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Das Gehbrorgan der Heteropoden.

Yon

C. C l a u s in With.

(Hierzu Tafel X.)

W~ihrend wir tiber die Endigungsweise der GehSrnerven an den GehSrblasen der Crustaceen durch V. H e n s e n's eingehende Un- tersuchungen gut unterrichtet sind, liegen fiber den feineren Bau des Gehiirorganes der Mollusken und insbesondere fiber das Ver- halten der letzten :Nervenenden des Acusticus bislang nur relativ sp~irliche, keinesfalls ausreichende Angaben vor. Am besten und genauesten sind die grossen in Knorpelmasse eingebetteten GehSr- blasen der Cephalopoden dutch O w s j a n n i k o w und K o w a 1 e v s k y ') untersucht. Durch jene Forscher wurden zwei mit cylindrischen Haar- zellen bedeckte, offenbar zum Endapparat des Acusticus gehSrige Stellen als GehSrplatte und Gehiirleiste eingehend beschrieben, und es ergab sich hiermit die Wahrscheinlichkeit, dass iihnliche, wenn auch reducirte Bildungen in den fibrigen Molluskenklassen auftreten. In der That hat neuerdings Bol l ffir die grossen Gehiirblasen der Heteropoden Nervenzellen aufgefunden, indessen wie schon Ha sse mit vollem Rechte ausspracb, kein zutreffendes Bild yon den hier obwaltenden Eigenthiimlichkeiten gegeben. Noch bevor ich mit B oll 's Angaben bekannt war, wurde ich bei Untersuchung gut (in Pikrins~iure) conservirter Exemplare yon _Pterotrachea Fridericii auf die fraglichen Bildungen der GehSrblase aufmerksam, erkannte

1) 0ws jann ikow und Kowalevsky: Ueber das Centralnerven- system un4 das GehSrorgan der Cephalopoden. St. PeterBbourg 1867.

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aber bald, dass zur eingehenden und erschSpfenden Verfolgung der- selben die Zuhiilfenahme frischen Materiales und besonderer Pfii- parationsmethoden frischer Objekte nothwendig sei. Bevor ich die Resultate meiner eignen, wiihrend eines mehrwiichenflichen Aufent- halts in Neap el angestellten Untersuchungen vorlege, wird es er- forderlich sein, die wichtigsten hngaben aus der Literatur vor- auszusehicken.

Leydig 1) beschreibt das Ohr der Carinaria als runde Blase, welche an einem langen H~irnerven aufsitzt und einen kreisrunden Otolithen einschliesst. ))Das Gerilste der Gehiirblase bildet eine homo- gene, vollkommen durchsichtige Haut, welehe der Einwirkung einer Kalil(isung liinger widersteht, als die innere Epithellage~(. Derselbe Autor fiu.ssert sich welter: ~)die innere Fliiche der Ohrkapsel ist aus- gekleidet yon einem Epithel, dessen Zellen etwa 0,0135'" gross sind und Cilien tragen, die man wegen ihrer Liinge, Stiirke und steifen hussehns durchaus den beweglichen Borsten mancher Infusions- thierehen vergleichen kiinnte; aber nicht jede Zelle hat Wimpern, sondern diese sitzen biischelweise nut auf einzelnen ZeUen, die pa- pillenartig in das Lumen des Ohres vorspringen~. ))Der Wimper- bfischel tragenden Zellen sind nicht gar viele in einem Ohr, unge- fiihr 12 bis 15, so dass sie demnaeh ziemlich welt yon einander stehen und dem ganzen Organ ein eigenthiimliches hussehn geben(c. ~)Der Otolith ist yon Farbe gelblich und hat einen geschichteten Bau, wird er mit Siiure behandelt, so bleibt eine helle gesehichtete Substanz zuriick, die die gleichen Umrisse hat, wie der unverletzte Hiirstein(~.

))Der Hiirnerv ist 0,0270'" breit, hat eine homogene Seheide, die unmittelbar in die iiussere Haut der Ohrblase iibergeht; der Inhalt des Hiirnerven sieht feinstreifig aus und stellt man bei pas- sender Lage des Objektes den Fokus gerade auf das innere Ende des Nerven innerhalb der Ohrblase ein, so sieht man niehts welter. a l s d a s s er s i c h f e i n p u l v e r i g auflSst . Naeh derBeschaffen- her seiner Fibrillen liess sich auch kaum etwas hnderes erwarten(c.

Ueber das Gehiirorgan yon Firola coronata finden wir die Bemerkung, ))die Ohrblase, am Ende eines langen Hiirnerven sitzend, besteht aus einer hellen homogenen Haut, die nach Innen yon einer

1) Fr. Leydig, Anatomische Bemerkungen fiber Carinaria, Firola und Amphicora. Zeitschr. ffir wiss. Zoologie Tom. XIII. pag. 325.

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Epithellage bedeckt ist; einzelne Zellen -- ich zs hier zehn bis zwSlf - - ragen etwas papfllenartig vor und diese tragen bis 0,0270'" lange Wimperbiischel, deren einzelne Haars dasselbe stsifs, borsten- ~hnliche Aussehn haben wie bei Carinaria. Der HSrstein hat sine feine radi~re Streifung.

G e g e n b a u r 1), der die Angaben Leydig's im Wessntlichea best~tigt, war bez~iglich der Nervsnendigung an dsr Blase nicht gliick- licher als L eydi g. Nach jenem Autor tritt ,~der ziemlich starke GehSr- nerv an die strukturlose Geh~rblase, l~sst seine Scheide an selbe iiber- gehn und h6rt dann plStzlich auf, indem er eine feinkSrnige ins Lumen der Blase sehende Hervorragung bildet~. Auch L e u c k a r t und K efe r- s t e in vermochten L e y dig's Angaben nicht wesentlich zu erweitern, doch unterschied L e u ck a r t 2) bsreits zwischen tier strukturlosen Membrau und der innern Zellenschicht der Blase eine d~inns Substanz- sehieht yon feinkSrniger Beschaffenheit und bemerkt weiter, dass disse Schicht, obwohl sich in derselben weder eine Faserbildung, noeh ein streifiges Aussehen, wie in dem GehSrnerven, beobachten lasse, doch als das eigentliche Substrat der Sinneswahrnehmung in Anspruch zu nehmen sei. Sie stehs zu dem markigen Inhalt des GehSrnervsn in derselben Beziehung, wie die GehSrblase zu dsr Nervenscheide.

Einen Schritt welter gslangte Boll 8), in dessen Beitriigen zur His~ologie der Mollusken wir neue ergs Beobachtungsn, zu- gleich abet auch yon den friihern Forschern abweichends Deu- tungen finden, l~ach B ol I haben die starren Borstenhaare, welche yon L e y d i g an als Wimperhaare bezeichnet waren, mit Cilien nichts zu thun, sondern sind, da ihre eigenth~imlichen Bewegungs- erseheinungen auf sine entschieden andere Bedeutung hinweisen und ferner ein Zusammenhang der grossen Zellen, denen sie aufsitzen, mit Nervenfibrillen des H~rnerven zu constatiren ist, nervSser Natur. Der Acusticus bildet an der Eintrittsstelle dsr Blasenwand eine Einschniirung und strahlt dann unterhalb des Epithels nach allen Richtungen aber dis ganze Wand der GshSrblase in seine letztsn

I) C. G e g e n b a u r ~ Untersuchungen fiber P t e r o p o d e n und Hete- repoden~ Leipzig 1855. pag. 141.

2) R. L e u c k a r t ~ Zoologische Untersuchungen III. Heft, Heteropoden, Giessen 1854. pug. 34.

3) Supplementband zum Archly ffir mikrosk. Anatomie 1869. pag. 77.

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und feinsten Fibrillen aus. Ferner wird einer besonderen Differen- zirung der Gehiirblase Erw~thnung gethan, die sich gerade gegen- tiber der Eintrittsstelle des Hiirnerven etwa fiber 1/6 der Oberfiache ausgebreitet hat. Hier trete anstatt des niedrigen Plattenepithels mit den eingestreuten sternfSrmigen Polsterzellen ein leicht ver~in- derliches Cylinderepithel auf, das grSssere steifere ttaare auf der Oberfi~tche zu tragen scheine und eine zweite Form yon Nerven- zellen mit l~ervenendigung gewissermassen eine Crista oder Macula acustiea repr~sentire. Endlich spricht H a s s e 1) in seinen anatomi- schen Studien die Ueberzeugung aus, dass die zwisehen den indiffe- renten Pfiasterzellen vertheilten Polsterzellen mit ihren langen zeit- weilig schwingenden Haaren trotz des yon Bol l gefiihrten bIaeh- weises herantretender Nervenfibrillen nicht aus der Kategorie der Wimperzellen heraustreten, dagegen das Cylinderepithel der Macula: aeustica, an dessert Zellen B o II hier und da steife aber nicht schwin- gende Haare gesehen habe, dem Endapparat des Gehiirnerven zu- gehSre. Gerade die Unbeweglichkeit der zugehiirigen Haare und dazu noch der Befund der leiehten Ver~inderlichkeit dieses Epithels fiihre ihn zu der bestimmten Ueberzeugung, dass kommende For- sehungen hier haartragende Hiirzellen, miiglicherweise unterbrochen durch Isolationszellen nachweisen wtirden; Hiirzellen, zu denen die Endfasern des Acusticus treten, um gegen die Basis der nut durch Sehallwellen erregbaren Haare zu verlaufen.

Untersucht man die GehSrblase einer Pterotrachea oder Ca- rinaria im frischen Zustande ohne Zusatz yon Reagentien unter miissig starker Vergriisserung, so gewahrt man an der hussenseite der Blase gegeniiber der Eintrittsstelle des Sehnerven eine iiberaus zierliche Bildung, welche zu den langen Btischeln der zeitweilig sehwingenden Wimperborsten in scharfem Contraste steht. Der distale Pol, wie wir den der Eintrittsstelle des Sehnerven fast genau gegeniiber liegenden Punkt der Blase bezeichnen wollen, ist dutch eine grosse rein punktirte Scheibe bezeichnet, die in einem hellen Hof zu liegen scheint (Fig. 2, 3 c). Dieser wird wieder umgeben yon einer breiten Zone concentrisch gelagerter runder Piinktchenhaufen (S), die um so kleiner werden, je weiter sie sich yon dem hellen Hof ent- fernen, bis schliesslich dielangen, zeitweilig sehwingendenHaarbtischel

1) C. Hasse, Anatomisehe Studien. Die vergl. Morphologie und Histo- !ogle des h~utigen GehSrorganes der Wirbelthiere. Leipzig 1873. pag. 8.

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an ihre Stelle treten. Bei der kleinern Pt. Fridericii sind es etwa vier, bei den griissern Pt. coronata sowie bei Carinaria seehs his sieben Kreise yon sphiirisch umschriebenen Ptinktchenhaufen, welche die eigenthtimlich modificirte Zone an der Wand der GehSrblase zu- sammensetzen. Untersucht man mit stiirkerer VergrSsserung (Hart- nak VII und VIII. 3), so erkennt man sofort, dass die Ptinktchen- haufen den Ursprung yon feinen verhiiltnissm~issig kurzen und un- beweglichen Haaren bezeichnen, die dem in den Blasenraum vor- springenden Ende yon langen CylinderzeUen aufsitzen. Wir haben es hier also augenscheinlich mit den haartragenden Hiirzellen zu thun, die schon Ha s s e m i t vollem Rechte an dieser Stelle ver- muthet hatte. Die h_nordnung derselben ist aber eine wesentlich andere, als die yon Bol l gegebene Darstellung hiitte erwarten lassen.

Zur eingehendern Verfolgung des fraglichen Epithels leistete mir 1% Osmiums~ture mit nachfolgender Carmintinktion, auch Hae- matoxy!inf~rbung vortreffliche Dienste und glaube ich mit Htilfe der angewandten Priiparationsmethoden jeden Zweifel tiber die Endigung der Nervenfibrillen in der Substanz der haartragenden Zellen be- seitigen zu kSnnen. Ich erkannte alsbald, dass wir in der Gehiir- blase der Heteropoden ein Objekt vor uns haben, welches durch die relativ einfache Beschaffenheit der Wand und durch das klar vor- liegende Verhiiltniss der Wimperzellen zu den haartragenden Zellen des Nervenepithels fiir die Verfolgung der Nervenfibrillen so giinstig wie kein zweites mir bekanntes Gehiirorgan erseheinen miichte. Ich habe daher weder Mtihe noch Zeitaufwand gescheut, um mir an dem- selben Sicherheit fiber die Endigungsweise der Fibrillen zu verschaffen.

Zun~tchst iiberzeugt man sich leicht und mit roller Sicherheit, dass eine ziemlich dicke strukturlose Membran das Gertist der Ge- hSrblase bildet und dass die Htille des langen Hiirnerven, wie die frtiheren hutoren bereits dargestellt haben, in dieselbe direk~ iiber- geht. Auffallender Weise aber scheint das Verhiiltniss derselben zu dem umgebenden Muskelgewebe entweder tibersehen oder unrichtig beurtheilt zu sein. Stets wird die Kapsel yon bindegewebigen und muskul i i sen Elementen, die mit der Wand in fester Verbindung Verbindung stehn, in der Leibeshiihle getragen. Freilich sind die Bindegewebszellen und Netze bei den Arten der Gattung Ptero- trachea nur spitrlich vorhanden, bilden sich aber um so reicher bei Carinaria aus, bei der auch die beiden nach oben und unten

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kegelfiirmig eonvergirenden Muskelbtindel in bedeutenderer Stiiorke hervortreten (Fig. 6 M.). Nur L e u c k a r t erw:,ihnt die an die Blase herantretenden Muskelfaden und liisst es dahin gestellt sein, ob die- selben auf den Spannungsgrad der Blase einzuwirken im Stande sind.

Der lange Geh{irnerv tritt stets an der Medianseite der Blase ein und erf~hrt kurz vorher eine merklicbe Einschntirung (Fig. 1). Bei Pterotrachea steht der Hiirnerv an Litnge dem Opticus bedeatend nach, nicht aber bei Carinaria, wo die Gehiirblase bis hinter das Auge zu liegen kommt. Merkwtirdiger Weise gibt der HSrnerv w~thrend seines Verlaufes feine Zweige ab, welche jene Muskeln innerviren. Schon bei M. E d w a r d s und De l l e Chia je finden sieh Angaben tiber eine Veriistelung des GehSrnerven, die theilweise trotz des Widerspruches "con Seiten G egenbaur ' s in soweit begrfindet sind, als in der That der H(irnerv fremde Elemente enthiilt, die er in Form zweier schmaler Faserbtindel w~hrend seines Verlaufes austreten liisst (Fig. 1, 6, N). Bei seinem Eintritt in die Geh~rblase liist sich der Nerv, wie bereits Boll beschrieben hat, in seine Fibrillen auf, ~welche wie an einem Globus vom Pole aus die Meridiane, alle in einer Richtung fiber die ganze Wand der Ge- h(irblase ausstrahlen~. Dieser Vergleich trifft jedoch nieht genau zu, indem die Fibrillen (Fig. 4) anfangs in schmalen, durch ansehn- liche Intervalle getrennte Biindel zusammengedriingt verlaufen, um spiiter allmiihlich auseinander zu weichen und in gleichmiissigeren Distanzen nach dem entgegengesetzten Pole hinzustreben. Vorher treten hier und da Fibrillen in schr~gem Verlaufe yon einem zum andern Btindel tiber. Aueh verdient besonders bemerkt zu werden, class sich kleine ovale Kerne in den Verlauf derselben einschieben (Fig. 4').

Siimmtliche Beobachter seit L eydig kennen die epitbeliale Auskleidung, auf deren Aussenseite die besehriebenen Nervenfibrillen verlaufen und haben das wunderbare Spiel der langen Wimper- bfischel verfolgt, yon deren merkwtirdigen Bewegungserscheinungen vor Allen Boll eine ebenso eingehende als genaue Beschreibung geliefert hat. Zwischen grosskernigen Zellen eines Pfiasterepithels finden sich die grossen nnregelmiissig sternfiirmigen Zellen, welche auf einer runden dunkelkiirnigen Erhebung wie auf einem ),Polster~c die Btischel langer Wimperborsten tragen. Jene sind zwar kleiner als die wimpertragenden, aber durchaus nicht in dem Masse, als man nach B ol l's Fig. 48 glauben kSnnte. Das GrSssenverhiiltniss

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derselben ist wenigstens bei den yon mir untersuchten Pterotrachea- arten ein ganz anderes (Fig. 5). Bei Pt. 2"ridericii finde ich die iadifferenten Plattenzellen 0,024 bis 0,03 Mm. gross, w~hrend ihre Kerne etwa 0,014 lang und 0,01 bis 0,012 breit sind. Die stern- fiirmigen wimpertragenden Zellen sind allerdings grSsser und ent- halten einen in gleichem Verh~Utniss griisseren Kern, der wiederum yon Boll viel zu klein dargestellt worden ist. hTach dem distalen Pole zu werden die Sternzellen iibrigens merklich kleiner, ihre Wimpr btischel schmiiler und kiirzer, huch ist die Zahl der Sternzellen viel bedeutender, als die hutoren yon Leydig bis auf Boll ange- geben haben. Letzterer ziihlte in dem Gehiirbliischen der kleinern Pterotrachea mutica (mSchte doch wohl die h~iufige Pt. Fd- derici gev~esen sein)15, bei Pt. coronata und Carinaria bis auf 24 solcher Zellen. Ich kann bestimmt versichern, dass die Zahl derselben wohl um das 2-his 3fache grSsser ist. In der mehr schOnen als naturgetreuen kbbildung, welche B o 11 yore Gehiirorgan der Pt. coronata gegeben hat, sind die kleineren Zellen ganz iibersehen, und dem Meridiane der Schnittebene 10 Polsterzellen mit Haarbtischeln zuertheilt worden, eine Zahl, die schon an und fiir sich auf eine betr~tchtlichere Gesammtzahl jener hinweisen wiirde. Auch muss ich der Auffassung desselben Autors entgegen treten, als repriisentirten die zwischen dem Plattenepithel eingestreuten sternfSrmigen Polsterzellen eine Art yon HSrzellen und die auf dem Polster entspringenden Borstenhaare die ~)echten HSrhaare((. Viel- mehr stimme ich der friihern und auch yon Hasse vertretenen Auffassung bei, nach welcher diese Haarbiischel in die Kategorie yon Wimpern oder Cilien gehiiren. Sicher sind die merkwtirdigen auf einem Wechsel yon Schwingung und Ruhelage begriindeten Be- wegungsphiinomene nicht im Stande, die Natur dieser Gebilde als yon den Wimpern oder Cilien durchaus verschieden darzuthun und selbst wenn es wahr sein sollte, dass ein Fortsatz jeder Sternzelle sich wie der hxencylinderfortsatz einer Ganglienzelle verhalte und eine itusserst feine Fibrille des HSrnerven aufnehme, so wiirde hiermit noch nieht die Natur der zeitweilig schwingenden Haare als Cilien wider- legt, die Bedeutung als Hiirhaare noch nicht bewiesen sein. Liisst doch bereits wiihrend seines Verlaufes der HiJrnerv Fasern aus- treten, die wahrscheinlich motorischer Natur sind. So w~re es auch mSglich, dass er Elemente, durch welche ein Refiexvorgang ver- mittelt wurde, in sich enthielte. Dann aber wfirde eine sehr inte-

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ressante Beziehung yon Wimperzellen zu Nervenfibrillen vofliegen und die alternirende Th~itigkeit und Ruhe der Wimperhaare als vom Nervensystem abhiingig betrachtet werden kSnnen. Uebrigens halte ich den yon Boll urgirten Zusammenhang der Sternzellen mit Nervenfibrillen keineswegs tiber alien Zweifel dargethan. B o l 1 bemerkt ausdrtlcklich, dass er den direkten Zusammenhang beider nicht etwa an Isolationspr~iparaten, sondern in situ zu demon- striren im Stande gewesen sei. Auch mir gelang der erste Nach- weis ebenso wenig, w~ihrend ich allerdings nach den Bildern der GehSrblasenwand gar oft den gleichen Eindruck des Zusammen- hangs der Fibrillen und Sternzellen aufnahm. Indessen sieht man oft zwei und mehr Fortsiitze derselben Nervenzelle in feine Fibrillen auslaulen. Zudem miichten die auf der Hinterseite des Plattenepithels biindelweise verlaufenden Fibrillen in einer so sub- tilen Frage leicht zu T~iuschungen Veranlassung geben und ich bestreite diese Bedeutung der Sternzellen als Nervenzellen so lange, als nicht der Zusammenhang mit Fibrillen an Isolationspriiparaten dargethan ist.

Dahingegen ist es gar nicht schwer, was Boll nicht gelang, den Uebergang der nach dem distalen Pole bin strebenden Nerven- fibrillen mit den Harchenzellen zu demonstriren, die nach Form, Structur und hnordnung unser vollstes Interesse in hnspruch nehmen.

Der ~ussere seitliche Pol, der ziemlich genau der Eintrittsstelle des Gehiirnerven gegentiber liegt, bezeichnet den Mittelpunkt einer etwa 1/6 der Kugel einnehmenden Fl~tche, welche anstatt des Platten- epithels hohe Cylinderzellen triigt und demgem~iss einen starken Vorsprung in das Lumen der Blase bildet. In der Peripherie beginnt diese runde, bestimmt umschriebene Macula acustica in allm~thlig aufsteigender Erhebung und enth~ilt bier noch kleinere Wimpern tragende Uebergangszellen zwischen verdickten aber ebenfalls kleineren Zellen des Plattenepithels (Fig. 1 und 2 a). Wie bereits Bol l be- merkt, sind die Cylinderzellen leicht veriinderlich; nach Einwirkung yon Ueberosmiumsiiure (1% L(isung) aber erhalten sie sich vor- treffiich und lassen sichlsogar Sp~iter nicht schwer isoliren. Setzt man dem frischen Object w~ihrend der Beobachtung einen Tropfen Ueberosmiums~iure zu, so beobachtet man alsbald, dass die Triibung und Br~iunung fiber das Epithel der Blasenwand nicht gleichmiissig vorschreitet, sondern zuerst die Nervenfibrillen und das Cylinder- epithel der Macula aeustica trifft. Diese veriindert sich zuerst and lasst sich nun in ihrem Verh~ltniss zu dem umgebenden Platten-

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epithel schaff bestimmen und begrenzen. Fiirbt man spiiter nach hinreichender Erhiirtung das Priiparat mit Carmintinktur, so quillt dies Stratum der Nervenzellen zu bedeutenderer Dicke auf (Fig. 2). Die Cylinderzellen erseheinen bauchig angeschwollen, s~tmmtlich ge- krilmmt und zwar mit dem husliiufer ihres basalen Endes excentriseh gebogen (Fig: 7', 7"). Sie sind bei Pt. Friderici 0,03 bis 0,04 Mm. lang, abgesehen yon dem dichten 0,008 Mm. langen Hiirehenb[ischel, welches sich an dem freien Ende der Zelle erhebt. An diesem er- scheint der Grenzsaum der Zelle merklich verdickt und in Form einer zierlichen 0,004bis 0,008 breiten Scheibe abgegrenzt, welche offenbar yon den zarten H~rchen durchsetzt wird. Man fiberzeugt sich an isolirten Zellen mit Sicherheit, dass die Hiirchen, dig iibrigens an ihrem untern Dritttheil wie durch einen Kitt verklebt, fester zusammenhiingen, aus punktfOrmigen Poren der cuticularen Scheibe hervortreten und hinter denselben tief herab in die Substanz der Zelle bis in die Nahe des Kernes verlaufen. Hinter dem nahe der Basis gelegenen (0,006--0,008 grossen) Kerne verjfingt sich die Zelle rasch und entsendet einen schmalen Fortsatz, in welehen die Nervenfibrillen fibergehn. An gut erhiirteten gefiirbten Pritparaten verfolgt man die Zusammengehiirigkeit der :Nervenfibrillen und Zellenausl~tufer fiber grOssere Streeken der fest an der structurlosen Membran der Blasenwand anheftenden Zellen, aber erst an Zerzupfungspriiparaten wird die Wahrschein- lichkeit des Zusammenhangs zur Gewissheit (Fig. 7). Somit diirfte kS nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dass diese den distalen Pol wellfOrmig umlagernden Hiirchenzellen zum Nervenepithel gehOren und als wahre HOrzellen die Endgebilde des hcusticus darstellen.

Aber auch eine andere Zelle gehOrt in die gleiche Kategorie, namlich die bereits erwiihnte grosse Centralzelle, welche den der Eintrittsstelle des Acusticus gegeniiberliegenden Pol einnimmt, Bei einer HShe yon 0,03 Mm. und etwa gleicher Breite veranlasst sie am distalen Pole eine kleine hiigelartige Erhebung der iiussern Blasenwand (Fig. 2). Ihre H~rchen sind nicht liinger als die der gekrfimmten Cylinderzellen, jedoeh in viel griisserer Zahl auf der fast 0,02 Mm. breiten terminalen Scheibe zu einem weit stiirkeren Bfischel zusammengedriingt. Auch diese grosse urnenfOrmige Cen- tralzelle gelingt es nieht schwer zu isoliren (Fig. 9'), hiiufiger freilich erhiilt man sie in Verbindung mit einem Stfick der structur- losen Membran der Blasenwand (Fig. 9) oder zugleich mit den vier dieselbe umlagernden Stiitz- oder vielleicht besser Isolations-

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Zellen (Fig. 8 und 8'). Diese yon ziemlich gleiche Breite, aber merklich flacher und desshalb eine wallartige Vertiefung um die Centralzelle bildend sind durch zahlreiche faserfSrmige Forts~tze und Ausl~iufer an der structurlosen Membran fast verbunden. Trotz- dem erh~ilt man dieselben zuweilen isolirt. (Fig. 8"). Die Central- zelle, deren H~rchenforts~tze innerhalb des Protoplasmasma sich genau so wie die der kleineren Cylinderzellen verhalten, verjtingt sich ihre breite Basis far Bildung eines Fortsatzes, der wiederum die gleiche Beziehung zu den Nervenfibrillen hat, wie die Ausl~ufer der Cylinderzellen. SteUt man das isolirte Polstfick auf die ~ussere Fl~iche ein, so beobachtet man fast regelmiissig diesen langen Fort- satz, der sich auch an der isolirten Zelle (Fig. 9" b) freilich nur ausnahmsweise in der dargestellten L~nge erh~ilt.

Ein Vergleich mit dem GehSrorgan der Cephalopoden, welches Owsjannikow und Kowalevsky genau untersucht und be- schrieben haben, l~isst wohl keinen Zweifel zurtiek, dass die ~qui- valenten Zellen der Macula acustica in dem Epithel der GehSr- scheibe und der Crista acustica zu suchen sind. Hier fahrt noch ein gewundener Wimpercanal in jede der beiden von Knorpelmasse umlagerten Blasen, ein Canal, dessen Ausmiindung merkwfirdiger- weise bislang noch Niemand geglfickt war nachzuweisen. Nimmt man eben ausgeschl~ipfte Jugendformen oder ~ltere vorgeschrittene Embryona - - mir standen Sepiola Rondeletii und Loligo in diesem Alter zu Gebote --, so ist es nicht schwer, die gesuchte Oeffnung des Knorpelganges, so ziemlich tiber dem iiusseren Seitenrand der Gehiirblase aufzufinden. (Fig. 10 P.)

Wien im April 1875. C. Claus.

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N a c h s e h r i f t .

Noch bevor ich die Correctur des obigen, schon im April d. J. eingesandten Aufsatzes besorgen konnte, wurde ich durch eine in der Zeitschrift fiir wiss. Zoologie publicirte Arbeit yon Jo h. R a n k e I) iiberrascht, in welcher ebenfalls das GehSrorgan und der Geh~rvor- gang bei Pterotrachea zum Gegenstand einer niiheren Unter- suchung gemacht worden ist. Da es nicht mehr m0glieh war, in dem bereits gesetzten Text meines Aufsatzes auf die Beobach- tungen des genannten Forschers Riicksicht zu nehmen, andererseits bei ei~igen nicht unwesentlichen Abweiehungen der unabh~ngig yon einander angestellten Beobachtungen eine Vergleichung der- selben wiinschenswerth wird, so will ich mir in Form einer Nach- schrift einige Bemerkungen iiber Ranke's Arbeit hinzuzufiigep erlauben.

ZunRchst mSehte ich auf die Punkte hinweisen, in denen un- sere Beobachtuugen und Folgerungen zu wesentlich gleichen Ergeb- nissen gefflhrt haben. In erster Linie ist die Zuriickweisung der Bolrschen Auffassung hervorzuheben, nach welcher die Polster- zellen mit ihren schwingenden Cilienborsten eine directe Beziehung zu dem acustischen Endapparate gestatteten. Auch Ranke kommt zu dem Resultate, dass diese Zellen mit den langen Cilienbiischeln nicht etwa Nervenzellen mit den Enden der Acusticusfibrillen, son- dern Wimperzellen sind und dass, wenn wirklich Nervenfibrillen an dieselben herantreten, diese auf einen Reflexvorgang Bezug haben. Die scheinbar rhythmische Bewegung der Cilienbiischel, wie sie B011 an frisch ausgeschnittenen GehSrblasen beobachtete, wird als eine Erscheinung des Absterbens, als eine klonische Krampferscheinung des eontractilen Gewebes betrachtet, die mit dem Vorgange der GehSrvermittlung nichts zu schaffen habe. Mit mir ttbereinstimmend findet Ranke, dass die CilienIRnge in weiterem Abstande yon der Eintrittsstelle der Nerven betr'~chtlich abnimmt, ferner, dass die Gesammtzalfl der Biischel eine welt grSsseze ist~ als sie yon de~

I) Zeitsoh. flit wiss. Zool. Supplementbancl XXV, I. Heft, pag. 77, dot GehSrvorgang und das GehSrorgan flip Ptototrachea yon Prof. Dr. J o- hannes Ranke in Mtiaehen.

Archly f. mikrosk. Anatomle. Bd. 12,

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bisherigen Beobachtern, welche die zartern derselben iibersahen, an- gegeben wurde, und dass die zwischen den Cilien tragenden Zellen ge- legenen indifferenten Epithelzellen eine relativ viel bedeutendere Griisse haben, als sie Boll beschrieben hat. Beziiglich des wahren acustischen Endapparates haben wir zuerst unabhiingig yon einander die grosse haartragende Mittelzelle oder CentralzeUe beobachtet, die in der mehr schematischen Darstellung B oll's vollkommen un- berticksichtigt geblieben ist. Wenn aber Ranke die Behandlung mit Osmiumsiiure und doppelchromsaurem Kali, die zu so sch~itz- baren hufschltissen tiber die feinere Structur des Heteropoden-Ohres gef~ihrt haben, als die Ursaehe betrachtet, welche Boll gehindert h~itte, die wahren letzten Endigungen des hcusticus aufzufinden, so irrt er entschieden, denn gerade diese Behandlungsweise gestattet den bessern Einblick in die feinsten Details, und ich glaube im Gegentheil behaupten zu kiinnen, dassRankel), wenn er sich nicht auf die Beobachtung des Praparats in voUkommen frischem Zu- stande beschr~nkt hiitte, eine genauere und bessere Einsicht yon dem wahren Sachverhalt der Zellen und l~erven der Macula acustiea gewonnen haben wilrde, insbesondere aber vor dem Irrthum bewahrt worden w~tre, die vier Isolationszellen in der Umgebung der Central- zelle ftir St~bchen tragende Hiirzellen auszugeben, dagegen die H~irchen an den concentrisch gruppirten Kreisen yon NervenzeUen vollkommen zu iibersehen, und die letztern f'fir Zellen eines Ring- ganglions zu halten.

hllerdings hat Ranke seiner Untersuchungsmethode des Gehiir- organs an der lebenden unverletzten Pterotrachea eine, wenn sie sich best~tigt, iiberaus interessante Beobaehtung zu verdanken, iiber die ich nichts zu sagen vermag, da ich ausschliesslich ausgeschnittene Gehiirblasen untersuchte, die Beobachtung niimlich, dass das h u f r i c h t e n d e r Cilien n o r m a l als W i r k u n g eines st~r- ke ren Schalles erfolgt. ))So lange das Thier nicht durch ein Ger~iusch erschreckt ist, liegen alle Cilienbiischel an der Innen- fii~che der 0hrblase an. Bei jedem st~irkeren Schall schnellen sie blitzschnell gegen den 0tolithen auf, so dass dieser dann in relativ fester Stellung yon den Cilien gehalten wird. Dabei verandert der Oto-

1) Ich verdanke, sagt derselbe~ die folgenden Resulta~e allein der Be, obachtung des Pr~parate8 im vollkommen frischem Zustande etc.

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lith seinen Platz in dem Ohre. W~hrend der Ruhe der Cilien schwebt er in der Mitte der Ohrblase; richten sich die Cilien auf, so r~ickt er excentrisch, indem er in die N~he der Innengrenzejener oben erw~hnten verdickten Stelle in der GehSrblasenwand gestossen wird~c und zwar im Zusammenhang mit der geringern L~nge der Wimperb~sche! in der Umgebung der verdickten, nervSsen Kreis- fl~che, die sich im L~ngsschnitt als Leiste darstellt (vergl. meine Fig. 1, 2, 3). Die Beobachtung, dass bei einem st~rkern Ger~usch die bisher ruhenden Cilien aufschnellen und ein Vorstossen des Otolithen gegen den acustischen Endapparat bewirken, gelangt R a n k e zu der Vorstellung, dass das Aufschnellen de r Cilien ein Reflexvorgang (vergleichbar der reflectorischen Bewegung der Iris- muskulatur) sci und dass die Cilienb~ischel im Sinne einer Accomo- dationseinrichtung wirken. Bilden diese durch Beobachtungen am lebenden Thiere gest~itzten physiologischen Er~rterungen R a n k e's, welche ~iberaus plausibe] scheinen, immerhin jedoch eine nochmalige Untersuchung und Bestiitigung wttnschensvcerth erscheinen lassen, eine Erg~tnzung zu meiner obigen Darstellung, so glaube ich an- dererseits mit Sicherheit 1) behaupten zu kSnnen, dass die letztere beziiglich der Structur der Macula acustica R a n k e's Darstelhng we- sentlich berichtigt.

An der verdickten der Eintrittsstelle des Acusticus gegentiber- liegenden Wandpartie der Ohrblase, die schon Bol l als eine Art Cyste oder Macula acustica erwiihnt, nach welcher bei der Ein- wirkung des Schalles der Gehiirstein hingestossen werden soU,.wurde yon Ran k emit mir iibereinstimmend die Boll unbekannt gebliebene C e n t r a l z e l l e yon den umgebenden Zellen unterschieden. Aber siimmtliche fibrigen Angaben Ranke 's tiber die feinere Structur dieses acustischen Apparates muss ich als unrichtig zurttckweisen. Allerdings tritt bei seitlicher Einstelhng, unter welcher die Wand- verdickung das Aussehen einer vorspringenden Leiste bietet, die mitchtige Centralzelle am schiirhten und deutlichsten hervor, keines- wegs aber kann das optische Bild der Umgebung als unklar be- zeiehnet werden, weil man etwa Zellen verschiedener Schichten und

1) Ich babe Anlass genommen~ die zahlreichen Pr~parate nochmals ge- nau durchzusehen, um reich wiederholt yon der Richtigkeit meiner Detail- angaben Ranko gegeniiber zu fiberzeugen.

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I16 C. Claus:

verschiedener Form vor sich sieht. Wenn mit Recht die hbbildung Boll's schematisch genannt werden kann, so ist hingegen das de- taillirte yon R a n k e entworfene Bild geradezu als unrichtig zu be- zeichnen. Was dieser Beobachter als Mittelplatte beschreibt, ist nichts anders als der yon den vier Sttitz- oder Isolirzellen ge- bildete Wall in der Umgebung der Centralzelle. Ferner existiren die 4 Aussenzellen als Stiibehen tragende Hiirzellen tiberhaupt nicht, was als solche beschrieben worden ist, erklitrt sich aus einer Confundirung peripherischer Theile der Sttitzzellen mit Hiirchen- gruppen benachbarter ttiirzellenkreise. Dahingegen sind die als Ringganglion gedeuteten Zellenkreise nichts anders als die yon mir beschriebenen haartragenden HSrzellen, deren Zahl sich bei den grSsseren hrten mindestens auf 70 bis 80 erhebt. Am Grunde tier Centralzellen hat auch R anke die Auftreibung der Hiirblasenwand beobachtet. An dieser Stelle l~isst er die acustischen l~ervenfibrillen yon allen Seiten in die Centralzelle eintreten, dann zuniichst hori- zontal verlaufen und schliesslich senkrecht aufsteigen, um in die als HSrstiibehen bezeichneten Haare der Krone einzutreten. Dem ge- geniiber glaube ich behaupten zu kSnnen, dass nur wenige Fibrillen ausschliesslich an einer fadenfSrmig verliingerten Stelle in die Cen- tralzelle eintreten. Die auf der Fliichenansicht (Vergl. Ranke 's Fig. 5) als :Nervenfibrillen angesprochenen radi~iren Fasern ~iber der Mittelplatte sind die Faserbttndel der 4 elastischen Stiitz- oder Isolationszellen (Fig. 8) und haben mit Nervenfibrillen nichts zu thun. Was Ranke als gelbliche dicke Strahlen bezeichnet, die yon den 4 Ecken der Mittelplatte auslaufen und mit ihren Fiiden je eine grSssere fingerfiirmige Cylinderzelle mit der HSrsfiibchenkrone um- fassen sollen, entspricht nur den Grenzen der vier aneinander- stossenden Stiitzzellen. (Yergl. Fig. 8.) Beztiglich der Krone yon HSrstiibchen muss ich hervorheben, dass dieselben yon Ranke im VerhMtniss viel zu dick dargestellt worden sind. Mir haben sie den Eindruck yon starren Hiirchen gemacht, die an ihrer Basis unmittelbar tiber der Cuticularscheibe (Ranke's kiiruiges Polster am oberen Zellenrande) dutch eine ziihe Substanz mit einander wie verpapI)t sind. Eine terminale Differenzirung, welche dem mir wohl bekannten gliinzenden KnSpfchen der sog. Riechh~irchen an der Antennenspitze der Daphnien vergleichbar sei, habe ich nicht beobachtet. Jedenfalls ist die Zahl der Hiirchen eine viel grSssere als die der in tier Zelle eintretenden Nervenfibrillen und wenn diese

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Das GehSrorgan der Hcteropodcn. 117

letztern im Innern der Zelle in die senkrechten Fibrillen iibergehn, welche sich durch die cuticulare Saumscheibe in die 1-16rhaare ver- folgen lassen, so ist dies nur mSglich, indem sich die in die Zelle eintretenden Fibrillen in zahlreiche feinere Fibrillen spalten. Die in ringf6rmigen Kreisen geordneten Cylinderzellen mit ihren kleinern kreisf6rmig geordneten Haarkronen (Verg]. Fig. 7, 7' etc.) nehmen auch nur eine oder zwei Nervenfibrillen auf und verhalten sich im Wesentlichen wie die viel breiteren und grSsseren Centralzellen. Diese Zellen hat nun R a nke vollkommen verkannt, indem er ihre H~rehenkronen iibersah und die punctirten Scheibenkreise, welche die Ursprungsstelle derselben bezeichnen, als die Umrisse vermeint- licher Krone verzeichnete (Vergl. Ranke's F1Kchenansicht Fig. 5, und racine Fig. 2, 3. S.)

Wien , im Juni 1875. C. Claus.

Erklgrung der Abbildungen auf Tafel X.

Fig. 1.

Fig. 2.

Fig. 3.

GehSrblase yon Pterotrachea Friede~ici circa 100 fach ver- grSssert, Ueberosmiumsiiurepr~parat. Der natiirlichc Querschnitt der Macula acustica ctwas zu umfangreich clngetragcn, a. Ueber- gangzellen mit kiirzeren Wimperzellen, b. HSrzeilen u n d c . Cen- tralzelle, d d' dcr yon vier IsolationszeUen gebildetc Wall in der Umgebung der letztern, N. a. Nervus acusticus, N Zweig dessclben, A. Otolith. GehSrblase derselben Form, circa 200fach vergrSssert. Ucberos- miumpr~parat mit Carmin tingirt; die Macula acustica stark auf- gequollen im natiirlichen Querschnitt. Wz. WimperzeUc der Wandung. S. KSrnchenhaufen oder Scheibenkreise, welche den Vorsprung dcr H~rchen der HSrzellen bezeichnen. Ein Stiick der GehSrblase yon t~ero~rachea coronata unter derseiben VergrSsserung. Uebcrosmiums~ure-Pr~parat. Man sicht die Ausstrahlung der Ncrvenfibrilien des Acusticus an der 0bcr- fl~che der Wand.

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118

Fig 4.

Fig. 41 .

Fig. 5.

Fig. 6.

Fig. 7.

Fig. 7'.

Fig. T'.

Fig. 8.

Fig. 8'.

Fig. 8". Fig. 9.

Fig. 91 . Fig. 9".

Fig. 10.

C. Claus: Das Geh6rorgan der Heteropoden.

GehSrnerv an seiner Eintrittsstelle in die Blasenwand mit den aus-

strahlenden Fibrfllen. Nervenfibrillen derBlasenwand mit kleinenKernen. Hartnack u 3" Plattenepithel der Wand mit einer Sternzelle, welche auf feinkSr- nigem Polster ein Wimperb/ischel triigt. Hartnack u 3. Gehlrn G, Sehnerven NO, und 6ehSrorgan yon Ptero~rachea

coronata unter starker LoupenvergrSsserung. M und M ~ die bei- den Kegel yon und Muskelfasern, welche die GehSrblasen tragen. Cylinderzellen der ~acula acustica yon _~. coronata isolir~ mit den Nervenfibrillen im Zusammenhang. (Hartnack, u 3.) Zwei solcher Zellen noch im Zussmmenhang mit der strukturlosen Membran der Blase. H6rzellen yon Pt. Frideriei isolirt. Ueberosmiumpr~iparate mit Carmin tingir t. Centralzelle yore Pole aus betrachtet mit den 4 StfitzzeUen der Um- gebung, b. Nervenfortsatz der Centralzelle. (Hartnaek u 3.) Dieselben Gebilde ohne die Fasern, aber mit den Kernen tier Iso- lationszelle. IsolationszeUe isolirk Centralzelle yon Pt. l~riderlci an einem $t/ickehen der struktur- losen Membran haftend, yon der Seite betrachtet. (Hartn. u 3.) Eine solche ganz isollrt. Eine isolirte Centralzelle yon der hinteren Fl~ehe betrachtet. a. Scheibe mit den H~rchen. b. Nervenfortsatz. Wimpergang zur Geh6rblase eines Lollgoembryos mit Porus. P.

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