Die Evolution der Everyday BankWie Banken durch digitale Transformation im Zeitalter von Google, Amazon, Facebook und Apple (GAFA) ihre Umsätze steigern, die Kundenbindung verbessern und sich zugleich kosteneffizienter aufstellen.
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Angesichts digitaler Technologien entwickelt sich die Banken-branche immer mehr zu einer Consumer-to-Business(C2B)-In-dustrie. Die neuen Standards für die Kundenerlebnisse werden dabei von den sogenannten GAFA-Unternehmen gesetzt: Google, Apple, Facebook und Amazon. Banken benötigen in diesem Szenario eine klare digitale Agenda, um ihre Investiti-onen zielgerichtet auf die Bereiche „Go Digital“ und „Be Digital“ aufzuteilen. Sie müssen innerhalb der jeweiligen Agenda die richtigen Optionen wählen und sich die richtigen Fragen stellen: Welche Business-Plattform ist zu priorisieren bzw. zu transformieren („phygital“ * – physikalische und digitale Transformation)? Welche digitalen Geschäftsinitiati-ven sollten gestartet werden? Welche Schlüsselprozesse müssen digitalisiert werden? Nur Banken, die ihren Kunden digital und physisch jederzeit konsistente und positive Erleb-nisse in allen finanziellen und nichtfinanziellen Angelegenhei-ten ermöglichen, können auf Dauer erfolgreich bleiben. Part-nerschaften mit Finanztechnologieunternehmen (FinTechs) und die Nutzung der Potenziale von Echtzeit-Analytics wer-den hier hilfreich sein.
Die Digitalisierung der Banken hat in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den vergangenen Jahren signifikant an Dynamik gewonnen. Dies bezieht sich nicht nur auf das Online-Banking oder den anhaltenden Filialabbau – sondern vornehmlich auf die neuen Möglichkeiten die Anbieter wie beispielsweise gini, number26 oder vaamo bieten. Der intensi-vere Wettbewerb für die traditionellen Banken entsteht somit nicht mehr nur im Zahlungsverkehr, sondern zunehmend auch in den Bereichen Kreditbeschaffung und Kapitalanlage.
Zudem müssen sich die Banken auf ein verändertes Kundenverhalten einstellen. So stieg nach Angaben von Eurostat zuletzt u.a. der Anteil der Onlineban-king-Nutzer in Deutschland graduell auf 51% (2006: 32%) an. Damit liegt Deutsch-land ebenso wie Österreich (51%) zwar deutlich hinter den skandinavischen Ländern (u.a. Dänemark: 85%, Finnland: 86%) – jedoch lässt die bisherige Entwick-lung einen weiteren Aufholprozess erwarten, dem sich die Banken mit einer Weiterentwicklung ihres digitalen Ange-bots stellen müssen.
* Phygital = Verknüpfung physischer und digitaler Elemente, Möglichkeiten und/oder Optionen
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Das Wettbewerbsumfeld im Bankensektor hat sich angesichts einer ganzen Reihe von Entwicklungen tiefgreifend verändert. Zu- nehmend übernehmen die Verbraucher die Kontrolle über die Beziehung zu Anbietern und entscheiden selbst, wann, wo und in welcher Intensität sie mit ihnen interagieren. Dadurch verlagert sich die Wertschöpfung in völlig neue Bereiche. In der C2B-Ära, in der die Verbraucher selbst digitale Werte schaf- fen – von der Erstellung von Produktbewer-tungen bis hin zum Teilen von Daten und Informationen in sozialen Netzen – müssen Unternehmen in den Kooperationsmodus wechseln. So ermöglicht beispielsweise Google AdSense für einige Geschäftsmodelle die Aufteilung der Einnahmen zwischen Bloggern und Webmastern.1
Da sich die Welt zunehmend in Richtung C2B-Beziehungen entwickelt, dringen die großen C2B-Spieler wie Google, Apple, Facebook und Amazon (GAFA) zunehmend auch in das Geschäft der traditionellen Banken vor. Etwa bietet Google zusätzlich zu seinem Mobile Payment-Service Google Wallet eine Debit-Karte an,2 Apple hat mit Apple Pay ebenfalls einen eigenen Bezahl-service etabliert,3 der Facebook-Messenger ermöglicht seit kurzem den Versand von Geld4 und Amazon Lending ist ein Kredit-angebot für umsatzstarke Verkäufer, das die Rückzahlungen an den Verkaufserlösen orientiert.5 Über 400 Millionen aktive Nutzer verwenden zudem bereits Ali Pay Wallet, das Bezahlsystem des chinesischen Unternehmens Alibaba.6
Die Initiativen der sogenannten GAFA-Un-ternehmen sind Teil einer breit angelegten Ecosystem-Strategie. Um im Leben der Kunden eine relevantere Rolle zu spielen, fächern die GAFA-Spieler ihre Angebots- palette immer weiter rund um die Kunden-bedürfnisse auf: Es geht nicht mehr nur um Shopping, Unterhaltung oder Reisen.
Zunehmend bieten sie auch Produkte und Dienstleistungen rund um Gesundheit, Immobilien und Finanzen an. Dadurch ent- steht eine enorme Menge an Daten, die in Echtzeit analysiert werden können, um ein besseres Verständnis des Kunden zu erlangen und daraus Cross- und Up-Selling- Chancen für zusätzliche oder ergänzende Produkte zu generieren.
Angesichts dieser Entwicklungen sind die etablierten Banken heute verwundbarer denn je. Die Verwandlung in eine “Every-day Bank“, einen Begleiter des Kunden- alltags, die bereits viele Finanzinstitute angestoßen haben, wird hier nicht aus- reichen. Banken, die nicht zum reinen Back-Office- und Infrastrukturdienstleister degradiert werden wollen, müssen weit innovativere Wege gehen. Nach unseren Schätzungen dürften neue digitale Ge- schäftsmodelle im Jahr 2020 bis zu 80 Prozent der Erträge aus dem bestehenden Bankgeschäft gefährden. Als besonders angreifbar erscheinen dabei Girokonten, Verbraucherkredite, Vermögensverwaltung und Dienstleistungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).7
Banken müssen daher herausfinden, wie sie ihre Stärken in der C2B-Ära am besten aus-spielen können. “Banken haben Millionen von Kunden, genießen großes Vertrauen, besitzen eine Fülle von Daten und können die notwendigen Investitionen tätigen, um eine führende Rolle bei der digitalen Trans- formation von Finanzdienstleistungen zu spielen“, sagt Francisco Gonzales, Group Executive Chairman der spanischen BBVA.8
Tatsächlich geben 70% der Deutschen in einer Accenture-Umfrage an, allgemein oder grundsätzlich Vertrauen in Banken zu haben – knapp die Hälfte der Deutschen (48%) sogar sehr – mit großem Abstand vor Onlinehändlern, Mobilfunkanbietern oder Consumer-Technologie- und Social- Media-Unternehmen. Gleichzeitig ist die Loyalität bei deutschen Kunden gegenüber Banken und Finanzdienstleistern ein Mythos.
So gaben lediglich 35% der Befragten in Deutschland an, ein hohes Maß an Loyalität zu haben. In diesem Zusammenhang gaben 29% der Befragten an, in den vergangenen 6 bis 12 Monaten neben der bestehenden Geschäftsbeziehung zu einem Finanzdienst-leister einen weiteren Anbieter hinzugefügt zu haben. Zudem können sich 26% der Befragten in Deutschland sehr gut bis gut vorstellen, eine reine Onlinebank (d.h. ohne Filialen und Call Center) zu nutzen (siehe Abbildung 1).
n = 4.004
Quelle: Accenture, “Banking shaped by Customer”, 2015; Accenture, "The Digital Disruption in Banking", 2014
86%
7%
AppleWalmartAmazonPayPal Google
46%
34%
23%
37%
7% 7%6%
5%
23%
40%
24%
33%
20%
34%
9%
18-34 34-54 55+
Wenn die folgenden Unternehmen Bankdienstleistungen anbieten würden – würden Sie sie nutzen? (wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich)
Bei welchen Unternehmen sind Ihre Daten Ihrer Meinung nach am sichersten aufgehoben?
Social Media-Unternehmen
Breitband-Internetanbieter
Consumer-Technology-Unternehmen
Online-Einzelhändler
Mobilfunkanbieter
Zahlungsverkehrsdienstleister
Banken und Finanzinstitute
Abbildung 1: Verbraucher vertrauen den Banken
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Insbesondere mit Blick auf die innovativen Möglichkeiten zur Positionierung im Leben ihrer Kunden haben Unternehmen, die sich nach den Regeln analog GAFA aufstellen, für Banken in gewisser Weise eine Vorbildfunktion. Finanzinstitute sollten sich daher zunächst ihrer künftigen Rolle oder ihrer Kombination verschie-dener Funktionen am Markt bewusst werden:
Angesichts dieses Szenarios sollten Banken schnell reagieren und ins- besondere in drei Kernbereichen die richtigen Entscheidungen treffen:
• Welche Rolle will die Bank künftig spielen?
• Welche vorhandenen „phygitalen“ Geschäftsfelder sind zu priorisie-ren und zu transformieren? Welche Felder müssen heute und morgen neu erschlossen werden? Woher kommen die künftigen Erträge der Bank?
• Wie lassen sich die relevanten digitalen Treiber entwickeln und nutzen? Wie lassen sich die Pro- zesse durchgängig digitalisieren, einschließlich der Filiale?
Diesen Entscheidungen folgen die Entwicklung und Artikulation einer gemeinsamen digitalen Agenda. Dabei reicht das Spektrum von der realistischen strategischen Ausrich-tung über die Festlegung der konkreten Maßnahmen bis hin zur Etablierung einer entsprechenden Governance-Funktion für die Umsetzung.
Die Bank hat die Hoheit über die Kunden-beziehung, koordiniert ein Ökosystem von Partnern und nutzt es in „coopetition“ (kooperativer Wettbewerb, bei dem Wettbewerber zusammenarbeiten) mit diesen Unternehmen und FinTechs, um Lösungen für den Alltag der Kunden anzubieten. In einigen Fällen wird die Bank den Kunden dabei nicht die eigenen Produkte verkaufen, sondern Angebote anderer Unternehmen empfehlen. Zuletzt hatte u.a. die Deutsche Bank im Zusam-menhang mit dem angekündigten Start der „Digitalfabrik“ eine intensivere Zusammen-arbeit mit FinTechs angekündigt, um die Digitalisierung des Kerngeschäfts und der Prozesse weiter zu forcieren.
1. Relationship Player
Die Bank verbleibt in der traditionellen, regulierten Rolle als Anbieter von Finanz-dienstleistungen. Beispielhaft sind insbeson-dere Institute, die ausschließlich sehr bera- tungsintensive Dienstleistungen anbieten, wie etwa im Private Banking/Wealth Management. Doch auch hier zeigen jüngste Entwicklungen, wie etwa der Kauf von easyfolio durch die Privatbank Hauch & Aufhäuser, dass auch im Bereich der klassi-schen Vermögensverwaltung eine zuneh-mende Veränderung Einzug hält.
3. Klassischer Finanzdienstleister
Die Bank bietet eine offene Plattform für Entwicklungen und Interaktionen zwischen Käufern, Verkäufern und Dienstleistern. So bietet das von der Fidor Bank entwickelte plattformbasierte Banken-Ecosystem den Kunden Zugang zu einer Vielzahl von Pro- dukt- und Servicemöglichkeiten, die weit- gehend von externen Anbietern stammen.
2. Plattformanbieter
4. InnovationstreiberDie Bank beteiligt sich an FinTechs und digitalen Banken-Ecosystemen, nutzt die volle Bandbreite digitaler Unternehmens- initiativen wie Inkubatoren, Accelerators und Venture-Fonds als Kapitalgeber und erschließt dadurch neue Geschäftsfelder. Insbesondere die Commerzbank zeigt sich hierbei sehr aktiv, die mit dem „main incubator“ startups im FinTech-Bereich fördert und mit „CommerzVentures“ eine Venture-Capital-Gesellschaft mit Fokus auf Finanzdienstleistungen gegründet hat.
Unterschiedliche Rollen
Die Bank betreibt eine sichere Plattform und ermöglicht dem Kunden darüber einen einfachen Zugang zu digitalen Angeboten. Im Laufe der Zeit kann sich diese Rolle auch erweitern – etwa um die Authentifizierung digitaler IDs, den umfassenden Schutz der Privatsphäre des Einzelnen oder die Moneta-risierung bestimmter persönlicher Daten. Mit dem Schweizer Unternehmen DSwiss startet die Bank Ende des Jahres das Doku- mentenmanagement-System „eSafe“. In dem digitalen Tresor können persönliche Doku- mente, Rechnungen und Passwörter sicher archiviert werden.
5. Digitaler Sicherheitsanbieter
Um weiterhin eine zentrale Rolle im Leben der Verbraucher zu spielen und zugleich neue Umsatzpotenziale zu erschließen, müssen Banken ihre Geschäftsmodelle weiterentwickeln. Dazu sollten sie einer-seits ihre bestehenden Geschäftsfelder auf den Prüfstand stellen und andererseits auch neue digitale Optionen in Betracht ziehen.
Das Ziel muss darin bestehen, eine schnelle und tragfähige Antwort auf neue digitale Disruptoren zu entwickeln und gleichzeitig den Verlust von Marktanteilen an diese Wettbewerber durch gezieltes strategisches Risikomanagement zu vermeiden.
Der Schlüssel dafür liegt in der Verknüp-fung von „Go Digital“-Ansätzen, die sich auf die konkreten Geschäftschancen konzentrieren, mit „Be Digital“-Ansätzen, die die technische und organisatorische Basis dafür legen (siehe Abbildung 2).
Mit Blick auf die Strategie des Gesamtun-ternehmens sind die wichtigsten Fragen sicherlich folgende: Welches Gesamtbudget steht für die digitale Agenda zur Verfü-gung? Wie sollte es zwischen „Go Digital“ und „Be Digital“ verteilt werden? Wo liegen die Schwerpunkte der Initiativen und wie sieht die Strategie für “Coopetition“ mit FinTechs aus?
GAFA Banking > Business
Strategische Investitionen
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Digitale Zusatzangebote f
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Services unter Nutzung
der Blockchain
Venture-Capital-Fonds
Firmenkunden
.....
Digital First! Generation
Millennials
Wohlhabende
SME
Kickstarter
DwollaJP Morgan + OnDeck
CommBank VitalityAmazon
BettermentGuidevine
UberAirbnb
BBVA + Atom
NedbankIntuit
GoogleAmazon
Ripple Labs
mBankCitibank
BBVA Ventures
Citi Ventures
BBVA + Simple + Madiva + Spring
Santander + iZettle
Hello Bank!
Moven
FidorBank
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SERVICES
Woh
nim
mob
ilien
Hea
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re
Reise
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DIGITALLY-POWEREDFINANCIAL
PLATFORMS (Physical + Digital)
Weitgefächerte digitale Kultur
Digitale IT-Architektur
Flexible Kunden-bindung und CRM
Durchgängige Pro-zessdigitalisierung (inkl. Filialgeschäft)
GO D
IGIT
ALBE
DIG
ITAL
Abbildung 2: GO Digital, BE Digital
GAFA als Ansatz im Banking
5
6
Mit Blick auf ihre Go-Digital-Plattformen stehen Banken unter Berücksichtigung des GAFA-Ansatzes drei Gestaltungsvari-anten zur Verfügung.
Für die Interaktion mit ihren Kunden sollten Banken neben ihren physischen auch digitale Optionen anbieten. Einerseits sollte der Kunde hierbei selbst entscheiden können, wann und wie er mit der Bank in Kontakt tritt, andererseits sollte das Serviceerlebnis so einfach und angenehm wie möglich gestaltet werden. Je nach Unternehmensstrategie könnte eine Bank beispielsweise eine digitale Beratungs- plattform für vermögende Verbraucher anbieten, die jeden Schritt der Wertschöp-fungskette abdeckt: von der Kundengewin-nung bis hin zur Kundenbindung, von der konkreten Anlagestrategie bis hin zur Präsentation einzelner Angebote und Produkte. Darüber hinaus könnte das Finanzinstitut digitale Plattformen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) entwickeln, um ihren spezifischen finanzi-ellen und nicht-finanziellen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Solche Plattformen können auch das gewachsene FinTech-Ecosystem integrieren. So nutzt beispielsweise JP Morgan Chase bereits heute seine OnDeck-Partnerschaft, um ergänzende Finanzierungsangebote zu günstigeren Preisen zur Verfügung stellen.9
Spezialisierte digitale Plattformen können auch auf dem Massenmarkt erfolgreich sein, wenn sie die konkreten Bedürfnisse einzelner Kundensegmente adressieren – wie zum Beispiel die Digital First!-Genera-tion oder Menschen, die sehr großen Wert auf die Verwaltung ihres Vermögens legen. Ein Beispiel dafür ist Moven mit seiner Echtzeit-Mobile Money-App.10
Banken sollten sich mit anderen Markt- teilnehmer vernetzen, um gemeinsame Plattformen für “Living Services“ zu entwickeln – also für Dienste, die Kunden-bedürfnisse in Echtzeit erfüllen. Dies erfordert zum einen ein deutliches Mehr an Interaktion mit den Kunden und den Zugang zu großen Datenmengen über ihr Verhal-ten, zum anderen aber auch die Integra-tion neuer finanzieller Dienstleistungen in Bereichen wie Immobilienfinanzierung, Krankenversicherung oder Fernreisen. Ein gutes Beispiel dafür mit Bezug auf Sport, Ernährung und Vorsorge ist die Discovery Vitality Plattform in Südafrika.
Um die Anzahl der Kundeninteraktionen zu erhöhen und zusätzliches Umsatzpotenzial zu entfesseln, müssen Banken über ganz neue Geschäftsfelder nachdenken. Dazu können sie als digitaler Marktteilnehmer neue regionale Märkte erschließen, ihre Flächeneffizienz in der Filiale durch die gemeinsame Nutzung mit Partnern wie Amazon steigern, durch die Auswertung von Transaktionsdaten Daten monetarisie-ren wie Nedbank Market Edge oder digitale Dienstleistungen für kleine und mittlere Unternehmen anbieten wie Kurumsal von der türkischen Denizbank.
Denkbar sind darüber hinaus der Einsatz der Blockchain-Technologie für den Zahlungsverkehr und die Handelsfinanzie-rung oder im Kapitalmarktumfeld, Ven-ture-Capital-Fonds (wie die der Citibank oder der BBVA) oder strategische Investiti-onen. Zuletzt wurde über eine Vielzahl von Instituten (u.a. Deutsche Bank, UBS) die Erforschung der Blockchain-Technologie
und deren möglicher Anwendungsbereiche für das Bankgeschäft forciert. Die Entwick-lung neuer erkenntnisbasierter Living Services und Geschäftsmodelle ermöglicht dabei nicht nur neue Einnahmequellen, sondern dient auch als Multiplikator für die Interaktionen und Berührungspunkte mit dem Kunden: Indem die Bank die Lebensumstände und Bedürfnisse ihrer Kunden besser kennenlernt, kann sie über ihr traditionelles Geschäft hinaus neue Umsatzfelder entwickeln, sich gegen Wettbewerber positionieren und neue Geschäftsmodelle entwickeln, die es ihr erlauben, neue Wachstumsimpulse zu setzen.11
Ein Portfolio unterschiedlicher Geschäftsmodelle
1. Digitale Finanzplattformen bereitstellen
2. Living Services anbieten
3. Neue Geschäftsfelder erschließen
7
8
Um unterschiedliche neue Produkte und Services anbieten zu können, bedarf es für Banken der richtigen digitalen Treiber. Vier Punkte sind bei der Auswahl besonders wichtig:
1. Weitgefächerte digitale Kultur Traditionelle Hierarchien funktionieren in einem digitalen Umfeld nicht mehr. Banken sollten daher stärker auf dezentrale Führungsmodelle setzen, die jederzeit die Erschließung neuer strategischer Optionen erlauben. Zudem brauchen sie eine Unter-nehmenskultur, in der sich neue Schlüssel-positionen wie Data Scientist, Digital Architect, Community Advocacy Builder und sogar Storyteller entfalten können.
2. Flexible Kundenbindung und CRMBanken müssen ihre Kundenbeziehung und das Beziehungsmanagement flexibler und agiler gestalten. Das Ziel sollte darin bestehen, das mithilfe von „Big Data“ gewonnene Wissen über den Kunden durch automatisiertes Marketing direkt in die Kundeninteraktion einfließen zu lassen. Auch dies ist eine Entwicklung, die noch nicht ausreichend genug praktiziert wird. Dies betrifft u. a. die Banken in Deutsch-land. So haben die Auswertungen zu dem Digital Readiness Report gezeigt, dass deutsche Banken in diesem Bereich (auto- matisiertes Marketing, Big Data-Analyse) derzeit viel Nachholpotenzial haben.
3. Digitale IT-ArchitekturBanken müssen ihre IT-Architektur…
• flexibel gestalten – im Idealfall durch voneinander entkoppelte, modular auf- gebaute Einheiten, die schnell aufge- baut und bei Bedarf wieder verändert werden können
• intelligent aufbauen und Robotics und Cognitive Computing nutzen, um die Digi- talisierung der Prozesse zu beschleunigen
• mit Hilfe von APIs vernetzen, um die Zusammenarbeit mit und Integration von Drittanbietern zu ermöglichen
• smart gestalten, also bspw. durch die Nutzung von Distributed Ledgers und Smart Contracts Echtzeit-Transaktionen ohne Zwischenstationen und zu erheb-lich niedrigeren Kosten ermöglichen.
Dies ist derzeit eines der Hauptprobleme für Banken in ASG. Die IT-Architekturen sind stark veraltet. Robotics, Cognitive Computing oder die Nutzung von Distribu-ted Ledger (Blockchain, s.o.) steckt derzeit erst in einer Testphase.
Die richtige Kombination dieser Technolo-gien könnte die komplette Branchenlogik verändern. Schließlich eröffnet sie den Banken die Möglichkeit, Living Services schneller anzubieten und um neue An- gebote zu ergänzen sowie bereits vorhan-dene Produkte in Echtzeit zur Verfügung zu stellen – ohne dass dafür die Back- End-Systeme geändert werden müssten. Die Banken werden dadurch auch in die Lage versetzt, ihren Kunden mithilfe von Distributed Ledgers permanenten Zugriff auf Konten und Dienste sowie Echtzeit- Transaktionen tagtäglich rund um die Uhr anzubieten. Zudem können sie aus Daten Dritter (wie Amazon) in Echtzeit Mehrwert generieren und die eigenen Produkte in einem deutlich größeren Ecosystem anzubieten.
4. Durchgängige Prozessdigitalisierung Bisher haben sich die meisten Banken darauf konzentriert, ihre Front-End-Pro-zesse zu digitalisieren. Insbesondere jüngere Leute halten ihre Daten bei Google, Amazon, Facebook und Apple für sicher. Allein dies macht sie zu einem relevanten Wettbewerber im Banking. Um eine durch- gängige Digitalisierung zu erreichen, müssen Banken deshalb nun in einem nächsten Schritt auch ihre „unsichtbaren“ Prozesse mitsamt der Back-Office-Aufgaben digital gestalten.
In der Vergangenheit vergingen beispiels-weise zwischen dem Ausfüllen des Antragsformulars und der Eröffnung eines Bankkontos ein bis zwei Wochen. Durch vollständig und durchgängig digitalisierte Prozesse könnte ein neuer Kunde sein Konto nun bereits wenige Augenblicke nach der Online-Antragstellung nutzen. Eine voll- ständige digitale Eröffnung des Girokontos bieten in Deutschland derzeit u.a. die comdirect oder die ING DiBa an. In diesem Kontext verbessert die Digitalisierung der internen Prozesse auch weitere digitale und nichtdigitale Abläufe, zum Beispiel in den Filialen. Gerade in einer Branche, die ihre Dienstleistungen dem Kunden sowohl digital als auch physisch, sozusagen „phygital“ anbietet, ist das ein wichtiger Aspekt.
BERÜHRUNGSPUNKTE
Inte
grat
ion
der A
PIs
und
des
Ökos
yste
ms
Digitale Kanäle Drittparteien Internet der Dinge
Ein Hub für die Kundenbindung
Omnichannel-Kundenerfahrung
Flexible Kundenbindung
Digitale Prozesse und Services
INFORMATION & DATA HUB
Data Warehouse AdvancedAnalytics Big Data
AUFBAU UND UMSETZUNG
Kernbankensysteme Bezahlangebote Fabrik für Produkte und Preise
ECOSYSTEM MIT PARTNERN
FinTechs Soziale Netzwerke und Zahlungsverkehr
Kundenbindung / Produkte / Angebote
CROSS SERVICES
Blockchain CognitiveComputing Cybersecurity
Abbildung 3: Ein IT-Konzept für den GAFA-Ansatz im Banking > Business-Ansatz
Digitale Treiber
9
Die Bandbreite der Geschäftsfelder kann der Motor der Wertschöpfung einer Bank sein, wenn sie mit den richtigen Entscheidungen über die künftige Rolle des Unternehmens und den richtigen digitalen Treibern kombiniert wird. Der in dieser Publikation beschriebene Ansatz ermöglicht zum Beispiel durch stärkeres Cross- und Up- Selling nicht nur ein neues Umsatz- und Ergebnispotenzial, sondern auch verstärkte Kundenakquise und Kundenbindung, neue Einnahmequellen und Kostenoptimierung. Er ermöglicht zugleich die Senkung der Cost Income Ratio einer Bank von 65 bis 70 Prozent auf weniger als 40 Prozent. Die erfolgreiche Implementierung einer Agenda für die digitale Transformation erfordert von Banken im Wesentlichen vier Schritte:
1. Festlegung einer strategischen Ausrich-tung durch die Evaluation verschiedener Möglichkeiten und Formulierung einer Vision für die Bank. Hierzu müssen festge-legte Rollen mit Blick auf neue Geschäfts-möglichkeiten geprüft werden und umge-kehrt. Auch ist zu untersuchen, wo bereits existierende oder künftige digitale Treiber zusätzliche Geschäftsfelder eröffnen.
2. Entwicklung einer digitalen Agenda und eines Konzepts für die Umsetzung der digitalen Transformation. Typischer Ausdruck dessen sind Rotation to New- Metriken, das Priorisieren von Business- Initiativen, die Identifikation bevorzugter Investitionszuweisungen sowie die Konfi- guration des gesamten Ecosystems und des FinTech-Programms.
3. Etablierung einer an die neuen Unter- nehmensbedürfnisse angepassten Digital Governance. Dies kann auch in Anlehnung an die digitale Transformation des Unter-nehmens schrittweise erfolgen.
4. Erstellung eines auf drei Jahre angelegten Umsetzungsplans, der die digitalen Aktivi- täten bündelt – mit klarem Fokus auf die digitale Transformation der Customer Journey und die Verknüpfung der digitalen Go-Digital- mit den Be-Digital-Initiativen.
Die Umsetzung dieser vier miteinander verbundenen Prozesse ist keine einfache Aufgabe. Banken, die sich dazu entschlie-ßen, sollten daher eine Reihe wichtiger Erfolgsfaktoren beachten (siehe „Umset-zung der digitalen Transformation“).
Nach unserer Erfahrung kommt es bei der Umsetzung der digitalen Transformation auf eine Reihe wichtiger Faktoren an, die den Unterschied zwischen schnellen Erfolgen und einem niedrigen Return on Investment ausmachen:
• eine klar formulierte digitale Agenda mit gemeinsamen Prioritäten und genau definierten Zielen
• Governance-Anpassungen im Unterneh-men, die die neuen Ziele widerspiegeln
• die Verankerung der digitalen Kultur in der gesamten Organisation
• die Abstimmung der Unternehmensziele auf die wichtigsten Treiber sowie klare Zuständigkeiten
• eine hohe Umsetzungsgeschwindigkeit
• die durchgängige Umgestaltung der Unternehmensprozesse verbunden mit der Vereinfachung der Customer Journey
• Digital Performance Management, zunächst auf der Basis von Kunden- kennzahlen
• Erhöhung von Reichweite und Flexibilität durch den Ausbau der Technologie- Plattform
Die Umsetzung Ihrer digitalen Agenda
Die Umsetzung der digitalen Transformation bei Banken
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1. Google www.google.com/adsense
2. Back to the Future: Plastic Debit Card for Google Virtual Wallet, CIO Today, 13. November, 2013
3. Apple Pay www.apple.com/apple-pay
4. Facebook Messenger Now Lets You Send Money to Friends, NBC News, 17. März, 2015
5. Amazon Offering Loans To Its Online Sellers, Reuters, 27. September, 2012
6. Alipay https:/intl.alibay.com
7. Accenture Analysis
8. “Banking shaped by Customer”, 2015; WIRED Money Conference, 2015
9. JP Morgan Working With OnDeck to Speed Small Business Loans, Bloomberg Business, 1. Dezember, 2015
10. Moven App Encourages Savings, Eliminates Product Silos, The Financial Brand, 13. Mai, 2015
11. Discovery www.discovery.co.za
Der Bankensektor verändert sich rasant und entwickelt sich immer mehr in Richtung C2B-Beziehung. Kunden kontrollieren zunehmend die Beziehung zu den Anbietern von Produkten und Services und bestim-men Zeitpunkt, Ort und Intensität der Interaktionen. In dieser neuen Ära, in der Unternehmen tagtäglich rund um die Uhr erreichbar sein müssen, können die Banken viel von den erfolgreichen C2B-Unterneh-men wie Google, Apple, Facebook und Amazon (GAFA) lernen.
Angesichts dessen sollten Bankent-scheider ihre Investitionsstrategien überdenken und auf Grundlage eines Portfolios von Geschäftsfeldern und Rollen neue Geschäftsmodelle
entwickeln. Ziel muss es sein, die Anzahl der Kundeninteraktionen zu erhöhen, wertvolle Daten zu gene-rieren und damit Cross- und Up- Selling-Chancen zu entfesseln.
Besondere Aufmerksamkeit verlangen dabei die digitalen und physischen Treiber der digitalen Transformation. Geschwindigkeit ist hier essentiell:
In einer C2B-Welt wird es nicht reichen, nur aufzuholen –denn die GAFA-Unternehmen und andere Wettbewerber schlafen ebenfalls nicht. Innovation und Agilität werden für Banken zur Schlüssel-kompetenz in einem zunehmend intensiven und hochvolatilen Wettbewerbsumfeld.
Ausblick
Anmerkungen
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Über Accenture
Accenture ist ein weltweit führendes Dienst-leistungsunternehmen, das eine breite Palette von Services und Lösungen in den Bereichen Strategie, Consulting, Digital, Technologie und Operations anbietet. Mit umfassender Erfahrung und spezialisierten Fähigkeiten über mehr als 40 Branchen und alle Unternehmensfunktionen hinweg – gestützt auf das weltweit größte Delivery- Netzwerk – arbeitet Accenture an der Schnittstelle von Business und Technologie, um Kunden dabei zu unterstützen, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern und nachhaltigen Wert für ihre Stakeholder zu schaffen. Mit rund 373.000 Mitarbeitern, die für Kunden in über 120 Ländern tätig sind, treibt Accenture Innovationen voran, um die Art und Weise, wie die Welt lebt und arbeitet, zu verbessern. Besuchen Sie uns unter www.accenture.de.
Über Accenture Distribution & Marketing Services
Accenture Distribution and Marketing Services - ein Geschäftsbereich innerhalb der Accenture Financial Services Unterneh-mensgruppe – hilft Finanzdienstleistern und –instituten ihr Wachstum zu steigern und das Kostenmanagement zu optimieren, indem Kundenbeziehungen transformiert werden. Bei mehr als 100 Finanzdienstleis-tern weltweit verbinden wir Accentures tiefgehendes Wissen zur Banken- und Versicherungsindustrie sowie zum Vermö-gensmanagement mit unseren Möglichkei-ten und Dienstleistungen in den Bereichen Consulting, Technology und Outsourcing über Marketing, Vertrieb und digitaler Innovation hinaus, damit unsere Kunden mehr High Performance erreichen können.
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Dr. Markus HamprechtManaging Director, Leitung des Bereichs Accenture Financial Services in Deutschland, Österreich und der [email protected]
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