Transcript
Page 1: „Wersolltegehen,wennnichtwir“ · ZwaristdieEbola-Epidemiemittlerwei-leausdenSchlagzeilenverschwunden, unddieTodesratesinktstetig,dennoch kämpfendieMenscheninWestafrika nachwievorverzweifeltgegendastöd-

Zwar ist die Ebola-Epidemiemittlerwei-le aus den Schlagzeilen verschwunden,und die Todesrate sinkt stetig, dennochkämpfen dieMenschen inWestafrikanachwie vor verzweifelt gegen das töd-liche Virus. Marianne Frank-Mast undihrMannWalter Mast werden helfen.

Von Heike Dürr

ALTHÜTTE. In Deutschland werden hän-deringend freiwillige qualifizierte Helfergesucht. Allein beim Deutschen RotenKreuz reichen die Bewerberzahlen beiWeitem nicht aus, um den Betrieb allerGesundheitsstationen langfristig zu si-chern. Dazu kommt, dass von 500 Bewer-bern nur gut 200 überhaupt für den Ein-satz geeignet sind.

Zwei davon sind Marianne Frank-Mastund ihr Mann Walter Mast aus Althütte.Die gelernte Krankenschwester und er-fahrene Entwicklungshelferin und derAllgemeinmediziner mit tropenmedizini-scher Ausbildung und Erfahrung verfü-gen über genau die Eigenschaften, diedas DRK sucht: Sie haben eine fundiertemedizinische Ausbildung, Erfahrung undsprechen gut Englisch.

Walter Mast reist daher bereits nächs-ten Donnerstag nach Liberia. MarianneFrank-Mast wartet noch auf Einsatzter-min und -ort, am kommenden Montaggeht es für sie aber bereits ins Ebola-Trainingszentrum nach Würzburg.

Das dreitägige Trainingslager dort hatihr Mann bereits absolviert und sich dasnotwendige Know-how zum Selbstschutzund zum Schutzdes Teams angeeig-net. Geübt wird,wie man Schutz-kleidung an- undvor allem wiederauszieht, ohne sichselbst zu infizieren.„Dazu sind sehrviele Schritte notwendig“, erzählt Mast.Und die Arbeit in einem Zweierteam.Zur doppelten Absicherung der Selbst-schutzmaßnahmen, aber auch zur auf-merksamen Beobachtung des Partners.„Denn das Tragen der Schutzanzüge inAfrika ist eine große gesundheitliche Be-lastung“, erklärt er. „Man hat es mit Tem-peraturen von durchschnittlich 45 GradCelsius zu tun. Dazu kommen eine ext-rem hohe Luftfeuchtigkeit sowie die psy-chische Belastung.“

In der Theorie geht man von dreiStunden möglicher Arbeitszeit unter die-sen Bedingungen aus, in der Praxis ist esmaximal eine Stunde. Um das durchzu-halten, musste das Ehepaar einige Vor-untersuchungen über sich ergehen lassen.Geprüft wurde die Tropentauglichkeit,die durch Blutwerte, ein EKG und dasAbklären der psychischen Belastbarkeitfestgestellt wird. Dazu gehört eine Reihevon Impfungen gegen Cholera, Typhus,Meningitis, Hepatitis, Tollwut und Gelb-fieber. Auch eine Feuerwehruntersu-chung ist vorgeschrieben. Sie dient nor-malerweise dazu, Feuerwehrleute fit fürden Einsatz mit Atemschutzgerät zu hal-ten. „Auch unter den extremen klimati-schen Bedingungen und im Schutzanzugist das Atmen schwer, eine doppelteSchutzbrille erschwert es zusätzlich.“

Marianne Frank-Mast und ihr EhemannWalter Mast sagen dem tödlichen Ebola-Virus inWestafrika den Kampf an

Für den Einsatz in tropischer Hitze gerüstet: EntwicklungshelferinMarianne Frank-Mast und ArztWalter Mast aus Althütte. Foto: E. Layher

„Wer sollte gehen, wennnicht wir“

Gerne wäre das Ehepaar Mast gemein-sam zu dem Ebola-Einsatz aufgebrochen.Doch das war nicht möglich. Für die bei-den bedeutet das einen deutlich höherenZeit- und Organisationsaufwand sowieeine lange räumliche Trennung. Denn ne-ben der Allgemeinarzt-Praxis in Althütteleiten die beiden seit mehr als zehn Jah-ren ihren Verein Mädchenschule Khadig-ram. Sie haben zwei Schulen im Nordos-ten Indiens aufgebaut und mittlerweilemehr als 500 Mädchen beschult. Aktuellkönnen 60 Schülerinnen dank der Mastslesen, rechnen und schreiben lernen.

Frank-Mast wird gleich nach ihrerRückkehr aus Würzburg nach Indienfliegen. Ihre regelmäßige Präsenz dort isteines der Qualitätsmerkmale der Initiati-ve. Ihr Mann ist dann schon auf dem Wegnach Liberia.

Freunde, Bekannte und die Menschenin Althütte reagieren unterschiedlich aufden bevorstehenden Ebola-Einsatz.

„Entweder finden sie unser Engagementtoll, oder sie haben Angst vor einer mög-lichen Ansteckung“, so Walter Mast.Doch für ihn und seine Frau stehen dieseBedenken nicht im Vordergrund. „Wersollte gehen, wenn nicht wir“, fragt sie.Die Familie kennt Liberia, hat Ende der70er-Jahre für ein Jahr dort gelebt undgearbeitet. Für ihr Mädchenschulprojekthaben die beiden medizinische Campsunter widrigsten Bedingungen geplantund durchgeführt. Neben fachlicherQualifikation und Erfahrung haben siedurch ihre unzähligen Reisen nach Indi-en gelernt, mit Leid und Elend umzuge-hen. Das erwartet sie auch in den Ebo-la-Gebieten. „Wir werden natürlich mitdem Tod und tragischen persönlichenSchicksalen konfrontiert werden.“ Auchdie extremen klimatischen Bedingungensind ihnen vertraut. „Wir werden alsonicht ins kalte Wasser springen.“

Dankbar sind beide dafür, dass Dr.

Gerhard Erchinger aus Murrhardt diePraxis für neun Wochen übernimmt.Denn an den fünfwöchigen Einsatzschließt sich eine dreiwöchige Quarantä-nephase an. Über eine mögliche Anste-ckung sollte sich daher niemand aus ih-rem Umfeld Sorgen machen. Ebola wirddurch Körperkontakt und Körperflüssig-keiten wie Speichel, Blut oder Urin über-tragen. Die Masts: „Wir halten uns striktan die No-Touch-Policy: Kein Hände-schütteln, keine Umarmungen.“

Dreitägiges Trainingslager inWürzburg:Walter Mast im Schutzanzug. Foto: privat

Schutzanzügein den Tropensind eine großeBelastung

Recommended