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9.20 Fortschritte der Kieferorthop~idie 36 (1975) 220--230

Aus der kieferorthop~idischen Abte i lung (Direktor: Prof. Dr. Th. R a k o s i) der Klinik und Poliklinik fiir Zahn- , Mund- und Kieferkrankhei ten der Universit~it Freiburg i. Br.

Das Problem der Zunge in der Kieferorthop~idie

Von Thomas Rakosi, Freiburg i. Br.

Mit 13 Abbi ldungen

Die Anatomie, Physiologie, Wachstum und auch Pathologie der Zunge stel- len ein ganz besonderes Problem dar. Bereits die skelettalen Strukturen fiir die Ans~itze der Zungenmuskulatur sind von ganz verschiedener Natur (wie Zun- genbein, Mandibula, processus styloideus). Die Innervation der Zunge ist ebenfalls vielseitig, neben motorischer und sensibler Innervation gibt es eine Reihe von vielf~iltigen Geschmacksnerven. Die Muskulatur der Zunge besteht aus zwei grol~en Gruppen (die ~iut~ere Zungenmuskulatur und die Zungen- binnenmuskulatur), welche die Besonderheiten in der Lage, Tonus und Funk- tion der Zunge erm(Sglichen.

Entwicklung der Zunge

Das Wachstum der Kieferknochen verwirklicht sich einigermaf~en koordi- niert, die Zunge w~ichst dagegen weitgehend eigenst~indig. Der urspriingliche walzenf6rmige Zungenk6rper entsteht zun~ichst au.s Teilen des ersten Kiemen- bogens, die dem Unterkieferfortsatz angelagert sind. Dutch Einwachsen der Binnenmuskulatur aus den occipitalen Myotomen mit dem Nervus hypoglos- sus flacht die Zunge ab. Die embryonale Form~inderung der Zunge ist eine Folge der Entwicklung der Binnenmuskulatur. Das Zungenwachstum ist ein weitgehend selbst~indige.s Wachstum, vom zentralen Nervensystem gelenkt.

Beim F/Stus betr~igt die Kopfgr6f~e 1/8 bis H~ilfte der K6rpergr6f~e. Bei der Geburt betr~igt die Kopfgr~5t~e 1/4 der KSrpergr/5t~e, bei dem Erwachsenen 1/s der K6rpergr/5~e. Das bedeutet, dat~ das Wachstum des Kopfes nicht propor- tionell im Vergleich zu den anderen Teilen des K/Srpers ist. Die einzelnen Teile des Kopfes wachsen auch disproportionell. Gehirn, Augen und die Zunge sind die am st~irk.sten entwickelten Weichteile beim Neugeborenen. Beim F/Stus pro- trudiert die Zungenspitze nach vorne und i st mit der Unterlippe in Kontakt. Bei der Geburt fiJllt die Zunge den Mundraum voll aus.

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Die Zunge in der ~tiologie der Dysgnathien

Die Zunge spielt in der ~tiologie der Dysgnathien bereits pr~inatal eine wich- tige Rolle. Die Abflachung der Zunge zwischen dem 2. und 4. embryonalen Monat, das Entstehen der embryonalen Progenie und embryonalen Retrogenie sind Vorg~inge, welche mit der Entwicklung der Zunge in einem Zusammen- hang stehen.

Bei den hereditgir bedingten Dysgnathien spielt das Wachstum, Lage und Funktion der Zunge oft eine wichtige Rolle. Die flache, vorverlagerte Zunge bei der Progenie tr~igt sicher bei zu der Progredienz dieser Dysgnathie.

Es gibt Familien mit der gleichen Zungendyskinesie. Ob es sich dabei um heredit~ire Einfliisse oder Imitation handelt, das ist schwierig zu unterscheiden. Bei solchen Familien mit Zungendyskinesien kann man jedoch oft einen offe- nen Bit~ beobachten.

Die Bedeutung der Dyskinesien fiir die Atiologie der Dysgnathien i.st be- kannt. Eine Zungendyskinesie beginnt bereits mit einer Flaschenern~ihrung mit den konventionellen Flaschensaugern. Dieser Sauger zwingt die Zunge zur Ausiibung atypischer Funktionen. Die verschiedenen Lutschgewohnheiten haben sekund~ir oft eine Zungendyskinesie zur Folge, welche dann die direkte Ursache der Dysgnathien sein kann.

Bei erschwerter Nasenatmung wirkt sich die flache Lage der Zunge sehr un- giinstig auf die Gebit~entwicklung aus. Bei der Mundatmung haben wir zwei Typen von Zungenlagen zu unterscheiden.

Typ 1, flache Zunge, die Zungenspitze befindet sich hinter den unteren Schneidez~ihnen. Dieser T y p i s t gemeinsam mit einer progenen Verzahnung vorgekc~mmen.

Typ 2, bei diesem Typ war die Zunge retrahiert, der Zungenrficken konvex, die Zungenspitze in der Linie der unteren Pr~imolaren. Bei diesem Typ lag gleichzeitig ein Rfickbit~ vor.

Bei der Sprachlautbildung spielt die Zunge eine ganz besondere Rolle. Die Korrelation zwi.schen Dysgnathien und Sprachst6rungen ist nicht genau ge- kl~irt. Wir haben jedoch feststellen k/Snnen, dat~ bei der Sprachlautbildung in gewissen F~illen die Dysgnathie (ungiinstige morpholog~sche Beziehungen) weitgehend kompensiert wird, auf der anderen Seite bei F~illen mit weniger manifesten Dysgnathien bleibt diese Kompensation aus.

In der Problematik der Atiologie der Dysgnathien stellt das Zungenpressen ein zentrales Problem dar. Nach An.sichten yon einigen Autoren (S u b t e 1 n y u. S a k u d a , C l e a l l , B a l l a r d u . T u l l e y , M i l n e u. C l e a r ) is tdie Zungendyskinesie eine Folge der ungfinstigen morphologischen Beziehungen. A n d e r e A u t o r e n ( A n d r e w , H o p k i n und M c E v e n , J a n n , B a k e r , P e n s a, K o r t s c h) betrachten die Zungendyskinesie als prim~iren Ursachen- faktor und die morphologischen Ver~inderungen als ein sekundares Ph~inomen. Das Zungenpressen kann eine Folge von Lutschgewohnheiten sein, es kann endogen bedingt sein (wie Persistenz des S~iuglingsschluckaktes), und e.s kann sich um eine Adaption auf die ungiinstigen morphologischen Beziehungen handeln. Flaschenern~ihrung, Mundatmung, vergr~5~erte Tonsillen auf der

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Abb. 1. Ffinfj~ihriges Kind K. F. mit Makroglossie und StSrungen der Sprachlautbildung, trotz wiederholter Zungenverkleinerung

Abb. 2. Patient K. F. Kontakt zwischen Lippen und Zunge

einen Seite und ein ungiinstiger Aufbau des Gesichtssch~idels auf der anderen sind Faktoren, welche zum Zungenpressen pr~idisponieren. Das Pressen kann frontal oder lateral sein, mehr oder weniger ausgepr~gt. Als einfaches Pressen wird die Protrusion der Zungenspitze bezeichnet. Beim Zungenpressen-Syn- drom kommen neben einer Protrusion der Zungen.spitze ein fehlender Molaren- kontakt w~ihrend des Schluckens und eine Kontrakt~on der Lippenmuskulatur beim Schlucken hinzu.

Einige Tierexperimente sprechen fiir eine prim~ire Rolle der Zunge bei der Entstehung von Dysgnathien, H a r 1 e t t hat z. B. an Affen die folgenden Experimente durchgeftihrt: 1. Dorsal im Gebiet des harten Gaumens hat er ein Stiick Kunst.stoff fixiert, um

die Zunge in eine flache und anteriore Lage zu zwingen. Innerhalb von eini- gen Wochen ist es zur Lfickenbildung und offenem Bit] gekommen.

2. Er hat die Zunge verkleinert und die Zungenspitze verkfirzt. Innerhalb von 4--6 Monaten ist es zu einem Engstand gekommen. N e g r y hat bei Ratten die Zunge entfernt und innerhalb von 3 Monaten

war der obere Zahnbogen der operierten Ratten enger als bei denjenigen der Kontrollgruppe.

Ffir die Adaptationsffihigkeit der Zunge sprechen viele klinische Unter- suchungen. Es wird angenommen, da~ die Zunge passiv-funktionell sich an die anterioren, oralen Bedingungen anpal~t w~ihrend des Schluckens, um einen Abschlul~ im anterioren Gebiet zu sichern.

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Abb. 3. Patient K. F. vertikaler Wachstumstyp, progene Anlage

G. M ii 11 e r betrachtete die Zunge als Ursachenfaktor vieler Dysgnathien, in denen die Stemmkf~rperwirkung der Zunge unzul~inglich ist. Diese un- geniigende Stemmk6rperwirkung erkl~irt er mit zivilisatorischer Hypoaktivit~it, mit iiberm~it~iger Protrusion des Mittelgesichtes oder mit Lficken in den Zahn- reihen. Das Zungenvolumen h~ingt von der Morphogenese der Kiefer und Alveolarfortsatze ab. Er hat bei der Progenie und bei dem offenen Big einen tiefen und nach hinten verlagerten Nasenboden in Beziehung zur occipitalen Basis feststellen kSnnen, Bei dieser Konfiguration wird der Raum fiir die Zunge imrner kleiner und die Zunge ist gezwungen, sich flach nach vorne zu verlagern, was die Progenie oder den offenen Bil~ verursacht. Beim Distalbi~ und Tiefbi~ hat er einen mehr nach oben und vorne verlagerten Nasenboden festgestellt. Bei diesen topographischen Verh~iltnissen wirkt sich die Expansionsfunktion der Zunge nicht so stark aus, und so erkl~irt er das Entstehen des Distalbi,sses und Tiefbisses.

Nach M o s s stellt der Mundraum mit der Zunge eine funktionelle Matrix dar, welche das Wachstum im Sinne einer Translation steuert.

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SNA 800 SNB 750

'og -I + 6 mm 'og - I +8ram

Abb, 4. Durchzeichnung des FernrSntgenbildes vom Pat. K. F.

Abb. 5 Abb. 6

Abb. 5.34j~ihriger Patient, M. H. mit Hypoglossie, Mundboden gut sichtbar

Abb. 6. Patient M. H. mit maximal herausgestreckter Zunge

Die Zungendyskines ien kSnnen sicher Ursachenfaktoren yon Dysgnathien sein, in anderen F~illen stellen ,sie einen Adapta t ionsmechanismus dar. Eine gegenseitige Analy.se der skelettalen Beziehungen und Zungendyskine.sien mit Lokalisation der Folgen dieser Dyskines ien erm6glicht uns eine genauere Ab- kl~irung dieser gegenseit igen Beziehungen.

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Abb. 7. Fernr6ntgenbild von Pat. M. H., horizontaler Wachstumstyp, basale Entwicklung normal, sehr manifeste dento-alveol~ire Dysgnathie

Die Zunge in der Diagnostik der Dysgnathien

Um die Zungenfunktion zu erfassen, wurden verschiedene, oft ~utRerst auf- wendige Untersuchungen durchgef/ihrt, wie elektronische Messungen, elek- tromyographische Untersuchungen, Messungen des intraoralen Druckes, r~intgenkinematographische Untersuchungen und neurophysiologische Expe- rimente. Es wurden auch verschiedene Messungen durchgef~ihrt, wie Volumen- messungen des Cavum oris, Me.ssungen des Zungendruckes, Ermittlungen des Zungenvolumens und Ermittlungen des Rauminhaltes des Vestibulum oris. Messungen dieser Art sind in der Praxis routinem~il~ig nicht durchf~ihrbar. In der Praxis werden neben klinischer Beobachtung Funktionsanalysen und evtl. Fernr6ntgenanalysen der Zunge durchgefiJhrt. Um die Funktion der Zunge zu erfassen, ist es erforderlich, den Schluckakt zu beobachten, die Funktion der

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~A 810 ~B/2 0

-1 +8ram I - 1 - 16 mrr

Abb. 8. Durchzeichnung des Fernrbntgenbildes yon Pat. M. H.

Abb. 9. Skelettal offener Big bei 18j~ihriger Patientin H. M. mit sekund~irer Zungendyskine- sie und Engstand im Ober- und Unterkiefer

Lippen und Zunge zu analysieren, auch bei der Sprachlautbildung und w~ihrend des Atmens.

Eine sehr schwierige Aufgabe ist es, die GHSt~e der Zunge zu bestimmen. Of t wird von einer Makroglossie gesprochen, wobei eine Zungenanomalie dieser Art aut~erordentlich selten ist. Sie komrnt meisten~ nur bei kranken Kindern vor, wie bei Idiotie, Mixoedem, Debilit~it oder hypophys~irem Riesen- wuchs. Irn Femr6ntgenbild ist bei einer Makroglossie der Mundinnenraurn von

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Abb. 10. Durchzeichnung des Fernr6ntgenbildes der Pat. H. M. mit skelettal offenem Bil~

der Zunge ganz ausgef~illt und der Epipharynx ist eng. Klinisch kommt mit einer Makroglossie ein offener Bit~, Frontzahnliicken, Impressionen, Vorver- lagerung der Zungenspitze und ein iJber die okklusalen Fl~ichen ragender Zungenrand vor. Bei der Makroglossie k6nnen wir oft auch einen vertikalen Wachstumstyp beobachten (Abbildung 1 bis 4). Bei einer Hypoglossie oder Mikroglossie k6nnen wir dagegen im dento-alveol~iren Gebiet weitgehende Xnderungen beobachten (haupts~ichlich der untere Zahnbogen ist extrem eng), wobei die basalen Beziehungen bzw. das basale Wachstum nicht betroffen ist (Abbildung 5 bis 8).

Es gibt verschiedene Methoden, um die Zunge im FernrfSntgenbild zu er- fassen. Eine dieser von mir entwickelten Methoden wurde bereits in dieser Zeitschrift (,Fortschritte der Kieferorthop~idie", Band 25, Seite 337--387, 1964) beschrieben.

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~A 80 o 73 o

1 + 16 mm 1+ 6ram

Abb. 11. Durchzeichnung des Fernr6ntgenbildes der Pat. H. M.

Abb. 12 Abb. 13

Abb. 12. Einleitung der aktiv-mechanischen Therapie nach Pr~imolarenextraktionen zwecks Kompensation des skelettal offenen Bisses ira dento-alveol~iren Bereich

Abb. 13. Nach Abschlu~ der aktiven Behandlungsphase und dentoalveol/iren Kompensation des skelettal offenen Bisses

Die Zunge in der Therapie der Dysgnath ien

Wie we i tgehend die Z u n g e bei der T h e r a p i e p l a n u n g beriicksichtigt wer- den mul~, geht yon der d iagnos t i schen Abkl~irung aus. Falls die Z u n g e als kau-

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saler Faktor fiir die Entstehung der Dysgnathien im Vordergrund steht, richtet sich unsere Therapie prim~ir auf die Beeinflussung der ungiin.stigen Zungen- funktion oder Zungenlage. In diesem Falle kann man von einer Abschirm- therapie oder Druckeliminatlon sprechen. Eine Behandlung kann mit Schild- apparaten (wie Zungenschild), mit Funktionsreglern oder mit Abschirmger~iten im Sinne von Bionatoren oder modifizierten Aktivatoren durchgefiihrt werden.

Falls die Zungendyskincsie nur als sekund~ires Ph~inomen zu betrachten ist, welches eine Adaptation auf die ungiinstigen morphologischen Beziehungen darstellt, mug unsere Therapie eine aktiv-mechanische sein, welche eine Kraft- applikation erfordert. Bei Zungendyskinesien mit vertikalem Wachstumstyp ist meistens eine Therapie dieser Art erforderlich. In solchen F~illen kann man eine Korrektur oft nur mit festsitzenden Apparaten erfolgreich behandeln. Eine Behandlung dieser Art bedeutet eigentlich eine kompensatori.sche Behand- lung, indem die skelettale Abweichung im dento-alveol~iren Gebiet kompen- siert wird. Eine Kompensation dieser Art ist oft auch noch im bleibenden Ge- bil~ durchfiihrbar (Abbildung 9 bis 13).

Bei F~illen mit ganz mahifesten Zungendyskinesien und stark vertikalem Aufbau des Gesichtssch~idels ist oft nur eine chirurgische Korrektur mSglich. Korrekturen die.ser Art mug der Kieferchirurg gemeinsam mit dem Kieferortho- p~iden planen und evtl. ist anschlie~end eine Zungenverkleinerung erforderlich.

Die Zunge stellt ein zentrales Problem in unserem Fachgebiet dar, wie dies auch aus den vielen angekiindigten Vortr~igen fiir unsere diesj~ihrige Jahres- tagung hervorgeht. In diesem einleitenden kurzen Vortrag war es mir nicht mSglich, auf alle Aspekte hinzuweisen. Ich habe mich bemiiht, mindestens auf die fiir die Praxis wichtigsten Probleme, auf die Bedeutung der Zunge in der ~tiologie, Diagnostik und Therapie der Dy.sgnathien hinzuweisen. Die nun folgenden Vortr~ge werden sicherlich viele Aspekte n~iher erSrtern.

Zusammenfassung

Es wird auf die Bedeutung der Zunge in der ~l.tiologie, Diagnostik und Therapie der Dysgnathien hingewiesen.

In der )~tiologie spielt die Zunge bereits pr~inatal eine wichtige Rolle. Bei der Entstehung der Dysgnathien spielt das Wachstum, die Lage, die Funktion und der Tonus der Zunge oft eine entscheidende Rolle. Die Zunge kann prim~ir gewisse Dysgnathien verursachen oder kann sich sekund~ir an ungiinstige morphologische Beziehungen anpassen. Diagnostisch wird die Zunge bei der klinischen Untersuchung, bei der Funktionsanalyse und fernrSnt- genologisch erfa~t. Bereits die Definition der Gr/31~e der Zunge stellt ein schwieriges Pro- blem dar. In diesem Zusammenhang wird auf die Makroglossie und Hypoglossie hinge- wiesen.

Je nach Art der Dysgnathien, bzw. der Rolle der Zunge in der ~tiologie, besteht die Therapie in einer Druckelimination (Abschirmtherapie) oder Kraftapplikation (aktiv-mecha- nische Methoden).

Summary

The significance of the tongue in the aetiology, diagnosis and therapy of malocclusion is discussed.

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In the aetiology of malocclusion, the growth, position, function and tone of the tongue has a significant role. The tongue can be the pr imary cause of the malocclusion or the tongue disfunct ion can be an adaptive phenomenon. The diagnostic examinat ion of the tongue can be performed clinically or by cephalometry. The therapy in cases with tongue disfunct ion depends upon the aetiology of the malocclusion.

R4sum4

L'auteur souligne l ' importance de la langue en ce qui concerne l'6tiologie, le diagnostic et la th6rapie des dysgnathies.

Du point de vue 6tiologique, la langue assume d6jh un r61e impor tan t pendant la p6riode pr6natale. La croissance, la position, la fonction et le tonus de la langue jouent un r61e pr6pond6rant dans la gen6se des dysgnathies. La langue peut ~tre la cause primaire de certaines dysgnathies, elle peut aussi s 'adapter dans un stade secondaire h une situation morphologique d6favorable. En ce qui concerne le diagnostic, nous examinons la langue lors de l 'analyse fonctionnelle et & l 'aide de la t616radiographie. D6j~ da d6finition de la grosseur de la langue pose un tr6s s6rieux probl6me: on parle de macro- ou de microgiossie.

Selon le genre de dysgnathie, c.O.d, selon le r61e de la langue dans l'6tiologie, notre th6ra- pie comprendra l '61imination de la pression (par un bouclier) ou une application de forces (m4thodes m6caniques actives).

Anschrift d. Verfassers: Prof. Dr. Th. R a k o s i , 78 Freiburg i. Br., Hugstetterstrat~e 55.


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