Autonomie trotz Demenz?
Dr. Christoph GerhardNeurologie/Palliativkonsiliardienst Katholische Kliniken Oberhausen
Autonomie bei Demenz
• Kognitive Einschränkungen • Z.B. Störungen
– des Gedächtnisses
– der Urteilsfähigkeit – der Sprache
– des räumlichen Vorstellungsvermögens
• Emotionalität lange gut erhalten
Autonomie trotz Demenz
• Eine Frage der Haltung
• Defizit orientiertoder
• Ressourcenorientiert
Suche nach Autonomie
Suchende Haltung • Validation• Basale Stimulation• „Spurenlesen im
Sprachdschungel“Svenja Sachweh
Natürlicher Wille
OLG Hamm 2001:• „Der natürliche Wille ist der Wille, der in
einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit gefasst wird.“
Autonomie
• Aktueller Wille– Natürlicher Wille
(Willensäußerungen des eingeschränkten Menschen, z.B. Magensonde ziehen, weglaufen etc.)
• Mutmaßlicher Wille• Vorausverfügter Wille (Patientenverfügung)
• Stellvertretende Entscheidung (Vorsorgebevollmächtigte, Betreuer)
Autonomie weiter erzählen
• Menschen, die den Demenzbetroffenen und seine vergangenen Entscheidungen gut kennen, erzählen davon
• Mutmaßlicher Wille• Vorsorgevollmacht
Brief aus der VergangenheitPatientenverfügung
• Vorausverfügung aus vergangenen Tagen• Noch aktuell? Vorletzte Auflage?• Rechtlich bindend• Eine Frage der Qualität
Diagnosemitteilung
• Weniger als 50% der Ärzte klären aufClafferty et al. 1998
• 70 % der Betroffenen wünschen eine Aufklärung Lämmler et. al. 2007
• Keine Zunahme depressiver Symptome oder Suizide ein Jahr nach AufklärungPinner et al. 2003
Breaking bad news (SPIKES)
• Setting- Gesprächsrahmen• Perception- Kenntnisstand des Patienten• Invitation- Informationsbedarf des
Patienten• Knowledge- Wissensvermittlung• Emotions- Emotionen ansprechen und mit
Empathie reagieren• Strategy + Summary-
Planen + Zusammenfassen
Aus der Sicht eines Betroffenen
Richard Taylor:• „im schlechtesten Falle treffen sich die
Fachleute… ohne mich mit meinen Angehörigen, wobei diese reihum ihre Klagen über mich vorstellen“
• „Wir geben uns Mühe und versuchen zu kommunizieren, auf unsere Art. Bitte würdigt das.“
R. Taylor „Alzheimer und ich“ Bern 2008
Eine Frage der Würde!
Chochinov:• A = Attitude, Haltung• B = Behaviour, Verhalten• C = Compassion, Mitgefühl• D = Dialogue, Dialog
Der Rahmen:„Ethik auch für Demente?“
• Traditionelle Ethik schreibt Personen Fähigkeiten zu
• z.B. H. Tristam Engelhardt 1986:
• aber auch bei Kant und im Utilitarismus
– selbstbewusst– rational– frei zu entscheiden– im Besitz eines moralischen Bewusstseins
• Entwertungen von Menschen mit Demenz und deren Autonomie
„Ethik als Schutzbereich“
• Ethik des bedürftigen Menschen• Von der Leiblichkeit des Menschen
ausgehend• Ohne Logik des Gebens und Nehmens• Nichtexklusive Ethik, die die Autonomie
des Demenzbetroffenen achtet
Integration
• (Natürlicher) Wille• Vorausverfügter Wille (Brief aus der
Vergangenheit)• Mutmaßlicher Wille (Weitererzählung)
Gesamtkonzept:
Autonomie trotz Demenz• Suche nach
– Natürlicher Wille, – weitererzählter Wille,
– schriftlich fixierter Wille
• Stellvertretende Entscheidung– Dialog– Unterstützt durch Ethikberatung