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Page 1: Der vernachlässigte Nachlass - brainGuide€¦ · Der Nachlass des verstorbenen Ehegatten besteht vereinfacht ausgedrückt aus seinem Eigengut und der hälftigen Errungenschaft

Ausgabe 1/2Rechtsberatung18 ERFOLG Februar 08

Niemand denkt gerne an den eigenen Tododer denjenigen von Angehörigen. Dieseallzu menschliche Scheu verhindert oft ei-ne rechtzeitige Regelung des Nachlasses.Dabei müsste jedermann ein Interesse da-ran haben, dass die Angehörigen so ver-sorgt sind, wie man es sich wünscht. WelcheRegelung optimal ist, hängt von der fami-liären Situation ab.

Die klassische FamilieBeim klassischen Familienbild hat ein Ehepaareines oder mehrere Kinder. Der erbrechtli-chen Teilung geht in jedem Fall die güterrecht-liche Auseinandersetzung zwischen den Ehe-gatten voraus. Hat zum Beispiel keiner der Ehegatten wesentliche Mittel in die Ehe einge-bracht oder während der Ehe beispielsweisegeerbt (Eigengut), so bildet das eheliche Ver-mögen Errungenschaft. Diese ist zwischen denEhegatten hälftig zu teilen. Der Nachlass desverstorbenen Ehegatten besteht vereinfachtausgedrückt aus seinem Eigengut und derhälftigen Errungenschaft. Erst jetzt greift diegesetzliche Erbfolge und der Ehegatte erhält

Der vernachlässigte Nachlass

unter diesem Titel wiederum die Hälfte desNachlasses. Die andere Hälfte geht an die Kin-der. Der Pflichtteil der Nachkommen beträgt ¾des gesetzlichen Erbanspruchs, in diesem Fal-le also 3/8 des Nachlasses.Zur Sicherstellung des überlebenden Ehegat-ten besteht die Möglichkeit, diesen mit Ehe-und Erbvertrag zu begünstigen. Ausserdem in-teressant ist der Spielraum, welcher sich ausdem Abschluss von Lebensversicherungen er-gibt.

Die PatchworkfamilieHat einer der Ehegatten oder haben beide Kin-der aus früherer Beziehung – dazu kommenvielleicht auch noch gemeinsame Kinder –dann bleibt die Erbfolge gleich. Was die Ehe-gatten gemeinsam erarbeitet haben (Errun-genschaft), wird güterrechtlich hälftig geteilt.Den Nachlass teilt sich der überlebende Ehegatte mit den Kindern des verstorbenenEhegatten. Die Stiefkinder des verstorbenenEhegatten sind diesem gegenüber nicht erb-berechtigt. Wo die Ehegatten eine Gleichbe-handlung der gemeinsamen und nichtge-meinsamen Kinder herbeiführen wollen, sindletztwillige Verfügungen unabdingbar. Zu be-denken sind in derartigen Fällen auch dieSteuerfolgen, da erbrechtliche Zuwendungenzwischen nichtverwandten Personen regel-mässig höhere Erbschaftssteuern nach sichziehen. Hierbei sind auch kantonale Unter-schiede zu berücksichtigen.Besonders bei Patchworkfamilien ist fallbezo-gen das Repertoire an erbrechtlichen Gestal-tungsmöglichkeiten in Kombination mit Versi-cherungslösungen zu prüfen.

Das kinderlose EhepaarDie Vorstellung, der überlebende Ehegatte seiautomatisch der Alleinerbe, ist weitverbreitet –und falsch. Nach der gesetzlichen Erbfolgegeht ¼ des Nachlasses an die Eltern des ver-storbenen Ehegatten resp. an deren Nachkom-men. Der überlebende Ehegatte findet sich sooft in der ungewollten und misslichen Lage,den Nachlass mit Schwägerinnen und Schwa-gern teilen zu müssen. Umgekehrt bestehtaber oft auch der Wunsch, bestimmte Gegen-stände wie z.B. Familienerbstücke der eigenenFamilie zu erhalten. Klärung und Ordnung be-wirkt in beiden Fällen eine letztwillige Verfü-gung.

Die alleinstehende PersonAlleinstehende Personen müssen nur denPflichtteil der Eltern berücksichtigen. Umsowichtiger ist, dass sie sich Gedanken machen,wem denn letztlich der Nachlass zu Gute kom-men soll. Ohne Regelung besteht die realeMöglichkeit, dass weit entfernte gesetzlicheErben zum Zuge kommen, die der Erblasser zuLebzeiten nie gesehen hat.

Das richtige VorgehenAusgangspunkt jeder Analyse ist eine Bestan-desaufnahme der finanziellen Situation. Vordem Hintergrund der familiären Verhältnisseund der als wahrscheinlich betrachteten Ent-wicklungen der Zukunft sind die Bedürfnisseund Ziele zu definieren.

Die Bestimmung der richtigen Massnahmenund deren Umsetzung erfordert vielfach denBeizug einer Fachperson. Jedoch sind Ehe-und Erbverträge ohnehin von einem Notar öf-fentlich zu beurkunden. Positiv ist, dass zumin-dest im Kanton Luzern nur die Notariatsge-bühr zu bezahlen ist: die mit der Ermittlungdes Parteiwillens verbundene Beratung ist da-rin enthalten. Marius Brem

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Marius Brem

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