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DIE ECHTE WIRTSCHAFT

NovEmbER 2016 I AuSgAbE 23

gLobALE AuSgAbE

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THOUGHT LEADERS

Unsere Thought Leaders („Vordenker“) sind erfahrene Profis mit jahrelanger Erfahrung auf ihrem Gebiet, die versuchen, Sie und Ihr Unternehmen zum Erfolg zu führen. Thought Leader, die zu dieser Ausgabe beigetragen haben:

• Joe Brusuelas, Chief Economist, RSM US LLP

• Aidan Byrne, Tax Partner, RSM Ireland

• Howard Freedman, Partner, RSM UK

• Alistair Hynd, Partner, RSM UK

• Charlie Jolly, Partner, RSM UK

• Andy Murray, Partner, RSM UK

• Mike Thornton, National Head of Manufacturing, RSM UK

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diese Veröffentlichung spiegelt die meinungen der Autoren wider und nicht notwendigerweise die meinungen von rsm. diese Veröffentlichung stellt keine professionelle Beratung dar.

Warum die TPP wichtig ist Die Transpazifische Partnerschaft wäre ein starker Impuls für weltweit tätige mittelständische Unternehmen 4

brexit: Die bisherige Entwicklung 9

Wie der Brexit den Infrastruktur-Sektor beeinflusst 10

Großbritanniens Hersteller erwarten unsichere Zeiten, doch auch einmalige Chancen 11

Die Immobilienbranche hat den Brexit-Schock noch nicht verdaut 12

Das schwache britische Pfund bietet selektive Möglichkeiten für Beteiligungsgesellschaften 13

Irlands Haushalt 2017 bereitet multinationalen Unternehmen Kopfschmerzen 14

iNHALTsVerZeiCHNis

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In den letzten Jahren ließ sich in Ansätzen eine trotzdem wichtige Neuentwicklung bei Freihandelsabkommen beobachten: Zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkrieges fanden nämlich im multilateralen Zeitalter die Interessen der mittelständischen, weltweit tätigen Unternehmen Berücksichtigung. Dieses lässt sich ablesen an der Vorrangstellung, die diese mittlerweile bei der Entwicklung, Ausführung und Aufsicht von Freihandelsabkommen einnehmen.

Die Transpazifische Partnerschaft (TPP) stützt sich auf eine bereits in einem früheren Freihandelsabkommen zwischen den USA und Korea verankerte Neuerung. Konzipiert, um kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) mehr Raum zu geben, soll sie diesen Zugang in das Handelsabkommen zwischen zwölf Ländern verschaffen, die 37 % bzw. 2,74 Billionen USD des globalen Handels ausmachen.

Die TPP 12

• Australien

• Brunei

• Kanada

• Chile

• Japan

• Malaysia

• Mexiko

• Neuseeland

• Peru

• Singapur

• Vietnam

• Vereinigte Staaten

Der Wegfall von ca. 18.000 Steuern, die dem Handel zwischen den zwölf Volkswirtschaften zwischengeschaltet waren, ist nur ein Baustein dieses großen Durchbruchs. Global tätigen mittelständischen Unternehmen soll die TPP eine Perspektive für eine Ausweitung ihrer Operationen außerhalb der traditionellen Absatzmärkte, somit auch in neue Märkte, schaffen.

Wirft man einen Blick auf die großen Volkswirtschaften, wie die Vereinigten Staaten, in denen etwa 98 % der exportierenden Unternehmen aus kleinen und mittelständischen Betrieben bestehen, offenbaren sich die signifikanten Chancen, die hier liegen. Zwar exportieren die größeren Unternehmen rein quantitativ immer noch die meisten Güter, wie in der globalen Wirtschaft üblich, doch gibt es nun eine realistische Gewähr, dieses zu ändern.

Große Unternehmen werden naturgemäß immer einen Größenvorteil haben. Sie können Transportkosten auffangen, Handelsfinanzierungen realisieren und Hürden bei der Zollabwicklung beseitigen. Doch die Ausschaltung von tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen und die damit verbundenen Handelserleichterungen stimulieren den Export nicht nur für große, sondern gleichermaßen auch für kleine und mittlere Unternehmen. Während letztere dank der in der TPP implementierten Neuerungen vom Wachstum sowie von den niedrigeren Teilnahmekosten profitieren, können größere Unternehmen über den Umsatz wachsen. Mit anderen Worten: Was zählt, ist nicht die Verteilung von Wachstumsvorteilen, sondern vielmehr die Aussicht, das gesamte Handelsvolumen zu erhöhen.

Die ökonomischen Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen gleichwie des freien Handels liegen auf der Hand. Umfragen bei kleinen und mittleren Unternehmen, die vom International Trade Centre durchgeführt wurden, ergaben, dass für diese Betriebe folgende Kriterien wichtig sind: Zum einen der Zugriff auf Informationen über Exportchancen, darüber hinaus die Beseitigung von nichttarifären Handelshemmnissen, die beispielsweise in sanitären und technischen Standards liegen, oder auch die Reduzierung bürokratischer Grenzformalitäten. Zum anderen auch die Einführung von Liefersystemen für internationale Kunden und die Etablierung einer Netzwerkinfrastruktur für Daten. Nicht zuletzt stehen Fragen der Kommunikationstechnologie, Elektrizität und Wasserversorgung auf der Handelsagenda.

FAkTEN zu mITTELSTäNDISCHEN uNTERNEHmENDie TPP ist für global tätige mittelständische Unternehmen aufgrund der Vereinfachung der Zollabfertigung und der Förderung von elektronischem Handel in großen und kleinen Volkswirtschaften besonders attraktiv.

von Joe Brusuelas, Chief Economist, RSM US LLP

WARum DIE TPP WICHTIg IST die TrANspAZifisCHe pArTNersCHAfT wäre eiN sTArker impULs für weLTweiT TäTiGe miTTeLsTäNdisCHe UNTerNeHmeN

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Kürzlich hat das Petersen Institute for International Economics auf Basis der über zehn Jahre lang von der US-Volkszählungsbehörde gesammelten Daten zur Warenausfuhr in 25 ausländische Märkte eine differenzierte Untersuchung anhand eines Gravitationsmodells durchgeführt, um zu untersuchen, wie die Exportbilanz der KMU auf Handelskosten reagiert. Das Ergebnis ist ziemlich eindeutig: Marktrelevante Handelshemmnisse schrecken KMUs genauso wenig ab wie große Unternehmen, der Abbau von tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen führt zu einem Exportanstieg sowohl bei großen als auch kleinen Betrieben. Darüber hinaus generiert das Abkommen selbst durch die in ihm enthaltenen Möglichkeiten die realistische Option einer Expansion von mittelständischen Märkten auf globaler Basis, wenn die mikroökonomischen Ursachen der Handelshemmnisse in Hinsicht auf einen erwünschten verstärkten Handel in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt werden.

Die Haupthindernisse, die sich einem Markteintritt entgegenstellen, sind fixe und variable Kosten, die einen mikroökonomischen Ursprung haben. Diese werden in der TPP direkt angegangen, indem jedes Land dazu verpflichtet wird, eine Internetseite einzurichten, auf der KMUs maßgeschneiderte Informationen finden, um sich zu 100 % in die TPP einbringen zu können. Das Abkommen soll hohe variable Kosten senken, die häufig mittelständische Unternehmen unverhältnismäßig belasten können. Diese hohen variablen Kosten entstehen aufgrund von komplexen Formalitäten, fehlender Transparenz bei Regulierungsprozessen, korrupter Zollverwaltung sowie Einschränkungen bei Datenflüssen und Logistik.

Die TPP thematisiert also insbesondere Probleme bezüglich fixer und variabler Kosten, die den Handel eindämmen. Außerdem ruft sie einen permanenten TPP-KMU-Ausschuss ein, der sich regelmäßig trifft, um das Engagement von kleinen und mittelständischen Unternehmen innerhalb des Abkommens zu prüfen, und um den KMUs etwaige Optionen zur Vorteilserweiterung zu empfehlen. Zu den weiteren Aufgaben des Ausschusses gehören Exportberatung, Handelsförderung und Informationsaustausch.

Einige Kritiker lehnen dieses Szenario als bloße Theorie ab. Es gibt jedoch ein erfolgreiches Beispiel für eine solche Herangehensweise: das Freihandelsabkommen zwischen den USA und Korea. Dieses Abkommen, das am 15. März 2012 rechtskräftig wurde, gestaltete sich von Anfang an als ein

Erfolg für beide Länder sowie die KMUs, die darin operieren. Der koreanische Export stieg insgesamt um 4 %, und die Anzahl der koreanischen Zolltarifpositionen, die einen zollfreien Export für die Vereinigten Staaten garantieren, wuchs bereits am ersten Tag nach Inkrafttreten von 13 % auf 80 %.

Bis Ende 2013 konnten die US-amerikanischen KMUs einen sofortigen Umsatzanstieg verzeichnen, auch wenn einige lamentierten, dass die Handelsgewinne aufgrund der langen Realisierungszeit schleppend anliefen. Obwohl der Handelsanstieg von 25,5 % hauptsächlich den Getränke- und Tabakherstellern zuzuschreiben war, meldeten Hersteller von Leder- und verwandten Produkten eine Erhöhung von 10,8 %. Der Export in der Textilbranche stieg um 3,9 %, und in der Transport- und Anlagebaubranche konnte man sich um 3,5 % verbessern. Im lukrativen Servicesektor stieg der KMU-Handel um 8,4 % bzw. 13,3 Mrd. USD, verglichen mit demselben Zeitraum zwei Jahre zuvor. Die Nutzungs- und Lizenzhonorare schossen auf 23,4 %. Der Reisemarkt verzeichnete einen 10-prozentigen Anstieg. Umso beeindruckender ist es, dass diese Zahlen während eines sonst schwachen regionalen Wirtschaftswachstums zu beobachten waren.

Leider herrscht heute, insbesondere in den Industrieländern, ein falsches Verständnis vom freien Handel und freiem Kapitalverkehr. Es ist ein verbreiteter Mythos, dass der freie Verkehr von Gütern und Kapital für den Stellenabbau in der Produktion und anderen Wirtschaftszweigen verantwortlich ist. Dies entspricht jedoch nicht der Wahrheit. In den Vereinigten Staaten beispielsweise liegt die Hauptursache für Stellenstreichungen bei den sich verändernden Wettbewerbsvorteilen innerhalb der Volkswirtschaft, und zwar in der rasanten Integration der Technik in den Produktionsprozess, nicht jedoch im freien Handel und freiem Kapitalverkehr. Sollte die TPP nicht eingeführt werden, entgehen dem globalen Mittelstand also erhebliche Chancen.

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Getränke- und tabakhersteller hersteller von leder- und verwandten Produkten

textilbranche transPortGerätebau

nutzunGs- und lizenzhonorare reisemarkt

25,5 %10,8 %

3,9 %3,5 %

23,4 %10 %

ELEkTRoNIk

18.000 zoLLgEbüHREN AbgESCHAFFT

uS-ExPoRT IN DIE TPP-LäNDER

639 mRD. uSD

tPP mit Fokus auF kleine und mittlere unternehmen WIE TPP kmus unterstützt • 98 % der exPorteure sind kmu-unternehmen

• Nur 4 % der us-amerikanischen kmu-unternehmen exPortiert in Globale märkte

• Kmus machen 34 % der ausFuhren von waren und dienstleistunGen aus

• KMus machen ca. 40 % aller exPort-Gestützten arbeitsstellen in den usa aus

• 73 % durch direkte exPorte Generierte kmu-umsätze, verGlichen mit 85 % der ausländischen unternehmen, die über tochterGesellschaFten verkauFen

QUeLLe: AmT des Us-HANdeLsBeAUfTrAGTeN

FHAs, kmus uND ExPoRTE IN DIE uSA: bEWEIS

uS-AmERIkANISCHE kmu-ExPoRTE NACH koREA

wie Freihandelsabkommen den mittelstand unterstützen

Freihandelsabkommen Usa Und korea: das erste Für kmUs

DIE koREANISCHEN kmu-ExPoRTE IN DIE uSA STIEgEN um 4 %

FAHRzEug-TEILE

TPP-mITgLIEDSSTAATEN

QUeLLe: rsm, BLOOmBerG

% des Globalen biP

% des Globalen handels

% des Globalen exPorts

37 %24 %28 %

TPP-gEWINNERLANDWIRTSCHAFT uND

bERgbAuHERSTELLuNg

kuRzLEbIgER PRoDukTEHERSTELLuNg

LANgLEbIgER PRoDukTENICHT-gEHANDELTE DIENSTLEISTuNgEN

gEHANDELTE DIENSTLEISTuNgEN

QUeLLe: Us-BeHörde für deN AUsseNHANdeL

3,519 mRD.gESAmT-

bEvöLkERuNg

mASCHINEN

beispiel mittelstand CRAzy mouNTAIN bRAuEREI ExportiErt in diE 7 tpp-MitgliEdsstaatEn exPortGebühr vor tPP: 35 % ExPoRTgEbüHR NACH TPP: 0 %QUeLLe: AmT des Us-HANdeLsBeAUfTrAGTeN

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AuSWIRkuNgEN AuF DAS REALEINkommEN gESCHäTzTE äNDERuNg IN % zum AuSgANgSWERT 2020 2025 2030AuSTRALIEN 0 0,4 0,6bRuNEI 1,1 3,3 5,9kANADA 0,4 0,9 1,3CHILE 0,1 0,5 0,9JAPAN 0,9 1,9 2,5mALAySIA 1,6 5 7,6mExIko 0,2 0,6 1NEuSEELAND 0,5 1,5 2,2PERu 0,4 0,6 1SINgAPuR 0,5 1,9 3,9vIETNAm 2,3 5,8 8,1uSA 0,1 0,4 0,5

QUeLLe: peTri & pLUmmer

gESAmTER WARENHANDEL mIT TPP-mITgLIEDSSTAATEN (mrd. usd)

AuSTRALIEN 156 bRuNEI 8 kANADA 686 CHILE 46 JAPAN 421 mALAySIA 170 mExIko 575 NEuSEELAND 35 PERu 28 SINgAPuR 235 vIETNAm 92QUeLLe: AmT des Us-HANdeLsBeAUfTrAGTeN

WIE DIE TPP

DIE WELT bEEINFLuSST

auswirkunGen auF das realeinkommen: Geschätzte änderunG in % zum ausGanGswert

WELT Nord- UND LATEINAMERIKA ASIEN EUROPäISCHE UNION CHINA RUSSLAND QUeLLe: peTri & pLUmmer

2020 2025 2030 0,1 0,3 0,4 0,2 0,5 0,7 0,2 0,4 0,4 0,1 0,2 0,2 0 0 -0,1 0 0 0,1

HANDELS- uND INvESTmENTFoLgEN IN DER TPPHANDELS- uND INvESTmENTFoLgEN DER TPP IN DER WELTWIRTSCHAFT

WELT 3,1 0,8 0,8NoRD- uND LATEINAmERIkA 8,2 2,7 1,4ASIEN 4,2 1,4 1,5EuRoPäISCHE uNIoN 0,5 0,2 0,6CHINA 0,2 0,2 0,4RuSSLAND 0,5 0,1 0,2QUeLLe: peTri & pLUmmer

di-zuFlüsse

2030

di-abFlüsse

2030

exPorte 2030 AuSTRALIEN 4,9 0,9 3

bRuNEI 9 11,3 3,3kANADA 7 7,2 1,2CHILE 5,3 0 1,7JAPAN 23,2 29,8 4mALAySIA 20,1 17,2 7mExIko 4,7 1,1 0,6NEuSEELAND 10,2 1,4 3,2PERu 10,3 5,8 3,9SINgAPuR 7,5 1,8 2vIETNAm 30,1 14,4 7,2uSA 9,1 1,9 1,5QUeLLe: peTri & pLUmmer

di-zuFlüsse

2030

di-abFlüsse

2030

exPorte 2030

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DIENSTLEISTuNgSANTEIL DER uS-kmuS Am ExPoRT uND umSATz (gESAmT) NACH bRANCHE

WIRTSCHAFTSINDIkAToREN DER TRANSPAzIFISCHEN PARTNERSCHAFT

HANDELbARE DIENSTLEISTuNgEN transPort- und laGerwesen 66 k. a. k. a. 246 35 hotellerie und Gastronomie 119 k. a. k. a. 328 54 inFormationsdienste 101 22 22 175 17 FinanzierunG und versicherunG 72 27 38 683 18 ProFessionelle, wissenschaFtliche und

technische dienste 60 28 50 788 58 kunst, unterhaltunG und Freizeit 16 k. a. k. a. 120 61 NICHT-HANDELbARE DIENSTLEISTuNgEN immobilien, mieten/leasinG 7,1 3,4 47 274 59 verwaltunG, unterstützende dienstleistunGen

und abFallwirtschaFt 2,5 1,6 63 296 46 sonstiGe dienstleistunGen ohne öFFentliche

verwaltunG 10 6,2 62 481 83gESAmTER SERvICESEkToR 488 186 38 7.447 41QUeLLe: rsm, U.s. BeA, Us-AmerikANisCHe VOLksZäHLUNGsBeHörde

mitGliedsstaat biP (mrd usd) un hdi

Gesamter warenhandel mit tPP-

mitGliedsstaaten (mrd. usd)

tPP in % des Gesamthandels

uS- uND kmu-ExPoRTE uND umSäTzE gESAmT

LANDWIRTSCHAFT 4,4 2,7 61 33 27 84bERgbAu 48 4,3 9 556 127 23PRoDukTIoN 838 151 18 5.730 1.331 23DIENSTLEISTuNgEN 632 240 38 18.622 7.279 39gESAmT 2.014 691 34 32.638 11.817 36

dATeN Bis eNde 2012 QUeLLe: rsm, Us-ANALyseAmT, VOLksZäHLUNGsBeHörde

us-exPorte (mrd. usd)

kmu-exPorte (mrd. usd)

% (branche)

us-umsätze (mrd. usd)

kmu-umsätze (mrd. usd)

% (branche)

dienstleistunGssektor

us- exPorte (Gesamt)

(mrd. usd)

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(mrd. usd)

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exPorte (%)

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(mrd. usd)

kmu-anteil des us-

umsatzes (%)

AuSTRALIEN 1.224 0,935 156 33bRuNEI 12 0,856 8 58kANADA 1.552 0,913 686 74CHILE 240 0,832 46 31JAPAN 4.123 0,891 421 28mALAySIA 296 0,779 170 38mExIko 1.144 0,756 575 72NEuSEELAND 172 0,913 35 42PERu 192 0,734 28 34SINgAPuR 293 0,912 235 30vIETNAm 191 0,666 92 31vEREINIgTE STAATEN 17.947 0,915 1.626 40

dATeN Bis eNde 2014 QUeLLe: rsm, imf, UN

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Der kurze Höhenflug in den Märkten und Volkswirtschaften nach dem Brexit-Volksentscheid ist zu Ende. Die durch den Tourismus und das Konsumverhalten der Briten angekurbelte Wirtschaft wird sich aus Angst vor drohenden Preiserhöhungen angesichts der beinahe 20-prozentigen Abwertung des britischen Pfunds in den kommenden Monaten voraussichtlich abschwächen, wenn der Brexit, wie vermutet, sein „hartes Gesicht“ zeigt. Mit einem in den nächsten Monaten erwarteten Inflationsanstieg werden die Last der Anpassung wohl direkt die britischen Privathaushalte zu tragen haben, wenn die Unternehmen beginnen, die steigenden Kosten auf den Verbraucher abzuwälzen.

Am 3. November hat eine Schiedskommission in Großbritannien entschieden, dass die Regierung um Premierministerin Theresa May für jede Entscheidung, die das EU-Austrittsverfahren nach Artikel 50 auslöst, die Zustimmung des Parlaments benötigt. May hatte zuvor angegeben, dass ihre Regierung das Verfahren gemäß Artikel 50 bis Ende des ersten Quartals 2017 einleiten wird. Während dies nichts am Grundszenario für einen Austritt aus der EU ändert, so wird es jedoch die Unsicherheiten in nächster Zeit schüren und die Verhandlungsdauer verlängern. Unabhängig davon wird der Brexit dazu führen, dass sich Unternehmen gezwungen sehen, schwere Entscheidungen bezüglich Personal und Investitionen zu treffen. Die zunehmende

Wahrscheinlichkeit, dass Großbritannien auf den Zugang in den europäischen Binnenmarkt verzichten wird, stellt für die Inlandswirtschaft eine eigene Herausforderung dar.

Häufig hört man, dass Unsicherheiten die Wirtschaft ausbremsen. Zweifelsohne hat der Brexit weitreichende Folgen, deren Nachhall auf jedem Sektor zu spüren sein wird. Verständlicherweise fühlen sich viele in der Geschäftswelt beunruhigt.

Veränderungen lösen unbestritten Verunsicherungen aus, was jedoch in der Weltwirtschaft nichts neues ist. Alleine in den letzten zehn Jahren musste die Weltwirtschaft eine Finanzkrise, steigende und kollabierende Öl- und Rohstoffpreise, Instabilitäten der chinesischen Wirtschaft, die Nahostkrise sowie Belastungen in der Eurozone ertragen.

Großbritannien bleiben mindestens zwei Jahre Zeit, den Austritt aus der EU zu verhandeln. Während dieses Zeitraums wird sich die politische und wirtschaftliche Beziehung Großbritanniens zu dem Rest der Welt fundamental ändern.

Bis dahin müssen wir uns fragen, wie der Brexit bestimmte Schlüsselbereiche der Wirtschaft umgestaltet, insbesondere Infrastruktur, Produktion, Immobilien- und Kapitalbeteiligungsmarkt.

bRExIT: DIE BISHERIGE ENTWICKLUNG

BrexiT sTeHT für HerAUsfOrderUNGeN UNd CHANCeN für deN miTTeLsTANd

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Wenn wir uns schon jetzt auf das potenzielle Szenario, das der Brexit mit sich bringen wird, vorbereiten, dann können wir im Ernstfall reagieren und uns anpassen. Die nachfolgenden Fragen helfen uns, die Gespräche für diese Szenarioplanung zu führen.

Müssen Sie das Amtsblatt der Europäischen Union (ABI) befolgen, wenn Ihre Beschaffungsstrategie für Aufträge gilt, die nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU erteilt werden?Sinnvollerweise ist anzunehmen, dass die Anforderungen des ABI bzw. dessen äquivalent auch nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU rechtskräftig sind, da die Handelsgespräche wahrscheinlich weiterhin dazu führen werden, dass alle EU-Mitgliedsstaaten weiterhin Zugang zu Regierungsaufträgen haben werden. Es schadet jedoch nicht, dies als Wagnis einzustufen, ob als Chance oder Risiko. Im Augenblick gilt es zu beobachten, wie wahrscheinlich ein Eintreffen ist bzw. wann sich dies ändern könnte.

Inwiefern beeinflusst der Brexit die Machbarkeit des Business Case?Jeder Aspekt des 5-Prinzipien-Modells wird vermutlich vom Brexit betroffen sein und sollte erneut aufgegriffen werden, um zu sehen, ob irgendwelche Vermutungen die Realisierbarkeit des Systems insgesamt beeinflussen. Einige Aspekte haben u. U. einen negativen Effekt (z. B Inflation des Angebotspreises aufgrund von Währungskursen), andere wiederum eine positive Auswirkung (z. B. niedrigere Zinsen und Betriebskosten). Bei verbleibenden Ungewissheiten sollte die mit jedem Business Case verbundene Risikobewertung erneut aufgegriffen werden.

Die Regierung hat versprochen, ganze Struktur- und Investmentprojekte mit Fördermitteln der Europäischen Kommission zu gestalten. Wie wird dies in der Praxis umgesetzt werden?Zum jetzigen Zeitpunkt kann man dies noch nicht wissen. Unsere Arbeitshypothese besagt, dass vor der Stellungnahme im Herbst Kapital für vereinbarte Projekte zur Verfügung gestellt wird, um diese durchführen zu können. Weniger eindeutig ist, ob diese Finanzierung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt wie ursprünglich vereinbart. Für einzelne Begünstigte könnte dies sowohl eine Chance als auch ein Risiko bedeuten. Wir gehen davon aus, dass nähere Einzelheiten zu gegebener Zeit mitgeteilt werden. Erwähnenswert scheint, dass die besagten Mittel primär den Agrarsektor und den Hochschulbereich betreffen. Ein signifikanter Anteil der strukturellen Ausgaben wird für den Ausbau

von Infrastruktur und Transportwegen in ärmeren Regionen verwendet. Dieses Versprechen senkt jedoch offensichtlich nicht die Unsicherheiten bezüglich anderer Programme.

Wie hat sich der Brexit auf das Investoreninteresse an britischen Infrastrukturvermögenswerten ausgewirkt?Dies ist ein weiteres komplexes Thema, jedoch bleiben bestimmte Grundlagen unverändert: Großbritannien ist eine stabile und gut entwickelte Volkswirtschaft mit einem attraktiven Geschäftsumfeld und einer wettbewerbsfähigen Körperschaftssteuerregelung. Wir haben einen nationalen Infrastrukturplan und ein solides Programm von geplanten 438 Mrd. GBP für Investitionen in die Infrastruktur. Selbst unter Berücksichtigung von Unsicherheiten und Spekulationen um Großprojekte, wie beispielsweise Hinkley und spätere Phasen unseres Transportprogramms, bedeutet dies sicherlich eine große und attraktive Chance für die internationale Infrastruktur-Investorengemeinschaft. Zwangsläufig müssen wir jedoch mit kurzfristigen Problemen für bestimmte Anlagen rechnen, die mit Wechselkursschwankungen und Vermögensallokationen in Verbindung stehen.

Welchen Einfluss hat der Brexit auf den National Infrastructure Delivery Plan?Wir gehen davon aus, dass der National Infrastructure Delivery Plan (NIDP) in naher Zukunft davon größtenteils unberührt bleibt, jedoch kann es aufgrund von durch den Brexit ausgelöster Verwirrungen und kurzfristiger Unsicherheiten zu Verzögerungen bei einigen Projekten kommen. Die langfristigen Folgen auf den NIDP sind weniger eindeutig. Wir sind jedoch der Meinung, dass alle änderungen eher von kosmetischer als von substantieller Natur sind, was auf das geänderte politische Gefüge durch die neue Regierungsspitze zurückzuführen ist und nicht direkt dem Brexit zugeschrieben werden kann. Unser Interesse gilt vor allem Northern Powerhouse, einem vorwiegend vom ehemaligen Schatzkanzler, George Osborne, initiierten Projekt. Insgesamt glauben wir, dass die Regierung ihre Strategie fortsetzen und

INFRASTRukTuRWie der brexit den Infrastruktur-Sektor beeinflusstvon Andy Murray, Partner, RSM UK, und Alistair Hynd, Partner, RSM UK

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Infrastrukturinvestitionen, wie bereits angekündigt, als Anreiz nutzen wird.

Offensichtlich kann man aus dem Brexit-Volksentscheid schließen, dass die britischen Hersteller nun einer Zeit der Unsicherheit entgegensehen. Niemand weiß, wie lange diese dunkle Wolke über dem Land hängen wird, und für Unternehmensleiter bedeuten Unsicherheiten jedenfalls ein Risiko. Unternehmen müssen noch wachsamer sein, und dies stellt für den Mittelstand eine große Herausforderung dar, wo Ressourcen normalerweise streng kontrolliert und Risikomanagementprozesse informell sind.

Kurzfristig müssen wir mit Volatilitäten rechnen. Dies wurde deutlich, als das britische Pfund gegenüber dem Dollar sofort eingebrochen ist und den tiefsten Stand seit 30 Jahren erlebte. Die Fremdwährung ist die naheliegendste Belastung für Rohstoffe, was sich auf Barmittel und Gewinne signifikant auswirken kann. Es gibt für wachsame Unternehmen evtl. Möglichkeiten, sich Vorzugssätze kurz- bis mittelfristig zu sichern.

Natürlich werden die änderungen der internationalen Handelsvereinbarungen tiefgreifend sein. Wir gehen

davon aus, dass alle Hersteller die Auswirkungen zu spüren bekommen, sei es beim Warenexport nach Übersee oder beim Kauf von Kapitalgütern vom europäischen Festland. Selbstverständlich wird sich über Nacht kaum etwas ändern. Zollabgaben, -gebühren und die MwSt. müssen voraussichtlich jedoch neu verhandelt werden, was sich wiederum auf die Gewinnmarge, den Cashflow und die Belastbarkeit der Lieferkette auswirken wird.

Viele Hersteller haben von der Freizügigkeit von Arbeitnehmern innerhalb der EU profitiert. Die Geisteshaltung und Flexibilität von zugewanderten Arbeitskräften hat den saisonalen Arbeitsmarkt von Gelegenheitsarbeitern effektiv bereichert. Deshalb ist es notwendig, dass die Einreisebestimmungen flexibel genug bleiben, damit die wirtschaftliche Expansion nicht durch einen Mangel an Arbeitskräften behindert wird.

Den Sektor erwarten jedoch auch einmalige Chancen. Der Brexit bringt den Vorteil, dass Großbritannien sich nicht mehr an Beihilfevorschriften halten muss, d. h. dass die Regierung einen Finanzierungsmechanismus einführen kann, der die aktuellen strukturellen Probleme rund um die Finanzierung der Innovationspolitik an den Wurzeln packt. Außerdem wird die Regierung einen Spielraum haben, um

eine attraktive Steuerpolitik zu entwickeln, die die Attraktivität Großbritanniens für internationale Unternehmen behält und darauf aufbaut.

Vor allem müssen wir jetzt die Bedeutung des Herstellungssektors für den langfristigen Wirtschaftserfolg Großbritanniens anerkennen. Wir sollten nicht vergessen, dass der Herstellungssektor über 50 % aller Exporte und ca. 70 % aller Unternehmensinnovationen generiert. Er hat das Potenzial, der Motor zur Sicherung eines langfristigen Wohlstands in Großbritannien zu werden.

PRoDukTIoNgroßbritanniens Hersteller erwarten unsichere zeiten, doch auch einmalige Chancenvon Mike Thornton, National Head of Manufacturing, RSM UK

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Wenige Minuten nach Bekanntgabe der Ergebnisse des Referendums begann der Kurs der an der Londoner Börse notierten Immobiliengesellschaften einzubrechen. Während die unmittelbare Auswirkung der Entscheidung über den Austritt Großbritanniens aus der EU absehbar war, ist es schwieriger, die potenziellen Folgen langfristig einzuschätzen.

Insgesamt gesehen ist es wahrscheinlich, dass die Innenstadt Londons am meisten betroffen sein wird, da die Unternehmen des Finanzdienstleistungssektors ihre Position überdenken müssen. Einem jüngsten Pressebericht zufolge sollen ca. 10 Millionen qm Büroflächen im Finanzsektor bis 2021 einer Auflösungsklausel oder Mietkündigung zum Opfer fallen. Einige dieser Flächen sind derzeit einem Risiko ausgesetzt.

In den vergangenen Monaten stellten einige Bauträger ihre Arbeit für Projekte ein, um das Ergebnis des Referendums abzuwarten. Nach dem Brexit ist es wahrscheinlich, dass sich viele Bauträger landesweit erneut ihren Projektvorhaben zuwenden und die Tragfähigkeit neu bewerten werden.

Die Anzahl der Transaktionen am Immobilienmarkt ging bereits vor dem Referendum zurück. Es wurde allgemein erwartet, dass aufgrund des Interesses institutioneller Anleger für den britischen Immobilienmarkt die Nachfrage steigt, sobald die Ergebnisse bekannt geworden sind. Die durch den schockierenden Entscheid über den Austritt aus der EU ausgelösten Unsicherheiten führen vermutlich zu einer relativen Abkühlung der Nachfrage von institutionellen Anlegern. Darin könnten Privatanleger die Chance wittern, renditeträchtige Vermögenswerte zu einem günstigen Preis zu erwerben.

Der Kurseinbruch des britischen Pfund wird zweifelsohne negative Konsequenzen für den Sektor haben. Einige der unmittelbaren Schattenseiten könnten sich jedoch langfristig ausgleichen, da das schwache Pfund das Interesse von internationalen Anlegern an britischen Immobilien ankurbeln könnte.

Vier Monate nach der Brexit-Entscheidung haben sich die Aktienkurse von börsennotierten Immobiliengesellschaften wieder erholt, konnten aber nicht mehr an das Niveau vor dem Brexit anknüpfen. Die optimistische Stimmung gegenüber Immobilien ist allgemein zurückgekehrt, wobei Investoren vermehrt ihren Fokus auf die Grundsätze der Immobilieninvestition richten, z. B. Lage, Objektart und Qualität der Mieter. Der Büromarkt der Londoner Innenstadt bereitet nach wie vor Kopfschmerzen, doch die Kauflaune internationaler Anleger bleibt ungetrübt, was teilweise auf den Preisverfall durch das abgewertete Pfund zurückzuführen ist. Solange wir die Entwicklung des Brexit nicht kennen, bleibt die Zukunft des Immobilienmarkts etwas ungewiss. Angesichts der Alternativen gibt es jedoch keine Zweifel, dass die Investition in Eigentum langfristig weiterhin positiv gesehen wird.

Der Kapitalbeteiligungsmarkt (PE) in Großbritannien ist in den vergangenen Jahren gewachsen, indem internationale Kapitalanleger gewonnen wurden, um die Expansion

ImmobILIENDie Immobilienbranche hat den brexit-Schock noch nicht verdaut von Howard Freedman, Partner, RSM UK

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britischer - und in Europa ansässiger Unternehmen - zu unterstützen. Die Entscheidung für den Austritt aus der EU und die Unsicherheiten, wie dies erreicht wird, bedeuten sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance.

Die Grundlagen des PE-Modells basieren auf langfristige Investitionen in Unternehmen, um sie durch unruhige Zeiten zu führen, ohne den Druck, die Ergebnisse regelmäßig offenlegen zu müssen. Dieses Investitionskapital ist nun genauso erforderlich wie vor dem Referendum. Die Grundannahme, dass langfristige, transformierende Investitionen eine effektive Methode sind, um den institutionellen Anlegern über dem Marktdurchschnitt liegende Erträge zu garantieren, ist aktueller denn je, und Manager, Märkte und Aufsichtsbehörden werden dies beibehalten.

In letzter Zeit waren Beteiligungsgesellschaften Opfer ihres eigenen Erfolgs. Man hat große Investitionssummen aufbringen können, aber in Folge dessen ist der Wettbewerb zum Erwerb robuster und dynamischer Betriebe gestiegen, was zu Wertansätzen geführt hat, die auf ein anscheinend untragbares Niveau empor schnellten. Die Auswirkung des Brexit und die damit verbundenen Unsicherheiten machen eine Korrektur der Wertansätze unbedingt notwendig. Kapitalbeteiligungsfonds, die kürzlich Kapital beschafft haben, werden zweifelsohne diese Chance nutzen wollen. Für alle, die das komplexe Verfahren zur Kapitalneubeschaffung verfolgen, ist es wahrscheinlich, dass viele unerfahrene internationale Anleger in den kommenden Monaten erst einmal abwarten, anstatt für die nächsten zehn Jahre Kapital in britische Kapitalbeteiligungsfonds zu stecken. Erfahrene Anleger, die durch die Zyklen investieren, werden u. U. vom schwachen Pfund profitieren wollen und bei einem potenziell niedrigen Kurs einsteigen.

Wie andere Anlageformen auch, können Kapitalbeteiligungsfonds während unsicherer Zeiten sehr effektiv sein. Große grenzübergreifende Transaktionen

werden vermutlich in nächster Zeit am meisten betroffen sein, da sie generell von der Unterstützung durch Banken abhängig sind, die auch ausbleiben kann. Einige inhabergeführte Unternehmen werden sich bei niedrigen Wertansätzen gegen eine Kapitalbeschaffung entscheiden. Diejenigen, die aus reiner Notwendigkeit in den Markt einsteigen, werden die gegründeten Firmen als sehr offen für Geschäfte erleben. Während sich der Markt wieder normalisieren muss, bleiben die opportunistischen und erfahrensten Fonds so aktiv wie immer.

bETEILIguNgSgESELLSCHAFTENDas schwache britische Pfund bietet selektive möglichkeiten für beteiligungsgesellschaften von Charlie Jolly, Partner, RSM UK

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Irlands Finanzminister, Michael Noonan, hat erneut das Versprechen der Regierung bekräftigt, den irischen Kapitalertragssteuersatz bei 12,5 % zu belassen. Mittlerweile wiederholt sich dies alljährlich, und Vertreter aus allen politischen Lagern unterstützen weitgehendst diese Strategie. Noonan erwähnte außerdem, dass keiner, und in diesem Fall könnte man meinen, dass er damit andere EU-Mitgliedsstaaten meint, den Steuersatz ändern wolle.

Im Zuge seines Kommentars zur 12,5-prozentigen Kapitalertragssteuer hat Noonan darauf hingewiesen, dass sie ein wichtiger Eckpfeiler von Irlands ausländischer Direktinvestitionspolitik (FDI) im Zusammenhang mit den bevorstehenden Brexit-Verhandlungen sei. Unternehmen, die in Großbritannien operieren und aktuell den EU-Markt beliefern, benötigen im Allgemeinen eine Strategie, um in der EU zu bleiben und gleichzeitig nicht die anhaltende Bedeutung des britischen Marktes zu ignorieren. Der irisch-britische Ansatz ist ein Modell, das kürzlich signifikant an Zugkraft gewonnen hat.

Irlands internationale Steuerstrategie

Wie oben erwähnt, nutzte Noonan die Haushaltserklärung als Gelegenheit, eine Aktualisierung von Irlands „internationaler Steuerstrategie“ zu veröffentlichen. Natürlich will man die proaktive Rolle Irlands zeigen, um die BEPS-Initiativen zu fördern und die vermiedene EU-Reform auszuweiten. Irland hat im vergangenen Jahr zwei neue Abkommen mit Schwellenländern abgeschlossen. Im Strategiedokument wurde erwähnt, dass diese neuen Abkommen ein angemesseneres Gleichgewicht der

Steuerrechte schaffen. Irland gehört außerdem zu einem von nur zwei Industrieländern, die eine Nebeneffektanalyse hinsichtlich der Auswirkung des Steuersystems auf die Wirtschaftlichkeit von Schwellenländern durchgeführt hat. Das Dokument möchte die Verpflichtung der Regierung gegenüber einer höheren Steuertransparenz hervorheben, und die jüngste Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (DAC 3 und 4) wird von Irland bis Ende 2016 eingeführt.

Sonstige maßnahmen

Die meisten der verbleibenden Maßnahmen sind inlandsbezogen und werden die ausländischen, in Irland operierenden Unternehmen weder negativ noch positiv beeinflussen. Enttäuschend war die fehlende Unterstützung für Unternehmer, die in Irland neue Geschäftstätigkeiten ausbauen wollen. Der Sondersatz der Kapitalertragssteuer für die Veräußerung von Betrieben wurde auf 10 % gesenkt, jedoch nur für die ersten Gewinne bis zu 1 Mio. EUR. Dies lässt sich ungünstig mit dem ähnlichen System Großbritanniens vergleichen, wo die ersten Gewinne bis zu 10 Mio. GBP mit 10 % besteuert werden.

In ähnlicher Weise wurde die Gelegenheit versäumt, mit einigen Besonderheiten der Rechtsvorschriften zum irischen Aktienoptionsplan aufzuräumen, wonach es zu einer Besteuerung kommen kann, sogar unter Umständen, in denen kein Cash-Event stattfand. Es wäre aufkommensneutral gewesen, hätte aber eine Unterstützung für Startup-Unternehmen angezeigt, die Talente gewinnen, indem das Eigenkapital im Rahmen ihrer

IRLANDS HAuSHALT 2017 LÖST BEI DEN MULTINATIONALEN UNTERNEHMEN äNGSTE AUSvon Aidan Byrne, Tax Partner, RSM Ireland

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Vergütungspakete freigegeben wird. Noonan hat signalisiert, dass er die jüngste Untersuchung berücksichtigen werde, die besagt, dass die Beteiligung am Unternehmenseigentum und -gewinn durch Arbeitnehmer die Wettbewerbsfähigkeit erhöht, die Beschäftigung fördert und das Wachstum ankurbelt. Weiter kündigte er seine Intention an, ein neues aktienbasiertes Anreizsystem zu entwickeln, das auf kleine und mittlere Unternehmen gerichtet ist und voraussichtlich Oktober nächsten Jahres eingeführt wird. Die Verzögerung von einem Jahr ist schwer zu begreifen und enttäuschend.

Bis dahin werden das Special Assignee Relief Programm (SARP) und die Foreign Earnings Deduction-Regelung (FED) bis Ende 2020 verlängert. SARP sieht eine vorteilhafte irische Einkommenssteuerregelung für Mitarbeiter unter bestimmten Umständen vor, die von ihren ausländischen Arbeitgebern nach Irland zurückversetzt werden. Die Idee der Regelung besagt, multinationale Unternehmen zu überzeugen, Schlüsselkräfte nach Irland zu senden, um die Geschäfte in Irland anzukurbeln. Unter FED versteht man andererseits ein Einkommenssteuer-Anreizsystem, das entwickelt wurde, um irische Unternehmen zu ermutigen, Mitarbeiter in bestimmte ausländische Staaten zu senden, in der Absicht, neue Märkte dieser Staaten zu erschließen.

Noonan kündigte geringfügige Kürzungen der sogenannten Universal Social Charge (USC) an, dessen Ziel es ist, geringfügige Kürzungen vorzunehmen. Einzelheiten zu diesen Kürzungen stehen im Dokument, das Sie über den oben genannten Link aufrufen können. Das Hauptproblem hinsichtlich des internationalen Aspekts hierzu ist, dass Irland für Arbeitnehmer ein Land mit hohen Steuersätzen bleibt. Falls die FDI von

Mitarbeitern aus dem Ausland abhängt, könnte dies ein negativer Anreiz sein. Deshalb ist eine Zulassung für die SARP-Ermäßigung unabdingbar. Außerdem sollten die Pläne stehen, bevor entschieden wird, wer die Investitionen hier leitet.

Insgesamt schätze ich die Situation so ein, dass der Haushalt als eine Möglichkeit verwendet wurde, die Befürchtungen einzudämmen, die multinationale Unternehmen nach dem Apple-Urteil gegenüber Irland hegten, und erneut die Zugänglichkeit für geschäftliche Mitteilungen bekräftigte. Enttäuschend ist die permanent fehlende Unterstützung für Startup-Unternehmen, die lediglich mit dem Versprechen einer zukünftigen Hilfe abgespeist werden. In Wahrheit sind sie eine heterogene Gruppe und als Lobby nicht gut aufgestellt, um bei der Regierung Gehör zu finden.

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für weitere informationen über rsm gehen sie bitte auf www.rsm.global.für medienanfragen kontaktieren sie bitte Gillian Hawkes, rsm pr & Communications manager unter +44 (0) 20 7601 1080 oder unter [email protected].

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