Die Bedeutung
Nahrungsmittel-spezifischer
IgG-Antikörper
Dr. med. Volker von Baehr
Institut für Medizinische Diagnostik Berlin
IMD-Berlin.de
Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt
Enzymdefekt Malabsorptionen
Fruktosemalabsorption
Allergie Autoimmun-
erkrankung
Typ I-Allergie
Pollenassoziierte
Kreuzallergien
Typ IV-Allergie
Typ III-Allergie ?
Zöliakie Laktoseintoleranz
Fruktoseintoleranz
Histaminintoleranz
Bildquelle: www.cerascreen.de
Bildquelle: www.mikrooek.de
Die fachlichen Auseinandersetzungen zu dem Thema sind von Meinungen, Empfindungen und Erfahrungen geprägt.
Die Studienlage reicht für ein „Urteil“ nicht aus.
Mit einer Allergie Typ III hat das nichts zu tun
Typ III-allergische Erkrankungen: - Vaskulitis → systemisher Lupus erythematodes (SLE) - Glomerulonephritis - Arthritis - Exogene allergische Alveolitis (z.B. Taubenzüchterlunge)
Ablagerung von Immunkomplexen
Endothelzelle
Basalmembran
Zytotoxische Aktion
IgG
Komplement
Immunologische Hintergründe
der
gastrointestinal-induzierten IgG-Bildung
B-Zelle
B-Zelle
Nährstoffe Schadstoffe
B-Zelle
B-Zelle
Nährstoffe Schadstoffe
B-Zelle
B-Zelle
Nährstoffe Schadstoffe Immuntoleranz
?
Immunantwort
DZ
CD4
TH1 IL-2
IFN-g
CD4
TH1
Lokale und
systemische
Entzündung
Immunantwort
DZ
CD4
TH1
IFN-g / IL12
IL-2
IFN-g
CD4
TH1
Histamin
TNF-a
IL-1
Makrophagen
Mastzellen
(Orale) Immuntoleranz
Lokale und
systemische
Entzündung
TGFb , IL10, IL4
Treg
B-Zelle
Immunantwort
DZ
CD4
TH1
IFN-g / IL12
IL-2
IFN-g
Anergie /Apoptose → Toleranz
Neutralisierende
Antikörper IgG/IgG4
CD4
TH1
Histamin
TNF-a
IL-1
Makrophagen
Mastzellen
TGFb , IL10, IL4
Treg
B-Zelle
Immunantwort
DZ
CD4
TH1 IL-2
IFN-g
Anergie /Apoptose → Toleranz
CD4
TH1
Der LTT-Nahrungsmittel zeigt für jedes Nahrungsmittelprotein
das (Un)Gleichgewicht zwischen allergen-spezifischen
TH1-Effektorzellen und Treg-Zellen der gleichen Spezifität
(Orale) Immuntoleranz
B-Zelle
Immunantwort
DZ
CD4
TH1
Neutralisierende
Antikörper IgG/IgG4 Histamin
TNF-a
IL-1
NM-spezifische IgG-AK verhindern:
● den Kontakt zu Mastzellen
● die Antigenpräsentation
● die Phagozytose durch Makrophagen
(Orale) Immuntoleranz
Mastzelle
B-Zelle
Immunantwort
DZ
CD4
TH1
Neutralisierende
Antikörper IgG/IgG4
TNF-a
IL-1
(Orale) Immuntoleranz
Übertritt der
Antikörper
ins Blut
Messbare IgG/IgG4-
Titer im Serum
Histamin
Mastzelle
IgG-Subklassen 1 bis 4
IgG1 65-75%
IgG2 15-25%
IgG3 5-10%
IgG4 2-5 %
Immunantwort gegen
Bakterien Viren Toxine
Bindung an Fc-R´s
Komplement- aktivierung
Fce-R-Bindung auf Mastzellen
Placenta- gängigkeit
Plasma- HWZ
+ + + + + + +
+ + +
+ +
+ / -
+ / -
+ / - + / - + / -
+ / -
+
+ +
+ +
+ / -
+ / -
+ + +
+ + +
-
+
-
-
-
+
-
++
+
+
21 Tage
21 Tage
21 Tage
7 Tage
+ +
+ + +
Antigen- bindung Neutralisation
+ +
+ + +
● Die Bildung von IgG-Antikörpern gegen Nahrungsbestandteile
stellt eine physiologische Schutzreaktion bei der Induktion der
Immuntoleranz gegen Nahrungsbestandteile dar.
● Die IgG-Bildung dient der Limitierung proteininduzierter
Inflammation in der Darmmukosa und der Verhinderung des
Übertrittes der Fremdeiweiße in den Blutkreislauf
● Die Mastzellaktivierung durch IgG ist zu vernachlässigen
(IgG ist kein IgE-Imitator)
● Eine Unterscheidung zwischen den IgG-Subklassen
ist aus immunologischen Gründen nicht plausibel
Zwischenbilanz
NFkB
Aktivierung der NFkB-abhängigen Transkription
IK-Kinase b
p50 p65
Was bedeutet „Antigenbindung“ und „Neutralisation“
Phagozytose des Proteinantigens (Nahrungsmittel)
Phagozytose NFkB
Aktivierung der NFkB-abhängigen Transkription
IK-Kinase b
p50 p65 IkB
Was bedeutet „Antigenbindung“ und „Neutralisation“
Sekretion proentzündlicher Zytokine
NFkB p50 p65
Aufnahme der Immunkomplexe über Fcg-Rezeptoren
Keine
Entzündung
Bei Aufnahme von IgG-/Antigen-Komplexen über den
Fc-g-Rezeptor wird die NFkB-Kaskade nicht aktiviert
Intrazellulärer
Abbau ohne NFkB-
Aktivierung
Phagozytose NFkB
Aktivierung der NFkB-abhängigen Transkription
IK-Kinase b
p50 p65 IkB
Sekretion proentzündlicher Zytokine
B-Zelle
DZ
CD4
Neutralisierende
Antikörper IgG/IgG4
Die Bildung Nahrungsmittelspezifischer neutralisierender
IgG-Antikörper nimmt bei steigender Antigenexposition zu.
B
PLZ
B-PLZ
CD4
TH2
IL-4, IL-5
Leaky gut ist eine Ursache verstärkter Bildung von
toleranz-induzierenden IgG-Antikörpern
Allergen-spezifische
IgG/IgG4-Antikörper
Karakula-Juchnowicz H, Nutr Neurosci 2017 Bentz S., Digestion 2010 Zar S, Am J Gastroenterol 2005
Was verstärkt die Translokation?
Erhöhte (Dünn)darmpermeabilität („leaky gut“) durch NSAIR-Abusus, Alkohol, scharfe Gewürze
durch toxische Metalle
durch Xenobiotika
durch systemische Entzündung
Unzureichender Proteinabbau bis zur Dünndarmpassage durch Einnahme von Antazida, Stress ….
Verstärkte Translokation von immunogenen
Nahrungsmittelproteinen verstärkte die intestinale IgG-Bildung
Proteinreiche und Proteasestabile Nahrungsmittel Milch und Milchprodukte, Weizen, Hühnerei, Fleisch, Haselnuss, Leguminosen
Bakterien
Gewürze Alkohol
Antibiotika/
Medikamente
NSAIR
Stress
Xenobiotika
Metalle
AGE´s
Pilze
Weichmacher
Viele Umweltbelastungen wirken auf den Darm…
Lösemittel
Kunststoffe
… und stören die intestinale Barriere
Zonulin upregulation is associated with increased gut permeability ….
Sapone A et al. Diabetes. 2006
Zahnersatz Metalle im Speichel Belastung des Darmes
Allergen-spezifische
IgG/IgG4-Antikörper
Karakula-Juchnowicz H, Nutr Neurosci 2017 Bentz S., Digestion 2010 Zar S, Am J Gastroenterol 2005
Leaky gut ist Ursache verstärkter IgG-Bildung gegen
Nahrungsmittel – nicht umgekehrt !
Folgerichtig:
Erhöhte NM-spezifische IgG-Antikörper treten bei
Erkrankungen auf, die mit leaky gut einhergehen
Nicht nur bei Darmerkrankungen sondern vielen chronisch
entzündlichen Erkrankungen besteht ein leaky gut
Bei Urtikaria
Bei Rheuma
… was die hohe Rate an auffälligen IgG-Befunden bei
Patienten mit chronisch entzündlichen Erkrankungen
erklären kann
Keine Assoziation zwischen klinischen Beschwerden und
messbaren IgG-NM-Spiegeln bei Patienten die hinsichtlich
leaky gut vergleichbar sind
70 Patienten mit Übergewicht (BMI > 35kg/m2) und intestinalen Beschwerden
Kuhmilch-Intoleranz
Weizen-Intoleranz
Ja: 22 Nein: 48
Ja: 20 Nein: 50
Kvehaugen AS BMC Gastroenterol. 2018 30;18:22
Für klassische Darmerkrankungen gibt es Studien die einen
therapeutischen Effekt bei Elimination der betreffenden
IgG-positiven NM zeigen
Pilotstudie (Immupro 300-Test, 20 Gesunde, 79 Patienten mit Mb Crohn):
IgG-Weizen
Gesunde Mb. Crohn
35% 60%
IgG-Haselnuss 15% 39%
IgG-Linsen 10% 70%
IgG-Käse 60% 84%
IgG-Hefe (Candida) 66%
IgG-Aspergillus niger 60%
Folgestudie Cross-Over-Interventionsstudie
Specific diet: Diät ausgerichtet nach dem IgG-NM-Befund Sham diet: Diät ohne Elimination der IgG-positiven Nahrungsmittel
N = 2 x 20
Stuhlfrequenz Total symptom score
Studien ohne Placebo-Gruppe sind kaum zu bewerten
Mean mCDAI fiel nach 4 Wochen Diät von 171 auf 97 (p<0,001)
Gründe für eine mögliche Überbewertung der Bedeutung
NM-spezifischen IgG´s 1. „auch IgG-Antikörper können Mastzellen aktivieren“
Aber nur die IgG4-Subklasse und dann wäre eine Histamin-
assoziierte Symptomatik wie bei einer Typ I-Allergie zu erwarten
2. Bedeutung der Gliadin-IgG´s bei Zöliakie unterstützte
fälschlicherweise die IgG-Theorie
3. In vielen Studien erfolgte die Gruppenzuordnung an Hand
intestinaler Symptome was zur Selektion von Patienten mit
intestinalen Erkrankungen und leaky gut führte.
Wie kommt es zu den beschriebenen guten
Erfolgen in den Therapiestudien ?
Wie erklären sich die klinischen Besserungen bei
einigen Patienten in der Praxis wenn sie IgG-
positive Nahrungsmittel weglassen?
Placeboeffekt ?
Bewußtere Nahrungsaufnahme ?
(bessere Verdauung, längere Magen/Darm-Passagezeit)
Ko-Therapie ?
Wie erklären sich die Ergebnisse der (wenigen) Placebo-
kontrollierten Therapiestudien ?
Wie erklären sich die Ergebnisse der (wenigen) Placebo-
kontrollierten Therapiestudien ?
B-Zelle
Bildung neutralisierende Antikörper IgG/IgG4
B
B-PLZ
Ein Erklärungsversuch
Proteinreiche und schwer abbaubare Nahrungsmittel wie Kuhmilch, Ei Weizen, Fleisch, Leguminosen
Störung der Darmbarriere?
Verstärkte Translokation dieser und anderer Nahrungsmittel
Das Weglassen der betreffenden NM führt zur Verbesserung der Darmbarriere und zum Rückgang der Entzündung. Der Abfall der IgG-Antikörper ist Folge einer zurückgehenden Antigenexposition
B-Zelle
Bildung neutralisierende Antikörper IgG/IgG4
B
B-PLZ
Proteinreiche und schwer abbaubare Nahrungsmittel wie Kuhmilch, Ei, Weizen, Fleisch, Leguminosen
Störung der Darmbarriere?
Verstärkte Translokation dieser und anderer Nahrungsmittel
6-9 % der Bevölkerung haben einen IgG-4-Subklassenmangel
Wichtig:
Patienten mit IgG(4)-Antikörpermangel bilden kein IgG4 !
Zusammenfassung
Bei leaky gut steigen die Titer NM-spezifische IgG aller 4 Subklassen in der Darmschleimhaut und im Blut an Am häufigsten betroffen sind Nahrungsmittel mit hoher Proteinvielfalt und schwer verdauliche NM. Es ist keine Pathogenese bekannt, wie erhöhte IgG-Titer eine Beschwerdesymptomatik induzieren sollten. Es handelt sich nicht um eine Typ III-Allergie ! Pathogenetisch müßten eher Patienten mit fehlenden IgG´s auf häufig konsumierte Allergene eine Intoleranz entwickeln IgG-Bildung ist stark abhängig von der Exposition (Ein Abfall nach Expositionsvermeidung ist kein Hinweis auf einen Therapieerfolg) 6-9% der deutschen Bevölkerung bildet kein IgG4
Zusammenfassung
Was spricht für eine Bedeutung der IgG´s ? Bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen gibt es placebo-kontrollierte Studien die einen therapeutischen Effekt bei Elimination der betreffenden IgG-positiven NM zeigen. zum Teil individuell auffällige IgG-Titerunterschiede zwischen verschiedenen konsumierten Nahrungsmitteln gute praktische Erfahrungen von Anwendern Fazit: Es ist aktuell nicht sicher auszuschließen, dass einige NM gegen die hohe IgG-Titer vorliegen auch für das leaky gut mit verantwortlich sind. Man kann diese aber aus den positiven IgG-Testergebnissen nicht identifizieren. Eine Fehlinterpretation aller IgG-positiven Nahrungsmittel als „unverträglich“ kann zu entbehrungsreichen und gesundheitsschädigenden Diäten führen.
Mögliche Konsequenz Nahrungsmittel mit großer Proteinvielfalt und schwer verdaubare Nahrungsmittel temporär reduzieren Kuhmilch
Weizen Glutenhaltige Nahrungsmittel
Nüsse Fleisch
Leguminosen
Antazida Stress beim Essen Fast Food
Mikrobiom ? NSAIR
Scharfe Gewürze
Alkohol
Verdauungshemmer vermeiden
Leaky gut-Induktoren eliminieren
Toxische Metalle (Speichelanalyse)
?
Hühnerei
Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt
Laktoseintoleranz
Fruktoseintoleranz
Histaminintoleranz
Enzymdefekt
Fruktosemalabsorption
Allergie Autoimmun-
erkrankung
Typ I-Allergie
Pollenassoziierte
Kreuzallergien
Typ IV-Allergie
Typ III-Allergie ?
Zöliakie
Malabsorption
Wichtig: Die unstrittigen Formen einer Nahrungsmittelunverträglichkeit
werden über den IgG- oder IgG4-Test nicht erkannt!
Nächste online-Fortbildung am
2. Mai 2018, 15:00 Uhr
Selen
-
Biotransformation und
physiologische Funktionen
Dr. Katrin Huesker Institut für Medizinische Diagnostik Berlin