpm zentrifugiert. Die Proteinlösungen werden abpipettiert und das Pellett mit 1
x PBS vorsichtig gewaschen. Nun werden 3 ml TSB-Medium zugefügt und mit Hilfe
des Vortex-Schüttlers gemischt. Mit den so entstandenen Lösungen wird der unter
3.5.1.3 beschriebene Adhärenztest auf den, wie unter 3.5.1.4 beschrieben, beschichteten
Prüfkörpern durchgeführt.
3.5.1.6 Adhärenz-Test mit PLL-g-PEG Beschichtung der Prüfkörper
Die Durchführung dieses Adhärenztestes war exakt die gleiche wie die des
Adhärenztestes. (s. 3.5.1.3)
Die Prüfköper waren zuvor in der Schweiz mit PLL-g-PEG beschichtet worden.
3.5.2 Antibiotikaresistenzbestimmung der klinischen Stämme
Die Resistenzen werden anhand des Agar-Diffusionstestes nach DIN 58940 bestimmt.
Hierbei werden auf Agarplatten Übernachtkulturen in Flüssigmedium ausgestrichen und
zusätzlich mit Antibiotikaplättchen versehen. An diese Plättchen können für das
Antibiotikum sensitive Keime bis zu einem bestimmten Abstand nicht heranwachsen.
Dadurch bildet sich ein Hemmhof, dessen Größe vermessen wird und in [mm]
angegeben wird.
Medium:
Trypticase-Soy-Broth
Agarplatten:
Mueller-Hinton-Agar
Puffer und Lösungen:
Mc Farland 0,5
Material und Methoden 18
Antibiotika (in Form von Plättchen):
Chloramphenicol 30 µg
Ciprofloxacin 5 µg
Clindamycin 2 µg
Erythromycin 15 µg
Gentamycin 10 µg
Oxacillin 1 µg
Penicillin G 10 units
Teicoplanin 30 µg
Tetracyclin 30 µg
Trimethoprim 5 µg
Vancomycin 30 µg
Durchführung des Agar-Diffusionstestes:
Die ÜN-Kulturen werden in TSB-Medium angeimpft und über Nacht bei 37°C
inkubiert. Von diesen sind jeweils 3 Tropfen in 3ml TSB bei 37°C zu inkubieren bis Mc
Farland von 0,5 erreicht ist. (1 h) Mc Farland 0,5 ist eine Bariumsulfat-Standard-
Lösung, welche eine bestimmte Trübung hat. Gleicht die Trübung der beimpften TSB-
Medien der von Mc Farland 0,5, werden hiervon jeweils 150 µl auf Mueller-Hinton-
Agarplatten ausplattiert. 3 min antrocknen lassen und die Antibiotikaplättchen mit einer
sterilen Pinzette aufgelegen. Nach 24 h Inkubation bei 37°C folgt das Ablesen der
Hemmhöfe.
3.5.3 Biofilmtest auf Zellkulturplatten
3.5.3.1 Biofilmtest auf nativen Zellkulturplatten
Dieser Test wird durchgeführt, um die Biofilmbildung der klinischen Stämme
makroskopisch beurteilen zu können.
Material und Methoden 19
Medium:
Trypticase-Soy-Broth
Puffer und Lösungen:
10 x PBS: 40 g NaCl
6,25 g Na2HPO4 x 2 H2O
1 g KCl
1 g KH2PO4
H2O dest. ad 500 ml
Kristallviolettlösung ( 70 % Ethanol + Kristallviolett)
Durchführung des Biofilmtestes:
Die ÜN-Kulturen werden in TSB-Medium angeimpft und über Nacht bei 37°C
inkubiert. Davon pipettiert man jeweils 50 µl zu 5 ml frischem TSB-Medium. Von
diesen Lösungen werden 150 µl pro Vertiefung in 96-well-Platten pipettiert. Nach
weiteren 24 h Inkubation bei 37°C werden die Vertiefungen 3 x mit 1 x PBS gespült.
Die Lufttrocknung der Platten erfolgt 1 h auf einem Heizblock bei 65°C. Nach dem
Trocknen wird jede Vertiefung mit 1 Tropfen Kristallviolettlösung angefüllt und 10
min gewartet. Danach spült man die violette Lösung mit aqua dest. ab. Bei einer
violetten Färbung der Bodenplatte ist der Biofilmtest positiv. Diese violette Färbung
entsteht durch Anlagerung des Farbstoffes an den an der Polymeroberfläche
adhärierenden Biofilm.
(Christensen et al., 1985)
3.5.3.2 Biofilmtest mit Kollagenbeschichtung der Zellkulturplatten
Hierbei wird getestet, ob sich die Biofilmbildung durch vorangegangene Beschichtung
der 96-well-Platten durch Kollagen Typ I verstärkt.
Material und Methoden 20
Medium:
Trypticase-Soy-Broth
Puffer und Lösungen:
10 x PBS: 40 g NaCl
6,25 g Na2HPO4 x 2 H2O
1 g KCl
1 g KH2PO4
H2O ad 500 ml
Kristallviolettlösung ( 70 %Ethanol + Kristallviolett)
Kollagen Typ I-Lösung: festes Kollagen Typ I in 0,1 M Essigsäure [1mg/ml]
Durchführung des Biofilmtestes mit Proteinbeschichtung:
Die 96-well-Platten sind mit 100 µl Kollagen Typ I-Lösung pro Vertiefung aufzufüllen
und für 24 h bei 37°C zu inkubieren. Dabei ist auf feuchtes Milieu zu achten, damit die
Kollagen Typ I-Lösung nicht verdunstet. Danach werden die Kollagen Typ I-Lösungen
wieder abpipettiert und der Biofilmtest kann, wie unter 3.5.3.1 beschrieben,
durchgeführt werden.
3.5.3.3 Biofilmtest mit Kollagenbeschichtung der Zellkulturplatten nach
Blockierung der Kollagenrezeptoren
Hierbei werden die Bakterien vor der Beimpfung der 96-well-Platte mit Kollagenlösung
inkubiert, um so eine Rezeptorbindung zu erreichen. (Vgl. 3.5.1.5)
Medium:
Trypticase-Soy-Broth
Material und Methoden 21
Puffer und Lösungen:
10 x PBS: 40 g NaCl
6,25 g Na2HPO4 x 2 H2O
1 g KCl
1 g KH2PO4
H2O ad 500 ml
Kristallviolettlösung ( 70 %Ethanol + Kristallviolett)
Kollagen Typ I-Lösung: festes Kollagen Typ I in 0,1 M Essigsäure [1mg/ml]
Bakterienkultur Prüfköper
Reinigung
Beschichtung mit dem ausgewählten Protein
Blockierung der Rezeptoren 24 h Inkubation bei 37°C
Waschen und Fixieren der
adhärenten Bakterien
Betrachtung und Auswertung unter dem
Rasterelektronenmikroskop
Abbildung 1: Schema des Versuchsprinzips.
Durchführung des Biofilmtestes nach Rezeptorblockierung:
Um die Kollagenrezeptoren der Bakterien zu blockieren, werden jeweils von einer
Übernachtkultur 50 µl abpipettiert und mit 5 ml TSB Medium aufgefüllt. Hiervon
werden wiederum 1,5 ml abpipettiert und in einem Eppendorf-Cap 2 min bei 13.000
Material und Methoden 22
rpm zentrifugiert. Das überständige TSB-Medium wird abpipettiert und das
zurückbleibende Pellet mit 1 x PBS vorsichtig gewaschen. Nach Resuspendieren des
Pelletts mit Kollagen folgt eine einstündige Inkubation bei 37°C im Schüttler. Im
Anschluss daran wird die Lösung erneut 2 min bei 13.000 rpm zentrifugiert. Die
Kollagenlösung wird abpipettiert und das Pellett mit 1 x PBS vorsichtig gewaschen.
Nun kann man wieder mit 1,5 ml TSB Medium auffüllen, mit Hilfe des Vortex-
Schüttlers mischen und bis zu 10 Vertiefungen, die zuvor 24 h mit Kollagen inkubiert
waren, mit jeweils 150 µl auffüllen. Nach 24 h weiterer Inkubation bei 37°C erfolgt die
Versuchsdurchführung wie unter 3.5.3.1 beschrieben.
3.6 Elektronenmikroskopie
3.6.1 Vorbereitung der Prüfkörper
Bevor die Prüfkörper unter dem Rasterelektronenmikroskop ausgewertet werden
können, ist es nötig, auf diese eine hauchdünne leitfähige Metallschicht aufzubringen.
Hierfür wurde der Sputter Coater SCD 005 der Firma BAL-TEC (Witten, Deutschland)
verwendet. Die Prüfkörper werden auf einem Metallstativ in eine runde Kammer
gestellt. Diese wird verschlossen und in der Kammer wird ein Vakuum erzeugt. Nach
und nach wird über ein Feinnadelventil Argon in die evakuierte Kammer eingeleitet.
Diese Prozedur wird mehrmals wiederholt und nach etwa 10 Minuten wird für eine
Dauer von 5 Minuten ein Stromfluss von 25 mA durch die Kammer geleitet. Dadurch
werden die Argonatome ionisiert und lösen aus einer im Deckel der Kammer
befindlichen Platin-Palladium-Platte feine Metallpartikel heraus, die auf die Prüfkörper
niederschlagen. Neben der Platin-Palladiumverbindung kann auch Gold zur
Beschichtung verwendet werden.
Nach 5 Minuten wird der Stromfluss automatisch gestoppt und die evakuierte Kammer
kann wieder belüftet und die beschichteten Prüfkörper herausgenommen werden.
Material und Methoden 23
3.6.2 Betrachtung der Oberfläche mit dem Rasterelektronenmikroskop
Nachdem die Prüfkörper wie unter 3.6.1 beschrieben mit Platin-Palladium beschichtet
sind, ist es möglich sie zu betrachten. Verwendet wurde hierfür das Rasterelektronen-
mikroskop DSM 962 der Firma Zeiss (Jena, Deutschland).
Unter erneuter Verwendung eines Metallstativs werden die Prüfkörper in eine Kammer
eingebracht. In dieser wird ein Vakuum erzeugt. Durch die feine Beschichtung mit
Platin-Palladium ist es nun möglich, an Hand eines Elektronenstrahls die Oberfläche der
Prüfkörper „abzutasten“. Der enggebündelte, sogenannte Primärelektronenstrahl trifft
punktförmig auf die Oberfläche des Prüfkörpers. Hierbei werden Sekundärelektronen
herausgeschleudert. Ihre Anzahl ist abhängig von der Materialart des untersuchten
Objektes und vom Einfallswinkel des Primärelektronenstrahls. Die energieärmeren
Sekundärelektronen können von einem Detektor, einer Anode, abgelenkt werden. So
treffen sie über eine elektronische Signalverarbeitung auf einen Leuchtstoff und diesen
zum Leuchten bringen. Ein Photomultiplier zählt die aufflackernden Lichtblitze und
gibt sie als Pixel am Bildschirm wieder. Je mehr Elektronen auftreffen, um so heller
wird der Pixel. Damit die gesamte Oberfläche dargestellt werden kann, wird der
Primärelektronenstrahl zeilenweise über die Oberfläche geführt. Diesen Vorgang nennt
man Rasterung.
Mittels vertikaler Feinjustierung des Abstandes der Prüfkörperoberfläche von der
Elektronenstrahlquelle kann fokussiert werden. Die Auflösung ist des Weiteren durch
eine Verlangsamung der Scangeschwindigkeit zu erhöhen. Mit zwei anderen
Justierungsrädern ist es möglich, die Prüfkörper horizontal zu bewegen. So kann die
komplette Oberfläche eingesehen werden. (http://www.moerike-g.es.bw.schule.de/
forschunglotus/methods/Rasterelektronenmikroskop.htm; http://www.reclot.de)
Material und Methoden 24
Abbildung 2 : Aufbau eines Rasterelektronenmikroskops (http://www.uni-ulm.de/elektronenmikroskopie/herbst2003/REMherbst2003.htm).
Ergebnisse 25
4. Ergebnisse
4.1 Antibiotikaresistenzen
Die Antibiotikaresistenzbestimmung der verwendeten Stämme mittels Agar-
Diffusionstest ergab folgende in Tabelle 8 dargestellte Ergebnisse (Hemmhofgröße in
Millimeter).
Tabelle 8: Antibiotikaresistenzen der klinischen Isolate.
Antibiotikum
[Testplättchenbe-
ladung in µg]
814 Rev
S. epid.
814 s.c.
S. epid.
907
S. aureus
910
S. epid.
911
S. aureus
913
S. aureus
Chloramphenicol 30µg 30 (s) 32 (s) 35 (s) 24 (s) 23 (s) 36 (s)
Teicoplanin 30µg 19 (s) 21 (s) 19 (s) 15 (s) 15 (s) 21 (s)
Tetracyclin 30µg 36 (s) 40 (s) 38 (s) 9 (r) 25 (s) 39 (s)
Ciprofloxacin 5µg 39 (s) 35 (s) 40 (s) 33 (s) 26 (s) 33 (s)
Trimethoprim 5µg 28 (s) 23 (s) 23 (s) 19 (s) 20 (s) 22 (s)
Vancomycin 30µg 23 (s) 20 (s) 16 (s) 16 (s) 16 (s) 18 (s)
Penicillin G 10units 60 (s) 56 (s) 10 (r) 8 (r) 10 (r) 9 (r)
Gentamycin 10µg 28 (s) 25 (s) 17 (s) 7 (r) 20 (s) 13 (r)
Clindamycin 2µg 29 (s) 30 (s) 31 (s) 25 (s) 22 (s) 31 (s)
Erythromycin 15µg 6 (r) 6 (r) 32 (s) 27 (s) 9 (r) 24 (s)
Oxacillin 1µg 32 (s) 35 (s) 9 (r) 6 (r) 18 (s) 6 (r)
(angegeben ist die Hemmhofgröße in [mm], „s“ bedeutet sensitiv und „r“ resistent).
Betrachtet man die einzelnen Stämme, so zeigt der S. epidermidis 814 sowohl als
Revertante als auch als „Small colony“ Variante nur gegen das Makrolid Erythromycin
Resistenz. S. epidermidis 910 ist gegen Tetracyclin, Gentamicin, Penicillin und
Ergebnisse 26
Oxacillin resistent. Er zählt somit zu den multiresistenten S. epidermidis-Stämmen, den
sogenannten MRSE.
S. aureus 911 weist lediglich gegenüber Erythromycin und Penicillin Resistenz auf.
Die beiden übrigen S. aureus Stämme 907 und 913 dagegen sind typische Klinikkeime.
Sie sind beide penicillin- und oxacillinresistent. 913 ist darüber hinaus auch gegen
Gentamicin resistent.
4.2 Einführung der Wertungsskala
Vor einer Inkubation mit Bakterien wurden die aus den Materialien Titan und Kobalt-
Chrom-Legierung bestehenden Prüfkörper unter dem Rasterelektronenmikroskop
dargestellt. Die Oberfläche der Titanprüfkörper zeigt hierbei eine deutlich glattere
Oberfläche als die der Kobalt-Chrom-Legierung-Prüfkörper. (s. Abb.3)
a) Titan (2000fache Vergrößerung) Titan (10.000fache Vergrößerung)
b) Kobalt-Chrom-Legierung Kobalt-Chrom-Legierung
(2000fache Vergrößerung) (10.000fache Vergrößerung)
Ergebnisse 27
Abbildung 3: Oberflächenbeschaffenheit der Prüfkörper. a) Titan b) Kobalt-Chrom-
Legierung. Die rasterelektronenmikroskopischen (REM) Aufnahmen wurden in 2000-
und 10.000facher Vergrößerung angefertigt.
Staphylokokken ist es durch Zusammenwirken von biologischen und physikalischen
Faktoren möglich, aneinander und an Metalloberflächen zu adhärieren. Proteinadhäsine,
Polysaccharidpolymere sowie Oberflächen- und Umgebungssubstanzen bilden
Zellaggregate von Bakterien (Gristina 1987).
Abbildung 4a: Initiale Adhärenz der Staphylokokken (nach W. Ziebuhr, 2004).
Abbildung 4b: Biofilmakkumulation (nach W. Ziebuhr, 2004).
Ergebnisse 28
Durch diese, in Abbildung 4b ersichtliche, Aggregat- und zusätzliche Biofilmbildung
wird eine genaue Quantifizierung der Bakterienzahl unmöglich und deshalb ist es
sinnvoll, eine semiquantitative Auswertung der Rasterelektronenmikroskopbilder
durchzuführen. Die adhärenten Bakterien abzulösen und erneut anzuzüchten, um so
„colony forming units“ (CFU) zu erhalten, wäre zu ungenau. Hierbei kann sowohl eine
einzelne Bakterienzelle als auch ein Aggregat von 1000 Zellen eine CFU bilden. Das
Ergebnis würde somit nicht die wahre Anzahl an adhärenten Staphylokokken
wiedergeben. Ein weiterer bedeutender Faktor ist die Wachstumszeit. Sie wird
möglichst gering gehalten, da nach längerem Wachstum, unabhängig von der
Ausgangsanzahl an adhärenten Bakterien, in sämtlichen Versuchen eine
Überwucherung der Prüfkörper stattfinden würde.
Adhärenz ist die Eigenschaft der Bakterien, auch nach mehrmaligem kräftigen Waschen
mit 1x PBS, nicht von der Metalloberfläche abgelöst zu werden.
Das Adhärenzverhalten wird in Abstufungen von 1-5 unterteilt:
1: keine Adhärenz.
2: vereinzelte Zellen auf der Oberfläche.
3: Oberfläche gleichmäßig mit einzelnen Zellen besiedelt.
4: teilweise Klumpenbildung auf der Oberfläche.
5: die Zellen bedecken die Oberfläche komplett, teilweise mehrschichtig.
(s. Abb. 5)
Da die Bakterien die Oberfläche nicht gleichmäßig besiedeln, sondern je nach Mikro-
milieu mehr oder weniger gehäuft auftreten, stellt der Wert einen „Mittelwert“ der
Gesamtbesiedlung dar. Hierzu wurde die gesamte Oberfläche mit dem Rasterelek-
tronenmikroskop abgefahren.
Ergebnisse 29
1: keine Adhärenz
2: vereinzelt Zellen auf der Oberfläche
3: Oberfläche gleichmäßig mit einzelnen Zellen besiedelt
4: teilweise Aggregatbildung auf der Oberfläche
Ergebnisse 30
5: die Zellen bedecken die Oberfläche komplett, teilweise mehrschichtig
Abbildung 5 (s. vorherige Seite): Wertungsskala für die Adhärenz der Staphylokokken.
Die REM Aufnahmen sind in 2000facher Vergrößerung durchgeführt worden.
Ein + in den Tabellen 9-12 hinter dem Abstufungswert der Adhärenz bedeutet, dass der
Stamm unter diesen Bedingungen Biofilm ausgebildet hat (s.Abb.6). Diese schleimige,
von Bakterien produzierte Matrix stellt für sie eine Schutzbarriere gegen schädliche
äußere Einflüsse wie Hitze, osmotische Veränderungen, Oxidation, Phagozytose und
auch Antibiotika dar. Sie setzt sich aus Polysaccharidketten, bestehend aus einem β1,6-
verknüpften Glukosaminoglykan mit verschiedenen Seitengruppen zusammen und wird
„Polysaccharide Intercellular Adhesin“ (PIA) benannt (Mack et al., 1996).
Die Biofilmbildung wird, wie in Abbildung 4a und b ersichtlich, in 2 Phasen unterteilt:
Phase 1: Primäre Bindung einzelner Bakterienzellen.
Phase 2: Proliferation und Akkumulation der Zellen durch interzelluläre
Adhärenz. Ausbildung einer Umhüllung durch PIA-Produktion.
Typischerweise weisen Fremdkörperinfektionen durch Staphylokokken einen
chronischen Verlauf auf und häufig liegen Resistenzen gegen in vitro hoch wirksame
Antibiotika vor (Mack, 1999). Für diese Resistenzen ist hauptsächlich der Biofilm
verantwortlich. In ihm befinden sich die Bakterien in sessiler Form und sind für
Antibiotika kaum erreichbar. Dies ist durch die Heterogenität des
Bakteriumstoffwechsels und nicht etwa durch Penetrierungsprobleme zu erklären. Es
liegen starke Oxigenierungs- und pH-Unterschiede innerhalb des Biofilms vor (Donlan
and Costerton 2002, Xu et al., 2000).
Ergebnisse 31
Abbildung 6: Biofilmbildung auf einem Reintitanprüfkörper. Die REM Aufnahme ist in
10000facher Vergrößerung durchgeführt worden.
4.3 Adhärenz von Staphylokokken auf Titan und Kobalt-Chrom-
Legierung unter Zusatz klinisch relevanter Proteine
In Abbildung 5 ist die Wertungsskala für das Adhärenzverhalten dargestellt. Für die
Versuche wurde jeweils die gleiche Anzahl an Bakterienzellen verwendet, um
vergleichbare Ergebnisse zu erhalten (s. 3.5.1.2). Die Staphylokokken wurden mit den
Prüfkörpern 24 Stunden bei 37°C inkubiert und nach Abspülen und Fixieren konnte ihr
Adhärenzverhalten auf den Prüfkörpern unter dem Rasterelektronenmikroskop
betrachtet werden.
Im Folgenden wird das Adhärenzverhalten der beschriebenen Stämme sowohl auf Titan
als auch auf der Kobalt-Chrom-Legierung unter Beschichtung mit verschiedenen
Proteinen verglichen. Die Beschichtung der Prüfkörper wurde, wie in 3.3.2 beschrieben,
durch 24 Stunden Inkubation bei 37 °C mit den jeweiligen Proteinlösungen
durchgeführt. In Abbildung 7 ist die Bindung der Bakterienrezeptoren an die
beschichtete Metalloberfläche skizziert.
Mit Proteinen beschichtete Metalloberfläche + Bakterien mit Rezeptoren
Ergebnisse 32
→ Bindung der Rezeptoren an die Proteine auf der Metalloberfläche
Abb.7: Bindung der Bakterien an die beschichtete Metalloberfläche durch die
Vermittlung von Matrix- und Serumproteinen.
4.3.1 Adhärenz auf Kobalt-Chrom-Legierung-Prüfkörpern
Es wurden Versuche mit den klinischen Isolaten bei vorhandener und nicht vorhandener
Proteinbeschichtung durchgeführt.
Die Ergebnisse sind in Tabelle 9 dargestellt.
Tabelle 9: Adhärenzverhalten der getesteten klinischen Isolate auf Kobalt-Chrom-
Legierung-Prüfkörpern.
ohne Protein Albumin Kollagen I Kollagen II Fibrinogen Fibronektin
S. aureus 907 2 2 3+ 4+ 5 5 S. aureus 911 4+ 1 3+ 4+ 5+ 5+ S. aureus 913 3 2 4+ 4+ 5 5 S. epidermidis 910 2 3 3+ 3+ 4 3 S. epidermidis 814 s.c. 2 1 2+ 3 4+ 3 S. epidermidis 814 Rev. 2 2 3+ 2 3 2
Die einzelnen Werte sind in der Wertungsskala in Abb. 5 dargestellt. Ein + bedeutet
Biofilmbildung (REM Aufnahmen siehe Anhang Seite 68-83).
Ergebnisse 33
Die verwendeten S. aureus - Stämme besitzen verminderte Anheftungskraft bei
Albuminbeschichtung. Bei fibrinogen- und fibronektinbeschichtetem Metall liegt
maximale Adhärenz vor. Alle Stämme weisen auf Kollagen Typ I-Beschichtung
Biofilmbildung auf und bei Kollagen Typ II-Beschichtung alle außer dem
S. epidermidis Stamm 814, sowohl als „Small colony-Variante“ als auch als Revertante.
Auffällig ist das verstärkte Ansammeln von adhärenten Bakterien in den bei
Prüfkörpern aus Kobalt-Chrom-Legierung vorhandenen Vertiefungen der Oberfläche.
In diesen Nischen sind sie besser geschützt und können durch eine größere Oberfläche
besser adhärerien.
Abb. 8: S. aureus 907 auf albuminbe- Abb. 9: S. aureus 907 auf fibronektinbe-
schichtetem Kobalt-Chrom-Legierung- schichtetem Kobalt-Chrom-Legierung-
Prüfkörper (10000fache Vergrößerung). Prüfkörper (10000fache Vergrößerung).
Abbildung 8 zeigt die Adhärenz von S. aureus 907 auf der nischenreichen Oberfläche
der Prüfkörper. Trotz Albuminbeschichtung war es hier den Bakterien möglich, zu
adhärieren. In Abbildung 9 ist die stark erhöhte Adhärenz von S. aureus 907 auf
fibronektinbeschichtetem Kobalt-Chrom zu sehen. Zur Verdeutlichung ist in den
Abbildungen 10 und 11 der gleiche Stamm unter den gleichen Bedingungen, nur unter
einer schwächeren (2000fachen) Vergrößerung, zu sehen. Hierbei wird ersichtlich, dass
die Albuminbeschichtung auf der glatten Oberfläche die Adhärenz der Bakterien
Ergebnisse 34
verhindert und diese sich nur in den Nischen anheften können. Im Vergleich dazu
fördert die Fibronektinbeschichtung die Adhärenz auf der gesamten Oberfläche.
Abb. 10: S. aureus 907 auf albuminbe- Abb. 11: S. aureus 907 auf fibronektinbe-
schichtetem Kobalt-Chrom-Legierung- schichtetem Kobalt-Chrom-Legierung-
Prüfkörper (2000fache Vergrößerung). Prüfkörper (2000fache Vergrößerung).
4.3.2 Adhärenz auf Titan-Prüfkörpern
Zunächst wurden in einem Vorversuch der Referenzstamm S. epidermidis RP62A und
der negative Kontrollstamm S. carnosus TM300 auf ihr Adhärenzverhalten getestet.
Die Ergebnisse sind in Tabelle 10 dargestellt.
Wie zu erwarten, zeigt der negative Kontrollstamm S. carnosus TM300 keine Adhärenz
auf dem Reintitanprüfkörper. Der Referenzstamm S. epidermidis RP62A, welcher als
stark adhärenter und biofilmbildender Keim auf Plastik bekannt ist, zeigt auch auf dem
Metall enorme mehrschichtige Biofilmbildung.
Ein weiterer Kontrollstamm ist S. aureus RN4220. Er besitzt keinen Kollagenrezeptor
und wird deshalb als Vergleich gegenüber den klinischen Isolaten bei
kollagenbeschichteten Prüfkörpern herangezogen. Die Ergebnisse sind ebenfalls in
Tabelle 10 dargestellt. Sowohl ohne als auch mit Kollagenbeschichtung zeigt der
Stamm S. aureus RN4220 nahezu keine Adhärenz auf dem Prüfkörper. Biofilmbildung
liegt keine vor.
Ergebnisse 35
4.3.2.1 Adhärenz und Biofilminduktion der klinischen Isolate mit und ohne
Proteinbeschichtung der Prüfkörper in Standkulturen
Das Adhärenzverhalten der klinischen Staphylococcus-Stämme wurde sowohl ohne als
auch mit Proteinlösungen getestet. Betrachtet man die Stämme getrennt nach Art, so
zeigen die S. aureus Stämme 907, 911 und 913 eine deutlich niedrigere Adhärenz bei
albuminbeschichteten im Vergleich zu unbeschichteten Prüfkörpern. Bei fibrinogen-
und fibronektinbeschichtetem Titan liegt in allen Versuchen mit den S. aureus-Stämmen
die auf der Wertungsskala maximale Adhärenz von 5 vor. Biofilmbildung zeigt sich auf
allen Kollagen Typ I-beschichteten Prüfkörpern. Die Anheftung ist hier in drei Fällen
erhöht, in drei Fällen gleichbleibend gegenüber unbeschichtetem Material. Bei Kollagen
Typ II-Beschichtung zeigt sich ein vergleichbares Bild, jedoch ist nicht immer Biofilm
vorhanden.
Die S. epidermidis Stämme 910 und 814 zeigen bei Albuminbeschichtung keine
deutliche Adhärenzminderung gegenüber unbehandeltem Titan. Auf den fibrinogen-
und fibronektinbeschichteten Prüfkörpern ist die Anheftung wie bei den S. aureus
Stämmen erhöht, jedoch nicht ganz so stark ausgeprägt. Biofilmbildung zeigt sich auch
hier bei allen Prüfkörpern mit Kollagen Typ I-Beschichtung. Ebenfalls bei Kollagen
Typ II-beschichtetem Metall ist Biofilmbildung zu sehen. Die Adhärenz ist bei beiden
Kollagentyp-Beschichtungen erhöht.
In den Abbildungen 12 und 13 wird der Unterschied des Adhärenzverhaltens durch die
Kollagen-Typ I-Beschichtung ersichtlich. Abbildung 12 zeigt eine wesentlich höhere
Bakterienzahl als Abbildung 13. Dass nicht nur das Adhärenzverhalten erhöht ist,
sondern Kollagen Typ I auch Biofilmbildung induziert, zeigt Abbildung 14. Hier wird
bei 10000facher Vergrößerung deutlich, dass die Staphylokokken in einer Matrix
eingebettet sind. In Abbildung 15 ist zum Vergleich der Prüfkörper ohne Proteinbe-
schichtung dargestellt, wobei keine Biofilmbildung nachweisbar ist.
Ergebnisse 36
Das Wesentliche dieser Ergebnisse ist, dass Albumin einen Schutz gegenüber der
Adhärenz von Staphylokkoken darstellt, während Kollagen nicht nur die Adhärenz
erhöht, sondern auch die Biofilmbildung induziert, was bisher nicht bekannt war.
Abb. 12: S. epidermidis 910 auf Kollagen- Abb. 13: S. epidermidis 910 auf unbe-
TypI-beschichtetem Reintitanprüfkörper beschichtetem Reintitanprüfkörper
(2000fache Vergrößerung). (2000fache Vergrößerung).
Abb. 14: S. epidermidis 910 auf Kollagen- Abb. 15: S. epidermidis 910 auf unbe-
TypI-beschichtetem Reintitanprüfkörper beschichtetem Reintitanprüfkörper
(10000fache Vergrößerung). (10000fache Vergrößerung).
Ergebnisse 37
4.3.2.2 Klinische Isolate mit Proteinbeschichtung der Prüfkörper nach
Blockierung der Staphylokokkenproteinrezeptoren
Um zu prüfen, ob es sich bei der im Abschnitt 4.3.2.1 verstärkten Adhärenz um eine
spezifische Interaktion der Bakterien mit den Matrixproteinen handelt, wurden die
klinischen Staphylokokken-Stämme vor der Zugabe zu den beschichteten Prüfkörpern
eine Stunde mit den jeweiligen Matrix-Proteinen inkubiert. Die Bindungsrezeptoren für
die Proteine sollen auf diese Weise, wie in Abbildung 16 dargestellt, geblockt werden.
Liegt eine spezifische Protein-Rezeptor-Interaktion vor, sollten die Proteine der
jeweiligen Metalloberflächenbeschichtung nicht mehr an die Rezeptoren der
Staphylokokken binden, da diese bereits besetzt sind. Die Adhärenz und Biofilmbildung
wäre in diesem Fall vermindert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 10 dargestellt.
Rezeptoren + Proteine → Blockierung der Rezeptoren
Abb. 16: Blockierung der Staphylokokkenproteinrezeptoren.
Nach vorheriger Proteinbindung der Keime zeigt sich folgendes Verhalten der
Staphylokokken: Nach Inkubation der Stämme mit Albumin und Albuminbeschichtung
der Prüfkörper zeigt sich Biofilmbildung und eine erhöhte Adhärenz. Auch auf
fibrinogen- und fibronektinbeschichteten Prüfkörpern findet sich Biofilmbildung und
eine wesentlich höhere Adhärenz nach Inkubation mit Fibrinogen bzw. Fibronektin, als
ohne Rezeptorblockierung.
Die beiden Versuchsreihen mit Kollagen Typ I und II weisen eine niedrigere Anheftung
der Bakterien auf. Biofilmbildung liegt nicht vor. Dies spricht für eine Blockierung der
Rezeptoren durch die vorangegangene Proteinbindung und eine spezifische Interaktion
der Bakterien mit Kollagen Typ I und II.
Ergebnisse 38
Tabelle 10: Adhärenzverhalten der getesteten klinischen Isolate und Kontrollstämme
auf Titan-Prüfkörpern.
Ohne Protein
Albumin
Kollagen I
Kollagen II
Fibrinogen
Fibronektin
RB RB RB RB RB S. aureus 907 4+ 1 2+ 4+ 2 4+ 3 5 5+ 5 5+ S. aureus 911 2 2 3+ 3+ 2 2+ 2 5 5+ 5 4 S. aureus 913 3 1 2+ 3+ 2 4+ 3 5 5+ 5 5+ S. aureus 4220 1 n.d. n.d. 1 n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. S. epidermidis 910 2 3 3+ 4+ 2 3 2 4 4+ 3 4+ S. epidermidis 814 s.c. 2 2 4+ 3+ 1 4 2 4 5+ 4 4+ S. epidermidis 814 Rev 3 2 4+ 3+ 1 4 3 4 5+ 3 5+ S. epidermidis RP 62A 5+ n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. S. carnosus TM 300 1 n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d.
Die einzelnen Werte sind in der Wertungsskala in Abb. 5 dargestellt. Ein + bedeutet
Biofilmbildung (REM Aufnahmen siehe Anhang Seite 84-134).
RB bedeutet Rezeptorblock.
4.3.2.3 Klinische Isolate auf PLL-g-PEG beschichteten Prüfkörpern
Das Copolymer PLL-g-PEG (Poly-L-lysine-g-Polyethylene glycol) (s.Abb. 17) wird
spontan auf Metalloxidoberflächen adsorbiert. Verantwortlich hierfür ist PLL, welches
als sogenannter „backbone“ zur Verankerung auf der Metalloberfläche dient. Diese
Ergebnisse 39
Verankerung findet über elektrostatische Wechselwirkungen statt. Die Metalloberfläche
ist negativ geladen und zieht die positiv geladenen PLL-Polymere an.
PLL wurde bereits ausführlich auf Toxizität und Immunverträglichkeit getestet. PEG
befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite des Polymers und zeigt von der
Metalloberfläche aus nach außen. Es reduziert die Adhärenz von Serumproteinen und
anderen Proteinen, wie zum Beispiel Fibrinogen, auf der Oberfläche.
Da die Proteinbindung auf Oberflächen der erste Schritt für Komplikationen, wie z.B.
Thrombose ist, soll durch die Beschichtung die Rate an Komplikationen reduziert
werden. PEG wurde bereits ausführlich für die Verwendung auf Biomaterial untersucht
(Kenausis et al., 2000).
Abbildung 17: Chemische Struktur von Poly-L-Lysin-g-Polyethylenglykol.
Das Adhärenzverhalten auf PLL-g-PEG beschichteten Prüfkörpern wird in Tabelle 11
Ergebnisse 40
dargestellt. Zum Vergleich wird der Versuch mit gereinigten Prüfkörpern durchgeführt.
Tabelle 11: Adhärenzverhalten der getesteten klinischen Isolate auf gereinigten und
PLL-g-PEG beschichteten Titan-Prüfkörpern.
gereinigt PLL-g-PEG
S. aureus
907
3
5+
S. aureus
911
3
5+
S. aureus
913
3
4+
S. epidermidis
910
4+
5+
S. epidermidis
814 s.c.
1
3+
S. epidermidis
814 Rev.
3
5+
Die einzelnen Werte sind in der Wertungsskala in Abb. 5 dargestellt. Ein + bedeutet
Biofilmbildung (REM Aufnahmen siehe Anhang Seite 134-136).
Auf den PLL-g-PEG beschichteten Prüfkörpern zeigen mit Ausnahme der „Small
colony-Variante“ von Stamm 814 alle Keime eine sehr starke Adhärenz. Die
Biofilmbildung ist bei allen Stämmen aktiviert. Diese Beschichtung erzeugt bei den
untersuchten Staphylokokkenstämmen eine verstärkte Adhärenz und induziert die
Bildung eines Biofilms.
Ergebnisse 41
Mit den bisherigen Versuchen konnte gezeigt werden, dass
• kein Unterschied zwischen den Prüfkörpermaterialien besteht,
• Albumin die Adhärenz der Staphylokokken reduziert,
• Fibrinogen und Fibronektin die Adhärenz der Staphylokokken steigert,
• Kollagen die Adhärenz der Staphylokokken steigert und zusätzlich die Bildung
von Biofilm induziert,
• nach Blockierung der Kollagenrezeptoren keine Biofilmbildung induziert wird,
was auf eine spezifische Wechselwirkung mit dem Rezeptor schließen lässt,
• PLL-g-PEG Beschichtung die Adhärenz der Staphylokokken steigert und
Biofilmbildung induziert.
Ergebnisse 42
4.3.2.4 Adhärenz der klinischen Isolate mit und ohne Proteinbeschichtung
der Prüfkörper in Schüttelkulturen
In einem weiteren Versuch wurden nun die Prüfkörper im Schüttler bei 37°C inkubiert.
Hierbei sind sie ständig in Bewegung und somit wird das Adhärenzverhalten erheblich
beeinflusst. Eine Rezeptorblockung wurde hierbei nicht durchgeführt und es wurden
keine PLL-g-PEG beschichteten Prüfkörper verwendet. Das Ergebnis ist in Tabelle 12
dargestellt.
Tabelle 12: Adhärenzverhalten der getesteten klinischen Isolate auf Titan-Prüfkörpern
im Schüttler.
ohne Protein Albumin Kollagen I Kollagen II Fibrinogen Fibronektin
S. aureus 907 2 1 2+ 2+ 4+ 4+ S. aureus 911 2 1 3+ 3+ 4+ 4+ S. aureus 913 1 1 2+ 2+ 5+ 4 S. epidermidis 910 1 1 1 1 3+ 2+ S. epidermidis 814 s.c. 2 1 2+ 3+ 2+ 3+ S. epidermidis 814 Rev. 1 1 2+ 3+ 2+ 3+
Die einzelnen Werte sind in der Wertungsskala in Abb. 5 dargestellt. Ein + bedeutet
Biofilmbildung (REM Aufnahmen siehe Anhang Seite 85-133).
Im Schüttler ist die Adhärenz aller Stämme deutlich erniedrigt. Biofilmbildung ist nach
wie vor bei den kollagenbeschichteten Prüfkörpern nachweisbar. Ebenfalls zeigt sich
nun bei Fibronektin- und Fibrinogen-Beschichtung Biofilmbildung. Bei diesen beiden
Ergebnisse 43
Beschichtungen ist, auch wie bei den Versuchen mit einer stehenden Suspension, die
Adhärenz am größten.
4.4 Biofilmtest
4.4.1 Testung mit unbeschichteten Zellkulturplatten aus Polystyren
Um zu prüfen, ob die Staphylokokken Biofilm bilden, wurden in einem
Standardverfahren Zellkulturplatten aus Polystyren mit den in TSB-Medium
befindlichen Bakterien beimpft. Der Test dient dazu festzustellen, ob makroskopisch
sichtbarer Biofilm gebildet wird. Die Ergebnisse der Biofilmtests bei den klinischen
Isolaten sind in Tabelle 13 dargestellt. Der Versuch wurde dreimal mit dem gleichen
Ergebnis durchgeführt. Als Referenzstamm dient der stark biofilmbildende S.
epidermidis RP62A.
Tabelle 13: Biofilmtest der klinischen Stämme.
1. Versuch 2.Versuch 3.Versuch
814 Rev.
S. epidermidis
negativ negativ negativ
814 s.c.
S. epidermidis
negativ negativ negativ
907
S. aureus
negativ negativ negativ
910
S. epidermidis
negativ negativ negativ
911
S. aureus
negativ negativ negativ
913
S. aureus
negativ negativ negativ
RP62A
S. epidermidis
stark positiv stark positiv stark positiv
Ergebnisse 44
Sämtliche klinischen Isolate zeigen in den Testungen keine makroskopische
Biofilmbildung auf Polystyren. Der Referenzstamm S. epidermidis RP62A weist starke
Biofilmbildung auf.
Dies zeigt, dass sämtliche klinischen Stämme auf Zellkulturplatten aus Polystyren
keinen Biofilm ausbilden.
4.4.2 Testung mit Kollagenbeschichtung der Zellkulturplatten
Alle klinischen Isolate zeigen unter dem REM starke Biofilmbildung auf Kollagen
Typ I-beschichteten Prüfkörpern. Nun soll getestet werden, ob sich diese auch auf
Kollagen Typ I-beschichteten Gewebekulturplatten nachweisen lässt. Als
Referenzstamm wird der S. epidermidis RP62A ohne beschichtete Oberfläche
verwendet. Die Ergebnisse sind in Tabelle 14 dargestellt. Keiner der klinischen Stämme
zeigt hierbei Biofilmbildung. Der Referenzstamm RP62A weist starke Biofilmbildung
auf.
4.4.3 Testung mit Kollagenbeschichtung der Zellkulturplatten nach
Blockierung der Kollagenrezeptoren
Hierbei werden die Bakterien vor Pipettieren in die Gewebekulturplatten, wie schon bei
dem Versuch mit den Metallprüfkörpern, 1 Stunde bei 37°C im Schüttler mit
Kollagenlösung inkubiert. Hierdurch werden die Kollagenrezeptoren der
Staphylokokken besetzt und eine Bindung an die Kollagenbeschichtung der
Gewebekulturplatten verhindert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 14 dargestellt. Als
Referenzstamm wird der S. epidermidis RP62A ohne beschichtete Oberfläche und ohne
vorherige Kollagenbindung verwendet. Die kollagengebundenen Bakterien der
klinischen Isolate zeigen makroskopisch keine Biofilmbildung. Der Referenzstamm
RP62A weist starke Biofilmbildung auf.
Ergebnisse 45
Tabelle 14: Biofilmtest der klinischen Stämme unter vorheriger Kollagenbeschichtung
der 96-well-Platten mit und ohne vorheriger Kollagenrezeptorblockierung. Als
Referenzstamm dient der stark biofilmbildende S. epidermidis RP62A.
ohne Beschichtung Kollagen I Kollagen I + RB
S. aureus 907 negativ negativ negativ S. aureus 911 negativ negativ negativ S. aureus 913 negativ negativ negativ S. epidermidis 910 negativ negativ negativ S. epidermidis 814 s.c. n.d. n.d. n.d. S. epidermidis 814 Rev. negativ negativ negativ S. epidermidis RP 62A stark positiv n.d. n.d.
Diskussion 46
5. Diskussion
5.1 Einführung der semiquantitativen Wertungsskala
Das angewandte Modell besitzt große Variationsmöglichkeiten. Es lässt die
Untersuchung verschiedener klinisch relevanter Zustände zu. Einzelne mutmaßlich
relevante Faktoren, wie zum Beispiel der Scherungsstress, können einzeln oder auch in
wählbarer Kombination mit anderen Faktoren untersucht werden. Interaktionen sind
damit darstellbar. So kann z.B. jedes beliebige Material getestet werden. Dies erweist
sich als wesentlicher Vorteil gegenüber dem konfokalen Lasermikroskop, bei dem
Metalle, wie das als Fremdmaterial häufig verwendete Titan, nicht untersucht werden
können, da sie eine zu hohe Eigenfluoreszenz haben und somit die Darstellung der
Bakterienzellen unmöglich machen. Weiter kann die Beschichtung des Prüfkörpers mit
Proteinen beliebig variiert werden. Der Einfluss des jeweiligen Proteins auf die
Adhärenz wird deutlich. Eine Beschichtung, welche das Adhärenzverhalten von
Staphylokokken herabsetzt, könnte eventuell zur Infektionsprophylaxe genutzt werden.
Albumin könnte, nicht nur unseren Ergebnissen nach, hierfür in Frage kommen. Auch
andere Autoren zeigten bereits, dass Staphylokokken bei albuminbeschichtetem
Material eine deutlich niedrigere Adhärenz aufweisen (Merrit et al., 1997; Doughery,
1988). Um die Versuche den in vivo vorliegenden Verhältnissen näher zu bringen,
findet die Bebrütung der Metallprüfkörper in einem Schüttelinkubator statt. Hierbei
werden die Scherkräfte, welche im menschlichen Körper vorliegen, simuliert und die
Ergebnisse können mit denen ohne Scherungsstress verglichen werden.
Ein weiterer großer Vorteil dieses Modells ist die semiquantitative Auswertung unter
dem REM. Es ist möglich die Biofilmbildung direkt darzustellen. Der Einfluss
therapeutischer Bemühungen auf die Biofilmbildung kann beurteilt werden. Es wurden
in der Vergangenheit bereits verschiedene Methoden zur Bestimmung der Adhärenz von
Bakterien auf Fremdmaterial entwickelt. Diese sind jedoch aufwendig, teuer oder
unzuverlässig. So wurden radioaktiv markierte Stämme eingesetzt, was einen hohen
Aufwand bedeutet (Merritt et al. 1997). In dem in dieser Arbeit verwendetem Modell ist
Diskussion 47
es möglich, jeden klinisch isolierten Stamm zu testen, ohne ihn zuvor aufbereiten zu
müssen.
Eine sehr ungenaue und somit nicht verlässliche Methode stellt das Zählen von
Kolonien nach Ablösen von den Prüfkörpern dar (CFU).
Dieses Modell wurde bereits 1977 von Maki angewendet und findet auch heute noch
Anwendung (Ghiselli, 2004; Luyer, 2004). Hierbei kann sowohl ein Aggregat von 1000
Bakterien als auch eine einzelne Zelle das Wachstum einer Kolonie bewirken. Die
Biofilmbildung ist durch dieses Modell nicht zu beurteilen. Im Vergleich dazu kann bei
Auswertung unter dem Rasterelektronenmikroskop jede einzelne Bakterienzelle sowohl
mit als auch ohne Biofilm beurteilt werden.
Eine andere Möglichkeit bietet das Färben mit Kristallviolett und anschließendem
Auswerten mittels Photometer (Merritt et al. 1997). Dies ist bei Metall-Prüfkörpern
nicht durchführbar. Bei Abwägung der Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden
stellt sich das in der Arbeit verwendete Modell für die Beurteilung von Metallprüf-
körpern als das vorteilhafteste dar.
Tabelle 15: Stärken und Schwächen des verwendeten Modells.
+ - beliebiges Material hoher zeitlicher Aufwand Variation der Beschichtung hoher technischer Aufwand semiquantitative Auswertung unter dem REM direkte Darstellung der Biofilmbildung
5.2 Adhärenzverhalten der einzelnen Stämme
Betrachtet man die Adhärenz der klinischen Isolate gegenüber den negativen
Kontrollstämmen S. carnosus TM300 und S. aureus RN4220, so lässt sich feststellen,
dass sämtliche Klinikstämme die Fähigkeit besitzen, sowohl auf Titan als auch auf
Kobalt-Chrom-Legierung stark zu adherieren. In dem verwendetem Modell ist jede
einzelne Bakterienzelle sichtbar und die Adhärenzstärke kann semiquantitativ bestimmt
werden. Die Versuche sind exakt reproduzierbar. Ein wesentlicher Unterschied
Diskussion 48
zwischen den beiden verwendeten Metallen kann nicht festgestellt werden. Unter
gleichen Bedingungen zeigen die Bakterien nahezu identische Adhärenzstärken auf den
beiden untersuchten Legierungen. Die These von Verheyen et al., 1993, dass S. aureus
besser metalladhärent ist als S. epidermidis, kann nicht bestätigt werden.
Wie das Adhärenzverhalten zu beeinflussen ist, zeigen die Versuche mit beschichteten
Prüfkörpern. Es existiert eine Vielzahl von Proteinen in der Gewebeflüssigkeit und im
Serum, welche im ständigen Kontakt mit dem Implantat stehen. Hieraus sind fünf
Vertreter (Albumin, Kollagen Typ I, Kollagen Typ II, Fibronektin und Fibrinogen)
ausgewählt worden, mit denen die Beschichtung durchgeführt worden ist. Es zeigen
sich eindeutige Tendenzen, welche Stoffe die Adhärenz verstärken bzw. abschwächen.
5.2.1 Fibrinogen und Fibronektin
Sowohl Fibrinogen als auch Fibronektin steigern bei allen klinisch isolierten Stämmen
in den durchgeführten Versuchen die Adhärenz erheblich. 1988 wurde bereits
beschrieben, dass Fibronektin die Adhärenz von S. epidermidis und S. aureus auf
Kunststoff erhöht (Dougherty, 1988). Die Versuche wurden mit der sogenannten
„Colony Forming Unit“ (CFU) Methode durchgeführt. Hierbei wird mit Bakterien
kontaminiertes Material, wie zum Beispiel ein Venenkatheder, auf einer Agarplatte
ausgerollt. Nach Inkubation in einem Brutschrank kann nach einer bestimmten Zeit die
Anzahl der gebildeten Bakterienkolonien abgelesen werden (Maki et al. 1977).
Auch Herrmann zeigte 1988, dass sowohl Fibrinogen als auch Fibronektin die Adhärenz
von Staphylokokken auf dem Kunststoff Polymethylmethacrylat (PMMA) signifikant
erhöhen (Herrmann et al. 1988).
1993 beschrieb Vaudaux, dass Fibronektin Staphylokokken stärker aktiviert, an
Kunststoffoberflächen zu adhärieren als Fibrinogen. Durch immunologische
Nachweisverfahren mit Fibronektin- und Fibrinogenantikörpern bewies er, dass eine
geringere Konzentration an Fibronektin gegenüber Fibrinogen eine stärkere Adhärenz
der Staphylokokken bewirkt (Vaudaux et al. 1993).
Diskussion 49
Das Adhärenzverhalten von S. epidermidis unter Fibrinogenbeschichtung wurde 1996
auch auf Mikrotiterplatten untersucht. Die Messung erfolgte photometrisch, nachdem
die Bakterienschicht auf den Microtiterplatten mit Kristallviolett gefärbt wurde. Auch
hier zeigte sich eine Zunahme der Adhärenz auf dem Kunststoff (Merrit et al., 1997).
Somit sind die Ergebnisse in den durchgeführten Versuchen auf den beiden Metallen
Titan oder Kobalt-Chrom-Legierung gegenüber denen auf Kunststoffoberflächen
vergleichbar. Beide Serumproteine, sowohl Fibrinogen als auch Fibronektin erhöhen die
Adhärenz der Staphylokokken. Ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden, wie
von Vaudaux 1993 beschrieben, konnte jedoch nicht festgestellt werden.
Sowohl für Fibrinogen als auch für Fibronektin existieren bindende Oberflächen-
proteine. Die meisten S. aureus Stämme bilden zwei verwandte fibronektinbindende
Proteine, FnBPA und FnBPB. Das für Fibrinogenbindung verantwortliche
Oberflächenprotein ist der Clumping-Faktor. Hier gibt es zwei Subtypen, ClfA und
ClfB (Foster and Höök, 1998). Diese zellwandgebundenen Proteine besitzen eine
typische Domänenstruktur, welche in Abbildung 18 dargestellt ist.
Abbildung 18: Aufbau Zellwand-assoziierter Proteine von S. aureus. S: N-terminale
Signalsequenz; L: Liganden-bindende Domänen; Z: Zellwand-spannende Domäne, M:
Membrananker; LPXTG-Aminosäure-Motiv als Target für das Sortase-Enzym (Ziebuhr
2004).
Diese Adhäsine stellen eine mögliche Erklärung für das verstärkte Adhärenzverhalten
dar.
Diskussion 50
5.2.2 Albumin
Für die S. epidermidis Stämme 910, 814 Rev. und Scv. stellt Albumin kein Hindernis
dar, die Metalloberfläche zu besiedeln. 910 adheriert hier teilweise sogar besser.
Für die S.aureus Stämme 907, 911 und 913 dagegen vermindert die
Albuminbeschichtung die Adhärenz. 1988 stellte Dougherty bereits fest, dass sowohl S.
epidermidis- als auch S. aureus-Stämme auf albuminbeschichteten hydrophoben
hochmolekularen Polymeren verminderte Adhärenz zeigen (CFU-Methode). Er
beschreibt weiter, dass Albumin für die Gewebeintegration des Fremdmaterials
verantwortlich ist (Dougherty, 1988). Auch Herrmann berichtet, dass eine
Albuminbeschichtung des Kunststoffes PMMA eine Verminderung der Adhärenz
bewirkt (Herrmann et al. 1988). Merrit et al. verwendeten 1996 bei ihren oben
beschriebenen Versuchen auch Albumin als Beschichtung für die Microtiterplatten. S.
epidermidis zeigte hier eine verminderte Adhärenz (Merrit et al., 1997). In unseren
Versuchen konnten die Ergebnisse von 1988 und 1996 für die Metalllegierungen
bestätigt werden. Für Albumin sind bisher keine bindenden Oberflächenproteine
bekannt. Das Fehlen solcher Proteine kann die Ergebnisse erklären, dass die Bakterien
auf Albumin nicht adherieren können. Die durch Albumin verursachte verminderte
Adhärenz der Staphylokokken lässt auch auf eine therapeutische Verwendung hoffen (s.
5.1).
5.2.3 Der Einfluss von Kollagen TypI und TypII auf Adhärenz und
Biofilmbildung
Bei Kollagen Typ I-Beschichtung ist die Adhärenz der Stämme in drei Fällen erhöht, in
drei Fällen gleichbleibend gegenüber unbeschichtetem Material. Bei Kollagen Typ II-
Beschichtung zeigt sich in 4 Fällen eine Adhärenzzunahme.
Bei seinen Versuchen 1988 stellte Dougherty bereits fest, dass eine Kollagen-
beschichtung auf Kunststoff die Adhärenz der Keime erhöht. Dies konnte hier auf
Diskussion 51
Metall ebenfalls nachgewiesen werden. Für die Anheftung an Knorpeloberflächen ist
das kollagenbindende Oberflächenprotein Cna notwendig (Timothy J. Foster und
Magnus Höök, 1998). Dieses Adhäsin erklärt möglicherweise die verstärkte Adhärenz,
die sich zusätzlich zur Biofilmbildung zeigte. Dies konnte für Kollagen Typ I in allen
Versuchen, für Typ II in 9 von 12 Fällen gezeigt werden. Die Bildung von Biofilm,
welche durch Kollagen induziert wird, ist zuvor noch nicht beschrieben worden. Dies
zeigt, dass die hier angewandte Methode Vorteile gegenüber anderen Modellen bietet.
Es ist möglich, sowohl die Adhärenzstärke zu quantifizieren als auch die
Begleitumstände der Adhärenz einzusehen. Welcher Mechanismus bei Kollagen I -
Beschichtung für die Biofilmbildung verantwortlich ist, bedarf weiterer
Untersuchungen. Insbesondere die direkte Darstellung der Biofilmbildung im REM
ermöglicht weitergehende Erkenntnisse.
5.2.4 Beeinflussung im Schüttler
Durch Bewegung der Bakteriensuspension wird die Adhärenz deutlich herabgesetzt.
Dies zeigt der Kontrollversuch im Schüttler. Während der 24 h - Besiedlung sind die
Prüfkörper mit der Bakteriensuspension kontinuierlich mit 220 rpm in Bewegung und
somit Scherkräften ausgeliefert. Durch diesen Versuch soll der Einfluss von Bewegung
auf die Adhärenz von Staphylokokken untersucht werden. Das Ausmaß der Bewegung
nach Implantation von Fremdkörpern in den menschlichen Körper ist unbekannt. Eine
vollständige Bewegungslosigkeit kann nicht angenommen werden. In Tabelle 13 sind
die Ergebnisse dargestellt. Das Adhärenzverhalten ist jeweils um etwa eine Stufe
herabgesetzt. Ob hierbei noch zusätzlich eine Schwächung der Besiedlung durch
Albumin auftritt, kann nicht geklärt werden, da auf den Prüfkörpern ohne Beschichtung
schon fast keine Bakterien adhärieren. Bei Kollagenbeschichtung finden sich
Biofilmbildung und eine Steigerung der Adhärenz. Fibrinogen und Fibronektin
bewirken eine starke Besiedlung. Es ist den Staphylokokken möglich, trotz Scherkräften
an dem Metall zu adherieren. Versuche unter Bewegung stellen realitätsgetreuere
Bedingungen für das Adhärenzverhalten von Staphylokokken dar. Scherkräfte, welche
Diskussion 52
Einfluss auf die Adhärenz nehmen, kommen auch im menschlichen Körper vor
(Mohamed et al., 1998).
Im Knochen liegt durch osteozytische Prozesse in den Caniculi ein Scherungsstress von
0-30 dyn/cm2 vor (Weinbaum et al., 1994). Aus diesen Gründen haben die Versuche
unter Scherungsstress eine hohe Bedeutung für die klinische Relevanz. Sie stellen eine
Variation der Bedingungen dar und ermöglichen eine Annäherung der
Versuchsbedingungen an die Verhältnisse im Körper.
5.2.5 Blockierung der Staphylokokkenproteinrezeptoren
Um die These, dass Proteinrezeptoren für die verstärkte Adhärenz verantwortlich sind,
zu stützen, sind Adhärenzversuche nach vorheriger Proteinbindung der Bakterien
durchgeführt worden. Die für Kollagenbindung verantwortlichen Adhäsine der
Staphylokokken wurden durch die Proteininkubation besetzt. Die Ergebnisse zeigen,
dass nach Rezeptorbindung auf kollagenbeschichteten Prüfkörpern (sowohl Typ I - als
auch Typ II - Kollagen) keine Biofilmbildung auftritt. Dies bestätigt die Annahme, dass
diese Rezeptoren an der Bildung von Biofilm beteiligt sind. Das abgeschwächte
Adhärenzverhalten lässt sich durch die Bindung von Kollagen an diesem Protein
erklären, bevor die Bakterien mit dem beschichteten Prüfkörper in Kontakt treten. Bei
immunsupprimierten Mäusen konnte durch Gabe von Kaninchen-Antikörpern, welche
an den Kollagenrezeptoren von Staphylokken binden, die Häufigkeit einer durch diese
Keime ausgelösten Peritonitis oder Sepsis verringert werden (Rozalska et al. 1994). Das
Prinzip, den Kollagenrezeptor zu blocken, bevor die Bakterien an einer Oberfläche
adhärieren und Kolonien bilden können, ist das gleiche. Die Ergebnisse sind mit denen
des Rezeptorblockversuches gut vereinbar. Im Gegensatz dazu kann bei den übrigen
Beschichtungen (Albumin, Fibrinogen und Fibronektin) nach vorheriger Inkubation der
Keime mit den Proteinen eine Biofilmbildung gezeigt werden. Der Mechanismus
hierfür ist unklar. Die Adhärenz der Stämme nach Rezeptorblockierung und
Biofilmbildung zeigt sich erhöht.
Diskussion 53
5.2.6 PLL-g-PEG-Beschichtung
PLL-g-PEG-Beschichtung vermindert die Anheftung von Stoffen aus dem Serum und
der Gewebsflüssigkeit ( Kenausis et al., 2000). Wie sich die Beschichtung auf
Infektionen auswirkt, ist noch nicht bekannt. Die Ergebnisse der Versuche zeigen bei
allen Keimen eine sehr starke Besiedlung der Prüfkörper und eine Biofilmbildung. Dies
lässt darauf schließen, dass Staphylokokken durch diese beschichtete Oberfläche nicht
an der Adhärenz gehindert werden. Im Gegenteil, es wird eine deutlich erhöhte
Adhärenz und eine starke Biofilmbildung beobachtet, was den Einsatz dieser
Beschichtung aus infektiologischer Sicht fraglich erscheinen lässt.
5.3 Zukünftige Aufgabenstellung
Bei Beschichtung von zu implantierenden Fremdmaterialien mit Kollagen, welches im
menschlichen Körper an den Implantationsstellen vorliegt, findet immer Biofilmbildung
statt. Diese extrazelluläre Substanz schützt die Keime vor der körpereigenen Abwehr
und der angewandten Antibiotika-Therapie (Dougherty 1988, Giridhar et al., 1994).
Betrachtet man diesen Biofilm als Hauptfaktor für die Therapieresistenz von
Protheseninfektionen, so muss man ihn zum Angriffspunkt einer Therapie machen.
Hierfür sind neue Ansätze gefragt, die zunächst in vitro durchgeführt werden, um später
in der Klinik zum Einsatz zu kommen.
Mit Hilfe der semiquantitativen Bewertung des Adhärenzverhaltens am REM können
nun verschiedene Methoden, welche die Biofilmbildung und die damit verbundene
Adhärenz und Resistenz vor Antibiotika beeinflussen, angewandt und beurteilt werden.
Einen Ansatz hierzu bietet die Stromapplikation der Prüfkörper. 1mA
Oberflächenstrom, der an einen metallischen Fremdkörper angelegt wird, zerstört eine
große Anzahl von Bakterien, die sich im Biofilm schützen (Wellman et al., 1996). Für
die Klinik würde dies bedeuten, dass die Endoprothesen mit einem minimalen
Oberflächenstrom versetzt werden müssten, um die im Biofilm organisierten Bakterien
Diskussion 54
abzutöten. Eine Versuchreihe, die stromversetzte und unbehandelte Prüfkörper
vergleicht, ist anzustreben. In Zukunft wäre dann eine Stromapplikation an den Gelenk-
Endoprothesen als Maßnahme sowohl zur Infektionsprophylaxe als auch als Therapie
manifester Infektionen abzuwägen.
Um Biofilm zu bilden, kommunizieren Bakterien untereinander mittels kleiner
Signalmoleküle. Häufig handelt es sich bei diesen um halogenierte Furanone. Es ist
schon gelungen ein Analogon, nämlich (5Z)-4-Bromo-5-(Brommethylen)-3-Butyl-
2(5H)-Furanon, aus der Alge Delisea pulchra zu extrahieren, welches die Bildung von
Biofilm stoppt. Diese Ergebnisse stammen aus Versuchen mit Escherichia coli (Ren et
al., 2001), Bacillus subtilis (Ren et al., 2002) und Pseudomonas aeroginosa (Hentzer et
al., 2002). Der Einsatz dieser Furanone kann neue Biofilmbildung stoppen und den
bereits vorhandenen Biofilm zerstören (Ren et al., 2002). Da hierbei große Mengen von
Bakterien in das Blut gelangen, wäre eine solche Therapie nur unter
Hochdosisantibiotikatherapie durchführbar. Auch mit S. epidermidis wurden Versuche
mit Furanonen durchgeführt. Hierbei überzog man Platten und Venenkatheder aus
Polystyren mit einem Furanon. Dies gelang durch eine kovalente Bindung zwischen
Polystyren und 3-(1-Bromhexyl)-5-Dibrommethylen-2(5H)-Furanon. In vitro wurde
bei den Platten in 89%, bei den Venenkathedern in 78% der Fälle eine Biofilmbildung
verhindert. Bei in vivo Versuchen an Schafen, denen beschichtete und unbeschichtete
Venenkatheder subkutan implantiert wurden, zeigten die mit Furanon beschichteten
Katheder weniger Bakterienwachstum. Bis zu 65 Tage lang konnte eine Infektion
verhindert werden (Hume et al., 2004). Ob diese Ergebnisse auch auf Metallimplantaten
zu erreichen sind, ist in einer neuen Versuchsreihe zu testen.
Um die Oberfläche von Endoprothesen vor der Besiedlung mit Keimen zu schützen,
wäre eine Beschichtung wünschenswert, die Biofilmbildung und Adhärenz verhindert.
Einer neuesten Veröffentlichung von Singh et al. nach käme hierfür Lactoferrin in
Frage. Es verhindert, dass Bakterien sessile Zellhaufen und Biofilm auf Oberflächen
bilden und zwingt sie somit, in freier Form zu bleiben. So sind die Bakterien für das
Immunsystem und eine Antibiotikatherapie zugänglich (Singh et al., 2002). Eine
Versuchsreihe, welche lactoferrinbeschichtete Prüfkörper mit unbehandelten vergleicht,
würde hierfür weitere Auskunft geben.
Diskussion 55
Ein möglicher Ansatz zur Prophylaxe ist der Einsatz eines Impfstoffes mit dem Ziel der
Antikörperbildung gegen Oberflächenproteine wie Cna, ClA, ClB, FnBPA und FnBPB.
Dieser könnte Patienten vor der Operation verabreicht werden.
In Tierexperimenten sind Impfstoffe gegen Staphylococcus aureus mit dem
Angriffspunkt Oberflächenadhäsine bereits getestet worden. Die Anzahl der an Sepsis
verstorbenen Mäuse, welche durch S. aureus infiziert sind, wurde durch Impfung
rekombinanter Fragmente des Kollagen-Adhäsins reduziert (Nilsson et al., 1998). Auch
gegen das fibronektinbindende Adhäsin wurde ein Impfstoff entwickelt, der bei
infizierten Mäusen das Auftreten einer nekrotisierenden Mastitis verhinderte (Mamo et
al., 1994). Bei Kaninchen hatte man ebenfalls Impfstoffe gegen Kollagen- und
Fibronektinadhäsine getestet. Zuvor geimpfte Tiere überlebten eine intraperitoneale
Staphylococcus aureus - Infektion (Rozalska and Wadström, 1994).
Um Infektionen von Gelenkendoprothesen verhindern zu können, sind die Impfstoffe
noch nicht erprobt worden. Ob Impfung eine geeignete Option in der Therapie darstellt,
ist fraglich. Eine neuere Studie ergab, dass bei der Hälfte der Patienten mit Infektion
eines Gelenks, Knochens oder einer Herzklappe die isolierten Stämme kein Cna-
Oberflächenprotein exprimierten. Dies zeigt, dass Cna nicht zwingend vorhanden sein
muss, um eine solche Infektion auszulösen (Ryding et al., 1997). Somit ist die
Gesamtheit der Staphylokokken-Stämme nicht abgedeckt und eine Infektion trotz
Impfung könnte nicht ausgeschlossen werden. Außerdem ist zu beachten, dass die
Einheit aus Gelenk und Prothese nicht im Blutstrom liegt. Die immunologische Abwehr
erreicht die großen, im Knochen verankerten Fremdkörper nur sehr eingeschränkt.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass Kollagen einer von vielen Faktoren ist, der an
der Biofilmbildung von Staphylokokken beteiligt ist. Da die Pathogenitätsmechanismen
von Staphylokokken noch nicht vollständig verstanden sind, und es nur sehr begrenzt
Therapiemöglichkeiten gegen Biofilm gibt, ist weitere Grundlagenforschung essentiell.
Zusammenfassung 56
6. Zusammenfassung
Die Anzahl an implantierten Gelenkendoprothesen hat in den letzten Jahrzehnten stark
zugenommen. Mit ihr auch die Anzahl an Protheseninfektionen. Die Haupterreger sind
Staphylokokken (>80%). Diese sind in vivo unempfindlich gegenüber Antibiotika und
somit ist die einzige sinnvolle Therapie der Ausbau der infizierten Prothese, welcher
lange und kostenspielige Krankenhausaufenthalte für den Patienten mit sich bringt. Der
Grund für diese Resistenz der Bakterien liegt darin, dass sie zur Biofilmbildung fähig
sind und sehr gut an Fremdkörper-Oberflächen adhärieren können. Welche Methode
nun geeignet ist, die Adhärenz von Staphylokokken am besten unter klinisch relevanten
Bedingungen zu untersuchen, ist zu prüfen.
Das in der Arbeit entwickelte Modell ermöglicht eine semiquantitative Bestimmung der
Adhärenz. Für die Versuche wurden Metallprüfkörper aus Titan und Kobalt-Chrom-
Legierung verwendet. Zuvor wurden diese Metalle mit bestimmen Reinigungs- und
Sterilisationsvorgängen gesäubert. Ein Teil der verwendeten Prüfkörper ist vor
Beimpfung mit den Keimen durch Serumproteine bzw. Gewebsflüssigkeiten beschichtet
worden, um das Anheftungsverhalten unter verschiedenen Bedingungen beurteilen zu
können. Hierfür wurden Albumin, Kollagen Typ I und Typ II, Fibronektin und
Fibrinogen verwendet. Sieben Titan-Prüfkörper sind in Schlieren (Schweiz) durch ein
spezielles Verfahren mit PLL-g-PEG, einem Makromolekül welches die Adhäsion von
Proteinen herabsetzt, beschichtet worden. Eine Auswirkung durch Infektionen sollte
hierbei überprüft werden. Die Auswertung wurde unter REM-Betrachtung durchgeführt.
Hierbei ist eine semiquantitative Abstufung der Adhärenzkraft von 1-5 getroffen
worden.
In den Ergebnissen zeigten die beiden verwendeten Metalle Titan und Kobalt-Chrom-
Legierung keine wesentlichen Unterschiede in der gezeigten Adhärenz von
Staphylokokken. Durch die Serumprotein- und Gewebsflüssigkeitsbeschichtung ließen
sich Unterschiede unter verschiedenen Bedingungen feststellen. Fibronektin und
Fibrinogen bewirken eine starke Zunahme an adhärenten Bakterienzellen. Kollagen Typ
I und II zeigen eine leichte Adhärenzverstärkung und bewirken Biofilmbildung.
Zusammenfassung 57
Albuminbeschichtung reduziert die Anzahl adhärenter Staphylokokken. Die PLL-g-
PEG Beschichtung löst starke Adhärenz und Biofilmbildung aus.
Die hier angewandte Methode, kontaminierte Metallprüfkörper unter dem
Rasterelektronenmikroskop zu betrachten, eignet sich um das Adhärenzverhalten von
Bakterien zu beurteilen. Dabei lassen sich die Versuchsbedingungen auf vielfache
Weise verändern. Verschiedene Metalle und andere Materialien können miteinander
verglichen werden. Des Weiteren ist es möglich, unterschiedliche
Proteinbeschichtungen vorzunehmen, um deren Einfluss auf die Adhärenz zu zeigen.
Zusätzlich ist eine Durchführung der Versuche unter Bewegung möglich, was eine
Annäherung an die Verhältnisse im menschlichen Körper bedeutet. Neben
Staphylokokken könnten auch andere Bakterienspezies untersucht werden.
In dieser Studie wird erstmals gezeigt, dass Kollagen eine Biofilmbildung bei
Staphylokokken induziert. Dies bedarf weiterer Untersuchung, welcher Mechanismus
hierfür verantwortlich ist.
Die PLL-g-PEG Beschichtung hat auf Infektionen keine erfolgsversprechende Wirkung.
Im Gegenteil, es kommt zu einer starken Besiedlung des Fremdmaterials.
Albumin dagegen zeichnet sich durch eine Herabsetzung der Adhärenzstärke aus.
Daraus könnte man therapeutischen Nutzen ziehen und Implantate vor Einbau mit
Albumin beschichten.
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Abkürzungsverzeichnis 66
8. Abkürzungsverzeichnis
Abkürzung Erklärung
°C Grad Celsius
Abb. Abbildung
al. aliud
bzw. beziehungsweise
CAPD Kontinuierliche ambulante
Peritonealdialyse
CFU colony forming unit
cm2 Quadratzentimeter
dest. destilata
dyn Einheitssymbol der Kraft im CGS-System;
105 dyn = 1 N = 1 kg m s-2
epid. Epidermidis
g Gramm
h Stunde
KNS Koagulase negative Staphylokokken
l Liter
M molar
m Masse
mg Milligramm
min Minute
ml Milliliter
MRSA Methicilin resistenter Staphylococcus
aureus
nm Nannometer
OD Optische Dichte
PBS Phosphat buffer sialine
PIA Polysaccharid Intercellular Adhesin
PLL-g-PEG Poly(L-lysine)-g-Poly(ethylene glycol)
Abkürzungsverzeichnis 67
REM Rasterelektronenmikroskop
Rev Revertante
rpm rounds per minute
RT Raumtemperatur
S. Staphylococcus
s. siehe
s.c. small colony
SDS Sodiumdodecylsulfat
TSB Trypticase-Soy-Broth
ÜN Übernacht
ÜNK Übernachtkultur
UV ultraviolett
vgl. vergleiche
XPS X-Ray photoelectron spectroscopy
Danksagung
An erster Stelle danke ich Herrn Professor Dr. Jochen Eulert für die Vergabe des
Themas und Herrn Professor Dr. Jörg Hacker für die Bereitstellung des Arbeitsplatzes
am Institut für molekulare Infektionsbiologie.
Bei Frau Dr. Wilma Ziebuhr und Dr. Stephan Kirschner bedanke ich mich ganz
besonders für die gemeinsame Betreuung der Arbeit. Die Kooperation zwischen der
Orthopädischen Universitätsklinik und dem Institut für Infektionsforschung hat Dank
Ihnen bestens funktioniert. Ihr stetiges Interesse, Ihre Geduld und Ihr Optimismus
haben wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen.
Das wissenschaftliche Arbeiten im Labor wäre für mich sehr schwierig gewesen, wenn
da nicht eine Menge netter und hilfsbereiter Mitarbeiter gewesen werden. Auf meine
vielen Fragen bekam ich immer freundliche und kompetente Antworten. Vielen Dank
an Svetlana Kozitskaya, Katja Dietrich und Simone Geyer um nur wenige der vielen
Namen zu nennen.
Claudia Gehring und dem ganzen Team am Rasterelektronenmikroskop danke ich für
die Geduld und kompetente Hilfe.
Bei Hilde Merkert, die mir besonders bei meinen ersten Versuchen am
Rasterelektronenmikroskop tatkräftig zur Seite stand möchte ich mich vielmals
bedanken.
Zum Schluss bedanke ich mich ganz herzlich bei meinen Eltern, die mir dieses Studium
ermöglichten und sich stets dafür interessierten. Für meine Probleme hatten sie immer
Lösungen und standen mir mit Rat und Tat zur Seite.
Lebenslauf
Persönliche Daten:
Name: Andreas Freytag
Geburtstag: 03.03.1978
Geburtsort: Würzburg
Familienstand: ledig
Religion: römisch-katholisch
Name und Beruf des Vaters: Friedrich Freytag, Gymnasiallehrer
Name und Beruf der Mutter: Christa Freytag, Grundschullehrerin
Ausbildung:
Schulischer Werdegang: 1984-88 Grundschule Versbach
1988-97 Friedrich-Koenig-Gymnasium Würzburg
27.06.97 Erlangung der Allgemeinen Hochschulreife
Universitärer Werdegang: Sommersemester 1998 Beginn des Studiums der Medizin
in Würzburg
05.04.2000 Ärztliche Vorprüfung
22.03.2001 Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
03.09.2003 Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
19.11.2004 Dritter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Beruflicher Werdegang: ab 01.01.2005 Assistenzarzt in der Chirurgischen Klinik I
Diakonie-Krankenhaus Schwäbisch Hall