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Page 1: Die neue WHO-Klassifikation der Tumoren des Nervensystems 2000 : Pathologie und Genetik

Schwerpunkt: Neuropathologie

| Der Pathologe 4•2002260

Zusammenfassung

Neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der Neu-

roonkologie haben die Weltgesundheitsor-

ganisation (WHO) veranlasst, im Jahr 2000

eine überarbeitete Klassifikation der Tumo-

ren des Nervensystems herauszugeben.

Dabei wurde die Gelegenheit genutzt, neue

Tumorentitäten einzuführen, diagnostische

Merkmale zu präzisieren und Kriterien für

die Tumorgradierung schärfer zu fassen. An

neuen Tumorentitäten wurden u. a. das chor-

doide Gliom des III.Ventrikels, der solitäre

fibröse Tumor und das Perineuriom aufge-

nommen. Unter den embryonalen Tumoren

konnte man den atypischen teratoiden/

rhabdoiden Tumor (AT/RT) abgrenzen. Der

vormals als lipomatöses Medulloblastom

geführte Tumor des Kleinhirns mit einer

günstigen Prognose wird nun als zerebellä-

res Liponeurozytom klassifiziert. Das Pineo-

zytom/Pineoblastom wurde durch den

Pinealisparenchymtumor intermediärer Dif-

ferenzierung ersetzt. Das großzellige Medul-

loblastom und das tanyzytische Ependymom

etablierten sich als neue Tumorvarianten. Die

peripheren neuroblastischen Tumoren wur-

den in einem eigenständigen Kapitel in die

Klassifikation aufgenommen.Wesentliche

Neuerungen sind bei den Meningeomen

erfolgt. Hier wurden die Kriterien für das

atypische Meningeom WHO-Grad II und das

anaplastische Meningeom WHO-Grad III

grundlegend überarbeitet und neue Varian-

ten definiert. Schließlich wurden in diesem

Klassifikationsband erstmals auch die wich-

tigsten molekularpathologischen Befunde

aufgenommen. Damit nimmt er eine Vorrei-

WHO-Klassifikation der Tumoren des Nervensystems

Seit der Veröffentlichung der letztenWHO-Klassifikation der Tumoren deszentralen Nervensystems im Jahr 1993[14] haben auf dem Gebiet der Patholo-gie von Gehirntumoren verschiedeneEntwicklungen stattgefunden. Es wur-den neue Entitäten definiert, Klassifika-tions- und Gradierungskriterien verfei-nert und Varianten etablierter Hirntu-morentitäten entdeckt. Daher erschienes an der Zeit,die Klassifikation zu über-arbeiten.

Zusätzlich wurden im letzten Jahr-zehnt wesentliche molekulargenetischeDaten gewonnen, die grundlegende Ein-blicke in die Tumorentstehung im Ner-vensystem erlauben. Im Jahr 1997 hatPaul Kleihues erstmals den Versuch un-ternommen, diese neuen Erkenntnissezur molekularen Pathogenese der Hirn-tumoren in einem von der InternationalAgency for Research on Cancer (IARC)

herausgegebenen Band [15] mit den ak-tualisierten histopathologischen undklinisch-pathologischen Daten zu einemumfassenden, aber zugleich kompri-mierten Standardwerk über die Tumo-ren des Nervensystems zusammenzufas-sen. Dieses Werk fand sehr positive Re-sonanz. Daraufhin entschloss sich dieWHO, ihre Tumorklassifikationsreiheunter dem Motto Pathology and Gene-tics zu überarbeiten. Die neue WHO-Klassifikation der Tumoren des Nerven-systems ist als erster Band [16] dieserReihe im Jahr 2000 erschienen. Siemacht den Auftakt für eine kompletteÜberarbeitung aller WHO-Faszikel inden kommenden Jahren und hat damiteine Schrittmacherfunktion in der dia-gnostischen Tumorpathologie.

Die neu gefasste WHO-Klassifikati-on ist in der Tabelle 1 aufgelistet. Tabel-le 2 zeigt zu den wichtigsten zentralner-vösen Tumorentitäten den im Regelfallassoziierten WHO-Grad.

Im Folgenden möchten wir die ak-tuelle WHO-Klassifikation der Tumorendes Nervensystems in komprimierterForm abhandeln. Der Schwerpunkt solldabei auf der Darstellung der neuenAspekte liegen.

Schwerpunkt: NeuropathologiePathologe 2002 · 23:260–283DOI 10.1007/s00292-002-0530-8

H. Radner1 · I. Blümcke1 · G. Reifenberger2 · O. D.Wiestler1

1 Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Bonn, Hirntumor-Referenzzentrum

der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie e.V2 Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Düsseldorf

Die neue WHO-Klassifikationder Tumoren des Nervensystems 2000Pathologie und Genetik

© Springer-Verlag 2002

PD Dr. Herbert RadnerInstitut für Neuropathologie,

Universitätsklinikum Bonn,

Sigmund-Freud-Straße 25, 53105 Bonn,

E-Mail: [email protected]

terrolle bei der Neugestaltung der WHO-

Serie für alle Organsysteme ein.

Schlüsselwörter

WHO-Klassifikation · Pathologie · Genetik ·

Hirntumoren · Gliom · Meningeom ·

Gradierung · Molekularpathologie

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Der Pathologe 4•2002 | 261

H. Radner · I. Blümcke · G. ReifenbergerO. D.Wiestler

The new WHO classification of tumors of the nervous system 2000. Pathologyand genetics

Abstract

New developments in neuro-oncology have

prompted an update of the World Health

Organization (WHO) classification of tumors

of the nervous system. Major changes

include the addition of new entities and the

refinement of criteria for the diagnosis and

grading of various neoplasms, in particular

the meningiomas. As novel clinico-patholog-

ical entities, the chordoid glioma of the third

ventricle, the atypical teratoid/rhabdoid

tumor (AT/RT), the solitary fibrous tumor,

and the perineurioma have been listed.The

former lipomatous medulloblastoma of the

cerebellum, previously incorporated in the

family of embryonal tumors, is now classified

as cerebellar liponeurocytoma.The term

mixed pineocytoma/pineoblastoma has

been replaced by pineal parenchymal tumor

of intermediate differentiation. Furthermore,

the large cell medulloblastoma and the tan-

ycytic ependymoma were established as

novel tumor variants. A separate chapter on

the peripheral neuroblastic tumors has now

been included in the classification. Substan-

tial revisions were introduced in the menin-

gioma chapter. For both atypical meningio-

ma WHO grade II and anaplastic meningio-

ma WHO grade III, histopathological criteria

are now precisely defined. An important new

addition to the WHO 2000 classification of

nervous system tumors is the inclusion of

molecular pathology findings.With this com-

bination of pathology and genetics it has set

the stage for a new format of the WHO

tumor classification series.

Keywords

WHO classification · Pathology · Genetics ·

Brain tumors · Glioma · Meningioma ·

Grading · Molecular pathology

In einem einführenden Kapitel sollzuerst eine kurze Übersicht über diewichtigsten Neuerungen gegeben wer-den. Ein abschließendes Kapitel fasst dieBedeutung der molekularen Neuroon-kologie zusammen, über deren aktuel-len Stand der neue WHO-Band erstmalsebenfalls umfassend informiert.

Wesentliche Neuerungen in der 2000 revidierten Fassungder WHO Klassifikation der Tumoren des Nervensystems

Neue Erkenntnisse auf dem Gebiet derNeuroonkologie haben dazu geführt,dass im Verlauf der vergangenen Jahre(1) die diagnostischen Kriterien mehre-rer Tumorentitäten präzisiert werdenkonnten, (2) verschiedene neue Tumor-entitäten etabliert und (3) neue Varian-ten bekannter Tumorentitäten abge-grenzt wurden, (4) andererseits auchbisher umstrittene Tumoren aus demKatalog der WHO gestrichen wurden.(5) Einige Kapitel, die bisher im WHO-Faszikel für Hirntumoren enthalten wa-ren, wurden WHO-Bänden anderer Or-gansysteme zugewiesen.

Einige wesentliche neue Aspektesollen im Folgenden kurz zusammenge-fasst werden.

Aufnahme neuer Tumorentitäten in die WHO-Klassifikation

Bei einigen Tumoren, die erst im Verlaufder vergangenen Jahre beschrieben bzw.charakterisiert wurden, war das Gremi-um der Auffassung, dass bereits ausrei-chende Hinweise für eigenständige kli-nisch-pathologische Tumorentitätenvorliegen:

So konnte man in der großen Fami-lie der embryonalen Tumoren und Med-ulloblastome eine Gruppe von Neopla-sien abgrenzen, denen ein rhabdoidesund teilweise auch teratoid-epithelialesErscheinungsbild gemeinsam ist. Siewerden als atypische teratoide/rhab-doide Tumoren (AT/RT) (s. Abb. 2d–f)bezeichnet.

Unter den Tumoren des Kleinhirnshat man einen neurozytär differenzier-ten Tumor mit auffälliger Tumorzellver-fettung nach Art von Lipozyten als eige-ne Entität abgegrenzt. Dieses ist von kli-nischer Bedeutung, da der nun als zere-belläres Liponeurozytom (s. Abb. 2a–c)bezeichneter Tumor (frühere Bezeich-

nung: lipomatöses Medulloblastom) imVergleich zu den Medulloblastomen miteiner wesentlich besseren Prognose as-soziiert ist.

Die Differenzialdiagnose chordoi-der und chondroider Tumoren (s. Tabel-le 7) umfasst neben dem Chordom, demChondroidchordom, dem Chondromund dem Chondrosarkom sowie demchordoiden Meningeom (s. Abb. 3c, d)nunmehr das chordoide Gliom desIII.Ventrikels (s. Abb. 3a, b).

Die Differenzialdiagnose zwischendem Hämangioperizytom der Meningenund dem nunmehr neu in die Klassifika-tion aufgenommenen solitären fibrösenTumor (s.Abb. 3e, f) kann sich schwieriggestalten. Ihre Unterscheidung ist abervon Bedeutung, da Hämangioperizyto-me in ihrer Dignität zumindest als inter-mediär einzustufen und mit den WHO-Graden II oder III assoziiert sind, wäh-rend sich die überwiegende Mehrheitder solitären fibrösen Tumoren der Me-ningen gutartig verhält.

Bei den Tumoren peripherer Ner-ven wurde das Perineuriom (Abb. 1e–h)ergänzt.

Weitere Neuerungen in der WHO-Klassifikation 2000

Im Kapitel „Neuroepitheliale Tumorenunklaren histogenetischen Ursprungs“wurden 1993 das Astroblastom,das pola-re Spongioblastom und die Gliomatosiscerebri aufgelistet. In der Neufassung2000 verbleibt das Astroblastom (s.Abb.1d)als eigene Entität, während das polareSpongioblastom aus dem Tumorkatalogder WHO entfernt wurde. Die Gliomato-sis cerebri gilt weiterhin als Sonderformeines malignen Glioms, die ein beson-ders diffuses Infiltrationsverhalten zeigt.

Die meningeale Sarkomatose wur-de in dem neuen WHO-Faszikel gestri-chen. Dafür wurde das breite Spektrummöglicher mesenchymaler Neoplasienim Kapitel „Nicht-meningotheliale Tu-moren der Meningen“ detaillierter an-geführt. Hierbei wurden die einzelnenEntitäten nicht mehr nach ihrer Digni-tät, sondern histogenetisch geordnet.

Neue Varianten und revidierte Dignitätskriterien etablierter Tumorentitäten

Bei einer Reihe von etablierten zentral-nervösen Tumoren wurden in den ver-

Pathologe 2002 · 23:260–283DOI 10.1007/s00292-002-0530-8

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Tabelle 1WHO-Klassifikation 2000 Tumoren des Nervensystems. Änderungen gegenüber der WHO-Klassifikation von 1993 unterstrichen

Neuroepitheliale Tumoren

Astrozytäre Tumoren

Diffuses AstrozytomVarianten Fibrilläres Astrozytom

Protoplasmatisches AstrozytomGemistozytäres Astrozytom

Anaplastisches AstrozytomGlioblastomVarianten Riesenzellglioblastom

GliosarkomPilozytisches AstrozytomPleomorphes XanthoastrozytomSubependymales Riesenzellastrozytom (tuberöse Sklerose)

Oligodendrogliale Tumoren

OligodendrogliomAnaplastisches Oligodendrogliom

Mischgliome

OligoastrozytomAnaplastisches Oligoastrozytom

Ependymale Tumoren

EpendymomVarianten Zelluläres Ependymom

Papilläres EpendymomKlarzelliges EpendymomTanyzytisches Ependymom

Anaplastisches EpendymomMyxopapilläres EpendymomSubependymom

Tumoren des Plexus choroideus

PlexuspapillomPlexuskarzinom

Gliale Tumoren unklaren Ursprungs

AstroblastomGliomatosis cerebriChordoides Gliom des 3.Ventrikels

Neuronale und gemischte glioneuronale Tumoren

GangliozytomDysplastisches Gangliozytom des KleinhirnsDesmoplastisches infantiles Astrozytom/GangliogliomDysembryoplastischer neuroepithelialer Tumor (DNT)GangliogliomAnaplastisches GangliogliomZentrales NeurozytomZerebelläres LiponeurozytomParagangliom des Filum terminale

Neuroblastäre Tumoren

Olfaktoriusneuroblastom (Ästhesioneuroblastom)Olfaktoriusneuroepitheliom

Neuroblastom der Nebenniere und des sympathischen Nervensystems

Pinealistumoren

PineozytomPinealisparenchymtumor intermediärer DifferenzierungPineoblastom

Embryonale Tumoren

MedulloepitheliomEpendymoblastomMedulloblastomVarianten Desmoplastisches

MedulloblastomGroßzelliges MedulloblastomMedullomyoblastomMelanotisches Medulloblastom

Supratentorieller primitiver neuroektodermaler Tumor (PNET)Varianten Neuroblastom

GanglioneuroblastomAtypischer teratoider/rhabdoider Tumor (AT/RT)

Tumoren der Meningen

Meningotheliale Tumoren (Meningeome)

Meningotheliales Meningeom WHO-Grad IFibroblastisches Meningeom WHO-Grad ITransitionales Meningeom WHO-Grad IPsammomatöses Meningeom WHO-Grad IAngiomatöses Meningeom WHO-Grad IMikrozystisches Meningeom WHO-Grad ISekretorisches Meningeom WHO-Grad ILymphoplasmazellreiches Meningeom WHO-Grad IMetaplastisches Meningeom WHO-Grad IKlarzelliges Meningeom WHO Grad IIChordoides Meningeom WHO Grad IIAtypisches Meningeom WHO Grad IIPapilläres Meningeom WHO Grad IIIRhabdoides Meningeom WHO Grad IIIAnaplastisches Meningeom WHO Grad III

Mesenchymale, nicht-meningotheliale Tumoren

LipomAngiolipomHibernomLiposarkom (intrakraniell)Solitärer fibröser Tumor (SFT)FibrosarkomMalignes fibröses Histiozytom (MFH)LeiomyomLeiomyosarkomRhabdomyomRhabdomyosarkomChondromChondrosarkom

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gangenen Jahren histologische Tumor-varianten beschrieben, die Eingang indie neue WHO-Klassifikation gefundenhaben. Ferner mussten bei mehrerenTumorentitäten die Dignitätskriterienrevidiert oder zumindest präzisiert wer-den. Letzteres betrifft vor allem die Me-ningeome (s. Abb. 4a–h). Das atypischeMeningeom WHO-Grad II (s. Abb. 4b),das bereits 1993 als eigene WHO-Entitätetabliert worden war, ist jetzt präziserdefiniert (s. Tabelle 6) und schärfer vomanaplastischen Meningeom WHO-GradIII (s.Abb. 4c–f) abgegrenzt. Für das aty-pische Meningeom sind entweder eineauf ≥4 Mitosen pro 10 Gesichtsfelder beistarker Vergrößerung (HPF) erhöhteMitoseaktivität oder mindestens 3 der 5folgenden Kriterien von Bedeutung:

Tabelle 1 (Fortsetzung)

OsteomOsteosarkomOsteochondromHämangiomEpitheloides HämangioendotheliomHämangioperizytomAngiosarkomKaposi-SarkomPrimäre melanozytäre LäsionenDiffuse MelanozytoseMelanozytomMalignes MelanomMeningeale MelanomatoseTumoren unklarer HistogeneseHämangioblastom

Tumoren der Sellaregion

KraniopharyngeomVarianten Adamantinöses

KraniopharyngeomPapilläres Kraniopharyngeom

Xanthogranulom der SellaGranularzelltumor

Tumoren der peripheren Nerven

Neurinom (Schwannom, Neurilemmom)Varianten Zelluläres Neurinom

(Schwannom)Plexiformes Neurinom (Schwannom)Melanotisches Neurinom (Schwannom)

Neurofibrom

Plexiformes NeurofibromDermales Neurofibrom

PerineuriomIntraneurales PerineuriomPerineuriom der Weichteile

Maligner peripherer Nervenscheidentumor (MPNST)

Varianten Epitheloider MPNSTMPNST mit diverg.mesenchymaler/epithelialer DifferenzierungGlandulärer MPNSTMaligner Triton-TumorMelanotischer MPNSTMelanotischer psammomatöser MPNST

Lymphome und hämatopoetische Tumoren

Maligne LymphomePlasmozytomGranulozytäres Sarkom (Chlorom)

Keimzelltumoren

GerminomEmbryonales KarzinomDottersacktumorChoriokarzinomTeratomVarianten Reifes Teratom

Unreifes TeratomTeratom mit maligner Transformation

Gemischte Keimzelltumoren

Metastatische Tumoren

1. erhöhte Zelldichte,2. kleinzellige Tumorpopulation,3. prominente Nukleolen,4. Architekturverlust und 5. Nekrosen (s. Tabelle 6).

Bei diesem Tumor sind engmaschigerepostoperative Kontrollen angezeigt. DieDiagnose eines anaplastischen Menin-geoms WHO-Grad III wird nur noch bei Tumoren mit exorbitanter mitoti-scher Aktivität (20 oder mehr Mitosenpro 10 HPF) oder offensichtlichen Mali-gnitätsmerkmalen mit sarkom-, karzi-nom- oder melanomähnlichem Erschei-nungsbild gestellt (s. Tabelle 6). Das pa-pilläre Meningeom (s. Abb. 4h), dasdurch pseudopapilläre Architekturengekennzeichnet ist, und das rhabdoide

Meningeom (s. Abb. 4g) entsprechen inihrer biologischen Wertigkeit bereits perse dem WHO-Grad III, weil sie sich kli-nisch wie das anaplastische Meningeomverhalten.Bei diesen Fällen ist eine post-operative Radiotherapie angezeigt.

Die bislang nur unscharf wiederge-gebenen Parameter für die Diagnose ei-nes Oligoastrozytoms hat man nun en-ger gefasst. Auch für das anaplastischeEpendymom WHO-Grad III sind nundefinitive Kriterien festgelegt. Statt desPineozytoms/Pineoblastoms wurde dieneue Entität eines Pinealisparenchymtu-mors intermediärer Differenzierung indie Klassifikation aufgenommen.

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Tabelle 2WHO-Gradierung von ZNS-Tumoren

Tumorfamilie Tumorentität Grad I Grad II Grad III Grad IV

Astrozytäre Tumoren Pilozytisches Astrozytom oDiffuses Astrozytom oAnaplastisches Astrozytom oGlioblastom o

Oligodendrogliome Oligodendrogliom oAnaplastisches Oligodendrogliom o

Mischgliome Oligoastrozytom oAnaplastisches Oligoastrozytom o

Ependymale Tumoren Myopapilläres Ependymom oSubependymom oEpendymom oAnaplastisches Ependymom o

Pleustumoren Plexuspapillom oPlexuskarzinom o

Glioneuronale/ Gangliogliom o oneuronale Tumoren DNT o

Zentrales Neurozytom oZerebelläres Liponeurozytom o o

Pinealistumoren Pineozytom oPineoblastom oPinealisparenchymtumor (o)intermediärer Differenzierung

Embryonale Tumoren Medulloblastom oAT/RT oAndere PNET oNeuroblastom oEpendymoblastom o

Tumoren der Neurinom operipheren Nerven Neurofibrom o

MPNST o o

Tumoren der Meningen Meningeom oAtypisches Meningeom oKlarzelliges Meningeom oChordoides Meningeom oAnaplastisches Meningeom oPapilläres Meningeom oRhabdoides Meningeom oHämangioperizytom o o

DNT dysembryoplastischer neuroepithelialer Tumor, PNET primitiver neuroektodermaler Tumor,AT/RT atypischer teratoider/rhabdoider Tumor, MPNST maligner peripherer Nervenscheidentumor.

Tumorentitäten, die neuerdings in WHO-Faszikeln anderer Organe abgehandelt werden

Manche Tumoren werden traditionellvom Neurochirurgen angegangen undvom Neuropathologen befundet,obwohles sich definitionsgemäß um Tumorenanderer Organsysteme handelt. Dies be-

trifft vor allem Tumoren der Schädelba-sis, wie Chordome, Chondrome undChondrosarkome, ferner aus der Umge-bung einwachsende Tumoren wie ver-schiedene Karzinome. Diese Tumorenwerden in dem neuen WHO-Band derTumoren des Nervensystems nicht mehrangeführt und müssen fallweise in denentsprechenden Bänden zu anderen Or-

gansystemen nachgelesen werden.Auchtumorartige und dysontogenetische,meist zystische Läsionen wie die Rath-ke-Zyste, Epidermoidzyste, Dermoidzy-ste, Kolloidzyste des III. Ventrikels, ent-erogene Zysten, neurogliale Zysten, dashypothalamische neuronale Hamartom,nasale Gliaheterotopien (nasales Gliom)und das Plasmazellgranulom werdennicht mehr besprochen. Ebenso sind dasHypophysenadenom und das selteneHypophysenkarzinom nicht mehr beiden Tumoren des Nervensystems abge-handelt.

Neuroepitheliale Tumoren

Astrozytäre Tumoren

Diese häufigsten glialen Tumoren kön-nen grob in 2 Gruppen unterteilt wer-den:

Die 1. Gruppe umfasst die diffus in-filtrierend wachsenden astrozytären Tu-moren, bestehend aus dem diffusenAstrozytom (fibrilläre, protoplasmati-sche und gemistozytische Varianten),dem anaplastischen Astrozytom unddem Glioblastom (Varianten: Riesen-zellglioblastom und Gliosarkom).

Die 2. Gruppe der astrozytären Tu-moren präsentiert sich in der Regel miteinem besser abgegrenzten Wachstumgegenüber dem Hirngewebe und gehtmit einer vergleichsweise besseren Pro-gnose einher. Sie umfasst das pilozyti-sche Astrozytom, das pleomorphe Xan-thoastrozytom und das subependymaleRiesenzellastrozytom.

Bei den Astrozytomen sind außerder Namensänderung von „Astrozytom“zu „diffusem Astrozytom“, durch die derUnterschied dieser Tumoren zu denniedriggradigen Astrozytomen der2. Gruppe betont werden soll, keine we-sentlichen neuen Änderungen im Hin-blick auf die histologische Diagnostik indie WHO-Klassifikation eingeflossen.

Vor kurzem wurde das pilomyxoideAstrozytom als mögliche Variante der pi-lozytischen Astrozytome beschrieben[35]. Es zeichnet sich durch eine myxo-ide Matrix und angiozentrische Archi-tektur (s. Abb. 1b) aus und scheint eineungünstigere Prognose als die gängigenpilozytischen Astrozytome zu tragen [5].Die bislang vorliegenden Befunde warenjedoch noch nicht ausreichend, um daspilomyxoide Astrozytom als Entität zuetablieren.

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Pleomorphes Xanthoastrozytom(WHO-Grad II)

Dieser Tumor weist trotz seines beunru-higend pleomorphen mikroskopischenErscheinungsbildes häufig eine günsti-ge postoperative Prognose auf.Pleomor-phe Xanthoastrozytome werden daherin den WHO-Grad II eingestuft. Schwie-rig ist die Gradierung von Tumoren, diehistologisch Zeichen der Anaplasie inForm von Mitosen, pathologischen mi-krovaskulären Proliferaten oder Nekro-sen aufweisen. In Verlaufsuntersuchun-gen zeigten derartige Tumoren im Ver-gleich zu den diffusen anaplastischenAstrozytomen und Glioblastomen einengünstigeren Verlauf. Die in der altenWHO-Klassifikation vorgesehene Ein-stufung derartiger Tumoren als „anapla-stisches pleomorphes Xanthoastrozy-tom WHO-Grad III“ ist daher in der jet-zigen WHO-Klassifikation nicht mehrvorgesehen. Die Klassifikation erfolgtnun als "pleomorphes Xanthoastrozytommit Anaplasiezeichen" ohne Angabe ei-nes WHO-Grades. Diese Patienten müs-sen aber postoperativ in engmaschigenAbständen kontrolliert werden, da dasweitere Verhalten solcher Tumoren imEinzelfall nicht sicher vorhersagbar istund auch ungünstige Verläufe mit ra-scher Rezidivbildung beschrieben sind.Eine adjuvante Strahlentherapie wirdbei neuroradiologischem oder klini-schem Nachweis eines Tumorprogressesempfohlen.

Oligodendrogliale Tumoren

Bei den Oligodendrogliomen korreliertdas vornehmlich für astrozytäre Gliomekonzipierte histologische Gradierungs-schema nur in modifizierter Form mitder biologischen Dignität dieser Tumo-ren. Andererseits ist es besonders wich-tig, diesen Tumortyp zu erkennen undihn von den astrozytären Gliomformendifferenzialdiagnostisch sicher abzu-grenzen, weil insbesondere das anapla-stische Oligodendrogliom häufig auf ei-ne Polychemotherapie sehr gut an-spricht.Daher wurden von der WHO diehistologischen Kriterien zum Nachweisoligodendroglialer Komponenten inGliomen verfeinert und die Dignitätskri-terien präzisiert.Allerdings sind auf demGebiet oligodendroglialer Tumoren ausunserer Sicht im WHO-Consensus nocheinige Probleme ungelöst geblieben.

Oligodendrogliom (WHO-Grad II)

Die Tumorzellen in Oligodendroglio-men besitzen relativ gleichförmige, ab-gerundete, hyperchromatische Kerneund ein klares Zytoplasma mit promi-nenten Zellgrenzen (Honigwabenmu-ster). Diese Eigenschaft kommt dadurchzustande, dass das Zytoplasma der Gli-omzellen bei der histopathologischenAufarbeitung herausgelöst wird. AufKryostatschnitten (Schnellschnitt) istdieses Merkmal nicht vorhanden. Daherist im Schnellschnittpräparat eine zu-verlässige Oligodendrogliomdiagnoseschwierig. Charakteristischerweise wirddas Tumorgewebe von einem sehr dich-ten,sich maschendrahtartig verzweigen-den Kapillarnetz durchzogen. Die Mehr-zahl der Oligodendrogliome weist un-terschiedlich ausgeprägte Verkalkungenim Tumorgewebe und im Tumorrandge-biet auf, die häufig bereits neuroradio-logisch erkennbar sind. Eine signifikan-te Mitoseaktivität, Endothelproliferateund Tumorgewebsnekrosen fehlen.Häufig zeigen Oligodendrogliome eineInfiltration in den Kortex mit Ausbil-dung von sog. Sekundärstrukturen inForm von perineuronalen Satellitosen,perivaskulären Tumorzellansammlun-gen und subpialen Tumorzellaggrega-ten. Auch der angrenzende Subarach-noidalraum kann infiltriert sein, wasdann nicht selten zu einer desmoplasti-schen Reaktion führt. Gelegentlich zei-gen Oligodendrogliome rhythmischeArchitekturen mit parallelen Kernrei-hen in Palisadenstellung (spongiobla-stomartiges Wachstumsmuster).

Neben den typischen Honigwaben-zellen können in Oligodendrogliomenauch Tumorzellen mit der Morphologievon kleinen Gemistozyten, sog. Mini-gemistozyten, vorkommen. Diese Zellensind durch ein eosinophiles, GFAP-posi-tives Zytoplasma und exzentrisch gela-gerte Kerne charakterisiert. Ein weitererZelltyp sind die sog. gliofibrillären Oli-godendrozyten, die sich morphologischnicht von den typischen Honigwaben-zellen unterscheiden, immunhistoche-misch jedoch eine Expression von GFAPzeigen. Einzelfälle von Oligodendroglio-men, die vornehmlich aus Siegelringzel-len oder eosinophilen Granularzellenbestehen, sind beschrieben.

Im Schnitt ist die Prognose von Oli-godendrogliomen WHO-Grad II günsti-ger als die von diffusen Astrozytomen

WHO-Grad II. Verläufe über 10 Jahresind keine Seltenheit.

Anaplastisches Oligodendrogliom(WHO-Grad III)

Anaplastische Oligodendrogliome sindähnlich häufig wie die WHO-Grad-II-Oligodendrogliome. Histologisch han-delt es sich um ein zellreiches Oligoden-drogliom, das Anaplasiemerkmale, d. h.eine hohe mitotische Aktivität, patholo-gische mikrovaskuläre Proliferate sowienicht selten auch Tumorgewebsnekro-sen (mit und ohne Pseudopalisaden)aufweist. Im Gegensatz zu diffusenAstrozytomen berechtigen Nekrosen inoligodendroglialen Tumoren nicht zurDiagnose eines Glioblastoms. In man-chen Fällen geht die typische Honigwa-benarchitektur in den malignen Antei-len verloren. Hier können zytoplasma-reiche oder auch spindelzellige Zellfor-men vorkommen. GFAP-positive gliofi-brilläre Oligodendrozyten und Mini-gemistozyten sind in anaplastischenOligodendrogliomen häufig. In einemkleinen Teil der anaplastischen Oligo-dendrogliome zeigt sich eine prominen-te Zellpleomorphie mit mehrkernigenRiesenzellen (polymorphe Variante).

Das immunhistochemische Expres-sionsmuster entspricht weitgehend demWHO-Grad-II-Oligodendrogliom.GFAP-positive Tumorzellen sind jedochhäufiger zu finden. Beim Vorliegen grö-ßerer Tumoranteile mit GFAP-positivenTumorzellen und astrozytärer (fibrillä-rer oder gemistozytischer) Morphologiesollte die Diagnose eines anaplastischenOligoastrozytoms WHO-Grad III(s.Abb. 1a) gestellt werden. Immunhisto-chemische Untersuchungen mit demMIB1-Antikörper zeigen meist Prolife-rationsraten oberhalb von 10%.

Auch beim anaplastischen Oligo-dendrogliom WHO-Grad III gilt, dassdie Verläufe im Vergleich zu anaplasti-schen Astrozytomen WHO-Grad III imSchnitt deutlich günstiger sind. Durchdas gute Ansprechen eines Großteils deranaplastischen Oligodendrogliome aufeine adjuvante Polychemotherapie istdieser prognostische Unterschied in denletzten Jahren noch wesentlich deutli-cher geworden.

Die differenzialdiagnostische Ab-grenzung von Glioblastomen mit hell-zelligen Anteilen kann schwierig sein.Eine maligne Progression vom anapla-

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stischen Oligodendrogliom zum Glio-blastom wird nur selten beobachtet.Die-se Diagnose erscheint nur dann gerecht-fertigt, wenn neben oligodendrogliom-typischen Anteilen auch eine entdiffe-renzierte Tumorkomponente mit cha-rakteristischen Merkmalen des Gliobla-stoms vorhanden ist (s. „Glioblastommit oligodendroglialer Komponente“).

Genetische Prädiktoren von Chemosensitivi-tät und Prognose. Cairncross et al. [8]konnten erstmalig zeigen,dass sowohl dasAnsprechen von anaplastischen Oligo-dendrogliomen auf eine Polychemothera-pie mit Procarbazin, CCNU und Vincri-stin (PCV) als auch die Prognose dieserTumoren signifikant mit bestimmten ge-netischen Veränderungen in den Tumor-zellen korrelieren.So sprechen anaplasti-sche Oligodendrogliome mit Allelverlu-sten auf dem Chromosomenarm 1p (oderkombinierten Verlusten auf 1p und 19q)wesentlich besser auf eine PCV-Chemo-therapie an und haben eine deutlich gün-stigere Prognose als histologisch gleich-artige Tumoren, die keine Verluste auf 1pzeigen,stattdessen aber eine homozygoteDeletion des CDKN2A-Gens aufweisen.Die prognostische Relevanz von 1p-Dele-tionen wurde kürzlich in unabhängigenStudien bestätigt [11, 32].

Mischgliome (Oligoastrozytome)

Oligoastrozytome sind diffus infiltrie-rend wachsende Gliome, die durch eineauffällige Mischung aus 2 unterschied-

lich differenzierten Tumorzellpopulatio-nen mit astrozytärem und oligodendro-glialem Phänotyp charakterisiert sind.Diese unterschiedlichen Tumorzellpo-pulationen können räumlich getrennt inverschiedenen Tumorabschnitten vor-kommen oder diffus (s.Abb. 1a) mitein-ander vermischt sein.

Oligoastrozytom (WHO-Grad II) und anaplastisches Oligoastrozytom(WHO-Grad III)

Oligoastrozytome und anaplastischeOligoastrozytome machen gemeinsameinen Anteil von weniger als 10% allerGliome aus.Häufigkeitsangaben schwan-ken allerdings je nach eingesetzten Dia-gnosekriterien. Deshalb hat die WHOversucht, die Kriterien zur Klassifikati-on eines Mischglioms zu vereinheitli-chen. Im Wesentlichen fordert sie dazuden Nachweis einer augenfälligen2. Komponente („conspicuous compo-nent“), d. h. zumindest in einem um-schriebenen Bereich eine zweifelsfreinachweisbare Fraktion eines eindeutigoligodendroglialen bzw. astrozytärenTumorzelltyps.Einen gewissen Schwach-punkt im WHO-Consensus stellt unse-rer Meinung nach die Tatsache dar, dassman sich bezüglich des Mindestanteilsder kleineren Komponente auf keineRichtwerte einigen konnte.

Die oligodendrogliale Komponenteist in der Regel durch die typischen Zel-len mit runden Kernen und hellem Zy-toplasma (charakteristische Honigwa-

benstruktur) sowie die dichte, maschen-drahtartige Kapillarisierung gekenn-zeichnet. Bei der astrozytären Kompo-nente kommen sowohl fibrilläre als auchgemistozytäre Zellformen vor.Die in rei-nen Oligodendrogliomen gelegentlichnachweisbaren Minigemistozyten rei-chen alleine nicht zur Diagnose einesOligoastrozytoms aus. Verkalkungenlassen sich häufig beobachten.

Oligoastrozytome können sowohlals gut differenzierte Tumoren (WHO-Grad II) als auch als anaplastische Vari-anten (WHO-Grad III) auftreten. Merk-male der Anaplasie sind sowohl imastrozytären als auch im oligodendro-glialen Anteil möglich.Wesentliche Ana-plasiezeichen sind eine hohe Mitoseak-tivität, zelldichte Tumoranteile mit nu-kleären und zellulären Atypien sowieGefäßproliferate. Nekrosen können vor-kommen. Ein Übergang in ein Gliobla-stom ist möglich, wobei die diagnosti-schen Kriterien hier leider unscharfsind. Die Verläufe sind variabel. Sie äh-neln zum Teil denen astrozytärer Glio-me,entsprechen zum Teil aber auch eherdenen oligodendroglialer Neoplasien.

Der immunhistochemische Nach-weis von GFAP ist hilfreich, da er häufigin der astrozytären Komponente deut-lich stärker ausgeprägt ist. Das S100-Protein wird in beiden Komponentenexprimiert. Etwa 30% der Oligoastrozy-tome zeigt eine starke nukleäre Immun-reaktivität für p53, zumeist in beiden Tu-morzellpopulationen. Der MIB1-Indexliegt bei anaplastischen Oligoastrozyto-men meist deutlich über 10% [10].

Molekulare Neuroonkologie. MolekulareArbeiten aus der jüngeren Vergangenheithaben interessante Hinweise dafür er-bracht,dass sich Oligoastrozytome in mo-lekulargenetisch definierte Subtypen un-terteilen lassen.Eine Variante ist durch einoligodendrogliomähnliches Muster gene-tischer Läsionen charakterisiert,d.h.zeigtAllelverluste auf den Chromosomenar-men 1p und 19q. Ein zweiter Typ zeigtähnlich den diffusen Astrozytomen Mu-tationen im TP53-Gen und keine Allelver-luste auf 1p und 19q.Eine wichtige Aufga-be für die Zukunft wird es sein, möglicheUnterschiede in den klinischen Verläufenund dem Ansprechen auf adjuvante The-rapie zwischen diesen genetisch definier-ten Varianten herauszuarbeiten.

Abb. 1a–h � Gliome und Perineuriom. a Oligoastrozytom (Mischgliom). Die Diagnose eines Misch-glioms ist nur dann zulässig, wenn jede Tumorfraktion zumindest abschnittsweise augenfällig(„conspicuous component“) vertreten ist. So wird in dem abgebildeten anaplastischen Oligoastro-zytom (WHO-Grad III) die oligodendrogliale Tumorfraktion aufgrund ihrer charakteristischen perinu-kleären hellen Höfe zwischen den astrozytären Tumorzellen deutlich. b Pilomyxoides Astrozytom.Das pilomyxoide Astrozytom ist bislang von der WHO noch nicht als eigenständige Variante despilozytischen Astrozytoms akzeptiert. Im Vergleich mit dem klassischen pilozytischen Astrozytomzeichnet es sich vor allem durch eine monomorphe Population von fortsatztragenden Tumorzellenaus, die in einer mikrozystisch-myxoiden Matrix liegen. Rosenthal-Fasern und meist auch eosino-phile granuläre Körper fehlen. Ein angiozentrisches Muster gilt als sehr typisch. Es gibt erste Hinwei-se, dass diese Variante sich biologisch ungünstiger verhält als das klassische pilozytische Astrozytom.c Anaplastisches Ependymom. Bei Ependymomen wurden Anaplasiemerkmale neu festgelegt. Einezelldichte, blauzellige Tumorpopulation mit hoher Mitoseaktivität gilt als ein wesentliches Anapla-siekriterium. Nekrosen mit Pseudopalisaden und Gefäßproliferate sprechen ebenfalls für Anaplasie.d Astroblastom. Die WHO hat das Astroblastom als eigenständige Entität beibehalten. Als charakteri-stisch gelten die astroblastären Pseudorosetten, wobei im Gegensatz zu ependymalen Pseudoroset-ten die astroblastären Tumorzellen nicht spitz zulaufende, sondern breitbasige (stempelförmige)Zellfortsätze ausbilden. Besonders eindrucksvoll sieht man dies in der GFAP-Färbung. e–h Perineu-riom. Das Perineuriom imitiert nicht nur klinisch sondern auch histologisch, und zwar sowohl in derÜbersicht (e) als auch im Detail (f ), die hypertrophe Neuropathie. Sie ist aber segmental ausgebildet.Die Tumorzellen dieses neu in die WHO-Klassifikation aufgenommenen Tumortyps entsprechenneoplastischen Perineuralzellen, die sich immunhistochemisch EMA-positiv (g) und S-100-negativdarstellen (lediglich residuale Schwann-Zellen positiv, h)

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„Glioblastom mit oligodendroglialerKomponente“

Ein sehr schwieriges differenzialdiagno-stisches Problem, das in der neuenWHO-Klassifikation kurz angesprochenwird, ist die Abgrenzung eines anapla-stischen Oligoastrozytoms WHO-Grad III von einem Glioblastom WHO-Grad IV. Diese Frage kommt nicht seltenauf, da auch in ansonsten typischenGlioblastomen gelegentlich Anteile vor-kommen können, die ein oligodendro-gliomartiges Erscheinungsbild aufwei-sen. Da zumindest die Wahrscheinlich-keit besteht, dass auch derartige Tumo-ren positiv auf eine adjuvante PCV-Che-motherapie ansprechen, halten wir esfür gerechtfertigt, im Einzelfall die Dia-gnose eines „Glioblastoms mit oligoden-droglialer Komponente“ zu stellen, umden behandelnden Kliniker für die zu-sätzliche therapeutische Option derChemotherapie zu sensibilisieren. Esmuss sich aber in zukünftigen Studienzeigen, ob sich „Glioblastome mit oligo-dendroglialer Komponente“ wirklichprognostisch von „normalen“ Gliobla-stomen auf der einen Seite und anapla-stischen Oligoastrozytomen auf der an-deren Seite unterscheiden.

Ependymale Tumoren

Ependymom (WHO-Grad II)

Ependymome werden in den WHO-Grad II eingruppiert.Allerdings fällt beidiesen Tumoren immer wieder auf, dasserhebliche Diskrepanzen zwischen demhistopathologischen Grad und dem kli-nischen Verlauf bestehen können. Diesgilt insbesondere für Ependymome imKindesalter. Engmaschige Verlaufskon-trollen sind daher auch beim Epen-dymom WHO-Grad II angezeigt.

In der neuen WHO-Klassifikationsind 4 histopathologische Varianten desEpendymoms gelistet.Sie werden als zel-luläres Ependymom, papilläres Epen-dymom, klarzelliges Ependymom undtanyzytisches Ependymom bezeichnet.Beim zellreichen (zellulären) Epen-dymom WHO-Grad II ist die Differenzie-rung vom anaplastischen EpendymomWHO-Grad III wichtig. Es fehlen eine si-gnifikante Mitoseaktivität sowie andereAnaplasiemerkmale.Das papilläre Epen-dymom ist durch papilläre Wachstums-architekturen gekennzeichnet und muss

differenzialdiagnostisch von Plexuspapil-lomen,von papillären Meningeomen undvon papillären Karzinomen abgegrenztwerden. Hierbei können die für die ein-zelnen Tumoren jeweils typischen im-munhistochemischen Markerprofile sehrhilfreich sein. Das klarzellige Epen-dymom ist histologisch durch oligoden-drogliomartige Zellen mit wasserklaremZytoplasma charakterisiert.Diese Varian-te tritt vornehmlich supratentoriell beijungen Patienten auf. Sie muss differen-zialdiagnostisch von einem Oligodendro-gliom, zentralen Neurozytom und einerhellzelligen Karzinommetastase unter-schieden werden.Das tanyzytische Epen-dymom tritt vorwiegend spinal auf undist histologisch durch bipolar spindeligeTumorzellen mit langen Fortsätzen cha-rakterisiert. Ependymale Rosetten undPseudorosetten sind selten oder könnensogar fehlen, sodass die Unterscheidungvon einem astrozytären Gliom,insbeson-dere einem pilozytischen Astrozytom,ge-legentlich schwierig sein kann. Ultra-strukturell zeigen diese Tumoren jedocheindeutig ependymale Merkmale, wiez. B. Zilien in 9+2-Anordnung, Ble-pharoblasten und Mikrovilli.

Anaplastisches Ependymom (WHO-Grad III)

Aufgrund der bisher uneinheitlichenKriterien für die histopathologischeEinstufung sind exakte Angaben zur In-zidenz anaplastischer Ependymomenicht vorhanden. Deshalb hat man auchhier im WHO-Consensus versucht, dieDignitätskriterien genauer zu formulie-ren und zu vereinheitlichen. Wahr-scheinlich liegt die Häufigkeit im Be-reich von 2–5% der glialen Neoplasien.Der Eindruck aus der diagnostischenPraxis deutet darauf hin, dass anaplasti-sche Ependymome im Kindesalter häu-figer sind.

Ein wesentliches Kriterium für dieEinstufung eines Ependymoms als ana-plastisch sind Zelldichte, blauzellige, un-differenzierte Anteile mit Mitosen(s.Abb. 1c) und einer Proliferationsfrak-tion deutlich oberhalb von 5%. Patholo-gische mikrovaskuläre Proliferate undNekrosen mit Pseudopalisaden spre-chen ebenfalls für ein anaplastischesEpendymom. Nekrosen ohne Pseudopa-lisaden können dagegen auch in WHO-Grad-II-Ependymomen vorkommen.Perivaskuläre Pseudorosetten sind in

anaplastischen Ependymomen nach-weisbar, während echte ependymale Ro-setten häufig fehlen.

Eine fortschreitende Malignisie-rung anaplastischer EpendymomeWHO-Grad III zu Tumoren mit Merk-malen eines Glioblastoms WHO-Grad IV wird beschrieben, erscheint al-lerdings sehr selten.

Das myxopapilläre Ependymom(WHO-Grad I) im Bereich der Caudaequina und das Subependymom (WHO-Grad I) sind schon langzeitig etabliertegutartige Tumorentitäten.

Tumoren des Plexus choroideus

Auch beim Plexuspapillom (WHO-Grad I) und dem Plexuskarzinom(WHO-Grad III) haben sich keine we-sentlichen Neuerungen ergeben.

Seltene Varianten sind Plexuspapil-lome mit onkozytischen Zellen, starkermuzinöser Degeneration, Melaninpig-mentierung oder tubuloglandulärenFormationen.

Für Tumoren mit verstärkter Mito-seaktivität, aber ohne weitergehendeAnaplasiezeichen, wurde die Diagnose„atypisches Plexuspapillom“ vorgeschla-gen. Exakte Kriterien zur Abgrenzungdieser Tumoren von benignen Plexuspa-pillomen auf der einen und Plexuskar-zinomen auf der anderen Seite fehlenaber noch.

Gliale Tumoren unklaren Ursprungs

Unter dieser Überschrift werden in derWHO-Klassifikation 3 seltene Entitätenzusammengefasst: das Astroblastom, dieGliomatosis cerebri und das chordoideGliom des III. Ventrikels.

Das Astroblastom und die Glioma-tosis cerebri fanden 1993 zusammen mitdem polaren Spongioblastom in demKapitel „Neuroepitheliale Tumoren un-klaren histogenetischen Ursprungs“Eingang in die WHO-Klassifikation.Beim polaren Spongioblastom war dieWHO-Kommission der Auffassung,dasses sich hierbei nicht um eine eigenstän-dige Tumorentität handelt, sondern viel-mehr um eine Besonderheit in der Tu-morarchitektur, die bei verschiedenenTumoren wie Gliomen und primitivenneuroektodermalen Tumoren in fokalerAusprägung auftreten kann. Das polareSpongioblastom wurde daher aus demTumorkatalog der WHO entfernt.

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Abb. 2a–f � Neue Tumorentitäten, die vom Medulloblastom abgegrenztwurden. a–c Zerebelläres Liponeurozytom. Das zerebelläre Liponeurozy-tom wurde vormals als lipomatöses Medulloblastom den embryonalenTumoren zugeordnet. Neben der charakteristischen lipozytenartigenZytoplasmaverfettung (a–c) weisen die relativ monotonen kleinen Tumorzellen immunhistochemisch neuronale Differenzierungsmerkmale(Synaptophysin, b) und eine relativ niedrige Proliferationsaktivität (MIB-1, c) auf. Diese histologischen Befunde korrelieren klinisch mit einerim Vergleich zum Medulloblastom deutlich besseren Prognose.

d–f Atypischer teratoider/rhabdoider Tumor (AT/RT). Auch dieser Tumorverbarg sich vor der Etablierung als eigene Entität meist als Medullobla-stom oder PNET in der Gruppe der embryonalen Tumoren. Er ist durch einePopulation rhabdoider Zellen mit breitem eosinophilem Zytoplasma (d)

und exzentrisch situierte blasige Kerne (f ) charakterisiert. In der immun-histochemischen Färbung für Vimentin ist ein kappenartiges Muster (sog.„Capping-Phänomen“) typisch (e). Zusätzlich können neural oder epithelial differenzierte [panepitheliales Antigen (Lu 5)] (f ), sowie teratoide Tumoranteile vorliegen

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Astroblastom

Das Astroblastom (s. Abb. 1d) tritt vor-nehmlich in den Großhirnhemisphärenvon Kindern auf.Es ist normalerweise gutabgegrenzt und zeigt eine homogeneSchnittfläche. Nekrosen und Zysten kön-nen vorkommen. Dieser zellreiche, nichtinfiltrativ wachsende gliale Tumor weisttypische perivaskuläre „astroblastische“Pseudorosetten auf. Im Unterschied zuependymalen Pseudorosetten sind dieastroblastischen Pseudorosetten durchbreitbasige, nicht spitz zulaufende Fort-sätze charakterisiert s. Abb. 1d). Dadurchdominiert in manchen Tumorarealen einpseudopapilläres Wachstumsmuster. Dieeigentlichen Tumorzellen besitzen zu-meist ein plumpes Zytoplasma mit exzen-trisch gelagerten Kernen und sind positivfür GFAP (s.Abb. 1d) sowie Protein S100.

Fokale astroblastische Differenzie-rungen können gelegentlich in anapla-stischen Astrozytomen oder Glioblasto-men vorkommen. Nur gut abgegrenzteTumoren mit durchgehend astroblasti-scher Differenzierung sollten als Astro-blastom klassifiziert werden.

Für diesen extrem seltenen Tumorhat die WHO-Klassifikation bislangnoch keinen WHO-Grad vorgesehen.Histologische Merkmale für Malignitätsind eine hohe mitotische Aktivität,zelluläre Atypie und pathologische mi-krovaskuläre Proliferate. Nekrosen kön-nen sowohl bei niedriggradigen als auchbei malignen Astroblastomen vorkom-men. Die Prognose für niedriggradigeAstroblastome kann bei vollständigerResektion günstig sein.

Gliomatosis cerebri

Die Gliomatosis cerebri definiert sich alsein in großen Teilen des Gehirns diffusinfiltrierend wachsender glialer Tumor.Definitionsgemäß müssen mehr als 2 ze-rebrale Lappen vom Tumor betroffensein. Nicht selten dehnt sich der Tumorauch nach infratentoriell, gelegentlichsogar nach spinal aus. Man kann 2 Ty-pen der Gliomatose unterscheiden: Typ 1entspricht der klassischen Gliomatosemit diffuser Schwellung der infiltriertenHirnareale. Beim Typ 2 treten zusätzlichfokale Raumforderungen auf, gewöhn-lich nach Art eines anaplastischenAstrozytoms oder Glioblastoms.

Histopathologisch ist die Gliomato-sis cerebri durch diffus in der weißen

Substanz infiltrierend wachsende, häu-fig elongierte gliale Tumorzellen mit zu-meist fibrillären, manchmal auch gem-istozytären astrozytären Differenzie-rungsmerkmalen gekennzeichnet. Oli-godendrogliale Gliomatosen sind eben-falls beschrieben. Typisch ist, dass zwi-schen den Tumorzellen immer noch ort-ständige weiße Substanz mit bemarktenAxonen erhalten bleibt. Eine Kortexin-filtration ist möglich. Die mitotische Ak-tivität ist variabel; pathologische mi-krovaskuläre Proliferate fehlen häufig.Bei der Typ-2-Gliomatose können diefokalen Herde allerdings alle histologi-schen Charakteristika eines Gliobla-stoms zeigen.

Immunreaktivität für GFAP undProtein S100 ist variabel ausgeprägt.Nicht selten sind lediglich reaktiveAstrozyten GFAP-positiv, während dieeigentlichen Tumorzellen sich nichtmarkieren.

Die Dignität dieser sehr seltenenTumorerkrankung entspricht meist demWHO-Grad III. Die Prognose ist in derRegel schlecht.

Chordoides Gliom des III. Ventrikels

Chordoide Gliome liegen charakteristi-scherweise im vorderen Teil des III.Ven-trikels und dehnen sich nach suprasel-lär aus. Sie sind makroskopisch gut ab-gegrenzt und meist solide. Zysten wur-den in Einzelfällen beschrieben.Von die-sem sehr seltenen Tumor des Erwachse-nenalters sind bislang ca. 20 Fälle be-schrieben.

Histologisch präsentiert sich daschordoide Gliom (s. Abb. 3a) mit einemsehr charakteristischen Erscheinungs-bild. Die Tumorzellen wirken epitheloid.Sie besitzen reichlich eosinophiles Zyto-plasma, kurze Zellfortsätze und gleich-förmige Kerne. Die Tumorzellen liegenin Chordom-artigen Nestern oderSträngen in einer muzinösen Matrix.Man findet reichlich lymphoplasmazel-luläre Infiltrate, z. T. mit Russell-Körper-chen. Mitosen sind selten oder fehlen.Nekrosen und pathologische mikrovas-kuläre Proliferate finden sich nicht. Zwi-schen den Tumorzellen erkennt man einwechselnd dichtes Retikulinfasernetz-werk. Gegenüber dem angrenzendenHirngewebe ist der Tumor gut abge-grenzt. Hier findet sich typischerweiseeine pilozytische Gliose mit Rosenthal-Fasern.

Die Tumorzellen sind positiv fürGFAP (s. Abb. 3b),Vimentin und CD34.Immunreaktivität für Protein S100 istwechselnd stark ausgeprägt. In einemTeil der Fälle finden sich epithelia-le Membranantigen- (EMA-) oder Zy-tokeratin-positive Zellen [27]. DerMIB1-Index ist niedrig (<5%). Immun-reaktivität für p53 ist nicht nach-weisbar.

Die WHO empfiehlt eine Einstu-fung in den WHO-Grad II.Aufgrund derLage des Tumors ist eine vollständigeResektion nicht immer möglich. Post-operative Komplikationen sind nicht sel-ten. Der Wert einer primären oder adju-vanten Radiotherapie ist bislang nichtendgültig geklärt.

Die wichtigsten Differenzialdiagno-sen sind das chordoide Meningeom(Abb. 2c, d), das Chordom, das Chondro-sarkom und eine Metastase eines hepa-tozellulären Karzinoms. Diese Tumorenlassen sich durch immunhistochemi-sche Untersuchungen vom chordoidenGliom unterscheiden (s. Tabelle 7).

Neuronale und glioneuronale Tumoren

In diese Gruppe fallen diejenigen neu-roepithelialen Tumoren, die aus einerrein neuronalen oder der Kombinationeiner glialen und einer neuronalen Tu-morzellkomponente bestehen. Es han-delt sich praktisch immer um hochdif-ferenzierte, niedrigmaligne Tumoren,die überwiegend im jungen Lebensalterauftreten und häufig mit fokalen Epilep-sien [38] assoziiert sind. Aus diesemGrund beobachtet man eine relativeHäufung dieser Entitäten an epilepsie-chirurgischen Zentren. In der neuroon-kologischen Praxis spielen die folgendenTumorarten eine Rolle:

Gangliogliom und Gangliozytom(WHO-Grad I)

Gangliogliome machen weniger als 2%aller gehirneigenen Tumoren aus. BeiPatienten mit chronischen, therapiere-fraktären fokalen Epilepsien sind sie da-gegen die häufigste Tumorart [38]. Sietreten bevorzugt im Temporallappenjunger Erwachsener auf.

Im klassischen Fall beobachtet manhistologisch einen biphasischen Tumor-aufbau mit einer häufig faserreichenastrozytären Komponente sowie dys-

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morphen,atypisch gestalteten Ganglien-zellen. Es ist umstritten, ob es sich wirk-lich um neoplastische oder um dyspla-stische Neurone handelt.Die gliale Kom-ponente des Ganglioglioms überwiegt inder Regel deutlich und kann ein varia-bles Erscheinungsbild zeigen. Häufig er-innert sie an das pilozytische Astrozy-tom.Andererseits beobachtet man auchGangliogliome, in denen die astrozytä-re Tumorzellpopulation eher einem dif-fus infiltrierenden fibrillären Astrozy-tom entspricht.

Neben der klassischen biphasischenFärbereaktion mit Antikörpern sowohlgegen gliale als auch neuronale Marker,zeigen praktisch alle Gangliogliome eineImmunreaktion mit Antikörpern gegendas CD34-Antigen [3]. Dabei färben sichnicht nur die soliden Tumorabschnitte,sondern auch satellitäre Läsionen imumgebenden Gehirnparenchym. DiesesFärbeprofil hat sich auch bei der diffe-renzialdiagnostischen Abgrenzung zuastrozytären oder oligodendroglialenTumoren als sehr nützlich erwiesen. DieFraktion proliferierender Tumorzellenliegt meistens unter 1% MIB-1-positiverKerne und beschränkt sich auf die glia-le Komponente. In den seltenen anapla-stischen Varianten (WHO-Grad III) desGanglioglioms kommt es zu einer er-heblichen Zunahme der Mitose- undProliferationsaktivität (in der Regel>10%) und weiteren histologischen Zei-chen der Anaplasie in der glialen Kom-ponente.

Eine seltene Variante dieses Tumorsist das Gangliozytom, das ausschließ-lich aus einer neoplastischen Ganglien-zellpopulation aufgebaut ist. Es stelltnach unserer Erfahrung eine außeror-dentliche Rarität dar und ist differenzi-aldiagnostisch nicht einfach von einemneuronalen Hamartom abzugrenzen.Eine Sonderform ist das dysplastischeGangliozytom des Kleinhirns, auch alsLhermitte-Duclos-Syndrom bezeichnet.Dieser benigne Tumor geht mit einerausgeprägten Architekturstörung derbetroffenen Kleinhirnrinde einher. Esist bis heute umstritten, ob es sich dabeiwirklich um eine Neubildung oder umein Hamartom handelt. Neuere geneti-sche Befunde deuten darauf hin, dassdas dysplastische Gangliozytom desKleinhirns mit der Cowden-Erkran-kung assoziiert ist. Molekulargenetischfindet man Mutationen des PTEN-Gens[17, 28].

In solchen Fällen, in denen nur klei-ne oder fragmentierte Gewebeprobenfür die histopathologische Beurteilungzur Verfügung stehen,kann die Differen-zialdiagnose zwischen einem Gangliogli-om und einem glioneuronalen Hamar-tom (sog. fokale kortikale Dysplasien)große Mühe bereiten. Sie wird dadurcherschwert, dass in der Umgebung vonGangliogliomen nicht selten kleinere,ha-martieartige Fehlbildungen nachweisbarsind (CD34-immunreaktiv) [3].

Desmoplastisches infantiles Astrozytom und Gangliogliom (WHO-Grad I)

Dieser seltene Tumor [36] tritt überwie-gend in den beiden ersten Lebensjahrenauf und ist in den Großhirnhemisphä-ren lokalisiert. Charakteristischerweisereicht er an die Oberfläche bzw. Suba-rachnoidalräume heran. Namengebendist ein ausgeprägter Bindegewebsreich-tum mit Ausbildung von Reticulinfasern(desmoplastisch). Bei Nachweis einerGanglienzellkomponente werden dieseTumoren als desmoplastisches infantilesGangliogliom klassifiziert. Häufiger sindsie aber lediglich astrozytär differen-ziert, sodass die Einstufung als desmo-plastisches infantiles Astrozytom erfolgt.Beide Varianten verhalten sich biolo-gisch gutartig entsprechend dem WHO-Grad I. Auch der Nachweis einer zell-dichten, wenig differenzierten Kompo-nente wird nicht als Indiz für Anaplasiegewertet.

Dysembryoplastischer neuro-epithelialer Tumor (DNT; WHO-Grad I)

Der DNT macht weniger als 1% aller ge-hirneigenen Tumoren aus und wirdüberwiegend bei jungen Patienten mitchronischen, therapierefraktären Epi-lepsien beobachtet [39]. Charakteristi-scherweise ist er oberflächlich in derGroßhirnrinde lokalisiert, wobei derTemporallappen am häufigsten betrof-fen ist. Bereits makroskopisch lässt sichgelegentlich ein multilokuläres Wachs-tumsmuster erkennen. Auf der Schnitt-fläche beobachtet man oft zystische An-teile, die mit einer mukoiden Substanzangefüllt sind. Die Grenze zum umge-benden Gehirngewebe erscheint relativscharf.

Im klassischen Fall liegen mikro-skopisch multiple kleine Tumorherde

vor, die aus einer isomorphen, rundker-nigen Zellpopulation aufgebaut und ineine zystische, mukoide Matrix einge-bettet sind. Als sehr typisch gilt derNachweis sog. flottierender Neurone,die in dieser Zwischensubstanz vor-kommen und ausgereift wirken. Der Tu-mor zeigt keine Mitose- oder Prolifera-tionsaktivität.

Neben dieser klassischen Form desDNT wird eine komplexe Variante beob-achtet, die zusätzlich einen glialen An-teil, zumeist mit ähnlichem Erschei-nungsbild wie ein pilozytisches Astrozy-tom, enthält.

Der DNT wird in den WHO-Grad Ieingestuft. Selbst nach nur partieller Re-sektion treten nur selten Rezidive auf.Eine Malignisierung oder maligne Vari-anten sind nicht bekannt.

Das Expertengremium der WHOhat sich gegen eine Aufnahme der vonDumas-Duport vorgeschlagenen sog.„unspezifischen Variante des DNT“ ent-schieden, die praktisch alle niedriggra-digen Tumoren des Temporallappensbei Patienten mit fokalen Epilepsienumfasst.

Zentrales Neurozytom (WHO-Grad II)

Das zentrale Neurozytom ist eine mitt-lerweile gut definierte klinisch-patholo-gische Entität. In früheren Jahren wur-de diese Tumorform in der Regel alsEpendymom des Foramen Monroi oderals Oligodendrogliom eingestuft.

Die Dignität des Neurozytoms ent-spricht dem WHO-Grad II. In den selte-nen Fällen mit Rezidivbildung findetsich häufiger eine astrozytäre Tumordif-ferenzierung. Neurozytome mit Anapla-siemerkmalen wurden beschrieben. Ei-ne anaplastische Variante hat jedoch kei-nen Eingang in die WHO-Klassifikation2000 gefunden.

Zerebelläres Liponeurozytom (WHO-Grad I oder II)

Hierbei handelt es sich um eine neu auf-genommene Tumorentität (s.Abb.2a–c),die bislang als sog.„lipomatöses Medul-loblastom“ in die Gruppe der primitivenneuroektodermalen Tumoren eingestuftwurde. Klinische Verlaufsstudien derwenigen bislang publizierten Fälle bele-gen aber eine günstige Prognose, sodassdieser Tumor nun einem WHO-Grad Ioder II zugeordnet werden kann. Es

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handelt sich um einen ausgesprochenseltenen Tumor des Kleinhirns, der be-vorzugt im Erwachsenenalter zwischender 5. und 6. Lebensdekade auftritt. DieTumoren setzen sich aus einer isomorphaufgebauten Rundzellkomponente(s. Abb. 2a) zusammen, der eine fortge-schrittene neuronale/neurozytäre Diffe-renzierung (s. Abb. 2b) eigen ist. Dane-ben finden sich Ansammlungen lipoma-töser Tumorzellen (s. Abb. 2a–c). DieZelldichte ist hoch und kann so das Bildeines primitiven neuroektodermalenTumors (Medulloblastom, s. unten) imi-tieren. Mitosefiguren sind nur selten zubeobachten. Gefäßproliferate oder Tu-mornekrosen fehlen typischerweise,können allerdings gelegentlich in Rezi-diven zur Darstellung kommen.

Als wesentliches Merkmal gilt dieneuronale Differenzierung, die immun-histochemisch durch den Nachweisneuronaler Marker (s. Abb. 2b) belegtwerden kann. Eine fokale GFAP-Expres-sion wird meist beobachtet. Der Pro-liferationsindex liegt im Mittel bei2–3% MIB-1-positiver Tumorzellkerne(s. Abb. 2c). Dementsprechend wird daszerebelläre Liponeurozytom gemäßWHO-Grad I, bei fokal erhöhter Prolife-rationsaktivität als WHO-Grad II einge-stuft. Analog ist die Prognose anhandder wenigen bekannten klinischen Ver-laufskontrollen als günstig anzusehen.

Periphere neuroblastische Tumoren

Die neue WHO-Klassifikation wurdedurch ein eigenständiges Kapitel zu denperipheren neuroblastischen Tumorenergänzt. In dieser Tumorgruppe wurdendas Olfaktoriusneuroblastom (Ästhesio-neuroblastom),das Olfaktoriusneuroepi-theliom und die Neuroblastome der Ne-benniere und des sympathischen Nerven-systems, letztere mit den Varianten Neu-roblastom, Ganglioneuroblastom undGanglioneurom, zusammengefasst. DieEinteilung der neuroblastären Tumorenfolgt dabei den an das Shimada-Systemangelehnten Empfehlungen des Interna-tional Neuroblastoma Pathology Com-mittees von 1999. In breitem Ausmaßwerden neben morphologischen Kriteri-en bei den Neuroblastomen inzwischenmolekularbiologische Prognosefaktoreneingesetzt, darunter die Amplifikationdes MYCN-Gens, Chromosom-1p-Dele-tionen, 17q-Gewinne und die Expressiondes Neurotrophinrezeptors TrkA.

Pinealistumoren

Als Pinealistumoren im engeren Sinnversteht man solche Neubildungen, diesich von den Pinealozyten herleiten. Siemachen je nach Untersuchungsserie30–50% der Tumormanifestationen inder Glandula pinealis aus. Differenzial-diagnostisch müssen insbesondereKeimzelltumoren sowie astrozytäreGliome berücksichtigt werden,die eben-falls in dieser Lokalisation auftreten.

Hinsichtlich Pineozytom (WHO-Grad II) und Pineoblastom (WHO-Grad IV) wurde keine Neuerung in dieWHO-Klassifikation 2000 eingeführt.

Pinealisparenchymtumor intermediärer Differenzierung

Neben Pineozytomen und Pineoblasto-men beobachtet man in der Glandula pi-nealis auch parenchymatöse Tumoren,die sowohl Anteile mit Eigenschaften ei-nes Pineozytoms als auch solche mitMerkmalen eines Pineoblastoms enthal-ten. Diese vormals von der WHO als Pi-neozytom/Pineoblastom bezeichneteVariante wurde nun unter neuer Be-zeichnung in die Klassifikation aufge-nommen. Mikroskopisch beobachtetman zum einen solche Tumoren, in de-nen distinkte Pineozytom- und Pineo-blastomkomponenten nebeneinandervorkommen. Weiterhin können dieseTumoren jedoch auch ein Zellbild bie-ten, das einen intermediären Phänotypzwischen den differenzierten Pineozyto-men und den unreif-blastären Pineobla-stomen einnimmt. Im letzteren Fall sindMerkmale wie erhöhte Zellularität undinsbesondere erhöhte mitotische Akti-vität wichtige diagnostische Kriterienzur Abgrenzung gegenüber einem Pi-neozytom. Die immunhistochemischenMerkmale ähneln denen anderer Pinea-lisparenchymtumoren einschließlichder Expression von Synaptophysin undvon retinalen Photorezeptorproteinen.

Obwohl nicht definitiv festgelegt,entspricht die biologische Wertigkeit derPinealisparenchymtumoren intermediä-rer Differenzierung wahrscheinlich demWHO-Grad III.

Embryonale Tumoren

Die wesentlichen Vertreter der embryo-nalen ZNS-Neubildungen sind das Medulloblastom des Kleinhirns und die

primitiven neuroektodermalen Tumoren(PNETs) in anderer Lokalisation.Als selte-ne Entitäten werden weiterhin das Medul-loepitheliom,das zerebrale Neuroblastomund das Ependymoblastom gelistet.

Eine wichtige Neuerung der revi-dierten WHO-Klassifikation betrifft dieAufnahme des atypischen teratoiden/rhabdoiden Tumors (AT/RT) (s.Abb.2d–f).

Medulloblastom (WHO-Grad IV)

Das Medulloblastom kann in verschie-denen histopathologischen Variantenauftreten, die von differenzialdiagnosti-scher Bedeutung sind. Das desmoplasti-sche Medulloblastom ist dadurch ge-kennzeichnet, dass innerhalb des Tu-morgewebes zellärmere, retikulinfaser-freie Inseln auftreten, die von zelldich-ten Anteilen mit Retikulinfasern umge-ben sind. In der Regel zeigen die InselnHinweise für eine fortgeschrittene neu-ronale Differenzierung. Lange Zeit warman der Auffassung, dass desmoplasti-sche Medulloblastome eine günstigerePrognose als die klassischen Medullo-blastome aufweisen. Diese Vermutunghat sich jedoch nicht verifizieren lassen.Die Variante tritt häufiger bei Jugendli-chen und jungen Erwachsenen auf.

Das Medullomyoblastom zeigt ne-ben einer Komponente mit typischenMerkmalen des Medulloblastoms auchTumorzellen mit myogener Differenzie-rung. Diese kann so weit fortschreiten,dass eine Querstreifung auftritt. Sie lässtsich immunhistochemisch durch denNachweis muskelspezifischer Antigene,wie z. B. Desmin oder Myoglobin, bele-gen.Hinweise für abweichende klinischeoder prognostische Merkmale gibt esnicht.

Weitere,seltene Varianten des Medul-loblastoms sind das großzellige Medul-loblastom, das Medulloblastom mit ex-tensiver Nodularität und fortgeschritte-ner neuronaler Differenzierung bei jun-gen Kindern (frühere Bezeichnung: ze-rebelläres Neuroblastom) und das me-lanotische Medulloblastom, das Herdevon melaninhaltigen Tumorzellen auf-weist. Das großzellige (anaplastische)Medulloblastom macht etwa 4% derMedulloblastome aus und ist durch imVergleich zum klassischen Medullobla-stom größere Tumorzellen mit pleomor-phen Kernen und oftmals prominentenNukleolen charakterisiert. Die mitoti-sche Aktivität ist hoch und man findet

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großflächige Nekrosen und gehäuftApoptosen. Großzellige Medulloblasto-me haben eine sehr schlechte Prognose.Molekulargenetisch zeigen sie häufig ei-ne Amplifikation und Überexpressiondes MYCC- oder (seltener) des MYCN-Protoonkogens. Das Medulloblastommit extensiver Nodularität ist ein sehrseltener Tumor, der meist vor dem 3. Le-bensjahr auftritt und makroskopischdurch eine traubenartige Architekturgekennzeichnet ist,die auch neuroradio-logisch zum Vorschein kommt.Es wurdevormals auch als zerebelläres Neurobla-stom bezeichnet. Diese Tumoren solleneinen günstigeren Verlauf zeigen alsklassische oder desmoplastische Medul-loblastome.

Supratentorielle primitive neuroektodermale Tumoren

Diese Gruppe fasst solche Tumoren zu-sammen, die sich histopathologischnicht vom Medulloblastom unterschei-den, jedoch im Großhirn oder suprasel-lär auftreten. Sie sind erheblich seltenerals das Medulloblastom (Verhältnis ca.1:9). Obwohl histopathologisch und im-munhistochemisch keine signifikantenUnterschiede im Vergleich zum Medul-loblastom beobachtet werden, erschei-nen die klinischen Verläufe deutlichschlechter. Der Grund für diesen pro-gnostischen Unterschied ist noch nichtbekannt, dürfte jedoch nicht zuletzt aufdifferenten genetischen Veränderungenbasieren.

Atypischer teratoider/rhabdoiderTumor (AT/RT; WHO-Grad IV)

Diese Tumorentität wurde von Rorke etal. [29, 30] erstmals beschrieben undnun als eigenständige Entität aufgenom-men. Grundlage hierfür sind der vonMedulloblastomen und PNETs distink-te Phänotyp des Tumors (s.Abb. 2d) mitseinen neuralen, epithelialen und me-senchymalen Differenzierungsmerkma-len, eigenständige molekulargenetischeVeränderungen (Verluste von Chromo-som 22 und INI-1-Mutationen) [2] sowieein ungünstiger klinischer Verlauf, ge-messen an den Studienerfolgen fürMedulloblastome. In der Vergangenheitwurden diese Tumoren in der Regel alsMedulloblastome diagnostiziert.

Der AT/RT tritt vorwiegend bei jun-gen Kindern (<5 Jahre) auf. Dabei ist in

über 50% die hintere Schädelgrube be-troffen. Im Erwachsenenalter sindAT/RT extrem selten und dann meist su-pratentoriell lokalisiert. Eine weitereVorzugslokalisation ist der Kleinhirn-brückenwinkel mit Infiltration der an-grenzenden Strukturen. LiquorigeneMetastasierung ist häufig.

Ein wesentliches mikroskopischesMerkmal des AT/RT (s. Abb. 2d) ist derNachweis rhabdoider Tumorzellen mitprominentem, eosinophilem Zytoplas-ma und an den Rand gedrängten, zu-meist vesikulären Kernen. Innerhalb desZytoplasmas sind häufig an Einschluss-körper erinnernde Strukturen nach-weisbar,die ultrastrukturell Wirbeln vonIntermediärfilamenten (insbesondereVimentin) entsprechen. Das Auftretenvon Nukleolen ist ebenfalls charakteri-stisch. Die Zellgrenzen sind in der Regeldistinkt.

Ein derartiger rhabdoider Phäno-typ ist in allen Fällen nachzuweisen undggf. immunhistochemisch in einer Vi-mentin-Reaktion (sog. „Capping-Phä-nomen“; s.Abb. 2e) zu belegen. Danebentreten in variabler Ausprägung folgendeMerkmale zutage: 60% der Tumorenzeigen eine undifferenzierte, kleinzelli-ge, PNET-artige Tumorkomponente.Diese kann rasenartig wachsen oderneuroblastäre Rosetten (Homer-Wright-oder Flexner-Wintersteiner-Rosetten)ausbilden. Ependymale Schläuche undneuralrohrähnliche Architekturen kön-nen ebenfalls beobachtet werden. In et-wa 30% der Tumoren wird eine mesen-chymale Komponente sichtbar. Diesekann sich in Form locker angeordneterSpindelzellen oder als dicht gelagertefaszikuläre Zellformationen äußern. EinViertel der Tumoren weist epithelialeDifferenzierungsmuster auf, die einendrüsenartigen Aufbau wie bei Adeno-karzinomen imitieren können, in ande-ren Fällen eher plattenepithelial erschei-nen oder lediglich kleine Nester Keratinexprimierender Tumorzellen aufweisen.

Das immunhistochemische Profil(s. Abb. 2f) des AT/RT ist aufgrund derunterschiedlichen Differenzierungs-merkmale von Tumorzellen vielgestal-tig. Das rhabdoide Erscheinungsbild derTumorzellen ist unter anderem durch ei-ne starke Anhäufung ineinander verwir-belter Intermediärfilamente bedingt. Eswird häufig in der Vimentin-Immunre-aktion als sog. perinukleäres Capping-Phänomen besonders deutlich (s.Abb.2e).

Ebenfalls nachweisbar ist eine ausge-prägte Reaktion für das epithelialeMembranantigen (EMA). Seltener wirdglattmuskuläres Actin (SMA) expri-miert. Die kleinzellige Tumorpopulati-on kann sowohl Vimentin als auchGFAP, NSE, Synaptophysin, Neurofila-mente oder Desmin enthalten. Die me-senchymale Komponente ist durch Vi-mentin,glattmuskuläres Actin oder Des-min, die epitheliale Zellfraktion durchunterschiedliche Keratine charakteri-siert.

Mitosefiguren und eine hohe Proli-ferationsaktivität,die einen MIB-1-Indexvon 80% und mehr erreichen kann, sinddie Regel. Der Tumor ist somit demWHO-Grad IV zuzuordnen.

Aufgrund der schlechten klinischenPrognose ist eine Abgrenzung dieserneuen Tumorentität gegenüber denMedulloblastomen indiziert. Hierbeikann neben der immunhistochemi-schen Charakterisierung auch auf einemolekulardiagnostische Untersuchungzurückgegriffen werden. Sie zeigt inAT/RTs Veränderungen des hSNF5/INI1-Gens auf dem langen Arm von Chromo-som 22.

Tumoren der Meningen

Diese Gruppe von Tumoren umfasst inerster Linie die häufigen Meningeome.Von den Hirnhäuten kann aber auch dasgesamte aus der Peripherie bekannteSpektrum mesenchymaler Tumoren sei-nen Ausgang nehmen. Da auch Melano-zyten in der Leptomeninx vorkommen,können hier melanozytäre Tumorenauch primär auftreten.

Meningotheliale Tumoren (Meningeome)

Die Pathologie der Meningeome ist viel-schichtig: Einerseits handelt es sichmeist um langsam wachsende, knotige,das Hirn verdrängende Tumoren, die ofterst spät entdeckt werden. Andererseitskönnen sie für den Chirurgen eine gro-ße Herausforderung darstellen, weilauch histologisch gutartige Tumoren garnicht selten breit den Knochen infiltrie-ren und sogar Nebenhöhlen und Weich-teile durchwachsen.

Die große Vielfalt an Subtypen istfür den Nicht-Neuropathologen oft ver-wirrend. Erschwerend kommen zahlrei-che Synonyme, häufige Änderungen in

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der Nomenklatur und Ergänzungen neu-er Varianten hinzu.Daher ist es nicht ver-wunderlich,dass der klinische Ansprech-partner bei Meningeomen oft nur amWHO-Grad, weniger aber an dem histo-logischen Subtyp interessiert ist.Bei denklassischen Meningeomvarianten (Ta-belle 3) ist, vom praktischen Standpunktaus gesehen,dagegen grundsätzlich auchkaum etwas einzuwenden, da diese ei-nerseits ohnehin häufig in histologi-schen Mischformen vorliegen, anderer-seits bei fehlenden Atypie- oder Anapla-siezeichen allesamt dem WHO-Grad Ientsprechen.Von besonderer Bedeutungsind allerdings solche Meningeomvari-anten, die einem höheren WHO-Gradzugeordnet werden müssen (s.Tabelle 5).Ferner sind für das weitere Vorgehen derKlinik sämtliche Meningeome grund-sätzlich jeglichen Subtyps von Interesse,welchen die Kriterien des atypischenMeningeoms WHO-Grad II oder gar des

malignen (anaplastischen) MeningeomsWHO-Grad III erfüllen (s. Tabelle 6).Alsin der Praxis bewährte Meningeomein-teilung, die sowohl der histologischenTypenvielfalt als auch der klinisch orien-tierten Gradierung gerecht wird, schlägtdie WHO-Klassifikation die in den Ta-bellen 3, 4 und 5 gewählte Unterteilungvor. Zugleich sind hier auch die wichtig-sten Charakteristika der einzelnen Sub-typen angeführt.

Die klassischen Subtypen der Me-ningeome (s. Tabelle 3) sind die mit Ab-stand häufigsten meningealen Tumoren.Sofern sie keinen erhöhten Proliferati-onsindex oder histologische Atypie-merkmale aufweisen (Tabelle 6), sindsie, ebenso wie die meisten seltenerenMeningeomsubtypen (s. Tabelle 4) in ih-rer biologischen Wertigkeit dem WHO-Grad I zuzuordnen.

Einige Meningeomvarianten [26]gehen nachweislich mit einer höheren

Rezidivquote sowie einer erhöhten Ten-denz zu aggressivem Wachstum undmaligner Progression einher (s. Tabel-le 5). Sie umfassen das atypische Menin-geom WHO-Grad II und das anaplasti-sche Meningeom WHO-Grad III. Fürdiese beiden Subtypen hat das WHO-Gremium die histologischen Kriterienpräziser und besser reproduzierbar neufestgelegt (s. Tabelle 6). Diese Gruppeumfasst aber auch einige seltenere Vari-anten wie das klarzellige und das chor-doide Meningeom, jeweils WHO-Grad II, sowie das papilläre und dasrhabdoide Meningeom, jeweils WHO-Grad III.Diese Tumoren weisen bekann-termaßen eine schlechtere Prognose auf,sodass sie per se einen höheren WHO-Grad erhalten.

Einen wichtigen Diskussionspunktbei der Dignitätsbeurteilung von Menin-geomen stellte stets die Bereitschaft zurInfiltration des Knochens dar. Ein

Tabelle 3Klassische Meningeomsubtypen WHO-Grad I (Mod. nach [26])

Meningothelial Fibrös/fibroblastisch Transitional (gemischt) Psammomatös Angiomatös

WHO-Grad I I I I I

Charakteristika Läppchen arachnoidaler Spindelige, Kombination fibrös/ Reichlich Reichlich Blutgefäße,Zellen in oft synzytialer fibroblastenähnliche Zellen, meningothelial, Psammomkörper können das eigentliche Anordnung kollagenreich konzentrische Wirbel Meningeom verdecken

Tabelle 4Seltene Meningeomsubtypen WHO-Grad I (Mod. nach [26])

Sekretorisch Mikrozystisch Lymphoplasmazellreich Metaplastisch

WHO-Grad I I I I

Charakteristika Keratin+, PAS+, CEA+, Tumorzellen mit elongierten Chronische Entzündungsinfiltrate Ossär, kartilaginär,Pseudopsammomkörper Fortsätzen in einer mikrozystischen können das eigentliche lipomatös, myxoid oder

Matrix,„astrozytomähnlich“ Meningeom verdecken xanthomatös

Tabelle 5Seltene Meningeomsubtypen WHO-Grad II und III (Mod. nach [26])

Klarzellig (intrakraniell) Chordoid Papillär Rhabdoid

WHO-Grad II II III III

Charakteristika Vakuolen im Zytoplasma, Läppchen oder Trabekel chordoider Perivaskuläre Pseudopapillen, Rhabdoide TumorzellPAS+, wächst aggressiver Zellen in einer myxoiden Matrix fallweise Zytokeratin-positiv komponente, häufig Zeichen

der Anaplasie

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Meningeom ohne jegliche Atypie- oderAnaplasiezeichen kann aber allein we-gen einer etwaigen Knochen- oderWeichteilinfiltration [7] nicht mit einemhöheren WHO-Grad bewertet werden.

Molekulare Neuropathologie. Das Menin-geom war einer der ersten soliden hu-manen Tumoren, bei dem charakteristi-sche zytogenetische Veränderungen ge-funden wurden, nämlich ein Verlust vonChromosom 22 [40]. Jüngere Untersu-chungen fanden Mutationen des Neuro-fibromatose-Typ-2- (NF2-)Gens auf demlangen Arm von Chromosom 22 [31].Mutationen des NF2-Gens findet manbei 30–50% der sporadischen Menin-geome, insbesondere bei fibrösen undtransitionalen Subtypen [37]. Ein ver-mehrter Abbau des NF2-GenproduktsMerlin durch das proteolytische EnzymCalpain wurde als alternativer Mecha-nismus bei manchen Meningeomen undSchwannomen ohne NF2-Mutation ver-mutet (Literaturübersicht in [26]).

Die Progression zum atypischenund anaplastischen Meningeom [37] istmit einer Akkumulation weiterer geneti-scher und chromosomaler Veränderun-gen assoziiert. Das atypische Menin-geom zeigt häufig Verluste genetischenMaterials auf den Chromosomenarmen1p, 6q, 10q, 14q und 18q. Diese Chromo-

somenarme sind in anaplastischenMeningeomen noch häufiger von Dele-tionen betroffen. Ferner findet man inanaplastischen Meningeomen oft ho-mozygote Deletionen des CDKN2A-Tu-morsuppressorgens auf 9p21 und eineAmplifikation von Sequenzen auf demChromosomenarm 17q. Der Nachweisdieser genetischer Veränderungenkönnte ein wertvolles molekulardiagno-stisches Hilfsmittel für die Gradierungund die Prognostik von Meningeomenwerden.

Häufige, klassische Meningeomsubtypen

Das meningotheliale (synzytiale, endo-theliomatöse) Meningeom (s. Abb. 4a),fibroblastische Meningeom, transitiona-le (gemischte) Meningeom, psammoma-töse Meningeom und das angiomatöseMeningeom sind die am häufigsten vor-liegenden Meningeomsubtypen (s. Ta-belle 3). Sofern nicht die in Tabelle 6 an-geführten Atypie- oder Anaplasiekrite-rien erfüllt sind, entsprechen sie alledem WHO-Grad I.

Atypisches Meningeom (WHO-Grad II)

Atypische Meningeome (s.Abb. 4b) ma-chen etwa 5–8% der Meningeome aus.

Die Diagnose dieser Meningeome istvon großer klinischer Bedeutung, da siemit einem signifikant erhöhten Rezidiv-risiko einhergehen [18].

Histologisch gelten solche Menin-geome als atypisch (WHO-Grad II), dieeine erhöhte mitotische Aktivität von4–19 Mitosefiguren pro 10 Gesichtsfel-der bei starker Vergrößerung (HPF;0,16 mm2) oder zumindest 3 der nach-folgend genannten 5 histomorphologi-schen Veränderungen aufweisen:

● eine erhöhte Zelldichte,● eine kleinzellige Tumorpopulation

mit erhöhter Kern-Plasma-Relation,● prominente Nukleolen,● ein ununterbrochenes, strukturloses

oder flächenhaftes Wachstumsmu-ster mit Architekturverlust(„patternless or sheet-like growth“),

● Herde spontaner oder geographi-scher Nekrosen (in unbehandeltenTumoren).

Da diese Tumoren nachgewiesenerma-ßen häufig rezidivieren, sollten nach derOperation in regelmäßigen IntervallenKontrollen erfolgen.

Anaplastisches (malignes) Meningeom (WHO-Grad III)

Anaplastische Meningeome (s.Abb.4c–f)machen <3% der Meningeome aus. Die-se maligne Meningeomvariante ent-spricht dem WHO-Grad III, da sich dieTumoren nicht nur durch eine deutlicherhöhte Rezidivquote sondern auchdurch ihre Tendenz zu einem aggressi-ven Wachstumsverhalten auszeichnen.Unter anderem können sie in die Lun-gen, Pleura, Knochen und Leber meta-stasieren. Die Prognose ist ungünstig.Die mittlere Überlebenszeit beträgt we-niger als 2 Jahre.

In der neuen WHO-Klassifikationwurden die Kriterien für das anaplasti-sche Meningeom schärfer gefasst. Essteht daher zu erwarten, dass diese Dia-gnose künftig seltener gestellt wird.Anaplastische Meningeome zeichnensich histologisch durch markante Mali-gnitätszeichen aus, welche die bei denatypischen Meningeomen genannten hi-stologischen Atypiezeichen bei weitemübersteigen. Dies sind vor allem einehochgradig erhöhte Mitoserate von 20oder mehr Mitosefiguren pro 10 HPF[23] und/oder ein histologisch fortge-

Tabelle 6Histologische Kriterien zur Gradierung atypischer und anaplastischer Meningeome (Mod. nach [26])

Atypisches Meningeom Anaplastisches Meningeom

WHO-Grad II III

Histologische Erhöhte mitotische Aktivität Sehr hoher Mitoseindex Kriterien (≥4 Mitosen/10 HPF) (≥20 Mitosen/10 HPF)

oder und/oder≥3 der 5 folgenden Merkmale: markante Malignitätszeichen, welche die

Atypien des Meningeoms Grad II weit übertreffen, d. h. sarkom-, karzinom- oder melanomähnliche Zytologie

Erhöhte ZelldichteKleinzelliger Anteil mit erhöhter Kern-Plasma-RelationProminente NukleolenArchitekturverlust oder flächenhaftes WachstumsmusterSpontane kleinherdige oder geographische NekrosenMeningeome mit lediglich Gehirninvasion oder erhöhtem MIB-1-Index sind noch nicht endgültig zugeteilt.

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schritten maligner Phänotyp mit karzi-nom- (s. Abb. 4c, e, f), sarkom-(s. Abb. 4d) oder melanomähnlichemErscheinungsbild. Entgegen früherenWHO-Klassifikationen gilt die alleinigeHirninfiltration nicht mehr als Anapla-siekriterium [24].Anaplastische Menin-geome weisen oft großflächige Nekrosenauf. Das Vorkommen von Nekrosen al-lein berechtigt allerdings keinesfalls, einMeningeom als maligne einzustufen.Nekrosen gelten als eines von 5 histolo-gischen Kriterien für die Diagnose einesatypischen Meningeoms WHO-Grad II.Vorsicht ist bei der Wertung von Nekro-sen nach präoperativ erfolgter Emboli-sation angebracht. Ferner ist bekannt,dass um solche iatrogen induzierten Ne-krosen die Tumorzellen einen deutli-chen Proliferationsschub erhalten kön-nen [20].

Anaplastische Meningeome verlan-gen klinisch eine adjuvante postoperati-ve Radiotherapie.

Meningeome mit Gehirninvasion oder er-höhter Proliferationsfraktion. Eine Son-derstellung nehmen solche Meningeo-me ein, die lediglich eine fokale Gehirn-infiltration oder einen MIB-1-Indexoberhalb von 5% als auffällige Merkma-le zeigen. Hier hat sich das Gremiumnoch nicht zu einer Gradierung in dieGruppe der atypischen Meningeome(WHO-Grad II) entschließen können.Allerdings bestehen Hinweise für ein er-höhtes Rezidivrisiko. Eine Infiltrationdes Gehirns durch ein Meningeom er-höht dessen Rezidivwahrscheinlichkeit,rechtfertigt alleine aber noch nicht, einatypisches (WHO-Grad II) oder gar einanaplastisches Meningeom (WHO-Grad III) zu diagnostizieren. Meningeo-me, die das Gehirn infiltriert haben, an-sonsten aber die Kriterien für die Dia-gnose des anaplastischen Meningeoms

nicht erfüllen, scheinen sich biologischin der Regel wie atypische Meningeomezu verhalten.Auch ein auf 5–10% erhöh-ter MIB-1-Index geht in Meningeomenmit einer höheren Rezidivquote einher.Da aber die immunhistochemischenFärbereaktionen erfahrungsgemäß inden verschiedenen Labors einer größe-ren Schwankungsbreite unterworfensind, lässt die WHO einen erhöhtenMIB-1-Index allein nicht als diagnosti-sches Kriterium für Atypie gelten.

Seltene Meningeomsubtypen(WHO Grad-I)

Die folgenden selteneren Meningeom-varianten entsprechen in ihrer biologi-schen Wertigkeit dem WHO-Grad I undwurden schon in der letzten WHO Klas-sifikation ausführlich charakterisiert(s. Tabelle 4): mikrozystisches Menin-geom, sekretorisches Meningeom, lympho-plasmazellreiches Meningeom und me-taplastisches Meningeom.

Seltene Meningeomsubtypen (WHO-Grad II)

Die nachfolgenden, ebenfalls seltenenMeningeomvarianten (s. Tabelle 5) ge-hen mit und ohne histologisch manifesterhöhte Proliferation und Atypiezeichenmit einer wie bei atypischen Meninge-omen erhöhten Bereitschaft zu Rezidi-ven und/oder aggressivem Wachstums-verhalten einher. Daher werden dieseMeningeome per se mit einem WHO-Grad II belegt.

Klarzelliges Meningeom. Bei klarzelligenMeningeomen können klassische Me-ningeomstrukturen weitgehend fehlen.Die Tumorzellen sind durch ein PAS-po-sitives, vakuolisiertes oder klares Zyto-plasma charakterisiert. Diese Tumoren

haben eine eindeutige Vorzugslokalisati-on im Kleinhirnbrückenwinkel und inder Cauda equina. Intrakraniell gehenklarzellige Meningeome häufiger mit ei-nem aggressiven Verhalten einher. Dif-ferenzialdiagnostisch müssen anderehellzellige Tumoren (s. Tabelle 6) wiedas Hämangioblastom, das klarzelligeEpendymom sowie Karzinommetasta-sen vor allem von Nierenzellkarzinomenabgegrenzt werden.

Chordoides Meningeom. Chordoide Me-ningeome [12] sind aus Trabekeln eosi-nophiler, vakuolisierter (chordoider)Zellen (s. Abb. 4c) in einer myxoidenMatrix aufgebaut und können so frap-pant an Chordome erinnern. Typischepflanzenzellähnliche (physaliphore) Tu-morzellen fehlen dagegen im chordoi-den Meningeom. Außerdem erleichternzumindest stellenweise (Abb. 3c) nach-weisbare klassische histologische Me-ningeomstrukturen, wie z. B. Syncytienund Wirbelbildungen, sowie eine Im-munreaktionen auf Vimentin und EMA(s.Abb.3d) bei gleichzeitig fehlender Zy-tokeratinexpression die Differenzialdia-gnose (Tabelle 7).

Seltene Meningeomsubtypen (WHO-Grad III)

Die folgenden seltenen Meningeomvari-anten (s. Tabelle 5) erhalten per se einenWHO-Grad III:

Papilläres Meningeom. Das sehr seltenepapilläre Meningeom (Abb. 4h) kommtbevorzugt bei Kindern vor. Histologischsind diese Tumoren durch eine perivas-kulär pseudopapilläre Architektur cha-rakterisiert. Klinisch zeigen papilläreMeningeome häufig ein aggressivesWachstumsverhalten sowie eine erhöh-te Bereitschaft zu Rezidiven, Gehirnin-vasion und Fernmetastasen.

Rhabdoides Meningeom. Dieser Tumorwurde erst kürzlich als eigenständigeMeningeomvariante beschrieben [13, 22]und zeichnet sich ebenfalls durch eineungünstige Prognose aus. Man findetin den rhabdoiden Meningeomen(s. Abb. 4g) abgerundete Tumorzellen,die exzentrische Kerne mit oft promi-nenten Nukleolen und ein stark eosino-philes Zytoplasma mit einschlussähnli-chen, wirbeligen Intermediärfilament-aggregaten aufweisen. Fokal stößt man

Tabelle 7Differenzialdiagnose chordoider und chondroider Tumoren

Vimentin Keratin S-100 GFAP EMA

Chordom + + + – +Chondroides Chordom + + + – +Chondrosarkom + – + – –Chondrom + – + – +Chordoides Gliom + (+) + + (+)Chordoides Meningeom + – – - +

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in der Regel noch auf typische Menin-geomarchitekturen. Zusätzlich zu einerprominenten rhabdoiden Tumorzellpo-pulation zeigen diese Tumoren histolo-gisch häufig Anaplasiezeichen ein-

schließlich einer erhöhten Mitoserateund einem erhöhten MIB1-Index.

Bei einem kleineren Prozentsatz anMeningeomen liegt nur umschriebenein rhabdoides Erscheinungsbild vor,

ohne dass diese Tumoren ansonsten Ma-lignitätskriterien erfüllen würden. Dasklinische Verhalten dieser Tumoren istnoch nicht geklärt. Daher wurde für sieauch noch keine verbindliche Gradie-rung festgelegt.

Mesenchymale, nicht-meningothelialeTumoren der Meningen

Im Vergleich mit den meningothelialenTumoren sind die mesenchymalen Tu-moren der Meningen wesentlich selte-ner. Sie umfassen das gesamte Spektrummesenchymaler Tumoren unterschied-licher Differenzierungsrichtungen undunterschiedlicher Dignität.Während der

Abb. 3a–f � Histologische Differenzialdiagnose chordoider und fibröser Tumoren. Bei der Differen-zialdiagnose des Chordoms und anderer chordoider und chondroider Tumoren ist neben demchordoiden Meningeom (c, d) als neu etablierter Tumortyp das chordoide Gliom (a, b) in Betracht zuziehen. Dieses wächst suprasellär im vorderen Anteil des III. Ventrikels. Die chordoiden Tumorzell-verbände (a) reagieren immunhistochemisch GFAP-positiv (b). Vergleichsweise weist das chordoideMeningeom zumindest stellenweise noch meningeomtypische Strukturen auf (Pfeil in c). Immun-histochemisch reagieren Meningeome positiv mit Antikörpern gegen EMA (d), im Gegensatz zuHämangioperizytomen oder dem solitären fibrösen Tumor. Dagegen sind Hämangioperizytomezumindest fleckförmig, solitäre fibröse Tumoren diffus im gesamten Tumor CD34-positiv (f ).Weiterhin kann bei der Differenzialdiagnose zwischen Hämangioperizytom und solitärem fibrösemTumor im Einzelfall die charakteristische Zytomorphologie (e) sehr hilfreich sein

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etwas unpräzise Begriff der „meningea-len Sarkomatose“ aufgegeben wurde,ging man in der neuen WHO-Klassifika-tion auf relativ viele Tumorentitäten ein,und zwar nicht mehr nach ihrer Digni-tät, sondern histogenetisch geordnet.Dies sind das Lipom, Angiolipom, Hi-bernom, Liposarkom (intrakraniell), so-litärer fibröser Tumor (SFT), Fibrosar-kom, malignes fibröses Histiozytom(MFH), Leiomyom, Leiomyosarkom,Rhabdomyom, Rhabdomyosarkom,Chondrom, Chondrosarkom, Osteom,Osteosarkom, Osteochondrom, Häman-giom, epitheloides Hämangioendotheli-om, Hämangioperizytom,Angiosarkomund das Kaposi-Sarkom.

Hämangioblastom

Das Hämangioblastom der Meningen isthistologisch grundsätzlich wie dergleichnamige, häufigere Tumor imKleinhirn strukturiert (dort auch Lind-au-Tumor genannt).Seine histomorpho-logischen, aber auch immunhistochemi-schen Charakteristika sind bei der dif-ferenzialdiagnostischen Abgrenzungzum angiomatösen Meningeom, vor al-lem aber zu anderen hellzelligen Tumo-ren wie dem klarzelligen Meningeomund Metastasen von Nierenzellkarzino-men wichtig. Bei multiplem Auftreten,Lokalisation außerhalb des Zerebellumsund jungem Manifestationsalter mussein von Hippel-Lindau-Syndrom ausge-schlossen werden.Die Ursprungszelle istnach wie vor unklar.

Hämangioperizytom

Histologisch ist das Hämangioperizy-tom der Meningen gleich wie der ent-sprechende Tumor in der Peripherie ge-baut. Seine biologische Wertigkeit ent-spricht, abhängig von der Mitose- undProliferationsaktivität, dem WHO-Grad II oder III.

Differenzialdiagnostisch sind ande-re fibröse Tumoren (Tabelle 8) abzu-grenzen, insbesondere der solitäre fibrö-se Tumor.

Solitärer fibröser Tumor

Der solitäre fibröse Tumor (SFT;s. Abb. 3e) wurde in den letzten Jahrenan zahlreichen Primärlokalisationen,z. B. an der viszeralen Pleura oder imMediastinum, weniger häufig auch inder Orbita, beschrieben. Fallweise trittder SFT auch an den Meningen [9] auf.Hier kann sich die differenzialdiagnosti-sche Abgrenzung vom Hämangioperizy-tom (HP) einerseits und vom fibrö-sen/fibroblastischen Meningeom (FM)andererseits schwierig gestalten (s. Ta-belle 8).

Histologisch sind im SFT die spin-deligen Tumorzellen in Faszikeln ange-ordnet, die zwischen kollagenen Faser-bündeln liegen. In der Retikulinfaserfär-bung sind alle 3 Tumoren von einemdichten Fasernetz durchsetzt, wobei imHP klassischerweise jede Einzelzelle vonRetikulinfasern umscheidet ist, im SFToft auch kleine Gruppen von Zellen ge-meinsam von Retikulinfasern umgebensind. Immunhistochemisch reagiert derSFT in allen Abschnitten intensiv posi-tiv mit Antikörpern gegen CD34, wäh-rend im HP die CD34-Expression schwä-cher und fleckförmig ausfällt [21], imFM aber nicht obligat und nur fallweisenachweisbar ist. Das FM lässt sich auch

durch die Expression von EMA abgren-zen.

Primäre melanozytäre Läsionen der Meningen

Die Leptomeninx enthält individuellund nach Rasse in verschiedener Aus-prägung Melanozyten. Daher ist es nichtverwunderlich, dass hier das entspre-chende Spektrum melanozytärer Läsio-nen und Tumoren anzutreffen ist. Obdas sog. melanotische Meningeom exi-stiert, bleibt immer noch Gegenstandvon Diskussionen. Schon immer habendie entsprechenden WHO-Klassifikatio-nen eine Einteilung einerseits in diffuseoder umschriebene und andererseits inbenigne oder maligne Läsionen verfolgt.Dabei ist aber zu bemerken, dass die dif-fuse Melanose, besser diffuse Melanozy-tose, auch bei fehlenden histologischenMalignitätszeichen mit einer schlechtenPrognose einhergeht. Bei den solidenTumoren kennt man hier,ebenso wie beiden entsprechenden uvealen Tumoren,neben dem malignen Melanom auch einbenignes Melanozytom. Dieses zeigt kei-nerlei histologische Anaplasiezeichen,neigt aber zu Rezidiven und zur Infiltra-tion angrenzender Strukturen. Das ma-ligne Melanom ist hoch aggressiv, radio-resistent und geht mit einer schlechtenPrognose einher. Auch vom meningea-len malignen Melanom können Fernme-tastasen ausgehen. Für das sehr selteneMelanozytom intermediärer Dignitätgibt es leider bis dato immer noch keinewirklich verlässlichen Diagnosekriteri-en.

Tumoren der peripheren Nerven

Bei den Tumoren der peripheren Ner-ven handelt es sich in der Regel um Neu-bildungen der Schwann-Zellen oder derperineuralen Zellen.

Tabelle 8Differenzialdiagnose kranieller fibröser Tumoren

Retikulinfasern CD34 S-100 EMA

Fibröses Meningeom +/+++ (+) (+) ++Hämangioperizytom +++ + – –Solitärer fibröser Tumor +/+++ +++ – –Neurinom/Schwannom +/+++ ++ +++ –

Abb. 4a–h � Meningeome: histologische Dignitätskriterien und Tumorvarianten. Jedes Meningeom(a), unabhängig vom morphologischen Subtyp, wird zum atypischen Meningeom WHO II (b), wenn

4–19 Mitosen/10 HPF oder ≥3/5 histologisch definierte Atypiekriterien vorhanden sind.(b) Anaplastische Meningeome sind durch 20 oder mehr Mitosen und/oder markante histologischeMalignitätszeichen charakterisiert. Letztere können solchen malignen Meningeomen ein sarkom-

(d), melanom- oder ein karzinom- (c, e, f ) ähnliches Erscheinungsbild verleihen. Die meningeom-typische Expression von Vimentin und EMA (f ) erleichte rt die Differenzialdiagnose. Manche selteneMeningeomsubtypen tragen auch dann, wenn Atypie- oder Anaplasiezeichen fehlen sollten, per se

einen höheren WHO-Grad. So werden z. B. das neu etablierte rhabdoide Meningeom (g) oder daspapilläre Meningeom (h) immer in den WHO-Grad III eingestuft

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Schwerpunkt: Neuropathologie

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Neurinom (Schwannom,Neurilemmom)

Neben dem hinlänglich bekannten Neu-rinom (Schwannom) sind das zelluläreNeurinom (Schwannom), das plexiformeNeurinom (Schwannom) und das me-lanotische Neurinom (Schwannom) vonInteresse, weil die Charakteristika dieserVarianten differenzialdiagnostisch oderhinsichtlich der Dignitätsbeurteilungvon Bedeutung sein können.

Aufgrund der mit Melanozyten hi-stogenetisch gemeinsamen Herkunft istes nicht verwunderlich, dass die Tumor-zellen des Schwannoms Melaninpigmentführen können. Selten kommt ein sol-ches melanotisches Neurinom an Hirn-nerven vor.Die nicht-psammomatöse Va-riante des melanotischen Schwannomsbefällt hauptsächlich Spinalnerven, sei-ne psammomatöse Variante auch Nervendes Intestinaltraktes und des Herzens.Die histologische Unterscheidung istnicht rein akademisch, da 50% der Pati-enten mit psammomatöser Variante ei-nen Carney-Complex aufweisen.

Bei diesen Tumoren enthalten dieZellen nicht nur Melanosomen, sondernreagieren auch mit Melanommarkern.Von differenzialdiagnostischer Bedeu-tung ist dies aber erst bei malignenSchwann-Zell-Tumoren (s.dazu pigmen-tierte MPNST), da sich diese dann licht-mikroskopisch kaum mehr von malignenMelanomen abgrenzen lassen. Über 10%der melanotischen Schwannome gehenin eine maligne verlaufende Form über.

Neurofibrom

Ähnlich wie bei den Schwannomen gibtes auch bei Neurofibromen histologi-sche Varianten, darunter das zelluläreNeurofibrom und das sog. atypischeNeurofibrom mit multiplen atypischenKernen. Das plexiforme Neurofibrom isteng mit der Neurofibromatose Typ 1 as-soziiert und kann eine Vorläuferläsioneines MPNSTs darstellen.

Perineuriom

Das Perineuriom wurde der WHO-Klas-sifikation neu hinzugefügt.

Dieser gutartige Tumor (WHO-Grad I) besteht ausschließlich aus neo-plastischen Perineuralzellen. Beim in-traneuralen Perineuriom proliferierendie Tumorzellen diffus im Endoneurium

und bilden charakteristischerweisezwiebelschalenförmige Zellkonfigura-tionen aus. Im Weichteilperineuriomkommt es ohne Assoziation zu einemNerv zu einer diffusen Proliferation die-ser Tumorzellen im Weichgewebe.

Das intraneurale Perineuriom imi-tiert makroskopisch und histologisch(s.Abb.1e) die hypertrophe Neuropathie,ist aber im Gegensatz zu dieser segmen-tal begrenzt. Im Rahmen einer meist we-niger als 10 cm langen Nervenauftreibungkommt es hier klinisch bei Jugendlichenund jungen Erwachsenen lokal zu einerprogressiven Muskelschwäche. Obwohlhäufig multiple Nervenfaszikel betroffensind,resultiert bei dieser Entität kein ple-xiformes Wachstumsmuster.Histologischliegen die EMA-positiven Tumorzellen(s. Abb. 1g) konzentrisch in mehrerenSchichten (s. Abb. 1f) um hypomyelini-sierte Nervenfasern (s.Abb.1h),z.T.auchum kleine endoneurale Gefäße.

Das Weichteilperineuriom präsen-tiert sich als solitäre, meist relativ klei-ne (1,5–7 cm) umschriebene, aber unbe-kapselte Tumormasse im Weichgewebevon Erwachsenen jeden Lebensalters,vorzugsweise Frauen. Histologisch fin-det sich auch hier eine Proliferation vonEpineuralzellen, aber unabhängig voneinem Nervenfaszikel.Trotz weniger Mi-tosefiguren finden sich MIB-1-Indizeszwischen 5 und 15%. Negative Immunre-aktionen auf S-100, Desmin, muskelspe-zifisches Actin und CD34 bei einer Ko-expression von EMA und Vimentinschließen andere Weichteiltumoren aus.

Beide Formen haben eine exzellen-te Prognose, ohne zu rezidivieren oderzu metastasieren. Beim intraneuralenPerineuriom ist eine diagnostische Bi-opsie ausreichend,um die nervale Funk-tion möglichst lange aufrechtzuerhalten.

Maligner peripherer Nervenscheidentumor (MPNST)

Historisch waren für die maligne Vari-ante der von den peripheren Nerven-scheiden ausgehenden Tumoren bereitsviele Bezeichnungen im Gebrauch, sodie Termini malignes Schwannom, ana-plastisches Neurinom, Neurofibrosar-kom oder neurogenes Sarkom. Der Be-griff maligner peripherer Nervenschei-dentumor (MPNST) fasst nun alle dieseTumoren zusammen. Histologische Va-rianten umfassen den epitheloidenMPNST, den glandulären MPNST, den

melanotischen MPNST und den mali-gnen Triton-Tumor. Die Kenntnis dieserselteneren MPNST-Varianten ist vor al-lem differenzialdiagnostisch von Bedeu-tung gegenüber anderen malignen Tu-moren, insbesondere Sarkomen.

Lymphome im zentralenNervensystem

Bei den malignen Lymphomen im Ner-vensystem stehen die sog.primären ZNS-Lymphome im Vordergrund.Diese Tumo-ren entwickeln sich im zentralen Nerven-system und bleiben in der überwiegendenMehrzahl der Fälle auf dieses beschränkt.Metastasen extrazerebraler Lymphome,Plasmozytome und andere seltene Entitä-ten spielen eine geringere Rolle.

Primäre ZNS-Lymphome

Primäre ZNS-Lymphome machen 5%der intrakraniellen Tumoren im höhe-ren Lebensalter aus.

In >90% der Fälle handelt es sich umNon-Hodgkin-Lymphome der B-Zell-Rei-he. T-Zell-Lymphome gelten als ausge-sprochene Rarität. Bei Zugrundelegungder Kiel-Klassifikation stehen zentroblas-tische,immunoblastische und zentroblas-tisch-zentrozytische B-Zell-Lymphomeim Vordergrund. In der neuen WHO-Klassifikation der Lymphome [34] werdendiese den hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphomen der B-Zell-Reihe vom diffu-sen großzelligen Typ zugeordnet.

Immunhistochemisch lässt sichpraktisch immer das für B-Zellen spezi-fische CD20-Antigen nachweisen. Dage-gen ist das panleukozytäre CD45-Anti-gen gelegentlich auf den Blasten selbstnicht mehr vorhanden. Eine ausgepräg-te Infiltration des Tumorgewebes mit re-aktiven T-Lymphozyten (Antikörper ge-gen CD45Ro oder CD3) kann man regel-mäßig beobachten. Nachweisreaktionenmit dem MIB-1-Antikörper zeigen einehohe Proliferationsfraktion, die in derBlastenkomponente meist über 50% derTumorzellen liegt.

Eine für die histopathologische Be-urteilung von ZNS-Lymphomen sehrwichtige Eigenschaft besteht in der aus-gesprochenen Empfindlichkeit dieserNeoplasien für eine Behandlung mit Kor-tikosteroiden oder ionisierenden Strah-len.Bereits eine kurzzeitige Steroidthera-pie kann ausgeprägte regressive Verände-rungen bis zum vollständigen Verschwin-

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den der Blastenpopulation verursachen,die eine histologische Diagnose unmög-lich machen.Da die stereotaktische Biop-sie mittlerweile das Diagnoseverfahrender Wahl geworden ist,hat die Problema-tik von steroidinduzierten Veränderun-gen des Tumorgewebes noch zugenom-men. Wenn immer möglich, sollte des-halb eine Behandlung mit Kortikostero-iden vor der Biopsie vermieden werden.

Je nach Qualität der entnommenenProben kann auch die Abgrenzung ge-genüber entzündlichen Prozessen imEinzelfall Probleme bereiten. Die selte-nen primären T-Zell-Lymphome desZNS werden unter Zuhilfenahme im-munhistochemischer und im Einzelfallmolekularbiologischer Reaktionen zumNachweis eines klonalen T-Zell-Rezep-tor-Rearrangements diagnostiziert.

Molekulare Neuropathologie. Einzelne Ar-beiten weisen darauf hin,dass Deletionender CDKN2A- und CDKN2B- Tumorsup-pressorgene sowie BCL6-Mutationenhäufig sind, während TP53-Mutationennur in einem kleineren Teil der Fälle vor-kommen.Veränderungen der Gene BCL2,CCND1, MYCC, REL, CDK4 und MDM2sind selten. Bei solchen primären ZNS-Lymphomen,die im Rahmen einer ererb-ten oder erworbenen Immundefizienzauftreten, spielt das Epstein-Barr-Virus(EBV) eine wichtige pathogenetische Rol-le. EBV-assoziierte Proteine sind in die-sen Fällen praktisch immer nachweisbar.Bei den häufigeren primären ZNS-Lym-phomen ohne Hinweise für Immundefi-zienz scheint EBV dagegen kein wesentli-cher pathogenetischer Faktor zu sein.Neuere Untersuchungen des IgH-Locuszeigen ein klonales Rearrangement mitsomatischen Hypermutationen in diesenTumoren [19].

Keimzelltumoren

Keimzelltumoren des ZNS treten über-wiegend bei jungen Patienten in Mittel-linienstrukturen des Gehirns auf. Ihr hi-stopathologisches Erscheinungsbild ent-spricht dem analoger Tumoren in Ho-den und Ovar. Ihre Histogenese im ZNSist nicht geklärt.

Tumoren der Sella und benachbarter Strukturen

In dieser Tumorfamilie werden nurnoch die Kraniopharyngeome, das Xan-

thogranulom der Sella und der Granu-larzelltumor berücksichtigt, obwohl diehäufigeren Hypophysenadenome undeinige weitere Tumoren dieser Regionmeist vom Neuropathologen befundetwerden.

Kraniopharyngeome (WHO-Grad I)

Schon im Jahr 1993 revidierten WHO-Band war von dem häufigeren adaman-tinösen Kraniopharyngeom eine papillä-re Variante des Kraniopharyngeoms ab-gegrenzt worden. Leitstruktur des papi-llären Kraniopharyngeoms sind pseudo-papillär um ein fibrovaskuläres Stromaangeordnete Plattenepithelverbände.Beidiesem Subtyp treten keine Keratinisie-rung und keine Verkalkungen auf. AuchCholesterinablagerungen und ausge-prägte Zystenbildungen fehlen in der Re-gel.Beide Subtypen sind mittlerweile alsklinisch-pathologische Entitäten akzep-tiert.Neben der abweichenden Altersver-teilung sind auch Unterschiede im klini-schen Verhalten beschrieben. Es gibtHinweise dafür, dass die adamantinöseForm ein wesentlich höheres Rezidivri-siko als die papilläre Variante trägt [1].

Xanthogranulom der Sella

Neuere Arbeiten [20] weisen darauf hin,dass das sog. Xanthogranulom der Sellavon den Kraniopharyngeomen abzu-grenzen ist. Es setzt sich aus Schaumzel-len, Cholesterinkristallen, bindegewebi-gem Stroma, chronisch entzündlichenInfiltraten und gelegentlichen (nicht ob-ligaten) Plattenepithelverbänden zu-sammen.Bislang konnte noch nicht rest-los geklärt werden, ob es sich bei Xan-thogranulomen um ein stark regressivverändertes adamantinöses Kraniopha-ryngeom oder um eine primär entzünd-liche granulomatöse Läsion handelt.

Granularzelltumor der Hypophyse(WHO-Grad I)

Dieser seltene Tumor geht von der Neu-rohypophyse aus und wurde auch unterden Bezeichnungen Choristom geführt.Bei markantem Granularzellcharakterist die Diagnose unproblematisch.Neue-re Befunde weisen darauf hin, dass dasPituizytom, ein spindelzelliger Tumorder Neurohypophyse, als eigenständigeEntität [4] vom Granularzelltumor ab-gegrenzt werden kann.

Hypophysenadenome

Auch die Hypophysenadenome sind imaktuellen WHO-Band bei den Tumorendes Nervensystems nicht mehr vertre-ten, obwohl sie 10–20% aller intrakrani-ellen Tumoren ausmachen und damit zuden häufigen Tumorformen zählen.

In der ganz überwiegenden Mehr-zahl der Fälle handelt es sich bei Hypo-physenadenomen um histopathologischbenigne Neoplasien, die demzufolgenach WHO mit Grad I eingestuft wer-den. Die in dem zuletzt für endokrineTumoren erschienenen WHO-Faszikel[33] neu etablierten atypischen Hypo-physenadenome würden somit analogmit dem WHO-Grad II bedacht. Diesezeichnen sich durch eine erhöhte mito-tische und proliferative Aktivität aus(MIB-1-Index >3%). Hier besteht ein er-höhtes Rezidivrisiko. Anaplastische Hy-pophysenadenome bzw. Hypophysenkar-zinome (zuvor WHO-Grad III) sind au-ßerordentlich selten und wurden bisherausschließlich bei verifizierter Metasta-sierung diagnostiziert. Entsprechendder revidierten WHO-Tumorklassifika-tion 2000 definieren sich solche Meta-stasen nicht mehr ausschließlich als pe-riphere Tochtergeschwülste, sondern esgelten auch liquorigene kraniospinaleTumorabsiedelungen als Malignitätszei-chen. Neu ist die WHO-Definition [33],dass auch eine alleinige Tumorinfiltrati-on in das Gehirn berechtigt, die Diagno-se eines Hypophysenkarzinoms zu stel-len. Neben ausgeprägten zytopathologi-schen Anaplasiemerkmalen zeichnetsich diese Variante in der Regel durch ei-ne hohe mitotische und Proliferations-aktivität aus.Die Invasion des Diaphrag-ma sellae, angrenzender Duraanteileund benachbarten Knochengewebesgeht in der Regel nicht mit histologi-schen Malignitätsmerkmalen einher,kann allerdings mit einer deutlich er-höhten Rezidivrate vergesellschaftetsein. Dennoch berechtigt ein solches in-filtratives Wachstumsmuster (ausge-nommen ins Gehirn, s. oben) nochnicht, ein atypisches Hypophysenade-nom zu diagnostizieren. Beide Tumor-formen, das infiltrativ wachsende unddas atypische Hypophysenadenom, er-weisen sich in 15% der Fälle immunhi-stochemisch als p53-positiv. Hypophy-senkarzinome sollen immunhistoche-misch in allen Fällen p53 positiv reagie-ren [33].

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Schwerpunkt: Neuropathologie

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Chordom

Das Chordom wurde aus der jetzigenKlassifikation herausgenommen. SeineKenntnis ist aber für die Differenzialdia-gnose von Tumoren der Schädelbasisund der Wirbelsäule von entscheidenderBedeutung [26]. Für die diagnostischePraxis ist das in Tabelle 7 aufgelistete un-terschiedliche immunhistochemischeExpressionsprofil der differenzialdia-gnostisch zu berücksichtigenden Tumo-ren wichtig, d. h. neben dem klassischenChordom und dem chondroiden Chor-dom das Chondrom, das Chondrosar-kom, das chordoide Meningeom unddas chordoide Gliom.

Immunhistochemische Reaktionenzeigen in Chordomen ein charakteristi-sches Expressionsmuster mit Nachweisvon Zytokeratin und von S-100-Proteinin den Tumorzellen [6].

Metastatische Tumoren

Metastasen extrakranieller Primärtu-moren zählen insgesamt zu den häufig-sten Tumoren im ZNS bei Patienten immittleren und höheren Lebensalter. Siemachen 20–30% aller intrakraniellenTumoren aus und nehmen jenseits des60. Lebensjahres an Bedeutung zu. EineGesetzmäßigkeit besteht insofern, alsmanche Malignome eine ausgesprochenstarke Neigung zur Metastasierung indas ZNS aufweisen (Bronchialkarzinom,Melanom, Mammakarzinom, Nieren-zellkarzinom, Chorionkarzinom), wäh-rend andere diese Eigenschaft praktischnicht zeigen. Die histologische Diagno-stik von ZNS-Metastasen hat sich in denletzten Jahren durch den Einsatz im-munhistochemischer Verfahren zumNachweis spezifischer Differenzierung-smarker erheblich verbessert. Selbst beimorphologisch undifferenzierten Tu-moren erlaubt die Immunhistochemiezumeist eine eindeutige Tumorklassifi-kation. Zunehmend gelingt es, bei Meta-stasen von unbekannten Primärtumo-ren durch immunhistochemische Ana-lysen zuverlässige Aussagen zu Art undLage des zugehörigen Primärtumors zumachen.

Molekulare Neuroonkologie

Durch die stürmische Entwicklung derMolekularbiologie und Molekulargene-tik hat man auch in zentralnervösen Tu-

moren eine zunehmende Zahl von tu-morassoziierten Protoonkogenen undTumorsuppressorgenen untersucht undcharakteristische Veränderungen be-stimmter Chromosomen und Gene inGliomen und anderen zerebralen Neo-plasien nachgewiesen. Da solche Verän-derungen eine grundlegende Bedeutungbei der Tumorentstehung haben,sind sieideale Kandidaten für die Beurteilungwesentlicher biologischer Eigenschaftender Tumorzellen. Die Arbeiten der ver-gangenen Jahre haben bereits einige in-teressante Hinweise erbracht. So konntez. B. nachgewiesen werden, dass eineGenamplifikation und Aktivierung desEGF-Rezeptorgens bei neuroepithelialenTumoren vor allem in Glioblastomenvorkommt, die diese Veränderungen inca. 30–40% der Fälle zeigen. Aufgrundder Lokalisation des EGF-Rezeptors aufder Tumorzelloberfläche und fehlenderExpression im normalen Gehirngewebesind erste therapeutische Ansätze mitAntikörpern gegen EGF-Rezeptorenentwickelt worden. Durch molekularge-netische Analysen war es auch möglich,2 genetisch distinkte Subtypen des Glio-blastoms zu differenzieren, die in unter-schiedlichen Altersgruppen auftreten.Da junges Alter bislang als einziges pro-gnostisch günstiges Kriterium bei die-sem hochmalignen Gliom gilt, hat einegenetische Subklassifikation unter Um-ständen auch prognostische Bedeutung.

Ein großes Problem für die Progno-se und Verlaufsbeurteilung astrozytärerGliome ist das erhebliche Risiko einermalignen Progression primär niedrig-gradiger Astrozytome. Anhand histopa-thologischer Kriterien war es bislangnicht möglich, frühzeitige Hinweise aufein solches Progressionsrisiko zu erhal-ten.Auch in dieser für die Neuroonkolo-gie so wichtigen Frage verspricht derEinsatz molekulargenetischer Untersu-chungen interessante Perspektiven.NeueArbeiten weisen darauf hin, dass einnoch nicht identifiziertes Gen auf demlangen Arm von Chromosom 19 in nied-riggradigen Astrozytomen mit einer ho-hen Wahrscheinlichkeit eine Malignisie-rungstendenz anzeigt. In anaplastischenOligodendrogliomen weisen Allelverlu-ste auf den Chromosomenarmen 1p und19q auf gutes Ansprechen gegenüber ei-ner Chemotherapie und eine günstigePrognose hin.Der prospektive Einsatz ei-nes derartigen Parameters für die neuro-pathologische Diagnostik wird derzeit

evaluiert. Weitere Beispiele für progno-stisch relevante molekularbiologischeParameter betreffen u. a. den Nachweisvon MYCN-Amplifikation,Chromosom-1p-Deletion, Chromosom-17q-Gewinn,Expression von Neurotrophinrezeptorenund Telomeraseaktivität in peripherenNeuroblastomen, MYCC-Amplifikationund Expression von Neurotrophinrezep-toren in Medulloblastomen sowie INI1-Mutationen in AT/RTs. Es ist damit zurechnen, dass molekulargenetische Un-tersuchungen in Zukunft wesentlicheFortschritte mit Bedeutung für die Dia-gnostik und Prognostik zentralnervöserTumoren bringen werden.

Da die WHO-Klassifikationsbändein kurzen Abständen überarbeitet wer-den, sind sie eine hervorragende Infor-mationsquelle zum jeweils aktuellenStand der molekularen Grundlagen vonTumoren des Nervensystems.

Fazit für die Praxis

Die WHO-Klassifikation der Tumoren desNervensystems ist im Jahr 2000 in einervollständigen Neuauflage erschienen. Alsneue Entitäten hat man das chordoideGliom des III.Ventrikels, das zerebelläreLiponeurozytom, den atypischen Teratoid-/Rhabdoidtumor und das Perineuriom indie Klassifikation aufgenommen. Die dia-gnostischen Kriterien für verschiedeneEntitäten wurden revidiert und engergefasst. Einer besonders intensiven Über-arbeitung wurde das Kapitel der Menin-geome unterzogen. Neben der Aufnahmeneuer Meningeomvarianten sind nun dieGradierungskriterien für das atypischeMeningeom (WHO-Grad II) und dasanaplastische Meningeom (WHO-Grad III)dezidiert festgelegt. Erstmals schließt die-se Klassifikation auch molekularpatholo-gische Befunde ein.

Danksagung. Die Autoren bedanken sich beiFrau A. Kuklik und Frau P. Ruhnau für die hi-stopathologischen Präparationen, bei FrauB.Wagner für die hervorragende Zusammen-arbeit im Hirntumorreferenzzentrum undbei Herrn H.U. Klatt für die fototechnischenund grafischen Arbeiten.Ferner möchten wir an dieser Stelle allenEinsendern an das Hirntumorreferenzzen-trum der Deutschen Gesellschaft für Neuro-pathologie und Neuroanatomie (DGNN) fürdie zahlreichen Zusendungen interessanterTumorfälle danken sowie der DeutschenKrebshilfe für ihre Unterstützung.

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