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BeitrHge zur Valenzlehre 1.

Ableitung der StIureformeln auf 6rund eines Gesetzes Uber die homtiopolare Atombindung.

Von HEINRICH REMY.

Voii den in neuerer Zeit unternommenen Deutuugsversuchen der chemischen Bindung auf Grund von bestimmten Vorstellungen iiber den Aufbau der Atomvalonzsphiire aus Elektronen hat in erater Linie die von W. KOSSEL~) ausgearbeitete Theorie Anklang gefunden, Diese ist von ihrem Urheber mit Erfolg bisher lediglich auf die h e t e r o p o l s r e Atombindung angewandt x-orden.

Eine eigentumliche, den Foi meln der Souerstoffsiiuren (und, so- vie1 icli bis jetzt iibersehe, auch groJ3en Klassen andorer Komplex- verbindungen im weiteren Sinne) zugrucde liegende GesetzmaBig- keit scheint mir suf einen Weg hinzuweisen, auf dem man den Gruadgedanken K O S S E L ~ von der ausgezeichneten Stabilitiit gewisser Elektronenverbtinde auch fur die Deutung der homoopo la ren Atombindung nutzbsr machen konnte.

Als Grundmerkmd s t r eng homo o p olar e r c h emi s c h er 2, Bindung ist Kohl der gemeinsrtme Bes i t z von Elekt ronen3) seitens der homiiopolar aneinander gebundenen Atome snzusehon. Dabei bi sucht man aber nicht notwendig vorsuszusetzen, daS zwei homoopolar Yerbundene Atoine ihre s am t l ichon Elektronen ge-

l ) Ann. d . Phy8. 49 (lela), 229. 2) Die VAN DEE W u s c h e n uiid bhnliche Ki%fte, welche bekantlich

DBBYE neuerdinge euf Orund von Influenzwirkungen der Atumfelder zu deuten vermocht hat, pflegt man nicht in den Begriff der ,,chemiechen Bindung" ein- zo beziehen.

3, Der gemeinsame Besitz von Elektronen spielt in der yon I. LAXQMUIR [Jotcrn. A m . Chem. Soc. 41 (1919), 8681 entwickelten Velenzthoorie eine grund- legend0 Rolle. LANQMIJIB &It den gemeinsclmen Eesitz von 1-3 Elektronen- paren durch zwei Valenzsysteme fur maglich. Da er aber kein Kriterium drsfiir qibt, w a n n 1, 2 oder 3 Elektmnenpaare die Bindung vermitteln, l&Bt die Dectung der chemischen Verbindungen auf Grund seiner Theorie der Willkiir zu groBen Spielraum.

266 H. Rumy.

meineam haben; sondern der feste Zusammenhalt zweier nic h t ent- gegengesetzt aufgeladener Atome erscheint auch begreiflich, wenii nur e in Teil der in der Valenzsphare befindlichen Elektronen den Zusammenhalt der Kerne vormittelt, d. h. zii beiden Kernen bzw. zu den ubrigen Vtrlenzelektronen beider Kerne Beziehungen unter- halt. Wenn im folgenderi von ,,gemeinsamem Besitz" von E lek t ronen die Rede i s t , soll n u r a n das Bcstehen solch gemeinsamer Beziehungen (die nicht notwendig in einer raum- lich symmetrischen Orientierung jedes einzelnen des die Verbindung vermittelnden Elektronen zu beidon Atomkernen ihren Ausdruck zu finden brauchen) gedach t werden. Ebenso soll h i e r u n t e r Xugehorigkeit zu dem ,,Valonzsystem'L oder zu de r , ,Valenz- sphare" eines bes t immten Atoms n ich t lediglich die ri iumliche Orient ierung anf einer den Kern dieses Atoms umgebenden Kugelschale ve r s t anden werden, sondern es soll dnmi t allgemeiner die Tei lnahme a n de r Bildung i rgendeines d u r c h Stabi l i t i i t ausgezeichneten Verbandes m i t Beziehung auf das i n F r a g e kommende Atom ge- ineint sein. Das durch die in solcher Weise miteinander ver- lruppelten Elekhonen erzeugte Gebilde will ich niit dem nenti aleri Au.;druck ,,El e k t r onenv erei n"1) belegen.

Wenn die streng homoopolaren Verbindungen in dem oben be- zeichneten Sinne Elektronen gemeineam haben, so mu0 man auf Grund des Umstandes, daf3 suf eine scharfe Trennungslinie zwischen hornoo- und heteropolarcn Verbindungen die chemischen Ta tsachen in keiner Weise hindeuten, schlieBen, daB auch noch bei den anf der Grenze zwischen Homoo- und Heteropolaritat stehenden Ver- bindungen dieses der Fall sein kann, freilich so, dab hier die beiden htomen gemeinsamen Elektronen stets dem einen Sys tem ,,enger" 81s den anderen angehoren2); bildlich ausgedriickt: daB die von einem Atom abgespaltenen Elektronen ,,nicht immer vollig ab- gespalten zu werden br auchen .' '

Es e rheb t sich n u n die F rage , ob i n solchen Fal len die Zugehorigkeit de r , ,unvollstiindig abgespnltenen" E lek t ronen zur ,,Sph&re" des Mut t e ra toms noch so eng sein kann , daB sekundar auch inne rha lb dieser Sphiire

l) a e r die Griinde zur Wahl dieses Ausdrucks vgl S. 265. Bereita KOSSXL deutet diese Verhiiltnieee an (a. a. 0. S. 360, bei der

Erwiihnung dea Borntickatoffa), ohm abar sie in seiner Theorie miter zu beriick- sichtigen.

S a u r e f m e h ay'Qruud e i m Ghelxes iibw d. homoopolare Atontbindung. 257

das Bestrobeii zu r Bi ldung e ines ,,Vereins" a u f t r i t t . ebeiiso wie in e r s t e r Lin ie i n de r Valenzspharo des den E lek t ronen gegenuber s t a r k o r a f f inen Atoms Rich Ver- eine (von j e 8 E lek t ronen) gebi ldot haben .

Der Sinn dieser Frage moge an einem Beispiel erlautert und im AnschluS daran ihre Beantwortung versucht werden.

Fur das Zusammentreten dos Schwefels rnit Sauerstoff m Schwefe l t r ioxyd ist nach KOSEEL das Bestroben des Sauerstoff- molekuls maagebend, in von je acht Elektronen umgebene Sauer- stoffkerne zu zerfallen. Die Elektronen, die der Sauerstoff dabei aufnehmen mu13, werdeii voni Schwefelatoin geliefert, das ein ge- ringeres Bindungsvermogen fur negative Ladungen als der Sauer- stoff hat. Da der Schwefel sechs Elektronen abzuspalten vermag, big seine Hulle ,,edelgasahnlich" geworden ist und jedes Sauerstoff- atom, um edelgasiihnlich zu werden, zwei Elektronen aufnehmen muD, so vermag das eine Schwefelatom drei Sauerstoffstome zu ionisioren ; diese drei negativ geladenen Sauerstoffatome lagern sich an den positiv geladenen Schwefel an. Die Bildung des neutralen Molekiils SO, id, hierdurch befriedigend erklgrt.

Weshalb e rweis t sich diefies Molekul a b e r nls un- g e s a t t i g t ? Weshalb l a g e r t es, soba ld 8 s dazu Gelegen- h o i t f i n d e t , noch ein v i e r t e s n e g a t i v geladones Saue r - s to f f a tom a n ? -- KOSSEL sucht m a r begreiflioh zu machen, daS neutrale Gruppen, wie SOs, noch weitere ionisiorte Atome zu binden vermogen.l) Fur die Anlagerung gerade e iner bes t immten Zahl yon Atomen an das Zentralatom kann er jedooh keinerlei ursach- liche Griinde anfduen, weshalb er hier auf die WERmRsche KO- ordina tionszahl zurucligreift. Diese ist aber lediglich der Ausdruck einer E r f a h r u n g s t a t s a c h e und laat sioh nicht zu einer ,,Er- klkung" im valenztheoretischen Sinne verwenden. WERNER selbst hat die Koordinationszahl teilweise auf riiumliche Verha l tn i sse auruckzufuhron vermoch t.3 Die Bevoreugung der Koordimtions- xahl sechs erlrliirt sich nech ihm aus der Neigung der angelagerten htome bzw. Atomgruppen zur Anordnung in den Ecken einefi Oktaeders. Fiir das Abweiohen von diesem Normalwert sechs auch bei koord ins t iv gesmttigten Verbindungen hat sich jedoch eine Ursache bisher nicht rtuffinden lrrssen. Die Frage, wes-

') 8. 8. o,, s. 270ff. U. ! m f . a) Vgl. A. WIIENEE, Neuere bhauungen m., 4. Aufl. (lBeO), 68f .

258 li. Remy.

ha1 b der sechawertige Schwefel die Koordinationseahl vier hat, der vierwertige dagegen die Koordinationszahl drei , liiSt sich auf G w d der WERNaRBchen Theorie a h i n nich t beantworten.

Sollte, aber fur d i o Bi ldung der Verbindung SO," n ich t eine im Pr inz ip gleichart ige Ursache maSgebend sein, wie sie f u r . d i e Bi ldung der Verbindung SO, maB- gebend gewesen i s t , niimlich wiederum das Bestreben der Elek t ronen , einen Verein von a c h t zu bi lden?

Das Schwefelatom hat sechs Elektronen abgespalten , aber da der elektrische Gegensstz awischen Souerstoff und Bchwefel als homologen Stoffen nnr sehr gering ist, wird man mit dem gleichen Recht die Verbindung SO, zu den homoopolaren reohnen konnen wie zu den heteropolaren. Man wird also annehmen durfen, daS die sechR Elektronen von dem Zontralatom nicht giinzlich abgespaltenl) aind. Da nun in der Valenssphiire des Schwefeh ebenso wie in der des Sauerstoffs, wem ouch etwas rjchwiicher, die Tendena zur Bildung eines Vereins yon 8 Eloktronen vorhanden ist (wie aus der Existena des S"- Ion8 herrorgeht) , so erscheint es mir durchaus denkbar, did auch die ,,unvollst&ndig abge- spaltenon" 1) Elektronon in dieser Sphiire diese Tendenz noch besitzen. Sie werden also bestrebt sein, noch zwei Elektronen in ihre Sphiire hineinzubeziehen , wodurch die Anlagemg eines und gerade eines doppelt negativ geladenen Sauerstoffstoms ihre Erklilrung findcht .

Aug dom gleichen Grunde wird daF Molekiil SO,, ein ionisierte% Sauerstoffatom anzulagern, bestrebt sein und zwar gleichfalls nur eines (whhrend die aus der Verbindung SO," abgeleitete Koordi- nationsznhl 4 fur den Schwefol die Anlagernng von zwei ionisierten Sauerstoffatomen fordern wiirde), da nach Anlagerung desselben wegon der vorher bereits vorhandenen ewei freien Elektronen der um das Zentralatom gebildete Verein, den ich kurz , ,Zentral- verein" nennen mill, bereits acht Elektronen besitzt. Erst wenn die zwei freien Elektroncn aus diomm Verein en t fe rn t werden, i a t die Gruppe fiihig und bestrebt, ein weiteres ionisiertes Sauerstoff- atom xu binden (ifbergang yon SO," in 60," duroh Oxydation).

I ) Ich bemerke nochmeb, daB der Andruck ,,unvoilstlindig abgesplten" bildlich eu vemtehen iet, indem ich bextiglich wirier Deutung auf die Am- f m n g e n am BCUaese dieser Athandlung vcrrrc~.

Siiurefcrmctn auf G t u d c i w Cfcsetzee Uber d. homoopo~8Atombi~ung. 259

Wir wollen solche Radikale, bei denen an das Zentralatom ohne gleichzeitige Oxydation (d. h. Elebtronenabspaltung) keine -4tome mehr angelagert werden konnen, als ,,koordinativ gesiittigt" bezeichnen. Dann gehoren zu den koordina tiv geshttigten Ver- bindungen alle ,,Ortho"-Sauren, auch die der niedrigeren Wertig- keitsstufen. Unsere Uberlegungen fiihren uns , wie wir gesehen haben, dazu, als Grund fur die koordinat ive Sht t ignng der Siiureionen die Erreiohung einer besonders Rnsgezeich- neten Elektronenzahl im Zentralverein anzusehen, also die ohen gestel l te Frage , zuniichst vermutungsweise, zu b e j ahen.

Es i s t nun auBerordentlich bemerkenswert , daS n ich t allein die besprochenen Siiuren des Schwefels, sondern alle bekannten koordinat iv gesa t t ig ten Snuerstoffs luren (j;Orthosiiuren"), die sioh von den einem Edelgase v o r a u f - gehenden Elementen ab le i ten , in ih ren ,,Zentralvereinen" d i e Elektronenzahl 8 aufweisen, also dieselbe Zahl, die auch sonst in den Valenzsystemen ihrer Zent ra la tome eine besondere Stabi l i t i i t bedingt (wie die freien nega- t iven Ionen bzw. die Wassers toffverbindungen zeigen). E ine Ausnahme bilden lediglich die Sauerstoffsiinren der Elemente u n t e r h e l b des Siliziumsl) und zwar aller (seu er s t o f f s liur en b i l d en der) E l em en t e u n t er h a1 b d e s Sili - ziums; aber bei diesen weist der Zentralverein auch w i e der u bereins t immen d s t e t s dies el be Ele k t ronenzehl a-nf, niimlich sechy.

Dies zeigt die folgende Tabelle 1, die die (einkernigen) Sauer- stoffsBuren aller Elemente enthlilt, die in einer Reihe des perio- dischen [Systems jeweils dem darin enthaltenen Edelgas vorausgehen, soweit diese uberheupt solche Sauren bilden und deren Zusammen- setzung sicher genug bekannt ist. Stimtliche Oxydat ionsstnfen, von denen SauerstoffsLuren oder diesen iihnliche Verbindungen be- kannt sind, werden in der Tab. 1 berucksichtigt. Der Vollstandigkeit und Ubersicht halber ehd auch die Sguren mit Mull Sauemtoffatomen, d. h. die Wasserstoffsluren sufgenommen.

l ) Ob auch das Zinn eine Auanshme bildet, ist freghoh, da noch nicht be- kannt ist, ob die Verbindungen R,SnO, und H,SnO, bereita im obigen Ginne koordinntiv gedittigt a i d .

Tabelle 1 .

voraafgehenden Elemente. Wmseretofiarbindungen und einkernige SaueratoLauren der den Edelgaaen

........... __ .. _ _ .. - ... - __ - . . - . __ . 1 1 2 1 3 : ~ 4 : 5 i t j j 7 j 8 j 9

-

.. . . . . . . . . . . . . .

I

1 Ione atoms ...... '. . . .. .- ..... - -. -~

~

35 b r i VII j H ~ o , ? I HBeO.

1 t I HBr

.___ [A.SO,]"' 1 - 3 [As0,]H2'11)j - 1

-. I - -- [SeO,]" - 2 [Seo,]" 1 - 2

- I -

- - 1 - 1 - 1

Br'

Saurefornieln auf cfrund e h e s Qeeetzmiibsrd. hornoopo2ap.e Atonabinduy. 26 1

Tabelle 1. (Fortsetzung.)

2 1 3 1 4

HiTeOj I

I 1 1 H,Te

53 I J I VII ' H,JO, 1 HJO, ! ; I HJO

-

[ SbO,]"'le) [ Sb0,]H,"7)i

I -

+ 6 + 3 - 3 + 6 + 4 - 2

__

B e m e r k u n g e n zu T a b e l l e 1.

l ) In dl3riger Liisung lagert das [Bod"'-Ion zwei Wssserstoffionen an. Fur die Existena des k o o r d i n a t i v gesLt t ig ten [BO,]H,'-Ions in solchen L6aungen spricht die Zusammensetzung beispielsweise der &us wLI3riger Lijsung erhiiltlichen Erdalkaliborate vom Typus (30, B,O,, 2H,O = Ca(HdBO,]), und die Darstellbarkeit von Orthoboreten auf pyrochemischem Wege.

*) Da der Bowasserstoff R,H, cin zweikorniges Gebildc darstellt, hiingt die Zahl, die man ftir die Elektronen der Vereine erhiilt, uon der Annahme uber die Zahl der die Bindung der beiden gleichen Kcrne vermittelnden Elektronen ab, fur deren Ermittelung sich ein Verfahren vorkufig noch niuht angeben la&, aus welchem Grunde von der Aufnahme weiterer mehrkerniger Verbindungen in die Tabelle abgesehen wurde. Die Zahl 8 hat zur Voraussetzung, daO die Bindiing der beiden Borkerne durch 4 Elektronen vernlittelt wird.

Es kondemiert sich sber sehr leieht zu untemalpetriger Siiure Vgl. ASBOOS Hendbuch der anorgen. Chemie 111, 3, 6. 122.

3 Je nach der fur daa Ion [NH,OT vorausgesetztenKonstitution - der Sauer- atoff konnte als O-- oder ah HO- an des Zentralatom gebunden sein - erhiilt man eine verschiedene Zahl fur die Elektronen des Zentralvereins. Die Tat- emhe, daD bestimmte organischc Derivate des Hydroxylamins (namlich die vom "ypua R,C : NOH) Ieichter das Ion [R,C : NO]' bilden als das Ion [R2C : NOH,]' (vgl. ABEGCW Handbuch 111,3, S. 116). macht wahrscheinlich, daB das Sauerstoff- atom mit b e i d e n negcltiven Bedingungen a n das Stickstoffatom gebunden (d. h. am Zentralverein beteiligt) ist. Fur diesen Fall erhiilt man ale Geeemt- elektronenzahl des Zentralvereins die in der Tabelle wiedergegebene Zahl 8.

3, Der gaeformige Fluomamratoff ist zwar bei Zimmertemperatur bi- molekular; in seiner %sung und erst recht in den Lijvungen der Alkalifluoride

3) HNO (Nitroxyl) echeint fur sehr kuize &it existenzfahig zu sein.

Z urolg. u. .Us. Cholr. Bd. 116. 18

262 H. P&m;Y.

tiberwiegen jedoch die Ionen F’ betriiohtlich gegeniiber den Ionen [HFJ’ (vgl. ABEQQS Handbuch IV, 2, S. 36).

@) Ob dem Alumination die Formel [AlO,]”’ oder [AlOJH,’ zukommt oder vielleicht [AlOJH,‘ (vgl. A. WERNER, Neuere Anschauungen usw., 4. Aufl., 1920, S. 126), 18Bt sich zuneit noch nicht angeben. I m letzteren Falle wb;m bereita beim Aluminium die Elektroneniahl des Zentralvereins = 8.

’) Von BECQDERRICL als kristallisierte Verbindung ZnO, 3H,O hergeetellt (vgl. ABEGQS Handbuch 11, 2, S. 338).

’) uber die Grtinde, die ftir die Existenz des Ions ZnO,H,” i n Zinkat- h u n g e n sprechen (statt des Ions ZnO,”) vgl. WERNER, a. a. 0.

9, Dee Gallium (Ordnungszahl31) konut,e in die Tabelle nicht eufgenwmen werden, da die Zusammensetzung des Hydroxyds bzw. der Gallate noch nicht geniigend bekannt ist (vgl. GXELIN-KRAUT, Hmdbuch der anorg. Chemie TV, 1 1911, S. 213).

lo) Von Germanium ist nur die Wesserstoffverbindung in die TabeUe auf- genonimen, da die Menge des vom Germaniumoxyd chemisch bindbaren Weesers und die Formelu der Germanate nicht bekannt sind (vgl. ABEGQS Handbuch 111, 2, S. 478, GPELIIN-KRAUT, IV, 1, S. 224).

11) Ob die arsenige Sriure selbst primiir Ionen [AsOJH,’ liefert oder [AsOJ’, ist noch nicbt mit Sicherheit entschieden, jedoch sind von der Ortho- siiure gut charakterisierte Sa lze bekennt (vgl. ABEGGS Handbuch 111, 3, S. 621 und 624), was fur die Existenz der Ionen [AsO,]H,’ in w5Driger Msung spricht.

la ) Die Existenz der Oberbromsiiure und ihrer Salze if3t sehr fraglich (vgl. ABEQQS Handbuch IV, 2, S. 803f.; GYELIN-KRAUT, I, 2, S. 268).

Is) Des Indium (Ordnungszahl 49) konnte nicht aufgenommen werden, da die Formel der geattigten Indate frcaglich ist (vgl. ABECIQS Handbuch 111, I , S. 393, C~~~ELIN-KRAWT IV, 1, S. 205).

14) Ob die Ionen [SnO,]” und [SnO,]” als koordinativ gesiibtigt anzuschen sind, ist fraplich. Nach J. BELLUCCI und N. PARRAVANO [Z. a m g . Chem. 46 (1905), 142) Bommt dem Stannation dieForme1 [Sn(OH)J” zu. Auch in diesem Falle wiirde die Elektronbnzahl des Zentralvereins 6 betragen, wenn - waa jedoch zweifel- haft ist - die Sauerstoffatome der Hydroxylgruppen nur mit e i n e m Elektron a n der Bildung des Zentralvereins teilnehmen; formuliert man dagegen die Stannationen als [SnObJH,”, so kommt. dem Elektronenverein die 7dl 12 zu.

lK) Stannite sind nocb nicht in festem Zust.ande erhalten worden. Ob dem Stannition die in der Tabelle angegebene Formel zukommt oder [ SnO,( 0H)J”’ oder [SnOJH,”, in welch letzteren Fallen die Elektronenzahl des Zentrcalvereins 8 ware, 18Bt sich demnach nicht angeben.

18) Bei der Antimonsibure ist bisleng nur die Zugehorigkeit des Alu- minium- und des Ferrisalzes zur Orthosiiure sicher bekannt (vgl. A D E G ~ S Hand- buch 111, 3, s. 619, G~MELIN-KRAWT III,2, s. 694 und 843, 0. DAMA~ER, Hand- buch der anorg. Chemie 11, 1, 1894, S. 202).

17) Die orthoantimonige &ure ist unbeatiindig und geht, auch unter Wasser, allmiiblich in ihr Anhydrid tiber (ABXJQ 111, 3, 6. 593). Die Exiatenz von S a l z e n der ortharrntimonigen s u r e ist noch nicbt nechgewiesen. Moglicher-

Suurefomth auf Qrund cines Gesdres iibw d. lwvioojolarc Atombinduq. 263

aeiee ist sber die Verbindung XaSLO,, 3H,O (GMICLIN-KRAUT Ill , 2, S. 816) ale [SbOJH,Na, 2 H 2 0 zu formulieren.

I*) Bei den Siiuren, die aicli von den hdcheten Ladungsatufcn dea Tellurs und dea Jods ableiten, erhiilt man die Zshl 8 fur die Elektronen dea Zentrel- vereins, wenn man die Hypothese einer festeren Bindung von vier Wassentoff- atomen (in Form von Hydmxylgruppen) macht, welche aber nicht 80 weit gehen SOU, daB dieFaRserstoffetome nicht gegen Metalle ausgetauscht werden k6nnten. Es ist jedoch fraglich, ob Sauerstoffatome von Hydroxylpppen nur durch e i n Elektmn mit dem Zentralverein verkniipft sind ('gl. Bemerkung 14). %&bar ist jedenfalls ebenso gut, d a B bei Atomen von so hoher Ordnungszehl (Kemladung) auch 12 Elektronen im 7kmtralverband stabil sein konnen, wie es be; den Ionen [TeOJ""" und [JOY'''' der Fall sein wiirde.

lS) Die Formeln der geeiittigten Plumbite (Iadung des ZentmIatoms = 2) Bind nicht mit genugender Sicherheit heksnnt, urn Schlusse auf die Zahl der in g d t t i g t e n Plumbitionen vorhandenen ,%uerstoffatome zuzulassen. Des- halb konnte lediglich das Plumbat in der Tabelle Aufnahmc finden.

90) Die Liteiatumngaben iiber die Bismutite und Bimutate sind zu un- richer, a18 daD f i k die von den Hydmxyden bzw. von deren Salzen gebildeten Ionen begrtindete Formeln aiifgeBtellt werden konnten.

Ein Frsgezeichen hinter der in der letzten Kolumne der Tabelle verzeichneten Zahl bedeutet, daS in diesem Falle fiir die Berechnwig der Elektronenzahl des Zentralvereins irgendeine Hilfsannahme ge- macht werden muI3te (woriiber in den Bemerkungen zu der Tabelle das Notige gesagt ist). Solcho Fragezeichen finden aioh in swhq Fallen. Die iibrigbleibenden 48 Verbindungen reichen jedooh voll- kommen aus, um unseier Vermutung, daD die bei der Bildung nicht ausgesprochen heteiopolarer Verbindungen ,,nicht vollst.iindig von ihrem Zentralatom abgeclpaltenen Elektronen" nwh unter sioh zur Vereinsbildung Befahigung und Tendenz beaitzen, einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit EU verleihen. Dies fiihrt niich zu der Formu- lielung des folgenden Gesetzes :

, ,Werden' duroh Einbeziehung in die Valenzsphfre eines f remden Atoms d ie Elektroiion von ih rem eigenen Atom n ich t vijllig abgespel ten, so suchen sie in aweiter Linie s u c h i n ihrem urspriinglicheu Verbande einen durch Stabi l i t i i t ausgezeichneten Verein zu bilden (Geseta de r homoop i~ la ren Atombindung)."

Auf G m d dieses Gesetzes lassen sich die koordinativ gesiittigten Sauerstoffsliuren s l l e r der in Tab. 1 aufgefuhrten Elemente, welch letetere iibersichtlich in Tab. 2 zusammengeatellt sind, erklken und fast aller sogar e indeu t ig ableiten. Zu diesem Zwecke braueht m m nur, wie wir es beim Schwefel gemacht heben, daa Siiure-

18'

264 Ii. Re7ny.

anhydrid zuniichst a19 (schwnch) heteropolar aufzufassen, wodurch sich die Zahl der abgespaltenen Elelitronen ergibt. Durch Er- gZlnzung dieser Zahl zu Acht (bei den Elementen unterhdb de:, Siliziums zu Sechs) mittels Anlagerung von 0-- erhalt man daraus tlann die Formel des gesiittigten Ions.

Tabelle 2. Ubereicht iiber die i n Tabelle 1 anfnenommenen Elcmente.

H

rI1 sII ! -

TI 4 Pb -

_I

- - A6 s o

Sb Te

Bi , Po

- - - -

= He Ne A Kr Xe

Nt

~ ..

I

cu z I Ag ; L'd

An Hg I I

Die in T&lle 1 aufgenommencn Nlemcnte sind unteretrichen. Die nnter- punktierten Elemente bilden zwar auoh Siinren, konnten aber in Tabelle 1 n,icht aufgenolnmen werden, weil die Formeln der Siiuren nicht bekannt sind (Naherei siehe unter Bemerkungen zu Tabdle 1). Die unmittelber rechts von den Ede!- gasen stehenden Elenicnte bilden keine Siiuren.

Die b i s h er i gen T h e o r i e n haben eine allgeuein :inwendbe re Ableitung der Sliureforrneln 'in keiner Weise ermoglicht. Weder die Regel, daI3 die Wasserstoffatome in den Orthosiiuren an Zahl denen der Wasserstoffverbindungen gleich seien, is t von allgemeiner Gidt,ig- keit (abgesehen davon, daI3 sich bisher das Phiinomen nicht hat befriedigend ursachlich erkliiren lassen), noch liif3t die WERNERsche Koordinationszahl auf diesem Gebiet einheitliche Schliisse zu. Eiii Blick in die achte Kolumne der Tab. 1 zeigt, wie erheblich und un- berechenbar hier die Koordinationszahl schwankt,. Weder zu der Natur des Zentralatoms noch zu der Ladung desselben (Kolumne 7), noch zu der Ladung des gesamten Ions (Kolumne 6) la& sich die Koordinationszahl einheitlich durch alle Gruppen hindurch in Be- ziehung set,zen. Urn so bemerkenswer t e r i s t d i e durchgi ingige Kone tanz de r E l e k t r o n e n z a h l des Zen t r a lve re ins . Diese muS geradezu zu Clem Problem hinuberfihren, . auch bci a.nderen koordinativ gesattigten Komplexen die Za.hl der durch homoopolare Bindung an den Kern zu fesselnden Gruppen auf Grund des obigen Gesetzea der homoopolaren Atombindung abzuleiten und damit f u r den nooh vollig unerklarten W ec ha el der Koordinationszahl, bei dem die riumliche Deutung versagt, die Ursaohen +zngeben.

.Siitci.fifot.meln auf k n d eines Ciesetxes iiber d. homoopolara Atombindung. 265

Welche phys i l ia l i sche D e u t u n g den Elektionenvereinen zu geben ist, das zu untersuchen, muS den Physikern uberlaesen werden. Ich mochte nur erwlhnen, daB es mir nicht notwendig eraoheint, eine unverandorliche Gruppierung der den Zentralverein bildendon Elektronen um das Zent'ralatom anzunehmen. Ioh halte es far durchaus moglich, dab die Elektroncn um die verschiedenen anb ge lage r t en Atome kreisen und doch miteinander und dadurch mit dem Zen t'rala tom noch Beziehungen unterhalten.

Ein Beispiel fiir die Miiglichkeib, daS auf verschiedenen Bahnen sich bewegende Elektronen miteinander gesetzmafiig zusammen- hangen, hat A. SOMMERFELD in seinem ,,Ellipsenverein" gegeben.1) Der Gedankc, da13 moglicherweise ewischen don Elelitronen des von mir nngenommenen zentralen Systems, vielleicht aber auch des stabilen Syst,ems in der Edelgassphare, ein ahnlicher Zusammenhaug hestehen konne wie zwischen den Elektronen des SoMMERFstDschen Ellipsenvereins, hat mich dam gefiihrt, ganz allgemein fur derartige (lurch StabiliW ausgezeichnete Elektronensysteme den Ausdruck , ,Elektronenvereiner ' zu wiihlen. Die Elektronen eines solchen Vereins konnen sich urn einen gemeinsamen Mittelpunkt drehen (wie es im SOWMERFELD when Ellipsenverein der Fall ist), brauchon dies aber nicht zu tnn, weshalb Elelrtronen auch gleichzeitig zwei Vereinen angehiiren konnen. Das let,ztere scheint nach den obigcn Dsrlegungen bei den koordinativ gesiittigten homoopolaren Ver.- bindungen tatsiichlich der Fall zu sein. Das 50,"-Ion konnte hier- nach so konstituiert gedacht werden, daB um jedes Sauerstoffatom (auf verschiedenen Bahnen) je 8 Elektronen kreisen, daR von diesen aber jeweils die zwei, welche den Schwefelatomen am nachsten sich befinden, mit den gleichfalls in der Nahe des Sahwefelatams befind- lichen Elektronen der drei anderen Sauerstoffatome zusammen wiederum einen besonderen Verein bilden : den Zentralverein. Ein Beispiel fiir einen derartigen Verein in dem von mir gedachten Binne, dessen Elektro3en n i ch t urn einen gemeinsamen Mittelpunkt kreisen, liegt bereits von physikalischar Seit.e in einer gane neuerdings von W. LENZ in Betra,cht gezogenen Deutung dts Wasserstoffmolekiils v0r.e)

1) A. SOMMERFELY, Atombau und Spektrallinien (Braunschweig 1919),

2) Vgl. 2. Elektrochem. 06 (1920). 506.

8. 267.

286 H. Renag. Ge.setx iiber di5 konr&polaw Atombindung.

Znssmmenfarsong. Ea wird versucht, die von KOSSEL fur diQ Bildung het.eropolarer

Verbindungen abgeleitete Regel ZII einem Grundgesetx f i i y die Bi ldung chemischer Verbindungen zu erweitern, das sowohl fiir die heteropolare wie fur die homoopolare Atombindung Giiltig- keit haben SOL

Speziell fiir die homoopolare Bindung scheint da.s folgende Gesetz zu gelten:

,,Werden du rch Einbeziehung in die Valenzsphare eines f remden Atoms die E lek t ronen yon ih rem eigenen Atom n ich t vollig abgesps l t en , so suchen s ie in zweiter Linie s u c h i n ihrem ursprungl ichen Verbende einen d u r c h 13 t,a b il i t ii t a u s g e z e i c h n e t en ,,V e r ei n' z u b i 1 den ."

Die Giiltigkeit dieses Gesetzes wird aus der Tetsache erschlossen, daS a1 1 e bekannten koordina tiv gesii ttigt,en Sauers toffsauren ( , ,Ortho- sguren"), die sich von den den Edelga,sen vo1 aufgehenden Elementen ableiten, in ihren ,,Zentidve~einen'~ eine susgezeichnete und bei berieohberten Elementen ubereinstimmende Elektronenzahl 2uf- weisen und zwar die Sauerstoffsluren der dem Aluniinium vorrtuf- gehenden Elemente st.ets 6, der diesen folgenden stets 8, wie an Hand einer Tabelle gezeigt wird, die 37 Sauerstoff:5men b m . Siiureionen umfa.8t.

Auf Grund diesek Gesetzes der homoopolarenAtombindung Iix3sen sich also die Foimeln der ,,drthos&urexP Eamtlicher einem Eselgase in einer Reihe des periodischen Sys terns voraufgehender iimebildender Elemente einheitlich und in f a s t allen Fallen ein-

deutig (d. h. ohne Hilfsamahmen) ableiten, was r och auf G1ur.d keiner andelen Theorie gelungen ist.

Die Moglichkeit einw PhPikalischen Deutung der ,,VQ cins- bildung" wird kurz erorter t..

GbWngePt, AllgdmciPLes ckem*de~ Imtitut der Uvbivcreiki!.

Bei der Redaktion eingegangen am 8. Februar 1921.


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