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Die Bestimmung von Jodiden bei Vorhandensein anderer Halogene

Von HUGO DITZ

In einer unter obigem Titel veriiffentlichten Abhandlung von S. W. GORBATSCHEFF und L. A. KASSATXINA~) werden verschiedene Methoden 5ur Bestimmung von Jod in Jodiden bei Vorhandensein von Bromiden und Chloriden kritisch besprochen und speziell uber die Anwendung von Jodat als Oxydationsmittel gesagt : ,,Es muB noch erwahnt werden, daB Jodat als Oxydationsmittel zur Bestimmung von Jodiden bei Vorhandensein anderer Halogene durchaus unanwend- bar ist. Diese Methode eignet sich nur fiir die Bestimmung des Titers einer Jodidlosung." Diese ohne Literaturhinweise und ohne irgend- welche Versuchsdaten gemachte Angabe darf nicht unwidersprochen bleiben, da die Bestimmung von Jod in Jodiden mit Verwendung von Jodat sich auch in Gegenwart von Bromiden und Chloriden bei Ein- haltung bestimmter Bedingungen ohne weiteres durchfuhren 1aBt.

In einer gemeinschaftlich mit B. M. MARGOSCHES Tor bald 30 Jahren veroffentlichten Arbeit2) ,,Uber den EinfluB der Wasser- stoffionenkonzentration bei Einwirkung der Halogenate, speziell des Jodats auf die Halogenide" haben wir gezeigt, daB durch Einhaltung bestimmter Wasserstoffionenkonzentrationen in einer mit uber- schussigem Jodat versetzten Losung von Jodid und Bromid bzw. Chlorid das Jodion in elementares Jod ubergefuhrt werden liann, ohne daB dw Bromid oder Chlorid einen Angriff erfahrt. Einige dort angefuhrte Versuche fuhrten zu dem Schlusse, daB es moglich sein wird, ein einfaches und genaues Verfahren our Bestimmung von Jodiden neben Bromiden und Chloriden auf das verschiedene Ver- halten der Halogenide gegen Jodat bei bestimmter Konzentration der Wasserstoffionen zu grunden. Unsere weiteren Unters~chungen~)

1) S. w. GORBATSCHEFF u. L. A. KASSATRINA, Z. anorg. u. allg. Chem.

2) H. Drrz u. B. M. MARWSCEES, Z. angew. Chem. 14 (1901), 1082. 3) H. Drrz u. B. M. MARUOSCFIES, uber die quantitative Bestimmung von

Jod in losliohen Jodiden und in Gemischen derselben mit Bromiden und

U S (1930), 104.

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fuhrten zunachst zu einem Verfahren zur Bestimmung von Jodiden, bei welchem zu der Jodidlosung eine bestimmte uberschussige Menge Kaliumjodatlosung und eine bestimmte Menge Schwefelsaure (am besten 0,l-n., obwohl hier auch konzentriertere Saure anwendbar ist) zugefugt, das ausgeschiedene Jod mit Toluol ausgeschuttelt und mit 0,l n-Thiosulfat titriert wurde. 5/6 des so ermittelten Jods entsprechen dem vorhandenen Jodid. Die Menge des Jodids kann bei Anwendung einer bestimmten Jodatmenge nach erfolgter Ausschuttelung des Jods auch durch Ermittlung des Jodatrestes in der waBrigen Losung be- stimmt werden. Ebenso kann das nach Zusatz von Jodat und Schwefelsaure freigewordene Jod durch Kochen der Flussigkeit ent- fernt und in der abgekuhlten Flussigkeit das restliche Jodat bestimmt werden. Von diesen verschiedenen Arbeitsweisen ist, wie wir an- gegeben haben, die letzterwahnte indirekte Methode (Wegkochen des Jods und Bestimmung des Jodatrestes) insofern vorzuziehen, als sie rascher und bequemer durchgefuhrt werden kann. Dieses indirekte Verfahren wurde nach seiner Uberprufung von E. PRINCE^) auch in dem bekannten Lehrbuch von F. P. TREAD WELL^) fur die Bestimmung von Jodiden angegeben.

Fur die Bestimmung von Jodiden neben Bromiden war es notig, die Wasserstoffionenkonzentration derart zu wahlen, daB bei quantitativer Uberfuhrung des Jodions in elementares Jod das an- wesende Bromid vollstandig unzersetzt bleibt. Dies konnte bei An- wendung von uberschussigem Jodat durch Zusatz eines bestimmten uberschusses von 0,l n-Salzsaure oder besser 0,l n-Schwefelsaure, der dmch einen Vorversuch ermittelt wird, erzielt werden, wobei fest- gestellt wurde, daB auch ein verhaltnismaoig groBer UberschuB von 0,1 n-Schwefelsaure keinen Angriff des Bromids herbeifuhrt. Um die durch den erforderlichen Vorversuch bedingte Unbequemlichkeit der Methode zu umgehen, wurde schliel3lich an Stelle der stark disso- ziierten Mineralsaure die schwach dissoziierte Essigsaure verwendet, wobei sowohl durch Bestirnmung des mit Toluol ausgeschuttelten

Chloriden, Chem.-Ztg. 28 (1904), 1191. Vgl. auch ST. BENEDICT u. J. F. SNELL, Journ. h e r . Chem. SOC. 26 (1903), 809; H. Drrz u. B. M. MARQOSCHES, Chem.-Ztg. 28 (1904), 271.

1) E. PRINCE, Dissertation Zurich 1910. Dieser hat mit SalesLure an- gesauert und das Wegkochen des Jods nach Einwerfen von einigen Stiicken Calcit durchgefiihrt.

2, F. P. TREADWELL, Lehrbuch der analytischen Chemie 6. Aufl. 11. Bd. (1913), 565; 11. Aufl. (1923), 572.

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Jods als auch durch Ermittlung des Jodatrestes Jodid in Gegenwart beliebiger Bromidmengen quantitativ bestimmt werden kann.

Hier kann nur dieses bei gewohnlicher Temperatur auszufuhrende Verfahren angewendet werden. Das fur Jodid allein anwendbare indirekte Verfahren (Wegkochen des Jods und Bestimmung des Jodatrestes) kann hier sowohl bei Verwendung von verdunnter Schwefelsaure als auch von Essigsaure n ic h t benutzt werden, da Jodat bei Gegenwart von Schwefelsaure in der Warme auch Bromid oxydiert, bei Verwendung von Essigsaure, auch wenn nur Jodid allein vorhanden ist, durch eintretende Nebenreaktionen ein Mehr- verbrauch an Jodat eintritt.l)

Die Bestimmung von J o d i d e n n e b e n Chlor iden kann in gleicher Weise wie neben Bromiden bei gewohnlicher Temperatur durch Ausschutteln des freigemachten Jods oder durch Ermittlung des Jodatrestes erfolgen. Doch kann die Bestimmung von Jodiden neben Chloriden (in Abwesenheit von Bromiden) auch durch Kochen mit Jodat im bestimmten UberschuB und uberschussiger 0,l n- Schwefelsaure bis zur Vertreibung des freigemachten Jods und Be- stimmung des Jodatrestes durchgefuhrt werden. Wesentlich ist aber hier, da13 die angewandte Same keine wesentlich hohere Konzentration als 0,l -n. aufweist, da bei Schwefelsaure hoherer Konzentration auch eine Einwirkung auf Chlorid unter Mehrverbrauch an Jodat statt- findet. Liegt Jodid allein vor, so kann auch Schwefelsaure weit hoherer Konzentration bei diesem in der WSirme durchgefuhrten Ver- fahren verwendet werden. Durch besondere, in der erwahnten Arbeit angegebene Versuche hatten wir festgestellt, da13 Schwefelsaure be- liebiger Konzentration sowohl bei gewohnlicher Temperatur als auch beim Kochen keine Zersetzung des Jodats (bzw. der Jodsaure) be- wirkt. So wurde nach 15 Minuten dauerndem Kochen von 50 em3 0,l n-Kaliumjodatlosung rnit 25 cm3 Schwefelsaure von 660 BB oder von 10 em3 0,l n- Jodatlosung rnit 10 em3 Schwefelsaure von

1) Nach J. M. KOLTHOFF, Pharm. Weekblad 66, 1029; Chem. Zbl. 1919, IV, 1088, sol1 man bei Anwendung von Benzoesiiure nach Wegkochen des Jods auch durch Ermittlung des Jodatrestes die Bestimmung bei Gegenwart von Bromid durchfuhren konnen, wilhrend bei Verwendung von Schwefelsaure und Essigsiiure, iibereinstimmend mit unseren Angaben, Bromid storen SOU. Wir haben seinerzeit auch mit verschiedenen anderen organischen Stiuren (auler Essigsiture) Versuche durchgefiihrt und z. B. mit Weinsaure und Mellitsaure, bei Jodid allein, quantitative Resultate erhalten.

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660 BQ das Jodat in unveranderter Menge im Ruckstand fest geste1lt.l)

Sol1 J o d i d n e b e n B r o m i d u n d Chlor id bestimmt werden, so kann nach dem Gesagten nur das bei gewohnlicher Temperatur anzuwendende Ausschuttelungsverfahren angewendet werden.

Betreffs der Einzelheiten der von MARGOSCHES und mir aus- gearbeiteten Methoden und der erzielbaren Genauigkeit mu13 auf die angegebenen Veroffentlichungen, die den Herren GORBATSCHEFF und KASSATKINA vielleicht nicht bekannt gewesen sind, verwiesen werden.

l) Dies wurde spatiter auch durch Versuche von R. STREBINGER, Z. analyt. Chem. 58 (1919), 96, bestatigt und er konnte auf der Anwendung eines Ge- misches von Kaliumjodat und konzentrierter Schwefelsaure ein Verfahren zur Bestimmung des Sauerstoffgehaltes organischer Substanzen basieren. Spater haben dann auch R. STREBINGER u. J. WOLFRAM, Ost. Chem. Ztg. 26 (1923), 156, in gleicher Weise eine Methode zur Bestimmung von Weinsaure, K. STREBINGER u. J. STREIT, Z. anal. Chem. 64 (1924), 136, zur Bestimmung von Glyzerin aus- gearbeitet .

Prag, Deutsche Technische Hochschule, im September 1930.

Bei der Redaktion eingegangen am 26. September 1930.


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