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Bekannte und neue Subhaloide. Von

LOTHAR WOHLER und 8. RODEWALD.~ Mit 1 Figur im Text.

ROSE konnte eine Farbung von Kaliumchlorid und Natrium- chlorid beim Erhitzen mit schmelzenden Alkalimetallen beobachten, und GIESEL~ gelang es spater, die Farbung der Salze durch Metall- dampfe hervorzurufen. Diese Tatsachen legen zunachst die An- ’ nahme nahe, dafs das Metall als solches farbendes Prinzip sei; doch ist der Gedanke, dafs Metallgas in ein festes Krystallgefuge ein- zudringen vermoge, nur schwer mit der allgemeinen Ansicht uber den Bau eines Krystalles vereinbar. Die Schwierigkeit dieser Vor- stellung ist vielleicht auch der Grund, warum STOCK EM^ die An- nahme einer solchen Farbung durch ISletall ablehnte.

Durch L. WOKLBR und KASARNOWSKI~ konnte jedoch bei der Elektrolyse geschmolzener Haloide deutlich gezeigt werden, dais das Metall von der Kathode aus in die Schmelze farbend eindringt und aukerdem, dafs die Farbung nur im Erstarrungszustande der Salze erfolgt.

Gleichzeitig und unabhangig davon bestatigte dann SIEDEN- TOPF durch seine interessanten Untersuchungen im Ultramikroskop, dak die Farbung auf Einwirkung von Metall zuruckzufuhren ist. Durch den weiteren Nachweis, dals der farbende Bestandteil hete- rogener Natur ist, und sich pigmentartig auf den Spalten der Krystalle verteilt, und dafs er nur bei Betrachtung im gewiihnlichen Mikro-

1 Mitteilung aus dem chern. Institut der techn. Hochschule, Karlsruhe. Pogg. Awn. 120 (1863), 1. Ber. deutsch. chern. Oes. 30 (18971, 156.

* Netallurgie 1 (1904), 24; s. auch BOBCHERS und STOCKEN, 2. f i Elektro- chem. 8 (1902), 757 .

2. anorg. Chem. 47 (1905), 353. Phys. Zeitschr. 6 (1905), 855; 2. f. Elektroehem. 12 (1906), 635.

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skop dilut erscheint, beseitigte er die Schwierigkeit, eine anscheinend homogene Farbung starren Krystallgefuges von auben her zu deuten.

Die Frage, in welcher Form das als farbendes Prinzip erkannte Metall in dem Krystall vorhanden ist, ob in seiner urspriinglichen als Metall, oder als Subhaloid, ist stark umstritten.

GIESEL, LORENZ a und SIEDENTOPF~ nehmen an, dafs das Metall als solches die Farbung bedingt ; GIESEL wegen der lichtelektrischen Empfindlichkeit (Zerstreuungsvermogen negativer Ladungen) der ge- farbten Salze, welche ahnlich derjenigen fester Metallosungen (Amal- game) ist ; LORENZ wegen der scheinbaren Ahnlichkeit der Salz- farbungen mit derjenigen, die die Nebelbildung, z. B. bei der Elektro- lyse von Schwermetallen in der Schmelze ihrer Chloride zeigt, welche zweifellos auf Metall als Ursache zuruckzufuhren ist, da z. B. im Silberhaloid bei einer Schmelztemperatur das Subhaloid, wie aus Folgendem hervorgeht, nicht mehr bestandig ist.

SIEDENTOPF fuhrt als Qrunde fiir die Annahme einer Farbung durch Metall und gegen die einer Subhaloidbildung folgende an: 1. die Entfirbung der Salze in der Nahe des Siedepunktes der Metalle, 2. die Ubereinstimmung der Farbenerscheinungen mit den von WOOD an Metallhautchen beobachteten , 3. die halbmetallische Ab- sorption, die auf grolsere Differeuz im Brechungsexponenten zwischen farbender Substanz und Medium weist, als bei Annahme von Sub- haloiden zulassig sein soll, 4. analoges ultramikroskopisches Ver- halten mit demjenigen kolloidaler Metallosungen, 5. das Auftreten - der gleichen ultramikroskopischen Teilchen bei der Farbung, die bei der Elektrolyse von geschmolzenem Steinsalz entsteht, 6. dals bei Annahme von Subhaloiden sehr viele Modifikationen fiir die ver- schiedenen Farbungen notwendig seien, und 7. dals bei Farbung von Natriumchlorid mit z. B. Kalium ebensoviele und optisch z. B. mit Natriumsubchlorid gleiche Modifikationen von Natrium-Kalium- Subchlorid angenommen werden miifsten.

Dngegen vertreten ROSE,^ BUN SEN,^ der die kathodische Far- bung von Rubidium- und Casiumchlorid bei der Elektrolyse beob- achtet hat, sowie WIEDENANN und SCHMIDT' und neuerdings L. WOHLER und KASARKOWSKI 'I den Standpunkt einer Farbung

l 1. c. a Elektrolyse geschmolzener Salze (Halle 1905), 11, s. 56 u. ff.

1. c. 1. c. Pogg. Ban. 113 (1861), 345. W i e d . A m . 64 (1898), 78. 1. c.

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durch Bildung von Subhaloid, und letztere begriinden diesen Stand- punkt durch folgendes:

Die lichtelektrische Empfindlichkeit , die Ubereinstimmung mit den Metallhautchen, die halbmetallische Absorption und die Ahn- lichkeit mit kolloiden Metallosungen sind durchaus mit der An- uahme von Subhaloiden vereinbar, solange diese Eigenschaften an Subhaloiden noch nicht studiert sind und abweichendes Verhalten von dem der Metalle gezeigt haben. Zum mindesten ist grol'se Ahn- lichkeit der Subhaloide mit Metall in dem Make zu erwarten, als sie energetisch wenig davon verschieden sind , und jedenfalls nicht unwahrscheinlich.

Da jedoch das Gebiet der Subhaloide nach dieser Richtung hin v6llig unbebaut ist, so kann die Unkenntnia ihrer Eigenschaften nicht als Beweismittel gegen ihre Existenz dienen.

Der weitere Beweisgrund SIEDENTOPFS, namlich die Entfarbung der nietallisch gefarbten Salze in der Nahe des Siedepunktes der Metalle steht mit den Beobachtungen L. WOHLEES und KASARNOWSKIS nicht im Einklang, nicht einmal bei dem allein von SIEDENTOPF untersuchten Beispiel des Steinsalzas, vie1 weniger bei Clem durch Kalium gefarbten Kaliumbromid und Kaliumjodid. (Entfarbungs- temperatur etwa 350° - Siedepunkt von Kalium 667O.) - Das weitere Argument SIEDENTOPFS, die Ubereinstimmung der farbenden 'I'eilchen des durch Metall und Elektrolyse gefarbten Steinsalzes er- ledigt sich dadurch, dafs Steinsalz durch Elektrolyse noch nie ge- farbt erhalten wurde, im ubrigen aber beidenfalls der Subhaloid- bildung seine Farbe verdanken konnte.

Dagegen zeigt die kathodische Farbung, wie sie L. WOHLER und KASARNOWSKI im erstarrenden Kaliumchlorid, -bromid und -joclid und anderen erhielten , keine Eigenschaft , die speziell auf Metall hinweist. Die anscheinende Analogie der bei Alkali- und Erdalkali- Subhaloiden erhaltenen Farbungen rnit LORENZ s Netallnebeln in der Schmelze wird dadurch fraglich, dals diese Halogenide nur im erstarrten Zustande die Farbung aufweisen, nicht aber im geschmolzenen, wie die Nebel von Schwermetallen bei der Elektrolyse ihrer Salze. Dem Hinweis SIEDENTOPFS auf die Notwendigkeit, viele Modifikationen yon Subhaloiden annehmen zu mussen fur die verschiedenen Farbungen, die ein und dasselbe ge- farbte Salz annehmen kann, sowie der weiteren Schwierigkeit bei anderen Metallen, die die gleichen Farbungen hervorrufen, dieselben Xodifikationen mit gleichen Eigenschaften anzunehmen, ist bereits

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durch L. WOHLER und KASARNOWSKI begegnet worden. Rinzugefiigt sei nur noch, dafs bei Annahme von Metall als Farbungsprinzip die Schwierigkeit, die verschiedenen Farbungen zu deuten, nicht ge- ringer wird, und dafs die Annabme von gruppenweisen Schwingungen der Metallmolekiile, wie sie von KIRCHNER und SZIUMONDY zur Be- hehung dieser Schwierigkeit gemacht wird, in analoger Weise auf Subhaloidmoleltiile ubertrageri werden kann. Und ferner sei dazu bemerkt, dafs die Annahme SIEDENTOPF s von der ubereinstimmenden F5rbung durch Natrium und Kaliummetall nicht einmal bei den Alkalihalogeniden vollkomruen richtig ist, eine scharfe Einschrankung nber dadurch erfahrt, dafs es nicht gelingt, Flufsspat oder Calcium- chlorid durch Natrium oder Kalium zu farben, wahrend L. W o m m und KASARNOWSKI Fluf5spat durch metallisches Calcium schon blau zu farben vermochten, BORCHERS und STOCK EM^ von dem schiin rot gefarbten Chlorcalcium sogar den analytischen Nachweis erbrachten, dak es reines Subchlorid ist. Diese Beobachtungen zusammen mit den weiteren von L. W ~ H L E R und KASARNOWSKI, dafs die Alkali- chloride durch Kalium anders gefarbt werden als die Bromide, und diese wiederum anders als die Jodide, macht im Gegenteil die An- nahme einer Earbung durch Metall nicht sehr wahrscheinlich.4

Qegcn die Farbung durch Metall spricht ferner die Beobach- tung WIEDEMANN s und SCHMIDTS 5 , dafs das Absorptionsspektrum der gefarbten Salze nicht das des Metalls ist, und es sei hinzu- gefiigt, dals iiach einer Privatmitteilung von Herrn Dr. v. WARTEN- BERG, sogar die Halogenide des Kaliums, die gleicherweise mit Kaliummetall gefarbt sind, starke Unterschiede im Charakter des Spektrums zeigen, nicht nur eine Bandenverschiebung, wie sie bei Ver- Briderung des Losungsmittels und der Konzentration eintreten kann.

Steht so der Annahme von Subhaloiden als farbendern Prin- zipe einerseits nichts im Wege, so ware andererseits nur der Nach- weis der Existenz vieler solcher Subhaloide eine wesentliche Stiitze dafur. Auf das Vorhandensein von Verbindungen dieser Art weisen nun sowohl verschiedene Beobachtungen hin, als es auch in einzelnen Fallen sogar gelungen ist, die Subhaloide selbst herzustellen.

' 1. c. ,,KolIoide" (Jena 1905), S. 113. 3 1. c. Im ubrigen sei bemerkt, dak, menn die Farbung und die lichtelektrischen

Erscheinungen von Metall herruhreu sollten, damit gegen die Bildung eines Snbhaloids nichts ausgemacht ist, da farbende Metallspuren neben Subhaloid vorhanden sein konnen. Diese Auffassungsweise hat sich aus einer Besprechung des Gegenstandes mit Herrn F. HABER ergeben, der den Gedanken unter Bezug- nahme auf diese Riicksprache unlangst in Urudes Ann. 26 (1908), 938 ventiliert hat.

1. c .

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So konnten HABER und TOLLOCZKO~ bei der Elektrolyse von Bariumchlorid eine Gegenkraft beobachten , die nur einem Barium- chlorur entsprechen kann, wobei die AlkalinitM der Schmelze die Pormel BaCl stutzte, so dab dieses als kathodisches Zwischen- produkt bei der Elektrolyse von ihnen angenommen wurde.

Potentialbeobachtungen veranlafsten auch LUTHER zur Annahme der Existenzfahigkeit chemischer Verbindungen vom Typus der Silber- subhaloide, die er als einen Bestandteil des boi der Belichtung der photographischen Platte entstehenden geschwarzten Produktes ansah.

Analytisch gestiitzt wird die Existenz der Subhaloide des Alumi- niums und Bariums, die von HAMPE* und GUNTZ hergestellt wurden.

Am meisten ins Gewicht fallen jedoch die Subhaloide, die rein hergestellt sind , und deren Zusammensetzungen durch quantitative Angaben belegt werden.

GUNTZ stellte aus Silberfluorid und Silber ein Silbersubfluorid der Zusammensetzung Ag,F her.

KORCHERS und STOCKEM' nehmen bei der Elcktrolyse von Calciumchlorid unter gewissen Bedingungen die Bildung eines Sub- chlorids an, das sie einmal auch beim reinigenden Ausschmelzen des unreinen Calciummetalls an dessen Randern sitzend als rote Krystalle der Zusammensetzung CaCl erhielten. Schliefslich gelang es GUNTZ aus Lithiumchlorid und Lithiummetall ein Lithiumsub- chlorid herzustellen und zu untersuchen , so dafs Analogiestutzen fur Subhaloidbildung bei Alkalien und Erdalkalien vorhanden sind.

Gerade uber dies Lithiumsubchlorid hat GUNTZ jedoch vor kurzem mitgeteilt, dafs Wasserstoff fur seine Bildung notwendig, die Verbindung also nicht reines Subchlorid ist, sondern aus einem Gemenge von Lithiumhydrur und Lithiumchlorid besteht , dessen Analyse durch den prozentisch nur geringen Gehalt an Wasserstoff ein Subchlorid rortauschen konnte.

2. onorg. Chem. 41 (1904), 424. A n m e r k u n g : Neuere Potentialmessungen bei der Elektrolyse festen

Kochsalzes machen die Zwischenbildung eines Subchlorids des Natriums mindestens sehr wahrscheinlich, F. HABER, Ann. Phys. 26 (1908), 935.

Zeitschr. phys. Chem. 30 (1899), 630--656. ' Chem. Ztg. 13 (1889), 1. 162.

Bull. soc. chim. [3] 29 (1903), 490. 'j Compt. rend. 110 (1890), 1337.

1. c,; s. a. Dissertation Aachen (1900). Compt. rend. 117 (1903), 732. Ann. chim. phys. [8] 10 (1907), 13.

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Dazu kommt, dafs das von HABER und TOLLOCZKO~ argumen- tierte Bariumchloriir und die von LUTHER a beobachteten Silber- subhaloide nicht in Substanz hergestellt sind, - dafs weder das Aluminiumsubfluorid voa HAMPE 3 noch das Natriumbariumsubchlorid von GUNTZ* rein erhalten werden konnten, - dals schliefslich die Menge eingefiihrten Metalls bei den von L. WOHLER und KASAR- NOWRKI gefarbten Alkalihalogeniden fast noch innerhalb der ana- lytischen Fehlergrenzen liegt, wahrend die von ihnen bestimmte Menge Calcium, die sie krystallisiertem Calciumfluorid unter Blau- farbung einverleiben konnten , nur 2.4 umgewandelten Fluorids entsprach, also weit ab von der theoretischen Menge ist.

Dadurch werden diese Analogiestutzen fur Subhaloidbildung sehr erschiittert, und es ist die Moglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dafs in den Ausnahmefallen, die aulser dem Lithiumsub- chlorid noch Analogien bilden, namlich im Silbersubfluorid und im Calciumchlorur, keine chemischen Verbindungen vorliegen, sondern krystallisierte feste Losungen wechselnder Zusammensetzung nach Art der VAN BANMELENSChen Adsorptionsverbindungen, die in den einzelnen Fallen ihrer Darstellung durch GUNTZ , bzw. BORCHERS und STOCKEM rein zufallig der Zusammensetzung chemisch reiner Verbindungen der Formeln Ag,F bzw. CaCl entsprachen. Eine nochmalige Darstellung des GuNTzschen Silbersubfluorids schien um so eher notwendig, als der Entdecker selbst fur das von ihm gefundene Verhaltnis des wasserunloslichen Silbers zum loslichen bei der Zersetzung des Silberfluorids durch Wasser die Zahl 1.04 angibt, wahrend dies Verhaltnis theoretisch natiirlich 1 : 1 ist.

Bei dem von BORCHERS und STOCKEM aufgefundenen Calcium- chloriir lassen die von den Beobachtern angegebenen Eigenschaften - die grolse Hygroskopizitat des Produktes und der Umstand, dafs die aulserordentlich kleinen Krystallchen nur schwer von der an- hangenden Masse zu trennen sind, die Moglichkeit zu, d& vielleicht ein Zufall die Entdecker das Produkt gerade in dem Mengen- verhaltnis erhalten liels , das der Formel CaCl entsprach. Dazu kommt noch weiter, dals es GUNTZ und RASSET~ trotz wiederholter Versuche, Calciumsubchlorid aus Calciumchlorid und Calcium durch Zusammenschmelzen im Vakuum, in Wasserstoff- und Methanstrom, ebenso in einer Argonatmosphare darzustellen, nicht gelungen ist,

1. c. 1. c. 1. c. 1. c. 1. c. Ball SOC. chirn. Paris [3] 36, 404-418.

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das von BORCHERS und STOCKEM erhaltene Resultat zu bestatigen, so dafs sie demselben skeptisch gegenuber stehen. Denselben Mif'ss- erfolg hatten sie bei den gleichen Versuchen mit Calciumjodid, -fluorid und -oxxyd und dies, sowie ihre schon erwahnten Ver- suche uber das Lithiumsubchlorid veranlafst sie allgemein, auch die Existenz der anderen bisher erhaltenen - entweder bei der Elektrolyse angenommenen oder durch Zusammenschmolzen von Metal1 und Halogenid angeblich erhaltenen Subchloride zu be- z weifel n.

Es war daher von neuem zu untersuchen, ob diese schon krystallisierenden Verbindungen sich reproduzierbar darstellen liel'sen, und ob es wirkliche Subhaloide, d. h. chemisch reiue Verbindungen konstanter stiichiometrischer Zusammensetzung sind, oder krystal- lisierte Adsorptionsverbindungen wechselnder Znsammensetzung, feste Losungen, wie sie z. B, in den Krystallen des Martensits vorliegen, der aus Cementit (Fe,C) und F e in wechselnden Mengen besteht.

E s wird zunachst zu beschreiben sein, wie die Darstellung des bekannten Silbersubfluorids, wie die des umstrittenen Calciumsub- chlorids versucht und die Existenz dieser Verbindungen sichergestellt wurde. Darauf sol1 uber die Herstellung von reinem Calcium- subjodid und Calciumsubfluorid berichtet werden, die uns ebenfalls gelungen ist.

Darstellung, Reinigung und Eigenschaft des Silbersubfluorids.

GUNTZ 1 erwarmte fein verteiltes Silber mit einer gesattigten reinen Losung von Silberfluorid und beobachtete, dafs oberhalb 50 O

das Silber sich gelb zu farben beginnt, und nach einiger Zeit vollig in eine goldbronzene Masse verwandelt ist, wenn man die Tempe- ratur von 90O nicht uberschreitet. Die Krystnlle wurden durch Abpressen zwischen Filterpapier von ihrer Mutterlauge befreit und nnalysiert. Das so erhaltene Produkt hatte die Zusammensetzung des Silbersubfluorids der Formel Ag,F,.

Nach diesen Angaben wurde verfahren. Oberhalb 50 O zieht sich eine bronzegoldene Krystallhaut uber die Flache , und unter der Haut liegt dns unangegriffene Silber in der Silberfluoridlosung. Zerstort man den krystallisierten Uberzug und verriihrt ihn wieder mit der Losung, so zeigt sich die auffallende Erscheinung, dal's die

Compt. reizd. 110 (1890), 1337. * Niiheres hei RODEWALD, Dissert., Karlsruhe 1908, S. 13.

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Krystalle sich in der doch anscheinend gesattigten Losung unter Ruckbildung von Silber und Silberfluorid entfarben.

J e mehr man jedoch eindampft, desto intensiver wird die Far- bung der Deckschicht, bis beim Verdampfen zur Trockne alles Silber umgewandelt erscheint. Das Produkt wurde rasch zwischen Filterpapier so oft abgeprelst , bis die Substanz trocken schien. Das Silberfluorid zerfliefst dabei gleichzeitig mit dem von ABEGG und CL. IMMERWAHR in Silberfluoridlijsung in geringen Mengen be- obachteten basischen komplexen Silberfluorid und bildet durch Re- duktion schwarze Flecken von Silber auf dem Papier. Nach zwei- tagigen Abpressen im Filterpapier zwischen beschwerten Holzklotzen zeigte die Substnnz auf dem Papier keinen Ruckstand mehr des auch in kleinen Mengen sonst durch schwarze Flecken deutlich wahrnehmbaren Silberfluorids. Unter dem Mikroskop erschien sie vollkommen homogen , trocken und rein. Wider Erwarten ergaben die Analysen aber anstatt der fur Ag,F berechneten 91.84 Silber nur 87.76 und 87.71 Ole. Durch Anwendung stirkeren Druckes beim Abpressen des Silberfluorids zur Entfernung der Nutterlauge vermittels einer Presse konnte der Silbergehalt zwar auf 89.25 O l 0

und sogar auf 90.84°/0 erhoht werden, blieb dann aber trotz 14tagigem weiteren Abpressen konstant mit 90.88 o/o und 91.03 Ole.

Nach mechanischer Zerstorung durch Zerreiben im Morser und mehrfachem Beuteln zeigten sich aber beim Abpressen in der Tat wieder die schwarzen Flecke von Silberfluorid bzw. reduziertem Silber und es gelang auf diese Weise die Reinigung bis zum rich- tigen Wert.

Gefunden: 91.74 und 92.03 O / O Silber Rerechnet: 91.84 Ole.

Neue, an feuchten Tagen des Hochsommers angestellte Dar- atellungsversuche waren indessen wieder von Mifserfolg begleitet.

Der Einflufs der atmospharischen Feuchtigkeit wurde als Ur- sache der fortdauernd eintretenden Zersetzung des Subfluorids erkannt , alle Reinigungsoper ationen wurden daher im Exsiccator vorgenommen, wobei a19 vorziiglicher Schutz gegeu den Einflufs der Feuchtigkeit eine mehrfache Umwickelung des Filterpapiers, in dem die Substanz abgeprefst wird, mit Wachstaffet, benutzt wurde. Die unter Beobachtung dieser Vorsichtsmafsregeln neu hergestellte Sub-

Siebe S. 65. Zeitschr. phys. Chem. 42 (1900), 143.

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stanz hatte dann wieder die dem theoretischen Resultate entsprechende Zusammensetzung.

Clef.: 92.03 o/o und 92.14 Das Abpressen des iiberschiissigen Fluorids ist zeitraubend

und wegen der Gefahr der Anziehung von Feuchtigkeit wahrend dieser Reinigung nachteilig; man tut daher gut, Silberfluorid nur in ganz geringem Uberschufs bei der Darstellung zu verwenden.

Fur die letzte so gewonnene Substanz wurden auf ca. 4 g Silber ca. 5 g Silberfluorid verwendet, die ca. 8.7 g Silbersubfluorid mit !'1.72 ()i0 (Theorie 91.84 o / o ) Silbergehalt ergaben.

Bei der Bestimmung des Gesamtsilbers fallt der verunreinigende Gehalt an Silberfluorid oder an metallischem Silber bei Zersetzung des Silbersubfluorids weniger ins Gewicht, als bei der analytischen Benutzung des bereits von GUNTZ angegebenen Zerfalles des Sub- fluorides mit Wasser in seine Komponenten. Das atomistische Ver- haltnis des unloslichen Silbers (45.92"/, berechnet) zu dem im ge- losten Silberfluorid enthaltenen Metal1 (berechnet aus 54.08 AgF) ist 1 : 1. Von GUNTZ wurde dafiir, wie schon einleitend bemerkt, der Wert 1.04 : 1 gefunden, entsprechend 47.7 o/o unloslichem und 45.1 O/,, loslichem (aus 53 Silberfluorid berechnetem) Silber, woraus sich eine Verunreinigung seines Produktes mit 1.84 o/o metallischem, nicht umgewandelten Silber berechnet.

Bsi der Bestimmung des Gesamtsilbers kommt dieser Betrag nur mit seinem Unterschiede gegen den Silbergehalt des Fluorids zur Oeltung, so dafs die Fehlergrenzen in der Analyse nicht iiber- schritten erscheinen; denn GUNTZ berechnete 91.87 o / o und fand 91.75 */,, Silber.

Der vorhandene Silberuberschufs erklart auch einigermafsen, weshalb der bekannte Entdecker dieser Verbindung von Schwierig- keiten bei der Reinigung seiner Substanz von iiberschiissigem Silber- fluorid nichts berichtet. Er konnte sie leicht iibersehen.

Eine Analyse des von uns hergestellten Produktes ergab an wasserunloslichem Silber, das erst nach dem Gluhen gewogen wurde, 46.03 9 /o , wahrend sich aus der Zerfallsgleichung 45.92 o/o

berechnen. Nachdem so bei drei zeitlich getrennten Darstellungsversuchen

gleicher Art Produkte dervelben konstanten Zusammensetzung er- halten waren, steht es fest, d a b das Silbersubfluorid keine Adsorp- tionsverbinclung wechselnder Zusammensetzung ist, sondern, dals die liomogene gut krystallisierende Verbindung eine wohldefinierte kon-

Silber (berechnet 91 84

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stante stochiometrische Zusammensetzung hat. Sie enthalt Silber und Fluor im Verhaltnis 91.84: 8.16 und es kommt ihr daher die Formel Ag,F zu. GUNTZ nimmt im Silbersubfluorid eine Doppel- molekul an und gibt ihm die Formel Ag,F,. Griinde dafur sind nicht genannt. Eine Bestimmung des Molekulargewichts zur Ent- scheidung dieser Frage konnte nicht ausgefuhrt werden, da sich dazu kein Losungsmittel finden liefs, in dem das Subfluorid ohne Zersetzung loslich gewesen ware. Die Loslichkeit in organischen wasserfreien Losungsmitteln, wie Alkohol, Ather, Aceton und Xylol ist praktisch ohne Bedeutung. Mit Pyridin erhitzt lost sich die Substanz zwar, aber unter Abscheldung von Silber, indem Silber- fluorid, ahnlich wie Silberchlorid unter Bildung einer komplexen Verbindung in Losung geht. Es ist verstandlich, dafs sich das Sub- fluorid in wasserigen Losungen zersetzt, da es schon gegen Feuchtig- keit aufserordentlich empfindlich ist.

Uber eine Glasschale mit einigen Tropfen Wasser wurde ein Tondreieck ge- stellt, auf dem auf Filterpapier etwas reines Silbersubfluorid lag, und das Ganze mit einer Glasglocke bedeckt. Kach 5 Minuten wurde bereits die Zersetzung sichtbar , nach 25 Minuten war sie vollstandig, und das Silbersubfluorid in AgF + Ag zerfallen. Auch auf Platinblech statt Filterpapier als Unterlage war die Substanz in 35 Minuten vollig zersetzt. Im Zirnmer zerfallt reines Silbersubfluorid je nach der herrschenden Feuchtigkeit in einigen Stunden bis zu einigen Tagen. In trockener Luft , unter- halb 90° im geschlossenen Glase aufbewahrt, ist die Substanz da- gegen bestandig. So zeigten zwei Analysen derselben Substanz mit 2 Monaten Zwischenzeit den gleichen Silbergehalt, trotz vorherigen Abpressens :

Wie empfindlich es ist, beweist folgender Versuch.

ber. 91.84O/,. Vorher gef. : 9 1.68 o/o Silber Nachher gef.: 91.93O/, Silber

Die Lichtempfindlichkeit des Silbersubfluorids ist im Gegen- satz zu der der meisten anderen Silberhaloide - auch des Silber- fluorids - gering. Ca. 0.5 g reine Substanz blieben in einem zugeschmolzenen Rohrchen 6 Monate lang dauernd dem direkten Tageslicht ausgesetzt. Nach dieser Zeit zeigte das Silberfluorid weder in seinem Aussehen , noch in der Zusammensetzung wesent- liche Veranderung. Die Analyse ergab nach vorherigem Abpressen

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der Substanz 92.26 Silber, anstatt des zuvor erhaltenen Wertes 92.03 O/!,.

Ebenso unempfindlich ist das Silbersubfluorid gegen mechanischen Druck. Ca. 0 5 g Substanz wurden - gegen Luftfeuchtigkeit durch Einwickeln in eine Lage Filterpapier und mehreren Lagen Wachstaffet geschiitzt - zwischen zwei Messingplatten unter eine hydraulische Presse gebracht. Ein Druck von 6000 Atmospharen blieb nach dem Augenschein wirkungslos, und auch ein solcher von 20 000 Atmo- spharen hatte keine andere Wirkung, als dafs die Substanz, die vorher in feiner Verteilung durch das wiederholte Pulvern und Beuteln ihre goldbronzene Farbe verloren hatte und graugriin ge- worJen war, ihre urspriingliche Farbe wieder annahm, also zusammen- gebacken war. Die Analyse der geprefsten Substanz ergab 91.85O/, Silber gegenuber dem vor der Pressung ermittelten Silbergehalt von 92.03 o/o, ein Beweis dafiir, dafs selbst aulserordeutlich hohe Drucke ohne Einfluls und eine Umwandlung nicht herbeizufiihren imstande sind; wie das der Zerfall ohne nennenswerte Volumenanderung auch erwarten liers.

Dagegen gibt GUNTZ an, dals bei der Darstellung der Ver- bindung die Temperatur von 90 O nicht iiberschritten werden darf. Rei diesem ausgezeichneten Punkte findet, wie von uns festgestellt wurde, eine Umwandlung der Verbindung in seine Komponenten statt, aus denen sie unterhalb 90° entstebt. Da diese Zersetzung von einer sinnfalligen Farbenveranderung begleitet ist, die die Temperntur der beginnenden Zersetzung leicht bestimmen liefs, wurde zunachst mit dem reinen trockenen Produkt folgender Vorvervuch angestellt. ID einer Glasrohre wurde im Magnesiaschiffchen befindliches Silber- subfluorid zur besseren Beleuchtung in den Brennpunkt einer L i m e gebraoht, so dafs, zumal mit Hilfe einer Lupe die metallisch-bronzene Parbe deutlich wahrgenommen werden konnte. Dann wurde im truckenen Stickstoff- oder Kohlensaurestrome langsam erhitzt, wobei das Thermometer am Schiffchen lag. Die Zersetzung tritt bei 90, nicht gleichmalsig ein, vielmehr beginnt die Substanz sich stets nur an eirizelnen Stellen plotzlich zu zersetzen. Zur vollstandigen Ent- farbung der gesamten Substanz in einigen Minuten bedurfte es der Temperatursteigerung auf 11 0-1 15 O. Nach der Entfarbuiig stellt die Substanz eine graue unscheinbare Masse dar, die unter dem Mikroskup deutlich die metallischen Sllberteilcheri erkennen lafst. Die prozentische Zusammensetzung arder t sich bei der Erhitzurig nicht, die Reaktion verliiuft also als kondensierte nach der Gleichung

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Ag,F = AgF + Ag.

Dasselbe Verhalten zeigt nun das Silbersubfluorid auch in Be- riihrung mit einer gesattigten Losung von Silberfluorid, also unter den gleichen Umstanden, wie bei der Darstellung. Zu der heirs gesattigten, in der Kalte nicht ganz gesattigten Losung von Silber- fluorid wurde in einer Platinschale festes Silberfluorid als Boden- korper hinzugefiigt, um die Losung dadurch gesattigt zu erbalten. Darauf wurde Silbersubfluorid - deutlich erkennbar an seiner goldbronzenen Farbe -, auf den Boden der Platinschale gebracht, und diese im Wasserbade erhitzt. Bis 50° zeigte sich keine sicht- bare Veranderung; von 50-70° traten an den Randern der Platinschale geringe Neubildungen von Silbersubfluorid auf, bei 80 O

scheidet sich eine gelbbraune Haut von Silberfluorid auf der ganzen Oberflache aus, und auf dieser Haut werden eine Anzahl Teilchen von Silbersubfluorid an ihrer bronzenen Farbe kenntlich. Bei 90° nehmen dann diese Blattchen plotzlich die gelbbraune Farbe der Haut an und zeigen mit dieser Farbenveranderung bei der an- gegebenen Temperatur den Zerfall an. Damit hat die eigentumliche von GUNTZ erwahnte Tatsache, dafs bei der Herstellung der Sub- stanz die Temperatur von 90° nicht iiberschritten werden darf, ihre Deutung gefunden ; denn diese Temperatur ist der Umwandlungspunkt des Systems Ag,F = AgF + Ag, dessen rechte Seite oberhalb 900 besteht, wahrend es unterhalb 90° in Silbersubfluorid ubergeht,, also der interessante Fall der Dissoziation einer festen Substanz in zwei andere feste Korper.

Aulser dem Zersetzungpunkte des Silbersubfluorids bei 90 O

scheint bei der Bildung noch ein anderer ausgezeichneter Punkt in Erscheinung zu treten, die von GUNTZ beschriebene und im Laufe dieser Versuche bestatigte Grenztemperatur von 50 O fur den Beginn der Bildung des Subfluorids. Das bei seiner Darstellung beobachtete merkwiirdige Verhalten, sich nach der Bildung an der Oberflache beim Vermischen mit der darunter befindlichen Losung von Sllber-

* ABEGG u. CL. IYPEBWAHR, Zeitschr. phys. Chenz. 32 (1900), 143. Anmerkung: Wahrend die Entfarbung der mit Metall gefsrbten

Alkalihalogenide bei Annahme von Metall als farbender Substanz schwer zu deuten ist , da die Entfarbungstemperaturen oder die Farbwandlung der Salze trotz Farbung durch das gleiche Metall krasse Differenzen aufweisen, ist eine Deutung wenigstens miiglich durch Annahme von Urnwandlungspunkten der verschiedenen Subhaloide analog dem des Silbersubfluorids.

%. anorg. Chern. Bd. 61.

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fluorid - die bei 50° gesattigt war - jeweils wieder zu zersetzeu, und ebenso beim Hinzufiigen solcher gesattigten Losung, his die gesamte Flussigkeit zum dicken Brei zu erstarren beginnt, legt den Gedanken nahe, dals bei der Reaktionstemperatur von naheztl 90° die bei niederer Ternperatur - ca. 50° - gesattigte Losung trotz ihrer enorm hohen Konzentration (13.5 fach normal) noch ungesattigt war, dah die grofse Loslichkeit sich also oberhalb 50° noch wesent- lich erhohte. Bei der Annahme eines Gmwandlungspunktes des gelosten wasserhaltigen AgF. 2H,O in wasserfreies bei ca. 50’ - ahnlich dern Umwandlungspunkte des wasserhaltigen Na2S0,. 12H,O in wasserfreies bei 31 O - ware das beschriebene Verhalten des Silbersubfluorids verstandlich. Das an der Oberflache infolge Ab- kuhlung ausgeschiedene wasserfreie Silberfluorid reagiert mit dem metallischen suspendierten Silber unter Bildung von Silbersubfluorid. Beim Vermischen mit der heikeren, darunter befindlichen Mutter- lauge wird es dann infolge groherer Lkungstension des Silberfluorids, seines Zersetzungsproduktes , zerfalleri miissen, bis die gesamte Losung durch Eindampfen vollig gesattigt ist. Da aber zur Urn- wandlung von AgF 2 aq in wasserfreies nach GUNTZ’S Bestimmungen der Losungswarme 4.9 Cal. verbraucht werden, so muls bei Temperatur- whohung uber 50° die Loslichkeit stark ansteigen. Es ist auch einleuchtender, dals das wasserfreie Silbersubfluorid sich aus wasser- freiem Silberfluorid mit fein verteiltem Silber bildet, als aus wasser- haltigem. Doch sind quantitative Versuche uber diesen Dehydrati- sierungspunkt riicht angestellt.

Nach GUNTZ bildet sich Silbersubfluorid unter Absorption von Warrne nach der Gleichung:

Ag (fest) + Agk’(fest) = Ag,F(fest) - 0.7 Cal.

Nacli der Bestandigkeit des Silbersubfluorids unterhalb 90 O, seiner Unbestandigkeit oberhalb dieser Temperatur, also seiner Zersetzung durch Temperaturerhohung ist diese Angabe unwalzrscheinlich. Nach GUNTZ eigenen Versuchen 16st sich AgF (fest) in vie1 Wasser zu AgF.2H20 unter Entwickelung von 3.4 Cal. (bei loo) , Ag,F aber nur unter Entwickelung von 2.73 Cal., woraus fur den Ze r fa l l des festen Subfluorids sich eine Absorption von 0.7 Cal. ergibt.

AgF (fest) -+ AgF. 2H,O (gelost) + 3.4 Cal. Ag2F (fest) -+ AgF. 2 H,O (gelost) + Ag (fest) + 2.7 Cal. Ag,F (fest) -+AgF (fest) + Ag (fest) - 0.7 Cal.

A m . chim. pkys. [6] 3 (1884), 18.

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Da nach GUNTZ' weiteren Versuchen

Ag(fest) + F(gasf.) = AgF(fest) + 25.6 Cal.

ist, so folgt fur die Bildungswarme des Silbersubfluorids nicht, wie GUNTZ versehentlich angibt.

Ag, (fest) + F (gasf.) = Ag2F (fest) + (25.6 - 0.7 Cal.) = 24.9 Cal., sondern

Ag, (fest) + F (gasf.) = Ag,F (fest) + (25.6 + 0.7 Cal.) = 26.3 Cal.

l)as Resultat dieser Untersuchungen ist der Beweis der Existenz des Silbersubfluorids als wirklicher chemischer Verbindung konstanter Zusammensetzung, und damit ist vielleicht ein Analogieschluls gestattet auf die gleiche Moglichkeit einer Subhaloidbildung bei den gleich- falls einwertigen Alkalinietallen derselben Gruppe des periodischen Systems, beim Lithium, Kalium , Natrium , Rubidium und Casium.

GUNTZ, hat aus dem Silbersubfluorid dann weiter noch die iibrigen Subhaloide des Silbers darzustellen versucht. Er hat sie zwar nicht rein erhalten, doch ist ihre Existenz nach dem Resultate beim Silbersubfluorid nicht zweifelhaft.

I I . Darstellung des Calciumsubchlorids. Von vie1 grolserer Wichtigkeit war es, Subhaloidbildung auch

fur die zweiwertigen Erdalkalimetalle zu zeigen , wie sie von BORCHERS und STOCKEM durch Auffindung des Calciumsubchlorids begonnen ist.

Dies mulste durch eine mehrfache Neudarstellung dieses Pro- duktes unter wechselnden Bedingungen geschehen, fur das a priori und gestiitzt durch die erwahnten Fehlversuche anderer Forscher ebenfalls die Annahme moglich erschien, dals es nur eine Losung des Calciummetalls in seinem Chloride darstelle, und nur zufiillig von seinen Entdeckern in den Mengenverhaltnissen aufgefunden war, die der Zusammensetzung von Calciumchloriir CaCl entsprechen, um so mehr als die angegebenen Analysen nur der einzigen durch Zerfall gefundenen Subs tanz en tstammen.

Gefunden: 53.33O/, Ca 4Ga76O/,} CI 47.02 O/,, 46.9S0/, CI

53.00°/, I Berechnet: 53.02 O / , Ca

1. c. Corapt. rend. 112 (1891), 1212. Z. f. Elektrochem. 8 (1902), 757, s. a. Dissert., Aachen (1900).

5 *

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Es mufste nach dem Versuche von BORCHERS und STOCKEM entstehen, wenn Calcium mit wasserfreiem Calciumchlorid iiber den Schmelzpunkt von Calcium erhitzt wurde.

Wegen der grohen Hygroskopizitat des wasserfreien Calcium- chlorids mufste Feuchtiglceit, wegen der leichten Oxydierbarkeit des Calciums bei den angewandten hohen Temperaturen Sauerstoff aus- geschlossen werden.

Das angewandte metallische Calcium entstammte den Elektro- chemischen Werken Bitterfeld, und enthielt 99.78 metallisches Calcium. Es wnrde in kleine Stiicke geschnitten und jeweils vor den Versuchen von der diinnen Oxydhaut befreit, ebenso wie das wasserfreie Calciumchlorid jeweils frisch kurz vor den Versuchen her- gestellt war. Das CaCl, .6H,O wurde dazu im trockenen Chlorwasser- stoffstrome unter Zusatz von Ammoniumchlorid auf ca. 300° erhitzt, und auf diese Weise beim Entwassern die Bildung basischen Salzes vermieden.

Versuche im indifferenten Gasstrom, Wasserstoff, ergaben trotz mehrfacher Abanderungen ein negatives Resultat ; das Calciuni- chlorid sublimierte im Wasserstoffstrome, das Calciummetall wurde zum Teil in Hydriir verwandelt,l zum Teil blieb es unangegriffen.

Da BORCHERS und STOCKEM dagegen beim Erhitzen von mit 10 Calciumchlorid verunreinigtem Calcium zur Reinigung des Cal- ciums im geschlossenen Eisenrohre das Subchlorid erhalten hatten, so war die Moglichkeit in Betracht zii ziehen, dafs die Tension des Calciummetalles im Calciumchloriir nennenswerte Betrage besitzt bei der angewandten Reaktionstemperatur. Diese Betrage konnten nun vielleicht im indifferenten Gasstrom nicht erreicht werden, weirs man doch vom metallischen Calcium, dals es sich dicht iiber seinem Schmelzpunkte stark verfliichtigt. Es wird dann eine Bildung des Calciumchloriirs aus den Komponenten unter diesen Umstanden unmoglich sein. Diese Vermutung wurde bestarkt durch den gleichen Mifserfolg, den GUNTZ und BASSET^ bei den einleitend er- wiihnten Versuchen, das Calciumchloriir herzustellen, hatten, Ver- suche, die berichtet wurden, nachdem die oben beschriebenen be- reits vollendet waren. Sie hatten nicht nur in Wasserstoff- sondern auch in Methan- und Argonatmosphare erhitzt, sowie im Vakuum, mit gleichem negativen Erfolge, so dafs der Bildung von Hydriir

MOISSAN, Compt. rend. 127 (1898), 29. 2 1 r

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keine Schuld am Milslingen der Versuche beizumessen ist. - Es mulste daher im geschlossenen Rohre der Versuche wiederholt, werden, wobei der gesteigerte Druck des Calciumdampfes die Bildung des Subchlorids erleichtern sollte.

Die Mischung beider Substanzen wurde in einem Eisenrohr zum Scb-melzen gebracht, das nur 9 ccm Inhalt besals. Es wurde mit dem Gemisch moglichst ausgefiillt, damit recht wenig Luft im Inneren war, deren Stickstoff und Sauerstoff das Calcium hatte verunreinigen kijnnen. Durch ein Schraubengewinde liels sich ein konischer Eisenstopfen dicht schliefsend auf- pressen, wie beigefiigte Skizze erlautert. Dank seinen kleinen Dimensionen liels sich das Rohrchen leicht im HERAIJ~ schen Tiegelofen unterbringen und auf die gewiinschte Tempe- ratur beliebig lange erhitzen. Beim ersten dieser neuen Versuche wurde das Rijhrchen mit ca. 2.5 g Metall und ca. 1.5 g Chlorid beschickt, also ein grolser nberschuls von Metall angewendet; das 4’1, fache des Be- rechneten. Darauf wurde 4 Stunden lang auf 900° erhitzt und dann die Bombe durch Her- ausnehmen aus dem Ofen in Luft rasch ab- gekiihlt. Da Stopsel und Rohr miteinander in der Gliihhitze vollig verschweilsen, so liefs sich das Schmelz- produkt nur dadurch ausbringen, dars das Rohr zerschnitten wurde.

Das Produkt war durchgangig rot gefarbt, und besonders an den Randern safsen eine Menge kleiner rubin- bis violettroter durch- sichtiger Krystalle, die Doppelbrechung besitzen, und wahrscheinlich schiefe Auslijschung zeigen. Bestimmen liels sich der Ausloschungs- winkel nicht gut, da die Substanz aukerst zerflielslich ist und mit Wasser sturmisch Wasserstoff entwickelt. Selbst die Luftfeuchtig- keit reagiert so schnell, dals die Krystalle unter dem Mikroskop unter Wasserstoffentwickelung sich zersetzen.

Die kleinen roten Krystalle erscheinen unter dem Mikroskop durchaus homogen, sind jedoch nur schwer von der anhangenden ebenfalls rot gefarbten Masse zu trennen.

Metallisches Calcium war in dieser roten Masse nicht mehr zu bemerken, es hatte zum Teil mit Calciumchlorid reagiert, der ober-

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schuk hatte sich nach seinem spezifischen Gewichte abgetrennt und befand sich unverandert am Rande der Bombe.

Die meisten der prachtig roten Krystallchen zeigten an den Randern der Schmelze sich da, wo sie mit dem Eisen in Beruhrurig gekoznmen waren. Doch konnten nur so geringe Spuren von Eisen in der Schmelze nachgewiesen werden, d a k es fur die FBrbung ohne Bedeutung ist, auch zeigten die Krystallchen sich restlos in Wasser loslich. Die Analyse ausgesuchter roter Stucke aus der Schmelze, die jedoch nicht vollig vom anhangenden Calciumchlorid zu befreien waren, ergab 48.76 ,Ilo Calcium entsprechend 74.91 O/,,

gebildeten Calciumsubchlorids (bereclinet aus dem Mehrgehalt ail Calcium gegeniiber Calciumchlorid, das 36.04O/, Calcium enthalt). Da der Uberschufs an gefundenem Calcium moglicherweise durch metallisches Calcium in homogenster Mischung mit dem Calcium- chloride hatte bedingt sein konnen, so wurde versucht die Produkte zu reinigen. Dazu war ein wasserfreies , gegen Calciumchlorur moglichst indifferentes Losungsmittel notwendig. Nach mehreren Vorversuchen schien absoluter Alkohol, der bei seinem Siedepunkte Calciumchlorid im Verhaltnis 24:l lost, geeignet. Doch zeigte sich der TJnterschied in der Lijsungsgeschwindigkeit fur Calciumchlorid- und -chloriir nur gering, so dals sich ein groker Teil der roten Krystalle des Subchlorids mit aufloste. Immerhin blieben nach mehrfacher Reinigung noch ca. 0.12 g reiner Substanz der ersten Darstellung zur Analyse iibrig. Sie ergab das erwartetete Resultat reinen Subchlorids 53.1 9 O/, Calcium (berechnet fur Calciurnchlorur 53.02,/,). Die Substanz war auch frei von Eisen, sie war also rein. Die Analyse des gereinigten Produktes eines anderen Qer- suches ergab mit 52.89 Calcium ein ahnliches Resultat. Hier war die angewandte Menge aber noch geringer (0.07 g) und enthielt infolge der mechanischen Ablosung aus der Eisenbomhe ziemlich vie1 Eisen, das rechnerisch in Betraclit gezogen wurde. Es mufs bei der aulserordentlichen Hygroskopizitat des Calciumsubchlorids und der dadurch bedingten Schwierigkeit mecha- nischer Abtrennung der winzig kleinen Krystallchen vom Calcium- metal1 als ein besonders glucklicher Zufall bezeichnet werden, dals es BORCHERS und STOCKEM gelang, ohne jede Reinigung gleich bei der ersten Isolierung der Substanz diese vollig analysenrein zu er- h a1 ten.

Trotz des angewandten Uberschusses von Metal1 wurden durch weitere Versuche nur an Calciumchlorur arme Produkte mit noch

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verhaltnismalsig vie1 Gehalt an Calciumchlorid gewonnen ? deren Reinigung mit absolutem Alkohol nur mit sehr grofsen Verlusten an Calciumsubchlorid zu erreichen war.

Zwei Umstande konnten fur diese Mifserfolge Veranlassung sein. Entweder war die Bildungsgeschwindigkeit zu gering ge- wesen - dann mufste Temperatursteigerung noch weit mehr uber den Schmelzpunkt des Calciums und Calciumchlorids hinaus nutz- bringend wirken, oder das Subchlorid hat sein Bestandigkeitsgebiet nur in den hohen Temperaturen, zerfallt also beim Abkuhlen und langsamen Dnrchschreiten der Umwandlungstemperatur in die zwei extremen Stufen der Ausgangssubstanzen zuruck, verhalt sich also umgekehrt wie das Silbersubfluorid.

erhitzt

abgekiihlt 2CaCl f CaCl, + Ca

abgekiihlt

erhitzt Ag,F f---z- f & F + A g .

F u r diese Urnwandlungen in Temperaturen nahe oder oberhalb 800° spricht die Tatsache, dafs wir bei der Elektrolyse des ge- schmolzenen Gemisches von Calciumchlorid und Calciumfluorid in eisenfreien Porzellangefahen, bei 660-700 O niemals Rotfarbung beobachteten trotz reichlicher Losung von Metal1 in der Schmelze.

Ein Erfolg war in diesem Falle zu erwarten durch A b - s c h r e cken der in gluhenden Stahlzylindern befindlichen Substanz. Auch BORCHERS und STOCKEM hatten an den offenbar schneller er- kalteten R a n d e r n des von ihnen benutzten eisernen Rohres die roten Krystalle erhalten.

Nach einer ganzen Reihe rationell variierter Versuche gelang es, die Richtigkeit dieser Annahme zu bestatigen. Das Subchlorid entsteht quantitativ durch Abschrecken nach dem Erhitzen des Ge- misches der Ursubstanzen auf 1000°.

Diese Versuche wurden sonst in gleicher Weise wie die bisher unternommenen ausgefuhrt. Nur bestanden die verwendeten ver- schraubbaren Metallzylinder (Bomben) aus Stahl, nicht wie fruher aus Gulseisen, um durch den geringeren Kohlenstoffgehalt dieses Materials die Moglichkeit einer Calciumcarbidbildung zu vermindern, die sich durch ihre graue Farbe storend gezeigt hatte. Ferner wurde der Uberschuls von metallischem Calcium moglichst vermieden, da seine Beseitigung infolge der Zahigkeit des Metalls mit Schwierig- keiten verknupft und deshalb bei der grorsen Zersetzlichkeit des

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Subchlorids an der Luft fur die Reinheit des Produkts nachteilig ist. Calcium und Calciumchlorid wurden genau , wie bei den fruheren Versuchen, vorbereitet und gereinigt, und darauf in moglichst theo- retischen Mengenverhaltnissen (Ca: CaCl, = 1 - 5 : 4.05) in den Bomben im elektrischen Tiegelofen auf 1000 O erhitzt.

Das Abschrecken geschah mit fester Kohlensaure , nachdem 24 Stunden erhitzt war; dabei mufs man durch Festklopfen der Kohlensaure auf die gluhende Bombe dafur sorgen, dafs sich nicht ein LEIDENFRosTscher Gasraum um das Eisen bildet. der die rasche A bkuhlung verzogert.

Die Bombe wird dann aufgesagt, die Substanz rasch herausge- klopft, direkt unter Athyljodid gebracht und unter dieser Flussig- keit moglichst schnell verrieben. Dabei geht das event. nicht in Reaktion getretene metallische Calcium durch sein geringeres spezi- fisches Gewicht (d = 1.6180) (hhyljodid d = 1.94180) an die Ober- flache und wird von der ubrigen Substanz getrennt. Der schwerere Rest wird unter Bromoform (d = 2.94 180) gebracht, das durch Hinzufiigen von Athyljodid solange spezifisch leichter ge- macht wurde, bis sich zwei deutliche Schichten der Calciumverbin- dung bildeten, eine untere, das schwerere Chlorid (d = 2.21 2oo) ent- haltend, wahrend die obere aus Subchlorid bestand. Sein unge- gefahres spezifisches Gewicht wurde Z U V O ~ nach der Regel von KOPP zu ungefahr 2.02 ermittelt.

Die obere Schicht, aus deren Mengenverhaltnis zur unteren man ubrigens schon einen Schluls darauf ziehen kann, ob vie1 oder wenig Subchlorid entstanden ist , wird dann durch mehrfaches Ab- spiilen mit trockenem Ather vom Bromoform befreit, und der Ather an der Saugpumpe unter gleichzeitiger Erwarmung des Gefakes rasch abgesaugt. I m vorher tarierten Wageglas moglichst schnell gewogen, wird die Substanz dann in Wasser aufgelost, worin sie sich unter lebhafter Entwickelung von Wasserstoff mit starkem G eruch nach Kohlenwasserstoffen klar lost. Um einer Tauschung durch gebildetes Calciumhydroxyd bei cler Bewertung des Subchlorid- gehaltes zu entgehen, wurde die Losung auf 250 ccm aufgefullt, in der einen Halfte das Calcium a19 Oxalat bestimmt und als Oxyd gewogen, in der anderen das Chlor als Silberchlorid gefallt und auf dem Goochtiegel nach dem Trocknen bei 130° als solches gewogen.

Die beiden am Ende der Versuchsreihe zur Synthese des Sub- chlorids ausgefuhrten Darstellungen , die unter Vermeidung der in-

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zwischen erkannten Fehlerquellen in der oben beschriebenen Weise unternommen wurden, waren doppelte Parallelversuche. Sie wurden, zur Feststellung ob das Besfandigkeitsgebiet des Subchlorids bei hohen oder tiefen Temperaturen liegt, in der Weise ausgefuhrt, dals je zwei der Stahlbomben 24 Stunden auf 100OO erhitzt wurden, deren eine in fester Kohlensaure abgeschreckt, deren andere lang- Sam im Ofen erkalten gelassen wurde.

Die langsam abgekuhlte Substanz des ersten Versuches zeigte bereits in ihrem aufseren Aussehen die Zersetzung. Sie war zwar zum grolsen Teile rotviolett, doch zeigten sich besonders beim Ver- reiben unter Athyljodid eine Menge kleine Metallstuckchen von Calcium, das durch Athyljodid abzutrennen war. Die weitere Tren- nung der roten Substanz mit verdunntem Bromoform ergab eine kleinere obere Schicht und eine grolsere untere.

Die Analyse der oberen subchloridhaltigen Schicht ergab 42.91 O/,,

Calcium und 56.87°/0 Chlor, zusammen 99.78O/,, so dals sie nur noch 35O/, Chlorur enthielt, von dem die 65O/, Chlorid infolge feiner Verteilung nicht durch die Flussigkeit geringerer spezifischer Schwere zu trennen gewesen waren. Es zeigte sich also, dals beim langsamen Durchschreiten der Umwandlungstemperaturen der erwartete Zerfall des Subchlorids in seine Seitenstufen zwar noch nicht vollstandig, so doch zum grofsten Teile eingetreten war.

Ein zweiter Versuch ergab 42.19°/0 Ca und 58.15O/, C1, ent- sprechend 67 Calciumchlorid, das zuriickgebildet war.

Das Produkt des anderen Versuches wurde, wie erwahnt, in fester Kohlensaure abgeschreckt. Es war eine gleichfalls rote, aber homogen erscheinende Masse. Unter dem Mikroskop war in ihr kein metallisches Calicum mehr zu entdecken, und bei der Trennung ihrer Bestandteile nach der Schwebemethode war durch Jodathyl auch kein Metal1 mehr abzuscheiden. Durch Verdunnen vom Bromo- form mit Jodathyl lids sich eine Trennung dieser Substanz in zwei spezifisch verschieden schwere Fraktionen nicht erkennen, vielmehr blieb dieselbe bei genugendem Bromoformzusatz fast vollstandig an der Oberflache, wie sie bei ungenugendem am Boden sich befand.

Analyse gefunden : 52.76OlO Ca 46.81 C1 Berechnet fur Ca,CI, : 53 02O/, Ca 46.98°/0 C1

D a s R e s u l t a t dieses Ver suches w a r a l so r e i n e s S u b -

Dieses Verhalten wurde durch einen besonderen Versuch be- ch lor id .

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stiitigt, bei dem ca. 2 g des r e i n e n roteii Chloriirs in einer kleinen Bombe - deren Innenraum sie nahezu ausfiillten, um die Ein- wirkung der Luft zu reduzieren - 2 Stunden lang auf S l O O erhitzt und dann ganz langsam im elektrischen Ofen abgekiihlt wurden. Die resultierende Substanz zeigte deutlich die Merkmale des Zerfalles. Calcium war an die Wande der Bombe heraussublimiert und l ieh sich durch Jodathyl auch aus der anderen Masse abtrennen und als solches erkennen. Eine ihm entsprechende Menge Chlorid befttnd sich im unteren Teile der Bornbe, wohin es sich durch sein grofseres spezifisches Gewicht beim langsamen Abkiihlen nbgetrennt hatte, wah- rend die mittlere Schicht scheinbar nicht zerfttllenes Subchlorid darstellte.

Heim Abschrecken eines zweiten Versuches in fester Kohlen- saure wurde infolge mangelnder Mengen Kiihlmaterials der eine Teil der Bombe nicht von diesem bedeckt, und kiihlte sich daher langsamer ab. Es waren infolgedessen zwei durch einen Hohlraum deutlich getrennte Schichten entstanden, deren eine (a) von metal- lischem Calcium nach der Innenseite bedeckt war. Da das Metall nur in ganz geringem Uberschuls zur Anwendung gekommen war, so entstammte die grokere Metallmasse der Riickbildung aus Chloriir. Bei der Trennung dieser von Metall bedeckten Schicht (a) nach spezifischen Gewichten: zeigte sich bereits , dais nach Abtrennung des Metalls mit Jodathyl der in Bromoform spezifisch schwerere, also der chloridhaltige Teil, der bei weitem grijlsere war. Eine obere leichte Schicht, die Subchlorid hatte enthalten miissen, war fast gar nicht vorhanden. Die Analyse der ubrigens in ihrer Farbe durchaus nicht von der anderen (b) verschiedenen Schicht des schweren Chlorids ergab 36.74O1, Ca und 64.78O/, CI, wahrend fur Calciumchlorid 36.04 O/, Ca und 63.96 O/, C1 bereclinet werden.

Durch die nicht geniigend rasche Abkiihlung war also eine beinahe vollkommene Zersetzung des Chloriirs eingetreten. T r o t z d e in h a t t e d e r g e r i n g e U b e r s c h u l s von C a l c i u m - n u r 4.6O/, C a l c i u m s u b c h l o r i i r e n t s p r e c h e n d - e i n e d u r c h g a n g i g r o t e F a i r b u n g d e r S u b s t a n z h e r v o r g e r u f e n , e in Beweis daf i i r , wie i n t e n s i v a u c h s e h r k l e i n e M e n g e n S u b c h l o r i d zu f a r b e n v e r mogen.

Diese Beobachtung erhoht die Wahrscheinlichkeit der An- nahme, dals auch die intensive Farbung der Alkalihalogenide, deren Subchloride noch nicht substantiell hergestellt sind, auf Bildung geringer bis jetzt nur durch Uberschufs von Metall nachgewiesener Mengen Subchlorid beruht.

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Dagegen ergab die Analyse der gleichfalls roten und homogen erscheinenden anderen Schicht (b), die sich im sorgfaltiger gekiihlten Teile der Bombe befand und bei der Trennung ihrer Bestandteile durch die Schwebemethode im Jodathyl kein metallisches Calcium mehr zeigte, auch in Bromoformgemisch zum allergrofsten Teile oben sich abgesetzt hatte, die berechnete Zusanimensetzung von Calciumsubchlorid.

47.02 OJ0

46.61°/, 1 c1 46.98O/, C1.

} Ca Gefunden : 52.8 1 O i 0

1, 52.65 Oli,

Berechnet fur Ca,CI, : 53.02 o/io Ca

Damit bestatigte sich das Resultat des vorangegangenen analogen Doppelversuches :

Aus Calc ium und Calc iumchlor id lal'st s i ch bei 1000° d u r c h Abschrecken des R e a k t i o n s p r o d u k t e s e ine schon r o t - v io l e t t g e f a r b t e wohlkrys ta l l i s ie r te Verb indung here te l len , d e r d i e k o n s t a n t e s toch iomet r i s che Zusammense tzung CaCl zukommt, u n d d i e a l so ke ine Absorp t ionsve rb indung wech- s e ln den G e h a l t e s d a r s t e l l t.

Die Bedingungen fur ein gunstiges Resultat bei der Herstellung von Calciumsubchlorid sind im wesentlichen durch die beiden Eigen- schaften gegeben, dars es erstens nur in hohen Temperaturen sein Bestandigkeitsgebiet hat, daher moglichst rasch abgeschreckt werden muls, und ferner, dafs es eine aukerst hygroskopische Substanz darstellt, bei der die notwendigen Operationen des Ausbringens aus der Bombe und der reinigenden Trennung mit grolster Schnelligkeit und unter dem Ausschlul's der Luftfeuchtigkeit vorzunehmen sind.

Wasser darf iibrigens zum Abschrecken der Stahlzplinder nicht verwendet werden, wie eine ganze Reihe von Versuchen lehrte. Es entsteht hierbei eine durch Carbidbildung grauschwarzc Masse, indem beim Abschrecken mit dem Eisencarbid Kohlenwasser- stoffe entstehen, die in das Vakuum des Zylinders eingesaugt werden. Man darf daher auch nicht Bomben von Gufseisen ver- menden.

Der Umstand, dafs die Summe von Metall und Chlor bei vielen Versuchen stets weniger als loo@//, betragt, ist auch hier auf Feuchtigkeitsaufnahme beim Ausbringen und Reinigen der Suhstanz zuriickzufiihren.

Siehe ausfuhrlich bei RODEWALD, Dissert., Karlsruhe 1908.

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Das reine Calciumsubchlorid ist eine rotviolette, gut krystalli- sierende Verbindung vom spez. Gew. a = 2.08,,0, bestimmt durch die Schwebemethode , mit einem Gemisch von Bromoform und Xylol. Es ist aufserst hygroskopisch und 18st sich in genugend Wasser unter lebhafter Wasserstoffentwickelung klar auf. Die Verbindung enthalt Calcium und Chlor im Verhaltnis 53.02 : 46.98, und es kommt ihr daher die einfachste Formel CaCl zu, solange das Molekular- gewicht nicht bestimmbar ist.

Ilas Subchlorid hat, wie dargetan wurde, sein Bestandigkeits- gebiet oberhalb 800 O und zerfallt beim langsamen Durchschreiten der niederen Temperaturen in seine Komponenten.

GUNTZ und BASSET geben als Resume ihrer erwahnten ver- geblichen Versache zur Darstellung des Calciumchloriirs an, dafs ihre Produkte nur aus einem molekularen Gemisch von Calciumchlorid, Calciumoxyd und Calciumhydrur bestanden, wie es unter dem Einfluls der atmospharischen Feuchtigkeit aus Calciummetall sich bildet, und sie fugen hinzu, dafs ihre Produkte grobe Ahnlichkeit mit den von BORCHERS und STOCKEM gefundenen hatten. Es sei dem gegeniiber noch besonders vermerkt, dais nach obigen Versuchen die Beobachtungen von BOWHERS und STOCKEM nicht mehr bezweifelt werden diirfen, und dafs es nur der Ein- haltung der nunmehr festgestellten reproduzierbaren Bedingungen benotigt! urn das Calciumsubchlorid zu erhalten.

111. Darstellung des Calciumsubjodids.

Nach der Elektroaffinitatstheorie von ABEGG und BODLANDEB sollte das weniger elektroaffine J o d im Calciumjodid eher zur Sub- halogenidbildung neigen, eher bestrebt sein durch den Neutralteil Calcium seine Elektroaffinitat zu verstarken, als das starker elektro- affine Chlor im Calciumchlorid. Die Darstellung des Calcium- subjodids erschieu deshalb aussichtsreich.

Es ist mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, das Subjodid in gleicher Weise herzustellen wie das Subchlorid, denn das Calcium- jodid CaJZ + 6H,O ist nur aufserst schwierig unzersetzt zu ent- wassern, und bei seiner grolsen Hygroskopizitat und seiner in der Hitze noch verstarkten leichten Angreif barkeit durch den Sauerstoff der Luft ist es kaum moglich, das Calciumjodid rein zu gewinnen, abzuwagen und zum Versuch vorzubereiten.

Es wurde deshalb versucht, das Calciumjodiir in der Weise

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herzustellen, dals die beiden Elemente Calcium und Jod im ein- fachen Verhaltnis ihrer Atomgewichte auf hohe Temperaturen erhitzt wurden, um die Reaktionsgeschwindigkeit der Jodiirbildung mijglichst zu steigern. Nach MoIssAN1 tritt das Jod bereits dicht iiber seinem Siedepunkte in lebhafteste Reaktion mit dem metal- lischen Calcium. Das Produkt ist dabei nicht untersucht worden.

Bei den zuerst angewandten Temperaturen zwischen 580-640 O

bleibt das ungeschmolzene &tall grolsenteils unverandert, be- kleidet sich nur oberflachlich mit einer schmutzigbraunen von Jod durchsetzten Masse, die wahrscheinlich ein Gemisch von Jod, Calcium- jodid und Eisenjodiir ist. Es wurde deshalb durch Steigerung der Reaktionstemperatur bis zum Schmelzpunkte des Calciums grolsere Diffusions- und damit Reaktionsfahigkeit herbeigefiihrt.

Die Mischung der Elemente wurde in einer Bombe 5 Stunden lang auf 785O erhitzt und abgekiihlt. Das nach Aufschneiden der Bombe ausgebrachte stark zusammengebackene Schmelzprodukt stellte eine gelbbraune bis dunkelbraune Krystallmasse dar , die aulserst rasch triibe wird und zerflielst. Unter dem Mikroskop liefs sich jedoch trotz der enormen Hygroskopizitat erkennen, dals die braunen Krystalle in gleicher Weise in hellere eingelagert waren, wie die roten Calciumsubchloridkrystalle im Calciumchlorid. Die braune Farbe riihrte nicht von iiberschiissigem freien Jod her, das vielleicht nicht in Reaktion hat te getreten sein konnen, denn mit trockenem Ather und Schwefelkohlenstoff liels sjch kein freies Jod nachweisen. Die Analyse mechanisch ausgesuchter brauner Stiicke ergab 21.44O/, Calcium, wahrend Calciumjodid 13.66 Calcium- jodiir 24.03O/, Metall enthalten.

Eine in gleicher Weise ausgefiihrte Neudarstellung ergab ein ahnliches Produkt, enthielt also noch grohe Mengen Calciumjodid und metallisches Calcium. Das Metall liefs sich zwar mechanisch soweit auslesen, dafs unter dem Mikroskop kein Calcium mehr zu erkennen war. Es kam aber darauf an, die beiden anderen Bestand- teile des Gemisches voneinander zu trennen. Im absoluten Alkohol fand sich ein Liisungsmittel, dessen Losungsgeschwindigkeit fur Jodiir und Jodid genugend verschieden ist, wie sich unter dem Mikro- skop beobachten lieh ; da sich zuerst die weifsen Jodidkrystalle, dann erst die braune Jodiirmasse loste. Nach mechanischer Auslese des metallischen Calciums wurden daher ausgesuchte schone braune

Ann. chinz. phys. [7] 18 (1899), 289.

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Stucke, nachdem sie unter Schwefelkohlenstoff zerkleinert waren, im Wasserstoffstrome mit absolutem Alkohol einigemale durch- geschiittelt, dann der Alkohol durch Abspulen mit trockenem Ather rasch entfernt, und ebenso schnell die vollkommen braun und homogen aussehende Masse gewogen und zur Analyse im Wasser aufgelost. Sie lost sich unter Warme- und starker Wasserstoff- entwickelung zu einer klaren Flussigkeit. Von den 250 ccm der Losung wurde in 125 ccm das J o d , im Reste das Calcium bestimmt.

Gefunden : 23.54OlO C:t 75.79O/, J Berechnet fur CaJ: 24.03'/, Ca 75.97O/, J

Angenommen, d a k alles Calcium, was uber dem Jodidgehalt hinaus in der Verbindung ist, als Bestandteil des vorhandenen Jodiirs angesehen werden kann, sind danach in dem erhaltenen Produkt 98.2 Calciumjodiir.

Die Summe der Komponenten ist nur 99.3 Olio, wohl weil bei der starken Hygroskopizitat der Jodurmasse etwas Feuchtigkeit auf- genommen war wahrend der Reinigungsoperationen.

Zur Vermeidung einer Verunreinigung des Produktes mit Jodid und Metall, wie sie nach den Erfahrungen beim Subchlorid dadurch eintreten konnte, d a h das in hohen Temperaturen bestandige Sub- jodid sich bei langsamen Durchschreiten der Umwandlungstempera- turen in die zwei Komponenten zersetzte, wurde auch bei der Dar- stellung des Subjodids versucht durch Abschrecken aus der hohen Temperatur ein reineres, weniger zerfallenes Produkt zu erzielen.

Urn insbesondere die Verunreinigungen durch iiberschussiges metallisches Calcium zu verhuten, dessen mechanische Entfernung, soweit sie iiberhaupt moglich ist , Anziehung von Luftfeuchtigkeit herbeifuhrt, wurde mit nahezu theoretischen Mengen der Kompo- nenten gearbeitet und nur ein ganz geringer Uberschufs (0.1 g) von Jod angewandt.

Nach 12 stundigem Erhitzen des Reaktionsgemisches auf 800 O

wurde die Stahlbombe in Wasser abgeschreckt. Die stark zusammen- gebackene, rein dunkelbraune Masse, die sich leicht aus der Bombe herausschlagen liels, wurde direkt in frisch destilliertem Schwefel- kohlenstoff aufgenommen. Das Schmelzprodukt wurde unter dieser Plussigkeit verrieben, der Schwefelkohlenstoff unter gleichzeitigem Erwiirmen an der Saugpumpe abgesaugt.

Die so gereinigte Masse wurde rasch im tarierten Wageglas

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gewogen und sofort zur Analyse aufgelost. Das Jod wurde in einer Portion als AgJ unter Zusatz eines Tropfens Salpetersaure zur Losung bestimmt. Das Filtrat des Silberjodidniederschlages enthalt Eisen, das als Jodiir in der Masse enthalten ist, und seine Ent- stehung dem geringen oberschufs von Jod bei der Darstellung ver- dan kt. Dies Eisen wurde mit Ammoniak als Eisenoxydhydrat gefallt und als Fe,O, bestimmt. Die ihm entsprechende kleine Menge Jod wurde vom Gesamtresultate des Jods im Jodiir ab- gezogen. Das Calcium wurde, wie iiblich, als Oxalat gefallt und als Oxyd gewogen. Die rasch vorbereitete und sorgfaltig ausgefiihrte Analyse ergab die erwarteten Werte reinen Subjodids.

Gefunden: 24.213 Ca 75.95 J Berechnet fur CaJ: 24.03 Ca 75.97 J

Ein in gleicher Weise ausgefiihrter weiterer Versuch bestatigte dies Resultat:

Gefunden : 23.57 Ca 75.31 J Berechnet : 24.03 Ca 75.97 J

Zur Bestatigung der Annahme, dafs auch das Calciumsub- jodid ahnlich dem Subchlorid in hohen Temperaturen sein Be- standigkeitsgebiet hat, unterhalb dessen es in Calciumjodicl und Calcium zerfallt, wurden zwei Bomben zu gleicher Zeit auf 800° erhitzt, die eine langsam gekuhlt, die andere in Wasser abgeschreckt. Das Abschrecken in Wasser erwies sich bei den Versuchen zur Subjodiddarstellung merkwiirdigerweise nicht nachteilig, wie beim Subchlorid. Erklaren lalst sich dies vielleicht dadurch , dals die beim Abschrecken in der beschriebenen Weise in die Bombe ein- dringenden Kohlenwasserstoffe im Inneren freies Jod vorfinden mit dem sie leicht zu Substitutions- oder Additionsprodukten zu- sarnmentreten.

Das Produkt des langsam abgekiihlten Versuches war eine stark mit metallischem Calcium durchsetzte Masse. Sie wurde unter Schwefelkohlenstoff zerkleinert, mechanisch durch Auslese von Metal1 befreit, dann weiter gepulvert und wie oben zur Analyse vorbereitet. Sie enthielt 78.680/, Jod (berechnet fur CaJ, 85.34O/,, fur C a J 75.97 Ole), wahrend eine Analyse mechanisch ausgesuchter , unge- reinigter, metallisch glanzender Stiicke 56.74 Calcium ergab (be- rechnet fur CaJ, 13.66O/,, fur CaJ 24.03O/, Ca). Darnus geht hervor, d d s beim langsamen Durchschreiten der Umwandlungs-

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temperaturen die erwartete Zersetzung in Calciumjodid und Calcium- metal1 zum grolsen Teile eingetreten war.

Das abgeschreckte Produkt enthielt dagegen erwartungsgemal's reines Subjodid. Metallisches Calcium wurde nicht wahrgenommen, die Analyse wurde wie die vorigen durch Verreiben ausgesuchter Stucke unter Schwefelkohlenstoff vorbereitet.

Gefunden : 76*2 ' 1 0 } Jod 23*51 '/lo } CiL 7 6.4 1 ,Ilo

Berechnet fur CaJ: 75.97O/, Jod 24.03O/,, Ca 23.67 O / ,

Zeigte auch das homogene Aussehen unter dem Mikroskop und die leichte Auflosung der Substanz in Wasser die Einheitlichkeit des I'roduktes, so war doch der immerhin noch mogliche Einwand zu widerlegen, dals hier mehrfach ein zufallig stochiometrisches infolge Abschreckens aus den hohen Temperaturen sehr inniges Gemenge der Bestandteile vorliege. Es wurde deshalb bei dem folgenden Versuche dies Gemisch duroh die Schwebemethode nach spezifischen Gewichten getrennt, und zwar so, dafs mit Athyljodid das leichtere metallische Calcium abgeschieden wurde, mit Acetylen- tetrabromid die Jodide voneinander getrennt wurden. Bei An- wendung dieser Methode zur raschen Trennung, insbesondere von eventuell vorhandenem Calciummetall lafst sich in der Darstellung ein Joduberschuls und damit die fur die Analyse lastige Eisen- jodiirbildung vermeiden.

Dieser Versuch wurde, analog wie der vorige, als Doppelversuch unternommen, die eine Bombe nach 12stundigem Erhitzen auf 1000° langsam im Ofen erkalten gelassen, die andere in fester Kohlensaure abgeschreckt.

Das ausgesuchte metallfreie Material der langsam gekiihlten Masse, welches leichter als Acetylentetrabromid auf seiner Ober- flache schwamm, enthielt 79.84 O / , Jod (berechnet fur CaJ, 85.34O/,, fur CaJ 75.97O/, Jod) und erwies damit wieder den zum Teil eingetretenen Zerfall des Subjodids.

Dagegen ergab die Analyse der in fester Kohlensaure ab- geschreckten Substanz bei fast quantitativer Ausbeute:

75.54O/, Jod und 24.14O/, Ca Berechnet CaJ: 75.97O/, ,, ,, 24.03O/, Ca

Die r o t b r a u n e S u b s t a n z war eisenfrei . S i e i s t a u l s e r - o r d e n t l i c h empf indl ich gegen Luf t feucht igke i t .

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Durch diesen Versuch bei 1000°, anstatt wie bisher €?OOo, wird zugleich dem Einwande vorgebeugt,, als liege im Subjodid vielleicht ein Eutektikum bestimmter Temperatur vor, wie die iibereinstim- menden Analysen gedeutet werden konnen - und keine stochjo- metrische Verbindung.

Die Dar s t e l lungre inen Calc iumj odiirs, ode r von Calc ium- sub jod id - wenn man u n t e r , ,Subverb indung" Sa lzb i ldung m i t ungewohn l i ch n i ed r ige r Valenz ve r s t eh t , ist i ib r igens ungleich e in fache r und le ich ter , a l s die des Subchlor ids . Geniigende Raschheit und Sorgfalt in der Reinigung vorausgesetzt, is t die sichere Gewinnung des Jodiirs gewahrleistet.

E s l i e f e r t den zweiten Beweis fu r d ie E x i s t e n z von Subha logen iden d e r E rda lka l ime ta l l e , die d a n a c h n i ch t m e h r bezweifel t werden kann.

IV. Darstellung des Calciumsubfluorids.

Die auberordentliche Hygroskopizitat und leichte Angreifbarkeit durch den Sauerstoff und die Kohlensaure der Luft machen bei den bisher beschriebenen Calciumsubhaloiden Darstellung und Unter- suchung schwierig. Wenn die Eigenschaften der Subhaloide analog denen der Halogenide mit dem Halogen sich Bndern, so war zu er- warten, dak ein aus Calciumfluorid iind Calcium darzustellendes Subfluorid die oben erwahnten storenden Eigenschaften nicht , ocler in bei weitem geringeren Mafse besitzen wird. 1st doch der Flufs- spat als erstes Glied der Reihe von den iibrigen ganz verschieden, gegen Oxydation und Feuchtigkeit der Luft durchaus bestandig. Zudem kommt er vollkommen rein und wasserfrei in der Natur Tor.

L. WOHLER und KASARNOWSKI~ war es gelungen aus Flulsspitt mit schmelzendem Calcium im Jenaer schwer schmelzbaren Ver- brennungsrohre bei ca. 800 O tief blau gefarbte Krystalle zu erhalten, die einen geringen Ubmchufs an Calciummetall, entsprechend 2.45 gebildeten Calciumsubfluorids, aufwiesen.

Dieser Umstand, zusammen mit den bisherigen Erfahrungen, liefs Versuche zur Darstellung des Calciumsubfluorids aussichtsreich erscheinen, um so mehr, als bei Anwendung der Stahlbomben hohere Temperaturen in Betracht gezogen werden konnten.

Zum ersten Versuche wurden Calcium und gepulverter, aus-

' 1. c. 2. anorg. Chem. Bd. 61. 6

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gesucht reiner Flufsspat im ungefahren berechneten Verhaltnis - mit geringem Uberschufs von Calcium 3 Stunden lang auf 1050O erhitzt und dann langsam abgekuhlt. Durch die Temperatur- erhohung sollte das Eindringen von Metall in den ungeschmolzenen Flufsspat erleichtert und die Reaktionsgeschwindigkeit vergrolsert aerden. Die Krystallchen von Calciumfluorid waren danach tief dunkelblau gefarbt, beinahe schwarz. Die Menge des nicht in Reaktion getretenen metallischen Calciums wies bereits darauf hin, dafs nur wenig Fluorid umgewandelt war; doch ergab die Analyse der dunkelblauen mechanisch ausgesuchten Krystalle mit 52.75 O l 0

Calcium (berechnet fur CaF, 51.3O/, Ca, fur CaF 67.81 Ole) immerhin einen Mehrgehalt von Calcium, der 8.75 O l a gebildeten Subfluorids entspricht, also der vierfachen Menge, wie sie WOHLER und KASAR- NOWSKI erhalten hatten. Das Calcium wurde nach dem Abraucheri der zu analysierenden Masse mit Schwefelsaure (konzentriert) aus der Losung als Oxalat gefkllt und als Oxyd gewogen. Die blauen Krystallchen waren vorher mit verdunnter Essigsaure von an- hiingendem Metall befreit worden.

Bei den niichsten beiden Versuchen wurden noch hijhere Tempe- raturen angewandt) die Bomben im HmHusschen Tiegelofen je 15 Stunden auf 1 150° erhitzt. Das erhaltene Produkt uberraschte durch sein Aussehen. Der immer noch ungeschmolzene Flufsspat (F.-I?. 1330O) war n%mlich nicht mehr blau gefgrbt, sondern zum Teil farblos, zum Teil aber schiin gelb. Eine Menge dieser winzigen, gelben Krystallchen durchsetzten den unveranderten weifsen Fluls- spat, wahrend das metallische Calcium sich xwischen die Flufsspat- krystalle :cls schwierig zu entfernendes Bindemittel eingelagert hatte. Die ausgebrachte Masse wurde daher nach dem Zerkleinern zur Entfernurig des metallischen Calciums langere Zeit am Riickfluls- kuhler mit absolutem Alkohol erhitzt, in dem das Metall sich malsig schnell zu Alkoholat lost. Das Subchlorid wird allerdings, wie sich spiiter herausstellte, ebenfalls vom siedenden Alkohol angegriffen, aber weit langsamer. Dann wurde der spezifisch schwerere Fluls- spat von den gelben snbfluoridhaltigen Krystallen durch mehr- faches Schlammen der gepulverten Substanz mit absoluten Alkohol und Ather nach Miiglicltkeit getrennt, und das spezifisch leichtere, gelb gefarbte Produkt analysiert. Die Calciumbestimmung ergab 54.43O/,, also im Vergleich z u Flufssspat (51.03O/, Ca) einen Mehr- gehalt von 3.13 o/o Calcium, der 18.9 entstandenen Subfluorids entspricht.

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Trotz der Temperaturerhohung bis auf 1 150° und verhaltnis- malsig langer Einwirkung war ogenbar die Reaktionsgeschwindigkeit der Subfluoridbildung noch nicht geniigend gesteigert. Beim Schmelz- punkte des Fluorids (1330O) mulste sich danach die Bildung von Fluorur eher erreichen, durch die hijhere Temperatur und den fliissigen Zustand grijlsere Reaktionsgeschwindigkeit herbeifiihren lassen, insbesondere, wenn das Subfluorid sich wie das Subchlorid und Subjodid verhielt, d. h. mit steigender Temperatur uber die Umwandlungstemperatur hinaus bestandig wird.

Nach vielen milslungenen Versuchen im Kokswindofen , im elektrischen Rijhrenofen, im RSlslerofen wurde eine geeignete Heiz- quelle gefunden in einem RossmRschen Gasofeii, der durch gleich- mafsige Zufuhr komprimierter Luft eines vom Elektromotor an- getriebenen Geblases gespeist wird. Hijhere konstante Temperatur und Vermeidung von Carbidbildung im Innern der Bombe durch diffundierendes Leuchtgas - das im Geblase vollkommen ver- brannt wird -, und daher die Bfijglichkeit die theoretisch berechnete Menge Calcium anwenden, die Reinigung also sparen zu kijnnen, sind die Vorteile dieser Heizquelle.

Von grofser Wichtigkeit ist bei den hoheii Versuchstempe- raturen von 1400- 1500 O die Art der verwendeten Materialien. Der Stahl der Bombe wurde durch Umhiillung mit Platinfolie und Ein- betten in gepulverte basische Chamotte - saure ruft Silicntbildung hervor - vor Oxydation geschutzt. Die Bombe befand sich im Chamottetiegel zwischen zwei ubereinander gestulpteri Rosetiegeln. Dadurch wurde auch das Ausbringen der weil"sg1uhenden Bombe sehr erleichtert, da sie in den unglasierten Tiegeln nicht festbacken kann und sich deshalb nach dem Zerschlagen der &ulseren Chaniotte- niasse rasch herausnehmen und unter feste Kohlensaure bringen lilst. Die angewandten Tempernturen schwankten bei den folgenden iii g!eicher Weise mit berechneten theoretischen Substanzmengen nnternommenen Versuchen zwischen 1300 und 1460 O.

Das grau gefarbte und mit metallisch glanzeuden Teilchen durchsetzte Produkt dieser Darstellungen liefs sich verhaltnismafsig leicht ausbringen und pulvern, ein Umstand, der schon darauf hin- deutete, dals nur wenig, oder kein metallisches Calcium mehr vor- handen war; denn dies bildet sonst ein festes, schwierig zu ent- fernendes Bindemittel.

1 Ausfiihrliches dariiber Y. RODEWALD, Dissert., Karlsruhe 1908. 6 *

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In der Tat war nach dem staubfeinen Pulvern und Beuteln bei der Scheidung nach spezifischen Gewichten mit Athyljodid n u r sehr wenig metallisches Calcium mehr zu erkennen. Die darauf- folgende Trennung der Fluoride ging so vor sich, d a h der grokere Teil der Substanz sich in Bromoform oben absetzte, wahrend ein weit kleinerer Teil sich unten befand. I n diesem kleinen Teile waren unter dem Mikroskop deutlich die unveranderten Fluorid- krystalle zu erkennen.

Der spezifisch leichtere, in Bromoform oben befindliche, grolsere Teil wurde mit trockenem Alkohol und Ather von dieser Flussig- keit befreit, der Ather an der Saugpumpe abgesaugt und dann das Calcium als Oxalat bestimmt. Die Analysenresultate von vier auf diese Weise unternommenen Darstellungen sind folgende:

0 "0 Ca O/O

1390 64.23 78.79 1410 66.12 89.12 (ber. f. CaF, 51.03 1430 67.58 98.61 f. CaF 67.81 Ca). 1460 66.92 96.25

Die beiden letzten Versuche hatten also nahezu reines Sub- fluorid ergeben. Die Verunreinigungen sind zum Teil wohl auf sekundare Hydroxydbildung an der feuchten Luft, zum Teil auf Bildung von wenig Calciumkarbid zuruckzufuhren, die trotz der an- gewandten Vorsichtsmalsregeln nicht gariz vermieden war; denn in der salzsauren Losung des Produktes zeigten sich Spuren von Kohlen- stoff rieben dem charakteristischen Geruche nach Kohlenwasser- stoffen. Eine Entfernung diescs Carbids durch Wasser ist bei hoch- prozentigem Subfluorid nicht angangig, wie sich zeigte, da Sub- fluorid sich lebhaft mit Wasser zersetzt. - Infolge mangelnden Uberschusses von Calcium war die Carbidbildung nicht wie fruher, mit dem uberschussigen Metall, sondern sekundar auf der Ober- flache des primaren Subhaloids erfolgt, so dafs nicht mehr wie bisher graue Teilchen n e b e n den gelben sich vorfanden, sondern die ganze Masse von einem diinnen Carbiduberzug gleichmakig be- deckt war, der die gelbe bis orangegelbe Farbe des Subfluorids verbirgt. Unter dem Mikroskop ist diese jodoch deutlich als solche unter dem silbergrauen Carbiduberzug schon orangegelb hindurch- schimmernd zu erkennen.

Elitstandenen Fluorurs aus dem Uberschufs von Ca berechnet.

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Zu zeigen war noch durch mehrfache Darstellung des Sub- Buorids stochiometrischer Zusammensetzung, dals nicht etwa ein so icniges homogen erscheinendes Gemenge von Fluorid und Metal1 in dem Produkt vorlag, dals die mechanische Zerkleinerung durch Verreiben und Beuteln nicht geniigend ist, um eine darauffolgende Trennung nach spezifischen Gewichten zu ermoglichen. Die Aus- gangsprodukte wurden daher bei neuen Versuchen nicht in theo- retischen Mengen, sondern mit einem n b e r s c h u l s von F l u f s s p a t - und zwar loo/, - angewandt. Erhitzt wurde bis auf 1410O und in fester Kohlensaure abgeschreckt. Das Produkt der Erhitzung zeigte das gleiche Aussehen, wie die letzterhaltenen, und wurde auch auf gleiche Weise fur die Analyse vorbereitet und getrennt. Metallisches Calcium war, wie vorauszusehen , gar nicht mehr vor- handen, dagegen wies die in Bromoform unten befindliche Schicht, wie zu erwarten war, einen starken Gehalt an Fluorid auf, der sich unter dem Mikroskop leicht als solcher erkennen lief$, Die spezifisch leichtere Fraktion liatte das gleiche Aussehen, wie die der Z U V O ~

dargestellten Substanzen und war reines Subfluorid.

Gefunden: 67.9 o/o Ca (berechnet fur CaF 67.81 Ca).

Die Zusammensetzung der unteren Schicht war nahezu die reinen Flusspates :

Gefunden: 53.23 Ca (berechnet fur CaF, 51.03 O l 0 Ca).

Zur Bestatigung dieses Resultates und gleichzeitig zur Entschei- dung der Frage, ob Calciumsubfluorid, ahnlich dem Subchlorid und Subjodid, nur in hohen Temperaturen sein Bestandigkeitsgebiet hat und unterhalb dieser in seine Komponenten zerfallt, wurden sodann zwei Versuche i n der Art unternommen, dafs die Ausgangsprodukte Calcium und Calciumfluorid mit 40 o/o Uberschuls von Flufsspat auf fast gleiche Temperatur (1410O und 1430O) erhitzt wurden, der eine abgeschreckt, der andere langsam abgekuhlt wurde.

Die ausgebrachten Produkte beider Versuche waren sich jedoch sowohl aufserlich gleich - und in ihrem Aussehen den bisher er- haltenen iihnlich - als auch in i lrem Verhalten bei der Trennung nach spezifischen Gewichten.

Sie wurden zur Analyse vorbereitet, wie die vorigen Darstellungen. Dabei zeigte sich, d a b in beiden kein metallisches Calcium mehr vorhanden war. Die in Bromoform leichtere obere Schicht - bei weitem die grobere - war duukelgrau und metallisch glanzend, die

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untere spezifisch schwerere und kleinere Schicht hellgrau und zeigte unter dem Mikroskop deutlich die unveranderten Fluoridkrystalle. Die oberen Schichten enthielten

bei der lnngsam gekiihlten Suhstanz: 68.2 67.62 "O Ca ca I bei der abgeschreckten Substanz:

(berechnet fur C a F 67.81°/, Ca)

Damit ist zweifellos nachgewiesen, dafs das gelbe bis orangegelbe Calciumsubfluorid eine chemische Verbindung konstanter stiichio- metrischer Zusammensetzung ist, und dals die Verunreinigurig prozentual nicht ins Gewicht fallt.

Offen aber bleibt die Frage, ob Calciumsubfluorid bei hohen Temperaturen bestandig ist und sich bei gewohnlicher Temperatur zersetzt, oder umgekehrt. Sie hatte aus den Mengenverlialtnissen der leichteren Subfluoridschicht zur schwereren fluoridhaltigen ent- schieden werden konnen, doch da - fur den Fall der Bestandigkeit Lei hohen Temperaturen - bei langsamer Abkuhlung die Zersetzung nur itnmer teilweise eintreten kann, wie die analogen Versuche beim dubchlorid und Subjodid ergeben, so ist der daraus zu ziehende Schluls nicht gerade biindig.

Beim Subfluorid kommt aufserdem noch als erschwerender 1Jm- stand hinzu, dals die weilsgluhende Name such beirn absiclitlichen langsamcn Kuhlen zu rasch das Interval1 der hohen Umwandlungs- temperaturen mit hoher Zerfallsgeschwindigkeit in fliissigem Zustande durcheilt, so dars bei dem hohen Sclimelzpunkte des Fluorids und Subfluorids zu schnell die feste Phase entsteht, die die Reaktions- geschwindigkeit so reduziert, dafs nur wenig Subfluorid in seine Komponenten zerfallen kann.

Xine Entscheidung der Frage, ob Subfluorid bei hijheren oder oiederen Tcmperaturen sein Bestandigkeitsgebiet hat, wurde deshalb durch einen Versuch erwartet, die reine Substanz der letzten Dar- stellungen l i ingere Zeit auf 1050° zu erhitzen. Unterhalb dieser Temperatur war es nicht gelungen, die gelbe Farbe des Subfluorids zu erlialten, die erst oberhalb l l O O o in geringen Mengen gebildeten Subfluorids zu bemerken gewesen war. Aulserdem wurde bei diesen oben erwahnten friiheren Versuchen die Umwtlndlungs- temperatur durch das iiberschussige dampffikmige Calcium herab- gedruckt. - Die geringe Zerfallsgeschwindigkeit der festen Phase verlangt bei dieser relativ niedrigen Temperatur aber langere Ein- wirkungsdauer.

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Eine kleine, vom reinen angewandten Produkt gerade ausgefullte Bombe wurde daher 10 Stunden lang auf 1030O erhitzt und dann in fester Kohlensaure abgeschreckt.

Die ausgebrachten Brocken des zuvor pulverigen Produktes hatten ihre Farbe geandert. Die graue Farbe des verunreinigenden Carbids war verschwunden - wahrscheinlich war der Kohlenstoff vom Eisen aufgenommen worden -, und die Eigenfarbe der Substanz, rotgelb bis orangegelb, kam deutlich unter dem Mikroskop zum Vorschein. Es zeigten sich aber auch metallisch glanzende Teilchen, die auf Calcium deuteten, doch waren sie so klein und im Krystall- gefuge so gleichmarsig eingelagert, dafs ihre Trennung durch Athyljodid nach dem spezifischen Gewichte nicht *ZU erreichen war. Ihre Verteilung in der Substanz ist so fein, dafs die Masse bereits unter dem Mikroskop durch rasche Oxydation weirs wird. Beim feinen Pulvern und Beuteln war daher auch so vie1 Calciumoxyd entstanden, dessen spezifisches Gewicht (d = 3.08180) dem des Fluorids (d = 3.1818.) sehr nahe ist, dals es mit dem zugleich entstandenen Fluoride eine einzige schwerere untere Schicht bildete, welche das offenbar nur noch in geringer Menge vorhandene Subfluorid so ein- schlielst, dak es nicht abzutrennen ist. Im Bromoform, in dem Subfluorid leicht schwimmt, stieg nichts an die Oberflache; d d s aber noch Subfluorid vorhanden war, zeigte die deutlich gelbe Farbe. Eine chemische Trennung des Fluorids untl Calciumoxyds, die durch die Menge des entstandenen Fluorids ein Mars des Zerfalles bei 1Q30° abgeben sollte, ist ohne gleichzeitige Zersetzung des ein- geschlossenen Subfluorids nicht moglich.

Bei einer Wiederholung dieses Versuches wurde daher die Masse direkt aus der Bombe unter Athyljodid gebracht und ver- rieben. Dabei zeigten sich wieder Teile metallischen Calciums, und aus dem spezifischen Gewicht des bei weitern grofsten Teiles der Substanz, der schwerer als Athyljodid unter diesem sich befand, liefs sich schon ersehen, dafs zum mindesten eine teilweise Zersetzung des Subfluorids erfolgt war. Die Analyse der im Athyljodid unten befindlichen Masse lieferte dann auch mit 53.96 Calcium (berechnet fur CaF2 51.03) den Beweis fur die bei der angewandten Temperatur von 1100 O eingetretene Zersetzung des Calciumsubfluorids, also seine Unbestandigkeit unterhalb 1 looo.

Diese Beobachtungen im Verein mit Gem analogen Verhalten der zwei anderen Calciumsubhaloide zeigen den Zerfall auch fur das Subfluorid bei niedrigeren Temperaturen.

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Es gelingt also, aus Calcium und Calciumfluorid bei 1400O eine homogene, metallisch glanzende rot- bis orangegelbe, krystallinische Masse darzustellen von der konstanten stochiometrischen Zusammen- setzung des Calciumsubfluorids der Formel CaF. Sie hat das spez. Gew. 2.305200 ermittelt durch pyknonietrische Wagung einer Flussigkeit, aus Bromoform und Xylol gemischt, in der das Sub- fluorid gerade schwebt.

Durch den Sauerstofl' und die Feuchtigkeit der Luft wird das Subfluorid angegriffen, ohne zerfliefslich zu sein, wie das Chloriir und Jodiir. Es zersetzt sich dabei zu einem weifsen krystallinischen Qemenge von Fluorid, Oxyd und Oxydhydrat.

Mit Wasser behandelt lost sich ein Teil des Subfluorids unter Entwickelung von Wasserstoff und Kohlenwasserstoffen - herriihrend BUS der geringen Carbidverunreinigung - , der unlosliclie Rest besteht zum grokten Teile aus Fluorid mit ungelost gebliebenem Hydroxyd. I n verdunnter Essigsaure lost sich die Substanz bis auf einen geringen Ruckstand von krystallinischem Fluorid. Heifse, ver- verdunnte Salzsaure lost dagegen, wie zu erwarten, die Substanz vollig auf.

Die Wirkung des absoluten Alkohols ist in der Kalte gering, doch lost er bei seinem Siedepunkte, besonders bei langerer Ein- wirkung, betrachtliche Mengen Subfluorid.

Die Darstellung von Subhaloiden gelang in allen Fallen, in denen sie versucht wurde. Die Frage nach der Struktur dieser merkwurdigen Substanzen begegnet bei der bekannten Inkonstanz der Valenz der Elemente, abgesehen von der U n g e w o h n l i c h k e i t der dabei auftretenden Wertigkeiten, keiner Schwierigkeit, ist aber erst nach Peststellung des Molekulargewichts eindeutig zu losen. Ihre durchweg schonen idiochromatischen Farben sild gezeigt, ihre intensiv wirkende allochromatische FBrbung farbloser Substanzen ist dargetan. Damit ware die Schwierigkeit, wie beabsichtigt, be- hoben, einen Analogieschlufs von Wahrscheinlichkeit zu ziehen auf die Tlrsache der Farbung der Alkali - und Erdalkalihalogenide durch Metalldampf bei hohen Temperaturen, unter ahnlichen Be- dingungen, welche Subhnloide erzeugen.

Allein, es konnte auch gezeigt werden, daCs die drei Subhaloide des Calciums bei gewohnlicher Temperatur unbestandig sind - ihre Existenz nur der geringen Zersetzungsgeschwindigkeit in fester

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Phase verdanken - in hoher Temperatur aber, u n t e r h a l b des Umwandlungsbereiches, zu Metall und Haloid zerfallen. So ist die bisher noch unbewiesene Annahme, daQ in diesen gefarbten Salzen neben Subhaloid auch Metall bestehen und farbend wirken kann, nicht mehr von der Hand zu weisen. Und insbesondere ist hochst wahrscheinlich die Farbung des von WOHLER und KASARNOWSKI gefarbten blaiien Flufsspats durch feine diskrete Metallteilchen auf dem Spaltgefuge der Krystallchen bedingt, da bei den Herstellungs- temperaturen, wie sie bier angewandt wurden, Subhaloid sich noch nicht bildet.

Es lafst sich naturlich nicht von vornherein sagen, ob sich die Subhaloide der Alkalien analog verhalten werden und damit die bisher unbewiesene Annahme SIEDENTOPFS von der Farbung der Alkalien auch durch Metallteilchen sich bestatigt. Die anscheinend dagegen sprechende Bestandigkeit des Silbersubfluorids bei niederen Temperaturen kann als Analogiefall nicht vie1 besagen.

Die merkwiirdige Farbenwandlung des bei 700 - SO0 O gelb- braun gefarbten Chlornatriums nach dem Erkalten beim Neuer- hitzen konnte dagegen im Zusammenhang stehen mit dem Zerfall bei niederer Temperatur, der beim erneuten Anwarmen, ahnlich der Krystallisationsbeschleunigung bei alternden Glasern, oder bei Dar; stellung des Rubinglases, sich steigern wird. Von Versuchen zur Darstellung von Alkalisubhaloiden wird weitere Aufltlarung daruber erwartet.

Zusammenfassung der Resultate.

1. Das Silbersubfluorid wurde in mehreren Darstellungen nach GUNTZ als Produkt der konstanten chemischen Zusammcnsetzung Ag,F erhalten und damit als wirkliche chemische Verbindung charakterisiert.

2. Es wurde die Notwendigkeit eines nur geringen oberschusses von Silberfluorid bei der Herstellung dargetan, sowie die einer sorgfaltigeren Reinigung des Gumzschen Produktes, und dabei der Ausschlufs von Luftfeuchtigkeit als wesentlich betont.

3. Das Silbersub5uorid zersetzt sich bei 90°, wie bei einem Umwandlungspunkte, in Silberfluorid und Silber. Einige Eigen- schaften wurden neu bestimmt.

1. c. 1. c.

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4. Die Bildung von Silbersubfluorid erfolgt nicht wie GUXTZ irrtiimlich berechnet, endotherm, sondern schwach exotherm.

5. Ails Calcium und Calciumchlorid entsteht im Wasserstoff- strom kein Calciumsubchlorid, wie in Ubereinstimmung mit den Versuchen von GUNTZ und BASSET gezeigt wurde.

6. Die Bedingungen zur Herstellung des von BORCHERS und STOCKEM zufillig beobachteten Calciumsubchlorids wurden fixiert: ein mehrstiindiges Erhitzen von Calciumchlorid mit Metall im stochiometrischen Verhaltnis auf Temperaturen iiber 800 O mit nach- folgendem Abschrecken in fester Kohlensaure und Trennung der Produkte nach spezifischen Gewichten. Das Erhitzen mufs in ver- schraubten dichten Stahlzylindern vorgenommen werden.

Es wurde die stets gleichmalbige Zusammensetzung der Formel CaCl gefunden.

Einige Eigenschaften, insbesondere die Unbestandigkeit der Verbindung unterhalb 800 O wurden festgestellt.

7. Reines, krystallisiertes braunes Calciumsubjodid der stochio- metrischen Formel CaJ wurde hergestellt aus den Elementen ober- halb 780° unter ahnlichen Bedingungen, wie sie fur das Calcium- chlorur gefunden waren. Es ist, wie dieses, bei gewohnlicher Temperatur unbestandig, zerfallt als Mittelstufe hijheren Zersetzungs- druckes in seine extremen Steitenstufen, das Calciumjodid und Calcium.

S. Gelbes bis orangegelbes krystallisiertes Calciumsubfluorid wurde aus Flulsspat und Calciummetall oberhalb 1400 O gewonnen unter sonst rihnlicheii Voraussetzungen, wie sie bei den anderen beiden Calciumsubhaloiden zutreffen. Auch dieses zerfallt bei etwa 1000° wieder in se ine e x t r e m e n S tu fen , das Fluorid und Metall.

Karlsruhe, l’eehnisehe Hochsclzule.

Bei der Redaktion eingegangen am 5. November 1908.


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