Berliner Kongo-Konferenz und die
Folgen
Europäischer Expansionismus bewirkte eine Destabilisierung afrikanischer Gesellschaften
Errichtung der Kolonialreiche war ein langsamer Prozess
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Intensivierung der Expansionspolitik
Teilung des Kontinents unter europäischen Nationen war mehr
oder weniger abgeschlossen
Ab diesem Zeitpunkt setzte der Abhängigkeitsprozess ein und
wurde zu einer historischen Realität.
Die Kolonialexpansion war kein reibungsloser Prozess
Die Konkurrenz zwischen europäischen Nationen hat zu
Krisensituationen geführt
Französisch-englische Konkurrenz mündete 1898 in der
Fachoda-KriseFranzösisch-belgische
Konkurrenz
Afrika-Forschung wurde aufgrund des europäischen Interesses an Afrika bzw. der zunehmenden
Konkurrenz intensiviert
19. Jahrhundert: zahlreiche Afrika-Forscher waren unterwegs, um
den Kontinent zu erkunden
Zusammenspiel verschiedene Faktoren: wissenschaftliche, wirtschaftliche und politische
Wissenschaft musste an die Interessen der Auftraggeber
angepasst werden
Diese Interessen waren grundsätzlich: Wunsch nach
Eroberung von neuen Märkten, Profitmaximierung und Export der eigenen Zivilisationswerte
Technologischer Fortschritt und Industrialisierung, speziell in den Bereichen Transport (Nautik und Eisenbahn) und Kommunikation
(Telegrafie) haben die Kolonialexpansion erleichtert
Leopold II gründet 1878 die Internationale Afrikanische
Gesellschaft (Ziel: Erforschung und Zivilisierung Afrikas) sowie die
Internationale Kongo-Gesellschaft (Ziel: Wirtschaft)
H.M. Stanley bekommt den Geheimauftrag (zwischen 1879 und 1884), den Kongo-Staat zu
organisieren.
1877 hatte er schon den Kongo-Becken erforscht
Rasche Reaktion Frankreich: Savorgnan de Brazza bekommt den Auftrag, den
westlichen Teil des Kongo-Beckens zu erforschen.
1881 hisste er die französische Flagge in Brazzaville
Pierre Savorgnan de Brazza (geb. 1852 in Rom – gest. 1905 in
Dakar) war französischer Marineoffizier und Afrika-
Forscher italienischer Abstammung
Sein Bruder, Giacomo di Brazzà, der in Italiengeblieben war, war
ebenfalls Afrika-Forscher
P.S. de Brazza erhielt 1868, mit 16 Jahren, die französische
Staatsbürgerschaft (nach seiner Ausbildung in einer Pariser
Jesuitenschule
Seine Reisen durch West- (Senegal und Guinea) und Zentralafrika
(Kongo und Gabun) machten ihn berühmt
2006 beschloss die kongolesische Regierung, ein Brazza-Mausoleum in
Brazzaville zu errichten.
Mittlerweile (Okt. 2006) dürfte seine Asche dorthin überführt worden sein
LIT.
Petringa, Maria: Brazza, A Life for Africa, AuthorHouse, Bloomington 2006
Pakenham, Thomas: Der kauernde Löwe. Die Kolonisierung Afrikas, Econ-Verlag,
Düsseldorf 1993
Portugal reagiert auf die Situation, erhob Ansprüche auf das Gebiet, berief sich dabei auf alte Verträge mit
den traditionellen Kongo-Reich Februar 1885 schloss Portugal ein Abkommen mit
England, um der Kongo-Gesellschaft den Zugang zum atlantischen Ozean zu versperren
Konkurrenzgeist trieb die Europäer dazu, Territorien in Afrika zu besetzen
Der Wettlauf um Afrika hatte begonnen:
Er wird als direkte Kolonisierung des Kontinents gedeutet
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ging der „klassische
Imperialismus (geprägt durch militärische Gewalt) in eine neue
Dimension über“
Frankreichs Expansionspolitik: Manifestation des französischen
Nationalismus.Nach der Kapitulation in Sedan (Sept.
1871) verliert Frankreich Elsass und Lothringen an Preußen
Entwicklung zweier Nationalismusvarianten1. Hexagonal- oder Kontinentalnationalismus (Rückeroberung von Elsass und Lothringen)2. Offener oder Expansionsnationalismus
(Wiederherstellung der verlorenen Grandeur)
Credo der französischen Kolonialpolitik:„Der Kolonialherr ist überlegen, und weil er überlegen ist, besitzt das recht zu herrschen. Der Kolonisierte ist unterlegen, und weil er unterlegen ist, muss er dominiert werden“
Auf Basis dieses Überlegenheitskomplexes verlangt
Ministerpräsident Jules Ferry (1832-1893) von den Franzosen die
Bereitschaft, „die Bürde des weißen Mannes auf sich zu nehmen“
1881: Frankreich besetzt Tunesien, Kongo-Brazzaville und 1884 Guinea
1882: England besetzt Ägypten (1914: Protektorat) England hatte bereits 1787 die Kolonie Sierra-Leone
gegründet (für befreite Sklaven) 1816: Gründung von Liberia durch weiße amerikanische Abolitionisten (ACS= American
Colonization Society) 1822: erste African-Americans in Liberia
1870 und 1882. Italien erobert Teile von Eritrea 1884: Deutschland übernimmt Togo, Kamerun,
Südwestafrika (heute Namibia) Leopold II überzeugt Frankreich und Deutschland, ein
gemeinsames europäisches Handeln zu betreiben Das Konfliktpotential zwischen Europäern musste
entschärft werden Bismarck entschied, eine Kongo-Konferenz in Berlin
zu organisieren
Historiker wie Denise Bouche: Teilung Afrikas wurde nicht in Berlin entschieden
[LIT. Bouche, Denise: Histoire de la colonisation française. Flux et reflux (Tome 2), Editions
Fayard, Paris 1991]
„Deutschland ist jetzt als Kolonialmacht zu betrachten und damit in der Lage, eine Konferenz in Berlin vorzuschlagen. Man wird unser Land hören auf diesem wichtigen Kongress, der darauf zielt, die Grundlagen der zukünftigen Regierung für diese
weiten Gebiete zu legen“Kaiser Wilhelm I an den portugiesischen König Ludwig I
(19. Okt. 1884)
Zitiert in: Ribinson, R.: The Conference in Berlin and the Future in Africa, 1884-1885
In: Förster, S./Mommsen, W.J./Robinson, R. (Hrsg.): Bismarck, Europe and Africa: The
Berlin Africa Conference 1884/1885 and the Onset of Partition, Oxford 1988, p. 9
Afrikanische Historiker kritisieren die Konferenz mit dem Argument, dass Europäer sich das
recht genommen haben, und zwar mit einer unglaublichen Arroganz, einen ganzen Kontinent unter sich geteilt zu haben
Nach der Konferenz beginnen die Europäer sofort, ihre Einflusssphäre auszubauen.
Frankreich betreibt eine besonders energische militärische Eroberungspolitik
1886: Faidherbe besiegt Lat Jor Jop (c. 1842-1886) und annektiert das Kajoor-Reich (im
aktuellen Senegal)1887: Annexion des Soninke-Reiches
(Ostsenegal), Teile von Mauretanien und Mali1890: Konsolidierung der französischen
Herrschaftspolitik in Nordafrika1890: Gabun wird besetzt.
1891/1892: Sieg über Ahmadou Tall und das Segu-Reich (Ahmadou war der Sohn von El
Hadj Omar Tall, der 1864 von Faidherbe besiegt wurde)
1893: Annexion von Côte-d‘Ivoire und Guinea1894: Dahomey (heute: Benin) wurde erobert1897: Madagascar (Königin Ranavalona III Exil)
Briten haben eine ähnliche Expansionspolitik betrieben. Stützpunkte
an der Gold Coast (Ghana) und Nigeria dienten als Operationsbasis:
Bis 1900 war die Eroberung Ghanas und Nigerias praktisch abgeschlossen
1890: Sansibar als Protektorat 1894: Uganda als Protektorat, ab 1899: Kolonie
1898: Eroberung Sudans (von Ägypten aus)1901: Sambia
Zwischen 1899 und 1902: Südafrika (England wollte verhindern, dass die Buren sich mit der
Kolonie Deutsch-Südwestafrika und somit auch mit dem Deutschen Reich verbinden)
Ende des 19. Jahrhunderts eroberte Deutschland Südwestafrika (Namibia) und Togo, 1902 Kamerun
(nach dem Sieg über die Fulbe im Norden des Landes)
In Ostafrika (Tanganjika) sollte der Eroberungsprozess bis 1907 dauern
Portugal bekam Mosambik, Angola, Guinea Portugiesisch (Guinea-Bissau) und die Kapverdischen
Inseln
Die Fachoda-Krise Fachoda (Heute Kodok) liegt 650 km südlich von
Khartum. Es war eigentlich eine Schnittstelle, wo französische und englische Interessen sich
überkreuzt haben Cecil Rhodes (1853-1902), Premierminister der Kap-
Kolonie und Gründer beider Rhodesien (Nordrhodesien=Sambia, Südrhodesien=Simbabwe) wollte eine englische Achse vom Kap (Südafrika) bis
Kairo (Ägypten) errichten
Frankreich hingegen wollte (eigentlich auf Wunsch und Drängen der Lobbys ) eine eigene Linie von
Westafrika (Dakar) bis zur östlichen Küste (Dschibuti) bilden.
1897 startete Hauptmann Jean-Baptiste Marchand (1863-1934, er wurde später General) mit 250
Tirailleurs Sénégalais und mehr als 1000 Trägern einen Marsch Richtung Fachoda.
Lord Horatio Kitchener (1850-1916) hatte den Befehl, eine Invasion von Fachoda durch französische Truppen mit allen Mitteln zu
verhindern:„Lassen wir den gallischen Hahn, seine Sporne in
der wüste abnützen. Erst dann werden wir intervenieren“
Als Marchand in Fachoda ankam, wartete bereits Lord Kitchener. Er hatte etwa 20 000 englisch-ägyptische Soldaten zur Verfügung.
Nach Verhandlungen der Regierungen musste Frankreich, zumindest auf diplomatischer
Ebene, eine Niederlage hinnehmen.