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Animal Planet
Dies ist das Jahr 2326. Vor über einem halben Jahrhundert landeten die
ersten Siedler auf einem Planeten, der beinahe wie ein kleinerer Bruder der
Erde wirkte. Neben der Größe unterschieden sich die Planeten nur
dadurch, dass es auf diesem Planeten keine eigene Tierwelt gab.
Gleich nach der Erschließung des Planeten, den die Siedler "Animal Planet"
tauften, verabschiedeten sie das "Allgemeingültige Petgesetz", das dafür
sorgte, dass Petplay nicht nur legal, sondern zum normalen und
allgegenwärtigen Alltag des Planeten wurde.
Heute leben mehr als fünfzig Millionen Menschen auf dem Planeten. Viele
von ihnen sind dort geboren worden, einige haben ihr gesamtes Leben dort
verbracht. Blühende Städte und verschlafene Dörfer haben sich überall auf
dem kleinen Kontinent entwickelt.
Nach dem Allgemeingültigen Petgesetz ist jeder Bürger des Planeten
verpflichtet, Besitzer von mindestens einem eigenen Pet zu sein. Wer gegen
das Gesetz verstößt oder sich freiwillig meldet, wird durch das
Ministerium für Pets, Halter und Züchter (MPHZ) selbst in ein Pet
verwandelt.
Einmal verwandelt, gibt es keinen Weg mehr zurück. Die Tierart und Rasse
lässt sich nicht mehr ändern, eine Rückverwandlung ist ausgeschlossen.
Gleichzeitig verliert das Pet alle seine Rechte und wird zum persönlichen
Eigentum des neuen Besitzers, der es benutzen, vermieten oder verkaufen
kann.
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Traumjob
"Gestern kam es zu einem Unfall in der Trakehnerstraße, als zwei
Kutschen mit hoher Geschwindigkeit kollidierten. Während die Fahrer
nur leichte Verletzungen davon trugen, wurden drei der vier beteiligten
Pferde schwerer verletzt und mussten in die nahe gelegene Petklinik
gebracht werden."
Cornelia seufzte und löschte den letzten Satz, um ihn in
leicht veränderter Form erneut einzutippen.
"Beide Fahrer wurden nur leicht verletzt, während drei der
Kutschpferde mit schwereren Verletzungen in die nahe gelegene
Petklinik gebracht wurden."
Sie las den Satz noch einmal durch, zuckte leicht mit den
Schultern und warf erneut einen Blick auf den Polizeibericht, den
sie gerade in einen Zeitungsartikel umwandelte.
"Kutsche A nimmt Kutsche B die Vorfahrt, uneinsichtige Stelle."
Cornelia seufzte erneut und begann wieder zu tippen.
"An der unübersichtlichen Kreuzung zur Hufeisengasse
missachtete einer der Fahrer der Kutsche die Vorfahrt..."
Vier Jahre Studium und sie schrieb einen Unfallbericht.
Wenn es die Ausnahme gewesen wäre, hätte Cornelia sich daran
vermutlich nicht gestört. Doch trauriger Weise war dieser Bericht
das Spannendste, was sie in dieser Woche gemacht hatte. Dabei
war sie anfangs so froh darüber gewesen, diesen Job bekommen
zu haben.
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Es war inzwischen über ein halbes Jahr her, dass Cornelia
ihr Studium der Journalistik abgeschlossen hatte. Ihre Noten
waren zwar nicht herausragend, aber im Großen und Ganzen
ganz ordentlich gewesen. Anfangs hatte es auch noch ganz gut
ausgesehen, sie hatte direkt einen der begehrten
Praktikumsplätze bei einer der größeren Wochenzeitungen
ergattern können. Doch schon nach vier Wochen hatte sich
herausgestellt, dass es dort keinen Platz für eine Festanstellung
gab.
Die folgenden Monate hatte sie sich von einem Praktikum
zum nächsten gehangelt, ohne dabei einer Festanstellung wirklich
näher zu kommen. Als sie ihre Hoffnung bereits fast aufgegeben
hatte, bekam sie von einer Freundin den Tipp, sich bei der
Tillburg Post, einer größeren Tageszeitung n Richwood, zu
bewerben.
Ohne wirklich daran geglaubt zu haben, hatte Cornelia ihre
Bewerbung abgeschickt und war tatsächlich zu einem Gespräch
eingeladen worden. Vor knapp drei Monaten hatte sie schließlich
den Job bekommen, den sie sich immer gewünscht hatte, ihren
ganz persönlichen Traumjob. Kurzerhand war sie nach Tillburg
gezogen und konnte sich nun Junior Redakteurin der Tillburg
Post nennen.
Cornelia legte den Polizeibericht zur Seite und strich sich die
braunen Haare ihres Ponys aus dem Gesicht. Sie lehnte sich
zurück und überflog noch einmal den Text, den sie geschrieben
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hatte. Er war nicht gerade herausragend, aber was sollte sie aus
einem Unfallbericht auch großartiges machen?
In den Vorlesungen hatte sie viel darüber gelernt, wie man
sachlich berichtete, worauf man bei Interviews achten musste und
welche Vorzüge die verschiedenen Medien mit sich brachten. Ihre
Professoren schienen jedenfalls nicht davon ausgegangen zu sein,
dass ihre Studenten später Verkehrsnachrichten abtippten. Im
Gegenteil, nach deren Aussagen war es praktisch nur eine Frage
der Zeit, bis jeder einzelne Student einen der begehrten
Journalistenpreise gewann.
"Bis es mal so weit kommt bin ich vermutlich schon kurz vor
der Rente", dachte Cornelia und ließ den Blick durch das Büro
schweifen. In dem mittelgroßen Raum befanden sich ein halbes
Dutzend Schreibtische, an denen die Mitarbeiter der Zeitung ihre
Arbeit verrichteten. Das Tippen der Tastaturen erfüllte den
ansonsten ruhigen Raum und verstummte nur äußerst selten,
wenn eines der Telefone klingelte und der Angerufene so seine
Arbeit unterbrechen musste.
Bevor jemand auf sie aufmerksam wurde und vielleicht auf
die Idee kam, dass sie nicht genug zu tun hatte, beugte Cornelia
sich vor, senkte den Blick und begann mit ihrer nächsten
Aufgabe. Unmotiviert zog sie einen Stapel Papiere an sich heran,
die einer ihrer Kollegen mit Notizen vollgekritzelt hatte. Stumm
fragte sie sich, wie es jemanden geben konnte, der für so etwas
tatsächlich noch Papier benutzte. Normalerweise gab es dafür
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Tablets, doch zumindest Herr Nestler, der zwei Tische weiter saß,
schien davon nichts mitbekommen zu haben. Sie warf dem
schwarzhaarigen Mann, der jeden Tag ein weißes Hemd mit einer
karierten Krawatte trug und vermutlich noch nicht einmal ihren
Namen kannte, einen missmutigen Blick zu, ehe sie sich an die
Arbeit machte.
Sie hatte eine halbe Stunde gearbeitet, als ein Mann mit
kurzen dunklen Haaren durch das Büro und auf ihren Tisch zu
schlenderte.
"Hey Conny, wie immer fleißig bei der Arbeit?", fragte er mit
beinahe säuselnder Stimme und setzte sich grinsend auf die Ecke
ihres Schreibtisches. Noch bevor sie etwas erwidern konnte, fuhr
er fort: "Ich seh schon, wie immer voll bei der Sache. Aus dir wird
noch einmal was!"
Cornelia sah zu ihm auf und gab sich Mühe, nicht die Augen
zu verdrehen. Erik Horn war so etwas wie der Star dieser
Zeitung, zumindest glaubte er selbst das. Seine schwarzen Haare
waren immer akurat mit einer Menge Haargel nach hinten
gebürstet, die Lippen permanent zu einem falschen Grinsen
verzogen. Zwar mochte sie ihn nicht gerade, aber immerhin
schien er nahezu der Einzige zu sein, der wenigstens ihren
Namen kannte - auch wenn Cornelia vermutete, dass dies bei
allen weiblichen Mitarbeitern zutraf. Sie bemerkte, dass Eriks
Augen kurz auf ihrem Dekolleté hafteten, ehe er ein kleines Gerät
aus der Brusttasche seines Hemdes zückte.
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"Du kannst mir doch bestimmt einen kleinen Gefallen tun?
Ich hatte gerade ein ganz unterhaltsames Interview mit Frau
Burke vom Stadtrat. Ging um diese Geschichte von neulich, der
Auftrag für die Wahlplakate. Ich brauch es nachher auf dem
Rechner, aber ich muss gleich zum Chef. Könntest du das für
mich transkribieren?"
Ein genervtes Seufzen unterdrückend nickte Cornelia mit
dem Kopf. "Klar, kann ich machen. Wie viel ist es denn?"
Erik drückte ihr das Aufnahmegerät in die Hand und
lächelte nun noch breiter. "Nicht viel, etwa eine halbe Stunde.
Danke, ich muss los!"
Sie sah ihm nach und legte das Aufnahmegerät stumm
fluchend vor sich auf den Tisch. Nicht viel war die Untertreibung
des Tages. Es würde vermutlich den halben Nachmittag dauern,
das Gespräch abzutippen. Noch schlimmer aber war, dass sie in
den kommenden Stunden andauernd die schleimige Stimme von
Erik würde anhören müssen.
Sie schob das kleine Gerät zur Seite und wollte sich gerade
wieder an die Notizen machen, als die übrigen Mitarbeiter ihre
Arbeit unterbrachen, sich erhoben und miteinander tratschend
das Büro verließen.
Cornelia warf einen kurzen Blick auf die Uhr und stellte fest,
dass die Mittagspause gerade angefangen hatte. Wie üblich
hatten ihre Kollegen sich auf den Weg zu einem der umliegenden
Restaurants gemacht, um zu Mittag zu essen.
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Sie selbst war noch nie gefragt worden, ob sie mitwollte.
Eigentlich kam ihr das nicht ganz ungelegen, denn die Schulden,
die sie während des Studiums angesammelt hatte, sorgten bei ihr
für einen äußerst schmalen Geldbeutel. Immerhin verdiente sie
jetzt endlich ein halbwegs anständiges Gehalt, doch die langen
Monate unbezahlter Praktika hatten ein tiefes Loch auf ihrem
Konto hinterlassen.
Vielleicht war das der Grund dafür, dass sie trotz der
frustrierenden und alles andere als erfüllender Arbeit gute Miene
zum bösen Spiel machte und sich nach Möglichkeit nichts
anmerken ließ. Sie durfte diesen Job nicht verlieren, ansonsten
würde sie noch größere finanzielle Probleme bekommen, als sie
ohnehin schon hatte. Zwar wünschte sie sich anspruchsvollere
Aufgaben, aber die würden sicher irgendwann noch kommen.
Die Zeitung würde sie kaum dauerhaft mit
Praktikantentätigkeiten beschäftigen - zumindest nicht für den
Lohn, den sie nun dafür bekam.
Rasch tippte sie den angefangenen Satz noch zu ende, ehe
sie ihren Rechner sperrte und sich erhob. Während sie nach ihrer
Handtasche griff, warf sie einen kurzen, prüfenden Blick in den
Spiegel, der nahe der Tür an der Wand angebracht war. Mit der
dunklen Schlaghose und der hellen Bluse wirkte sie ein wenig
älter, aber auch souveräner als in ihren abgetragenen
Freizeitklamotten, die sie immer zur Uni getragen hatte.
Normalerweise trug sie Blusen nicht besonders gerne, da sie
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zumeist ihre ohnehin schon recht große Oberweite noch
zusätzlich betonte, doch auf der Arbeit ging es nicht anders.
Kleine Opfer mussten nun mal gebracht werden, wie es so schön
hieß.
Cornelia strich sich noch einmal den Pony aus dem Gesicht
und verließ das Büro. Auch ihr Magen knurrte, so dass sie sich
wenigstens ein belegtes Brötchen aus der Stadt holen wollte.
Wenn sie schon nichts Interessantes zu tun hatte, wollte sie dabei
zumindest nicht hungern müssen.
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Die große Chance
Eine halbe Stunde Entspannung und ein Käsebrötchen
hatten Cornelias Stimmung deutlich gebessert. Mit einem Lächeln
auf den Lippen kehrte sie zurück zu ihrem Schreibtisch und gab
ihr Passwort ein. Zwar waren die Aufgaben über den Mittag nicht
spannender geworden, aber wenigstens würde sie in absehbarer
Zeit Feierabend haben. Da das Wochenende bevorstand, würde
sie zumindest die kommenden beiden Tage kreativer gestalten
können, als ihren Arbeitsalltag.
Sie hatte gerade wieder angefangen zu arbeiten, als Herr
Nestler zu ihrem Tisch herüber kam. Stumm wartete er, bis sie
ihre Aufmerksamkeit auf sie richtete, ehe er fragte: "Haben Sie
meine Notizen schon abgeschrieben?"
Cornelia schüttelte leicht mit dem Kopf. "Noch nicht, aber
ich bin gleich fertig. Die letzten paar Seiten fehlen noch."
"Gut. Bitte schicken Sie mir die Datei gleich rüber, wenn Sie
so weit sind", meinte er, drehte sich schon halb um, ehe ihm noch
etwas einfiel. "Ach ja, der Chef hat gesagt, sie sollen in sein Büro
kommen."
Verwundert erwiderte sie: "Okay? Hat er gesagt, worum es
geht?"
"Nein. Vergessen Sie meine Notizen nicht", antwortete Herr
Nestler, der sich bereits wieder auf den Weg zu seinem eigenen
Schreibtisch gemacht hatte.
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Cornelia überlegte kurz, ob sie die Notizen erst fertig
abschreiben sollte, doch die Aufforderung des Chefs schien ihr
wichtiger zu sein. Sie sperrte den Rechner erneut und überlegte,
was Herr Lütke wohl von ihr wollte. Für ihre Arbeit loben würde
er sie wohl kaum, schließlich hatte sie praktisch nur den Anderen
zugearbeitet. Oder hatte sich etwa einer ihrer Kollegen über sie
beschwert?
Verunsichert verließ sie das Büro und ging den Flur entlang.
Hatte sie vielleicht ihren Unmut über die Aufgaben nicht gut
genug versteckt? Wenn sie wirklich negativ aufgefallen war,
wurde es gefährlich für sie. Immerhin befand sie sich noch in der
Probezeit und sie brauchte den Job, um ihre Rechnungen zahlen
zu können und die Schulden zu begleichen. Viel Spaß brachte es
derzeit zwar nicht, aber das war alles noch besser, als wieder
Bewerbungen zu schreiben und unbezahlte Praktika machen zu
müssen.
Als sie vor der Bürotür des Chefs angekommen war, zog
sich ihr Magen unwillkürlich zusammen. Hoffentlich ging es um
etwas anderes, hoffentlich bekam sie keinen Ärger. Bei ihrem
Vorstellungsgespräch hatte Mr. Lüke einen netten und
zuvorkommenden Eindruck gemacht, aber was hatte das schon
zu bedeuten? Bei solchen Gesprächen waren schließlich alle
Menschen höflich, oder nicht?
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Cornelia klopfte gegen die Tür und versuchte sich zu
beruhigen. Eigentlich hatte sie doch gar nichts zu befürchten. Gut,
sie hatte bisher keine herausragenden Leistungen gezeigt, aber
man hatte ihr dazu ja auch keine Gelegenheit gegeben. Die
Aufgaben, die man ihr gegeben hatte, hatte sie immer ohne
Murren erledigt.
"Herein", war eine gedämpfte Stimme zu hören.
Sie legte die Hand auf die Türklinge, gab sich dann einen
leichten Ruck und öffnete die Tür.
Herr Lübke war ein älterer Mann mit ergrautem Haar, das
jedoch nicht über seine wachen Augen hinwegtäuschen konnte.
Er trug ein kurzärmliches Hemd und saß hinter seinem
Schreibtisch, der einen nicht unerheblichen Teil des Zimmers
einnahm. An den Wänden waren die eingerahmten Titelblätter
besonders erfolgreicher Ausgaben der Tillburg Post zu sehen.
"Sie wollten mich sprechen?", fragte Cornelia behutsam und
blieb in der Tür stehen.
Ihr Chef nickte und winkte ihr zu. "Richtig. Kommen Sie
herein Frau Steinfeld, setzen Sie sich bitte."
Cornelia betrat das Büro und stellte leicht überrascht fest,
dass sie nicht alleine waren. Auf einem der beiden schwarzen
Stühle, die vor dem Schreibtisch standen, saß Erik Horn und
schaute ihr mit seinem üblichen, breiten Lächeln entgegen.
Jetzt erst recht verunsichert ließ sich Cornelia auf den
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zweiten Stuhl sinken. Wenn Erik hier war, würde Herr Lübke sie
wohl kaum wegen ihrer unterdurchschnittlichen Motivation
kritisieren? Jedenfalls konnte sie sich nicht vorstellen, dass
ausgerechnet er sich über ihre Arbeitseinstellung beschwert hatte.
Aber warum hatte man sie dann hier her zitiert?
"Frau Steinfeld, wenn ich mich nicht irre, sind Sie nun knapp
drei Monate bei uns, richtig?", vergewisserte sich Herr Lübke. Er
hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt und beobachtete
Cornelia und Erik gleichermaßen.
Noch immer leicht beunruhigt antwortete Cornelia: "Ja,
richtig. Ende kommender Woche sind es drei Monate." Das war
genau der Rahmen ihrer Probezeit. Ob er es darauf abgesehen
hatte? Sie legte ihre leicht zitternden Hände in ihrem Schoß
ineinander und versuchte, ganz entspannt zu wirken.
"Richtig, richtig", meinte Lübke und richtete den Blick nun
ganz auf seine junge Mitarbeiterin. "Frau Steinfeld, sind Sie
zufrieden mit der Art Ihrer Arbeit?"
Cornelia blinzelte einige Male und überlegte, was sie
erwidern sollte. Das Gespräch schien genau den Verlauf zu
nehmen, den sie befürchtet hatte. Was sollte sie nun sagen? Sie
durfte nicht zu schlecht über ihre Aufgaben sprechen, aber
vielleicht erwartete ihr Chef auch, dass sie nach Höherem strebte?
Sie warf ihm einen prüfenden Blick zu, doch es gelang ihr nicht,
in seinem Gesicht eine bestimmte Tendenz zu erkennen.
"Ich bekomme einen guten Eindruck von der alltäglichen
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Arbeit und den verschiedenen Aufgabengebieten", erklärte sie
schließlich und wich damit der eigentlichen Frage aus.
Mr. Lübke lächelte wissend, sagte jedoch nichts. Mit seinen
wachsamen Augen musterte er Cornelia, bis sie schließlich
hinzufügte: "Aber... gegen ein wenig mehr Herausforderung hätte
ich auch nichts einzuwenden."
"Na, das will ich aber doch meinen!", mischte sich Erik ein
und schaute mehrfach zwischen Cornelia und ihrem Chef hin
und her. "Unsere Conny hier ist doch komplett unterfordert. Da
stellen wir eine Absolventin der Universität von Kingston ein und
geben ihr dann Aufgaben, die auch ein Schüler erledigen könnte -
nichts gegen dich Conny!"
Verdattert sah Cornelia ihn an. Sie hatte zwar nicht gedacht,
dass Erik sich über sie beschwert hätte, aber dass er sich so sehr
für sie einsetze, hatte sie für genau so unwahrscheinlich gehalten.
Sie hatte in den drei Monaten noch nie erlebt, dass Erik sich um
irgendwen außer sich selbst kümmerte.
Der Chef fasste zusammen: "Man könnte also sagen, dass Sie
mit Ihrer derzeitigen Arbeit unterfordert sind?"
Cornelia schluckte leise. Natürlich war sie das, doch sie
wusste noch immer nicht, was die Absicht der beiden Männer
war. Zwar deutete die Anwesenheit von Erik darauf hin, dass sie
mit interessanteren Aufgaben konfrontiert werden sollte, doch es
war auch möglich, dass der Chef zu dem Schluss gekommen war,
dass ihre Arbeit genauso gut von einer Praktikantin erledigt
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werden könnte, und man daher auf ihre weitere Mitarbeit
verzichten würde.
Sie bemerkte die gespannte Stille im Raum und antwortete
hastig: "Naja, also... ich denke schon, dass ich mit
herausfordernden Aufgaben zurecht kommen würde."
"Das habe ich mir gedacht", griff Erik ihre Worte auf, als
hätte er nur darauf gewartet.
Zu Cornelias großer Erleichterung schien ihre Antwort
richtig gewesen zu sein, denn auch auf dem Gesicht ihres Chefs
zeichnete sich ein sanftes Lächeln ab. "Ich habe mit Herrn Horn
gerade über ein größeres Projekt gesprochen, das gewisse
Vorbereitungen erfordert. Allerdings kann er das nicht alleine
machen, sondern braucht ein wenig Unterstützung."
"Und wer könnte dafür besser geeignet sein, als eine
motivierte Absolventin der Universität von Kingston?", warf Erik
mit einem besonders breiten Grinsen ein.
"Vielen Dank", erwiderte Cornelia erfreut, aber auch ein
wenig verwirrt. Sie hatte nie wahrgenommen, dass sie Erik
positiv aufgefallen sein könnte, auch wenn er sich immerhin
ihren Namen gemerkt hatte. Dass er sie nun als Unterstützung
vorschlug, war umso überraschender. Immerhin gab es weitaus
erfahrenere Mitarbeiter bei der Tillburg Post.
Sie spürte, wie sich ihr Puls und ihre Atmung ein wenig
beruhigten, nachdem die Gefahr einer möglichen Kündigung
sich als nichtig herausgestellt hatte. Stattdessen brandete nun
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Neugierde in ihr auf. "Um was für ein Projekt handelt es sich
denn?", erkundigte sie sich und schaute abgewechselt zwischen
den beiden Männern hin und her.
Ausnahmsweise hielt Erik sich zurück, so dass sein
Vorgesetzter das Wort ergriff: "Es geht um eine heikle Sache. Sagt
Ihnen "BioUdders" etwas?"
Cornelia überlegte kurz, ehe sie langsam nickte. "Ja, ich
glaube schon. Die Produzieren Biomilch, oder? Ich meine, das
mal im Supermarkt gesehen zu haben."
"Richtig", stimmte Lübke zu und erklärte: "Genau
genommen ist BioUdders der wohl größte Produzent von
Biomilch auf ganz Animal Planet. Den letzten veröffentlichten
Zahlen zufolge stehen in den Ställen des Unternehmens über
1.000 Rinder."
Die junge Frau lauschte aufmerksam und nickte leicht, um
zu zeigen, dass sie verstanden hatte. Das BioUdders so groß war,
hatte sie nicht gewusst. Es gab nur wenige Betriebe auf Animal
Planet, die eine derartige Größenordnung erreichten.
"Das Geschäft mit der Biomilch scheint sehr erfolgreich zu
sein, jedenfalls weißt der Betrieb seit Jahren gute Zahlen aus und
hat sich stetig vergrößert", berichtete Lübke weiter.
Cornelia konnte sich gut vorstellen, dass die Zahlen
stimmten, Obwohl Biomilch deutlich teurer war, bestand offenbar
eine reichliche Nachfrage. Zumindest in ihrem Supermarkt kam
es des Öfteren vor, dass das entsprechende Regal nahezu leer
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war.
"In den letzten Monaten häuften sich jedoch Gerüchte, dass
die Milch von BioUdders nicht ganz so sauber ist, wie sie
angeblich sein soll", griff Erik den Faden seines Vorgesetzten auf.
"Was genau meinen Sie damit?", hakte Cornelia nach. Ihre
Neugierde war entgültig geweckt, auch wenn sie sich mit dem
Thema bisher nie wirklich auseinandergesetzt hatte.
Erik begann zu erklären: "Du weißt doch sicher, dass
Biomilch einige Kriterien erfüllen muss, damit es als solche
bezeichnet werden darf. Die Kühe dürfen beispielsweise kein
Conticesens Sententiae oder ProMilk zugeführt bekommen.
Damit soll gewährleistet werden, dass die Milch so natürlich wie
möglich ist und sich darin auch keine Zusatzstoffe befinden."
"Und bei der Milch von BioUdders konnten diese Stoffe
nachgewiesen werden?", erkundigte sie sich mit leicht gerunzelter
Stirn.
"Nein, bisher jedenfalls nicht", entgegnete Erik. "Allerdings
muss das nicht unbedingt heißen, das sich wirklich keine
Zusatzstoffe darin befinden. Solche Tests werden ja immer nur
stichprobenhaft und nach Vorankündigung durchgeführt.
Außerdem ist es möglich, dass nur bei einem Teil der Kühe
verbotene Substanzen zum Einsatz kommen. Das sagen jedenfalls
unsere anonymen Quellen."
Cornelia ahnte, dass sie da an einer größeren Geschichte
dran waren. Sollten die Anschuldigungen stimmen, handelte es
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sich um einen der größten Lebensmittelskandale der letzten zehn
Jahre. "Also wollen wir darüber berichten?", fragte sie,
hauptsächlich, um auch etwas zur Diskussion beizutragen.
"Ja, aber nur auf Basis dieser anonymen Aussagen können
wir so etwas nicht veröffentlichen", gab Lübke zu bedenken. "Wir
haben keine Beweise, so dass BioUdders uns sofort verklagen
würde."
Die junge Frau biss sich auf die Unterlippe. Daran hatte sie
nicht gedacht. Wenn sie ihre Aussagen nicht beweisen konnten,
würden sie damit auch nicht an die Öffentlichkeit gehen können.
Ansonsten wäre nicht nur die Zeitung, sondern auch der Ruf aller
beteiligten Journalisten ruiniert.
"Woher stammen denn die Anschuldigungen?", erkundigte
sie sich.
Lübke antwortete: "Zwei dieser Aussagen konnten wir zu
ehemaligen Mitarbeitern des Betriebs zurückverfolgen. Beweise
konnten sie uns aber nicht liefern, so dass es nicht sicher ist, ob sie
die Wahrheit sagen, oder nur ihrem ehemaligen Arbeitgeber
schaden wollen."
"Sieht also ganz danach aus, als ob wir uns die Beweise
selbst beschaffen müssen", schloss Erik. Er wirkte geradezu
begeistert über die Tatsache, dass der Artikel mit derartigen
Schwierigkeiten verbunden war. Vermutlich, weil er so seine
eigene Stellung als Besonderer Journalist noch ausbauen konnte.
"Wie sollen wir das machen?", fragte Cornelia ganz offen
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heraus. Ihr kamen verschiedene Möglichkeiten in den Sinn, doch
keine schien ihr besonders erfolgsversprechend zu sein. Sie
mussten irgendwie an belastbare Milch gelangen, und das fertige
Endprodukt aus dem Supermarkt schien dafür nicht geeignet zu
sein, weil in ihr keine verbotenen Substanzen nachweisbar waren.
Doch wie passte das mit den Anschuldigungen zusammen?
Wurde die Milch mit Unbelasteter gemischt, bis der Anteil gering
genug war, um nicht mehr aufzufallen?
Sie bemerkte, wie die beiden Männer einen kurzen Blick
tauschten, ehe Erik antwortete: "Darüber haben wir auch eine
Weile nachgedacht. Schließlich sind wir zu dem Schluss
gekommen, dass wir die Informationen von außen nicht
bekommen können. Das heißt, dass wir uns in den Betrieb
einschleusen müssen."
"Über unsere Kontakte ist es uns gelungen, Herrn Horn eine
Anstellung als Stallarbeiter bei BioUdders so beschaffen -
natürlich unter einer falschen Identität", erläuterte Lübke.
"Das alleine wird aber vermutlich nicht ausreichen, um die
Beweise zu erbringen. Wenn ich beispielsweise verräterische
Blutwerte bei einer Kuh finde, fehlen mir die nötigen
Vergleichswerte um aufzuzeigen, dass sie tatsächlich nur durch
Manipulationen seitens des Stallbetriebs zustande gekommen
sein können", bemängelte Erik.
Cornelia legte die Stirn in Falten. Sie hatte plötzlich eine
Ahnung, in welche Richtung dieses Gespräch gerade lief. Stumm
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hörte sie weiter aufmerksam zu.
"Aus diesem Grund braucht Herr Horn ihre Unterstützung",
offenbarte Lübke und sah sie nun mit seinen wachsamen Augen
genau an. "Wir würden Sie gerne ebenfalls in den Betrieb
einschleusen, allerdings nicht als Stallarbeiter, sondern als Kuh.
Dadurch könnten wir alle Vergleichswerte erhalten, die wir
brauchen."
"Ich... als Kuh?" Cornelia starrte ihn mit einem leicht
ungläubigen Blick an. Verlangte ihr Vorgesetzter wirklich, dass
sie sich in eine Kuh verwandeln ließ? Sie hatte nicht all die Jahre
studiert und sich durchgekämpft, um jetzt diesen Weg zu gehen.
"Keine Sorge, Ihre Verwandlung wäre selbstverständlich
nicht von Dauer", beschwichtigte Lübke, der offenbar Cornelias
Blick bemerkt hatte. "Wir haben bereits Rücksprache mit einem
befreundeten Mediziner gehalten. Er würde eine
Scheinverwandlung durchführen, die vollständig umkehrbar ist.
Er hat mir versichert, dass sie ihr Leben nach der Recherche
genauso weiterführen könnten, wie vor der Verwandlung."
Die Worte ihres Chefs beruhigten das Mädchen nicht
besonders. Sie hatte noch nie davon gehört, dass je eine
Verwandlung rückgängig gemacht worden war. Das Ministerium
für Pets, Halter und Züchter wies immer wieder darauf hin, dass
diese Veränderungen endgültig waren.
Und selbst wenn sie tatsächlich in ihr jetziges Leben
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zurückkehren könnte, so hieß das doch, dass sie zumindest eine
gewisse Zeit als Pet - oder um genauer zu sein als Kuh - leben
müsste. Natürlich war das ein Umstand, der auf Animal Planet
ganz natürlich zu sein schien. Pets gehörten auf diesem Planeten
zum Alltag und Cornelia, die hier geboren wurde, war damit seit
Kindheitsbeinen an vertraut.
Selbst Verwandlungen waren nichts vollkommen
Unbekanntes für sie. Während des Studiums war es hin und
wieder vorgekommen, dass sich Kommilitonen für diesen Weg
entschieden hatten. Zumeist, wenn sie Probleme mit dem
Studium hatten. Auch Cornelias Noten waren nicht immer so
ausgefallen, wie sie es sich gewünscht hatte, dennoch hatte sie
sich immer durchgebissen, statt diesen einfachen Ausweg zu
wählen. Überhaupt hatte sie sich immer eher auf der Seite des
Pethalters gesehen, so dass sie sich um das Leben als Pet nur
wenige Gedanken gemacht hatte.
Ein anderer Gedanke drängte sich ihr auf. "Warum gerade
ich?", erkundigte sie sich, an beide Männer gewandt. Es war
offensichtlich, dass die Entscheidung, sie für diese Rolle
auszuwählen, nicht so spontan gefallen war, wie es den Anschein
hatte.
Dieses Mal war es Erik, der ihr Frage beantwortete: "Aus
zwei Gründen: Zum einen kann dieser Part natürlich nur von
einer Frau erfüllt werden. Zum anderen bin ich der Meinung,
dass deine Fähigkeiten hier bisher noch nicht richtig zum Einsatz
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kommen konnten."
Cornelia nickte. Die Argumente ihres Mitarbeiters klangen
durchaus logisch. Natürlich schieden die Männer von vornerein
aus, so dass neben ihr nur zwei Mitarbeiterinnen übrig blieben.
Frau Lose war jedoch schon um die 50, so dass sie scheinbar nicht
in Frage kam. Und Frau Jäger war für die High Society zuständig
und alleine aufgrund ihrer persönlichen Kontakte unabkömmlich,
so dass nur sie selbst übrig blieb.
"Mir ist klar, dass der Vorschlag ein wenig unorthodox
klingt. Gleichzeitig ist es für uns aber auch eine große Chance.
Wenn wir einen Beweis finden, wird das der Artikel des Jahres",
merkte Erik an, der sie beobachtet hatte. "Es würde mich nicht
einmal großartig wundern, wenn wir damit den diesjährigen
Investigativpreis gewinnen würden."
Auch damit hatte der Mann vermutlich Recht. Der jungen
Frau war klar, welche Auswirkungen ein derartiger Skandal
hätte. Die Leistung der beiden daran beteiligten Journalisten
würde zweifelsohne Kreise ziehen. In der Zeitungsbranche würde
sie anschließend jedenfalls keine Probleme mehr haben, eine
Anstellung zu finden.
"Ja, das könnte schon stimmen", meinte sie vorsichtig, noch
immer voller Zweifel. Die Aussichten auf einen Erfolg waren
vielversprechend, doch dafür würde sie auch viel über sich
ergehen lassen müssen. Das Leben als Kuh klang für sie nicht
gerade angenehm, und je mehr sie darüber nachdachte, desto
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mehr negative Aspekte fielen ihr ein. Ständige Nacktheit, ein
entwürdigendes Leben im Stall, und da sie sich in einen
Milchbetrieb einschleuste, würde sie unter Garantie auch
gemolken werden. Sie bedachte ihre Oberweite mit einem kurzen
Blick. Irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, wie es war,
Milch zu geben.
"Wie lange würde der Aufenthalt im Stall dauern?", fragte
sie.
"Wir rechnen mit vier bis sechs Wochen", antwortete Lübke.
"Selbstverständlich beziehen Sie in dieser Zeit volles Gehalt und
eine entsprechende Aufwandsentschädigung. Ihr Einsatz soll
schließlich nicht zu Ihrem Nachteil sein."
Cornelia kaute auf ihrer Unterlippe herum, ohne zu einer
Entscheidung zu kommen. Wenn sie das Angebot annahm,
würde sie mindestens einen Monat als Kuh leben müssen, hatte
gleichzeitig aber die Chance auf einen großen beruflichen Erfolg.
Zudem könnte sie so einen nicht unerheblichen Teil ihrer
Schulden abzahlen. Lehnte sie jedoch ab, ließ sie damit vielleicht
die beste Gelegenheit aus, die sich ihr jemals bot. Immerhin hatte
sie selbst nach mehr Herausforderung verlangt.
"Ich würde vorschlagen, dass Sie sich die Idee über das
Wochenende in aller Ruhe durch den Kopf gehen lassen",
unterbrach Lübke ihre Gedanken. "Für Montagnachmittag kann
ich ihnen einen Gesprächstermin bei dem Arzt verschaffen, der
Ihnen alle Details dieser temporären Verwandlung erklären kann.
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Danach können sie dann ihre Entscheidung fällen."
Dankbar über diesen Vorschlag stimmte Cornelia zu. Ein
wenig Zeit darüber nachzudenken und das Gespräch mit dem
Arzt waren sicherlich nicht verkehrt.
"Eine Sache noch", merkte der Chef an, "ich muss sicherlich
nicht erwähnen, dass dieses Thema strenger Geheimhaltung
unterliegt? Wenn BioUdders auf irgendeinem Weg von unserem
Vorhaben erfährt, könnte das für Erik und vor allem für Sie selbst
unkalkulierbare Gefahren herbeiführen.
"Natürlich, von mir erfährt niemand etwas", versicherte
Cornelia und erhob sich aus ihrem Stuhl. Sie bedankte sich noch
kurz bei Erik, ehe sie das Büro verließ. Jetzt brauchte sie erst
einmal ganz dringend einen Kaffee und etwas Ruhe.
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Zuspruch
Cornelia lehnte mit dem Rücken an einen Laternenpfahl und
beobachtete die vorbeiziehenden Menschenmassen. Sie befand
sich vor einem Nebeneingang des Tillburg Ponyrace Stadiums
und wartete darauf, dass ihre Freundin Nadine endlich
auftauchte.
Nachdem sie den gesamten Samstag darüber gegrübelt
hatte, ob sie das Angebot, an dem Artikel über BioUdders
mitzuarbeiten, annehmen sollte oder nicht, war sie froh, sich ein
wenig ablenken zu können. Schon vor zwei Wochen hatte sie sich
mit ihrer besten Freundin für diesen Tag verabredet, um
gemeinsam das Rennen anzusehen.
Die Frühlingssonne meinte es gut mit den Sportbegeisterten,
so dass sich Cornelia für einen blauen, knielangen Rock und eine
dazu passende Bluse über einem weißen Top entschieden hatte.
Zum wiederholten Mal warf sie nun einen Blick auf ihre
Armbanduhr. Nadine war wie immer spät dran.
Erst als die meisten Besucher bereits im Stadion waren,
tauchte ihre Freundin endlich auf. Mit schnellen Schritten und
einem Lächeln, das breiter kaum sein konnte, tauchte sie vor
Cornelia auf.
"Hey Conny! Tut mir leid, ich bin etwas knapp dran",
entschuldigte sie sich, während sie sich gegenseitig einen Kuss
auf die Wange gaben. Nadine war einen halben Kopf größer als
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Cornelia und hatte lockiges, blondes Haar. Auch sie trug einen
Rock, der allerdings eine Handbreit kürzer war und zu ihrem
weit ausgeschnittenen Oberteil passte. Wenn gleich etwas
freizügig, wirkten die Sachen an ihr geschmackvoll.
Cornelia lächelte ebenfalls und erwiderte: "Schon gut, das
bin ich ja schon gewohnt."
"Das klingt ja fast so, als würde ich mich öfter verspäten",
beschwerte sich Nadine mit gespielter Empörung.
"Schon gut, lass uns lieber sehen, dass wir unsere Plätze
finden. Es müsste jeden Augenblick losgehen", meinte Cornelia.
Gemeinsam passierten sie die Drehtore, an denen die Tickets
kontrolliert wurden und folgten einigen Treppen nach oben, die
Tribüne hinauf.
"Hübscher Rock, hast du den neu?", lenkte Nadine das
Gespräch auf ein anderes Thema, um von ihrer Verspätung
abzulenken.
Cornelia schüttelte den Kopf. "Ne, den hab ich schon seit
dem dritten Semester." Tatsächlich hatte sie sich, von neuen
Kostümen und Blusen für die Arbeit abgesehen, schon seit
Monaten nichts mehr zum Anziehen gekauft. Ihre älteren Sachen
sahen immer noch ordentlich aus, zudem ließen ihr die Raten
ihrer Kredite nicht besonders viel finanziellen Spielraum.
"Sieht jedenfalls gut aus", stellte ihre Freundin fest.
Sie hatten die Etage ihrer Sitzplätze erreicht und traten ins
27
Freie. Der Großteil der Sitze waren bereits gefüllt, so dass sie sich
an einer Hand voll Leute vorbei drängeln mussten, ehe sie
endlich ihre eigenen Plätze erreicht hatten. Sie befanden sich auf
der Gegengeraden und lagen hoch genug, dass sie das gesamte
Oval der Rennstrecke gut überschauen konnten.
"Das Rennen läuft schon", ärgerte sich Cornelia. Tatsächlich
galoppierte ein Dutzend Hengste mit hohem Tempo über die
Strecke.
Nadine machte eine beschwichtigende Handbewegung.
"Das ist nur eins der Vorrennen, halb so wild."
Die Hengste bogen gerade auf die Gegengerade ein, so dass
ihre donnernden Hufschritte auf der Tribüne gut zu hören waren.
Bei der Veranstaltung handelte es sich um ein
Langstreckenrennen, im Volksmund auch Animal Planet-Meile
genannt, und erstreckte sich jeweils über drei Runden. Das Feld
hatte sich bereits etwas auseinander gezogen, so dass Cornelia
vermutete, dass sich die Tiere bereits in der zweiten Runde
befanden.
Die Pferde rannten vorbei und Nadine erkundigte sich: "Wie
läuft's auf der Arbeit? Hast du endlich mal eine vernünftige
Aufgabe bekommen?"
Cornelia sah den Hengsten nach, deren Schweife wild im
Takt ihrer schnellen Schritte durch die Luft wirbelten. "Naja, es
geht so. Vielleicht~", erwiderte sie schließlich nach einer kurzen
Pause.
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Ihre Freundin wandte den Blick von den Tieren ab und
musterte sie. "Klingt aber gar nicht überzeugt."
Da war es wieder, das Thema, das sie an diesem Tag am
liebsten komplett vergessen hätte. Eigentlich hatte sie sich auf das
Treffen mit Nadine vor allem deswegen gefreut, weil sie mal
nicht an die Arbeit denken musste. Andererseits wusste sie aber
auch, dass sie mit ihrer Freundin über alles reden konnte.
Vielleicht sollte sie ihr von dem Angebot erzählen?
"Ich hab die ganze Woche wieder nur stumpfen Mist
machen müssen", gestand sie schließlich mit einem leisen
Seufzen.
Nadine machte einen mitleidigen Gesichtsausdruck. "Du
musst denen dringend mal klar machen, dass du total
unterfordert bist!"
"Ja, sollte ich wohl...", entgegnete sie mit matter Stimme. Die
Pferde waren inzwischen in der letzten Runde und jagten dem
Ziel entgegen. Zwei Hengste hatten sich von der restlichen
Gruppe abgesetzt und machten den Wettkampf nun unter sich
aus, während ihre Konkurrenten sich Mühe gaben, den Abstand
nicht zu groß werden zu lassen.
"Am besten du gehst gleich Montag zu deinem Boss, so kann
das doch nicht weiter gehen", entschied Nadine.
Cornelia klatschte, als das erste Pferd die Ziellinie
überquerte. Sie spürte, dass sie ihrer Freundin gegenüber ehrlich
29
sein sollte, schließlich wollte sie ihr helfen.
Als der Jubel nachließ und die nächsten Pferde zu den
Startboxen gebracht wurden, berichtete sie Nadine von dem
Angebot, dass sie am Freitag erhalten hatte. Sie erwähnte zwar
nicht, um welches Unternehmen es sich handelte, ging aber
darauf ein, welche Rolle sie bei der Sache spielen sollte.
Nadine schien einen Augenblick sprachlos zu sein, dann zog
sie ihre Freundin an sich und drückte sie kurz. "Conny, das ist
doch super! Das ist genau die Chance, die du brauchst!"
Cornelia lächelte ihre Freundin nervös an. "Ich weiß nicht
recht. Ich möchte mich zwar beweisen, aber ist das nicht ganz
schön heftig? Mein Chef hat gesagt, dass ich mindestens vier
Wochen als Kuh leben müsste."
"So schlimm wird das schon nicht sein. Denk mal an all die
Freiwilligen, die sich in Kühe verwandeln lassen. Außerdem sind
die paar Wochen schnell vorbei", entgegnete Nadine.
Cornelia war sich nicht so sicher wie ihre Freundin, wenn sie
an all die Risiken und Unannehmlichkeiten dachte. "Irgendwie
kann ich mir das nicht so recht vorstellen. Einen Monat im Stall
leben, immer nackt, ohne sich verständigen zu können..."
Nadine antwortete nicht gleich. Ihr Blick haftete einige
Sekunden auf einer Leinwand, die Nahaufnahmen der
sprintenden Pferde zeigten. Das zweite Vorrennen war bereits im
vollen Gange. Dieses Mal lag das Feld knapper beieinander, so
dass die Entscheidung, welche Pferde sich für den Finallauf
qualifizieren würden, wohl erst auf der letzten Geraden fallen
30
würde.
Schließlich sagte sie: "Dann bist du eben einen Monat nackt,
du hast doch nichts zu verstecken. Außerdem erkennt dich da
doch ohnehin niemand, oder? Ich kann Kühe jedenfalls kaum
auseinander halten."
"Ja, hast schon recht", stimmte Cornelia zu. Kurz dachte sie
an Erik. Zumindest er würde sie sehen, und sicherlich auch
erkennen. Immerhin wollte er einige Tests durchführen, für die er
sie benötigte. Es war ihr nicht unbedingt angenehm zumute bei
dem Gedanken, sich ihrem Kollegen gegenüber nackt zeigen zu
müssen, zumal sie ihn nicht besonders mochte. Andererseits war
er auf sie angewiesen, so dass er sich ihr gegenüber sicher korrekt
verhalten würde. War es wirklich so schlimm, dass er ihren
nackten Körper sehen würde? Immerhin würde der Stall voller
nackter Frauen sein, so dass ihr Anblick kaum etwas Besonderes
sein sollte.
"Na also. Und wenn es doch nicht klappt mit eurem Artikel,
dann schreibst du halt ein Buch über dein kurzes Leben als Kuh.
Das würde sich bestimmt gut verkaufen!", schlug Nadine vor und
begann zu klatschen, als die Sieger des Vorrennens feststanden.
Cornelia musste bei der Idee ihrer Freundin beinahe lachen.
Auf so eine Idee konnte auch nur Nadine kommen. Andererseits
hatte sie vermutlich sogar Recht. Da noch nie eine Kuh wieder in
einen Menschen zurückverwandelt worden war, gab es einen
derartigen Erlebnisbericht sicher noch nicht.
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Es folgte eine kurze Rennpause, während die Pferde sich für
das Finale ausruhten. Die vier besten Hengste der beiden
Vorrennen würden gleich im großen Finale gegeneinander
antreten und wurden auf den Leinwänden nun noch einmal kurz
vorgestellt.
"Aber was, wenn das mit der Rückverwandlung doch nicht
klappt? Ich möchte mein restliches Leben nicht als Milchkuh
verbringen", gab Cornelia zu bedenken.
"Conny, mach dir doch nicht immer so einen Kopf",
entgegnete ihre Freundin. "Du hast doch gesagt, dass ein
Verwandlungsarzt dafür zuständig ist, oder? Der macht so etwas
doch nicht zum ersten Mal."
Kleinlaut wiedersprach sie: "Also die Rückverwandlung
vermutlich schon..."
Nadine drehte sich halb zu ihr um und schüttelte den Kopf.
"Wenn er dir versichert, dass er dich zurückverwandeln kann,
was soll dir dann großartig passieren? Meinst du der legt es
darauf an, von deiner Zeitung verklagt zu werden?"
Cornelia schüttelte den Kopf. Insgeheim gab sie ihrer
Freundin recht, dennoch brauchte sie ihren Zuspruch jetzt. Sie
hatte einfach Angst davor, dass etwas schief ging, und vielleicht
auch vor der Verantwortung, die dann auf ihr lasten würde.
Den Rest der Pause hatten sie damit verbracht sich etwas zu
trinken zu holen und kamen gerade in dem Moment zurück, wo
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hinter dem letzten Hengst die rückwertige Klappe der Startanlage
geschlossen wurde.
Der Finallauf startete und die beiden Frauen richteten ihre
Aufmerksamkeit auf das Rennen. Die Hengste preschten aus
ihren Startboxen und ließen die erste Gerade innerhalb von
wenigen Sekunden hinter sich. Erst, als sie in die erste Kurve
einbogen, zeichnete sich ab, wer sich an welcher Position
einordnete.
"Los Alabama, schneller!", feuerte Nadine eines der Tiere an.
In der Hand hielt sie einen Wettschein, den sie geholt haben
musste, ehe sie zu ihrer Freundin gestoßen war. Pferdewetten
waren weit verbreitet auf Animal Planet, doch Cornelia hatte im
Augenblick zu wenig Geld, um damit zu spielen. Bei ihrer
Freundin, die seit Jahren als Gehilfin eines erfolgreichen Anwalts
arbeitete, sah die finanzielle Situation hingegen etwas
entspannter aus.
Cornelia richtete den Blick auf die Leinwand und entdeckte
nach kurzer Suche den Hengst mit der Nummer 15, auf den
Nadine gewettet hatte. Es war ein großer Hannoveraner, dessen
Haut und Haare gleichmäßig sandbraun gefärbt waren. Mit
weiten Galoppschritten hielt er sich auf dem vierten Platz, als die
Pferde an ihnen vorbei rannten.
Gespannt beobachteten sie, wie Alabama in der zweiten
Runde den ersten Platz eroberte und das Feld bis zur letzten
Kurve anführte. Dort jedoch wurde er von einem großen Hengst
mit brauner Haut und schwarzen Haaren abgefangen und
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beendete das Rennen schließlich auf dem zweiten Platz.
"King of Glory gewinnt vor Alabama und Indigo!"
verkündete der Stadionsprecher das offizielle Ergebnis.
Die Zuschauer jubelten, und auch Nadine wedelte
ausgelassen mit ihrem Wettschein herum. "Super! Der zweite
Platz bringt mir immerhin noch 400 Credits!"
Cornelia umarmte ihre Freundin und gratulierte ihr.
"Siehst du Conny, man muss auch mal etwas wagen!", freute
sich die Frau mit den blonden Locken. "Komm, ich lade dich zum
Abendessen ein! Wer weiß, wann wir das nächste Mal die
Gelegenheit dazu haben."
Cornelia seufzte leise, nickte aber zustimmend. Nadine hatte
ja recht, man musste die Chancen nutzen, die sich einem boten.
Sie würde am kommenden Tag mit dem Arzt sprechen, und
wenn er ihr wirklich versicherte, dass er sie auf jeden Fall wieder
zurückverwandeln konnte, dann würde sie es machen.
Sie erhob sich von ihrem Sitzplatz, hakte sich bei ihrer
Freundin unter und nahm sich vor, den restlichen Tag zu
genießen und nicht weiter über die Arbeit nachzudenken.
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Sprechstunde
Die Tür öffnete sich mit einem vernehmlichen Summen.
Cornelia trat ein und fand sich im Empfangsbereich einer kleinen
Arztpraxis wieder. Die weiß tapezierten Wände waren mit
großen Bildern ihr unbekannter Künstler geschmückt, die über
die ansonsten vorherrschende sterile Atmosphäre
hinwegtäuschen sollten.
Sie trat an den kleinen Empfangsschalter heran, hinter dem
eine blondhaarige Frau mittleren Alters saß und den Blick auf
einen Monitor gerichtet hielt. Geduldig wartete sie, bis die
Arzthelferin den Kopf hob und sie mit einem fragenden Blick
ansah. "Hallo", sagte Cornelia und bemerkte, dass ihre Stimme
ein wenig nervös klang. Obwohl sie nur für ein Gespräch hier
war, verspürte sie dennoch eine enorme innere Anspannung. "Ich
bin Cornelia Steinfeld und habe einen Termin", stellte sie sich vor
und versuchte, möglichst ruhig und gleichmäßig zu atmen.
Die Arzthelferin lächelte sie kurz an, warf einen Blick auf
ihren Bildschirm und nickte. "Der Beratungstermin, den Herr
Lübke arrangiert hat?", erkundigte sie sich höflich.
Cornelia nickte und fragte sich, wie viel die Frau über den
Grund ihres Besuchs wusste. Ihr Chef hatte zugesichert, dass es
sich um eine vertrauliche Angelegenheit handelte, doch
zumindest dem Arzt gegenüber hatten sie offen sein müssen. Ob
das auch für seine Angestellten galt?
"In Ordnung. Setzen Sie sich bitte noch einen Augenblick ins
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Wartezimmer, Doktor Collins wird sie dann zu sich rufen", bat
die Arzthelferin und lächelte sie noch einmal an, ehe sie ihre
Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zuwendete.
Cornelia hängte ihre Sommerjacke an die Garderobe und
trat durch eine gläserne Tür in das Wartezimmer. Nur einer der
zehn Stühle war belegt, so dass sie für eine Sekunde
unentschlossen stehen blieb, ehe sie sich auf einen Stuhl in der
Ecke setzte. Die zweite Person im Raum, ein älterer Mann mit
schütterem Haar, war so sehr in eine Zeitschrift vertieft, dass er
sie kaum zu bemerken schien.
Auch Cornelia nahm sich ein Magazin von dem kleinen
Tisch, der in der Mitte des Zimmers stand. "Pferdewoche", stand
auf dem Titelblatt, auf dem eine Gruppe von Rennpferden
abgebildet war. Lustlos blätterte sie ein wenig über die Seiten,
ohne sich wirklich für die Texte zu interessieren. In Gedanken
ging sie bereits die Fragen durch, die sie dem Arzt stellen wollte.
Sie hatte sich vorgenommen, jeden Zweifel zu beseitigen. Nur
wenn Doktor Collins ihr absolut sicher versprechen konnte, dass
sie nach der Rückverwandlung wieder ganz genau so sein würde,
wie jetzt, würde sie sich darauf einlassen. Bestand auch nur das
kleinste Risiko, dass sie ihr restliches Leben als Kuh fristen
müsste, wäre das Thema für sie beendet.
Der ältere Mann wurde in das Sprechzimmer gerufen und
Cornelia warf einen Blick auf die Uhr, die an der
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gegenüberliegenden Wand hing. Es war bereits nach fünf Uhr. Sie
hatte eine halbe Stunde eher Feierabend gemacht, um den Termin
wahrnehmen zu können. Viel länger hätte sie es an diesem Tag
aber ohnehin nicht auf der Arbeit ausgehalten. Heute war es
wieder besonders schlimm gewesen. Sie hatte den ganzen Tag
damit zugebracht, besonders stumpfsinnige Aufgaben zu
erfüllen. Der negative Höhepunkt hatte darin bestanden, dass sie
von Herrn Nestler losgeschickt worden war, um vom nächsten
Supermarkt neuen Kaffee zu holen. Selbst ein Praktikant konnte
sich in diesem Unternehmen besser verwirklichen, als sie.
Insgeheim hoffte sie, dass der Doktor ihre Zweifel beseitigen
konnte. Wenn sie die wenig reizvollen Wochen als
Untercover-Kuh hinter sich hatte, würde man sie nicht mehr mit
derartigen Aufgaben abspeisen können. Selbst wenn man es
versuchte, würde sie dann problemlos einen besseren Arbeitgeber
finden.
Cornelia blätterte weiter in dem Magazin und überflog
einige der Überschriften. Ein größerer Bericht widmete sich den
letzten Ergebnissen des Dressurnachwuchses und verglich die
Leistungen mit denen der Vorjahresteilnehmer. Offenbar gab es
bei den Stuten nach zwei sehr starken Jahrgängen einen größeren
Leistungsrückgang, der sich negativ auf die Zuschauerzahlen
auswirkte. Umso enger ging es dafür in der Amateurklasse zu, in
der eine Gruppe von Nachwuchsstuten das Feld aufmischten.
Eines dieser Pferde, eine Trakehnerstute namens Fire Lady, hatte
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sich in ihrem zweiten Jahr in der Klasse nach immerhin bereits
vier Wettkämpfen einen Platz in den Top 3 der Gesamtwertung
erkämpft und wurde von dem Magazin in einem halbseitigen
Porträt vorgestellt.
"Frau Steinfeld?", fragte eine angenehm dunkle Stimme und
lenkte ihre Konzentration wieder auf ihre Umgebung.
Sie hob den Kopf und erkannte, dass sich die Tür zum
Sprechzimmer geöffnet hatte. Ein großgewachsener Mann mit
dunkler Hautfarbe musterte sie durch eine halbmondförmige
Brille.
Cornelia legte die Zeitschrift zurück auf den Tisch und
erhob sich. Rasch trat sie auf den Doktor zu und reichte ihm die
Hand. "Die bin ich", erklärte sie überflüssigerweise.
"Schön Sie kennen zu lernen", erwiderte der Mann und
bedeutete ihr, in sein Sprechzimmer zu kommen.
Das Zimmer war kaum größer als das Wartezimmer. Ein
Schreibtisch aus Metall trennte ihn optisch in zwei Bereiche, die
Wände waren mit Bücherregalen zugestellt.
"Bitte setzen Sie sich", bat der Arzt, deutete auf einen
bequem wirkenden Besucherstuhl und nahm seinerseits auf
einem Bürostuhl hinter dem Schreibtisch platz.
Auch Cornelia setzte sich. Nervös faltete sie ihre Hände im
Schoß. Ihre Finger waren feucht und zittrig, obwohl es eigentlich
ja noch keinen Grund gab, so aufgeregt zu sein. Schließlich sollte
sie nur dem Arzt reden, mehr würde an diesem Tag nicht
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passieren.
"Herr Lübke meinte, sie hätten in Kingston studiert?",
erkundigte sich der Arzt und musterte sie durch seine
Brillengläser.
"Richtig, ich habe meinen Bachelor in Journalismus
gemacht", antwortete sie.
Doktor Collins lächelte. "Dann müssten sie auch auf dem
Campus Süd gewesen sein, richtig?"
Ein wenig überrascht nickte sie. "Ja, richtig. Woher wissen
Sie das?"
"Ich habe selbst in Kingston studiert, auch wenn es schon ein
paar Jahre her ist", erklärte Collins. "Ist das Essen in der Mensa
immer noch so schlecht wie früher?"
Cornelia musste unwillkürlich lachen. "Naja, so wirklich der
Hit ist es jedenfalls nicht. Wann haben Sie denn ihren Abschluss
gemacht?", erkundigte sie sich neugierig. Das Alter ihres
Gegenübers ließ sich nur schwer einschätzen.
"Sommersemester 2307", antwortete der Doktor.
"Ich glaube seitdem hat sich gar nicht so viel verändert",
schätzte Cornelia. Sie selbst war demnach erst sieben Jahre alt
gewesen, als Collins sein Studium bereits beendet hatte.
Sie unterhielten sich noch ein paar Minuten über das
Studium, was dafür sorgte, dass Cornelia sich wieder ein wenig
entspannte. Zwar war sie noch immer aufgeregt, doch zumindest
zitterten ihre Finger nicht mehr.
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"Also, dann wollen wir mal zum Grund Ihres Besuchs
kommen", entschied Doktor Collins. "Herr Lübke meinte, dass sie
Fragen zu der temporären Verwandlung haben." Das war keine
Frage, sondern eher eine Feststellung.
"Richtig. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, wie das
funktionieren kann", erwiderte Cornelia. "Es heißt doch immer,
dass die Verwandlungen nicht wieder rückgängig gemacht
werden können."
Der Arzt nickte. "Das ist auch richtig, bei regulären
Verwandlungen ist es nicht möglich, den ursprünglichen Zustand
wiederherzustellen."
"Aber Sie haben einen Weg gefunden?", hakte sie nach und
hoffte, dabei nicht unhöflich zu klingen. Sie wollte die
Kompetenz des Mannes in keiner Weise in Frage stellen.
Doktor Collins musterte sie einige Augenblicke, ohne auf
ihre Frage zu antworten. Schließlich begann er zu erklären:
"Lassen Sie mich etwas weiter ausholen. Wenn wir von einer
normalen Verwandlung zu einem Rind ausgehen, welche
Maßnahmen werden dabei durchgeführt?"
Die Frage war offenbar nicht rhetorisch gemeint, sondern
tatsächlich an sie gerichtet. Cornelia überlegte kurz, ehe sie
aufzählte: "Die Haut wird gefärbt und die Stimmbänder
manipuliert. Außerdem werden doch die Haare entfernt, oder
nicht? Oh, und den Schweif hätte ich fast vergessen."
"Die Ohrenmarken fehlen noch", ergänzte der Doktor. "Das
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ist alles richtig, aber lassen Sie mich ins Detail gehen. Die
Entfernung der Haare ist dauerhaft, indem die Haarwurzeln
selbst vernichtet werden. Ausgenommen sind einzig die
Wimpern, um die Augen zu schützen. Auch die Färbung der
Haut wird mit einer speziellen Farbe vorgenommen, die tief
eindringt und die Pigmentierung nachhaltig verändert."
Er machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr: "In Ihrem Fall
würden wir ähnlich vorgehen, aber andere Mittel einsetzen. Ihre
Haare beispielsweise würden so behandelt werden, dass sie nach
einigen Wochen wieder nachwachsen. Natürlich dauert es ein
wenig, bis sie wieder die ursprüngliche Länge erreicht haben." Er
lächelte und zwinkerte ihr zu.
Cornelia lächelte unsicher. "Und was ist mit der Färbung?"
"Auch dafür gibt es eine ganz einfache Lösung. Wir nehmen
eine spezielle Farbmischung, die Wasserbeständig ist, sich aber
mit einem speziellen Lösungsmittel wieder abwaschen lässt",
erklärte der Doktor.
"Kann es da nicht passieren, dass sich die Farbe bereits
ablöst, während ich noch im Stall bin?", hakte sie mit skeptischer
Miene nach. Auch wenn es gut war, dass ihre Haut nicht ewig
wie die einer Kuh gefärbt war, wollte sie nur ungerne riskieren,
dass sie während ihrer Arbeit aufflog. Wie würden die
Mitarbeiter von BioUdders wohl auf eine Reporterin reagieren,
die sich in ihr Unternehmen eingeschleust hatte? Sie wollte es sich
nur ungerne vorstellen.
Der Arzt schüttelte den Kopf. "Wie gesagt, handelt es sich
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um ein ganz spezielles Lösungsmittel, das in einem Stall ganz
sicher nicht zum Einsatz kommt. Da brauchen sie sich wirklich
keine Sorgen machen."
"Okay, gut", meinte Cornelia, einigermaßen überzeugt.
"Aber was ist mit den restlichen Punkten?"
Collins begann zu erklären: "Der Schweif ist der größte
Eingriff, den wir vornehmen müssten. Hier können wir auch
keine großartigen Kompromisse eingehen, da so etwas bei einer
möglichen Tierärztlichen Untersuchung auffallen könnte."
Cornelia wollte lieber nicht daran denken, dass sie einer
näheren Untersuchung durch einen Tierarzt unterzogen wurde.
Sie hatte einmal einen Bericht im Fernsehen darüber gesehen, und
die Veterinäre waren nicht gerade zimperlich mit den Tieren
umgegangen.
"Das heißt, dass wir Ihnen tatsächlich einen richtigen
Kuhschweif transplantieren müssen", schloss Doktor Collins. Als
er den erschrockenen Gesichtsausdruck der jungen Frau
bemerkte, fügte er eilig hinzu: "Keine Sorge, sobald Sie wieder
zurückverwandelt werden, nehmen wir den Schweif auch wieder
ab. Vielleicht bleibt eine kleine, fingernagelgroße Narbe an ihrem
Steißbein zurück, aber mehr auf gar keinen Fall."
Unwillkürlich verspürte Cornelia einen leichten Stich an
ihrem verlängerten Rücken. "Das klingt aber nicht gerade
schmerzfrei", gab sie zu bedenken.
Der Arzt lächelte verständnisvoll. "Selbstverständlich
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würden Sie eine Narkose erhalten. Ich versichere Ihnen, dass es
nicht annähernd so schlimm ist, wie Sie es sich gerade vorstellen."
Sie machte weiterhin einen zweifelnden Gesichtsausdruck,
woraufhin der Arzt lieber mit dem nächsten Punkt fortfuhr: "Die
Ohrmarken sind dafür sehr unkompliziert. Wie ich sehe, tragen
Sie Ohrringe. Wir benutzen leicht modifizierte Marken, die genau
wie Ohrschmuck funktionieren. Das abnehmen dauert dann
keine Minute."
Wieder kam Cornelia der Gedanke, dass sie vielleicht
auffallen könnte, falls sie ihre Ohrmarken durch einen blöden
Zufall im Stall verlieren sollte. Andererseits konnte sie sich nicht
daran erinnern, jemals einen Ohrstecker verloren zu haben -
zumindest nicht, so lange sie ihn trug. Schmuck verschwand
eigentlich immer nur dann, wenn sie ihn abnahm.
"Und was ist mit den Stimmbändern?", fragte sie und ging
damit auf einen Punkt ein, der ihr noch immer besonders viele
Sorgen machte. Ihre Stimme zu verlieren würde weitreichende
Folgen haben, die sie jetzt noch gar nicht überblicken konnte.
Der Doktor lächelte. "Auch hier brauchen sie sich keine
Sorgen machen. Normalerweise werden die Stimmbänder durch
einen chirurgischen Eingriff verändert, was auch nicht mehr
rückgängig zu machen ist. Bei Ihnen würden wir auf eine
Methode ausweichen, die zwar nicht von besonders langer Dauer
ist, aber dennoch gut funktioniert. Dabei handelt es sich um eine
Art Spray, das Ihnen in den Hals gesprüht wird und sich auf die
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Stimmbänder legt. Dadurch sind sie dann für knapp eine Woche
nicht dazu in der Lage, vernünftige Laute von sich zu geben.
Zugegeben, Ihr Muhen wird auch nicht besonders toll klingen,
aber gleichzeitig ist sichergestellt, dass Ihnen nicht versehentlich
ein Wort herausrutscht."
"Und das hinterlässt keine bleibenden Schäden?", fragte
Cornelia mit gerunzelter Stirn.
Der Arzt schüttelte den Kopf. "Nein. Das Spray wird von
Ihrem Körper auf natürlichem Wege abgebaut, so dass ihre
Stimmbänder nach etwa einer Woche wieder funktionieren.
Entsprechend muss bei längerem Aufenthalt im Stall dafür
gesorgt werden, dass das Spray einmal wöchentlich angewendet
wird."
"Das sollte kein Problem darstellen", überlegte Cornelia laut
und dachte an Erik, der sich als Stallarbeiter in den Betrieb
einschleusen ließ. Er würde ohnehin regelmäßig nach ihr schauen
müssen, so dass er diesen Part problemlos übernehmen konnte.
"Sehen Sie, alles halb so wild", resümierte der Arzt mit
einem breitem Lächeln auf den Lippen.
Cornelia nickte leicht. Eine Frage gab es noch, die sie klären
musste, ehe sie endgültig überzeugt war. Es hatte nicht direkt mit
der Verwandlung an sich zu tun, sondern eher damit, was sie im
Stall sonst noch erwartete. "Eine Sache wäre da noch", meinte sie
und überlegte, wie sie ihre Frage am besten formulieren sollte.
Das Thema war ihr ein wenig peinlich, doch außer dem Arzt
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würde ihr niemand dabei helfen können. "Wenn ich... also, naja,
wenn ich im Stall bin, dann wird es wohl zwangsläufig auch dazu
kommen, dass ich...", sie stockte, suchte nach den richtigen
Worten.
"Dass sie gemolken werden?", vervollständigte der Arzt ihre
unausgesprochene Frage.
Die junge Frau nickte. "Ja, genau. Wird das... ehm ich meine,
wird das Spuren hinterlassen?", sprach sie ihre Befürchtung
schließlich aus.
Collins schien einige Sekunden nachzudenken, ehe er zu
einer Antwort ansetzte: "Das kommt ein wenig darauf an, wie
lange ihr Aufenthalt im Stall letzten Endes sein wird. Der
Milchfluss selbst sollte innerhalb einiger Tage wieder versiegen
und schließlich verschwinden. Es kann aber sein, dass sich ihre
Brüste durch den Milcheinschuss langfristig ein wenig verändert
könnten."
"Wie würde sich das genau äußern?", fragte Cornelia und
spürte erneut Unsicherheit in sich aufsteigen. Ihre Brüste gefielen
ihr so, wie sie waren, eigentlich recht gut.
"Während Sie Milch geben, ist es recht wahrscheinlich, dass
ihre Brüste etwas größer und ihre Brustwarzen etwas länger
werden. Da der Zeitraum bei Ihnen jedoch stark begrenzt sein
wird, sollten sie sich wie bei einer normalen Schwangerschaft
jedoch wieder weitestgehend zurückbilden. Es kann jedoch sein,
dass sie anschließend nicht mehr ganz so straff sind, wie jetzt",
erklärte der Arzt behutsam.
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Cornelia nickte langsam. Sie hatte nicht vor, länger als die
angegebenen paar Wochen im Stall zu verbringen. So wie sie es
verstanden hatte, brauchte sie daher nicht viel zu befürchten. Da
sie ohnehin in ein paar Jahren Kinder haben wollte, konnte sie
sich mit kleineren Veränderungen arrangieren. Sie hatte nur
ausschließen wollen, dass sie den Rest ihres Lebens mit solch
riesigen Eutern herumlaufen musste, die viele Milchkühe ihr
Eigen nannten. "Okay, damit kann ich leben", sagte sie schließlich.
Für einen kurzen Augenblick herrschte Stille in dem kleinen
Sprechzimmer. Cornelia dachte darüber nach, was der Arzt ihr
bisher alles erklärt hatte. Im Augenblick fiel ihr nichts ein, was zu
einem Ausschlussargument reichte.
"Haben Sie noch weitere Fragen?", erkundigte sich der Arzt
höflich und schaute sie über den Rand seiner Brillengläser
hinweg an.
Nach kurzem Überlegen fragte Cornelia: "Ich kann mich also
darauf verlassen, dass ich am Ende wieder genauso aussehe, wie
jetzt? Und auch wieder ganz normal reden kann?"
Der Arzt lächelte. "Bis auf die kleine Narbe an ihrem
Steißbein kann ich dafür garantieren."
Das war es gewesen, was sie hatte hören wollen. "Vielen
Dank", erwiderte sie.
Fünf Minuten später hatte Cornelia die Praxis verlassen. Sie
hatte Doktor Collins mitgeteilt, dass sie ihre Entscheidung in
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Kürze treffen würde und sehr dankbar dafür war, dass er sich die
Zeit genommen hatte. Den Termin musste sie ohnehin mit ihrem
Vorgesetzten absprechen, so dass sie mit dem Arzt noch nichts
weiter abmachen konnte.
Während sie die Straße in Richtung der nächsten
Bahnhaltestelle entlang schlenderte, wurde ihr bewusst, dass ihre
Entscheidung eigentlich bereits feststand. Der Arzt hatte ihr
versichert, dass sie vollständig wiederhergestellt werden würde.
Das war ihre Bedingung dafür gewesen, dass sie den Auftrag
annahm. Die Chance war einfach zu groß und ihre jetzige Arbeit
zu frustrierend, um sich dagegen zu entscheiden. Dennoch würde
sie vorsichtshalber noch eine Nacht drüber schlafen, ehe sie Herrn
Lübke ihre Entscheidung mitteilte. Noch immer verspürte sie eine
gewisse Nervosität, wenn sie an die Verwandlung und das Leben
im Stall dachte, doch dazwischen mischte sich auch bereits eine
gewisse Vorfreude auf die Herausforderung, die damit einher
ging. Und selbst, wenn sie bei BioUdders keine Vergehen
feststellen würden, konnte sie noch immer Nadines Idee
aufgreifen und ein Buch über ihre Erfahrungen schreiben. Je
länger sie darüber nachdachte, umso mehr musste sie sich
eingestehen, dass sie sich darauf freute.
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Recherche
Cornelia saß an ihrem Schreibtisch und war in ihre Arbeit
vertieft. Am Tag nach ihrem Besuch bei Dr. Collins hatte sie
ihrem Vorgesetzten mitgeteilt, dass sie an dem Projekt
teilnehmen würde. In der halben Woche, die seither vergangen
war, hatte Cornelia mehr Spaß an der Arbeit gehabt, als in den
letzten drei Monaten zusammen.
Sie arbeitete nun enger mit Erik zusammen und bereitete
den Aufenthalt im Stall vor. Bevor sie sich dort einschleusen
konnten, mussten sie eine Menge Details in Erfahrung bringen,
um nicht unangenehm überrascht zu werden oder irgendwelche
Fehler zu machen.
Erik achtete darauf, dass Cornelia in diese Arbeit mit
einbezogen wurde und keine anderen Aufgaben zu erledigen
hatte. Er übertrug ihr Aufgaben, hörte sich ihre Ergebnisse an
und diskutierte mit ihr über mögliche Problemstellungen. Genau
so hatte sie sich das Arbeiten in einer Redaktion immer
vorgestellt.
Die letzten zwei Tage hatte sie hauptsächlich damit
verbracht, alle offiziell veröffentlichten Informationen über
BioUdders zusammen zu tragen und aufzubereiten. Dabei war
ihr noch einmal deutlich geworden, wie groß der Betrieb
eigentlich war. Aus den Geschäftsberichten des letzten Jahres
hatte sie erfahren, dass in den insgesamt acht Ställen knapp 1.200
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Rinder gehalten wurden. Die Gebäude befanden sich allesamt ein
paar Kilometer nördlich von Kessal, einer kleinen Ortschaft etwa
50 Kilometer von Tillburg entfernt. Damit war es der größte
Milchbetrieb im ganzen Bundesland Dellaware und der größte
Produzent von Biomilch auf dem gesamten Planeten.
Neben der Anzahl der Rinder waren auch die weiteren
ausgewiesenen Zahlen bemerkenswert. Cornelia hatte
herausgefunden, dass BioUdders erst vor 20 Jahren gegründet
worden war, als zwei regionale Milchviehwirte ihre Betriebe
zusammengelegt hatten und auf die Produktion von Biomilch
umstiegen waren. Innerhalb der folgenden Jahre hatten sie die
Herde um ein mehrfaches vergrößert. Im letzten Geschäftsjahr
hatten sie einen Gewinn ausgewiesen, der im zweistelligen
Millionenbereich lag.
Die Vorstellung, in Kürze selbst in einem dieser Ställe zu
stehen und ein Teil der Herde zu werden, löste bei Cornelia noch
immer ein unangenehmes Gefühl aus. Sich mit dem Thema zu
befassen und sich so auf die Zeit im Stall vorzubereiten, gab ihr
zwar Sicherheit, führte ihr aber andererseits permanent vor
Augen, auf was sie sich da eigentlich eingelassen hatte.
Wäre es kein Stall für Biomilch gewesen, hätte sie mit
Sicherheit einen Rückzieher gemacht. Am Anfang der Woche
hatte sie über den Einsatz und die Wirkung verschiedener
Substanzen recherchiert, die bei der Milchviehhaltung
üblicherweise eingesetzt wurden.
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Besonders Conticesens Sententiae empfand Cornelia als
beängstigend. Zwar handelte es sich dabei um ein rein
biologisches Mittel, doch beeinflusste es die Gehirnaktivität und
wirkte sich bei regelmäßiger Einnahme besonders stark auf das
Gedächtnis des Tieres aus. Natürlich hatte die sie, wie viele
andere auch, gewusst, dass in der Milchwirtschaft ein derartiges
Mittel eingesetzt wurde, jedoch hatte sie sich nie näher damit
beschäftigt. Glücklicherweise war der Einsatz der Substanz bei
der Produktion von Biomilch verboten. Da er sich außerdem sehr
gut nachweisen ließ war Cornelia sich sogar sicher, dass sich
BioUdders auch an diese Vorschrift halten würde. Sollten sie
doch etwas Gegensätzliches feststellen hatte Erik ihr versprochen,
sie aus dem Stall zu bringen, ehe ihr Gehirn Schaden nehmen
konnte.
Nicht ganz so gut Nachweisbar war dagegen ein neues
Mittel namens ProMilk. Dabei handelte es sich um ein erst vor
zwei Jahren zugelassenes Serum, das die Milchleistung von
Kühen um bis zu zehn Prozent erhöhte. Zwar war es ein
durchschlagender Erfolg, durfte jedoch in Ställen, die das
Biosiegel führten, ebenfalls nicht eingesetzt werden. Cornelia war
aber skeptisch, ob diese Vorschrift auch wirklich eingehalten
wurde, denn soweit sie herausgefunden hatte, ließ sich die
Einnahme von ProMilk nur wenige Tage lang nachweisen. Da die
Kontrollen in der Regel eine Woche im Voraus angemeldet
wurden, war ein Missbrauch durchaus vorstellbar.
Die Euphorie vielleicht doch etwas finden zu können, ließ
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sie vorerst nicht weiter über die möglichen körperlichen
Auswirkungen nachdenken. Stattdessen konzentrierte sie sich auf
einen weiteren Artikel.
Cornelia griff nach dem Wasserglas, das neben ihrer
Tastatur auf dem Schreibtisch stand und runzelte dabei
nachdenklich die Stirn. Seit ein paar Minuten verfolgte sie einen
Gedankengang, der ihr eher zufällig in den Sinn gekommen war.
BioUdders hatte in den vergangenen Jahren stetig
expandiert und den Tierbestand immer weiter vergrößert. Da auf
Animal Planet ein Mangel an Milchkühen bestand, waren die
Preise jedoch entsprechend hoch. Das hatte dazu geführt, dass
größere Betriebe verstärkt darauf setzten, sich ihren eigenen
Nachwuchs zu züchten. Bei BioUdders wurde diese Strategie aber
scheinbar kaum verfolgt.
Sie stellte das Glas wieder zur Seite und scrollte einige Seiten
weiter, ehe sie den entsprechenden Absatz des Geschäftsberichtes
fand. Im letzten Jahr hatte es in den Ställen des Betriebes
gerademal ein knappes Dutzend erfolgreicher Zuchten gegeben.
Für die Größe von BioUdders war das erstaunlich gering.
Rasch überprüfte sie, was für Zahlen andere Bioställe
angaben. Ganz wie sie vermutet hatte, wiesen sie unabhängig von
der Betriebsgröße eine erheblich höhere Nachzuchtquote auf.
Soweit sie es erkennen konnte, gab es auch fast keine
Einschränkungen, die mit dem Biosiegel in Verbindung standen.
51
Lediglich Fertilitätsspritzen zur Steigerung der Fruchtbarkeit
durften nicht eingesetzt werden.
Sie machte sich ein paar Notizen und scrollte weiter, bis sie
zu dem Teil des Berichts gekommen war, in dem es um die
Neuaquisitionen von Rindern ging. Auf den ersten Blick schien
alles normal zu sein, doch als sie die Daten mit den Bilanzen
verglich fiel ihr auf, dass fast alle Neuzugänge mit der gleichen
Abschreibungssumme aufgeführt wurden. Da die Preise für
Rinder normalerweise immer leicht schwankten und vor allem
von dem Alter der Tiere abhängig waren, hätten auch die
Buchpreise variierten müssen. Hier jedoch schienen die Kühe alle
zum identischen Preis und im gleichen Alter gekauft worden zu
sein.
Cornelia nahm noch einen Schluck Wasser und dachte
darüber nach, was sie mit dieser Information anfangen sollte.
Doch im Augenblick konnte sie sich keinen Reim darauf machen.
Sie tippte eine weitere Notiz und nahm sich vor, der Spur später
weiter nachzugehen. Erik hatte ihr aufgetragen, jeden Stein
umzudrehen, und wenn ihr etwas merkwürdig vorkam, ruhig
noch ein wenig tiefer zu graben. Wichtig war nur, dass BioUdders
davon nichts bemerkte.
Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es Zeit für ihre
tägliche Besprechung mit Erik war. Sie speicherte ihre Arbeit und
erhob sich von ihrem Stuhl. Kurz streckte sie sich, ehe sie das
52
Büro verließ und über den Gang in das gegenüberliegende
Zimmer ging. Dort teilte Erik sich ein Büro mit Frau Jäger, die
jedoch gerade unterwegs zu sein schien.
"Ah Conny, setz dich doch", begrüßte Erik sie gewohnt
freundlich und deutete auf den freien Platz seiner Kollegin.
Sie ließ sich auf den Stuhl von Frau Jäger sinken und richtete
ihre Aufmerksamkeit auf ihren Kollegen. Sein Blick war auf den
Monitor gerichtet während er einige Zeilen eintippte und
schließlich zu ihr aufsah. "Kann ich dir einen Kaffee bringen?",
erkundigte er sich aufmerksam.
Cornelia schüttelte den Kopf. "Nein danke, ich bin auch so
schon aufgeregt genug", wehrte sie ab.
"Ach, das wird sich noch geben. Wenn du dich erst einmal
an das Zeug gewöhnt hast, kannst du gar nicht mehr ohne. Ich
bin sofort wieder da", entgegnete er, erhob sich und verschwand
in Richtung der Küche.
Cornelia lehnte sich zurück und schloss für eine Sekunde die
Augen. Sie war sich noch immer nicht wirklich sicher, was sie
von ihrem Kollegen halten solle. Auch, dass er ihr inzwischen das
Du angeboten hatte, änderte wenig daran, zumal er sie schon seit
jeher mit ihrem Vornamen angesprochen hatte.
Einerseits war er ein schmieriger und aufgeblasener Kerl,
aber andererseits musste sie sich eingestehen, dass er sich sehr für
sie eingesetzt hatte. Ihm hatte sie es zu verdanken, dass sie
endlich keine stumpfsinnigen Hilfstätigkeiten mehr machen
53
musste, sondern vernünftigen journalistischen Tätigkeiten
nachgehen konnte.
Natürlich war ihr bewusst, dass Erik dabei auch seine
eigenen Interessen im Hinterkopf hatte. Schließlich war ihr
Unternehmen nur möglich, wenn sie sich als Kuh einschleusen
ließ. Aber da auch sie an dem Erfolg teilhaben würde, kam es ihr
nicht übermäßig unfair vor. Immerhin würde auch Erik sich in
den Stall begeben, wenn auch nicht als Pet.
"So, schon wieder da", sagte Erik und riss sie damit aus ihren
Gedanken. Eine Tasse Kaffee in der Hand haltend lehnte er sich
an einen Schrank und schaute zu ihr herüber. "Wie sieht’s aus?"
Cornelia fasste zusammen, was sie in den letzten Stunden
gemacht hatte. Ausführlich berichtete sie über die Daten des
Unternehmens und erwähnte auch die Auffälligkeit, die sie bei
den neu gekauften Rindern bemerkt hatte.
Ihr Kollege nickte langsam. "Kannst du mir den Bericht
nachher gleich schicken?", bat er neugierig. "Dann kann ich später
noch mal drüber schauen."
"Klar, kein Problem", versprach Cornelia. Es erfüllte sie mit
einer gewissen Genugtuung, dass ihre Arbeit plötzlich so sehr
wertgeschätzt wurde. Zwar leitete und Erik das Projekt und
erteilte ihr Arbeitsaufträge, doch so lange er sie ernst nahm,
konnte sie damit umgehen.
"So weit, so gut. Ich habe meine Sachen bereits soweit fertig
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und auf mein Laufwerk gestellt. Wenn du kommende Woche
noch etwas Zeit hast, kannst du ja noch mal drüber schauen",
schlug Erik vor und nahm einen Schluck von seinem Kaffee.
Cornelia nickte. In der kommenden Woche würde Erik seine
Stelle als Stallarbeiter bei BioUdders antreten und von da an
jeglichen Kontakt zur Redaktion vermeiden. Sie selbst sollte erst
eine Woche später folgen, damit er genügend Zeit hatte, sich dort
schon mal ein wenig umzusehen und sich an die Abläufe zu
gewöhnen. Allerdings stand auch noch ihre Scheinverwandlung
nebst einiger Voruntersuchungen an, die sicherlich eine Menge
Zeit beanspruchen würden.
Sie besprachen noch einige Details und machten aus, dass
sie sich kurz vor dem Feierabend noch einmal für ein paar
abschließende Minuten zusammensetzen würden.
"Wenn das alles so funktioniert, wie wir uns das vorstellen,
spring am Ende noch der Pulitzerpreis für uns dabei heraus",
meinte Erik und grinste breit.
Cornelia musterte ihn, ohne herausfinden zu können, wie
ernst er diese Aussage meinte. Ihr Kollege litt an einer gewissen
Selbstüberschätzung, doch soweit sie sich erinnern konnte, hatten
Andere den Preis schon für Weniger erhalten. "Schauen wir mal",
wich sie aus und lächelte ein wenig verlegen. Stumm fragte sie
sich, ob diese Auszeichnung vielleicht der Grund für den Elan
ihres Kollegen sein mochte.
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Als Cornelia das Büro schließlich wieder verlassen hatte und
zu ihrem Arbeitsplatz zurückkehrte, spürte sie erneut das flaue
Gefühl in ihrem Magen. Nur eine Woche lag noch zwischen dem
Jetzt und ihrer Verwandlung. Ein paar wenige Tage, ehe sie
zumindest äußerlich in eine Kuh verwandelt und in den Stall
gebracht wurde. Sie hatte viel darüber gelesen, hatte aber
dennoch das Gefühl, sich auf das Leben als Pet kaum vorbereiten
zu können.
Sie vertrieb die Gedanken aus ihrem Kopf und machte sich
wieder an die Arbeit. Wenn sie Erfolg haben wollte, durfte sie
sich jetzt nicht unterkriegen lassen. Vielleicht hatte Erik sogar
Recht und sie war einer Auszeichnung näher als jemals zuvor.
Auf jeden Fall hatte sie die Hilfstätigkeiten und Praktika ein für
alle Mal hinter sich gelassen.
56
Der Termin
Nervös rutschte Cornelia auf ihrem Stuhl hin und her. Sie
befand sich im Sprechzimmer von Dr. Collins und wartete
darauf, dass der Arzt Zeit für sie hatte. Unruhig huschte ihr Blick
durch den Raum, blieb hin und wieder an dem Titel eines der
Bücher hängen, die in dem großen Regal hinter dem Schreibtisch
standen, doch eigentlich nahm Cornelia gar nicht so richtig wahr,
was sie dort sah.
Nachdem sie bereits in den letzten Tagen die
Voruntersuchungen hinter sich gebracht hatte, war es heute so
weit: In den kommenden Stunden würde ihre
Scheinverwandlung durchgeführt werden. Obwohl sie wusste,
dass all diese Eingriffe nicht auf Dauer vorgesehen waren und
der Arzt ihr versichert hatte, dass keine bleibenden Spuren
zurückbleiben würden, verspürte sie eine starke Nervosität, die
sich schon fast eher als Angst beschreiben ließ. Immer wieder
musste sie daran denken, dass vielleicht etwas schief gehen
könnte, dass die Verwandlung doch nicht mehr rückgängig
gemacht werden könnte. Wie schon so oft rief sie sich das
Gespräch mit Dr. Collins ins Gedächtnis, ging im Geist noch
einmal jede Einzelne seiner Erklärungen durch. Es würde ganz
sicher nichts schief gehen, der Arzt wusste schließlich, was er tat.
Da war sie sich sicher, ansonsten würde sie nicht in diesem
Zimmer sitzen - zumindest versuchte sie krampfhaft, sich das
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einzureden.
Für den Fall, dass während ihres Aufenthaltes im Stall doch
etwas schiefgehen sollte, hatte sie Nadine einen Brief in den
Postkasten geworfen. Er beinhaltete den Schlüssel zu einem
Schließfach am Bahnhof und die Erklärung, dass sie ihn benutzen
sollte, falls sie nach acht Wochen nicht wieder aufgetaucht sein
sollte. In dem Schließfach hatte sie alle Informationen
hinterlassen, die Nadine brauchen würde, um sie zu finden.
Name und Adresse der Firma, eine kurze Beschreibung ihres
Vorhabens, die Anschrift von Dr. Collins und sogar die Details
ihrer falschen Verwandlung. Erik hatte für das Projekt einen
Zeitraum von vier bis sechs Wochen angegeben, so dass sie sich
sicher war, rechtzeitig vor Ablauf der achtwöchigen Frist wieder
in ihr normales Leben zurück zu kehren. Sollte dem nicht so sein,
würde es zumindest jemanden außerhalb der Zeitung geben, der
sie finden konnte.
Das Geräusch der sich öffnenden Tür riss Cornelia aus ihren
Gedanken. Sie drehte sich etwas auf dem Stuhl, so dass sie in die
entsprechende Richtung schauen konnte. Zusammen mit einer
Arzthelferin betrat Dr. Collins endlich den Raum.
"Hallo Frau Steinfeld. Wie fühlen Sie sich heute?",
erkundigte sich der Doktor und reichte ihr die Hand.
"Ein wenig aufgeregt", gestand Cornelia und schüttelte Dr.
Collins die Hand.
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Der Arzt lächelte. "Na, das ist wohl durchaus verständlich.
Darf ich Ihnen Frau Perez vorstellen? Sie wird mir bei der
Verwandlung assistieren."
Cornelia schüttelte auch ihr die Hand. Die Arzthelferin trug
genau wie der Doktor einen weißen Kittel, der ihre etwas
dunklere Hautfarbe zu betonen schien. Sie hatte schulterlanges,
schwarzes Haar und ein hübsches Gesicht.
"Ich habe die Praxis eben geschlossen, so dass wir für den
restlichen Tag ungestört sind. Wenn Sie auch so weit sind,
können wir dann jetzt anfangen", eröffnete Collins und musterte
Cornelia mit einem prüfenden Blick, als wolle er sich noch einmal
davon überzeugen, dass sie auch emotional bereit war.
Sie wusste, dass es die letzte Gelegenheit war, einen
Rückzieher zu machen. Doch nach all der Vorbereitung war es
dafür eigentlich schon längst zu spät. "Ja, ich bin bereit", sagte sie
daher mit einer etwas tonlosen Stimme, die ihrer Nervosität
geschuldet war.
"Sehr gut. Dann wird es jetzt ernst. War machen nun so
weiter, wie wir es zuvor besprochen haben", kündigte der Doktor
an.
"Kommen Sie bitte mit", bat die Arzthelferin und ging auf
eine Seitentür zu.
Cornelia folgte ihr mit stark pochendem Herzen in den
anliegenden Raum. Sie war erfüllt von einer Mischung aus Angst
und Entschlossenheit. Beide Gefühlte wechselten sich in kurzen
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Abständen ab und trugen damit nicht gerade dazu bei, dass sie
sich beruhigen konnte.
Der Raum, zu dem sie geführt wurde, war fast bis zur Decke
hoch gefliest, recht klein und mit einem weiteren Zimmer durch
eine offene Durchgangstür verbunden. Bis auf einen Stuhl in der
Mitte und eine Liege am Rand war er nahezu leer.
Perez schloss die Tür hinter ihnen und meinte: "Hat der
Doktor die Reihenfolge der Maßnahmen mit Ihnen besprochen?"
Die Arzthelferin machte einen professionellen, gleichzeitig aber
auch einfühlsamen Eindruck auf die zu Verwandelnde.
Cornelia nickte. "Ja, hat er. Zuerst die Haare, anschließend
der Schweif", fasste sie stark verkürzt zusammen, was man ihr
zuvor ausführlich erklärt hatte.
Die schwarzhaarige Frau nickte. "Ganz genau. Dann
entkleiden Sie sich bitte und setzen sich anschließend auf den
Stuhl."
Cornelia nickte. Etwas unschlüssig schaute sie sich in dem
Zimmer um, ehe sie zu der Liege herüber ging. Dort
angekommen zog sie sich zuerst ihre Schuhe aus, schob sie ein
wenig unter die Liege und warf einen fragenden Blick zu der
Arzthelferin. Da diese nichts weiter sagte, streifte sie als nächstes
ihr Oberteil ab, faltete es zusammen und legte es ordentlich auf
die Liege. Es war ein merkwürdiges Gefühl sich auszuziehen und
genau zu wissen, dass es Wochen dauern würde, bis sie wieder
etwas anhaben würde.
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Perez schenkte ihr keine besondere Aufmerksamkeit,
während Cornelia sich bis auf die Unterwäsche entkleidete. "Den
Rest auch?", erkundigte sie sich, woraufhin die andere Frau
nickte. Kurz zögerte sie, schlichtweg aufgrund der ungewohnten
Situation, sich vor einem fremden Menschen auszuziehen. In
diesem Moment wollte sie lieber nicht daran denken, dass sie in
den kommenden Wochen ständig nackt sein würde. Cornelia
öffnete ihren BH, zog sich das Höschen herunter und legte die
Unterwäsche zu ihren restlichen Sachen.
Die Arme ein wenig unsicher vor dem Oberkörper haltend
stand sie für einige Sekunden neben der Liege, ehe sie sich daran
erinnerte, dass sie sich setzen sollte. Perez ein kurzes, etwas
schüchternes Lächeln zuwerfend durchquerte sie den Raum und
setzte sich auf den metallischen Stuhl. Die Oberfläche war
unangenehm kalt, was unweigerlich dazu führte, dass ihre
Brustwarzen sich aufstellen. Mit leicht geröteten Wangen senkte
Cornelia den Kopf und wartete ab, was als nächstes passierte.
Die Arzthelferin trat seitlich an sie heran. Aus den
Augenwinkeln konnte Cornelia sehen, dass sie eine Schere in der
Hand hielt. "Keine Angst, ich muss Ihnen die Haare kürzen,
damit das Mittel nachher besser einwirken kann. Es geht ganz
schnell", versprach Perez, griff nach ihren Haaren und begann
ohne große Umschweife, sie nahe an ihrer Kopfhaut
abzuschneiden.
Große Büschel braunen Haares rieselten auf den Boden.
61
Immer wieder griff die Assistentin nach der nächsten
Haarsträhne, ließ sie etwas durch ihre Finger gleiten, straffte sie
ein wenig und schnitt sie anschließend dicht über ihrem Finger
ab. Es war ein merkwürdiges Gefühl, und obwohl Cornelia
gewusst hatte, was sie bei der vorgetäuschten Verwandlung
erwartete, hatte sie sich innerlich kaum darauf vorbereiten
können.
Nach wenigen Minuten legte Perez die Schere zur Seite.
Ohne Cornelia eine Pause zu geben, griff sie stattdessen nach
einem Rasierapparat. "Es ist gleich geschafft", meinte sie
aufmunternd, während sie das brummende Gerät im Nacken
ansetzte und langsam über ihren Kopf gleiten ließ.
Obwohl Cornelia in der Vergangenheit schon öfters kürzere
Haarschnitte getragen hatte, konnte sie sich nicht daran erinnern,
dass dabei jemals ein Rasierer zum Einsatz gekommen war. Es
fühlte sich merkwürdig an, wie er über ihre Kopfhaut glitt. Ein
beständiger Regen aus kurzen Haaren rieselte ihr ins Gesicht, was
dazu führte, dass ihre Nase kribbelte.
Unerwartet schnell war der Spuk vorbei. Perez schaltete den
Rasierer aus und wischte Cornelia mit einem Tuch die Haare aus
dem Gesicht.
Zögernd hob das Mädchen die Hand und tastete nach ihrem
Kopf. Dort, wo normalerweise ihre weichen Haare gewesen
waren, ertastete sie nun nur harte und borstige Stoppeln. Selbst
ihr letzter Freund hatte längere Haare gehabt.
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"Sehen Sie, das war doch gar nicht so wild", meinte die
Arzthelferin und lächelte sie aufmunternd an.
"Sie haben ihre Haare ja auch noch", erwiderte Cornelia,
ohne die Hand von ihrem Kopf zu nehmen.
Perez lachte. "Ja, das stimmt wohl. Aber keine Sorge, die
wachsen ja wieder nach. Kommen Sie, im Nebenraum geht es
weiter."
Cornelia erhob sich, warf einen kurzen Blick auf ihre Haare,
die abgeschnitten auf dem Boden lagen und drehte sich zur Tür.
Vielleicht war es besser, dass sie nun in einen anderen Raum
kam, ehe ihr bei dem Anblick doch noch die Tränen kamen. Perez
hatte recht, es waren nur Haare und sie würden nachwachsen...
aber dennoch war es für Cornelia ein sehr emotionaler Schritt und
nicht leicht, sich von ihnen zu verabschieden. Unsicher fasste sie
sich mit einer Hand an den Nacken, zuckte jedoch bei dem
Gefühl der Stoppeln gleich wieder zurück und verschränkte
stattdessen die Arme vor der Brust.
Der benachbarte Raum war ebenfalls gefliest und hatte eine
ähnliche Größe wie der vorherige. Bis auf eine etwas merkwürdig
anmutende Duschkabine war er jedoch vollkommen leer.
Neugierig sah Cornelia zu Perez herüber, die neben der Dusche
auf sie wartete.
"Kommen Sie bitte. Die restlichen Haare entfernen wir hier
unter der Dusche", erklärte sie und reichte ihr eine Atemmaske.
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Wenig begeistert nickte Cornelia und setzte die Maske auf.
Sie deckte ihren Mund nahezu perfekt ab und wurde durch ein
dünnes Gummiband, das um ihren Nacken lief, in Position
gehalten.
Die Arzthelferin trat näher an sie heran. "Ich werde ihnen
zwei Wattestopfen in die Nasenlöcher drücken. Durch die Maske
können sie ganz normal atmen." Kaum, dass sie ausgesprochen
hatte, drückte sie bereits zwei weiche Kugeln in Cornelias Nase.
"Okay", brachte diese nun etwas näselnd hervor. Zumindest
wurde Wert auf ihre Gesundheit gelegt.
"Stellen Sie sich jetzt bitte in die Kabine", forderte Perez und
öffnete die Tür zu der Dusche. Als Cornelia sie betrat stellte sie
fest, dass kleine Düsen an den Wänden angebracht waren, wie bei
einer der kostspieligen Duschen, wie wohlhabendere Menschen
sie gerne hatten.
"Um ihre Augen zu schützen, müssen sie diese Brille
tragen", meinte Perez und reichte ihr etwas, das Cornelia an eine
schmale Sportschwimmbrille erinnerte. Behutsam setzte sie die
Brille auf und spürte, wie sich die gummierten Ränder
unangenehm an ihre Haut drückten.
Perez prüfte noch einmal den Sitz der Brille, ehe sie die
Kabine verließ und die Tür hinter sich schloss. "Der Vorgang
wird einige Minuten dauern. Atmen Sie ruhig durch den Mund
und passen Sie bitte auf, dass die Brille an Ort und Stelle bleibt",
erklärte die Arzthelferin.
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"Gut", brachte Cornelia etwas gepresst heraus. Nervös
schaute sie sich um und wartete darauf, dass etwas passierte. Sie
konnte nicht leugnen, dass ihr in der Kabine überhaupt nicht
wohl war. Doch wenn das zur Scheinverwandlung gehörte,
musste sie es wohl oder übel auf sich nehmen. Stumm hoffte sie,
dass sich all diese Opfer wenigstens lohnen würden.
Die Arzthelferin drückte mehrere Knöpfe an einem kleinen
Schaltpult auf der Außenseite der Kabine. Ein leises Zischen
ertönte und ließ Cornelia erschrocken zusammenzucken. Aus den
kleinen Düsen, die sie schon zuvor bemerkt hatte, strömte ein
leicht bläulich schimmernder Dampf.
Mit stark pochendem Herzen beobachtete sie, wie sich der
Nebel rasch in der Kabine ausbreitete. Nach nicht einmal einer
Minute war er so dicht, dass Cornelia nicht einmal mehr die
Glaswand der Kabine erkennen konnte.
Wie ein dünner Film legte sich der Nebel auch auf ihre Haut.
Zuerst fühlte er sich nur feucht an, doch nach kurzer Zeit begann
es überall an ihrem Körper zu kribbeln. Cornelia unterdrückte
den Reiz, sich zu kratzen, und blieb so regungslos stehen, wie es
möglich war. Mit geschlossenen Augen versuchte sie sich darauf
zu konzentrieren, möglichst ruhig und gleichmäßig zu atmen.
Was auch immer hier mit ihr passierte, war genauso vorgesehen.
Dr. Collins und seine Assistentin machten einen kompetenten
Eindruck auf sie und passten auf sie auf. In ein paar Wochen
würde sie wieder genauso aussehen, wie noch vor ein paar
65
Stunden - wenn auch mit etwas kürzeren Haaren.
Das Kribbeln legte sich und wurde stattdessen von einer
beinahe unangenehmen Wärme verdrängt. Cornelias Haut fühlte
sich an, als hätte sie am gesamten Körper einen Sonnenbrand. Sie
spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach und fokussierte sich
weiterhin auf ihre Atmung. Wenn sie jetzt in Panik ausbrach
würde sie am Ende noch etwas von diesem blauen Dampf
einatmen, und das wollte sie unbedingt vermeiden.
Für Cornelia verging eine gefühlte Ewigkeit, ehe sich das
Zischen der Düsen veränderte. Nach und nach wurde der Nebel
lichter, so dass sie wieder eine bessere Sicht bekam. Perez stand
auf der anderen Seite der Glasscheibe und hatte offenbar gerade
das Programm beendet.
Bis die Luft wieder komplett geklärt war, vergingen noch
einmal ein paar Minuten. Cornelia nutzte die Zeit und sah an sich
herunter. Der Boden zu ihren Füßen war voller kleiner Härchen.
Dafür schien ihre Haut nun komplett haarlos zu sein, zumindest,
soweit sie es erkennen konnte. Egal ob Arme, Beine oder ihr
Schritt - nirgends war auch nur die kleinste Spur eines Haares zu
erkennen. Sie grinste leicht, als ihr durch den Kopf ging, dass sie
sich nun zumindest in nächster Zeit nicht mehr rasieren musste.
Perez öffnete die Tür der Kabine und bedeutete Cornelia,
dass sie heraus kommen sollte. "Sie können die Brille, die Maske
und die Wattepropfen jetzt wieder abnehmen", meinte sie. In der
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Hand hielt die Arzthelferin ein Handtuch, das sie Cornelia
reichte. Dankbar nahm das Mädchen es an und reichte der Frau
dafür die nun nicht mehr benötigten Utensilien. Es war
angenehm, wieder durch die Nase atmen zu können.
Während sie sich die letzten Spuren des feuchten Nebels
vom Körper wischte stellte Cornelia fest, dass ihre Haut
unglaublich glatt war. Selbst, wenn sie sich besonders sorgfältig
rasiert hatte, ein derartiges Ergebnis hatte sie nie erreicht. Sie hielt
in ihrer Bewegung inne und tastete mit einer Hand nach ihrem
Kopf. Auch dort war die Haut nun vollkommen glatt. Cornelias
Sinne schienen für einen Moment verwirrt zu sein, weil es ein so
vollkommen neues Empfinden war und sich dort nicht mehr ein
einziges Haar mehr befand.
"Wie lange bleibt das so?", erkundigte sie sich mit leicht
krächzender Stimme bei Perez, die neben ihr stand und sie
beobachtete.
Die Arzthelferin setzte wieder ihr freundliches Lächeln auf,
als sie erklärte: "Ungefähr acht Wochen. So lange ist das
Wachstum deiner Haare unterbrochen. Die Haarwurzeln sind
jedoch nicht vollständig zerstört, nur die oberen
Wachstumszellen wurden aufgelöst. Diese werden sich jedoch
auf natürliche Art und Weise regenerieren, so dass Ihre Haare
anschließend wieder ganz normal wachsen werden."
Cornelia nickte leicht, strich sich noch einmal über den Kopf
und schüttelte sich leicht. Sie würde sich erst daran gewöhnen
müssen, überhaupt keine Haare mehr zu haben.
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Als sie sich fertig abgetrocknet hatte, kehrten sie in den
Raum mit dem Stuhl und der Liege zurück. Während Cornelia in
der Kabine gestanden hatte, schien Perez hier für Ordnung
gesorgt zu haben. Zumindest konnte sie keine Spuren ihrer zuvor
abgeschnittenen Haare mehr entdecken.
"Legen Sie sich bitte auf die Liege. Ich werde Sie nun in
Narkose versetzen, damit der Doktor den Eingriff an ihrem
Steißbein vornehmen kann", bat Perez und deutete auf die Liege,
neben der Cornelia sich zuvor ausgezogen hatte. Genau wie ihre
Haare waren auch ihre Kleidungsstücke verschwunden. Stumm
fragte sie sich, ob man die Sachen für sie aufbewahren würde, bis
sie wieder zurückverwandelt wurde.
Cornelia kletterte auf die Liege und machte es sich so
bequem, wie es irgendwie möglich war. Sie versuchte sich nicht
darauf zu konzentrieren, dass sich die Liege unter ihrem
haarlosen Kopf sehr ungewohnt anfühlte und war froh, als Perez
neben ihr auftauchte.
Die Arzthelferin verabreichte ihr eine Spritze und drückte
ihr eine Atemmaske auf das Gesicht. "Atmen Sie einfach ganz
normal weiter", riet sie.
Cornelia drehte den Kopf etwas zur Seite, so dass sie eine
kleine Gasflasche sehen konnte, die durch einen Schlauch mit der
Maske in ihrem Gesicht verbunden war. Die Luft, die sie jetzt
atmete, schmeckte ein wenig süßlich.
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Es dauerte nicht lange, bis ihr Blick unscharf und ihre
Gedanken träge wurden. Kurz versuchte sie sich dagegen zu
wehren, doch schon nach kurzer Zeit fiel Cornelia in einen tiefen
und traumlosen Schlaf.
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Kostümierung
Cornelias Bewusstsein kehrte nur langsam wieder zurück.
Als hätte sie einen Kater, fühlte sich ihr Kopf schwer, ihre
Gedanken träge an. Ohne die Augen zu öffnen wartete sie ab, bis
sich der Nebel in ihrem Kopf etwas lichtete.
Sie verspürte einen dumpf pulsierenden Schmerz an der
Stelle, an der sich ihr Steißbein befand. Dabei wurde ihr bewusst,
dass sie auf dem Bauch lag, was normalerweise nicht so häufig
vorkam. Irgendetwas lag auf ihrem linken Oberschenkel und
fühlte sich sehr eigentümlich an. Cornelia wähnte sich jedoch
noch nicht dazu in der Lage, sich umzudrehen und nachzusehen,
worum es sich handelte.
Ganz langsam erinnerte sie sich daran, was vor ihrer
Bewusstlosigkeit zuletzt passiert war. Die Scheinverwandlung,
der Termin bei Dr. Collins, das Entfernen ihrer Haare.
Unwillkürlich bewegte sie eine Hand und tastete nach ihrem
Kopf. Die Haut war dort vollkommen glatt, nicht ein einziges
Härchen war übrig geblieben. Der Gedanke an den Verlust ihrer
Haare beherrschte ihre trägen Gedanken, sie hatte bisher noch
keine Zeit gehabt, diese Sache richtig zu verarbeiten. Einzig das
Wissen, dass es nur ein paar Wochen dauern würde, bis ihre
Haare wieder ganz normal wuchsen, beruhigte sie ein wenig.
70
Schließlich öffnete sie doch die Augen. Cornelia blinzelte ein
paar Mal und schaute sich um. Der Raum in dem sie sich befand
kam ihr vertraut vor. Zwar war der Stuhl verschwunden, doch es
war zweifelsfrei der Raum, in dem sie auch eingeschlafen war.
Vor dem kleinen Fenster hing ein Rollladen, ein paar einzelne
Sonnenstrahlen schimmerten durch die schmalen Lücken in den
Raum hinein.
"Es ist ja hell draußen", murmelte sie leise zu sich selbst. Ihre
Verwandlung hatte am späten Nachmittag begonnen, so dass sie
offenbar die ganze Nacht über geschlafen haben musste.
Sie drehte den Kopf etwas über die Schulter. Mit einer
mühevollen Bewegung schob sie die dünne Decke zur Seite, die
ihren Körper bedeckte. Was sie dann sah, war gleichermaßen
faszinierend wie beängstigend. Aus ihrem Steißbein entsprang
ein Kuhschweif, der locker auf ihrem linken Oberschenkel lag. Er
schien übergangslos mit ihrer Hüfte verwachsen zu sein und war
- bis auf ein größeres Büschel längerer Haare an seinem Ende -
genauso haarlos wie ihre übrige Haut. Wenn sie es nicht besser
gewusst hätte und es nicht so ungewohnt ausgesehen hätte,
Cornelia hätte nicht daran gezweifelt, dass dieser Schweif schon
immer zu ihrem Körper gehört hatte.
Unschlüssig betrachtete sie ihr neues Körperteil. Sie glaubte,
ihn auch spüren zu können, wusste jedoch nicht, ob und wie sie
ihn bewegen konnte. Unsicher spannte sie verschiedene Muskeln
in ihrem verlängerten Rücken an, jedoch ohne Erfolg.
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Cornelia sank wieder in ihr Kissen und schloss die Augen.
Natürlich hatte sie gewusst, dass sie einen Kuhschweif erhalten
sollte, schließlich würde sie ansonsten kaum unauffällig zwischen
den richtig verwandelten Rindern ihrer Aufgabe nachgehen
können. Doch es war etwas ganz anderes, sich so etwas nur
vorzustellen, als jetzt tatsächlich mit so einem neuen Körperteil -
das zudem auch noch eindeutig nicht besonders menschlich
wirkte - aufzuwachen. Das musste sie nun erst einmal
verarbeiten.
Besonders viel Zeit blieb ihr dafür jedoch nicht. Nur ein paar
Minuten, nachdem sie die Augen wieder geschlossen hatte,
wurde die Tür geöffnet. Unwillkürlich hob Cornelia den Kopf
und sah nach, wer den Raum nun betrat.
"Sehr schön, Sie sind ja schon wach!", wurde sie von Perez
begrüßt. Die Arzthelferin näherte sich ihr, warf einen prüfenden
Blick auf den Schweif und legte die Decke wieder ordentlich über
den nackten Körper ihrer Patientin. "Wie fühlen Sie sich?",
erkundigte sie sich anschließend und legte ihr gleichzeitig eine
Hand auf die Stirn, wohl um die Temperatur zu prüfen.
Cornelia überlegte kurz, was sie auf diese Frage antworten
sollte. "Ein wenig merkwürdig", meinte sie schließlich und
machte mit einer Hand eine Bewegung in Richtung ihres
Rückens.
Perez lächelte verständnisvoll. "Ja, das kann ich mir
72
vorstellen. Sie haben aber keine Schmerzen oder andere
Beschwerden?"
"Nein, nur mein Kreislauf scheint etwas angeschlagen zu
sein", entgegnete sie.
"Das ist ganz normal, das kommt von der Narkose. Ich habe
Ihnen etwas zur Stärkung vorbereitet, das wird helfen", versprach
Perez. Sie verschwand kurz, ehe sie mit einem Tablett zurück
kehrte und es auf einem kleinen Beistelltischchen neben dem Bett
abstellte.
Perez half Cornelia dabei, sich ein wenig aufzurichten.
Aufgrund ihres neuen Schweifes fiel es ihr schwer, sich
hinzusetzen, doch die Arzthelferin bog ihr neues Körperteil
vorsichtig zur Seite, so dass sie es sich einigermaßen gemütlich
machen konnte, und legte den Schweif dann seitlich an ihre
Hüfte, so dass er dicht an ihrem Schenkel lag.
"Keine Sorge, in ein paar Tagen können Sie ihn selbst
bewegen", versprach Perez.
Die Patientin ignorierte diese Aussage und warf stattdessen
einen prüfenden Blick auf das Tablett. Dort warteten zwei belegte
halbe Brötchen und ein Glas Wasser auf sie.
"Guten Appetit. Ich hole Sie in ein paar Minuten ab, damit
wir weiter machen können", verkündete die Arzthelferin, lächelte
Cornelia noch einmal zu und verschwand aus dem Raum.
Besonders viel Appetit verspürte Cornelia nicht, doch sie
73
hielt es für keine gute Idee, das Frühstück auszuschlagen. Ihre
Verwandlung war nun bereits zur Hälfte abgeschlossen, und
wenn sie erst einmal ein Rind war, würde es eine ganze Weile
dauern, bis sie das nächste Mal ein Brötchen zu Gesicht
bekommen würde. Während ihrer Recherchetätigkeit hatte sie
sich auch darüber informiert, was Rinder zu fressen bekamen.
Zwar waren bei den Biokühen keine Substanzen wie ProMilk
oder Conticesens Sententiae untergemischt, das Futter bestand
aber dennoch nur aus Pellets, Hafer und Getreide. Cornelia hatte
zwar nichts gegen Müsli zum Frühstück, doch die Aussicht auf
das zukünftige Futter öste nicht gerade Begeisterungsstürme bei
ihr aus.
So zerkaute sie mit langsamen Bissen die beiden
Brötchenhälften und warf dabei immer wieder einen Blick auf
ihren Kuhschweif, der bewegungslos an ihrer rechten Seite lag. Es
war wirklich ein sehr ungewohntes Gefühl, plötzlich ein
zusätzliches Körperteil zu haben.
Kaum, dass sie ihr Frühstück beendet hatte, kehrte Perez
auch schon wieder zurück.
"Sind Sie satt geworden?", erkundigte sie sich höflich, als sie
das Tablett wieder an sich nahm, zweifellos, um es aus dem
Raum zu bringen.
Cornelia nickte. "Ja, vielen Dank." Da sie ohnehin nicht
besonders viel Appetit gehabt hatte, war die Portion sogar mehr
als ausreichend gewesen.
74
"Sehr schön", freute sich die Arzthelferin, brachte das Tablett
aus dem Raum und stand gleich darauf wieder neben ihrer
Patientin.
Mit Hilfe von Perez stand Cornelia auf. Der Schweif reichte
zwar nicht ganz bis zum Boden, wirkte bei Cornelias ersten
Schritten aber dennoch irritierend. Unkontrolliert pendelte er
leicht hin und her, wobei er immer wieder ihre Waden berührte,
als sie zusammen mit der Arzthelferin ins Bad ging.
Einige leicht verstörende Minuten später, in denen sie sich
erleichtert und grob gewaschen hatte, befand sich Cornelia
wieder in einem Raum mit einer sonderlichen Kabine.
"Wie ich sehe, sind Sie in bester Verfassung!", wurde sie von
Dr. Collins begrüßt, der dort bereits auf sie gewartet hatte.
Cornelia lächelte schief. "Naja, ich habe mich schon wohler
gefühlt", gab sie ehrlich zurück. Zwar fehlte ihr nichts und auch
die Trägheit in ihrem Kopf hatte sich durch etwas kühles Wasser
im Gesicht gelegt, doch der Schweif machte ihr noch immer etwas
zu schaffen. Immerhin lenkte er sie von der Tatsache ab, dass sie
mit Ausnahme der Wimpern am ganzen Körper keine Haare
mehr hatte.
"Daran gewöhnen Sie sich ganz schnell. Ich bin mir sicher,
dass Ihnen der Schweif sogar fehlen wird, wenn wir ihn in ein
paar Wochen wieder entfernt haben", meinte der Arzt, während
er hinter das Mädchen trat und einen prüfenden Blick auf ihren
verlängerten Rücken warf.
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"Na, ich weiß noch nicht so recht", erwiderte Cornelia.
Der Doktor tauchte wieder vor ihr auf und lächelte sie
zuversichtlich an. "Keine Sorge, es läuft alles genau so wie
geplant. Als nächstes werden wir nun die Färbung auf Ihrer Haut
auftragen."
Cornelia warf einen Blick auf die Duschkabine und
schluckte leise. Spätestens wenn dieser Schritt hinter ihr lag,
würde sie kaum noch als Mensch erkannt werden.
"Ihre Größe spielt uns dabei in die Karten, so dass wir es uns
etwas einfacher machen können", erklärte Dr. Collins und führte
weiter aus: "Da es von den körperlichen Gegebenheiten so gut
passt, werden wir Sie wie ein Angler Rind färben. Diese Rasse hat
eine einfarbige Hautfärbung, was uns eine Menge Feinarbeit
erspart."
Während der Arzt auf diese Details einging, wurden
Cornelia von Perez erneut Maske, Nasenstopfen und die Brille
gereicht. Sorgfältig setzte sie alles auf, ehe die Arzthelferin den
Sitz noch einmal überprüfte.
Zögerlich betrat Cornelia die Duschkabine. Perez verschloss
die Tür hinter ihr und Dr. Collins setzte die Maschine in Gang.
Ähnlich wie am Vortag drang feiner Nebel aus den Düsenleisten,
die in den Ecken der Kabine angebracht waren und sie durch den
geringen Abstand zueinander gleichmäßig besprühten.
Im Gegensatz zu dem Enthaarungsmittel, mit dem sie zuvor
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eingesprüht worden war, hatte der Nebel dieses Mal jedoch eine
dunkelrote Färbung.
Cornelia verharrte Regungslos in der Kabine, während der
Nebel sich feucht auf ihre Haut legte. Es war ein wenig gruselig
mit anzusehen, wie sich die kleinen Farbpartikel auf die
Oberfläche ihrer Schutzbrille legten und ihr nach kurzer Zeit die
Sicht nahmen. Genau das Gleiche passierte gerade überall an
ihrem Körper mit ihrer Haut, schoss es ihr durch den Kopf.
Ein leises Rauschen erklang, dicht gefolgt von der Stimme
der Arzthelferin: "Bitte strecken Sie jetzt Ihre Arme nach oben,
damit auch Ihre Achseln zuverlässig gefärbt werden können."
Sie befolgte die Anweisung, auch wenn sie sich dabei noch
merkwürdiger vorkam. Sie konnte inzwischen absolut nichts
mehr erkennen und hoffte, dass es nicht mehr lange dauern
würde, bis sie die Kabine wieder verlassen konnte.
"Und jetzt stellen Sie bitte Ihre Beine weiter auseinander",
ertönte kurz darauf erneut die Stimme von Perez.
Cornelia tat wie ihr geheißen und stellte sich breitbeiniger
hin. Gleich darauf spürte sie, wie sie nun auch von unten
angesprüht wurde und fühlte sich an den Oberschenkeln und im
Schritt etwas klamm. Ihr war bewusst, dass auch ihr haarloser
Intimbereich von der Färbung nicht verschont bleiben konnte. Ein
paar tiefe Atemzüge nehmend hoffte sie, dass es wirklich keine
Rückstände der Farbe geben würde, wenn sie zurückverwandelt
wurde.
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Es dauerte fast eine Stunde, bis Cornelia die Prozedur
überstanden hatte. Nachdem das Geräusch der Düsen immer
leise wurde und der dunkle Nebel schließlich abgesaugt worden
war, konnte sie hören, wie sich die Tür der Kabine öffnete.
"Nicht erschrecken, ich nehme Ihnen jetzt die Brille ab",
erklang die Stimme von Perez dicht neben ihr. Mit behutsamen
Bewegungen griff sie an Cornelias Kopf und löste die Brille.
Sie blinzelte ein paar Mal, ehe sie sich wieder an ihre hellere
Umgebung gewöhnt hatte. Während die Arzthelferin ihr auch die
Maske und die Nasenstopfen abnahm, hob Cornelia langsam ihre
Arme vor das Gesicht. Ihre Haut hatte nun einen kräftigen,
rotbraunen Farbton. Langsam schaute sie an sich herunter. Die
Färbung war absolut gleichmäßig und makellos.
"Sehr schön, das hat ja hervorragend geklappt!", freute sich
Dr. Collins, der nun die Kabine betrat, nachdem seine Assistentin
selbige verlassen hatte. "Jetzt müssen wir nur noch die letzten
Stellen im Gesicht nacharbeiten."
Cornelia betrachtete noch immer vollkommen fasziniert ihre
Haut, so dass sie die Worte des Arztes kaum wahrgenommen
hatte. Leicht verwirrt blinzelte sie ihn an.
"Keine Sorge, das geht ganz flott", versprach er. Perez reichte
ihm eine Schutzbrille und eine kleine Airbrushpistole, die an
einem längeren Schlauch befestigt war.
"Wenn ich Ihnen das Kommando gebe, dann halten Sie Ihre
Augen bitte möglichst entspannt geschlossen und die Luft an.
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Den Mund lassen Sie bitte ebenfalls fest verschlossen", wies der
Arzt sie an.
Cornelia nickte nervös. Probeweise machte sie einen tieferen
Atemzug und hatte prompt das Gefühl, gerade in diesem
Augenblick besonders kurzatmig zu sein.
"Sind Sie bereit?", erkundigte sich Dr. Collins und musterte
sie mit einem prüfenden Blick.
Sie atmete noch ein paar Mal tief durch, ehe sie knapp und
mit tonloser Stimme antwortete: "Ja."
"Gut, dann jetzt bitte Luft anhalten, Mund und Augen zu!",
erwiderte der Doktor.
Cornelia nahm einen tiefen Atemzug und hielt die Luft an.
Sie drückte ihre Augen fest zu und presste die Lippen
aufeinander. Die Farbe war sicher nicht gerade gesund, immerhin
hatte sie in der Kabine nicht umsonst eine Maske tragen müssen.
Ein feiner, aber durch die Nähe zur Spritzdüse recht harter
Sprühregen traf ihr Gesicht. Unwillkürlich zuckte Cornelia etwas
zurück und presste Lippen und Augen noch fester zu.
"Ganz ruhig", ermahnte Dr. Collins, während er weiter das
Gesicht seiner Patientin einsprühte. Sorgfältig verteilte er die
Farbe auf die Stellen, die bisher geschützt gewesen waren.
Aufmerksam achtete er darauf, alle Stellen gleichmäßig
einzufärben und nichts zu übersehen.
Cornelia bekam gerade das Gefühl, dass ihr die Luft
ausging, als der Sprühnebel versiegte. "Sie können jetzt ganz
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vorsichtig durch die Nase atmen. Lassen Sie Augen und Mund
aber bitte noch weiter geschlossen", hörte sie die Stimme des
Arztes.
Erleichtert sog sie Luft durch die Nase ein. Ganz langsam
entspannte sich ihr verkrampfter Körper wieder. Zumindest
schien sie es jetzt weitestgehend hinter sich gebracht zu haben.
Nach ein paar Minuten durfte Cornelia ihre Augen wieder
öffnen. Perez geleitete sie aus der Kabine heraus und lächelte sie
aufmunternd an. "Jetzt haben wir es fast geschafft, es fehlen nur
noch Kleinigkeiten."
Cornelia fiel es schwer, das Lächeln zu erwidern. Gerade
war ihr Blick auf einen Spiegel gefallen. Das, was sie dort sah, zog
sie vollkommen in seinen Bann. Sie hätte sich selbst beinahe nicht
erkannt. Haarlos und mit einer dunklen, rotbraunen Haut, sah sie
überhaupt nicht mehr wie ein normaler Mensch aus. Verstärkt
wurde dieses Bild noch durch den Kuhschweif, der leicht hin und
her pendelte. Es war ein befremdlicher und irgendwie auch
erschreckender Anblick für die junge Frau. So also sah sie nun
aus? Jetzt fiel es ihr leicht zu glauben, dass sie zwischen den
Tieren nicht auffallen würde. Ob Erik so überhaupt dazu in der
Lage sein würde, sie unter den anderen Kühen ausfindig zu
machen?
"Ich werde Ihnen jetzt die Ohrmarken anlegen", kündigte die
Arzthelferin an und schaffte es damit nur für einen kurzen
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Moment, Cornelia aus ihren Gedanken zu reißen.
Mit Mühe löste sie ihren Blick von ihrem Spiegelbild und
betrachtete stattdessen die beiden gelben Marken, die Perez ihr
gerade zeigte. Beide bestanden jeweils aus zwei Teilen, einer
größeren Vorder- und einer etwas kleineren Rückseite. Auf der
Rückseite war unter dem Siegel des MPHZ eine längere Nummer
zu sehen. Selbige befand sich auch auf der Vorderseite, wurde
dort jedoch noch zusätzlich durch einen Strichcode ergänzt.
"Die Zahlen stehen für die Lebensnummer, unter der Sie die
kommenden Wochen geführt werden", erklärte Perez.
Cornelia wusste, was es mit den Zahlen auf sich hatte. Jedes
Pet bekam bei seiner Verwandlung eine individuelle Nummer.
Sie setzte sich aus verschiedenen Zahlen zusammen, die
beispielsweise für den Ort der Verwandlung, die Rasse und das
Alter standen. Etwas ratlos schaute sie auf die Zahlenkette, die
sich auf ihren Ohrmarken befand. "AR 084 02 71993" stand dort
geschrieben. Was genau man daraus ablesen konnte, wusste
Cornelia jedoch nicht.
"Stillhalten bitte", forderte Perez und griff nach Cornelias
linkem Ohrläppchen. Mit leichtem Druck hielt sie die vordere
Seite der Ohrmarke auf Cornelias Ohrmuschel, führte die
Rückseite von der anderen Seite heran und verband beide Teile
miteinander. Wenn man davon absah, dass es die untere Hälfte
ihres Ohres bedeckte und dort etwas ungewohnt drückte, fühlte
es sich jedoch tatsächlich fast wie ein Ohrring an.
"Und die gehen ganz sicher wieder ab?", erkundigte sich
81
Cornelia, den Blick inzwischen wieder auf den Spiegel gerichtet.
Der Anblick ihres kaum noch menschlichen Körpers gab dem
leisen Zweifel, der immer noch irgendwo in ihr geschlummert
hatte, neue Nahrung.
Die Arzthelferin ging einmal um sie herum und wiederholte
die Prozedur an ihrem anderen Ohr. "Ja, das ist überhaupt kein
Problem. Sie sitzen fest genug, damit sie sich nicht versehentlich
lösen, aber wir können sie leicht wieder abmachen", versprach
sie.
Cornelia zögerte kurz, dann forderte sie leicht erregt:
"Zeigen Sie es mir. Machen Sie die Ohrmarke wieder ab. Bitte."
Perez, die gerade die zweite Ohrmarke befestigt hatte, warf
ihr einen taxierdenden Blick zu. Fast schien sie innerlich zu
seufzen, ehe sie nickte. "Gut, ich werde es Ihnen zeigen."
Die Arzthelferin begann erneut, an Cornelias rechtem Ohr
herum zu nesteln. Es dauerte fast eine halbe Minute, doch dann
löste sich die Ohrmarke tatsächlich von ihrem Ohr.
"Bitte. Sehen Sie, das war überhaupt kein Problem", meinte
Perez und hielt Cornelia die Hand mit der Ohrmarke hin.
Cornelia fühlte sich unendlich erleichtert, dass es tatsächlich
geklappt hatte. Jetzt hatte sie fast ein schlechtes Gewissen, weil
sie darauf bestanden hatte, dass die Arzthelferin die Marke noch
einmal löste. "Danke...", murmelte sie halblaut und fügte dann
hinzu: "Tut mir leid, ich... bin einfach etwas nervös. Das ist jetzt
doch alles recht viel für mich."
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"Schon gut, ich verstehe das schon", antwortete Perez und
befestigte die Ohrmarke nun erneut an dem Ohr ihrer Patientin.
"Aber Sie können uns ruhig vertrauen, wir können alles
rückgängig machen."
Deutlich beruhigter als noch kurz zuvor kehrte Cornelia mit
Perez zusammen in den Nebenraum zurück. Während sie sich
auf die Liege setzte, verschwand die Arzthelferin kurz und kam
gleich darauf mit einer großen Tasche zurück.
"Jetzt fehlen nur noch die Hufschuhe und die Armfesselung,
dann sind wir soweit fertig. Das Spray für ihre Stimmbänder
macht der Doktor dann ganz am Ende", erklärte Perez das
weitere Vorgehen.
Cornelia nickte und stieg mit beiden Beinen bereitwillig in
die Schuhe, die ihr gereicht wurden. Es waren hohe Stiefel die ihr
bis über die Knie reichten und deren Farbe exakt ihrer neuen
Hautfarbe entsprach. Von Innen waren sie mit einem weichen
Material ausgestattet, dass sich angenehm an ihre Füße
schmiegte.
"Sie müssen den Fuß strecken, damit Sie ganz hinein
gelangen", erklärte die Assistentin und half ihr dabei, vollständig
in die Schuhe zu gelangen.
Warum diese Stiefel Hufschuhe genannt wurden, verstand
Cornelia an dem Augenblick, in dem sie von der Liege aufstand.
Sie hatte das Gefühl auf Zehenspitzen zu laufen, doch anders als
bei gewöhnlichen High Heels gab es keinen Absatz, der sie
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stützte. Stattdessen war die Sohle des Stiefels einem Huf
nachempfunden, auf dem sie nun balancieren musste.
"Huh...", entfuhr es ihr, als sie einen ersten zögerlichen
Schritt machte und beinahe das Gleichgewicht verlor.
Perez eilte ihr zu Hilfe und stützte sie an der Schulter.
"Keine Sorge, da gewöhnen Sie sich im Handumdrehen dran",
versicherte sie ihr.
Tatsächlich war das Laufen in den Hufschuhen nicht so
schlimm, wie Cornelia zuerst gedacht hatte. Zwar war ihr Fuß
sehr stark gestreckt, so dass sie wirklich nur mit den
Zehenspitzen auftrat, doch das Material im Inneren des Schuhs
stützte ihre Füße und gab ihr damit außergewöhnlich festen Halt.
Zusätzlich war die Auflagefläche der Hufe selbst recht groß, so
dass sie zumindest einen stabilen Stand hatte, wenn sie keine
Schritte machte. Sie stakste zwar noch ein wenig, doch immerhin
konnte sie ihr Gleichgewicht halten.
"Sehr gut", lobte Perez. Sie hatte Cornelia bei ihren letzten
Runden durch den kleinen Raum nicht mehr stützen müssen und
stattdessen weitere Gegenstände aus der Tasche geholt. "Reichen
Sie mir jetzt bitte Ihren linken Arm", bat sie.
Cornelia streckte selbigen aus und beobachtete, wie die
Arzthelferin ihr einen langen Handschuh anzog. Der Handschuh
reichte ihr bis über die Ellenbogen und hatte die gleiche Färbung
wie die Hufschuhe. Dort, wo normalerweise die einzelnen Finger
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waren, befand sich jedoch nur ein einziger geräumiger
Fingerschaft, wie man es höchstens von Fäustlingen kannte. Ihre
Hand, zu einer lockeren Faust geballt, passte genau hinein.
"Jetzt den anderen", forderte Perez und wiederholte das
Vorgehen am rechtem Arm. Cornelia stellte fest, dass sie mit
ihren Fingern nun praktisch überhaupt nichts mehr machen
konnte. Sie war nicht einmal mehr dazu in der Lage, ihre Hand
richtig zu bewegen, und selbst wenn, hätte sie aufgrund der
Ausformung der Handschuhe nichts mehr greifen können.
Perez war nun hinter sie getreten und zog ihr die Arme
behutsam auf den Rücken. Ihre Unterarme wurden parallel
zueinander in eine horizontale Position gebracht, so dass die
Hände jeweils in der Armbeuge des anderen Arms lagen. Mit
mehreren Lederbändern fixierte die Arzthelferin die Arme nun,
so dass Cornelia sie nicht mehr bewegen konnte.
Es war ein sehr komisches Gefühl für Cornelia, derart
gefesselt zu sein. Weder konnte sie ihre Arme bewegen, noch ihre
Finger benutzen. Sie spürte eine selten starke Hilflosigkeit und
Unsicherheit, die durch die Hufschuhe noch verstärkt wurde.
"Das ist echt unangenehm...", merkte sie an.
"Kann ich mir vorstellen", meinte Perez, die nun einen
Schritt zurückgetreten war und ihr Werk begutachtete. "Können
Sie die Arme bewegen?"
Cornelia kannte die Antwort bereits, versuchte es aber noch
einmal. Doch so sehr sie sich auch mühte, sie konnte ihre Arme
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nahezu überhaupt nicht bewegen. Einzig beide Arme gleichzeitig
ein paar Zentimeter von ihrem Rücken anzuheben klappte,
jedoch war die Bewegung so anstrengend, dass sie es kaum
länger als ein paar Sekunden durchhalten konnte. "Nein, keine
Chance", sagte sie schließlich und gab auf.
"Sehr gut." Dr. Collins hatte während ihrer Anstrengungen
den Raum betreten und lächelte Cornelia breit an.
Ganz so toll wie der Arzt fand Cornelia die Tatsache, dass
sie fortan vollkommen hilflos sein würde nicht, doch immerhin
war ihre Verwandlung damit beinahe abgeschlossen.
"Gute Arbeit", lobte der Doktor seine Assistentin und besah
sich die Fesselung noch einmal selbst, indem er einmal um
Cornelia herum ging. "Fein. Ist bei Ihnen alles in Ordnung?",
erkundigte er sich aufmerksam.
Cornelia betrachtete den Arzt stumm für einige
Augenblicke. Besonders wohl fühlte sie sich nicht und am
liebsten hätte sie besonders die Handschuhe sofort wieder
ausgezogen. Doch selbst, wenn sie es gewollt hätte, wäre sie
alleine dazu nun nicht mehr in der Lage gewesen. Von dieser
Tatsache abgesehen spürte sie jedoch keine Schmerzen oder
irgendetwas anderes, das sie davon abhalten würde, die
Verwandlung nun zu vollenden.
"Ja, alles in Ordnung", sagte sie schließlich und gab sich
Mühe, einen entschlossenen Gesichtsausdruck zu zeigen.
"Hervorragend", freute sich der Arzt. Perez reichte ihm eine
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Spraydose, die Cornelia unwillkürlich an ein Deo erinnerte.
"Dann öffnen Sie jetzt bitte den Mund soweit Sie können."
Sie schluckte noch einmal, ehe sie langsam ihren Mund
öffnete, bis es nicht mehr weiter ging.
"Und nun die Zunge schön weit heraus strecken", forderte
der Doktor und hob die Spraydose auf Sichthöhe.
Cornelia streckte ihre Zunge heraus und sah, wie der Doktor
die Dose nun unmittelbar vor ihren Mund hielt. Im nächsten
Augenblick war das Zischen von entweichendem Gas zu hören
und sie konnte spüren, wie es in ihren Mund gesprüht wurde. Es
fühlte sich feucht an, trocknete ihren Rachen aber dennoch in
kürzester Zeit aus. Nur mit Mühe schaffte sie es, nicht reflexartig
den Mund zu schließen, sondern mehrere Sekunden abzuwarten,
bis Dr. Collins fertig war.
"Gut. Jetzt müssen wir kurz warten, bis es seine volle
Wirkung entwickelt hat", erklärte der Arzt und überreichte seiner
Assistentin die Spraydose.
Cornelia nutzte die Wartezeit, um sich noch etwas besser an
ihre neuen Schuhe zu gewöhnen. Jetzt, wo sie die Arme nicht
mehr bewegen konnte, war es wieder schwieriger, das
Gleichgewicht zu halten. Mit langsamen Schritten lief sie den
Raum auf und ab, was ihr immerhin dabei half, ihre Nervosität
zumindest ein wenig in den Griff zu bekommen.
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"Fünf Minuten sind um", verkündete Dr. Collins und
bedeutete Cornelia, zu ihm zu kommen. "Bitte versuchen Sie nun
einmal, etwas zu sagen."
Sie machte noch zwei Schritte, bis sie wieder bei dem Arzt
und seiner Assistentin angekommen war und öffnete zögernd
den Mund. Für einen kurzen Moment war sie sich nicht sicher,
was sie überhaupt sagen sollte, doch dann entschied sie sich
dafür, einfach zu fragen, was sie sagen solle.
Cornelia setzte dazu an, doch alles was aus ihrer Kehle kam,
war ein heiseres Krächzen, das ein unangenehmes Kratzen in
ihrem Hals nach sich zog. Sie versuchte sich zu Räuspern und
probierte es erneut, jedoch ohne Erfolg. Sie brachte kein Wort
heraus. Das Krächzen erweckte eher den Eindruck, dass ihr etwas
im Hals stecken geblieben wäre.
Obwohl sie wusste, dass es beabsichtigt war, dass sie nicht
mehr sprechen konnte, war es ein sehr unangenehmes und
beängstigendes Gefühl, jetzt tatsächlich nicht mehr sprechen zu
können. Nun konnte sie weder ihre Hände benutzen, noch
jemanden um Hilfe bitten. Sofort nagten wieder Zweifel an ihr, ob
es wirklich eine gute Idee gewesen war, sich auf die
Scheinverwandlung einzulassen.
"In Ordnung. Jetzt versuchen Sie mal ein Muhen!", forderte
Dr. Collins.
Cornelia warf ihm einen kurzen zweifelnden Blick zu. Sie
hatte noch nie versucht, das Geräusch einer Kuh zu imitieren.
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Etwas zögerlich öffnete sie erneut den Mund. "Mhuuhh!", brachte
sie etwas schief hervor. Leicht beschämt senkte sie den Blick und
betrachtete den Fußboden, als ob das Muster der Fliesen
besonders spannend wäre. Nackt, gefesselt und noch dazu
muhend kam sie sich nicht nur hilflos, sondern regelrecht
gedemütigt vor.
"Das klappt schon ganz gut. Niemand wird einen Verdacht
schöpfen", befand der Arzt. "Dann sind wir hier fertig. Es freut
mich, dass alles so reibungslos geklappt hat." Er machte eine
kurze Pause und lächelte Cornelia erneut an, die ihren Blick
wieder auf den Doktor gerichtet hatte. "Ich wünsche Ihnen in den
kommenden Wochen viel Erfolg! Wir sehen uns dann zu Ihrer
Rückverwandlung."
Unfähig, etwas zu erwidern, nickte Cornelia nur leicht mit
dem Kopf. Perez legte ihr eine Hand auf den Oberarm und
bedeutete ihr, den Raum zu verlassen. Behutsam, um ihre
Patientin nicht doch noch ins Stolpern zu bringen, führte die
Arzthelferin Cornelia durch die Praxis und schließlich durch eine
Nebentür nach draußen auf den Hof.
Noch bevor sierichtig realisierte, dass sie sich gerade
vollkommen nackt und mit dem Aussehen einer Kuh mitten in
einem meist recht belebten Dorf aufhielt, wurde Cornelia eine
kleine Rampe hinauf in einen Anhänger geführt.
"Du wirst gleich zu BioUdders gebracht", erklärte Perez.
"Während der Fahrt könnte es etwas wacklig werden also würde
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ich vorschlagen, dass du dich hinsetzt."
Cornelia nickte. Es war auf festem Boden schon schwer
genug, auf den Hufschuhen das Gleichgewicht zu halten. Mit
Hilfe von Perez setzte sie sich auf den Boden des Anhängers, von
dem sie alleine vermutlich nicht mehr aufstehen konnte.
Die Arzthelferin lächelte ihrer Patientin noch einmal zu, ehe
sie sich umdrehte und den Anhänger verließ. "Bis in ein paar
Wochen", rief sie ihr noch zu, ehe man die Rampe hochklappte
und den Anhänger damit verschloss.
90
Der Ring
Mit einem leichten Ruck kam der Anhänger zum Stehen. Für
einen kurzen Augenblick herrschte Stille, ehe Cornelia draußen
das Geräusch von zuschlagenden Fahrzeugtüren vernehmen
konnte. Die als Kuh getarnte Reporterin hoffte, dass sie nun
endlich ihr Ziel - die Ställe von BioUdders - erreicht hatte.
Im Verlauf der letzten paar Stunden hatten sie bereits zwei
Mal angehalten. Mit wild pochendem Herzen hatte sie jeweils
darauf gewartet, aus dem Hänger geholt zu werden, doch
stattdessen waren drei weitere Kühe aufgeladen worden.
Die ersten beiden hatten braune Haut mit einem wirren
Muster aus kleineren und größeren weißen Flecken sowie weiß
gefärbten Köpfen. Genau wie sie selbst schienen sie erst vor
kurzem verwandelt worden zu sein, zumindest entnahm sie das
den aufgeschnappten Gesprächsfetzen der beiden Fahrer. Die
Kuh, die als letztes zu ihnen gestoßen war, war ebenfalls weiß
gefleckt, hatte jedoch eine schwarze Grundfarbe. Schon auf den
ersten Blick hatte Cornelia ihr angesehen, dass sie bereits länger
als Kuh lebte. Ihre großen Brüste wirkten schwer und die
ungewöhnlich langen Brustwarzen standen deutlich vom Körper
ab. Cornelia hoffte, dass ihr Aufenthalt im Stall nicht so lange
ausfallen würde, dass sich ihr Körper auf ähnliche Weise
veränderte.
Der Anhänger wurde geöffnet und Cornelia aus ihren
91
Gedanken gerissen. Zwei Männer klappten die Rampe herunter,
während ein Dritter zu ihnen hinein kletterte. Er trug einen
grauen Ganzkörperanzug, auf dem das Logo von BioUdders
angebracht war. Laut klatschte er in die Hände und verkündete:
"Endstation!"
Bei diesem Wort musste Cornelia unwillkürlich schlucken.
Rasch rief sie sich in Erinnerung, dass sie nur für einige Wochen
als Kuh leben würde. Für sie war das hier nicht die Endstation.
Ganz im Gegenteil, es sollte vielmehr der Startschuss in eine
erfolgreiche Karriere werden.
Kraftvoll packte der Mann die Kühe an den Oberarmen und
half ihnen auf die Beine. Sie alle hatten die Fahrt sitzend
verbracht, und Cornelia war froh darüber gewesen, dass Perez ihr
diesen Tipp gegeben hatte. Zwischendurch hatte es doch ganz gut
geschwankt, so dass sie auf ihren neuen Hufschuhen ganz sicher
das Gleichgewicht verloren hätte.
Unsicher blieb Cornelia im Hänger stehen und auch die
beiden anderen frisch verwandelten Kühe warteten nervös ab.
Einzig die schwarz weiß gefleckte Kuh lief scheinbar seelenruhig
die Rampe herunter ins Freie.
"Na los, auf geht's!", rief der Mann und klatschte erneut
auffordernd in die Hände.
Mit langsamen und vorsichtigen Schritten setzten sich die
drei Kühe nacheinander in Bewegung. Cornelias Herz schien vor
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Aufregung durch ihre Rippen brechen zu wollen, als sie die
Rampe erreichte. Jetzt begann der eigentliche Teil ihrer Mission.
Sie konnte nur hoffen, dass alles so lief, wie sie es geplant hatte.
Der Anhänger stand auf einem großen Sandplatz, der von
einem hüfthohen Zaun begrenzt wurde. Ein breiter, hölzerner
Bogen war über der Einfahrt befestigt. Irgendwie war Cornelia
sich sicher, dass darauf von der anderen Seite "BioUdders" zu
lesen war. Sie schaute sich um und erkannte mehrere große und
langgezogene Gebäude. Das mussten die Ställe sein, in denen die
über 1.000 Rinder des Unternehmens gehalten wurden.
"Nicht trödeln, wir haben nicht ewig Zeit!", mahnte einer der
Fahrer und gab Cornelia mit der flachen Hand einen
antreibenden Klapps auf den Hintern.
Erschrocken machte sie einen Satz nach vorne und starrte
den Mann böse an. Als sie den Mund zu einem Protestschrei
öffnete, brachte sie jedoch nur ein kehliges Krächzen heraus. Ihre
Gedanken überschlugen sich: Gerade kochte noch die Wut über
den fremden Mann in ihr hoch, der ihr einfach auf den Hintern
geschlagen hatte, als sie sich an ihre neue Rolle erinnerte. Sie war
nicht nur vollkommen nackt und den Blicken der sie
umgebenden Männer - und Pets - schutzlos ausgesetzt, auch
sonst würde niemand auch nur die geringste Rücksicht auf ihre
Privatsphäre nehmen. So unangenehm das auch sein mochte, sie
würde sich in den kommenden Wochen damit arrangieren
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müssen. Zum Glück hatten sie das Spray benutzt, ansonsten hätte
sie sich bereits verraten.
"Wer nicht hören will muss fühlen", lachte der Mann in der
Firmenkleidung und fügte hinzu: "An dem Muhen müssen wir
aber noch üben."
Wäre ihre Haut nicht gründlich gefärbt worden, hätte
Cornelias Kopf nun rot geglüht. Sie konnte nicht sagen, was ihr
peinlicher war: Vollkommen nackt vor den drei fremden
Männern zu stehen - was die ebenfalls nackten Kühe über sie
dachten kümmerte sie nicht so sehr - oder von ihnen wie ein Tier
behandelt zu werden.
Mit leicht gesenktem Blick folgte sie ihren Artgenossen zu
dem Zaun, wo sie sich nebeneinander aufstellen sollten. Cornelia
stellte sich zwischen die beiden Kühe mit den weißen Köpfen und
atmete erst einmal tief durch, um sich zu beruhigen.
"Dann prüfen wir mal, ob ihr uns auch die richtigen Kühe
gebracht habt", meinte der Mann, der zu BioUdders gehörte. Er
hielt ein kleines Tablet in der Hand und tippte darauf herum.
Unwillkürlich presste Cornelia ihre Oberschenkel
zusammen. Es war ihr sehr unangenehm, so vor den drei
Männern zu stehen, deren Blicke nun über die vier Kühe streiften.
Sie fühlte sich erniedrigt und hätte gerne ihre Brüste mit den
Armen verdeckt, doch die Fesselung ließ etwas Derartiges nicht
zu. So blieb ihr nichts anderes übrig, als die Prozedur über sich
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ergehen zu lassen.
"Wenn sie nicht ausgetauscht wurden, während wir an einer
Ampel standen, sollte alles stimmen", scherzte einer der beiden
Fahrer. Cornelia war sich nicht sicher, ob ihm bekannt war, dass
sie nur eine Scheinverwandlung durchgemacht hatte. Falls ja, ließ
er sich zumindest nichts anmerken.
Der Angestellte von BioUdders lachte. "Man weiß ja nie.
Also, da hätten wir ein Hinterwälder Rind, Name Pieta,
Lebensnummer AR 273 07 12296. Frisch verwandelt", las er vor.
Einer der beiden Fahrer trat näher an die ganz außen
stehende Kuh mit dem weißen Kopf heran. Mit einer Hand griff
er nach ihrer Ohrnummer, warf einen kurzen Blick darauf und
deutete dann mit der anderen Hand auf die zweite Kuh mit der
gleichen Färbung. "Die in der Mitte."
Der Prüfer stellte sich zwischen Cornelia und die Kuh, auf
die der Fahrer gezeigt hatte. Kurz prüfte er deren Ohrnummer,
ehe er zufrieden nickte. "Dann wird das dort die Nummer AR 273
06 12297 sein?", meinte er, ging an Cornelia herum und
vergewisserte sich, dass er recht hatte.
"Genau, sind direkt nacheinander verwandelt worden",
bestätigte der Fahrer munter.
"Gut. Dann habe ich hier noch ein Angler Rind, Name
Conny, Nummer AR 084 02 71993", fuhr der Angestellte von
BioUdders fort, nachdem er einen kurzen Blick auf sein Tablet
geworfen hatte.
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Cornelia bemerkte, wie sich die Blicke der Männer auf sie
richteten. Erneut stieg ihr das Blut in den Kopf. Als der Prüfer
näher an sie heran trat, schwappte eine Welle der Nervosität
durch ihren Körper. Was, wenn mit ihrer Nummer etwas nicht
stimmte? Würde der Prüfer vielleicht bemerken, dass ihre
Ohrmarken nicht echt waren?
Doch der Mann warf nur einen flüchtigen Blick auf ihr Ohr,
ehe er bereits nickte und zu der vierten und letzten Kuh herüber
ging. "Und ein Black Holstein, Name Olve, Nummer AK 046 02
41833, bereits vor drei Jahren verwandelt", sprach er halb zu den
beiden Fahrern, halb zu sich selbst und überprüfte auch die
Ohrmarke der schwarz weiß gefleckten Kuh.
Cornelia atmete erleichtert auf. Der Mann schien nichts
bemerkt zu haben, Dr. Collins musste wirklich gute Arbeit
geleistet haben, wenn ihre Tarnung nicht einmal von einem
qualifizierten Viehwirt durchschaut wurde.
Während Cornelia sich langsam wieder beruhigte,
verabschiedeten sich die beiden Fahrer. Kurz, nachdem sie die
Männer hinter dem Anhänger hatte verschwinden sehen, konnte
sie die Türen des Wagens zuschlagen hören.
"Ab mit euch da rein!", befahl der Mitarbeiter von BioUdders
und deutete auf ein etwas kleineres Gebäude, das nicht weit von
ihnen entfernt war.
Eines der beiden Hinterwälder Rinder warf der Ausfahrt des
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Hofes einen prüfenden Blick zu, als ob sie ihre Fluchtchancen
analysierte. Cornelia beobachtete sie aus dem Augenwinkel, doch
als ein weiterer Mitarbeiter von BioUdders auftauchte, schien die
Kuh ihre Fluchtgedanken erst einmal zu begraben. Es schien
ohnehin zweifelhaft, ob eine derartige Aktion besonders viel
genützt hätte. Eine Rückverwandlung war unter normalen
Umständen ausgeschlossen und damit gab es für Cornelias
Artgenossen eigentlich schon längst keine Hoffnung mehr. Selbst,
wenn sie von BioUdders fliehen könnten, würden sie ihrem
Schicksal kaum entgehen. Sie verspürte ein wenig Mitleid mit der
weißköpfigen Kuh. Ob sie gegen ihren Willen verwandelt worden
war? Viele Verwandlungen erfolgten auf eigenen Wunsch, doch
das Ministerium für Pets, Halter und Züchter konnte auch die
Zwangsverwandlung anordnen, wenn der oder die Betroffene
beispielsweise gegen die Petgesetze verstoßen hatte.
Obwohl sie auf Animal Planet aufgewachsen war und
Zwangsverwandlungen somit nichts Neues für Cornelia waren,
wurde ihr erst in diesem Moment schlagartig bewusst, wie
drakonisch diese Strafe tatsächlich war. Aller Rechte beraubt und
zu einem Tier degradiert, würde diese Frau den Rest ihres Lebens
in einem Stall leben und zur Milchproduktion genutzt werden.
Leicht besorgt fragte sie sich, wie es sich wohl anfühlen
wird, gemolken zu werden, ein Gefühl, das sie sich bisher kaum
vorzustellen vermochte. Vermutlich würde es nicht mehr lange
dauern, bis sie ihre ersten Erfahrungen damit machte.
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Sie erreichten das Gebäude und fanden sich gleich darauf in
einem großen Raum wieder. Boden und Wände waren weiß
gefliest, nur an einer Wand war eine lange Metallleiste
angebracht. Cornelia nahm einen leicht klinischen Geruch wahr
und fragte sich, wo genau sie jetzt gelandet war. Mit einem Stall
hatte diese Umgebung wenig gemein.
Die beiden Angestellten führten die Kühe an den
Oberarmen einzeln zu der Wand mit der Leiste. Mit sanfter
Gewalt wurde Cornelia mit dem Rücken gegen die Wand
gedrückt. Ihre nackten Pobacken berührten die kalten Fliesen und
ließen sie unwillkürlich erschaudern. Zwei dicht
aufeinanderfolgende, schnappende Geräusche erklangen hinter
ihr, ehe der Mann sich der nächsten Kuh zuwandte.
Austestend versuchte Cornelia sich zu bewegen, doch sie
konnte sich weder von der Wand lösen, noch sich sonst wie von
der Leiste entfernen. Scheinbar waren ihre Oberarmfesseln
irgendwie mit der Metallleiste verbunden worden. Unruhig
verlagerte sie das Gewicht von einem Bein auf das Andere. Was
passierte jetzt mit ihr?
"Bist du fertig?", erkundigte sich der Mann, der einigen
Minuten zuvor die Ohrmarken der Kühe überprüft hatte, bei
seinem Kollegen.
Ein letztes Schnappen war zu hören, ehe er antwortete:
"Jap."
"In Ordnung, ich hole dann Dr. Marlow." Damit verschwand
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er aus dem Raum.
Cornelia spürte erneut Angst und Nervosität in sich
aufflammen. Würden sie jetzt von einem Petarzt untersucht
werden? Ihre Scheinverwandlung hatte zwar ausgereicht, um
einen normalen Mitarbeiter von BioUdders zu täuschen, doch
würde sie auch den geübten Blicken eines Arztes standhalten
können? Und was, wenn ihre Tarnung aufflog? Die Fahrer waren
längst nicht mehr da, so dass sie kaum Hoffnung auf Rettung
hegen konnte. Ihr einziger Verbündeter war Erik, doch der
konnte sich gerade sonst wo auf dem riesigen Gelände aufhalten.
Sie hatte ihn bisher noch nicht einmal gesehen.
Schritte näherten sich und gleich darauf kam der Mann in
Begleitung des Arztes zurück. Er war in einen weißen Kittel
gehüllt und schien ein paar Jahre jünger zu sein als Dr. Collins. In
der Hand hielt er ein merkwürdiges Gerät, bei dem Cornelia
unwillkürlich an eine Zange denken musste. Hatten sie vielleicht
doch schon etwas bemerkt? Wollte der Arzt damit die Ohrmarke
zerschneiden, um sie anschließend vom Hof zu jagen?
Doch zu ihrer großen Erleichterung blieb Dr. Marlow vor
dem Hinterwälder Rind stehen, das neben Cornelia und der Tür
am nächsten stand. Er griff nach dem Gesicht der Kuh, doch was
er genau machte, blieb ihr verborgen, da sich in dem Moment
einer der beiden Tierpfleger in ihr Blickfeld stellte. Plötzlich
99
muhte die weißköpfige Kuh laut und schmerzerfüllt auf, doch der
Arzt ließ nicht von ihr ab. Unverständlich lang hantierte er an ihr
herum, ehe er zufrieden nickte.
Noch bevor Cornelia einen Blick auf ihre Artgenossin
werfen konnte, richtete Dr. Marlow seine Aufmerksamkeit nun
auf sie. Der Arzt trat unmittelbar vor sie, so nah, dass sein Arm
über ihre entblößten Brüste streifte, als er seine Hand hob um
nach ihrem Kinn zu greifen.
Cornelia wich so weit zurück, wie die kalte Wand hinter ihr
es zuließ. Eine Mischung aus Angst davor aufzufliegen, und
einem unguten Gefühl aufgrund des aufgebrachten Muhens der
anderen Kuh erfüllte sie. Egal was es war, ihr stand nichts Gutes
bevor. Mit einer heftigen Kopfbewegung versuchte sie sich
seinem Griff zu entziehen, jedoch ohne Erfolg. Sein Griff fixierte
ihren Kopf hart und kompromisslos.
Dr. Marlow hob die andere Hand, in der sich die Zange
befand. Aus der Nähe konnte Cornelia erkennen, dass es sich
nicht um ein normales Werkzeug handelte, wie sie zuerst gedacht
hatte. Stattdessen befanden sich an den Enden der Zange zwei
horizontal verlaufende Röhrchen, die perfekt aufeinander lagen,
wenn das Gerät geschlossen war. Außerdem schien ein weiterer
Mechanismus an der merkwürdigen Zange befestigt zu sein,
dessen Zweck sich ihr jedoch noch nicht erschloss.
Ihr Kinn noch immer unbarmherzig festhaltend, hob der
Doktor die Zange nun unmittelbar vor ihr Gesicht. Er öffnete sie
100
etwas, führte die Spitze mit den beiden Röhrchen etwas in ihre
Nase und drückte sie zu.
Erschrocken spürte Cornelia, wie die Röhrchen von beiden
Seiten gegen ihre Nasenscheidewand drückten. Sie begann
gerade zu realisieren, was der Arzt vorhatte, als ein stechender
Schmerz durch ihre Nase schoss. Sie stieß einen heiseren Schrei
aus und fühlte, wie etwas durch ihren Körper gestochen wurde.
Tränen schossen ihr in die Augen und sie versuchte erneut, den
Kopf weg zu ziehen. Doch nun griff der neben ihr stehende
Tierpfleger mit zu. Eine Hand legte sich über ihre Augen, die
andere fixierter ihr Kinn so kräftig, dass sie keine Chance hatte,
sich aus seinem Griff zu befreien, während der Arzt nun
ungehindert agieren konnte.
Der stechende Schmerz verebbte ein wenig, doch noch war
der Doktor nicht fertig. Er führte nun etwas durch das frisch
gestochene Loch in ihrer Nase und hantierte dann erneut mit
einer Zange herum, bis sie ein gänzlich neues Empfinden
verwirrte. Es fühlte sich kalt und schwer an, doch was Cornelia
am stärksten wahrnahm, war das schmerzhafte pulsieren in ihrer
Nase.
Schließlich ließ Dr. Marlow von ihr ab, um sich dem
nächsten Tier zuzuwenden. Er ließ die leicht zitternde Cornelia
zurück, deren Brustkorb sich schnell hob und senkte. Sie spürte
Metall, dass kühl und schwer unmittelbar über ihrer Oberlippe
auflag.
101
Ganz langsam begann sie zu realisieren, was gerade passiert
war. Der Doktor hatte ihr ein Piercing in die Nasenscheidewand
gestochen! Oder, wenn man es genau nahm, hatte er ihr einen
Führring durch die Nase gezogen!
Die Tränen, die ihr nun über die Wangen liefen, waren nicht
mehr dem Schmerz geschuldet, sondern blanker Wut. Wieso
hatte ihr niemand gesagt, dass man ihr einen Führring verpassen
würde? Erik, Perez, Dr. Collins, irgendwer musste doch davon
gewusst haben? Nicht einer von ihnen hatte auch nur im
Entferntesten durchklingen lassen, dass so etwas zur
Verwandlung gehörte!
Das ungewohnte Gefühl, das von dem Fremdkörper
ausging, brachte Cornelia dazu, ihre Nase unablässig zu
bewegen. Es schmerzte nicht nur, es war auch ein sehr
eigentümliches Gefühl, wie das untere Ende des Ringes an ihrer
Oberlippe lag. Neben sich hörte sie ihre Artgenossin erschrocken
muhen. Offenbar war auch ihre Nasenscheidewand gerade
durchstochen worden.
Aufgebracht fragte sie sich, warum sie nicht gewusst hatte,
dass so etwas auf sie zukommen würde. Wenn sie sich schon
nicht auf Dr. Collins verlassen konnte, hätte sie es dann nicht
wenigstens bei ihren eigenen Recherchen in Erfahrung bringen
müssen? Doch soweit sie sich erinnerte, gehörte ein Führring
nicht standartmäßig zur Verwandlung. Ja, sie hatte davon
gelesen, dass es bei Bullen häufig gemacht wurde, und seltener
102
auch bei aggressiven Kühen. Aber sie hatte niemals damit
gerechnet, selbst einen Ring zu bekommen. Bei BioUdders schien
es jedoch ganz normal zu sein.
Ganz langsam schaffte Cornelia es, sich wieder zu
beruhigen. Vielleicht hatten Perez und Dr. Collins tatsächlich
nichts davon gewusst. Der Einzige, der ganz sicher Bescheid
wusste, war Erik. Immerhin arbeitete er bereits seit einer Woche
in den Ställen von BioUdders.
Fairerweise musste sie zugeben, dass sie seitdem keinen
Kontakt mehr zu Erik gehabt hatte. Sie hatten ausgemacht, dass
sie nur im äußersten Notfall die Funkstille brachen. Und selbst,
wenn er ihr von dem Ring berichtet hätte, hätte das etwas
geändert?
Kurz überdachte sie diese Möglichkeit, während auch die
vierte Kuh ihren Ring bekam. Vermutlich hätte sie sich dennoch
nicht von dem Plan abhalten lassen. Ein paar ihrer Freundinnen
in der Uni hatten auch derartige Piercings getragen, wenn auch
mit schönerem Schmuck als einem schlichten Metallring. Wenn
sie wollte, konnte sie das Loch nach ihrer Rückverwandlung auch
einfach wieder zuwachsen lassen. Dennoch, sie hätte gerne
vorher gewusst, was auf sie zukommt. Man hatte ihr schließlich
versprochen, jedes einzelne Detail im Vorfeld mit ihr
durchzugehen.
Dr. Marlow hatte seine Arbeit inzwischen abgeschlossen.
103
Mit einem kleinen alkoholgetränkten Tuch ging er noch einmal
die kurze Reihe der Tiere entlang und tupfte kleine Blutstropfen
ab, ehe er sich wieder abwandte. "Die Black Holstein nehme ich
mit zur Untersuchung. Die frisch verwandelten Kühe könnt ihr in
den Stall bringen, die hat das MPHZ ja gerade erst
durchgecheckt."
"In Ordnung. Wir kommen nachher vorbei und holen dann
die Black Holstein ab", versprach der Mitarbeiter, der die Kühe
von dem Anhänger geholt hatte. Zusammen mit seinem Kollegen
löste er Conny und die beiden Hinterwälder Rinder von der
Leiste und fixierte sie zu ihrem Entsetzen an einer langen
Führkette, die durch ihre Nasenringe lief. Das Gewicht der Kette
und der Schock, so derart gedemütigt zu werden, trieben
Cornelia die Tränen in die Augen und versetzten sie in eine Art
Schockzustand. Apathisch starrte sie auf die Kette, die sie mit der
anderen Kuh verband. In ihrem Kopf schien vollkommene Leere
zu herrschen. Erst der Schmerz, als Zug auf die Kette ausgeübt
wurde, ließ sie wieder reagieren. Hastig folgte sie dem Zug, der
sie aus dem Raum führte.
104
Im Stall
Die Kette klimperte leise im Takt ihrer Schritte, als Cornelia
zusammen mit den beiden Hinterwälder Rindern über das
Gelände von BioUdders geführt wurde. Dicht hintereinander her
laufend folgten die Kühe den beiden Angestellten der Firma,
einen breiten Sandweg entlang. Lässig hielt der etwas Größere
von ihnen die Kette in der Hand und führte die kleine Gruppe an
einem großen Stall vorbei.
Obwohl sie sich Mühe gab, möglichst im Takt mit ihren
beiden Artgenossen zu laufen, ruckte die Kette immer wieder
unangenehm an Cornelias Nasenring. Bei jedem kleinen Schwung
der Kette wurde sie daran erinnert, dass man ihr gerade ohne ihre
Einwilligung einen Führring verpasst hatte. Stärker denn je hatte
sie das Gefühl nur noch ein Tier zu sein, wie einfaches Vieh
behandelt zu werden. Zwar hatte sie ungefähr gewusst, was auf
sie zukommen würde, doch wie schlimm es sich wirklich
anfühlte, hatte sie sich nicht einmal vorstellen können.
Eine Weile lief sie einfach nur mit leicht gesenktem Kopf
hinter der Kuh her, die sie Pieta genannt hatten. Cornelia wusste,
dass die Frau vor ihrer Verwandlung sicher einen anderen
Namen gehabt hatte, doch es war auf Animal Planet üblich, dass
mit der Verwandlung in ein Pet auch ein neuer Name festgelegt
wurde. Es sollte deutlich machen, dass man nicht mehr als
105
Mensch existierte, sondern ein neues Leben als Tier begonnen
hatte. Zugleich sorgte es zusammen mit der Diskretion des
Ministeriums dafür, dass es praktisch unmöglich war, jemanden
nach seiner Verwandlung aufzuspüren.
Auch ihr eigener Name war angepasst worden, zumindest
auf den gefälschten Papieren. "Conny" stand dort, was dem
Spitznamen entsprach, den sie schon ihr ganzes Leben lang trug.
Ihr kam in den Sinn, dass ein Name vermutlich eh keine Rolle
mehr spielen würde, sobald sie den Stall erreicht hatten. Wenn
überhaupt, konnte man sie nur noch über ihre Ohrmarken
identifizieren, und dort waren nur Strichcode und Nummer,
jedoch kein Name zu finden.
Conny löste den Blick von dem vor ihr pendelnden Schweif
der braun und weiß gefleckten Kuh und versuchte sich
stattdessen ein Bild von ihrer Umgebung zu machen. Abgesehen
von dem großen Stall, an dem sie gerade entlang gelaufen waren,
konnte sie noch drei ähnliche Gebäude erkennen. Aus den
Unterlagen, die sie zuvor studiert hatte, wusste sie, dass es
insgesamt 11 Ställe geben musste. Alle erschienen ihr enorm groß
und sahen beinahe vollkommen identisch aus. Die Wände mit
Blech verkleidet und die Dächer mit einer Vielzahl breiter Fenster
versehen ließen sie sich einzig an den großen Nummern
unterscheiden, die in schwarzer Farbe neben den Toren prangten.
Innerhalb weniger Minuten bekam Conny einen Eindruck
davon, wie groß BioUdders tatsächlich war. Wirkte das
106
Unternehmen schon auf dem Papier riesig, verstärkte sich diese
Wahrnehmung noch einmal, als sie zwischen den riesigen Ställen
entlang geführt wurden. Jedes einzelne Gebäude schien größer
als ein Fußballfeld zu sein und sie konnte nur raten, wie viele
Rinder sich jeweils im Inneren befanden. Bei über 1000 Rindern,
die BioUdders gehörten, mussten es an die hundert pro Stall sein.
Schließlich bogen die beiden Mitarbeiter von dem großen
Sandweg ab und steuerten auf einen der Ställe zu. Conny trat
einen halben Schritt zur Seite, was dazu führte, dass die Kette
unangenehm an ihrer Nase zog, doch sie konnte einen kurzen
Blick an Pieta vorbei auf das Gebäude werfen. Eine riesige 4
prangerte neben dem Tor. Dort also würde sie die nächsten Tage
und Wochen verbringen?!
Sie betraten das Gebäude durch ein großes, offen stehendes
Tor und folgten einem breiten Gang in den Stall hinein. Auch
ohne künstliches Licht war er gut beleuchtet, was an den großen
Fenstern lag, die Conny schon zuvor aufgefallen waren.
Während sie weiter liefen stellte Conny überrascht fest, dass
sie noch keine anderen Rinder sehen konnte. Einige büroähnliche
Räume erweckten jedoch den Eindruck, dass sie sich noch in dem
Teil des Stalles befanden, der den Menschen vorbehalten war.
Das die Kühe nicht weit sein konnten, machte Conny an der
Luft fest. Sie war ein wenig schwerer als auf dem Hof und trug
eine ungewohnte Mischung an Gerüchen mit sich. Conny glaubte
107
Stroh heraus zu riechen, tat sich jedoch schwer, weitere
Bestandteile eindeutig zu identifizieren.
Versunken in die Eindrücke, die der Stall ihr vermittelte,
wäre Conny beinahe gegen Pieta geprallt, als diese vor ihr stehen
blieb. Leicht erschrocken richtete sie den Blick nach vorne und
erkannte, dass sie eine blickdichte Absperrung erreicht hatten.
"Na los, rein da!" Einer der beiden Mitarbeiter öffnete ein
schmales Tor, durch die sein Kollege die drei Kühe führte. Der
Stallgeruch, den sie bereits zuvor wahrgenommen hatte, wurde
deutlich präsenter, als sie das Tor passiert hatte. Doch noch bevor
Conny ihre Umgebung mustern konnte, trat einer der Männer
nah an sie heran und versperrte ihr die Sicht. Unsanft zog er die
Kette durch ihren Führring, wobei er ihr ungeniert auf die
nackten Brüste starrte. Erst, als das letzte Glied der Kette rasselnd
durch den Ring glitt, trat der Mann einen Schritt zur Seite und
rollte die Kette geräuschvoll auf.
Ohne sich weiter um die Kühe zu kümmern verschwanden
die beiden Angestellten kurz darauf durch das Tor und ließen es
hinter sich zu fallen. Conny konnte deutlich hören, wie von der
anderen Seite ein Metallriegel vorgelegt wurde, dann entfernten
sich die Schritte der beiden Männer.
Erst jetzt erhielt Conny die Möglichkeit, ihre Umgebung in
Augenschein zu nehmen. Unsicher trat sie einen Schritt zur Seite
und schaute an ihrer Artgenossin vorbei. Sie befanden sich in
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einem Bereich des Stalls, der durch kopfhohe Mauern vom Rest
des Gebäudes abgetrennt war.
Er war rechteckig und die gegenüberliegende Wand konnte
nicht mehr als zehn Meter von Conny entfernt sein. Zu den Seiten
hin war der Bereich jedoch weitläufiger. An der ihr näheren
linken Seite erkannte sie eine halbhohe Mauer und mehrere
Gestänge, so dass sie glaubte, dass dort der Futterbereich sein
müsse. Unmittelbar zu ihrer Rechten befanden sich mehrere
kleine, durch massive Metallstangen voneinander abgetrennte
und mit Stroh ausgelegte Bereiche.
Zwei Kühe hatten es sich dort gemütlich gemacht und
schauten interessiert zu ihnen herüber. Eine von ihnen hatte einen
auffallend weißen Kopf, während der Rest des Körpers in einem
satten Braunton gefärbt war. Die zweite Kuh hatte eine rötliche
Färbung und war mit einer Vielzahl großer, weißer Flecken
überzogen.
Die Wand, die sich hinter dem Liegebereich befand war
einige Meter entfernt, so dass Conny vermutete, dass dort noch
etwas anderes sein musste.
Bevor sie jedoch nachschauen konnte, trübte sich ihr Blick.
Unwillkürlich stiegen ihr Tränen in die Augen. Kurz versuchte
sie sich dagegen zu wehren, jedoch ohne Erfolg. Ihr entfuhr ein
heiseres Schluchzen und Tränen rannen ihr die Wangen hinab.
Ohne auch nur das Geringste dagegen machen zu können,
wurde Conny von ihren Gefühlen überwältigt. Woran es genau
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lag, konnte sie nicht einmal sagen. Vielleicht an dem Führring,
der ihr ohne ihre Zustimmung in die Nasenscheidewand
eingesetzt worden war. Oder daran, dass sie wie Vieh an einer
Kette über den Hof geführt worden war. Auch die Hilflosigkeit,
mit der sie das alles über sich ergehen lassen musste, trug
sicherlich einen Teil dazu bei.
Conny sah, wie die beiden Hinterwälder Rinder ihr
mitfühlende Blicke zuwarfen. Unsicher blieben sie noch einige
Sekunden am Eingang stehen, ehe sie mit langsamen Schritten in
Richtung der abgegrenzten Liegeplätze gingen.
Noch immer weinend blieb Conny alleine zurück. Mehrere
Minuten sorgte die gerade erlebte Demütigung dafür, dass sie
kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Nur ganz langsam
gelang es ihr, sich ein wenig zu beruhigen. Ihr Atem ging noch
immer unruhig und stoßweise, als die Tränen auf ihren Wangen
bereits zu trocknen begannen.
Ganz allmählich erlangte Conny ihre Fassung wieder. Ein
beinahe spöttisches Lächeln huschte über ihr Gesicht, als ihr der
Gedanke kam, dass sie zumindest nicht erkannt worden war.
Obwohl sich ein Arzt an ihr zu schaffen gemacht hatte, war ihre
Tarnung nicht aufgeflogen. Wenn sie es bis hier her geschafft
hatte, dann würde sie sich nun wohl keine Sorgen mehr darum
machen müssen, vielleicht doch noch entdeckt zu werden.
Mit immer noch leicht feuchten Augen richtete Conny ihre
110
Konzentration wieder auf den Stall. Da sie nun wohl eine Weile
an diesem Ort bleiben würde, wollte sie zumindest wissen, wie
ihre Umgebung aussah.
Sie wandte sich nach links und ging ein paar Schritte auf die
dortige Konstruktion zu. Ganz wie sie vermutet hatte, schien es
sich hier um den Futterplatz zu handeln. Es gab eine etwa
hüfthohe Mauer, hinter der auf gleicher Höhe eine horizontale
Auflagefläche angebracht war. In Abständen von ungefähr einem
Meter trennten Metallgatter einzelne Plätze voneinander ab. Jeder
dieser Abschnitte hatte in der Mitte der Auflagefläche eine große
Aussparung, auf die sich Conny noch keinen richtigen Reim
machen konnte. Ungefähr einen halben Meter von der Wand
entfernt befand sich am hinteren Ende der Ebene eine Rinne, die
sich über die gesamte Länge der Wand erstreckte und durch
kleine Trennwände parallel zu den Metallgattern unterteilt war.
Conny ahnte, dass sie in absehbarer Zeit mit Futter gefüllt
werden würde.
Die Metallgatter reichten bis über die halbhohe Wand
hinaus in den Raum hinein. Zudem war der Boden vor der Wand
nicht wie im restlichen Stall massiv. Stattdessen befand sich dort
ein Gitterrost. Die Streben lagen eng genug beieinander, dass
Conny mit ihren Hufschuhen problemlos darauf laufen konnte,
doch sie vermutete, dass ein Finger problemlos hindurch gepasst
hätte. An den Seitenwänden dieses Abschnittes erkannte Conny
außerdem zwei langgezogene Tröge, die mit klarem Wasser
gefüllt waren und offensichtlich als Trinkplätze für die Kühe
111
gedacht waren.
Diese Eindrücke in sich aufnehmend drehte sie sich um
und machte sich nun auf den Weg zu den Liegeplätzen. Jetzt
erkannte sie, dass es auf jeder Seite jeweils vier Plätze waren, die
durch einen Mittelgang voneinander getrennt wurden. Jeweils
zwei Bereiche waren von ihrer Seite aus zugänglich, die übrigen
von der anderen Seite des Raumes aus, so dass sich ihre Nutzer
gegenüber lagen.
Alle Acht waren mit Stroh ausgelegt, obwohl offenkundig
nicht alle benutzt wurden. Die beiden Rinder, mit denen sie
angekommen war, hatten sich zwei der Boxen auf der linken Seite
des Mittelganges ausgesucht, während die zwei Kühe, die sich
bereits vor ihnen im Stall eingefunden hatten, zwei
gegenüberliegende Plätze auf der anderen Seite in Beschlag
genommen hatten.
Conny spürte die Blicke ihrer Artgenossen auf sich, als sie
zwischen den Liegeplätzen hindurch ging. Die Entscheidung,
welchen Platz sie sich aussuchte, schob sie noch einen Augenblick
auf. Stattdessen wollte sie sehen, was sich auf der anderen Seite
des Raums befand.
Als sie die Liegeplätze hinter sich gelassen hatte, stand sie
vor einer freien Fläche, die erst mit der Wand des Stalls endete.
Der hintere Teil dieser Fläche hatte ebenfalls einen Gitterboden,
wie sie es schon bei den Futterplätzen gesehen hatte. Der vordere
112
Bereich hingegen, in dem sie gerade stand, war ungefähr vier
Meter breit und unterschied sich nicht von der anderen Seite des
Stalls.
Mangels weiterer Dinge, die sie sich anschauen konnte,
wandte Conny sich erneut den mit Stroh bedeckten Liegeplätzen
zu. Etwas unschlüssig schaute sie zwischen den praktisch
identischen Plätzen hin und her, ehe sie mit langsamen Schritten
zu den beiden Boxen ging, die denen, der beiden Hinterwälder
Rinder gegenüber lagen.
Intuitiv wählte Conny die Box aus, die unmittelbar an die
Wand angrenzte und somit zumindest ein bisschen mehr Schutz
versprach, als die am Gang liegende. Vorsichtig ging sie
unmittelbar davor in die Hocke und ließ sich so behutsam es ging
vorneüber ins Stroh fallen.
Das Stroh war zwar nachgiebig und federnd, aber auch hart
und kratzig an ihrer Haut. Etwas mühsam brachte sich Conny in
eine halbwegs bequeme Position, was mit den auf den Rücken
gefesselten Händen alles andere als einfach war. Der Liegeplatz
bot genug Platz, dass sie sich ausgestreckt hinlegen konnte und
hatte ungefähr die Abmessungen eines schmalen Bettes.
Metallstangen grenzten ihn zu den umliegenden Boxen ab,
standen jedoch so weit auseinander, dass es ihr problemlos
möglich gewesen wäre, den Kopf hindurch zu stecken. Scheinbar
ging es einzig darum, die Boxen grob voneinander zu trennen
113
und jeder Kuh einen eigenen Platz zu sichern.
Conny hob den Blick und stellte fest, dass sie beobachtet
wurde. Eine der beiden Kühe, die zusammen mit ihr hier her
gebracht worden war, starrte zu ihr herüber. Da sie in
gegenüberliegenden Boxen lagen, wurden sie nur durch ein paar
Metallstangen voneinander getrennt, die Köpfe waren keine
dreißig Zentimeter voneinander entfernt. Der vollkommen weiß
gefärbte Kopf, der silberne Führring in ihrer Nase und die
großen, gelben Ohrmarken sorgten dafür, dass Conny sich
tatsächlich eher an ein Tier, als an einen Menschen erinnert fühlte.
Ob es ihrer Artgenossin bei ihrem Anblick genau so ging?
Sie schenkte der anderen Kuh ein kurzes, etwas unsicheres
Lächeln. Seit sie als kleines Mädchen im Zeltlager gewesen war,
hatte sie nicht mehr derart nahe neben anderen Frauen
geschlafen. Damals war es ihr spannend vorgekommen, sich
nachts leise flüsternd zu unterhalten, doch heute waren ihr die
unweigerliche Nähe und die mangelnde Privatsphäre eher
unangenehm. Und auch auf die Unterhaltungen würde sie wohl
oder übel verzichten müssen.
Ihren Gedanken nachhängend gelang es Conny, sich weiter
zu beruhigen und sich zumindest ein wenig an ihre neue
Umgebung zu gewöhnen. Die Weitläufigkeit, die selbst dieser
kleinere Stallabschnitt mit sich brachte, empfand sie noch als
etwas unangenehm, zumal sie das Gefühl hatte, dass es nahezu
114
verschwenderisch viel Platz für nur fünf Kühe war. Allerdings
deuteten die drei freien Liegeplätze darauf hin, dass er für mehr
Kühe gedacht war.
Conny vermutete, dass dieser Teil des Stalls zur
Eingewöhnung neu verwandelter Rinder diente. Zumindest die
beiden Hinterwälder Rinder, mit denen sie angekommen war,
hatten ihre Verwandlung gerade erst absolviert. Und das die
Holstein Kuh, die mit ihnen zusammen beim Arzt gewesen war,
noch immer nicht hier angekommen war, nahm sie als weiteres
Indiz. Vermutlich war Olve - den Namen hatte sie bei ihrer
Ankunft auf dem Hof aufgeschnappt - gleich in einen anderen
Stall gebracht worden. Schließlich hatte sie schon eine Zeit lang
als Kuh gelebt. Stumm fragte sich Conny, ob sie die Frau, oder
sollte sie doch eher Tier sagen, jemals wiedersehen würde.
Eine melodische Abfolge von Tönen hallte durch den Stall.
Conny, die sich unwillkürlich an eine Schulklingel erinnert fühlte,
hob den Kopf aus dem Stroh und versuchte zu ergründen, was
dieses Signal zu bedeuten hatte.
Die Töne verstummten, doch der Geräuschpegel im Stall
nahm daraufhin deutlich zu. Conny sah, dass die beiden Kühe,
die sich schon vor ihrer Ankunft hier befunden hatten, von ihren
Plätzen erhoben. Auch im Rest des Stalls schien plötzlich reges
Treiben zu herrschen, und auch wenn sie es nicht sehen konnte,
so vernahm Conny zumindest die daraus resultierenden
Geräusche, die über die Absperrung hinweg an ihr Ohr
115
gelangten. Stroh raschelte, Kühe muhten und man konnte
deutlich etliche Hufschuhe über die Bodenfliesen laufen hören.
Sie sah, wie ihre beiden Artgenossen in Richtung der Stelle
gingen, an der sie die Futterrinne gesehen hatte. Unschlüssig
überlegte Conny, ob sie ebenfalls dorthin gehen sollte. Wenn sie
an das Futter dachte, das man ihr nun vermutlich vorsetzen
würde, verspürte sie keinen besonders großen Appetit.
Andererseits hatte sie den ganzen Tag kaum etwas gegessen, so
dass ihr Magen wie aufs Kommando vernehmlich knurrte.
Mit einem innerlichen Seufzen rappelte sie sich auf. Zuerst
zog sie ihre Beine leicht an, nahm dann Schwung um sich auf die
Knie zu drehen und schaffte es schließlich, ihren Oberkörper
aufzurichten und das Gesicht aus dem Stroh zu heben. Ohne die
Arme benutzen zu können und zusätzlich durch die Hufschuhe
behindert, fiel es ihr schwer, gänzlich aus ihrem weichen
Strohbett aufzustehen. Sie musste sich mit der Schulter an die
Eisenstangen lehnen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren,
ehe sie es schaffte, endlich auf die Beine zu kommen.
Aus den Augenwinkeln sah Conny, dass auch die beiden
Hinterwälder Rinder sich erhoben. Noch immer reichlich
unsicher blieb sie stehen und wartete, bis ihre beiden Artgenossen
zu ihr aufgeschlossen hatten. Auch wenn sie nicht miteinander
sprechen konnten, fühlte sie sich irgendwie mit den Beiden
verbunden, ohne jedoch genau sagen zu können, woher diese
116
Sympathie kam. Vielleicht rührte es einfach daher, dass sie
zumindest für eine gewisse Zeit das gleiche Schicksal teilten.
Zu dritt erreichten sie gleich darauf die halbhohe Wand.
Die beiden fremden Kühe, die einige Zeit vor ihnen dort gewesen
waren, hatten bereits angefangen zu fressen und nahmen keine
Notiz von ihnen.
Conny trat zwischen zwei der in den Raum hinein ragenden
Gatter. Unsicher, was sie machen sollte, warf sie erneut einen
Blick auf die bereits fressenden Kühe. Sie standen mit leicht
gespreizten Beinen unmittelbar vor der Wand, die Oberkörper
weit vorgebeugt und die Köpfe in die Futterrinne getaucht.
Kurz tauschte Conny einen Blick mit der weißköpfigen Kuh,
die unmittelbar neben ihr stand. Sie war sich nicht sicher, glaubte
jedoch, dass sie Pieta vor sich hatte. Das Hinterwälder Rind
zuckte leicht mit den Schultern, drehte den Kopf nach vorne und
begab sich in die gleiche Haltung wie ihre Artgenossen.
Conny atmete noch einmal tief durch und blies die Luft
durch die Nase wieder aus, ehe sie sich überwinden konnte.
Behutsam stellte sie ihre Beine so weit auseinander, dass ihre
Hüfte sich in der gleichen Höhe befand wie die halbhohe Wand.
Dann beugte sie ihren Oberkörper nach vorne, angestrengt darauf
achtend, einigermaßen das Gleichgewicht zu halten. Ihr Bauch
und ihre Schultern kamen auf der Ebene zum Liegen, doch ihre
Brüste fanden keinen Halt. Sie befanden sich genau über dem
ausgeschnittenen Bereich und hingen frei in der Luft. Es war ein
117
ungewohntes und vor allem unangenehmes Gefühl, doch Conny
vermutete, dass es für die Kühe möglicherweise noch
unangenehmer sein könnte, auf ihren Brüsten zu liegen, wenn
diese mit Milch gefüllt waren.
Den Gedanken daran vertreibend, dass auch sie diesen
Zustand sicherlich in absehbarer Zeit erreicht haben würde,
richtete Conny ihre Aufmerksamkeit nach vorne. Ihr Kopf befand
sich unmittelbar über der Futterrinne.
Sie bemerkte ein helles, rötliches Licht seitlich vor ihrem
Kopf und vernahm gleich darauf ein leises, bestätigendes Piepen.
Im nächsten Augenblick öffnete sich eine von ihr bisher
übersehene Klappe und eine Ladung Pellets ergoss sich daraus in
den Bereich der Futterinne, der vor ihr lag.
Zögernd betrachtete sie ihr Abendessen. Sie hatte gewusst,
was auf sie zukommen würde, hatte sich gründlich über die
Nahrung der Milchkühe informiert. Da sie sich in einem Biostall
befand, sollte auch keine direkte Gefahr davon ausgehen, denn
um die Standards für das Biosiegel zu erfüllen, musste das Futter
frei von Zusätzen sein. Das hieß jedoch noch lange nicht, dass es
zugleich auch besonders appetitlich sein musste.
Sie sah aus den Augenwinkeln, dass alle anderen Kühe
bereits fraßen. Da sie es ohnehin kaum schaffen würde, sich
wochenlang nur von Stallluft zu ernähren, gab sie schließlich
nach. Sie senkte den Kopf weiter in die Futterrinne hinein. Von
den Pellets ging ein dezenter Geruch nach Mais und Getreide aus,
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der eigentlich ganz erträglich war. Etwas ungeschickt versuchte
sie ein einzelnes Futterstück mit den Lippen zu angeln, doch der
Führring, der nun von ihrer Nase aus gerade nach unten hing
und sich auf die Pellets legte, behinderte sie. Leicht genervt
senkte sie den Kopf noch weiter, so dass ihr Gesicht in den
Haufen Pellets eintauchte. Den Mund weit öffnend gelang es ihr,
gleich zwei von ihnen zwischen die Zähne zu bekommen.
Der Geschmack war nicht so schlimm, wie sie befürchtet
hatte. Auch waren die Pellets nicht trocken, sondern mit etwas
Flüssigkeit angesetzt. Das machte sie ein wenig klebrig und damit
einfacher zu fressen, allerdings beschmierte Conny sich auch das
halbe Gesicht. So wie es schien, wurde darauf im Stall jedoch
wenig Rücksicht genommen. Jetzt würde sie erst einmal ihren
Hunger stillen, ihr Gesicht konnte sie später am Stroh trocken
reiben.
Unbegeistert auf der recht geschmackslosen Masse, die ihr
Abendessen darstellte, herum kauend drehte Conny den Kopf
etwas zur Seite. Es war ein merkwürdiges Gefühl, wie Vieh
nebeneinander aufgereiht zu stehen, die Hintern herausgestreckt
und die Köpfe in eine Futterrinne getaucht. Erneut spürte sie das
Gefühl der Erniedrigung in sich aufwallen. Kaum einen Tag
verwandelt sehnte sie sich bereits wieder nach ihrem normalen
Leben. Mit Messer und Gabel zu essen, Kleidung zu tragen und
angemessen behandelt zu werden gehörten scheinbar zu den
Dingen, die man erst vermisste, wenn man auf sie verzichten
119
musste.
Sie schluckte den Gedanken zusammen mit den
zerkleinerten Pellets herunter. Der Stall war erfüllt von
verschiedenen Geräuschen. Das Kauen vieler Kiefer und das
Scharren einiger Hufe, ein dumpfes mechanisches Stampfen,
dessen Ursprung ihr unbekannt war, und das Muhen einiger
Kühe, die sich irgendwo hinter der Absperrung aufhielten,
vermischten sich zu einer lauten und verwirrenden
Geräuschkulisse.
Daher war es auch kein Wunder, dass sie leicht zusammen
zuckte, als Conny plötzlich Schritte hörte, die sich ihr von hinten
näherten. Sie hatte ihre Mahlzeit noch nicht beendet, und
versuchte unruhig einen Blick über die Schulter zu werfen, was
aus ihrer Position heraus gar nicht so einfach war. Aus den
Augenwinkeln konnte sie jedoch einen Mann erkennen, der mit
eiligen Schritten auf die kleine Gruppe an Kühen zukam. Wäre es
im Stall nicht so laut gewesen, hätte sie ihn vermutlich schon eher
bemerkt, doch jetzt war er bereits bis auf ein paar Meter heran
gekommen. Genau wie seine Kollegen trug er eine dunkelgraue
Arbeitshose und ein rotes Poloshirt, an der Brust war das Logo
von BioUdders zu erkennen.
Unwillkürlich musste Conny daran denken, was für einen
Anblick sie dem Mann gerade bieten musste. Sie stand mit halb
gespreizten Beinen und weit nach vorne gebeugtem Oberkörper
120
an der halbhohen Wand, so dass er unweigerlich einen perfekten
Blick auf ihren Schritt hatte. Zwar versperrte der Kuhschweif ihm
möglicherweise die Sicht auf ihre intimsten Stellen, doch das
reichte nicht aus, damit sie sich auch nur halbwegs vor seinen
Blicken geschützt fühlte. Auch war es kein großer Trost für sie,
dass sie nicht einmal sicher davon ausgehen konnte, dass der
Mann überhaupt noch ein körperliches Interesse an ihr verspürte.
Schließlich war sie in den Augen der Menschen nur noch ein Tier,
eine Kuh und keine begehrenswerte Frau mehr.
Conny wollte sich bereits von der Futterstelle lösen, doch
noch ehe sie dazu kam, hatte der Mann sie bereits erreicht. Er
blieb unmittelbar hinter ihr stehen und ehe sie etwas dagegen
unternehmen konnte, spürte sie einen kurzen, schmerzvollen
Stich an ihrem Hintern.
Ihr entfuhr ein kehliges Schnaufen, doch der Stallarbeiter
interessierte sich nicht weiter für sie. Kaum, dass er ihr die Spritze
gegeben hatte, war er bereits weiter gegangen, um auch Pieta eine
Injektion zu verpassen.
Leicht beunruhigt verfolgte Conny den Mann aus den
Augenwinkeln. Was genau hatte man ihr verabreicht? War es nur
ein Mittel, dass noch zur Verwandlung gehörte, oder vielleicht
doch etwas anderes? Eine kurze Welle der Aufregung erfasste sie.
War das etwa ein verbotenes Mittel gewesen? Eine der
Substanzen, nach der Erik und sie suchten?
121
Jede der fünf Kühe bekam eine Spritze, ehe der Mann
wieder verschwand. Conny, die nur die Hälfte ihrer Portion
geschafft hatte, dachte noch immer darüber nach, was genau man
ihnen verabreicht haben könnte, als sie den anderen Kühen
zurück zu den Liegeplätzen folgte. Wenn es tatsächlich ein
verbotenes Mittel gewesen war, würde ihr Aufenthalt im Stall nur
von kurzer Dauer sein. Hoffentlich tauchte Erik bald auf, um ihre
Blutwerte zu untersuchen!
122
Milch
Conny erwachte aus einem unruhigen und nicht besonders
tiefen Schlaf. Wieder und wieder hatten die ungewohnten
Geräusche des Stalls sie aus dem Schlaf gerissen, unzählige Male
hatte sie sich hin und her gewälzt, um mit ihren gefesselten
Armen eine halbwegs bequeme Liegeposition zu finden. Das
kratzige Stroh hatte sich dabei als nicht besonders angenehm
erwiesen und mehr als einmal war sie aufgewacht, weil sich ein
besonders widerspenstiger Strohhalm in ihre Haut gepiekt hatte.
Leise gähnend öffnete sie ihre Augen. Die Sonne stand
bereits hoch genug am Himmel, um den Stall durch die großen
Dachfenster ausreichend zu beleuchten. Wenn gleich in dem
Abschnitt des Gebäudes, in dem sie sich befand, noch alle Kühe
auf ihren Plätzen lagen, konnte sie aus dem nicht einsehbaren
Bereich bereits die Geräusche von Hufschuhen auf dem gefliesten
Untergrund vernehmen. Demnach konnte es nicht mehr lange
dauern, bis es etwas zu fressen geben würde, denn diese Aussicht
versetzte die Herde immer in Bewegung. So viel hatte sie
während ihres kurzen Aufenthalts an diesem Ort bereits gelernt.
Mühsam und noch immer nicht ganz wach, rappelte Conny
sich auf. Obwohl es bereits ihre zweite Nacht im Stall gewesen
war, hatte sie nicht besser geschlafen als in der vorherigen. Sie
hoffte, dass sie sich mit der Zeit noch an die Nächte im Stall
123
gewöhnen würde, denn ansonsten würde sie ihren Aufenthalt
hier bald in einem permanenten Dämmerzustand verbringen, der
für den eigentlichen Zweck ihrer Anwesenheit sicherlich nicht
gerade förderlich war.
Mit schwankenden Schritten betrat sie den Bereich im
hinteren Abschnitt des Stalls, dessen Boden vergittert war. Den
anderen Kühen den Rücken zugewandt stellte sie sich mit
möglichst weit gespreizten Beinen hin und schloss für einen
Moment die Augen. Conny musste ein paar Mal tief durchatmen,
bis sie sich soweit entspannt hatte, dass sie ihre Blase entleeren
konnte. Ein Wasserstrahl plätscherte durch das Gitter und machte
dabei so laute Geräusche, dass Conny die Augen beschämt
geschlossen ließ. Zweifelsfrei hörten auch die anderen Kühe, dass
sie sich gerade erleichterte.
Im Vergleich zum ersten Mal vor zwei Tagen fiel es ihr
jedoch recht leicht, sich zu erleichtern. Nur ungerne dachte sie an
diesen qualvollen ersten Abend im Stall zurück. Nach dem
Abendessen hatte sie sich ins Stroh gelegt und mühevoll
versucht, den steigenden Druck auf ihre Blase zu ignorieren.
Doch je länger sie gewartet und desto mehr sie sich darauf
konzentriert hatte es zu unterdrucken, desto schwerer war es
geworden.
Von ihrem Platz aus hatte sie beobachtet, wie die beiden
Kühe, die sich bereits vor ihnen im Stall befunden hatten, zu dem
Bereich mit dem Gitterboden gingen, der auf der
124
entgegengesetzten Seite zur Futterstelle lag. Breitbeinig hatten sie
sich mittig auf das Gatter gestellt und dann erleichtert, eine mit
leicht beschämtem Gesicht, jedoch beide ohne zu zögern. Einzeln
taten es die beiden Hinterwälder Rinder, die mit Conny
zusammen angekommen waren, ihnen gleich.
Conny hingegen hatte so lange gewartet, bis sie es nicht
mehr zurückhalten konnte. Beinahe wäre sie nicht rechtzeitig auf
die Beine gekommen, so dass sie um ein Haar das Stroh ihres
Liegeplatzes benässt hätte, doch sie hatte es gerade noch
rechtzeitig zu dem offensichtlich dafür vorgesehenen Bereich
geschafft.
Dort angekommen hatte auch sie sich mit gespreizten Beinen
hingestellt, es jedoch nicht geschafft, dem Druck, der auf ihrer
Blase lastete, nachzugeben. Mit glühendem Kopf und
schmerzender Körpermitte hatte sie dort gestanden und die
Blicke der anderen Kühe förmlich auf sich spühren können.
Vollkommen verkrampft und mit sich selbst ringend hatte es eine
gefühlte Ewigkeit gedauert, bis sie sich endlich erleichtern
konnte.
Als es ihr schließlich gelang, hatten der nachlassende
Schmerz und die daraus resultierende Erleichterung in ihrem
Schritt beinahe dafür gesorgt, dass sie laut gestöhnt hätte. Gerade
noch dazu in der Lage, den Laut zu unterdrücken, stand sie mit
gesenktem Kopf und wild schlagendem Herzen da, während ihr
Urin mit einem vernehmlichen Plätschern durch das Gatter
tropfte. Noch nie hatte sie sich derart geschämt und selbst die
125
Demütigung, dass sie am Vormittag mit einer Kette an ihrem
Nasenring über den Hof geführt worden war, erschien ihr im
Vergleich zu dieser Situation beinahe angenehm.
Die Zeit schien unwirklich langsam vergangen zu sein, oder
vielleicht hatte es einfach auch nur so unendlich lange gedauert,
bis sie ihre Blase endlich komplett entleert und endlich zu ihrem
Liegeplatz hatte zurückkehren können, um ihr Gesicht möglichst
tief im Stroh zu vergraben.
Eine Bewegung ganz in ihrer Nähe sorgte dafür, dass Conny
aus ihren Gedanken gerissen wurde. Pieta war inzwischen
ebenfalls aufgestanden und gesellte sich nun zu ihr. Die braun
und weiß gefleckte Kuh blieb kaum zwei Meter von ihr entfernt
stehen und spreizte ebenfalls ihre Beine.
Conny wandte den Blick ab und war froh, als sie den Bereich
mit dem vergitterten Boden verlassen konnte. Etwas
unentschlossen kehrte sie zu ihrem Liegeplatz zurück, entschied
sich dann jedoch dagegen, sich noch einmal ins Stroh zu legen.
Das hätte nur dafür gesorgt, dass sie erneut eingedöst wäre.
Wenige Minuten später ertönte der melodische Gong einer
lauten Klingel. War es vorher noch vergleichsweise ruhig
gewesen, kam nun Leben in den Stall. Connys Artgenossen
kamen auf die Beine und setzten sich in Bewegung, teilweise in
Richtung der Futterstelle, teilweise auch zuerst in die
entgegengesetzte Richtung.
126
Conny selbst erreichte die Futtergitter als Erste. Sich vor die
halbhohe Wand stellend beugte sie ihren Oberkörper so weit vor,
so dass sie mit den Schultern auf der Halterung lag und ihre
Brüste frei über der großzügigen Aussparung schwebten. Die
Reporterin hatte das Gefühl, dass sie schwerer und wärmer
waren als sonst, auch spürte sie ein leichtes, aber dennoch
unangenehmes Spannen, das am Vortag ganz sicher noch nicht so
deutlich gewesen war. Sie ahnte, dass es nicht mehr lange dauern
würde, bis auch sie Milch geben würde - schließlich befand sie
sich im Kuhstall eines der größten Biomilchproduzenten auf
Animal Planet - verdrängte den aufwühlenden Gedanken daran
jedoch lieber. Auch so gab es bereits genug Veränderungen in
ihrem Leben, an die sie sich erst einmal gewöhnen musste.
Ihre Gedanken stattdessen auf die bevorstehende Fütterung
gerichtet wartete sie, bis der rote Lichtstrahl aufblitzte, ihre
Ohrmarke scannte und mit einem leisen Piepen auf den Barcode
reagierte. Kaum, dass sie erkannt worden war, füllte sich die
Futterrinne vor ihr mit einer Mischung aus Getreide und einigen
wenigen getrockneten Früchten.
Während Pieta sich neben ihr ebenfalls zum Frühstück
aufstellte, begann Conny schmatzend zu fressen. Es war nicht
besonders lecker und der Mangel an Zucker sorgte dafür, dass ihr
"Müsli" überwiegend nach purem Getreide schmeckte. Doch
zumindest stillte es ihren Hunger. Schon jetzt freute sie sich
darauf, den Stall in ein paar Wochen wieder zu verlassen. Dann
würde sie tagelang nur ihre Lieblingsgerichte essen und die
127
wenig schmackhaften Mahlzeiten hoffentlich schnell vergessen
haben.
Nachdem sie ungefähr die Hälfte der sehr groß bemessenen
Portion gefressen und ihren Hunger damit vollständig gestillt
hatte, löste Conny sich von dem Futterbereich. Sie blieb noch kurz
an dem Wasserbecken stehen, trank ein paar Schlucke und kehrte
anschließend zu ihrem Liegeplatz zurück.
Mangels anderer Alternativen legte sie sich zurück ins Stroh
und machte es sich so gut es ging bequem. Den Kopf auf ein
erhöhtes Häuflein Stroh gebettet beobachtete sie ihre Artgenossen
dabei, wie sie ihr Frühstück zu sich nahmen. Sie selbst mitgezählt
waren sie inzwischen zu sechst, denn am Mittag des Vortages
hatten zwei Mitarbeiter von BioUdders eine weitere Kuh in das
Gehege gebracht. Sie war etwas kleiner als Conny und hatte rote
Haut mit einem weißen Fleckenmuster. Obwohl es sehr schwer
war, das Alter einer Person zu schätzen, wenn diese erst einmal
verwandelt war, ging Conny davon aus, dass die sechste Kuh
ungefähr in ihrem Alter sein musste. Sie schloss das aus dem
nicht mehr ganz so weich gezeichnetem Gesicht und den
Brustwarzen, deren Knospen und Vorhöfe bereits ausgeprägter
waren, als die bei den beiden jüngeren Hinterwälder Rindern.
Bis auf die Ankunft der Red Holstein Kuh war der vorherige
Tag nahezu vollkommen ereignislos verlaufen. Insgesamt drei
Mal hatte die Glocke geläutet und die bevorstehenden Mahlzeiten
128
angekündigt. Mittags war erneut ein Stallarbeiter aufgetaucht
und hatte ihnen allen eine Spritze gegeben, doch ansonsten war
praktisch überhaupt nichts passiert.
Im Prinzip war Conny das auch ganz recht, denn so hatte sie
zumindest ein wenig Zeit gehabt, um sich an ihre neue
Umgebung zu gewöhnen. Zwar gab es noch immer Dinge, mit
denen sie ihre Schwierigkeiten hatte, wie beispielsweise die
Entleerung ihrer Blase und ihres Darms, doch selbst diese
Tätigkeiten machten ihr von Mal zu Mal weniger aus.
Das Fehlen von Ereignissen bedeutete jedoch auch, dass
Conny bisher kaum Gelegenheit dazu bekommen hatte,
möglicherweise illegale Aktivitäten aufzudecken. Ihr war klar,
dass sie diesen Part ihrer Recherche ohnehin nur eingeschränkt
übernehmen konnte, doch so sehr zur Untätigkeit verdammt zu
sein, behagte ihr nicht. Sie wollte aktiv bei der Aufdeckung
helfen, doch das stellte sich als gar nicht so einfach heraus. Da
sowohl ihre, als auch die Stimmbänder ihrer Artgenossen
modifiziert worden waren, konnte sie die anderen Kühe noch
nicht einmal befragen.
Schlimmer jedoch fand sie, dass sie Erik bisher noch nicht
begegnet war. Ihr Kollege, der sich unter die Mitarbeiter von
BioUdders gemischt hatte, hätte ihr vielleicht erklären können,
was es mit den Injektionen auf sich hatte. Doch bisher hatte er
sich nicht in ihrem Gehege blicken lassen. Stumm fragte sie sich,
ob er nur noch keine Gelegenheit dazu gehabt hatte, oder ob
vielleicht etwas dazwischen gekommen war. Schon einmal war
129
sie von dem Gedanken verfolgt worden, dass Erik sich
möglicherweise gar nicht mehr bei BioUdders befand. Es reichte
ja schon eine Kleinigkeit, ein unglückliches Stolpern
beispielsweise, und Erik würde mit einem Bruch in ein
Krankenhaus eingeliefert werden. Was würde dann aus ihr
werden? Würde ihr Chef davon erfahren, so dass er sie hier
herausholen konnte, oder war Eriks Tarnung so dicht, dass bei
der Zeitung keiner etwas davon erfahren würde?
Conny versuchte diese düsteren Gedanken zu verdrängen
und sich auf etwas Positiveres zu konzentrieren. Kurz lächelte sie
Pieta zu, die ihr Frühstück inzwischen ebenfalls abgeschlossen
und sich wieder auf den gegenüberliegenden Liegeplatz
niedergelassen hatte. Obwohl die beiden Kühe noch kein Wort
miteinander gesprochen hatten, führten die alltägliche Nähe und
die gemeinsame Situation dazu, dass sie sich einander verbunden
fühlten.
Einige Stunden später, das Mittagessen konnte nicht mehr in
allzu weiter Ferne liegen, öffnete sich das schmale Tor, das zu
ihrem Stallbereich führte. Conny hob neugierig den Kopf, erfreut
darüber, dass die andauernde Langeweile unterbrochen wurde.
Zwei Männer, deren dunkelgraue Arbeitshosen und rote
Poloshirts darauf hindeuteten, dass sie zu den Angestellten von
BioUdders gehörten, betraten das Gehege.
"Dann wollen wir mal schauen, wie es hier inzwischen
130
aussieht. Und du hast das tatsächlich noch nie gemacht?", fragte
der etwas älter wirkende der beiden Stallarbeiter. Sein Gesicht
war wettergegerbt und die kurzen braunen Haare betonten sein
kantiges Gesicht.
"Nein, wir haben nie frisch verwandelte Kühe bekommen,
zumindest nicht in der Zeit, in der ich dort war", antwortete der
Andere. Er war ein paar Zentimeter kleiner als sein Kollege und
schaute sich neugierig im Stall um.
Conny schnappte unwillkürlich nach Luft, als sie Erik
erkannte. In der Stallmontur machte er einen vollkommen
anderen Eindruck als in der Redaktion, wo sie ihn stets in Hemd
und eleganter Aufmachung gesehen hatte. Die Arbeiterhose und
das Poloshirt veränderten sein Aussehen so sehr, dass sie ihn erst
an seiner Stimme eindeutig erkannt hatte.
Gemischte Gefühle ergriffen die zum Schein verwandelte
Reporterin. Auf der einen Seite war sie ungemein erleichtert, Erik
endlich zu sehen. Sie hatte schon am Vortag mit seinem
Auftauchen gerechnet, und sein Fernbleiben hatte sie zunehmend
nervös werden lassen. Jetzt wusste sie zumindest, dass bei ihm
alles in Ordnung war und sie mit ihrem Plan so weiter machen
konnten, wie es vorhergesehen war.
Auf der anderen Seite sorgte die Anwesenheit ihres
Arbeitskollegen jedoch auch dafür, dass sie sich ihrer Nacktheit
plötzlich wieder bewusst wurde. Innerhalb der kleinen Herde
hatte es ihr inzwischen nichts mehr ausgemacht, schließlich
131
waren sie alle in der gleichen Situation. Keine von ihnen schien
sich besonders um das Aussehen der Anderen zu kümmern,
zumal die Färbungen und all die weiteren Modifikationen sie
nicht mehr besonders menschlich aussehen ließen. Doch nun
würde Erik zwangsläufig ihren nackten Körper sehen. Im
Gegensatz zu ihren Artgenossen würde sie mit ihm zukünftig in
der Redaktion zusammen arbeiten müssen und sie war sich
extrem unsicher, mit welchen Gedanken er sie dann betrachten
würde.
Conny blieb erst einmal im Stroh liegen und verdeckte somit
zumindest einen Teil ihrer Blöße. Sie spürte das Blut in ihrem
Kopf pulsieren und versuchte sich einzureden, dass Erik mit
seiner charismatischen Art sicherlich schon einige nackte Frauen
gesehen hatte und sich hoffentlich nicht übermäßig für ihren
Körper interessieren würde. Außerdem gab es bei BioUdders
hunderte von Kühen, so dass ihr Anblick ihm sicherlich kaum in
besonderer Erinnerung bleiben würde.
"Na, alles halb so wild. Viel hast du da eigentlich nicht
verpasst", meinte der Kollege von Erik. In der Hand hielt er ein
merkwürdiges Objekt, das entfernt an einen kleinen Hocker
erinnerte. "Nach der Verwandlung dauert es immer ein paar
Tage, bis die Milchproduktion in Schwung kommt. Wie lange das
genau dauert, ist von Kuh zu Kuh verschieden. Aber wenn wir
sie zu früh an die Melkmaschinen lassen, wirkt sich das meistens
132
negativ auf die Zitzen aus, deswegen müssen wir von Hand
nachsehen, welche Kuh schon so weit ist."
"Man sollte meinen, dass es heutzutage eine technische
Lösung dafür geben sollte", erwiderte Erik.
Sein Kollege nickte. "Schon, aber ist doch ganz gut so, sonst
hätten wir hier bald gar nichts mehr zu tun. Läuft ja auch so in
vielen Ställen schon fast alles automatisch. Wenn wir dieses
Biosiegel nicht hätten, wären sicher einige von uns überflüssig."
"Auch wieder wahr", pflichtete Erik ihm bei.
Von ihrem Liegeplatz aus lauschte Conny aufmerksam dem
Gespräch, während die beiden Männer auf die kleine Gruppe an
Kühen zu steuerten. So wie es aussah, hatte Erik sich bereits recht
gut eingelebt und seine Kollegen hatten nicht den Verdacht, dass
er vielleicht jemand ganz anderes sein könnte, als er vorgab zu
sein.
Stumm fragte sie sich, ob ihre Brüste auch bereits damit
begonnen hatten, Milch zu produzieren. Ihr kam das
unangenehme Spannen in den Sinn, dass sich mit zunehmender
Häufigkeit bemerkbar machte. Sicher konnte es auch bei ihr nicht
mehr lange dauern, bis sie das erste Mal mit der Melkmaschine in
Kontakt kam.
Die beiden Männer blieben ungefähr zwei Meter vor den
Liegeplätzen stehen. "So, schauen wir doch mal. Zwei der Kühe
sind bereits vor vier Tagen hier angekommen, bei denen sollte die
133
Milchproduktion schon recht weit fortgeschritten sein. Sieh mal
bitte auf deiner Liste nach", wandte sich der fremde Stallarbeiter
an seinen Kollegen.
Erik holte ein schmales Tablet aus seiner Hosentasche, tippte
mit dem Finger einige Male darauf herum und sagte schließlich:
"Richtig, eine Red Holstein und ein Hinterwälder Rind. Beide am
Freitag hier eingetroffen."
Sein Kollege nickte und ließ sich die Lebensnummer des Red
Holstein Rindes geben. Conny beobachtete, wie er neben der rot
und weiß gefleckten Kuh, die auf der anderen Seite des
Mittelweges lag, in die Knie ging und nach ihrer Ohrmarke griff.
"Jap, das ist sie", bestätigte er.
Conny bemerkte, wie Eriks Blick für einen kurzen
Augenblick suchend über die kleine Herde schweifte, ehe er an
ihr hängen blieb. Ohne sich etwas anmerken zu lassen musterte er
seine Reporterkollegin, die mit glühenden Wangen im Stroh lag
und froh war, dass Erik im Augenblick höchstens ihren Hintern
bewundern konnte. Für einen Moment war sie versucht, ihm
irgendein Zeichen zu geben, doch bevor sie sich dazu
durchringen konnte, hatte er seine Aufmerksamkeit wieder auf
den anderen Stallarbeiter gerichtet.
Leise durchatmend versuchte Conny sich zu beruhigen.
Stumm ärgerte sie sich über sich selbst. Warum war sie so
furchtbar nervös? Natürlich war es eine etwas peinliche Situation,
daran bestand kein Zweifel. Doch Erik hatte im Vorfeld alles mit
134
ihr abgesprochen und es gab nun wahrlich schlimmeres, als dass
er sie nun unverhüllt sehen würde. Immerhin lebte sie im
vierundzwanzigsten Jahrhundert und dazu noch auf Animal
Planet, auf dem man alle paar Meter ein nacktes Pet sehen
konnte!
Den Kopf zur Seite drehend konnte Conny erkennen, dass
die Red Holstein Kuh ihren Oberkörper aufgerichtet hatte und
nun in ihrer Box kniete.
Eriks Kollege schob mit dem Fuß das Stroh zur Seite und
stellte den Hocker vor der Kuh auf den Boden. Jetzt konnte
Conny erkennen, dass er an der oberen Seite nur aus einer Art
gepolstertem Ring bestand, der innen liegende Bereich war
ausgespart worden.
Die Hand auf den Rücken des Rindes legend drückte Eriks
Kollege den Oberkörper des Tieres nach vorne, so dass er auf
dem merkwürdigen Schemel zu liegen kam. Die Konstruktion
war nicht besonders groß, reichte jedoch aus, um den Oberkörper
etwa einen halben Meter über dem Boden schweben abzustützen.
"Bei der kannst du schon an den Eutern sehen, dass sie
bereits ordentlich Milch produziert. Sie sind ziemlich prall und
hängen schwer herunter", erklärte der Mann und winkte Erik
näher zu sich heran.
Dieser hockte sich neben seinen Kollegen und warf einen
genaueren Blick auf die Euter der Kuh, die bedingt durch die
135
Aussparung des Schemels frei herab hingen. "Ja, ich sehe, was du
meinst", stimmte er zu.
Den Kopf ein wenig drehend versuchte Conny einen
weiteren Blick auf die Szene zu erhaschen, doch Erik hatte sich so
hingekniet, dass er ihr die Sicht versperrte.
"Trotzdem müssen wir uns natürlich vergewissern", meinte
der Kollege von Erik und fuhr fort: "Du legst den Daumen auf die
eine, Zeige- und Mittelfinger auf die andere Seite der Brust. Etwas
außerhalb der Vorhöfe. So in etwa. Jetzt brauchst du nur ein
wenig fester zudrücken in deine Finger dabei in Richtung der
Brustwarzen streichen. Schau!"
Conny konnte noch immer nichts sehen, doch Erik reagierte
mit einem anerkennenden Pfeifen, das sie so von ihm auch in der
Redaktion schon ein paar Mal gehört hatte. Ganz offensichtlich
hatte der Angestellte von BioUdders Erfolg gehabt, was ihren
Kollegen scheinbar ziemlich begeisterte.
"Die hat schon so viel Milch in ihren Eutern, dass ich fast
nichts machen musste", meinte der Mann mit zufriedener
Stimme.
Erik, der sich nun wieder erhob, nickte eifrig. "Ja, das habe
ich gesehen. Beeindruckend, wie kräftig der Strahl bereits ist. Ich
würde sagen die ist bereit für die Melkmaschine."
"Richtig. Ändere den Status hinter ihrer Nummer, dann
machen wir mit der nächsten Kuh weiter", stimmte der
Stallarbeiter zu.
136
Conny beobachtete, wie die beiden Männer die Prozedur bei
dem Hinterwälder Rind wiederholten, das sich ebenfalls bereits
seit vier Tagen im Stall befand. Auch bei ihr gelang es den
Männern scheinbar mühelos, ein paar Tropfen Milch zu
gewinnen.
"Sehr gut. Zusätzlich haben wir noch drei weitere Kühe, die
nur einen Tag später angekommen sind. Bei denen sollen wir
auch gleich nachsehen. Die Milchdrüsen sollten auf jeden Fall
schon spürbar geschwollen sein, aber ob sie auch schon laktieren,
müssen wir testen", meinte Eriks Kollege und deutete mit einem
Kopfnicken in die Richtung, in der Conny, Pieta und die dritte
Kuh aus ihrer kleinen Gruppe lagen.
Sofort spürte Conny, wie ihr erneut das Blut in den Kopf
schoss. Hatte sie sich gerade noch damit abgefunden, dass Erik
sie nackt sehen würde, war es ein ganz anderes Szenario, von den
beiden Männern auch angefasst zu werden. Mit vor Schreck leicht
geweiteten Augen starrte sie Erik an, der nun mit langsamen
Schritten auf sie zukam.
"Die rot gefärbte Kuh gehört auf jeden Fall zu der Gruppe",
erklärte er nach einem erneuten Blick auf sein Tablet, auch wenn
er zweifelsfrei längst wusste, dass sich seine Kollegin hinter der
Maskerade des Angler Rinds befand. Beide Männer schritten nun
durch den Mittelgang und blieben unmittelbar neben Connys
Liegeplatz stehen.
137
"In Ordnung. Dann versuch du es jetzt mal selbst", ermutigte
der Mann mit dem kantigen Gesicht seinen Kollegen und
überreichte ihm den kleinen Schemel.
Erik nickte und trat näher an Conny heran. Die hatte sich
etwas auf die Seite gedreht, so dass sie die beiden Männer sehen
konnten, die am Fußende ihres kleinen Geheges standen. Beinahe
flehend schüttelte sie leicht den Kopf. Erik zögerte kurz, machte
dann jedoch eine auffordernde Handbewegung. "Na los, auf die
Knie! Du hast doch gesehen, wie es geht!"
Conny reagierte nicht. Mit angespanntem Körper blieb sie
im Stroh liegen, den Blick noch immer auf ihren Kollegen
gerichtet. Selbst, wenn sie gewollt hätte, in diesem Moment war
sie nicht dazu in der Lage, seiner Aufforderung nachzukommen.
Stumm starrte sie zwischen seinem Gesicht und dem Schemel hin
und her, während ihr Kopf sich anfühlte, als müsste er vor lauter
Hitze jeden Augenblick explodieren.
"Scheint nicht besonders helle zu sein, das Vieh." Der andere
Mann trat einen Schritt vor, so dass er neben Conny stand, und
beugte sich zu ihr herunter. Mit einer geübten Bewegung steckte
er einen Finger durch ihren Führring.
Conny schnappte krächzend nach Luft, als der Mann sie an
dem Ring unsanft in eine kniende Position zwang. Tränen
schossen ihr in die Augen, die zur Hälfte dem plötzlich
aufwallenden Schmerz in ihrer Nase, zur Hälfte der Demütigung
138
entsprangen.
"Lass dir von den Tieren nicht auf der Nase herumtanzen.
Wenn sie nicht so wollen wie du, dann benutz den Führring. Ich
hab noch keine Kuh gesehen, die dann noch herum gezickt hat",
meinte der Mann. Sein Fingerrücken drückte leicht gegen ihre
Nase, während er den Ring fest umschlossen hielt und Conny
keine Zweifel daran ließ, dass er nun die Kontrolle über sie hatte.
So auf ihren Knien sitzend, dass sie Erik zugewandt war,
konnte Conny nun verfolgen, wie er den Schemel vor ihr auf den
Boden stellte. Kaum, dass er den Bock richtig positioniert hatte,
wurde ihr Kopf an dem Führring nach unten gezogen. Ihr
Oberkörper landete leicht unsanft auf dem Schemel, dessen
gepolsterte Oberfläche ihren Schwung mit einem dumpfen
Geräusch abfing. Es war ein merkwürdiges Gefühl, rund um den
Brustkorb abgestützt zu werden, während ihre Brüste durch die
Aussparung nach unten hingen. Zwar unterschied sich ihre
Position nicht so sehr von der, in der sie ihre Mahlzeiten zu sich
nahm, doch der Schemel hatte eine schmalere Auflagefläche und
drückte sich beinahe unangenehm ins Fleisch.
Mit glühenden Wangen versuchte Conny den Kopf zu
heben, konnte jedoch bis auf die Hand des Stallarbeiters nichts
erkennen. Erik befand sich inzwischen neben ihr und hatte sich
dort mit einem Knie auf den Boden gehockt.
"Gut, dann versuch es mal. Ich halte das Vieh fest, damit du
139
in Ruhe arbeiten kannst", meinte der Mann und griff daraufhin
noch etwas fester in den Führring, was Conny erneut die Tränen
in die Augen trieb. Der Metallring wurde leicht von ihrem
Gesicht weg und zusätzlich etwas nach unten gezogen, so dass sie
den Kopf kaum noch bewegen konnte. Tatsächlich hätte sie es
kaum gewagt, sich jetzt zu bewegen, schon alleine aus der Angst
heraus, dass ihre Nasenscheidewand vielleicht längerfristig in
Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Dazu baute sich ein
leicht panisches Gefühl in ihr auf, als sie daran dachte, wie es sich
gleich anfühlen würde, von ihrem Kollegen berührt und sogar
gemolken zu werden.
In dem Augenblick, in dem sie eine kühle Hand an ihrer
linken Brust spürte, währe Conny am liebsten vor Scham im
Boden versunken. Leicht keuchend schloss sie die Augen und
versuchte nicht daran zu denken, was gerade mit ihr passierte.
Erik tastete einige Sekunden an Connys Brust herum, ehe er
die Finger etwas außerhalb ihrer Vorhöfe so positioniert hatte,
wie sein Kollege es ihm vorgemacht hatte.
Conny war alles andere als begeistert. Zwar hatte sie
gewusst, dass Erik sie im Stall sehen würde, und dass sie als Kuh
dabei nackt sein würde, war ihr ebenfalls bewusst gewesen. Sie
hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass er sie auch anfassen -
zumindest nicht unbedingt an ihren Brüsten - oder sie gar melken
würde! Doch mit dem Finger des zweiten Stallarbeiters an ihrem
Nasenring, ihren gefesselten Armen und manipulierten
140
Stimmbändern hatte sie absolut keine Chance, das nun
kommende zu verhindern. Resigniert und beschämt zugleich
hoffte sie darauf, dass es wenigstens schnell vorbei sein und Erik
dieses Erlebnis später für sich behalten würde.
Als Eriks Finger einen zunehmenden Druck auf ihre Brust
ausübten, sie knapp außerhalb ihrer Vorhöfe leicht
zusammendrückte und die Finger dann in Richtung der
Brustwarze bewegte, spürte Conny ein noch nie dagewesenes
Gefühl in ihrer Brust. Die Augen aufschlagend verharrte sie mit
sich überschlagenden Gedanken in ihrer Position, doch als Erik
erneut ansetzte, bewegte sie ihren Kopf behutsam nach unten.
Der Stallarbeiter ließ sie gewähren, so dass Conny einen Blick auf
ihren Oberkörper erhaschte.
Erik drückte ihre linke Brust erneut zusammen, und im
gleichen Augenblick zeigten sich weiße Pünktchen, die sich dann
zu einem kleinen Rinnsal sammelten und von ihrer Brustwarze
aus zu Boden tropften. Staunend und vollkommen perplex
beobachtete die Reporterin, wie ihr Kollege einen weiteren
dünnen Strahl Milch aus ihrem Körper heraus drückte, ehe er
nach ihrer anderen Brust griff und den Vorgang dort nicht
minder erfolgreich wiederholte.
"Es ist nicht so viel Milch wie bei den anderen Beiden",
stellte Erik nüchtern fest und ließ einen weiteren Milchstrahl auf
den Boden tropfen, als wollte er seine Worte damit untermauern.
"Aber es könnte schon fast für die Melkmaschine reichen, oder?"
141
"Wir sollten besser noch einen Tag warten", meinte Eriks
Kollege mit einem abschätzenden Blick. "Bis morgen Vormittag
sollte es dann aber auf jeden Fall genug sein."
Als wäre die Sache damit entschieden, ließ er Connys
Führring los und bedeutete Erik mit einer Handbewegung, dass
sie mit den beiden Hinterwälder Rindern auf der anderen Seite
des Gatters weitermachen würden. Der Reporter löste sich von
seiner Kollegin, stützte ihre Schulter mit der Hand und half ihr,
den Oberkörper wieder in eine aufrechte Position zu bringen.
Conny vermied es, Erik ins Gesicht zu sehen. Stattdessen
war ihr Blick auf die kleinen weißen Pfützchen gerichtet, die dort
auf dem Boden zurück geblieben waren, wo wenige Augenblicke
zuvor noch der Schemel gestanden hatte. Stumm versuchte sie zu
begreifen, dass diese Flüssigkeit gerade aus ihren Brüsten
gekommen war, dass sie soeben zum ersten Mal in ihrem Leben
Milch gegeben hatte.
Nur am Rande bekam sie mit, wie Erik sich nun neben Pieta
kniete, um auch ihren Brüsten ein paar Tropfen Milch zu
entlocken. Sie selbst war noch immer hin und hergerissen
zwischen der erneuten Demütigung, die durch den Führring und
die Tatsache, dass sie ausgerechnet von Erik gemolken worden
war, ausgelöst worden war, und der gleichzeitigen Faszination,
dass tatsächlich Milch aus ihren Brüsten kam. Da Conny erst
wenige Tage im Stall war hatte sie noch nicht damit gerechnet,
142
dass sie selbst schon dazu in der Lage war.
Obwohl es ihr nicht unbedingt wenig vorgekommen war,
schien die Milchmenge jedoch noch nicht auszureichen, um für
die kommerzielle Milchproduktion genutzt zu werden. Conny
empfand ihre Brüste jedoch noch immer als ungewohnt schwer
und war sich sicher, dass Erik längst nicht alles zu Tage gefördert
hatte, was sich darin befand. Mit ihren gefesselten Händen
konnte sie diese These jedoch nicht überprüfen, sondern musste
sich auf das Urteil des erfahrenen Stallarbeiters verlassen.
Während dessen hatten die beiden Männer auch die übrigen
Kühe getestet, einzig die erst am Vortag zu ihnen gestoßene Red
Holstein Kuh hatten sie ausgelassen. Zu welchem Schluss sie
dabei gekommen waren, hatte Conny nicht mitbekommen.
Überhaupt war sie gerade so sehr in ihre eigenen Gedanken
versunken, dass sie leicht überrascht zusammenzuckte, als sie die
Tür des Geheges zuschlagen hörte.
Irritiert schaute Conny sich um und stellte fest, dass Erik
und sein Kollege verschwunden waren. Kurz ärgerte sie sich
darüber, dass sie keine Gelegenheit gehabt hatte, um Erik
irgendwie auf die Injektionen hinzuweisen, doch solange ein
weiterer Mitarbeiter von BioUdders dabei war, hätte sie sich
vermutlich ohnehin nicht verständlich machen können. Wie
genau sie ohne ihre Stimme nutzen zu können nun mit Erik
kommunizieren sollt, hatte sie sich sowieso noch nicht überlegt,
wie ihr erst jetzt bewusst wurde.
143
Einen letzten Blick auf die weißen Tropfen werfend ließ
Conny sich zurück ins Stroh sinken. Nach all der Aufregung war
sie froh, dass nun erst einmal etwas Ruhe einkehrte und sie Zeit
hatte, die neuen Empfindungen einzuordnen und ihre Gedanken
zu sortieren.
144
Erik
Schmatzend kaute Conny auf ihrem Abendessen herum. Mit
leicht gespreizten Beinen und weit vorgebeugtem Oberkörper
stand sie an der Futterstelle des Stalls, das Gesicht nur eine
Handbreit über der Futterrinne. Wie auch an den bisherigen
Abenden, die sie als Kuh erlebt hatte, bestand ihre Mahlzeit aus
mit lauwarmem Wasser angefeuchteten Pellets. Langsam
gewöhnte Conny sich an den etwas faden Geschmack der
klebrigen Mischung. Auch das Essen ohne Hände gelang ihr mit
jeder Mahlzeit zunehmend besser. Die als Kuh getarnte
Reporterin schluckte die zu einer breiartigen Masse zerkauten
Pellets in, die sich noch in ihrem Mundraum befanden, herunter,
ehe sie das Gesicht halb in die feuchte Masse tauchte. Die
Tatsache ignorierend, dass sie ihr Gesicht an der schmierigen
Masse einsaute, gelang es ihr, ein halbes Dutzend Pellets in ihren
weit geöffneten Mund zu befördern. Anfangs hatte sie versucht,
sich nach Möglichkeit nicht schmutzig zu machen, doch damit
hielt sie sich inzwischen nicht mehr auf. Es war einfacher, sich
das in der Tränke angefeuchtete Gesicht anschließend mit Stroh
zu säubern, als ständig den Mund nach einzelnen Bröckchen
spitzen zu müssen. Conny hob den Kopf wieder an, um besser
kauen zu können. Dass sie genau wie die anderen Kühe dabei
laut schmatzte, registrierte sie gar nicht, während sie auf den
Pellets herum kaute.
145
Nachdem Erik sich am Morgen davon überzeugt hatte, dass
ihre Brüste bereits mit der Milchproduktion begonnen hatten,
war der restliche Tag vergleichsweise ruhig verlaufen. Conny
hatte die meiste Zeit im Stroh gelegen und sich von dem Schock
erholt. Obwohl ihr Reporterkollege genug Milch aus ihren
Brüsten gefördert hatte, um eine kleine Pfütze auf dem Boden
ihres Liegeplatzes zu bilden, hatte das Spannen in ihren Brüsten -
oder war Euter vielleicht inzwischen zutreffender? - kaum
nachgelassen. Über den Verlauf des Tages war es sogar noch
stärker geworden und ließ Conny keinen Zweifel daran, dass sie
zunehmend mehr Milch produzierte. Gerade jetzt, hier an der
Futterstelle stand, war das Gefühl sogar besonders prägnant. Ihre
Euter, die durch die Aussparungen der Halterung frei unter
ihrem Oberkörper hingen, fühlten sich zunehmend schwerer an.
Conny empfand das Gefühl als merkwürdig und ein wenig
beängstigend, wusste jedoch, dass sie in ihrer aktuellen Lage
überhaupt nichts dagegen machen konnte. Immerhin sollte ihr
Aufenthalt im Stall nicht länger dauern als ein paar Wochen, so
dass sie sich hoffentlich nicht daran gewöhnen musste.
Während des Nachmittags waren noch einmal zwei
Stallarbeiter aufgetaucht. Zu Connys Erleichterung hatten sie
jedoch überhaupt kein Interesse an ihr gezeigt. Stattdessen hatten
sie das Red Holstein und das Hinterwälder Rind angeleint. Beide
Kühe hatten sich bereits im Stall befunden, als Conny an diesen
Ort gebracht worden war. Mit Hilfe einer dünnen Metallkette, die
an den Nasenringen der Beiden befestigt wurde, hatten die
146
beiden Männer sie schließlich aus dem Gehege geführt.
Gerade, als Conny den Kopf erneut in die Futterrinne
tauchte, vernahm sie hinter sich erneut das Geräusch der sich
öffnenden Gehegetür. Mit halb offenem Mund auf ein paar Pellets
herumkauend drehte sie den Kopf so gut es ging der
Geräuschquelle zu. Sie erhaschte einen kurzen Blick auf eine
Gestalt in grauer Hose und rotem Polohemd, der typischen
Arbeitskleidung der Stallarbeiter von BioUdders. Das Auftauchen
eines Arbeiters während der Mahlzeiten war nichts
Ungewöhnliches und bisher jeden Tag vorgekommen. Damit
verbunden war zumeist die Injektionen, deren genauen Zweck
Conny bisher verborgen geblieben war. Zwar hoffte sie, dass es
sich darum um ein für Bio-Ställe nicht zugelassenes Mittel
handelte, vermutete jedoch, dass damit ausschließlich die
Milchproduktion der neuen Kühe angeregt werden sollte.
Der Stallarbeiter trat hinter die rötlich gefärbte Kuh mit dem
weißen Fleckenmuster, die erst vor einem Tag in den Stall
gebracht worden war. Sie stand kaum einen Meter von Conny
entfernt und stieß ein leises, leicht gequältes Muhen aus, als der
Stallarbeiter ihr eine Injektion in den herausgestreckten Hintern
gab.
Conny drehte den Kopf in Richtung der Red Holstein und
musterte den Arbeiter. Erst jetzt, da er kaum einen Meter von ihr
entfernt war, erkannte sie Erik. Die Reporterin spürte, wie ihr
147
unwillkürlich das Blut in den Kopf schoss. Sofort waren die
Erinnerungen an den Vormittag wieder da. Vor ihrem inneren
Auge konnte noch einmal sehen, wie sie auf dem Boden kniete,
während Erik nach ihren Eutern griff und ein dünnes Rinnsal
Milch aus ihnen herausdrückte. Bevor sie sich auf die falsche
Verwandlung eingelassen hatte, war ihr klar gewesen, dass ihr
Kollege sie im Stall nackt sehen würde. Entsprechend hatte sie
sich, so gut es denn eben ging, darauf eingestellt. Doch dass er sie
auch melden würde, damit hatte sie nie gerechnet.
Sie bemerkte, dass sie den Mann anstarrte und senkte den
Blick rasch wieder auf die restlichen Pellets, die vor ihr in der
Futterrinne lagen. Verunsichert überlegte sie, wie sie mit der
Situation umgehen sollte. Was sollte sie von Erik halten? Hielt er
sich nur an seine Rolle, oder war da noch etwas anderes? War die
Initiative nicht sogar von ihm ausgegangen? Schließlich hatte er
auf sie gezeigt und seinem Kollegen gegenüber angemerkt, dass
sie zu der gesuchten Gruppe gehörte. Hatte ihr Kollege geahnt,
vielleicht sogar gehofft, dass er sich selbst davon vergewissern
durfte, ob sie bereits laktierte? Connys Gedanken überschlugen
sich, so dass ihr regelrecht schwindelig wurde. Dabei erreichten
sie ein Tempo, bei dem sie selbst scheinbar kaum noch Einfluss
auf ihre Gedanken hatte. Eine scheinbar elementare Frage brannte
in ihrem Kopf: Wie sollte sie sich Erik gegenüber verhalten?
Die Kuh zuckte leicht zusammen, als der Mitarbeiter von
BioUdders hinter sie trat. Im Gegensatz zum Vormittag, als das
148
Stroh zumindest einen Teil ihrer Blöße verdeckt hatte, bot sie Erik
in diesem Augenblick einen nahezu uneingeschränkten Blick auf
ihre intimsten Körperregionen. Mit dem weit vorgebeugtem
Oberkörper und den leicht gespreizten Beinen verhinderte
lediglich ihr Kuhschweif, dass Erik einen perfekten Blick auf ihre
Scham hatte.
Kaum, dass sie den Gedanken beendet hatte, spürte sie auch
schon die Hand des Mannes auf ihrer linken Pobacke. Die Luft
anhaltend verharrte Conny in ihrer Position. Sie konnte fühlen,
wie Erik ihren Schweif ein wenig zur Seite schob. Jetzt war sie
seinen Blicken tatsächlich vollkommen ausgeliefert. Es vergingen
einige Sekunden, die ihr wie eine Unendlichkeit vorkamen, dann
verspürte sie einen kurzen, schmerzhaften Stich an ihrem Gesäß.
Erik hatte auch ihr eine Injektion gegeben.
Die Augen geschlossen und noch immer nicht dazu in der
Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, hörte Conny an ihrer
Seite ein halblautes Flüstern: "Hey Conny. Bisher ist alles gut
gelaufen. Niemand hat Verdacht geschöpft, deine Tarnung ist
perfekt. Selbst im System bist du ganz normal eingetragen, wie
jede andere Kuh hier auch."
Conny holte langsam Luft, während sie den Worten des
Stallarbeiters lauschte. Ihre Gefühlswelt war noch immer ein
Chaos, doch mit etwas Mühe gelang es ihr, sich auf Eriks leise
Stimme zu konzentrieren.
"Ich konnte mich schon ein wenig umsehen und habe ein
149
paar Ideen, an denen wir ansetzen können. Noch habe ich zwar
keine Beweise gefunden, aber ich bin mir sicher, dass wir auf der
richtigen Spur sind. Nicht erschrecken, ich nehme jetzt eine kleine
Blutprobe", warnte Erik.
Die Reporterin spürte einen weiteren Stich, dieses Mal
jedoch an ihrem auf den Rücken gefesselten Oberarm.
Währenddessen überlegte sie fieberhaft, wie sie Erik auf die
Injektionen hinweisen konnte. Zwar hatte er etwas von
verschiedenen Ansätzen gesagt, dabei jedoch offen gelassen, was
genau er meinte. Da ihre Stimmbänder jedoch im Augenblick nur
krächzende Geräusche zuließen, hatte sie keine Möglichkeiten,
sich dem Mann gegenüber verständlich zu machen.
Die Nadel löste sich von ihrem Arm. "Okay, das war es
schon. Ich schicke es gleich heute Abend ins Labor", versprach
Erik. "Mal sehen, ob deine Blutwerte schon eine Veränderung
zeigen. Die Injektionen sind auf jeden Fall eine Möglichkeit,
unerlaubte Substanzen einzusetzen."
Ein erleichtertes Lächeln huschte über Connys Gesicht. Also
war auch Erik auf diese Möglichkeit gekommen.
"Ist dir ansonsten etwas aufgefallen?", erkundigte er sich
halblaut und tat derweil so, als ob er an der Injektionsnadel
herumnesteln würde. Aus Eriks Verhalten schloss sie, dass der
Stall per Kameras überwacht wurde. Wenn Erik ohne Grund
neben ihr stehen bliebe, könnte man möglicherweise auf sie
aufmerksam werden.
Conny schüttelte langsam aber deutlich den Kopf, ehe sie
150
sich behutsam einen einzelnen Pellet angelte und ihn zwischen
ihren Zähnen zerrieb.
Erik gab ihr wie zur Bestätigung einen sanften Klapps auf
den Hintern, machte zwei Schritte zur Seite und gab nun der
nächsten Kuh die vorgesehene Injektion. Den Kopf leicht gesenkt
raunte er: "Wir machen so weiter, wie bisher. Morgen wirst du in
einen anderen Stall verlegt, aber mach dir keine Sorgen, ich finde
dich über das System leicht wieder."
Conny schluckte die Reste des Pellet herunter und nickte
dieses Mal leicht mit dem Kopf. Nachdem am Vormittag die
beiden Rinder abgeholt worden waren, die schon vor ihr im Stall
gewesen waren, hatte sie bereits damit gerechnet. Bei dem
kleinen Gehege, in dem sie bisher untergebracht worden war,
handelte es sich scheinbar um eine Art Initialisierungsgehege.
"Ich muss jetzt wieder weg, aber spätestens in zwei oder drei
Tagen komme ich wieder zu dir. Bis dahin habe ich sicher auch
die Werte aus dem Labor. Halt die Ohren steif!" Damit
verabschiedete sich Erik, der zwischenzeitlich auch der letzten
der vier Kühe ihre Spritze gegeben hatte.
Conny konnte hören, wie sich die Schritte des Mannes
entfernten, sich die Tür des Geheges schließlich öffnete und
gleich darauf wieder schloss. Einige Augenblicke verharrte sie
noch unbeweglich in ihrer Position, ehe sie erleichtert
durchatmete.
151
Obwohl es ihr äußerst unangenehm gewesen war, Eriks
Blicken derart ausgeliefert zu sein, war sie nun doch froh
darüber, dass er hier gewesen war. Seine Worte ließen keinen
Zweifel daran, dass er ihre Aufgabe ernst nahm und sich
gleichzeitig auch um Conny kümmerte. Die Tatsache, dass er so
professionell mit ihrem Undercovereinsatz umging, sorgte nun
sogar dafür, dass sie die Erlebnisse des Vormittages als weniger
dramatisch einstufte. War sie sich vor einigen Minuten noch
unsicher gewesen, welche Absichten Erik verfolgte, zweifelte sie
nun nicht mehr daran, dass es ihm einzig darum ging, die
illegalen Praktiken von BioUdders ans Licht zu bringen. Dazu
musste er sich nun einmal so unauffällig wie möglich verhalten,
damit er Zugang zu den internen Informationen des
Unternehmens erhielt.
Gespannt war Conny darauf, was die Analyse ihrer
Blutwerte ergab. Sie zweifelte nicht daran, dass die Injektionen
für ihre immer stärker werdende Milchproduktion verantwortlich
waren. Die Frage war nur, ob BioUdders sich dabei unerlaubter
Substanzen bediente.
Einzig bei dem Gedanken an den anderen Stall wurde ihr
ein wenig mulmig zumute. Die Verlegung bedeutete Zweifelsfrei,
dass ihr Körper bereit für die Melkmaschine war. Während ihrer
Recherche hatte sie sich Texte, Bilder und Videos zu dem Thema
angesehen und wusste daher zumindest in der Theorie, was sie
erwartete. Dennoch konnte sie nicht gerade behaupten, dass sie
sich auf diesen Teil ihrer Undercoverarbeit freute.
152
Conny stieß einen leisen Rülpser aus und leckte sich über
ihre verschmierten Lippen. Obwohl sie nur gut die Hälfte der
Pellets gegessen hatte, fühlte sie sich ausreichend gesättigt.
Behutsam richtete sie ihren Oberkörper auf und löste sich von der
Futterstelle. In Gedanken noch immer bei den Videos, die sie von
den Melkmaschinen gesehen hatte, machte sie sich auf den Weg
zur Tränke, um ihr verschmiertes Gesicht zu waschen.
153
Artgenossen
Die Vormittagssonne strahlte durch die großen Fenster des
Stalls, tauchte ihn in angenehm warmes Licht und ließ das Stroh
besonders intensiv duften. Conny lag mit halb geschlossenen
Augen auf ihrem Liegeplatz und versuchte das unangenehme
Spannen ihrer Brüste zu ignorieren. Über Nacht war es so stark
geworden, dass es beinahe schmerzte. Obwohl sie ein
unangenehmes, verunsichertes und etwas ängstliches Gefühl bei
dem Gedanken daran verspürte, wünschte sie inzwischen
beinahe den Moment herbei, in dem sie endlich gemolken wurde.
Als die Gehegetür geöffnet wurde, schlug Conny die Augen
auf und hob den Kopf. Zwei Männer hatten den Raum betreten
und näherten sich der kleinen Herde. Durch die Informationen,
die Erik ihr am Vortag gegeben hatte, ahnte die Reporterin
bereits, was die beiden Stallarbeiter wollten. Sie war nun lange
genug in diesem Gehege gewesen und würde in einen der großen
Ställe gebracht werden.
Conny war sich nicht sicher, ob sie aufstehen sollte, oder
lieber darauf wartete, dass die Männer zu ihr kamen. Doch noch
bevor sie reagieren konnte, kniete sich bereits einer der beiden
Arbeiter neben Pieta nieder und zog deren Ohrmarke zu sich
heran.
"AR 273 07 12296", las er die Lebensnummer der Kuh vor.
154
"Richtig, die kommt mit", bestätigte sein Kollege, der ein
kleines ePad in der Hand hielt.
Das Hinterwälder Rind, deren Box mit dem Kopfende direkt
an Connys Liegeplatz angrenzte, wurde unsanft auf die Beine
gezogen, was sie mit einem protestierenden Muhen quittierte. Die
Reporterin beobachtete, wie eine Metallkette am Führring von
Pietas Nase befestigt wurde, so dass sie dem Mann fortan in
kurzem Abstand folgen musste. Zum ersten Mal fiel ihr auf, dass
die Brüste der anderen Kuh auffällig prall wirkten und schwer
nach unten hingen. Bisher hatte sie sich ausschließlich auf sich
selbst konzentriert, doch nun, wo ihre Aufmerksamkeit darauf
fiel, wurde ihr klar, dass auch ihre Artgenossinnen bereits kräftig
laktierten.
"Das zweite Hinterwälder Rind hat die Nummer AR 273 06
12297", verkündete der Stallarbeiter mit dem ePad, worauf hin
sich der Andere kurz umsah und sich dann Romi zuwandte. Mit
einem routinierten Griff erfasste er gleich darauf deren gelbe
Ohrmarke, überprüfte sie kurz und zog auch sie am Nasenring
auf die Beine.
"Schön jung die beiden", stellte er zufrieden fest. "Die geben
noch Milch, wenn wir schon in Rente sind."
Unruhe breitete sich in Conny aus. Bisher hatte keiner der
beiden Männer sie auch nur eines Blickes gewürdigt. Hatte Erik
nicht gesagt, dass sie heute auf jeden Fall in einen anderen Stall
verlegt werden würde? Das schmerzhafte Spannen in ihren
155
Brüsten schien mit jedem Augenblick stärker zu werden. Je mehr
sie sich darauf konzentrierte, desto klarer bildete sich ein
Gedanke in ihrem Kopf heraus: Sie musste auch mit!
Mühsam drehte sie sich auf den Bauch. Behutsam schob sie
die Knie unter ihren Körper, sorgsam darauf bedacht, das
Gewicht nicht auf ihre Brüste zu verlagern. Mit Hilfe des
Metallgeländers, das ihren Liegeplatz eingrenzte, gelang es ihr
schließlich, auf die Beine zu kommen. Mit ein paar etwas
wackeligen Schritten auf ihren Hufschuhen ging sie auf den
Mann zu, der inzwischen auch Romis Nasenring mit Hilfe eines
Karabiners an der Führkette befestigt hatte.
Conny öffnete den Mund, wollte den Männern sagen, dass
sie auch mit musste. Gerade noch rechtzeitig hielt sie inne,
erschrocken über sich selbst. Auch, wenn sie nur krächzende
Laute herausgebracht hätte, hätte es vielleicht doch verdächtig
wenig nach einem Muhen geklungen.
Zumindest hatte sie jetzt die Aufmerksamkeit der beiden
Arbeiter. Halb überrascht, halb belustigt schauten sie die rötlich
gefärbte Kuh an, die erst so energisch auf sie zugekommen war,
und nun scheinbar unentschlossen vor ihnen stand. "Na, was
willst du denn?", fragte der mit dem ePad und grinste sie an.
Conny spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Mit noch
immer leicht geöffneten Mund schaute sie kurz zu den beiden
angeketteten Kühen, ehe sie den Blick wieder auf die Angestellten
von BioUdders richtete. Kurzentschlossen nahm sie all ihren Mut
156
zusammen. "Muuhu!", brachte sie zwar etwas krächzend, doch
mit leichtem Nachdruck hervor.
Die beiden Männer brachen in Gelächter aus. "Du, ich glaub
die will auch mit", meinte der Mann, der Pieta und Romi an der
Kette hielt.
"Ja, den Eindruck hab ich auch. Schau mal nach ihrer
Nummer, wir haben ja tatsächlich noch eine Kuh auf der Liste",
erwiderte sein Kollege mit sichtlich amüsiertem Tonfall.
Conny hielt still, als der Stallarbeiter nach ihrer Ohrmarke
griff und die Nummer vorlas. "AR 084 02 71993". Für einen
Atemzug schloss sie die Augen und hielt die Luft an. Obwohl sie
sich noch immer ein wenig dadurch erniedrigt fühlte, dass die
beiden Arbeiter in ihr nichts weiter sahen als ein namenloses,
nummeriertes Tier, hoffte sie doch, dass sie von ihnen
mitgenommen werden würde.
"Passt, dann haben wir alle", bestätigte der Mann nach einem
Blick auf sein ePad. Conny öffnete erleichtert die Augen. Das
bedeutete nicht nur, dass sie hoffentlich bald etwas gegen das
unangenehme Gefühl in ihren Brüsten machen konnte. Hinzu
kam auch noch die Erleichterung, dass ihre Tarnung nicht
aufgeflogen war und Erik sie bald wie geplant im nächsten Stall
aufsuchen konnte.
Der Mann ließ ihre Ohrmarke los und hob den silbernen
Metallring an, der durch ihre Nasenscheidewand lief und auf
157
ihrer Oberlippe lag. Mit einem leisen Schnappen hakte er den
Karabiner der Führkette in ihren Nasenring ein, nickte zufrieden
und gab den Ring gleich darauf wieder frei.
Ohne sich noch weiter mit den anderen Kühen im Stall
aufzuhalten, setzten sich die beiden Männer in Bewegung. Die
Metallkette, durch die die Nasenringe der Rinder miteinander
verbunden wurden, spannte sich, so dass sie dicht hintereinander
in einer Reihe folgen mussten. Conny drehte den Kopf ein wenig
zur Seite und warf einen letzten kurzen Blick auf den Ort, der in
den letzten Tagen so etwas wie ihr zu Hause gewesen war. Sie
war sich sicher, dass sie ihn nicht vermissen würde.
Wenige Augenblicke später hatten sie das Stallgebäude
verlassen und folgten einem weg, der sie über das Firmengelände
brachte. Conny spürte die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer
nackten Haut und eine seichte Briese, die ihren ungeschützten
Körper umspielte und ihren Schweif etwas zur Seite wehen ließ.
Es war ein etwas ungewohntes Gefühl, dass sich jedoch nicht
unangenehm anfühlte. Conny konnte sich nicht daran erinnern,
jemals komplett nackt draußen gewesen zu sein. Umso
interessanter empfand sie das Gefühl, wie der Wind über ihre
intimen Körperregionen strich.
Unerwartet ging ein Ruck durch die Kette und riss Conny
aus ihren Gedanken. "Hey, nicht so lahm da hinten!" Offenbar
158
waren sie den beiden Angestellten zu langsam geworden, als sie
in ihre Träumerei abgetaucht war. Sie musste mehrfach langsam
ein und aus atmen, um den stechenden Schmerz, der von ihrer
Nasenscheidewand ausging, zu vertreiben, während sie jetzt mit
schnelleren Schritten hinter den beiden Männern her liefen.
Brutal war sie daran erinnert worden, dass sie im Augenblick
nicht mehr war, als ein Rind. Die Demütigung brach wie ein
Wasserfall über ihr zusammen, durchtränkte ihre Gedanken und
sorgte dafür, dass der kurze, angenehme Augenblick in weite
Ferne rückte.
In der Folge achtete Conny aufmerksam darauf, dass die
Kette, die in der Hand des Stallarbeiters ruhte und mit ihrem
Nasenring verbunden war, immer schön locker durchhing. Den
Blick auf den fremden Mann fokussiert folgte sie ihm nun über
das Gelände von BioUdders, ohne auch nur einen weiteren Blick
zur Seite zu werfen. Im Augenblick war es ihr egal, wo genau sie
hingebracht wurde, so lange sie den Schmerz in ihrer Nase nicht
noch einmal ertragen musste.
Sie waren nicht weit gelaufen, als die beiden Männer stehen
blieben. "Das Angler Rind kommt in die Fünf. Ich bringe die
anderen Beiden in der Zwischenzeit schon mal rüber zur Sieben",
bestimmte der Mann, der das ePad bei sich trug.
"In Ordnung. Treffen wir uns gleich wieder hier?",
erkundigte sich der Andere, während er die Kette zwischen
159
Conny und Romi trennte und seinem Kollegen das Ende gab, an
dem die beiden Hinterwälder Rinder befestigt waren.
"Du kannst mir ja schon mal entgegen kommen", schlug der
erste Mitarbeiter von BioUdders daraufhin vor, nahm die Kette
mit den beiden Rindern und setzte sich in Bewegung.
Conny hatte keine Zeit, ihnen hinterher zu schauen. Fast
gleichzeitig wurde sie von der Kette an ihrem Nasenring in eine
andere Richtung gezogen. Sie verließen den großen Hauptweg
und folgten nun einer etwas schmaleren Straße, die direkt auf
einen Stallgebäude zuführte. Behutsam drehte sie den Kopf zur
Seite und warf einen letzten Blick auf die beiden Hinterwälder
Rinder, die in Richtung der weiteren Ställe davon geführt
wurden.
Stumm verabschiedete sich Conny von Pieta. Sie war sich
ziemlich sicher, dass sie die junge Kuh nie wieder sehen würde.
Ihr stand ein Leben als Milchkuh bevor, und daran würde nicht
einmal der Enthüllungsbericht über BioUdders etwas ändern, an
dem Erik und sie arbeiteten. Selbst, wenn Conny ihr während
ihres eigenen Aufenthalts noch einmal begegnen würde, erschien
es unwahrscheinlich, dass sie die weißgefleckte Kuh unter ihren
Artgenossinnen jemals wiedererkennen würde. Dabei hatte sie
sich in den letzten Tagen immer irgendwie mit ihr verbunden
gefühlt, obwohl sie nie auch nur ein einziges Wort gewechselt
hatten. Wieder einmal stellte sie sich die Frage, wie Pieta
überhaupt an diesen Ort gelangt war. Bei ihrer Ankunft hatte sie
160
Conny das Gefühl vermittelt, dass sie die Verwandlung nicht
freiwillig gemacht hatte. Doch mehr hatte sie in den letzten Tagen
nicht herausfinden könnten.
Sie erreichten das Stallgebäude und Conny wurde jäh aus
ihren Gedanken gerissen. Aus den Augenwinkeln konnte sie
gerade noch eine große Fünf erkennen, die von außen an dem
Gebäude angebracht war, ehe sie durch ein breites Tor traten. In
dem gleichen Augenblick, in dem die sanfte Briese auf ihrer Haut
verschwand, drangen die Eindrücke des Stalls auf sie ein. Sie
schritten durch einen nach oben offenen Vorraum, der über die
gesamte Breite des Gebäudes ging, jedoch nur einige Meter lang
war. Eine sichthohe Mauer grenzte diesen Bereich von dem Rest
des Stalls ab, zwei Durchgänge mit Drehkreuzen schienen in die
Halle zu führen.
An ihrer Kette wurde sie zur von dem ihr aus gesehen
rechten geführt, ehe der Arbeiter von BioUdders anhielt. "Bleib
stehen!", befahl der Mann, zog sie jedoch gleich etwas weiter an
sich heran und löste die Kette von ihrem Führring. Conny konnte
den Moment der Freiheit jedoch nicht lange genießen. Schon im
nächsten Augenblick griff er mit einem Finger durch den
Nasenring und sorgte so dafür, dass er ihre Bewegungen auch
weiterhin unter Kontrolle hatte.
Unsanft wurde Conny nun zu dem Drehkreuz geführt.
Durch die metallischen Gitterstäbe erhaschte sie einen kurzen
Blick auf den dahinter liegenden Bereich des Stalls. Aber noch
161
bevor sie etwas Genaueres erkennen konnte, spürte sie, wie der
Mann nach ihrer Ohrmarke griff. Mit der Marke drehte er ihren
Kopf zur Seite und drängte sie gleichzeitig, den Kopf anzuheben.
Im nächsten Augenblick ertönte ein lautes Piepen.
"Dann mal viel Spaß in deinem neuen Zuhause!" Der Mann
löste seinen Griff, übte einen kräftigen Druck auf ihren Rücken
aus und im nächsten Augenblick drehten sich die kühlen
Gitterstäbe mit ihr nach innen. Mit unsicheren Schritten taumelte
die leicht erschrockene Conny in das Innere des Stalls.
Conny fand nach wenigen Metern einen sicheren Stand.
Einen Blick über die Schulter werfend stellte sie fest, dass auf der
anderen Seite des Drehkreuzes niemand mehr war. Einmal tief
durchatmend versuchte sie, sich zu sammeln und richtete ihre
Aufmerksamkeit auf das, was vor ihr lag.
Der Anblick, der sich ihr bot, war unglaublich. Von dem
vorderen Abschnitt abgesehen schien der gesamte Stall aus einer
einzigen, riesigen Halle zu bestehen. Soweit sie es erkennen
konnte, schien es lediglich in der Mitte eine Trennung zu geben,
die aus zwei schier unendlich lang wirkenden Reihen von
Futterplätzen rechts und links eines Versorgungsganges bestand.
Von der schieren Größe abgesehen ähnelte der Aufbau jedoch
dem Gehege, in dem sie die letzten Tage verbracht hatte. Von den
Futterstellen ausgehend gab es in beide Richtungen breite
Gänge, jeweils flankiert von Doppelreihen aus Liegeplätzen.
Nach einem weiteren breiten Gang schloss sich der ihr schon
162
vertraute vergitterte Boden an, über dem die Kühe sich zu
erleichtern hatten.
Fast genau so überwältigend wie der Anblick des Stalls war
auch dessen Geruch. Schon das kleine Gehege hatte eine gewisse
Note gehabt, doch in diesem riesigen Kuhstall war sie um ein
vielfaches markanter. Es war eine Mischung der Gerüche von
nach Stroh, Erde, sowie den Körpergerüchen der Kühe und ihren
sonstigen Ausdünstungen, die schwer in der Luft hingen. Auch
die Geräuschkulisse war, nachdem sich ihre anfängliche
Verwirrung nun langsam legte, unvergleichlich laut. Conny
vernahm aus gefühlt allen Richtungen das Rascheln von Stroh,
leises und lautes Muhen und auch das Plätschern von
Flüssigkeiten.
Langsam den Blick schweifen lassend begann Conny zu
ahnen, wie viele Kühe sich in dem Stall befinden mochten.
Alleine auf dieser Seite der Futterrinne schätzte sie, mindestens
Fünfzig zu sehen. Alle hatten vollkommen haarlose, rot gefärbte
Haut, Kuhschweife und die auffallenden, knallgelben Marken an
beiden Ohren. Bis auf minimale Unterschiede bezüglich des
Körperbaus waren sie praktisch nicht voneinander zu
unterscheiden.
Während Conny noch immer die Eindrücke des Stalls
aufnahm, näherte sich ihr eine kleine Gruppe ihrer
Artgenossinnen. Neugierig umringten sie die Reporterin,
163
musterten sie und muhten sie sogar an. Irritiert und verunsichert
starrte Conny zurück. Die ganze Situation war so überwältigend,
dass sie überhaupt nicht wusste, wie sie nun reagieren sollte.
Stumm und bewegungslos verharrend schaute sie zwischen den
fremden Kühen hin und her. Selbst aus der Nähe betrachtet
waren sie sich erstaunlich ähnlich. Zwar konnte Conny bei
genauerer Betrachtung feine Unterschiede feststellen, doch bis auf
verschiedene Gesichtszüge und kleinere Unterschiede im
Körperbau glichen sie sich beinahe wie Schwestern. Wenn
Menschen um ihre Individualisierungsmerkmale wie Frisuren
oder Kleidung gebracht wurden, schien der Großteil der
körperlichen Unterschiede bedeutungslos. Conny ahnte, dass sie
selbst nicht viel anders aussah, als die Kühe, die sie umringten.
Außenstehende würden sie nie auseinander halten können,
geschweige denn sie identifizieren können.
Bei der Betrachtung ihrer Artgenossinnen stellte sie aber
auch fest, dass jede der Kühe ein paar Kilo mehr auf den Rippen
hatte, als unbedingt nötig war. Sie hätte keine von ihnen als
übergewichtig bezeichnet, doch es ließ sich nicht bestreiten, dass
sie an den üblichen Stellen ein paar Pfunde zu viel hatten. Conny
vermutete, dass dieses Phänomen mit den eingeschränkten
Bewegungsmöglichkeiten hier im Stall zusammen hing.
Allerdings kam ihr auch der Gedanke, dass es für eine Milchkuh,
die den Rest ihres Lebens in einem Stall verbringen würde, wohl
kaum große Anreize gab, sich in Form zu halten.
164
Als sie ihren Blick leicht senkte, wurde ihre Aufmerksamkeit
auf die Brüste der Kühe gelenkt. Schwer und voluminös hingen
sie an den Oberkörpern der Rinder herunter. Alle machten einen
prallen Eindruck, was eindeutig darauf hindeutete, dass es bald
Zeit wäre, sie zu melken. Bei dem sich ihr bietenden Anblick
empfand Conny den Begriff Euter plötzlich für sehr passend. Am
meisten faszinierten sie jedoch die Brustwarzen, oder wohl eher,
Zitzen. Bei den sie umringenden Rindern waren sie mehrere
Zentimeter lang und standen deutlich von den Eutern ab. Die
Reporterin war sich sicher, dass diese Form aus der Nutzung der
Melkmaschinen herrührte. Eilends unterdrückte sie das
unangenehme Gefühl, dass sich in diesem Moment in ihrer
Magengegend ausbreitete. Sie versicherte sich selber, dass sie
nicht so lange an diesem Ort sein würde, dass ihr Körper sich auf
ähnliche Weise verändern würde.
"Muuh!", gab die Kuh von sich, die unmittelbar vor Conny
stand. Als die Reporterin etwas erschrocken den Kopf hob,
bemerkte sie ein Lächeln auf dem Gesicht ihrer Artgenossin. Erst
jetzt wurde ihr bewusst, dass auch ihr Körper die ganze Zeit über
gemustert worden war. Obwohl sie sich von den anderen Kühen
kaum unterschied, war es ihr plötzlich ein wenig unangenehm.
"M...muh?", erwiderte sie leise und nun doch ein wenig
eingeschüchtert.
Ihre "Gesprächspartnerin" stieß einen weiteren Laut aus,
drehte sich herum und bedeutete ihr mit einer überdeutlichen
165
Kopfbewegung, ihr zu folgen. Conny warf einen fragenden Blick
zu den übrigen Kühen, doch auch die setzten sich bereits in
Bewegung. Leicht mit den Schultern zuckend beschloss Conny,
das Folgende einfach auf sich zukommen zu lassen. Immerhin
war sie nun inmitten einer großen Herde und damit vorerst an
ihrem Ziel angekommen. Hier würde sie niemandem auffallen -
im Gegenteil, sie hatte eher Angst, dass Erik sie zwischen den
anderen Kühen nicht finden würde - und konnte ihren Beitrag
dazu leisten, um BioUdders zu überführen. Jetzt musste sie nur
noch das schmerzhafte Spannen in ihren Brüsten - sie korrigierte
den Gedanken - in ihren Eutern loswerden.
Halb überwältigt und eingeschüchtert, halb damit
beschäftigt, die Eindrücke des riesigen Stalls zu verarbeiten,
folgte Conny den anderen Kühen. Sie bekam schnell das Gefühl,
dass sie gerade an so etwas wie einem Rundgang teilnahm. Ihre
Artgenossinnen führten sie zuerst zu dem Bereich an der
Außenwand des Stalls. Anders als in dem kleinen Gehege, in dem
Conny die letzten Tage verbracht hatte, entdeckte sie zusätzlich
zu dem vergitterten Boden auch Bereiche mit Duschbrausen und
mehreren sehr großen, etwas abschreckend wirkende Bürsten.
Conny benötigte einige Sekunden, ehe sie begriff, dass die
Vorrichtungen offensichtlich dafür gedacht waren, dass die Kühe
sich sauber halten konnten. Ihren eigenen, nach mehreren Tagen
im Stall nicht mehr ganz so angenehmen Geruch bemerkend,
beschloss sie, später davon Gebrauch zu machen.
166
Die kleine Besichtigungstour führte noch an einer Trinkstelle
vorbei, ehe sie die langen Reihen der Liegeplätze entlang gingen.
Es waren leicht erhöhte, mit Stroh bedeckte und durch
Metallstangen voneinander abgegrenzte Bereiche, die sich in zwei
doppelten Reihen der Länge nach durch den Stall zogen. Alle
zehn Liegeplätze wurden sie von einem Quergang unterbrochen,
in denen auch die Trinkstellen installiert waren. Der Großteil der
Liegeplätze war mit Kühen belegt, teilweise schlafend, teilweise
mit gelangweiltem Blick zu ihr aufschauend, aber alle der
gleichen Gattung angehörend. Erst im hinteren Drittel des Stalls
hielt die kleine Gruppe schließlich vor einem leeren Platz an.
"Muuh!", verkündete die Anführerin des Begrüßungskommitees
und nickte mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht in
Richtung des ungenutzten Liegeplatzes.
Conny zögerte kurz, näherte sich dann mit zwei kurzen
Schritten dem Liegeplatz und ließ sich behutsam ins Stroh sinken.
Das Stroh raschelte geräuschvoll, als sie sich etwas unbeholfen
auf ihren Hintern setzte und zum Gang drehte. "Muh", raunte sie
halblaut in dem Versuch, ihre Dankbarkeit auszudrücken. Zwar
war es ein etwas merkwürdiger Empfang gewesen, doch sie war
dennoch froh, dass jemand bemüht war, ihr zu helfen.
Die anderen Kühe erwiderten das Muhen, lächelten ihr
aufmunternd zu und verschwanden anschließend in
verschiedene Richtungen.
Conny atmete erst einmal tief durch. Den Blick langsam
167
schweifen lassend versuchte sie die letzten Minuten zu
verarbeiten. Sie war in dem großen Stall angekommen, niemand
hatte sie entdeckt, und die anderen Kühe hatten sie freundlich
aufgenommen. Ihre neue Umgebung war zwar sehr
gewöhnungsbedürftig, doch gleichzeitig verspürte sie auch ein
Gefühl der Sicherheit, dass sie in den letzten Tagen nicht gehabt
hatte. In der großen Masse der kaum auseinander zu haltenden
Kühe konnte sie problemlos untertauchen. Nur ihre Brüste
spannten noch immer äußerst unangenehm. Je mehr sie sich
beruhigte, desto deutlicher nahm sie dieses Gefühl wieder war,
dass sie in den letzten Minuten fast nicht gespürt hatte. Da ihre
Artgenossen ihr keine Melkmaschinen gezeigt hatten, vermutete
Conny, dass sich die Melkmaschinen in der Mitte des Stalls, bei
den Futterplätzen, befinden mussten.
Sie hob den Kopf etwas an und schaute sich um. Ihr Platz
lag am Mittelgang, in Richtung der Außenwand des Stalls. Die
Plätze, die unmittelbar an ihren angrenzten, waren bis auf den zu
ihrer Rechten bereits belegt. Die Nachbarin zu ihrer Linken
lächelte sie kurz an, als sie den Blick der Reporterin bemerkte,
was Conny eilends erwiderte. Die Box, die mit der schmalen Seite
an Connys Platz angrenzte, beherbergte eine weitere Kuh, die
entspannt vor sich hin döste. Offenbar hatte sie noch keine Notiz
von ihrer neuen Artgenossin genommen.
Ein wenig ratlos überlegte Conny, wie sie ihren Platz
wiederfinden sollte, wenn sie ihn einmal verlassen hatte.
168
Vielleicht sollte sie die Liegeplätze von einem Rand aus abzählen?
Sich selbst leicht zunickend ließ sie ihren Oberkörper ins Stroh
sinken. Sie brauchte jetzt erst einmal ein paar Minuten Ruhe, um
den kleinen Schock ihres neuen, vorläufigen Wohnortes zu
verdauen.
169
An der Melkmaschine
Conny hatte sich für etwa zwanzig Minuten ausgeruht, ehe
sie ihren Oberkörper wieder aufrichtete. Einen prüfenden Blick
durch den Stall werfend stellte sie fest, dass sich in der
Zwischenzeit überhaupt nichts verändert zu haben schien. Die
meisten Kühe lagen noch immer auf ihren Liegeplätzen, nur
einige wenige schlenderten scheinbar gelangweilt herum.
Während sie in den letzten Minuten ein wenig zur Ruhe
gekommen war, hatte sich der Gedanke an ein wenig
Körperhygiene zunehmend in ihrem Kopf breit gemacht. Seit
ihrer Verwandlung hatte sie keine Gelegenheit mehr dazu gehabt,
sich zu waschen, und die Tage im Stall waren nicht spurlos an
ihrem Körper vorbei gegangen. Eine feine Schicht aus Schmutz
und Schweiß klebte auf ihrer dunkelrot gefärbten Haut, zudem
verströmte sie einen nicht mehr besonders damenhaften Geruch.
Wenn sie so darüber nachdachte war sie beinahe froh, dass ihr
Kopf im Augenblick kahl geschoren war. Ihre Haare würden sich
ansonsten sicherlich in einem bedauernswerten Zustand
befinden.
Die Reporterin raffte sich mühsam auf, schüttelte etwas
Stroh von ihrem Körper und orientierte sich kurz. Sorgfältig
zählte sie den Platz ihrer Box ab, prägte ihn sich noch einmal ein
und nickte dann leicht mit dem Kopf. Es war der vierte Platz von
170
dem nächsten Quergang aus gesehen, auf der von ihr aus gesehen
rechten Seite.
Conny schaute in beide Richtungen und entschied sich dann
doch für den nahen Quergang, den sie nach wenigen Schritten
erreichte. Sie folgte ihm in Richtung des schmalen, jedoch
langgezogenen Bereichs mit dem vergitterten Boden, der sich
über die gesamte Seite des Stalls erstreckte.
Mit etwas vorsichtigeren Schritten betrat Conny das Gitter.
Die Streben lagen eng genug beieinander, dass sie mit ihren
Hufschuhen problemlos darauf laufen konnte, dennoch hatte sie
noch immer ein etwas unbehagliches Gefühl dabei. Es war
ähnlich dem Gefühl, dass sie früher gehabt hatte, wenn sie mit
hohen Schuhen über einen Gulli gelaufen war. Die Angst,
plötzlich mit dem Schuh stecken zu bleiben, war zwar in diesem
Fall überflüssig, aber dennoch in ihrem Unterbewusstsein
vorhanden.
Nicht weit entfernt konnte die Reporterin die Brausen und
Bürsten ausmachen, doch bevor sie damit begann, sich sauber zu
machen, wollte sie sich zuerst noch erleichtern. Obwohl es gerade
nicht dringend notwendig war, erschien ihr diese Reihenfolge
angebrachter.
Die Größe des vergitterten Bereichs irritierte sie jedoch
zunächst. Etwas unschlüssig machte Conny noch ein paar Schritte
in Richtung der Brausen, ehe sie schließlich stumm seufzte und
171
stehen blieb. Sie drehte den Rücken zum Stall, stellte die Beine
auseinander, schloss die Augen und versuchte sich trotz der
Umgebung zu entspannen. Ein plätscherndes Geräusch ertönte,
als sich ihre Blase entleerte. Mit leicht geröteten Wangen
verharrte Conny in ihrer Position und schaute sich um. Einige
Meter zu ihrer Rechten standen noch zwei weitere Kühe, die sich
ebenfalls gerade erleichterten. Sie machten jedoch einen völlig
entspannten Eindruck, was die Reporterin darauf schließen ließ,
dass sie sich schon länger im Stall befanden. Auch ihr fiel es mit
jedem Tag leichter, sich vor den anderen Kühen zu erleichtern.
Sie alle waren gleich, was diesen Punkt anging, und irgendwie
war es ja auch eine ganz natürliche Sache.
Die letzten Tröpfchen lösten sich aus ihrem Schritt und
fielen durch das Gatter. Conny blieb noch einen kurzen
Augenblick stehen und lauschte in ihren Körper. Ihre Blase war
nun leer, etwas anders sah es jedoch mit ihrem Darm aus.
Während ihr das Urinieren inzwischen einigermaßen leicht fiel,
machte ihr die Entleerung ihres Darms noch immer deutlich mehr
zu schaffen. Für einige Sekunden kämpfte sie mit sich selbst, doch
dann gab sie sich einen Ruck. Wenn sie es jetzt hinter sich
brachte, würde sie sich diesmal danach waschen können und
musste sich zumindest für den Rest des Tages nicht mehr darum
kümmern.
Conny ging ein wenig in die Hocke, schloss erneut die
Augen und gab sich Mühe, sich zu entspannen und gleichzeitig
einen leichten Druck in ihrem Unterkörper aufzubauen. Es
172
dauerte jetzt jedoch deutlich länger als bei ihrer Blase, bis es ihr
gelang, sich zu erleichtern. Es war für sie noch immer ein wenig
verstörend zu spüren, wie sich ihr Schweif bei dieser Prozedur
leicht hob. Der Körperteil war noch immer reichlich fremd für sie
und rief ihr zudem ihren - glücklicherweise nur vorübergehenden
- Status als Kuh besonders deutlich in Erinnerung.
Zum wiederholten Mal registrierte Conny, dass ihr
Stuhlgang weicher war, als sie es von vor der Verwandlung
gewohnt war. Zuerst war sie davon ausgegangen, dass es sich um
Nachwirkungen der Narkotika ihrer Verwandlung handelte,
doch inzwischen war sie davon überzeugt, dass es an dem Futter
lag, dass hier im Stall verfüttert wurde. Bei den anderen Kühen
sah der Stuhlgang ähnlich aus wie bei ihr selbst, was sie zum
einen in ihrer Theorie bekräftigte, sie gleichzeitig aber auch ein
wenig beruhigte.
Erleichtert registrierte sie, wie sich ihr Schließmuskel
entspannte und ihre Ausscheidungen durch das Gitter unter ihr
verschwanden. Conny empfand es als extrem entwürdigend, sich
auf diese Art und Weise entleeren zu müssen. Sie war nur froh,
dass ihr Schweif dabei sauber blieb. Anders als bei ihren
Stallgenossinnen hatte sie noch keine bewusste Kontrolle über
den neuen Körperteil. Nach ihren Studien würde es auch noch
einige Wochen dauern, bis sich die notwendigen Synapsen
bildeten. Conny hoffte nur, dass sie das nicht würde erleben
müssen, sondern vorher wieder in ihre ursprüngliche Form
zurückverwandelt werden würde.
173
Schließlich richtete die Reporterin sich wieder auf und ging
mit zügigen Schritten in Richtung der Brausen. Ihr Herz klopfte
noch immer wild in ihrer Brust, doch war sie gleichzeitig froh, es
hinter sich gebracht zu haben.
Conny erreichte eine der Brausen. Sie war in etwa zwei
Metern Höhe montiert und versprühte ganz automatisch über
einem großzügigen Radius dicht beieinander liegende, feine
Wasserstrahlen, die einem sanften Regenschauer glichen , als die
Kuh darunter trat. Unwillkürlich schnappte sie nach Luft, denn
das Wasser war kälter, als sie es erwartet hatte. Ein wenig Wasser
ausspuckend trippelte Conny ein paar Mal vor und zurück, ehe
sie sich an die bestenfalls lauwarme Temperatur gewöhnt hatte.
Als dieser Punkt jedoch erst einmal erreicht war, empfand sie die
kühle Dusche als eine echte Wohltat. Zwar konnte sie ihre Hände
nicht zur Hilfe nehmen um sich zu waschen, da ihre Arme seit
der Verwandlung fest auf ihrem Rücken fixiert waren, dennoch
konnte sie förmlich spüren, wie Schmutz und Dreck von ihrem
Körper gespült wurden.
Sie verharrte einige Minuten unter der Brause und genoss
das frische Wasser auf ihrer Haut. Verschiedene Gedanken
schossen ihr durch den Kopf, als ob sie nur darauf gewartet
hatten, endlich gedacht werden zu können. Besonders ihr eigener
Anteil an der Untersuchung beschäftigte sie. Bisher hatte sie nicht
das Gefühl gehabt, besonders viel zum Erfolg der Reportage
beisteuern zu können. Es gab keine Möglichkeit, mit den anderen
174
Kühen zu sprechen oder gar auf anderem Weg an Informationen
zu gelangen. Auch musste sie sich eingestehen, dass sie bisher
keine besonders aufmerksame Beobachterin gewesen war. Viel
mehr war sie in den letzten Tagen mit sich selbst beschäftigt
gewesen. Natürlich war ihr klar, dass es den Umständen
entsprechend durchaus zu entschuldigen war. Immerhin hatte sie
sich darauf eingelassen, sich in eine Kuh verwandeln zu lassen
und lebte seit mehreren Tagen wie Vieh in einem Stall. Doch
obwohl ihre Hauptaufgabe darin bestand, Erik verlässliche Werte
zu liefern, war sie mit ihrer bisherigen Leistung nicht vollends
zufrieden. Jetzt, wo sie sich einigermaßen mit ihrer neuen
Situation abgefunden hatte, würde sie mehr Energie daran setzen,
BioUdders zu überführen. Wenn das Unternehmen tatsächlich
gegen Auflagen verstieß - und davon war sie nach wie vor
überzeugt - dann musste es für sie als Kuh doch eine Möglichkeit
geben, Hinweise darauf zu entdecken.
Mit entschlossenem Gesichtsausdruck trat Conny zwei
Schritte zurück. Ein paar letzte Wassertropfen rannen von ihrem
kahlen Kopf über ihr Gesicht und tropften an ihrem Körper
herunter. Die Reporterin stieß etwas Luft aus, um das Wasser von
ihren Lippen zu pusten, und ging dann herüber zu einer der
großen und ein wenig bedrohlich wirkenden Bürsten. Sie war
etwas größer als Connys Torso und hing auch in einer
entsprechenden Höhe. Die Borsten selbst waren mehrere
Zentimeter lang und in einer leuchtend gelben Farbe gehalten.
175
Etwas unschlüssig, wie genau sie die Bürste benutzen sollte,
trat die Kuh zögerlich näher heran. Sie überlegte kurz, doch ihr
fiel nichts Besseres ein, als sich schlichtweg eng an das Gerät zu
stellen und ihren Oberkörper behutsam dagegen zu drücken. Zu
ihrer Überraschung setzte sich die Bürste im nächsten Moment in
Bewegung und begann damit, sich langsam zu drehen, so dass
die Borsten über den Körper der Kuh strichen.
Leicht erschrocken zuckte Conny zurück, woraufhin die
Bürste sogleich aufhörte, zu rotieren. Erst, als die Reporterin sich
erneut leicht dagegen lehnte, nahm sie ihre Arbeit wieder auf. Die
Borsten waren nicht so hart, wie Conny vermutet hatte, aber auch
nicht gerade angenehm weich. Dafür ließ sich jedoch nicht
leugnen, dass sie äußerst effektiv waren. Sie trockneten nicht nur
die Haut der Kuh, sondern wischten auch die letzten,
hartnäckigeren Schmutzreste ab.
Sich langsam um sich selbst drehend ließ Conny zuerst ihren
Rücken und anschließend ihren Brustkorb und ihren Bauch
trocken bürsten. Das langsame Streichen der Borsten über ihre
Haut empfand sie dabei sogar als recht angenehm, nur bei ihren
spannenden Eutern mochte sie die dort deutlicher zu spürenden
Schläge der Borsten überhaupt nicht. Als ihr Oberkörper
größtenteils trocken war, drehte Conny sich noch einmal mit dem
Rücken zu der Viehbürste, streckte dieses Mal jedoch ihren
Hintern etwas hervor, bis auch dieser sowie ihr Schweif sauber
und trocken waren. Kurz überlegte sie, ob sie den Versuch
unternehmen sollte, ihre Beine abgewechselt anzuheben und
176
gegen die Bürste zu drücken, doch das Leder ihrer hoch
geschlossenen Hufschuhe machte bereits wieder einen
erstaunlich trockenen Eindruck. Da sie sich ohnehin nicht ganz
sicher war, ob sie überhaupt längere Zeit auf einem Huf stehen
konnte, ließ sie den Gedanken schließlich fallen.
Ein lauter Gong ertönte und hallte für einige Sekunden
durch die große Halle. Augenblicklich kam Leben in den Stall.
Beinahe ein wenig erschrocken beobachtete Conny, wie sich die
über fünfzig Kühe auf dieser Seite der Mittelbegrenzung des
Gebäudes allesamt von ihren Liegeplätzen aufrafften. Die
Geräuschkulisse schwoll binnen weniger Momente zu einem
Wirrwarr aus lautem Muhen und dem Getrappel von
Hufschuhen an.
Fasziniert betrachtete Conny ihre Artgenossinnen, die in
Richtung der langgezogenen Reihe von Futterplätzen strömten.
Während ihres Aufenthalts in dem kleineren Gehege hatte sie
etwas Ähnliches erlebt, doch die wesentlich größere Anzahl an
Kühen machte das Schauspiel deutlich einnehmender. Schnell
bildete sich ein für das ungeübte Auge der Reporterin kaum noch
zu überschauendes Wirrwarr aus einander unheimlich stark
ähnelnder Körpern, die sich auf die Futterplätze verteilten.
Conny war von dem Schauspiel so eingenommen, dass sie
sich erst nach einer kurzen Verzögerung auch in Bewegung
setzte. Sie folgte dem Quergang zurück, durch die Reihen der
177
Liegeplätze hindurch, bis sie zu ihren Artgenossinnen
aufgeschlossen hatte. Die Futterplätze lagen alle in einer langen
Reihe und waren durch metallene Aufbauten voneinander
abgegrenzt.
Da sie nicht wusste, ob es eine feste Platzordnung gab, blieb
Conny nichts anderes übrig, als die Reihe entlang zu gehen, bis
sie einen freien Futterplatz erreichte. Dabei boten die
vorneübergebeugten Kühe den etwas merkwürdig anmutenden
Anblick einer scheinbar endlosen Aneinanderreihung nackter
Hintern mit sich mehr oder weniger bewegenden Schweifen. Für
einen Augenblick schien sie zu verstehen, warum die Bewohner
des Stalls für die Mitarbeiter von BioUdders nicht mehr als Vieh
waren. Tatsächlich schien es kaum nennenswerte Unterschiede zu
geben.
Schließlich erreichte Conny endlich einen noch freien Platz.
Kurz nahm sie ihn in Augenschein, erkannte auf den ersten Blick
jedoch keinen Unterschied zu dem, was sie aus dem kleineren
Gehege bereits gewohnt war. Behutsam trat sie zwischen die
Metallstäbe, die den Platz von den angrenzenden trennten, und
etwas näher an die hüfthohe Brüstung heran. Dort stellte sie ihre
Beine ein wenig auseinander und ließ den Oberkörper langsam
nach vorne sinken, bis ihr Rücken eine horizontale Linie bildete
und ihre Schultern von einer gepolsterten Auflage abgestützt
wurden. Ganz wie sie es bereits gewohnt war, hingen ihre Brüste
unter ihrem Oberkörper durch eine großzügige Aussparung frei
178
nach unten.
Während das rote Licht eines Scanners nach dem Barcode
auf ihrer Ohrmarke tastete, richtete Conny den Blick nach vorne.
Unmittelbar vor ihrem Gesicht befand sich die Futterrinne.
Anders als sie es gewohnt war, befand sich dahinter jedoch keine
Wand, sondern in einem Abstand von einem geschätzten Meter
stand ihr eine andere Kuh gegenüber. Den Kopf in die Futterrinne
gesenkt war sie bereits laut schmatzend damit beschäftigt, ihre
Mahlzeit zu sich zu nehmen.
Ein leises Piepen erklang und eine gewohnt großzügige
Mischung aus feuchten Pellets ergoss sich vor Connys Gesicht in
die Futterrinne. Tatsächlich ein wenig hungrig senkte sie den
Kopf und fischte mit den Lippen gerade nach den ersten Pellets,
als sie etwas an ihrem Rücken spürte. Erschrocken drehte sie den
Kopf so gut es ging über die Schulter und erkannte, dass ein
gepolsterter Metallbügel zwischen den seitlichen Absperrungen
herunter geklappt war. Austestend versuchte sie, ihren
Oberkörper anzuheben, musste jedoch schnell feststellen, dass sie
damit keinen Erfolg hatte. Der Bügel war scheinbar eingerastet
und verhinderte so, dass sie sich von ihrem Platz entfernen
konnte.
Conny entfuhr gleich darauf ein erschrockener Laut, als eine
kühle Flüssigkeit über ihre Brüste gesprüht wurde. Sie drehte den
Kopf wieder zurück, konnte ihre Brüste jedoch nicht sehen, weil
eine Blende unter dem Schulterpolster dies verhinderte. Ihr Blick
179
war so auf ihre eigenen Schultern und die Futterrinne vor ihr
begrenzt.
Ihr Herz begann wild in ihrer Brust zu schlagen. Plötzlich
ahnte Conny, was als nächstes passieren würde. Sie würde
gemolken werden! Mit angehaltenem Atem verharrte sie in ihrer
Position, die Pellets vor ihr vollkommen ignorierend.
Ein schmaler zylinderförmiger Trichter näherte sich dem
herunterhängenden rechten Euter der Reporterin. Ein leises, aber
dennoch zu vernehmendes, saugendes Geräusch ging von ihm
aus. Unmittelbar unter ihrer Zitze schwebend sog er das Euter
der Kuh an, bis der gummierte Ring am Ende des Zylinders fest
auf ihrer Haut lag und sowohl Zitze als auch Vorhof sanft hinein
gesaugt wurden, woraufhin das Geräusch verstummte, jedoch
das permanente Gefühl eines spürbaren Unterdrucks hinterließ.
Conny stieß erneut einen erschrockenen, dieses Mal leicht
ängstlichen Laut aus, während sich innerhalb von wenigen
Sekunden ein zweiter Trichter an ihrem linken Euter festsaugte.
Noch bevor Conny ihre Gedanken sortieren konnte, nahm der
Unterdruck von einem auf den nächsten Moment deutlich zu, so
dass die Trichter nun fest an ihren Eutern hingen.
"Oh Gott, jetzt werde ich gemolken! Ich werde gemolken wie
eine Kuh", schoss es Conny durch den Kopf. Sie spürte die Hitze
in ihr Gesicht steigen und ihr Herz bis zum Hals schlagen. Hatte
sie den Augenblick noch vor kurzem beinahe herbeigesehnt, hätte
sie in diesem Moment liebend gerne auf die nun folgende
180
Erfahrung verzichtet.
Einen kurzen Moment lang passierte überhaupt nichts.
Conny verharrte angespannt in ihrer Position, versuchte sich
innerlich darauf vorzubereiten, was nun mit ihr passieren würde.
Doch selbst, wenn sie dafür eine ganze Stunde Zeit gehabt hätte,
richtig bereit wäre sie wohl dennoch nicht gewesen.
Die Melkmaschine erwachte zum Leben. Im inneren des
Trichters, der sich an Connys Euter festgesaugt hatte, stieg der
Unterdruck für einen kurzen Moment noch weiter an. Zugleich
zog sich eine feine Membran, die sich eng um ihre angesaugten
Zitzen und ihre Vorhöfe gelegt hatte, kraftvoll zusammen. Ein
feines Rinnsal weißer Milchtropfen löste sich aus der Zitze und
wurde durch den Unterdruck in die Maschine gesogen.
Conny stöhnte leicht gequält auf, als der Druck auf ihre
Zitzen erhöht wurde. Es fühlte sich fast so an, als ob jemand in
ihre Brüste gekniffen hätte.
Bereits nach einem Wimpernschlag weitete sich die
Membran wieder, was ein kurzes Gefühl der Entspannung nach
sich zog. Doch genauso schnell, wie die Membran sich gelockert
hatte, zog sie sich auch wieder um Connys Zitzen zusammen.
Stoßweise atmend stand Conny an der Futterstelle und
wurde zum ersten Mal in ihrem Leben gemolken. Natürlich hatte
Erik bereits zuvor ein paar Tropfen aus ihren Zitzen zutage
gefördert, doch das war überhaupt kein Vergleich zu dem, was
181
die Melkmaschine mit ihr machte. In einem schnellen Takt
wurden ihre beiden Euter von der Membran gemolken.
Unnachgiebig drückte die Maschine die Spitzen ihrer Euter
immer wieder zusammen, presste die Milch förmlich aus ihr
heraus, die in kurzen Strahlen aus ihren Zitzen befördert wurde.
Conny empfand das Saugen der Melkmaschine zunehmend
als unangenehm. Ihre Zitzen fühlten sich bereits nach kurzer Zeit
gereizt an, und mit jedem weiteren Pressvorgang der Membran
verstärkte sich das unangenehme Gefühl.
Gleichzeitig rang sie mit den verschiedenen Empfindungen,
die durch das Melken ausgelöst wurden. Auf der einen Seite war
sie fasziniert davon, dass ihr Körper tatsächlich Milch gab. Zwar
war sie irgendwie immer davon ausgegangen, dass sie eines
Tages laktieren würde, doch hatte sie es sich immer unter ganz
anderen Umständen vorgestellt. Stets hatte es in ihrer Vorstellung
einen liebenden Mann gegeben, dessen Kind sie anschließend
stillen würde. Nie hätte sie gedacht, stattdessen als Kuh
verwandelt an einer Melkmaschine zu stehen und Milch für die
Lebensmittelproduktion zu geben. Auch wenn sie wusste, dass
ihr Aufenthalt im Stall nicht von langer Dauer sein würde, die
Milch, die in diesem Augenblick aus ihren Eutern gewonnen
wurde, würde von BioUdders verkauft und anschließend
irgendwo auf Animal Planet verzehrt werden. Es war ein sehr
merkwürdiges Gefühl sich vorzustellen, wie irgendjemand ihre
Milch trank.
Auf der anderen Seite fühlte Conny sich jedoch auch erneut
182
gedemütigt. Unwillkürlich wurde sie sich ihrer Situation bewusst.
Körperlich in eine Kuh verwandelt, stand sie nackt in einer Reihe
mit dutzenden von Milchkühen. Sie lebte in einem Stall und
wurde nun sogar wie Vieh gemolken. Dabei hatte sie das
Geschehen nicht einmal ansatzweise steuern können. Die Pfleger
von BioUdders hatten ihren Körper dazu gebracht zu laktieren,
und nun gab es für sie keinen anderen Weg, als sich melken zu
lassen. Da die Melkvorrichtung an der Futterstelle angebracht
war, bestand nicht einmal die Option, das Spannen ihrer gefüllten
Brüste zu ignorieren. Spätestens, wenn sie aus Hunger etwas
fressen wollte, würde sie zwangsläufig auch gemolken werden.
Conny versuchte ihre Gedanken zu beruhigen. Noch immer
pumpte die Melkmaschine die Milch aus ihren Eutern. Die
unangenehmen Gefühle in ihren Zitzen hatten sich zunehmend in
Schmerzen verwandelt, die auch in den kurzen Augenblicken der
Entspannung, wenn die Membran sich lockerte, nicht mehr
abklangen.
Die Melkmaschine nahm darauf jedoch keine Rücksicht. Die
Reporterin verzog schmerzerfüllt das Gesicht, als die Membran
sich ein weiteres Mal eng um ihre Euter schloss, sie unnachgiebig
zusammen drückte und einen weiteren Strahl Milch aus ihren
Zitzen förderte.
Um sich irgendwie abzulenken, drehte Conny den Kopf ein
wenig zur Seite und beobachtete die anderen Kühe. In zwei
scheinbar endlosen Reihen standen sie sich an den Futterplätzen
183
gegenüber, kaum voneinander zu unterscheiden. Zweifelsfrei
wurden auch sie alle gerade gemolken. Einige stießen hin und
wieder ein leises Muhen aus, doch die meisten von ihnen
schienen sich kaum daran zu stören und widmeten sich
stattdessen den Pellets, die in der Futterrinne vor ihnen lagen.
Angestrengt stieß Conny die Luft aus. Unwillkürlich
versuchte sie ihren Oberkörper anzuheben und sich damit von
der Melkmaschine zu befreien, doch der Bügel über ihrem
Rücken machte diesen halbherzigen Fluchtversuch unmöglich.
Die Augen der Reporterin füllten sich mit Tränen. Sie konnte
nicht genau sagen, warum sie weinte. Vielleicht waren es die
Schmerzen, die von ihren Zitzen ausgingen, vielleicht wurde sie
auch einfach von all den Gefühlen überwältigt oder beides kam
zusammen.
Während ihr ein paar stumme Tränen über die Wangen
kullerten und in die Futterrinne tropften, biss Conny so gut es
irgendwie ging die Zähne zusammen. Ihr anfänglicher Hunger
war vollkommen verschwunden, die Pellets hatte sie komplett
ausgeblendet. Unruhig und schnell atmend verharrte sie in ihrer
Position, darauf hoffend, es bald überstanden zu haben.
Es dauerte noch eine gefühlte Ewigkeit, bis das Pressen der
Membrane plötzlich aussetzte. Einige Sekunden lang rechnete
Conny damit, dass sie sich jeden Augenblick wieder
zusammenziehen würden, und erst als kurz darauf auch der
184
Unterdruck der Zylinder schwand und selbige sich mit einem
leisen "Plop" von ihren Eutern lösten, atmete die Reporterin
erleichtert durch.
Sie musste noch einen kurzen Moment warten, in dem ihre
Euter erneut mit einer kühlen Flüssigkeit besprüht wurden.
Zumindest für einen wunderbaren kurzen Augenblick linderte
sie die Schmerzen, die noch immer von Connys Zitzen ausgingen.
Schließlich vernahm sie ein Klicken von dem Metallbügel über
ihrem Rücken und sah gleichzeitig aus den Augenwinkeln, dass
einige der anderen Kühe ihren Futterplatz verließen. Rasch, als ob
sie befürchtete, ansonsten gleich noch einmal gemolken zu
werden, richtete auch Conny ihren Oberkörper auf und machte
ein paar schnelle Schritte rückwärts.
Ziemlich mitgenommen reihte Conny sich zwischen ihren
Artgenossinnen ein. In langsamem Tempo kehrte sie zu ihrem
Liegeplatz zurück und ließ sich erschöpft ins Stroh sinken. Von
ihren Zitzen ging ein unangenehmer, pulsierender Schmerz aus.
Auch konnte sie erkennen, dass sie eindeutig leicht geschwollen
waren. Gerötet und ungewöhnlich fest aufgerichtet standen sie
von ihren Eutern ab. Um ihre Vorhöfe waren deutlich die Stellen
zu erkennen, an denen sich die Zylinder festgesaugt hatten. Im
Gegenzug hatte immerhin das Spannen nachgelassen und schien
mit jedem weiteren Moment weiter abzuklingen. Ein wenig
erschrocken stellte Conny fest, dass ihre Brüste im Vergleich zu
vor dem Melken doch einiges an Fülle verloren hatten und dafür
185
nun sogar etwas an ihrem Oberkörper herunter hingen. Stumm
fragte sie sich, wie viel Milch die Melkmaschine eigentlich gerade
aus ihren Eutern gepumpt hatte. Behutsam drehte sie sich auf den
Rücken und schloss für einen Moment die Augen, um sich erst
einmal wieder richtig zu beruhigen.
186
Erfolgsaussichten
Conny stieß ein halblautes, langgezogenes Stöhnen aus. Am
ganzen Körper angespannt hielt sie für einen kurzen Moment die
Luft an, in der Hoffnung den Druck des Melkvorgangs so besser
ertragen zu können. Die Membranen, die sich eng um die Spitzen
ihrer Euter gelegt hatten, weiteten sich wieder und Conny
schnaufte erleichtert auf.
Mit halb geschlossenen Augen und leicht geöffnetem Mund
verharrte sie mit vorne über gebeugtem Oberkörper an der
Melkmaschine. Der gepolsterte Bügel über ihrem Rücken fixierte
sie in ihrer auf Dauer doch recht unbequemen Position und
zwang sie dazu, die Prozedur des Melkens ein zweites Mal an
diesem Tag über sich ergehen zu lassen.
Unnachgiebig saugte die Maschine Milch aus Connys
Eutern. Die Membranen zogen sich erneut fest zusammen und
pressten feine, weiße Strahlen aus ihren Zitzen heraus. Der Takt
der Maschine war schnell und erbarmungslos. Ein Melkzyklus
dauerte nie länger als zwei Herzschläge, und dabei pochte
Connys Herz bereits so heftig wie unmittelbar nach einem
Kurzstreckenlauf.
Die Reporterin sog scharf die Luft ein, als die Membranen
sich erneut zusammenzogen und ihre Zitzen damit zugleich tiefer
in die Melkzylinder drückten.
187
Obwohl sie sich den gesamten Nachmittag in ihrer Box
ausgeruht hatte, war es Conny so vorgekommen, als ob seit ihrem
ersten Mal an der Melkmaschine kaum Zeit vergangen war. Ihre
Zitzen hatten sich noch immer überempfindlich angefühlt, als der
Gong erneut erklungen war und die Kühe zum abendlichen
Fressen und Melken gerufen hatte.
Zuerst war sie sich nicht sicher gewesen, ob sie überhaupt
aufstehen sollte. Immerhin wusste sie ja, was sie erwartete, wenn
sie zu der Futterstelle ging. Einmal im Futtergestell fixiert, war es
praktisch unmöglich, nicht gemolken zu werden.
Doch schließlich hatten zwei Dinge sie dazu bewogen, sich
doch aufzuraffen und trotz der ihr bekannten Konsequenzen zu
der Futterstelle zu begeben. Zum einen hatte sie schlichtweg
Hunger. Am Mittag war sie zu abgelenkt gewesen um zu fressen,
doch kaum, dass der Gong erneut durch den großen Stall gehallt
war, hatte ihr Magen mit einem lauten Knurren geantwortet.
Zum anderen hatten Connys Euter zu ihrer Überraschung erneut
angefangen, unangenehm zu spannen. Nachdem die
Melkmaschine eine ihrer Meinung nach nicht geringe Menge
Milch aus ihren Zitzen befördert hatte, war sie zunächst davon
ausgegangen, eine ganze Weile Ruhe zu haben. Doch ihr Körper
belehrte sie eines Besseren.
Da seit dem letzten Mal an der Melkmaschine nur ein paar
Stunden vergangen waren, hatten sich auch Connys Zitzen längst
188
noch nicht vollständig von der resoluten Behandlung der
Maschine erholen können.
Das hatte zur Folge, dass Connys empfindliche Zitzen
bereits nach wenigen Zyklen an der Melkmaschine wieder
unangenehm schmerzten.
Mit beinahe hechelndem Atem gab die Reporterin sich
Mühe, sich nicht auf die mit jeder Minute zunehmenden
Schmerzen zu konzentrieren. "Als ob das Gefühl, gemolken zu
werden, nicht auch so schon merkwürdig genug gewesen wäre",
dachte sie aufgebracht.
Sachte schüttelte sie den Kopf, vertrieb den Gedanken aus
ihrem Kopf und richtete den Blick auf die Pellets, die in der
unmittelbar vor ihrem Gesicht angebrachten Futterrinne lagen.
Obwohl ihr Magen noch vor wenigen Minuten mit lautem
Knurren auf sich aufmerksam gemacht hatte, verspürte sie kaum
Appetit. Zu einnehmend waren die Gefühle, die von der
Melkmaschine in der jungen Frau ausgelöst wurden.
"Du musst etwas essen!", ermahnte sie sich selbst. Kurz
innehaltend wartete sie ein weiteres Zusammenziehen der
Membran ab, kniff schmerzerfüllt die Augen zusammen und
senkte anschließend den Kopf. Mit ihrer Zunge beförderte sie
eine Hand voll Pellets in ihren weit geöffneten Mund und begann
lustlos, auf ihnen herum zu kauen. Sie scherte sich dabei nicht
einmal um die laut schmatzenden Geräusche, die sie dabei von
sich gab, oder um die Tatsache, dass die feuchten Pellets ihr das
189
halbe Gesicht verschmierten, wenn sie es in die Futtermasse
tauchte, um ihren Mund zu füllen. In diesem Augenblick war sie
nur eine von insgesamt wohl über 100 Kühen, die ihr Fressen zu
sich nahmen und gleichzeitig von den Melkmaschinen gemolken
wurden.
Stoisch kaute sie auf den Pellets, schluckte die zerkleinerten
Brocken herunter und tauchte ihr Gesicht erneut in die
Futterrinne. Obwohl sie versuchte, sich einzig auf das Fressen zu
konzentrieren, schweiften ihre Gedanken immer wieder ab und
fanden sich nach kurzer Zeit beim gleichen prominenten Thema
wieder: Der Melkmaschine. Das Fressen und ihre Gedanken
lenkten sie aber zumindest soweit von den Schmerzen ab, dass sie
diese nun doch einigermaßen ertragen konnte.
Conny angelte sich mit der Zunge ein einzelnes, besonders
feuchtes Pellet, sog es durch gespitzte Lippen ein und versuchte
es mit ihrer Zunge an ihrem Gaumen zu zerdrücken.
Was sie am meisten erstaunte war die Tatsache, dass ihre
Euter bereits nach so kurzer Zeit erneut prall gefüllt gewesen
waren. Nachdem sie von der Melkmaschine zurückgekehrt war,
hatten ihre Brüste merkbar an Volumen verloren. Doch während
der paar Stunden, die bis zum nächsten Gong vergangen waren,
hatten sie wieder die pralle Form angenommen, die sie zuvor
gehabt hatten. Selbst das Spannen hatte sich bereits nach kaum
zwei Stunden wieder eingestellt, wenngleich es nicht so
190
unangenehm stark gewesen war, wie noch am Vormittag. Conny
war sich jedoch sicher, dass es bis zum kommenden Morgen
schnell zu regelrechten Schmerzen angewachsen wäre, wenn sie
sich nicht erneut zur Melkmaschine begeben hätte.
Ihren Hunger hatte Conny bereits seit einer Weile gestillt,
doch verdrossen kaute sie weiter auf den matschigen Pellets
herum, um sich weiterhin abzulenken. Hin und wieder jappste
sie etwas nach Luft, wenn die Maschine besonders schmerzhaften
Druck auf ihre Zitzen ausübte, doch zumindest schien die Zeit
schneller zu vergehen, so lange sie kaute.
Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit - in Wahrheit war
kaum mehr als eine Viertelstunde vergangen - beendete die
Maschine das Melken, glich den Unterdruck in den Zylindern aus
und gab Connys Euter wieder frei. Die Reporterin zuckte kurz
zusammen, als die lindernde Flüssigkeit auf ihre überreizten
Euter gesprüht wurde und richtete anschließend ihren
Oberkörper auf, sobald der Bügel über ihrem Rücken sich
gelockert hatte.
Mit vollem Bauch und leeren Eutern machte sie einen
kurzen Umweg zu einem der Wasserbehälter, trank ein wenig
und reinigte sich so gut es ohne Hände ging das verschmierte
Gesicht. Anschließend trottete Conny mit langsamen Schritten
hinter einer kleinen Gruppe ihrer Artgenossinnen her, in
191
Richtung ihrer Liegebox.
Den Kopf gesenkt musterte sie ihre Euter. Erneut hatten sie
deutlich an Volumen verloren und hingen nun leicht herunter.
Ihre Zitzen waren deutlich gerötet und durch den Unterdruck der
Melkzylinder noch immer ein wenig größer und länger, als es
normalerweise der Fall war. Ein wenig nervös dachte Conny
daran, dass die Zitzen der anderen Kühe, die sich schon länger
hier befanden, dauerhaft deutlich länger und größer waren als bei
normalen Frauen. Wie lange würde es dauern, bis sich auch ihre
Brustwarzen unter dem Einfluss der Melkmaschine dauerhaft
verändern würden?
Wieder bei ihrer Box angekommen ließ Conny sich ins Stroh
sinken. Mit einem erleichterten Stöhnen drehte sie sich auf den
Rücken und atmete erst einmal tief durch. Obwohl die Schmerzen
in ihren Zitzen dieses Mal deutlich stärker gewesen waren und
auch jetzt noch spürbar anhielten, hatte sie ihr zweites Mal an der
Melkmaschine als weniger schlimm empfunden. Und jetzt hatte
sie eine wunderbar lange Nacht vor sich, in der sich ihre
malträtierten Zitzen erst einmal erholen konnten. Bei der Menge,
die sie gegessen hatte, würde sie vielleicht auch am Morgen nicht
so hungrig sein, so dass sie vielleicht auch erst am Mittag wieder
zur Melkmaschine zurückkehren musste. Jedoch kam ihr der
Gedanke, dass ihre bis dahin sicherlich spannenden Brüste
vielleicht ein eindringlicher Grund sein würden, um sich doch
zum Frühstück zu begeben.
192
Conny nahm eine Bewegung ganz in ihrer Nähe wahr und
hob den Kopf ein wenig an. Eine andere Kuh war unmittelbar vor
ihrem Liegeplatz stehen geblieben und musterte sie nun aus
grünen Augen, die im Kontrast zu dem vollständig braun
gefärbten Körper der Kuh besonders auffällig waren.
Überrascht beobachtete die Reporterin, wie die fremde Kuh
kaum einen halben Meter vor ihr entfernt auf die Knie sank.
Conny anlächelnd beugte sie sich vor und senkte ihren Kopf
zwischen die erschöpft ausgebreiteten Beine der Reporterin, noch
ehe diese das Geschehen begriff.
Im nächsten Augenblick spürte Conny den warmen Atem
ihrer Artgenossin auf ihren Schamlippen. Vollkommen
überrascht wie sie war, reagierte sie zunächst überhaupt nicht,
sondern starrte nur mit weit geöffneten Augen in Richtung der
Kuh, die zwischen ihren Beinen kniete.
Conny wusste überhaupt nicht, wie ihr geschah. Ein sanfter
Schauer lief durch ihren Körper, als die fremde Kuh ihr Maul
öffnete und mit ihrer warmen, feuchten und weichen Zunge
langsam und mit sanftem Druck durch Connys Schritt leckte.
Zärtlich verteilte sie etwas Feuchtigkeit auf den haarlosen
Schamlippen, ehe sie ihre Zunge nahe Connys Damm ansetzte
und mit etwas mehr Nachdruck nach oben schleckte, so dass sie
die Lippen dabei sachte auseinander drückte.
193
Conny starrte noch immer auf den Kopf der fremden Kuh,
der zwischen ihren gespreizten Oberschenkeln vergraben war.
Was passierte hier gerade mit ihr? Für einen Augenblick war sie
sich nicht sicher, ob sie vielleicht nur eingeschlafen war und einen
etwas obskuren Traum hatte. Seit Tagen umgeben von nackten
Frauen und einer gewissen sexuellen Unbekümmertheit
ausgesetzt war es durchaus möglich, dass ihr Unterbewusstsein
ihr eine derartige Vision schickte.
Ihr entfuhr ein leises Seufzen, als die weiche Zunge der
anderen Kuh zärtlich über ihren Kitzler strich. Nein, das konnte
kein Traum sein, es fühlte sich viel zu real an!
Sie konnte spüren, wie ihr Körper langsam auf die
Liebkosungen ihrer Artgenossin reagierte. Ein leichtes Verlangen
kam in ihr auf und ein feines Glitzern breitete sich zwischen ihren
Schamlippen aus, das von ihrer aufkommenden Lust kündete.
Ihre zunehmende Erregung wurde natürlich auch von der
anderen Kuh rasch bemerkt. Noch einige Male glitt die Zunge der
Länge nach zwischen ihren Schamlippen entlang, drückte sie
immer wieder auseinander und verteilte die Feuchtigkeit
gleichmäßig zwischen ihnen. Als die andere Kuh mit ihrem
Ergebnis zufrieden war, hob sie den Kopf ein paar Zentimeter
weiter an und widmete sich nun ausgiebig Connys Kitzler. Sanft
umspielte sie mit der Zungenspitze den kleinen Knopf, der rasch
auf die Liebkosungen reagierte und sogleich noch ein wenig
fester wurde.
194
Conny stöhnte leise, als sie auf diese Art und Weise berührt
wurde. Ihr Körper reagierte so, wie die Natur es vorgesehen hatte
und verlangte nach mehr, doch in ihrem Kopf herrschte ein
wilder Kampf. Verlangen, Verwirrung und Scham fochten eine
Schlacht und beherrschten ihre Gedanken. Auf der einen Seite
wollte sie sich gehen lassen, die Liebkosungen der anderen Kuh
annehmen. Hatte sie nach all den Strapazen nicht ein wenig Spaß
und Entspannung verdient? Niemand hier kannte sie, niemand
würde sie deswegen verurteilen. Und sie konnte nicht leugnen,
dass die weiche Zunge in ihrem Schritt sich äußerst angenehm
anfühlte. Doch so sehr sie es auch versuchte, es gelang ihr nicht,
sich zu entspannen. Zu sehr nagten die Zweifel an ihr. War sie
innerhalb weniger Tage tatsächlich zu einer Kuh geworden, die
überhaupt keine Scham mehr kannte und sich von einer
vollkommen unbekannten befriedigen ließ? Hatte sie nicht
eigentlich ihr ganzes bisheriges Leben auf Männer gestanden?
Wie konnte eine andere Frau - noch dazu in dieser
unmenschlichen, animalischen Form - sie überhaupt so stark
erregen?
"Muuh!", brachte Conny aufgebracht hervor. Obwohl die
Erregung in ihrem Schoß mit jeder weiteren Liebkosung zunahm,
drückte sie ihre Oberschenkel entschlossen zusammen und
zwang die andere Kuh damit dazu, sich von ihr zu lösen.
Die Fremde hob ihren Kopf und musterte Conny mit einem
verwirrten und leicht empörten Blick. Ihr Mund und ihr Kinn
195
glitzerten Feucht, was der Reporterin ein wenig peinlich war. Sie
drückte ihre Knie zusammen und stieß ein entschuldigendes
"Muuhu~" aus.
Sich über die Lippen schleckend richtete die Fremde sich
endgültig auf und kam nach einigen Sekunden wieder auf die
Beine. Noch einmal warf sie Conny einen nun etwas beleidigten
Blick zu, ehe sie gleich darauf mit einigen klackernden Schritten
aus dem Blickfeld der Reporterin verschwand.
Connys Brustkorb hob und senkte sich im schnellen Takt
ihrer aufgebrachten Atemzüge. Sie konnte nicht genau sagen,
warum sie so reagiert hatte und war sich auch nicht ganz sicher,
ob sie es nun bereute, oder nicht. Doch in diesem Augenblick war
es einfach zu viel für sie gewesen.
Es dauerte einige Minuten, bis die Gedanken in ihrem Kopf
sich nicht mehr überschlugen und sie langsam wieder zur Ruhe
kam. Noch einmal tief durchatmend setzte sie sich aufrecht hin
und ließ den Blick durch den Stall schweifen. Schon nach kurzer
Suche entdeckte sie zwei Paare von Kühen, bei denen jeweils eine
zwischen den Beinen der anderen kniete und sie oral befriedigte.
Stumm fragte sich Conny, wie oft so etwas bereits passiert
war, seit sie hier war. In dem kleinen Gehege, in dem sie ihre
ersten Tage verbracht hatte, war ihr jedenfalls nichts Derartiges
aufgefallen. Hier, in dem großen Stall, konnte sie es aber nicht
einmal ausschließen. Zu viele Kühe befanden sich in dem
Gebäude, als das sie jede von ihnen andauernd im Blick hatte.
196
Ihr Herz klopfte noch immer deutlich schneller als sonst in
ihrer Brust. Für einige Sekunden beobachtete sie eines der Paare,
ehe sie geniert den Blick abwandte.
Mit dem Rücken an das Metallgatter ihrer Liegebox gelehnt
hing Conny eine ganze Weile ihren Gedanken nach, ehe sie
merkte, dass jemand den Stall betreten hatte. Eine kleine Gruppe
von Kühen hatte sich um einen Mitarbeiter von BioUdders
versammelt, der scheinbar vor kurzer Zeit in das weitläufige
Gehege gekommen war.
Conny beobachtete die Szene von ihrem Platz aus. Obwohl
ihre Artgenossinnen ihr immer wieder die Sicht versperrten,
erkannte sie schließlich Erik. Ihr Kollege, der sich auf eine
weniger demütigende Art und Weise in das Unternehmen
eingeschleust hatte, prüfte mit einem leicht verzweifelten
Gesichtsausdruck die Ohrmarken der ihn umgebenden Rinder.
Ein leichtes Grinsen umspielte Connys Lippen. Erik war
offensichtlich auf der Suche nach ihr. Doch da die Kühe in diesem
Stall sich bis auf winzige Details fast genau glichen, blieb ihm
nichts anderes übrig, als die Nummern auf den gelben
Ohrmarken zu überprüfen, bis er sie gefunden hatte.
Conny beobachtete das Geschehen noch zwei oder drei
Minuten von ihrem Platz aus. Sollte Erik sich ruhig ein wenig
anstrengen. Er konnte sich immerhin frei bewegen und war nicht
in diesem Stall gefangen, ständig bangend, ob er auch wieder
197
auftauchte und den Kontakt mit ihr aufrechterhielt.
Sie war froh, dass ihr Kollege nicht schon etwas früher im
Stall aufgetaucht war. Sie hatte bereits einige Demütigungen über
sich ergehen lassen müssen, und insbesondere die Überprüfung
ihrer Milchproduktion durch Erik war ihr sehr unangenehm
gewesen. Doch es musste nun wirklich nicht sein, dass er sie auch
noch dabei beobachtete, wie sie sich von einer vollkommen
fremden Kuh oral befriedigen ließ. Erik hatte nun wirklich schon
genügend Einblick in ihr Privatleben gehabt.
Schließlich war sie dann doch der Meinung, dass sie ihren
Kollegen lange genug hatte leiden lassen. Etwas mühsam stand
sie auf, schlenderte auf ihren Hufschuhen durch den Stall und
gesellte sich zu der kleinen Gruppe ihrer Artgenossinnen, die sich
um den Mitarbeiter von BioUdders versammelt hatte.
"Muuh!", gab sie halblaut von sich und lächelte Erik an.
Zuerst schien ihr Laut in den Geräuschen des Stalls
untergegangen zu sein, doch dann drehte der Mann sich in ihre
Richtung. Für einen Augenblick musterte er sie mit leicht
gerunzelter Stirn, dann hob er die Hand und griff nach der gelben
Marke, die an ihrem linken Ohr befestigt war.
Ein wenig überrascht, dass selbst Erik sie nicht erkannte,
hielt Conny still, bis sich auf dem Gesicht des Mannes ein
erleichtertes Lächeln ausbreitete.
"Na endlich, ich dachte schon, dass ich jede Kuh einzeln
überprüfen muss", seufzte Erik und warf ihr einen leicht
198
vorwurfsvollen Blick zu. "Versuch nächstes Mal schneller bei mir
zu sein, ja? Wenn ich hier stundenlang herumsuche, fällt das noch
meinen Vorgesetzten auf."
Conny nickte und biss sich leicht auf die Lippe. Erneut hatte
sie vergessen, warum sie eigentlich hier waren. Erik und sie
arbeiteten undercover bei BioUdders, um einen Betrug des
Unternehmens nachzuweisen. Wenn sie nicht riskieren wollte,
dass ihr Vorhaben scheiterte, musste sie sich in Zukunft wirklich
mehr zusammen nehmen.
"Muuh", raunte sie entschuldigend und senkte den Blick.
"Schon gut, noch ist ja nichts passiert", beschwichtigte Erik.
"Dreh dich mal etwas, so dass du mit der Seite zu mir stehst...!"
Conny nickte erneut leicht mit dem Kopf, trippelte auf ihren
Hufschuhen etwas ungeschickt auf der Stelle und drehte Erik
dabei ihre Schulter zu. Jetzt, wo sie bei ihm war, freute sie sich
über die Gesellschaft des Mannes. Er erinnerte sie daran, dass sie
keine echte Kuh war, dass sie sich hier nur eingeschlichen hatte,
um etwas aufzudecken. Sofort schien ihr Kopf wieder klarer, ihre
Gedanken wieder fokussierter zu sein.
"Nicht erschrecken, ich nehme dir noch einmal ein paar
Tropfen Blut ab", verkündete Erik. Im nächsten Augenblick
spürte Conny auch schon den Stich. Sie atmete einmal tief durch,
um sich etwas zu beruhigen, dann hatte sie die Prozedur auch
schon hinter sich.
"Sehr gut, das sollte reichen", stellte Erik zufrieden fest. Er
199
ließ die kleine Ampulle, die kaum die Größe einer Fingerkuppe
hatte, in einer seiner Taschen verschwinden.
Noch einmal nach Connys Ohrmarke greifend sprach er
halblaut: "Ich habe heute Mittag die ersten Ergebnisse aus dem
Labor erhalten. Bei deinen Blutwerten haben unsere Experten
einige Auffälligkeiten festgestellt. In den nächsten Tagen werden
sie analysieren, wodurch sie verursacht worden sind."
Obwohl diese Nachricht eigentlich recht beunruhigend war,
stellte sich augenblicklich ein Hochgefühl in Conny ein. Sie hatten
tatsächlich eine Spur!
"Mit der neuen Probe sollten wir die Werte dann verifiziert
können. Wir sind da auf jeden Fall an etwas dran!", versicherte
Erik ihr. Auch auf seinem Gesicht war nun ein zuversichtliches
und von Genugtuung geprägtes Grinsen zu sehen.
"Dreh dich jetzt noch mal etwas mehr zu mir und mach den
Mund auf. Deine Stimmbänder müssten sich langsam erholt
haben. Wir sollten kein Risiko eingehen", warnte ihr Kollege.
Conny wusste, was er damit bezweckte und kam der
Aufforderung nach, öffnete den Mund weit und streckte die
Zunge ein wenig heraus, so wie sie es auch in der Praxis von Dr.
Collins getan hatte. Gleich darauf hielt Erik eine kleine Spraydose
vor ihr Gesicht und ein feiner Nebel wurde in ihren Rachen
gesprüht.
Conny hustete leise, hatte sich jedoch schnell wieder unter
Kontrolle. Sie verspürte ein leichtes Brennen in ihrem Hals, das
200
jedoch schnell wieder nachließ. Zumindest war nun auch für die
nächsten Tage sichergestellt, dass sie sich nicht versehentlich
verraten konnte. Bis die Wirkung des Sprays nachließ, würde
kein verständliches Wort über ihre Lippen kommen.
"Ich muss jetzt los, bevor meine Kollegen sich wundern, wo
ich abgeblieben bin", erklärte Erik mit einem nervösen Blick auf
die Armbanduhr, die sich an seinem Handgelenk befand. "Ich bin
in ein paar Tagen wieder hier und halte dich auf dem Laufenden!
Sobald unsere Laborratten die genaue Ursache für deine
Blutwerte gefunden haben, sag ich dir Bescheid. Gut möglich,
dass wir kommende Woche schon an unserem Sensationsartikel
schreiben!" Er gab Conny einen freundlich gemeinten Klapps auf
das nackte Hinterteil, zwinkerte ihr noch einmal zu und bahnte
sich anschließend mit zügigen Schritten einen Weg aus dem Stall
heraus.
Die Reporterin schaute ihm breit grinsend hinterher. Sie
wusste nicht genau, worüber sie sich mehr freute. Darüber, dass
sie etwas gefunden hatten und sie schon in absehbarer Zeit Ruhm
und beruflicher Erfolg erwartete, oder über die Tatsache, dass sie
diesen Ort schon bald hinter sich lassen würde und wieder ihrem
normalen, zivilisierten und ganz und gar menschlichen Leben
nachgehen konnte. Nach all den Strapazen, die sie in den letzten
Tagen über sich hatte ergehen lassen müssen, würde sie erst
einmal Urlaub nehmen, sobald sie den Artikel über BioUdders
veröffentlich hatten.
201
Vielleicht sollte sie sich sogar eine etwas längere Auszeit
nehmen, und die Idee von Nadine in die Tat umsetzen. Ein Buch
mit den Erlebnissen, die sie hier gemacht hatte, würde sich auf
Animal Planet bestimmt gut verkaufen. Nur die Episode mit der
vor ihr knienden Kuh würde sie wohl doch besser auslassen. In
Gedanken bereits ein Inhaltsverzeichnis erstellend, schlenderte
Conny wieder zurück zu ihrem Liegeplatz.
202
Keine Ergebnisse
Gelangweilt trottete Conny den langen Weg entlang, der
zwischen den Liegeplätzen der Kühe der Länge nach durch den
Stall führte. Die meisten der Plätze waren belegt. Es war später
Vormittag und der Großteil ihrer Artgenossinnen verbrachte
seine Zeit damit, dösend im Stroh zu liegen. Besonders viele
Alternativen dazu gab es jedoch auch nicht, was den Alltag im
Stall nicht besonders spannend machte.
Die Reporterin bog gerade in einen der quer verlaufenden
Gänge ab, der in Richtung der äußeren Wand des Stall führte, wo
die Kühe sich erleichtern konnten, als etwas Leben in die Herde
kam. Aus der Richtung des Eingangs war eine menschliche
Stimme zu hören, und Conny drehte neugierig den Kopf in diese
Richtung. Sie hoffte darauf, dass es Erik war, ihr Kollege, den sie
inzwischen schon seit mehreren Tagen nicht mehr gesehen hatte.
Langsam wurde es Zeit, dass er nach ihr schaute, das Spray auf
ihre Stimmbänder sprühte und hoffentlich auch noch ein paar
gute Neuigkeiten mitbrachte.
Doch statt Erik entdeckte sie einen ihr unbekannten
Mitarbeiter von BioUdders, der eine Kuh zu der stählernen
Drehtür führte, durch die auch Conny einst diesen Stall betreten
hatte.
Eine Mischung aus Neugierde und Langeweile veranlasste
203
Conny dazu, zusammen mit einigen anderen Kühen in Richtung
der Drehtür zu gehen. Je näher sie kam, desto besser konnte sie
erkennen, was dort vor sich ging. Gerade löste der Stallarbeiter
eine Metallkette von dem Nasenring der Kuh, die von ihm leicht
gegen die Gitterstäbe der Drehtür gedrückt wurde. "Viel Spaß in
deinem neuen Zuhause", wünschte er ihr mit emotionsloser
Stimme, und im nächsten Augenblick taumelte die Kuh
überrascht und sichtlich verunsichert in den Stallbereich, als die
Gitterstäbe vor ihr nachgaben und sich geräuschlos drehten, ehe
sie wieder einrasteten.
Conny und die anderen Kühe, die zusammen mit ihr zur
Drehtür gekommen waren, versammelten sich um den
Neuankömmling und musterten das neue Mitglied der Herde mit
neugierigen und abschätzenden Blicken.
Genau wie die anderen Kühe in diesem Stall, war ihre Haut
in einen rotbräunlichen Farbton gehalten und sie hatte auch in
etwa die gleiche Größe, wie ihre Artgenossinnen.
Conny, die schräg vor der Neuen stand, konnte jedoch
gleich auf den ersten Blick erkennen, dass die Kuh erst vor kurzer
Zeit verwandelt worden war. Dazu reichte ein kurzer Blick in die
ängstlich geweiteten Augen des Neuankömmlings. Noch
einfacher ließ es sich jedoch an ihrem Körper ausmachen. Ihre
Euter waren noch nicht so prall und ihre Zitzen noch nicht so
lang, wie es bei Milchkühen nach einer Weile üblich war.
204
Leicht unsicher warf Conny einen prüfenden Blick an sich
selbst herunter und verglich ihren eigenen Körper mit dem des
Neulings. Obwohl die Verwandlung dafür gesorgt hatte, dass sie
alle sich sehr ähnlich sahen, was insbesondere aus dem Mangel
an Kopfhaaren und der exakt gleichen Hautfarbe resultierte,
konnte sie dennoch einige Unterschiede ausmachen.
Das begann damit, dass sie zugeben musste, dass ihr
Gegenüber sichtlich schmaler gebaut war, als sie selbst. Während
das neue Mitglied ihrer Herde in etwa die gleiche, zwar nicht
perfekte, aber doch zweifelsfrei als relativ schlank zu
bezeichnende Figur hatte, mit der auch Conny hier angekommen
war, konnte sie das von sich selbst nicht mehr behauten. Genau
wie ihre übrigen Artgenossinnen hatte Conny inzwischen
eindeutig ein paar Pfund zu viel auf den Rippen. Sie hatte keine
Gelegenheit dazu gehabt, sich zu wiegen, schätzte jedoch, dass sie
ungefähr 10 Kilo zugenommen hatte, seit sie ihren
Undercoverauftrag begonnen hatte. "Und da heißt es immer, man
wird nur von Süßigkeiten dick", dachte sie und erinnerte sich
dabei an die geschmacklosen Pellets, die ihr zu jeder einzelnen
Mahlzeit vorgesetzt wurden.
Doch es gab noch einen weiteren Unterschied, der Conny
deutlich stärker beunruhigte: Ihre Euter. Die überschüssigen
Pfunde würde sie wieder abtrainieren, sobald sie den Stall
verlassen hatte und wieder ihrem ursprünglichen Leben
nachging. Doch bei ihren Eutern würde sich das Problem nicht so
leicht lösen lassen. Natürlich war es ihr selbst schon aufgefallen,
205
dass sie sich in dieser Hinsicht zunehmend den übrigen Kühen
angepasst hatte, doch das ganze Ausmaß der Veränderung wurde
ihr erst jetzt deutlich, als sie ihre eigenen Euter mit denen der
neuen Kuh vergleichen konnte. Connys auch schon vor ihrer
Verwandlung recht ausladenden Brüste waren um mindestens
eine, vermutlich eher zwei Körbchengrößen gewachsen. Und da
ihr letzter Besuch an der Melkmaschine auch schon wieder einige
Stunden wieder her war, waren sie nun deutlich prall, was sie
sogar noch zusätzlich größer erscheinen ließ. Aber auch ihre
Zitzen hatten sich verändert. Bei der neuen Kuh waren sie
aufgerichtet und standen - vermutlich wegen der kalten Luft auf
dem Weg zum Stall - keck von den Brüsten ab. Doch obwohl sie
aufgrund der gleichmäßig rotbraun gefärbten Haut auf den
ersten Blick etwas ungewohnt aussahen, ließen sie sich noch ohne
weiteres als Brustwarzen bezeichnen. Das konnte Conny von
ihren Eigenen nicht mehr behaupten. Die regelmäßige
Beanspruchung durch die Melkmaschine hatte dafür gesorgt,
dass sie inzwischen so lang waren, wie zwei Glieder eines kleinen
Fingers. Und obwohl der letzte Besuch an der Melkmaschine
schon eine Weile her war, wirkten sie noch immer ein wenig
geschwollen. Der Begriff Zitze schien auf sie um einiges
passender, als Brustwarzen.
Die kleine Gruppe aus Kühen setzte sich mit langsamen
Schritten in Bewegung. Wie jedes neue Mitglied der Herde wurde
auch dieser Neuankömmling einmal durch den Stall und
206
schließlich zu seinem Liegeplatz geführt.
In Gedanken versunken folgte Conny ihren Artgenossinnen,
den Blick auf die neue Kuh gerichtet. In den letzten Tagen hatte
sie sich wenig darum gekümmert und hatte mehr oder weniger
von einem Tag in den nächsten gelebt, doch jetzt, da ihr ihre
eigene Veränderung so deutlich vor Augen geführt wurde,
überlegte sie, wie lange sie eigentlich schon an diesem Ort war.
Es ärgerte sie, dass sie darauf keine klare Antwort geben
konnte. Unmittelbar nach ihrer Ankunft hatte sie die Tage noch
gezählt, die sie als Kuh verbracht hatte. Doch irgendwann, es
muss in ihrer dritten Woche in diesem Stall gewesen sein, hatte
sie damit aufgehört. Jetzt schien es ihr unmöglich zu sagen, wie
viel Zeit seitdem vergangen war. Sicher war nur, dass es mehr
war, als geplant!
Während sie darüber nachdachte, gelang es ihr, den
Zeitraum zumindest einzugrenzen. Anhand des Rhythmus ihres
Körpers vermutete sie, dass sie bisher mehr als zwei, jedoch
weniger als drei Monate als Kuh verbracht hatte.
Eine Gänsehaut jagte über ihren Körper. Ursprünglich war
sie lediglich von ein paar Wochen ausgegangen, doch nun waren
schon mehrere Monate vergangen. Und der Gedanke lag nahe,
dass es noch eine Weile dauern würde, ehe sie endlich wieder wie
ein normaler Mensch würde leben können. Denn bisher war es
weder ihr noch Erik gelungen, eine heiße Spur zu finden. Zwar
waren in ihren Blutwerten einige Unregelmäßigkeiten
aufgetaucht, doch die wurden mit der Umstellung ihres Körpers
207
auf das Leben als Milchkuh in Verbindung gebracht und reichten
bei weitem nicht aus, um gegen BioUdders vorzugehen.
Die kleine Gruppe erreichte den Bereich mit dem
vergitterten Boden. Conny, die ursprünglich auf dem Weg zu
diesem Abschnitt des Stalls gewesen war, löste sich von ihren
Artgenossinnen und ging ein paar Schritte in Richtung der
Außenwand des Stalls, so dass sie auf dem vergitterten Boden
stand. Conny stellte ihre Hufe soweit es einigermaßen bequem
möglich war auseinander, bewegte ihren Schweif zur Seite und
begann ohne weitere Umschweife damit, sich zu erleichtern.
Sie bemerkte den Blick, den das neue Mitglied der Herde ihr
zuwarf, störte sich jedoch nicht daran. Während ihres inzwischen
doch recht langen Aufenthalts im Stall hatte sie sich an diese
Dinge gewöhnt, und es machte ihr nichts mehr aus. Sie erinnerte
sich aber gut daran, dass sie sich anfangs auch gewundert hatte,
wie leicht es einigen Kühen scheinbar fiel, sich trotz der
Anwesenheit von Anderen zu erleichtern. "Da kommst du auch
noch hin", dachte sie für sich, wartete, bis die letzten Tropfen
durch das Gatter zu ihren Füßen gefallen waren und kehrte
anschließend zu der kleinen Gruppe zurück.
Der Rundgang endete einige Minuten später vor einem
leeren Liegeplatz, der von nun an von der neuen Kuh genutzt
werden würde. Conny registrierte, dass es einer der letzten freien
Plätze in ihrem Stall gewesen war. Nahezu ausnahmslos waren
208
sie inzwischen belegt, und selbst wenn mal einer von ihnen
wieder frei wurde - was jedoch in Connys Anwesenheit bisher
nur selten vorgekommen war - dauerte es nie lange, bis er wieder
belegt war.
Was mit den Kühen passiert war, die den Stall verlassen
hatten, wusste Conny nicht. Sie konnte nur spekulieren, dass sie
in eines der anderen Gebäude gebracht worden waren, die sie
gesehen hatte, als sie hier her geführt worden war. Es bestand
auch die Möglichkeit, dass sie verkauft worden waren und sich
gar nicht mehr auf dem Grundstück von BioUdders befanden.
Als sie daran dachte, dass auch sie wie ein Stück Vieh verkauft
werden könnte, wenn Erik nicht auf sie aufpasste, erschauderte
Conny. Plötzlich konnte sie den Nasenring schwer auf ihrer
Oberlippe aufliegen spüren. Nein, sie durfte gar nicht erst an so
etwas denken. Warum sollte BioUdders sie auch verkaufen
wollen? Schließlich produzierten ihre Euter literweise kostbare
Milch, die das Unternehmen teuer verkaufen konnte. Zwar
wusste sie nicht, wie viel Milch sie genau produzierte, doch Erik
hatte ihr signalisiert, dass es diesbezüglich überhaupt keine
Probleme geben würde. Sie schien sich also durchaus mit ihren
Artgenossinnen messen zu können. Kurz kam ihr in den Sinn,
was für ein abstruser Gedanke das war, mit anderen Frauen, die
allesamt zu Kühen verwandelt worden waren, darum zu
konkurrieren, aus wessen Eutern am Tag die meiste Milch
gepumpt wurde.
209
Von sich selbst genervt schüttelte sie den Kopf, vertrieb den
Gedanken aus ihrem Kopf und beschloss, zum wiederholten Male
die Anzahl der Kühe in dem Stall zu zählen. Sie wusste, dass es
mit dem Neuankömmling 59 sein mussten, doch da sie ohnehin
nichts Besseres zu tun hatte, konnte sie diese These auch noch
einmal überprüfen. Schaden konnte es schließlich nicht, und
vielleicht würde diese Information zu irgendeinem Zeitpunkt
noch einmal wichtig sein.
Conny hatte ihre Artgenossinnen zwei Mal gezählt und war
gerade auf dem Rückweg zu ihrem eigenen Liegeplatz, als der
Klang einer Glocke durch den Stall hallte. Augenblicklich
verspürte Conny ein starkes Hungergefühl und war sich sogar
sicher, dass ihr Magen im nächsten Moment laut knurren würde.
"Pawlow lässt grüßen", dachte sie, verzog das Gesicht
unwillkürlich zu einem Grinsen und machte auf der Stelle kehrt.
Statt zu ihrem Liegeplatz begab sie sich zu der langen
Doppelreihe aus Melkmaschinen, die den Stall längsseits in zwei
Hälften teilten.
Routiniert stellte sie sich mit etwas gespreizten Beinen an
einen der Melkplätze, beugte ihren Oberkörper weit vor und ließ
ihn behutsam auf die gepolsterte Auflage fallen, so dass ihre
Euter durch die große Aussparung frei unter ihrem Körper
hingen. Ihre Aufmerksamkeit galt jedoch weniger der Maschine,
sondern viel mehr der Futterrinne, die sich nur wenige Sekunden,
nachdem ein Scanner den Barcode an ihrer linken Ohrmarke
210
ausgelesen hatte, mit einem beachtlichen Berg an Pellets füllte.
Jetzt tatsächlich das Knurren ihres Magens vernehmend
tauchte Conny ihr Gesicht in die leicht angefeuchtete Masse und
begann hungrig zu fressen. Nur am Rande nahm sie wahr, wie
die Maschine unter ihrem Oberkörper zum Leben erwachte, ihre
Euter kurz desinfiziert wurden und sich gleich darauf die
Melkzylinder an ihren Zitzen festsaugten.
Conny kaute laut schmatzend auf den wenig
geschmacksintensiven Pellets herum, während die Melkmaschine
in einem schnellen Rhythmus die Milch aus ihren Eutern pumpte.
Doch weder davon, noch von ihrer Umgebung ließ die Reporterin
sich ablenken. Sich einzig darauf konzentrierend, ihren Hunger
zu stillen, schaffte sie es nicht nur, die umstehenden Kühe,
sondern sogar das aufgebrachte und gequälte Muhen des neuen
Herdenmitglieds auszublenden.
Nachdem sie den ersten Heißhunger überwunden hatte, hob
Conny ihren Kopf wieder ein wenig an und zerkaute die Pellets
in einem nun langsameren Tempo. Im Takt der pumpenden
Melkmaschine zerrieb sie die graubraunen Futterstückchen
zwischen ihren Zähnen. Ihre Umgebung nun etwas stärker
wahrnehmend bedachte sie die neue Kuh mit einem
mitfühlenden Gedanken. Conny konnte sich nur zu gut daran
erinnern, wie sie sich gefühlt hatte, als sie zum ersten Mal an der
Melkmaschine gestanden hatte. Das kraftvolle Saugen an ihren
Zitzen war zuerst unangenehm und nach kurzer Zeit schmerzhaft
211
gewesen, dazu konnte sie sich auch im Nachhinein an keinen
Augenblick ihres Lebens erinnern, in dem sie sich derart
entwürdigt gefühlt hatte.
Inzwischen hatte sie sich nicht nur geistig, sondern auch
körperlich an den Melkvorgang gewöhnt. Mindestens drei, wenn
ihre Euter besonders spannten sogar bis zu vier Mal am Tag
folgte Conny dem Ruf der Glocke. Zwar waren ihre Zitzen direkt
nach dem Melken noch immer ein wenig geschwollen, doch das
war mehr oder weniger ein Dauerzustand und ging auch nicht
mehr mit Schmerzen einher. Ganz im Gegenteil, je nachdem in
welcher Stimmung Conny sich befand, empfand sie das Melken
teilweise sogar als anregend. Anfangs hatte dieses Gefühl sie
ziemlich verwirrt, doch auch in dieser Beziehung hatte sie ihre
anfängliche Scham schnell verloren.
Den weichen Brei in ihrem Mund herunterschluckend
richtete Conny ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Futterrinne.
Der Großteil ihrer Portion war bereits in ihrem Magen, doch da
die Melkmaschine noch immer unablässig Milch aus ihren Eutern
pumpte, konnte sie auch noch die restlichen Pellets fressen. Den
Hals ein wenig streckend füllte sie ihren Mund noch einmal mit
Futter und wartete schmatzend darauf, dass die Maschine ihr
Werk endlich vollendete.
Als sich die beiden Zylinder schließlich von ihren Zitzen
lösten, war die Futterrinne vor Conny vollkommen leer. Satt, mit
212
leeren Eutern und zufrieden stieß die Reporterin einen Rülpser
aus, leckte sich über ihre vom feuchten Futter verschmierten
Lippen und richtete sich auf, sobald der Bügel, der zuvor auf
ihrem Rücken gelegen und sie fixiert hatte, sich lockerte.
Conny folgte zwei Ihrer Artgenossin zu einer der Tränken,
soff ein paar kräftige Schlucke Wasser und spülte sich dabei so
gut es ohne Hände ging das Gesicht sauber. Obwohl sie noch
immer mindestens jeden zweiten Tag duschte und sich im
Rahmen ihrer Möglichkeiten wusch, machte sich Conny kaum
noch einen Gedanken darum, wie dreckig oder eingesaut sie war.
Unter ihren Artgenossinnen fühlte sie sich derart anonym, dass es
praktisch keine Rolle spielte. Niemand der sie hier sah, würde sie
mit ihrem eigentlichen Leben in Verbindung bringen. Die einzige
Ausnahme war Erik, doch ihr Kollege, der sie all diesen
Strapazen aussetzte und täglich hunderte von Kühen zu sehen
bekam, würde es nicht wagen, sie deswegen zu verurteilen.
Stattdessen sollte er lieber froh sein, dass sie dieses
entwürdigende Spiel so lange mitspielte, und nicht schon längst
darauf gepocht hatte, den Einsatz abzubrechen.
Der Gedanke daran war ihr schon öfter in den Sinn
gekommen, doch noch wollte sie nicht aufgeben. Sie hatte zu viel
über sich ergehen lassen, um am Ende mit leeren Händen
dazustehen. Nein, ganz im Gegenteil. Jetzt, wo sie hier war und
sich einigermaßen an das erniedrigende Leben einer Kuh
gewöhnt hatte, würde sie auch lange genug durchhalten, bis sie
213
BioUdders etwas nachweisen konnten. Conny hoffte allerdings,
dass es nicht noch einmal zwei Monate dauern würde, bis sie
endlich etwas gegen den Konzern in der Hand hatten.
214
Initiative
Zärtlich schleckte Conny der Länge nach durch die ihr
dargebotenen, feucht glänzenden Schamlippen und drückte sie
mit ihrer weichen Zunge sanft auseinander. Den keck
hervorragenden Kitzler erreichend hielt sie kurz inne und
verharrte für einen Augenblick in dieser Position. Ein sanftes
Zittern ging durch die Oberschenkel ihrer Artgenossin, die weit
gespreizt zu beiden Seiten ihres Kopfes lagen.
Conny lächelte kurz, ehe sie mit der Zungenspitze einen
feinen Kreis um den Kitzler zeichnete. Ihre Bewegungen wurden
sofort mit einem wohligen Seufzen belohnt. Davon ermutigt
setzte sie ihre Zunge nun etwas fester auf den Kitzler und begann
ihn langsam, aber mit sanftem Druck zu lecken.
Die andere Kuh stieß ein genüssliches Muhen aus. Conny
kannte noch nicht einmal ihren Namen, doch das spielte keine
Rolle. Im Stroh der Liegebox kniend und mit weit vorgebeugtem
Oberkörper konzentrierte sie sich auf die glitzernden
Schamlippen und den empfindsamen Kitzler unmittelbar vor
ihrem Gesicht.
Während ihres zunehmend länger werdenden Aufenthalts
im Stall war es für Conny mit der Zeit zur Normalität geworden,
dass die Kühe sich auf diese Art und Weise gegenseitig Freude
bereiteten. Genau genommen gab es auch wenig Alternativen,
denn ihre Hände konnten sie nicht benutzen und einen Bullen
215
hatte sie in all den Wochen nicht ein einziges Mal zu Gesicht
bekommen. Davon abgesehen stellte es auch einen
ausgezeichneten Zeitvertreib dar, um die Phasen zwischen den
Melkvorgängen ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten, als
nur träge im Stroh zu liegen.
Conny beugte sich noch ein bisschen weiter vor, legte ihre
Lippen fest um den Kitzler der anderen Kuh und begann
behutsam, daran zu saugen. Dabei schmiegte sie die Spitze ihrer
Zunge zärtlich gegen die empfindsamste Stelle des weiblichen
Körpers. Auch für sie war es ein äußerst intensives Erlebnis, die
Lust ihrer Artgenossin so deutlich spüren, schmecken und
riechen zu können. Mit allen Sinnen konzentrierte sie sich auf das
Verlangen ihres Gegenübers.
Der Erfolg stellte sich sofort ein. Die Kuh, die vor Conny im
Stroh lag, begann sich vor Lust zu winden, hob und senkte ihre
Hüfte, als wolle sie die sie liebkosenden Lippen abschütteln.
Doch Conny hatte längst genügend Erfahrung gesammelt,
um es besser zu wissen. Hartnäckig folgte sie jeder Bewegung
und ließ nicht für eine Sekunde von dem Kitzler ab.
Die Oberschenkel der Kuh begannen noch kräftiger zu
Zittern und im nächsten Augenblick pressten sie sich von beiden
Seiten fest an Connys Kopf. Ein lautstarkes Muhen hallte durch
den Stall. Ihre Zunge fest, aber bewegungslos an den Kitzler
schmiegend, erlebte Conny den Orgasmus ihres Gegenübers aus
allernächster Nähe mit. Ganz behutsam bewegte sie ihre Zunge
216
immer wieder für feine Nuancen und entlockte der Kuh damit
noch weitere lustvolle Zuckungen der Hüfte.
Als deren Höhepunkt schließlich abgeklungen war, löste
Conny sich ganz behutsam von der Kuh und richtete sich auf.
Schwer Atmend lag ihre Artgenossin im Stroh ihres Liegeplatzes,
die Augen halb geschlossen und noch immer auf Wolke Sieben
schwebend.
Conny konnte nicht anders, als zufrieden zu grinsen. Sie
warf einen letzten Blick auf die befriedigte Kuh, ehe sie sich zum
ersten Mal seit etwas längerer Zeit wieder auf ihre Umgebung
konzentrierte. Der letzte Melkvorgang war ungefähr zwei
Stunden her, so dass es noch ein wenig dauern würde, bis es
wieder so weit war. Daher lagen die meisten ihrer
Artgenossinnen dösend im Stroh und hingen ihren eigenen
Gedanken und Träumen nach, um die Zeit totzuschlagen. Conny
konnte noch mindestens zwei andere Kühe ausmachen, die
gerade oral verwöhnt wurden, ehe sie auf der anderen Seite des
Stalls einen Stallarbeiter bemerkte. Eigentlich war es
verwunderlich, dass sie ihn nicht auf den ersten Blick gesehen
hatte, denn er hob sich schon alleine dadurch von den einheitlich
gefärbten Kühen ab, dass er Kleidung trug.
Erst auf den zweiten Blick erkannte Conny, dass es sich bei
dem Mann um Erik handelte. Erfreut setzte sie sich in Bewegung
und blieb kurz darauf unmittelbar vor ihm stehen.
217
Bei dem prüfenden Blick des Mannes musste sie
unwillkürlich lachen. Noch immer hatte ihr Kollege erhebliche
Schwierigkeiten damit, sie unter ihren Artgenossinnen zu
erkennen.
Bereitwillig drehte sie den Kopf etwas zur Seite, so dass der
Mann die Nummer auf ihrer Ohrmarke ablesen konnte. Offenbar
gelang es ihm auch nach all den Wochen nur mit Hilfe dieser
Nummer, sie zu identifizieren.
"Also doch. Ich war mir dieses Mal fast sicher!", versicherte
Erik und lächelte ein wenig verlegen.
Conny nickte leicht mit dem Kopf. Sie bemerkte, wie der
Blick des Reporters einige Sekunden an ihrem noch von der
Feuchtigkeit der anderen Kuh feuchten Kinn hängen blieb. Nun
war sie es, die Verlegen war. Doch zu ihrem Glück ging Erik nicht
weiter darauf ein und richtete den Blick kurz darauf wieder auf
ihre Augen.
"Ich habe ein wenig nachgedacht", begann Erik halblaut zu
erklären, "im Augenblick machen wir keine besonders großen
Fortschritte. Die letzte Analyse deiner Blutwerte hat nicht einmal
den kleinsten Hinweis ergeben, dass irgendwelche illegalen
Mittel eingesetzt werden.
Conny nickte leicht mit dem Kopf. Auch sie selbst hatte
absolut nichts feststellen können, was auch nur den kleinsten
Ansatzpunkt für ihre Vermutungen bot. Natürlich konnte sie
nicht ausschließen, dass sich irgendeine Substanz im Futter
218
befand, doch dann hätten sie längst Hinweise finden müssen.
Tatsächlich war ihr in den letzten Tagen der unangenehme
Gedanke gekommen, dass ihre Unternehmung vielleicht
tatsächlich erfolglos sein könnte. Schließlich waren sie nur
Gerüchten und Beschuldigungen nachgegangen, doch Beweise
dafür hatten sie dafür trotz all ihrer Bemühungen nicht auftreiben
können. "Aber irgendwas muss dahinter stecken, wenn so viele
Zeugen unabhängig voneinander Hinweise gegeben haben",
dachte sie und machte sich damit selbst Mut. Sie wollte sich nicht
eingestehen, dass ihre Verwandlung in eine Kuh, die Wochen im
Stall, die Veränderungen an ihrem Körper und nicht zuletzt all
die Demütigungen am Ende umsonst gewesen sein sollten. Hatte
sie all das etwa auf sich genommen, nur um nachzuweisen, dass
BioUdders ein wirklich tolles Unternehmen war? Sie hatte das
Gefühl, dass ihr gleich die Tränen kommen würden.
"Ich bin aber nach wie vor davon überzeugt, dass wir hier
etwas finden können", meinte Erik und riss Conny damit aus
ihren negativen Gedanken. Sie richtete den Blick auf ihren
Kollegen und schaute ihn hoffnungsvoll an.
"Wenn haben bisher keine verwertbaren Ergebnisse
bekommen, aber bisher gab es für BioUdders eigentlich auch
keinen Anlass dazu, etwas zu unternehmen. Du machst keine
Probleme und deine Milchleistung liegt sogar leicht über dem
Durchschnitt", umfasste Erik die Situation.
Conny legte den Kopf leicht schief und warf dem
219
Stallarbeiter einen neugierig fragenden Blick zu. Bisher hatte er
ihr gegenüber nie auch nur ein einziges Wort darüber verloren,
wie viel Milch eigentlich jeden Tag aus ihren Eutern gepumpt
wurde.
Erik bemerkte ihren Blick, hielt kurz inne und versuchte ihre
unausgesprochene Frage zu ergründen. "Du... willst wissen, wie
viel Milch du gibst?", rätselte er mit leicht gerunzelter Stirn. Seine
Frage wurde durch ein eifriges Kopfnicken der ernst
dreinblickenden Journalistin bestätigt.
"Spielt zwar keine Rolle, aber ich schätze wenn es jemanden
etwas angeht, dann wohl dich, hm?", meinte Erik und lächelte
nun wieder. "In der letzten Woche hast du im Schnitt jeden Tag
knapp über viereinhalb Liter Milch gegeben. Damit liegst du
momentan etwa 100 Milliliter über dem Durchschnitt dieses
Stalls."
Conny starrte Erik mit offenem Mund an. Natürlich hatte sie
gewusst, dass es nicht gerade wenig Milch war, die sie jeden Tag
produzierte. Doch diese Menge erschreckte sie nun doch. Mehr
als vier Liter... das waren mehr als vier Packungen Milch! Und
das an jedem einzelnen Tag! Sich die Menge zu Verbildlichen,
schien sie zusätzlich noch größer zu machen.
Doch wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte sie mit einer
derartigen Größenordnung rechnen müssen. Immerhin hatte sie
sich während ihrer Recherchen auch darüber informiert, wie
produktiv die Kühe in den Ställen von BioUdders waren. Und
irgendwie musste es sich für BioUdders ja auch rentieren.
220
"Ja, in der Tat sehr beeindruckend", lobte Erik und zwinkerte
ihr zu. Conny funkelte ihn für eine Sekunde finster an, entspannte
sich dann jedoch wieder. Ihr Kollege meinte es nicht böse, auch
wenn er keine Ahnung hatte, was sie für diese ganze Aktion
eigentlich auf sich genommen hatte. ER musste ja schließlich
nicht alle paar Stunden an die Melkmaschine.
Erik fuhr fort: "Wie gesagt, für BioUdders gibt es damit
eigentlich keinen Grund, überhaupt aktiv zu werden. Da können
wir noch Monate hier drinnen verbringen, und es würde sich
vermutlich nichts daran ändern. Außer vielleicht, sie kommen auf
die Idee, dich in der Zucht einzusetzen."
Der letzte Satz war als Scherz gemeint, doch Conny lief ein
eiskalter Schauer den Rücken herunter. Das würde sie unter
keinen Umständen über sich ergehen lassen! Es war schon
schlimm genug, dass ihr Körper dazu gebracht worden war, zu
laktieren, doch eine Schwangerschaft war noch mal ein ganz
anderes Kaliber!
"Keine Sorge, das wird sicher nicht passieren",
beschwichtigte Erik, als er Connys aufgebrachten Blick bemerkte.
"Das Zuchtprogramm bei BioUdders ist praktisch nicht existent,
es wird nur das absolut notwendigste gemacht, um die
steuerlichen Subventionen einzustreichen. Und die dafür
notwendigen Kühe sind festgelegt, so dass für dich keine Gefahr
besteht. Mach dir keine Sorgen!"
Conny nickte leicht mit dem Kopf, atmete ein paar Mal tief
221
durch und hatte sich und ihre Gedanken anschließend wieder im
Griff. Tatsächlich war das eine der Tatsachen gewesen, die ihr bei
der Recherche aufgefallen waren. Statt selbst zu züchten, bezog
BioUdders fast alle Rinder von einer anderen Quelle. In diesem
Augenblick war sie unendlich froh darüber, dass es so war.
"Ok... zurück zum eigentlichen Thema", meinte Erik, nun
deutlich mehr darauf bedacht, Conny durch seine Worte nicht
erneut in Panik zu versetzen. "Ich habe eine Möglichkeit
gefunden, die Auswertungen für die Milchmengen der Kühen zu
manipulieren. So lässt sich der Eindruck erwecken, dass du
weniger stark laktierst und damit entsteht ein Handlungsbedarf
für sie. Kannst du mir folgen?"
Conny nickte leicht mit dem Kopf. Natürlich konnte sie
folgen, der Plan war nun wirklich nicht besonders kompliziert.
Sorgte ihr Äußeres dafür, dass Erik sie langsam aber sicher für
eine einfältige Kuh hielt?
"Also auch wenn sich in Wirklichkeit gar nichts verändert,
werden die Werte in den kommenden Tagen sinken und sich
deutlich unter dem Durchschnitt einpendeln. Ich werde dafür
sorgen, dass es auch noch bei ein paar anderen Kühen passiert,
dann lenkt es nicht zu viel Aufmerksamkeit auf dich. Das gibt uns
die Möglichkeit zu überprüfen, wie BioUdders reagiert und ob sie
dann etwas unternehmen, was gegen die Auflagen verstößt."
Erneut nickte Conny leicht mit dem Kopf. Besonders
222
begeistert war sie von dem Plan allerdings nicht. Natürlich
mussten sie etwas unternehmen, damit sie nicht den Rest ihres
Lebens als Spion in diesem Stall verbringen musste, ohne auch
nur den geringsten Hinweis zu finden. Doch auf der anderen
Seite hatte sie auch Angst, BioUdders zu einer Aktion zu
provozieren. Ehrlich gesagt war sie nicht besonders scharf darauf,
dass etwas mit ihr gemacht wurde, was "gegen die Auflagen
verstößt". Andererseits wäre das endlich der Beweis, den sie
brauchte, um wieder in ihr normales Leben zurück zu kehren.
Ein anderer Gedanke manifestierte sich in ihrem Kopf und
ließ sich nicht mehr vertreiben. Was wäre, wenn BioUdders nicht
reagierte, wenn sie nicht auf illegale Weise versuchten, die Stärke
der Laktation zu erhöhen? Dann würde sie sich entgültig
eingestehen müssen, dass die Verwandlung in eine Kuh und die
Monate im Stall vergebens gewesen wären. Und wie könnte
BioUdders dann sonst noch reagieren? Was, wenn Conny
schlichtweg für unrentabel gehalten würde und verkauft wurde?
Sie hatte hin und wieder Kühe aus dem Stall verschwinden sehen,
ohne jemals dahinter zu kommen, was mit ihnen passiert war.
Was, wenn BioUdders auch sie verkaufte? Sie selbst konnte kaum
etwas dagegen unternehmen, ihr waren im wahrsten Sinne des
Wortes die Hände gebunden. Doch es gab ja immer noch Erik. Er
würde sicherstellen, dass so etwas nicht mit ihr passieren würde -
zumindest hoffte sie das mit jeder Faser ihres Seins.
"Also, dann machen wir es so", schloss Erik mit einem
223
Kopfnicken. "Ich werde versuchen, möglichst oft hier
vorbeizukommen, damit wir schnell reagieren können, wenn
BioUdders etwas macht."
Er lächelte Conny aufmunternd an. Selbst durch die
Maskerade hindurch konnte er wohl erkennen, dass sie von
seinem Vorhaben weniger begeistert war, als er selbst.
"Halt durch Conny, wir haben es bald geschafft! Sei weiter
so stark wie bisher, dann kann dir nichts passieren!" Er gab ihr
einen freundschaftlichen Klapps auf den nackten Hintern, ehe er
sich umdrehte und sich einen Weg aus dem Stall heraus bahnte.
Conny sah ihm lange nach. "Hoffentlich hast du recht,
hoffentlich dauert es wirklich nicht mehr lange...", dachte sie und
seufzte leise. Auch wenn sie sich an das Leben im Stall
inzwischen gewöhnt hatte und der Alltag ihr nichts mehr
ausmachte - sie vermisste ihr richtiges Leben mit jedem Tag mehr.
224
Gegenmaßnahmen
Entspannt, mit halb geschlossenen Augen, lag Conny im
Stroh. Um weder auf ihren auf den Rücken gefesselten Armen,
noch auf ihren Eutern liegen zu müssen, hatte sie sich seitlich in
ihre Box gelegt. Den Kopf auf einen etwas erhöhten Strohhaufen
abgelegt, hing sie ihren Gedanken nach und döste hin und wieder
ein wenig ein. Es war später Nachmittag und ihre Artgenossinnen
hielten es ähnlich wie sie, so dass es im Stall, trotz der
überwältigenden Anzahl an Kühen, annähernd leise war.
Zwei Tage waren vergangen, seit Erik mit ihr seinen neuen
Plan besprochen hatte, um BioUdders aus der Reserve zu locken.
Sie hatte die Zeit genutzt, um ausführlich darüber nachzudenken
und war zu dem Schluss gekommen, dass sie diesen Schritt
einfach gehen mussten, auch wenn die Konsequenzen
möglicherweise einige Gefahren bargen. Die Alternative bestand
darin, weiterhin abzuwarten, und es war nicht wahrscheinlich,
dass sie auf diesem Wege zu Ergebnissen kommen würden.
Conny hatte eingesehen, dass Erik Recht hatte. Warum sollte
BioUdders etwas unternehmen, wenn es dazu überhaupt keinen
Anlass gab? Wenn sie bisher keinen Grund dazu gehabt hatten,
illegale Mittel einzusetzen, würde sich das ohne besondere
Veranlassung auch in den kommenden Wochen kaum ändern.
Bisher hatte Eriks Plan jedoch noch keine Früchte getragen.
225
In den letzten zwei Tagen war absolut nichts passiert, was auch
nur in irgendeiner Weise darauf hindeutete, dass BioUdders auch
nur registriert hatte, dass ihre Milchmenge gesunken war.
Natürlich war das nicht tatsächlich der Fall, zumindest hatte
Conny in dieser Hinsicht keine derartige Entwicklung feststellen
können. Da Erik nur die Computer manipulieren wollte, war sie
jedoch auch nicht davon ausgegangen, dass sie weniger stark
laktieren würde. Andererseits war sie sich auch nicht sicher, ob
sie eine geringe Abnahme der Milchmenge überhaupt bemerkt
hätte. Schließlich konnte sie nicht sehen, wie viel Milch die
Melkmaschine täglich aus ihren Eutern förderte und sie
überzeugt, dass sie es nicht einmal spüren würde, ob sich nun ein
paar Milliliter mehr oder weniger in ihnen befanden. Dafür war
die Gesamtmenge einfach zu groß.
Sie hörte, wie sich Schritte näherten, hob den Kopf jedoch
nicht an. An den dumpfen Geräuschen ließ sich leicht erkennen,
dass es sich um Hufschuhe handelte. Vermutlich hatte eine ihrer
Artgenossinnen sich aufgerafft, um sich zu erleichtern.
Die Augen schließend kuschelte sie sich tiefer in das Stroh.
Lange würde es nicht mehr dauern, bis die Glocke durch den
Stall hallte und sie alle zu den Melkmaschinen gerufen würden.
Es wurde auch langsam Zeit, ihre Euter waren bereits wieder
voller Milch und begannen unangenehm zu spannen.
- - -
226
Eine Hand stieß gegen ihren Oberschenkel. "Hey, da bist du
ja. Conny? Aufwachen!"
Verwundert die Augen aufschlagend hob Conny den Kopf,
blinzelte ein paar Mal, um sich wieder an das helle Licht im Stall
zu gewöhnen und hob anschließend den Kopf. Überrascht stellte
sie fest, dass Erik unmittelbar vor ihrem Liegeplatz kniete.
Noch immer etwas verschlafen richtete die Journalistin sich
auf. Nach dem morgendlichen Melken hatte sie sich wieder
hingelegt und war eingeschlafen, so dass sie offensichtlich nicht
mitbekommen hatte, dass Erik in den Stall gekommen war. Sie
war ein wenig erstaunt darüber, dass er sie dennoch gefunden
hatte. Wie lange hatte er wohl nach ihr suchen müssen?
"Soso, während ich hier arbeite, machst du also einfach ein
Nickerchen?", stichelte Erik. An seinem Lächeln war zu erkennen,
dass er froh darüber war, Conny gefunden zu haben.
Die Journalistin zog die nicht mehr vorhandenen
Augenbrauen hoch. "Du kannst dich ja mal an die Melkmaschine
stellen und dich über einem Gitter erleichtern", dachte sie
verärgert.
Erik hob abwehrend die Hände. "Schon gut, schau nicht so
finster drein. Ich wollte nur nach dem Rechten schauen und mich
bei der Gelegenheit um deine Stimmbänder kümmern."
Connys Ärger verflog so rasch, wie er gekommen war.
227
Etwas ungelenk begab sie sich auf ihre Knie, beugte sich etwas
vor und öffnete ihren Mund soweit sie konnte.
Der Blick ihres Kollegen schweifte für einen kurzen
Augenblick über den nackten Körper, der sich ihm darbot. Doch
bevor er Conny erneut verärgerte, zog er rasch eine kleine
Sprühdose aus der Hosentasche und hielt sie vor das Maul der
Kuh.
Es war ein unangenehmes, kaltes Gefühl, als das Spray in
ihren Mund gesprüht wurde. Conny schluckte einige Male und
räusperte sich kurz, um nicht husten zu müssen. Hoffentlich
konnte sie den Stall bald verlassen und musste diese Prozedur
nicht mehr oft über sich ergehen lassen.
Nachdem dafür gesorgt war, dass ihre Stimmbänder noch
mindestens eine weitere Woche ihren Dienst versagen würden,
verstaute Erik die Dose wieder in seiner Tasche.
"Ich hatte direkt nach unserem Gespräch die Gelegenheit,
die Formel für die Auswertungen zu verändern. Dich
eingeschlossen wird die ausgewiesene Milchmenge bei drei
Kühen aus diesem Stall täglich zurückgehen, bis ihr deutlich
unter dem Durchschnitt liegt.
Conny nickte leicht mit dem Kopf und lauschte den wohl
einzigen menschlichen Worten, die sie an diesem Tag hören
würde.
"Ist bei dir alles in Ordnung? Oder hast du noch etwas
228
brauchbares herausgefunden?", erkundigte sich Erik.
Kurz die Stirn runzelnd überlegte die Reporterin, wie sie auf
diese Fragen antworten sollte. Schließlich hatte Erik gerade selbst
dafür gesorgt, dass sie auch in den nächsten Tagen nicht wie ein
normaler Mensch sprechen, sondern bestenfalls unverständliche
Laute von sich geben konnte.
Schließlich nickte sie erst überdeutlich mit ihrem Kopf, hielt
dann kurz inne und schüttelte ihn anschließend langsam aber
deutlich, um damit auch die zweite Frage zu beantworten.
Erik nickte langsam und fuhr fort: "Bei einem einzelnen Tag
werden sie vermutlich noch an einen Ausreißer glauben, aber es
sollte nicht mehr lange dauern, bis sie der Sache nachgehen
werden. Die nächsten beiden Tage habe ich frei, aber
anschließend schaue ich sofort wieder nach dir." Damit erhob er
sich und ließ Conny alleine zurück, die ihm unschlüssig nachsah.
Normal hatte sie sich nie sonderlich dafür interessiert, wo Erik
sich nun genau herumtrieb, solange er sie nur nicht vergaß. Doch
jetzt, wo sie wusste, dass er die kommenden Tage nicht in der
Nähe sein würde, war ihr doch etwas unwohl bei dem Gedanken.
- - -
Rhythmisch saugte die Melkmaschine an Connys Eutern. In
dem schnellen Takt, an den sie sich inzwischen so sehr gewöhnt
hatte, zogen sich die feinen Membranen um ihre Zitzen
zusammen und pressten die Milch förmlich aus ihr heraus, nur
229
um sich im nächsten Augenblick wieder zu lockern, ehe sie sich
erneut eng anschmiegten und die Zitze etwas tiefer in den
Melkzylinder saugten und die Milch dabei aus den Eutern
förderten.
Das Gesicht in den Futtertrog getaucht kaute die Journalistin
ungeniert schmatzend auf den feuchten Pellets herum. Ganz
unbewusst hatte sie sich dabei dem Takt der Melkmaschine
angepasst. Sie machte sich nicht die Mühe, den Kopf während des
Kauens anzuheben, sondern verharrte dabei mit der Nase halb in
dem matschigen Fressen. Sobald die Pellets zwischen ihren
Zähnen zerrieben waren, öffnete sie ihren Mund etwas weiter
und füllte ihn mit einer weiteren Portion.
"Wenn ich hier raus bin, muss ich mir wieder bessere
Tischmanieren angewöhnen", schoss es ihr durch den Kopf. Doch
hier im Stall gab es keinen Grund, sich vornehm zu verhalten. Mit
der Zeit hatte sie sich an eine Lebensart gewöhnt, die frei von
jedem Schamgefühl war. Das begann bei der Tatsache, dass sie
und ihre Artgenossinnen jederzeit nackt waren und endete bei
dem Umstand, dass sie sich im Beisein anderer erleichtern
mussten. Zumindest hatte diese Zwanglosigkeit aber auch dafür
gesorgt, dass zwischen den Kühen keine Scham entstand, wenn
sie sich gegenseitig ein paar kleinere Freuden bereiteten.
So sehr Conny ihr richtiges Leben auch vermisste, war sie
sich nicht sicher, ob das ungenierte und unkomplizierte Leben
der Kühe nicht auch etwas für sich hatte. Hatte man sich erst
230
einmal daran gewöhnt, erleichterte es viele Dinge.
Natürlich, in Gesellschaft anderer Menschen hätte sie ihre
Mahlzeit nie auf die Art und Weise zu sich genommen, die sie
sich in den letzten Wochen angewöhnt hatte. Conny musste selbst
zugeben, dass sie fraß, wie ein Tier. Aber da sie gerade wie Vieh
gemolken wurde, war das wohl auch ihr gutes Recht.
Conny spürte, wie sich jemand näherte. Ein paar Pellets
zerkauend hob sie den Kopf nun doch etwas an, drehte ihn etwas
zur Seite und versuchte einen Blick über die Schulter zu werfen.
Bedingt durch ihre Fixierung an die Melkmaschine war das
jedoch gar nicht so einfach. Nur aus den Augenwinkeln konnte
sie den Bereich hinter sich erkennen.
Die typisch gefärbte Kleidung eines Stallarbeiters streifte
durch ihr eingeschränktes Blickfeld. Ob das Erik war? Nein, das
konnte nicht sein. Er hatte angekündigt, dass er an diesem Tag
frei haben würde. Vermutlich war gerade Wochenende... für
Conny jedoch unterschieden sich die einzelnen Wochentage nicht
voneinander.
Die Journalistin zuckte erschrocken zusammen, als eine
Hand nach ihrem Schweif griff und ihn resolut zur Seite drückte.
Es kam nur selten vor, dass einer der Stallarbeiter überhaupt
diesen Stallbereich betrat und noch seltener, dass man sie
berührte. Zum ersten Mal seit längerer Zeit fühlte sie sich
ausgeliefert.
231
Den Kopf soweit es die Fixierung erlaubte drehend, konnte
Conny aus den Augenwinkeln erkennen, wie der Stallarbeiter in
einer Hand ihren Schweif und in der Anderen eine Spritze hielt.
Also doch!
Im nächsten Augenblick spürte sie den Einstich in ihren
Hintern. Die noch immer pumpende Melkmaschine und das
Futter vor ihr für einen Moment vergessend versuchte sie
auszumachen, ob der Mann ihr Blut abnahm, oder ihr etwas
verabreichte. Doch so sehr sie sich auch darauf konzentrierte, sie
konnte es beim besten Willen nicht erkennen. Jedenfalls dauerte
es nicht lange, bis der Spuk wieder vorbei war.
Doch der Stallarbeiter trat nun noch näher an sie heran.
Ihren Schweif loslassend trat er neben sie, streckte die Hand aus
und presste sie für einen kurzen Augenblick auf Connys Mund.
Vollkommen überrumpelt konnte die Journalistin nichts
dagegen machen. Sie registrierte, dass der Mann ihr etwas in den
Mund geschoben hatte, etwa in der Größe eines Kaubonbons.
Gleich darauf löste er sich wieder von ihr und verschwand
genauso schnell, wie er gekommen war.
Mit stark pochendem Herzen versuchte Conny ihre
Gedanken zu ordnen. Mit der Zunge versuchte sie den
unbekannten Gegenstand in ihrem Mund zu ertasten, doch er
hatte sich mit den halb zerkauten Pellets vermischt, die sie noch
nicht heruntergeschluckt hatte.
Unfähig, den Bonbon auszumachen, blieb ihr schließlich
232
nichts anderes übrig, als den Inhalt ihres Mundes
herunterzuschlucken. Was hätte sie auch anderes machen sollen?
Erik würde erst am nächsten Tag wieder hier sein, also hatte sie
ohnehin keine Gelegenheit, ihm den Gegenstand zu zeigen.
Doch viel wichtiger war die Frage, was man ihr gerade
verabreicht hatte. Und was hatte es mit der Spritze auf sich? Jetzt
war zumindest klar, dass Eriks Plan aufgegangen war. BioUdders
hatte tatsächlich reagiert. Jetzt mussten sie nur noch
herausfinden, was genau man ihr verabreicht hatte!
Eine Welle der Euphorie schoss durch ihren Körper. Das war
die Spur, auf die sie so lange gewartet hatte! Sie hatte all das nicht
umsonst auf sich genommen!
Nur noch am Rande nahm sie wahr, dass die Melkmaschine
noch immer ihren Dienst verrichtete und Strahl für Strahl Milch
aus ihren Eutern pumpte. Vollkommen in Gedanken versunken
fraß sie den Rest ihrer großzügig bemessenen Portion auf,
während sie darüber nachdachte, wie sie Erik von dieser neuen
Entwicklung in Kenntnis setzen sollte. Bedingt durch die
Tatsache, dass sie nicht mit ihm sprechen konnte, würde es gar
nicht so einfach werden. Doch sie hatte bis zum nächsten Tag
Zeit, sich etwas auszudenken. Bis Erik wieder hier war, würde sie
eine Lösung finden!
233
Der Beweis
Aufmerksam ließ Conny den Blick durch den Stall
schweifen. Ein Tag war vergangen, seit der Mitarbeiter von
BioUdders ihr etwas verabreicht hatte, was mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit ihre Milchproduktion erhöhen
sollte. Doch obwohl Erik gesagt hatte, dass er die Werte von
mehreren Kühen manipuliert hatte, war es ihr bisher nicht
möglich gewesen, ähnliche Vorgänge bei ihren Artgenossinen zu
beobachten. Sie vermutete, dass der Stallarbeiter die anderen
Kühe ebenfalls während des gestrigen Melkvorgangs aufgesucht
hatte, so dass es ihr schlichtweg entgangen war.
Die Journalistin stand mit weit gespreizten Beinen über dem
vergitterten Boden am Rande des Stalls. Ihren Schweif soweit es
ihr möglich war zur Seite drückend, leerte sie gerade ihre Blase,
ohne diesem Vorgang jedoch besondere Aufmerksamkeit zu
schenken. Es war zur Routine geworden und so lenkte sie das
leise Plätschern auch nicht mehr von ihren schweren Gedanken
ab.
Bisher war Erik noch nicht aufgetaucht, doch er hatte
versprochen, dass er an diesem Tag nach ihr schauen würde. Sie
brannte darauf ihm klar zu machen, dass BioUdders während
seiner freien Tage etwas unternommen hatte. Wie genau sie das
anstellen sollte, war ihr jedoch noch immer nicht klar. Da ihre
234
Stimmbänder durch das Spray lahmgelegt waren, würde sie wohl
improvisieren müssen. Doch irgendwie würde sie sicher einen
Weg finden, Eriks Aufmerksamkeit zu erregen.
Sie musste ihren Kollegen unbedingt dazu bringen, ihr ein
paar Tropfen Blut abzunehmen. Sie zweifelte nicht daran, dass
sich nun endlich Hinweise auf verbotene Substanzen darin finden
lassen würden.
Das Plätschern versiegte und Conny trottete zu den
Duschen, die ein paar Meter entfernt angebracht waren. Ein
Sensor aktivierte automatisch einen kühlen Wasserschauer, als
Conny unter die Brause trat.
Für einen Augenblick schloss die Journalistin die Augen.
Zum ersten Mal seit fast einem Tag gelang es ihr, sich ein wenig
zu entspannen. Nach mehreren ereignislosen Wochen hatten die
Geschehnisse des Vortages sie ziemlich aus der Bahn geworfen.
Aber wer konnte ihr das auch verübeln? Nach all den Wochen im
Stall hatte sie endlich eine heiße Spur und die Rückverwandlung
in einen zivilisierten Menschen vor Augen.
Als sie unter dem frischen Wasser zu frösteln begann, setzte
sie sich erneut in Bewegung, bis sie die großen Bürsten erreicht
hatte, an denen sie sich säubern und trocknen konnte.
Dass es hier im Stall nicht gerade einfach war, sich sauber zu
halten, war eine der ersten Lektionen gewesen, die Conny nach
ihrer Verwandlung gelernt hatte. Zwar bot sich ihr theoretisch
235
jederzeit die Möglichkeit, Dusche und Bürste zu nutzen, doch
selbst wenn es ihr gelang, die Spuren des Stalls von ihrer
gefärbten Haut zu waschen, dauerte es nie lange, bis sie wieder
an ihr hafteten.
Entsprechend hatte sie sich nach einer Weile darauf
beschränkt, grobe Verunreinigungen abzuspülen und mit der
feinen Schmutzschicht aus Schweiß und Dreck zu leben, die sich
wie eine weitere Hautschicht auf ihren Körper gelegt hatte. Die
meisten Kühe hielten es so, und Conny empfand es als einen
praktikablen Kompromiss.
Der Klang einer Glocke hallte durch den Stall und rief die
Kühe zu den Melkmaschinen. Auch Conny folgte dem Ruf und
dem plötzlich auftretenden Knurren ihres Magens.
Für wenige Augenblicke bildete sich am Durchgang
zwischen den Liegeplätzen in Richtung der Melkmaschinen eine
kurze Schlange, was eine erstaunliche Unruhe in die Herde
brachte und für lautes Muhen sorgte. Manchmal konnte Conny
nachvollziehen, dass es den Stallarbeitern leicht fiel, sie als Vieh
zu betrachten. Nicht nur das Aussehen der Kühe war nicht mehr
besonders menschlich, sondern auch ihr Verhalten.
Als sie an einem freien Platz angekommen war, beugte
Conny sich weit vor und ließ den Oberkörper routiniert auf die
gepolsterte Auflagefläche sinken. Ganz leicht drehte sie den Kopf
zur Seite, damit ihre Ohrmarke schneller erkannt wurde.
Tatsächlich dauerte es kaum eine halbe Sekunde, bis der
236
schwächliche rote Laser den Barcode abgetastet hatte und sich
nach einem kurzen Piepen eine große Ladung matschiger Pellets
in die Futterinne vor ihr ergoss.
Conny wusste nicht genau, wie viele Tage sie bereits im Stall
verbracht hatte, doch es waren zumindest so viele, dass auch der
Aufenthalt an der Melkmaschine für sie längst zur Routine
geworden war. Mit Ausnahme der ersten Woche wurde sie jeden
Tag mindestens drei, meistens sogar vier Mal gemolken, denn
nur selten ließ sie die spätabendliche Möglichkeit aus, ihre Euter
vor der Nacht noch einmal auspumpen zu lassen.
Dieser Routine verdankte Conny es zudem, dass es ihr trotz
der Melkzylinder auf ihren Zitzen und dem kräftigen Pumpen
gelang, sich auch auf die Vorgänge in ihrer Nähe zu
konzentrieren. Anders als sonst nahm sie ihr Futter mit einem
gewissen Bedacht zu sich und achtete darauf, nicht zu viele
Pellets auf einmal in den Mund zu nehmen. Den Kopf während
des Kauens immer wieder leicht anhebend, gelang es ihr, ihre
unmittelbare Umgebung aus den Augenwinkeln zu beobachten.
Die Futterrinne war noch nicht halb geleert, als Conny
erneut eine Person bemerkte, die sich ihr von hinten näherte.
Unruhig pendelte ihr Schweif zwischen ihren leicht gespreizten
Oberschenkeln, während sie hastig die halb zerkauten Pellets in
ihrem Mund herunterschluckte. Ein paar Krümel blieben in ihrem
Hals stecken und ließen die Journalistin husten.
237
"Nana, du brauchst dich doch nicht gleich zu erschrecken",
scherzte der Stallarbeiter und tätschelte ihr beruhigend den
Rücken.
Conny hatte sich in der Zwischenzeit wieder gefasst und
schnaufte einmal kurz durch. Sie war sich nicht sicher, ob sie die
Stimme des Mannes schon einmal gehört hatte, doch zumindest
war sie sich sicher, dass es nicht Erik war. Es wäre wohl auch zu
einfach gewesen, wenn man ihren Kollegen damit beauftragt
hätte, ihr die gesuchten Mittel zu verabreichen. Kurz kam ihr der
verwirrende Gedanke, dass Erik doch auf diesem Weg längst viel
einfacher an die mutmaßlich unzulässigen Substanzen hätte
kommen können.
Doch bevor sie eine Gelegenheit dazu hatte, diesen
Gedanken weiter zu verfolgen, war der fremde Mann an ihre
Seite getreten, hatte ihr die Hand vor den Mund gelegt und ihr
ein Kaubonbon zwischen die Zähne geschoben. Einige Sekunden
lang wartete der Stallarbeiter bewegungslos ab, ehe er seine Hand
von ihr löste und irgendwo hinter ihr verschwand. Hatte er damit
sichergehen wollen, dass sie den Bonbon nicht gleich wieder
ausspuckte?
Doch Conny hatte nicht vor, den Kaubonbon in die
Futterrinne zu spucken. Dort würde Erik schließlich keine
Gelegenheit haben, ihn zu untersuchen. Stattdessen bugsierte sie
ihn mit Hilfe ihrer Zunge in ihre rechte Backentasche. Im
Gegensatz zum Vortag, an dem sie vollkommen überrascht
238
worden war, hatte sie dieses Mal keinen Brei aus halb zerkauten
Pellets im Mund. Wenn sich das Kaubonbon nicht zu schnell
auflöste, hatte sie vielleicht eine Chance, es an einen Ort zu
bringen, an dem sie es für Erik aufbewahren konnte.
Mit aufgeregt pochendem Herzen wartete Conny darauf,
dass ihre Euter endlich leer gemolken waren und sie die
Melkmaschine verlassen konnte. Nervös tastete sie mit ihrer
Zungenspitze immer wieder nach dem Gegenstand in ihrem
Mund. War er bereits kleiner geworden? Verdammt! Wenn er von
ihrem Speichel zersetzt wurde, bevor sie eine Gelegenheit hatte,
ihn in Sicherheit zu bringen, konnte sie ihn Erik nicht zeigen!
Doch im Augenblick konnte sie nichts weiter machen, als
abzuwarten. Der Bügel, der in dem Moment über ihrem Rücken
zugeklappt war, als ihre Ohrmarke gescannt worden war,
verhinderte zuverlässig, dass sie sich zu früh von diesem Ort
entfernte. Es war schon erschreckend, wie einfach eine Maschine
ihre Handlungen einschränken konnte. Und wie paradox war es
doch, dass sie sich selbiger immer wieder freiwillig auslieferte.
Conny schnaufte leise und zwang sich dazu, Ruhe zu
bewahren. Mit halb geschlossenen Augen lauschte sie den
pumpenden Geräuschen der Melkmaschine und konzentrierte
sich für eine Weile auf das rhythmische Saugen an ihren Zitzen.
Jetzt, da ihr Körper sich an die maschinelle Behandlung gewöhnt
hatte, empfand sie es sogar als recht angenehm. Das kraftvolle
Zusammenpressen und Saugen ihrer empfindsamen Zitzen
239
wirkte durchaus stimulierend. Zumeist schenkte Conny diesem
Gefühl keine weitere Beachtung, da sie ihre Konzentration auf
das Fressen richtete. Doch heute schied diese Art der Ablenkung
aus, so dass sie sich ein Stück weit darauf einließ. Ohne weiter auf
ihre Umgebung zu achten, fokussierte sie sich auf die
Kontraktionen der Maschine. Abgewechselt spannten sich die
Membrane um ihre Zitzen, pressten sie kraftvoll zusammen und
gewährten im nächsten Augenblick das erleichternde Gefühl der
Befreiung, während der Vorgang sich an Connys anderem Euter
wiederholte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit lockerten sich die
Membranen ein letztes Mal, der Unterdruck der Zylinder wurde
ausgeglichen und Connys Zitzen wieder freigegeben.
Leicht den Kopf schüttelnd löste Conny ihre Gedanken von
ihren Eutern. Sie ignorierte die deutlich spürbare Feuchtigkeit in
ihrem Schritt - sie hatte jetzt keine Zeit, um sich von einer
anderen Kuh befriedigen zu lassen - und tastete mit der Zunge
behutsam nach dem Kaubonbon. Zwar hatte sie den Eindruck,
dass sein Umfang etwas geschrumpft war, doch er war noch
immer groß genug, damit Erik etwas damit anfangen konnte.
Conny warf einen leicht wehmütigen Blick auf die restlichen
Pellets, die unangetastet in der Futterrinne lagen. Obwohl sie
etwa die Hälfte der beträchtlichen Portion gefressen hatte, fühlte
sie sich nicht besonders satt. Doch im Augenblick war es
wichtiger, das Bonbon in Sicherheit zu bringen. Bis zum nächsten
240
Gong würde es nur ein paar Stunden dauern, und bis dahin
würde sie schon nicht verhungern. Ohnehin hatte sie in den
letzten Wochen genug zugenommen, dass sie sich darum wohl so
schnell keine Sorgen machen musste. Im Gegenteil, wenn sie
endlich aus dem Stall heraus war, würde sie erst einmal eine Diät
machen müssen!
Sobald sich der Bügel über ihrem Rücken gelockert hatte,
richtete Conny sich auf und setzte sich in Bewegung. Die
Journalistin verzichtete auf den obligatorischen Halt an der
Tränke, zu groß war die Angst, dass sie ihr wertvolles
Beweisstück versehentlich verschluckte. Zwar hatten die Pellets
sie wie immer durstig gemacht und ihr Gesicht verlangte leicht
juckend danach, gewaschen zu werden, doch sie ignorierte diese
Gefühle und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe.
Monatelang hatte sie im Stall ausgeharrt, ohne je das Gefühl
zu haben, einen wirklichen Beitrag zu Eriks und ihrer Recherche
leisten zu können. Natürlich, sie hatte ihre Umgebung beobachtet
und auch ihre Blutwerte waren sicherlich hilfreich gewesen. Doch
erst jetzt hatte sie die Gelegenheit, wirklich etwas beizusteuern.
Dieses Gefühl erfüllte sie mit einem Tatendrang, den sie in den
letzten Wochen nicht annähernd so stark gespürt hatte. Die Tage
vergingen nun nicht mehr nur einfach, während sie das Leben
einer Kuh führte, sondern sie hatten wieder Sinn und Ziel!
In kürzester Zeit hatte Conny ihren Liegeplatz erreicht.
241
Behutsam ließ sie sich auf die Knie sinken, beugte den
Oberkörper vor und spuckte den Kaubonbon behutsam in das
Stroh.
Zum ersten Mal hatte sie selbst Gelegenheit, es zu
betrachten. Ihr Beweisstück war von leicht beiger Farbe und
klebte feucht von ihrem Speichel schnell an ein paar Strohhalmen
fest. Besonders groß war es nicht mehr, während des langen
Melkvorgangs hatte es dann doch recht deutlich an Umfang
eingebüßt. Conny war jedoch zuversichtlich, dass der kaum
fingerkuppengroße Gegenstand die Beweise liefern würde, die sie
brauchten.
"Wenn das Zeug legal ist, fresse ich mein Stroh", dachte sie
grimmig und vertrieb den Gedanken ganz schnell wieder. Sie
musste positiv denken!
Die Zeit verging. Längst hatten Connys Artgenossinnen sich
wieder auf ihre Liegeplätze verteilt und eine gewisse Ruhe hatte
sich im Stall ausgebreitet.
Conny hatte sich seitlich ins Stroh gelegt und wartete auf
Erik. Immer wieder huschte ihr Blick auf das Kaubonbon, das
unweit von ihr zwischen ein paar Halmen lag. Als wollte sie sich
selbst versichern, dass es noch immer dort lag, ließ sie es kaum
aus den Augen. Auch ihren Durst unterdrückte sie noch immer.
Sie hatte sich vorgenommen, das Beweisstück zu bewachen, bis es
sicher in Eriks Tasche verschwunden war.
Stumm fragte sie sich, was für Wirkstoffe wohl genau in
242
dem Bonbon steckten. Da BioUdders dachte, dass ihre
Milchmenge sank, handelte es sich vermutlich um Mittel, die ihre
Laktation steigern sollten. Conny hielt einen Hormoncocktail für
wahrscheinlich, jedoch kannte sie sich in solchen Dingen zu
wenig aus, um wirklich sicher zu sein. Denkbar war auch
irgendeine Chemikalie. Das wäre zwar für ihre Recherche gegen
BioUdders ganz praktisch, sie selbst war allerdings weniger stark
begeistert von dieser Idee. Selbst wenn es sich um etwas
halbwegs Legales handelte, würde es seine Wirkung vermutlich
nicht verfehlen. "Das letzte, was ich jetzt brauche, ist noch mehr
Milch zu produzieren...", grollte sie und dachte an ihre ohnehin
schon enormen Euter. Ob ihre Zitzen der erhöhten Belastung
überhaupt noch standhalten würden? Doch sie hatten sich mit
der Zeit so gut an den jetzigen Zustand angepasst, dass sie wohl
auch noch ein paar Milliliter mehr wegstecken konnten. Eine
ganz andere Frage war, wie Conny aussehen würde, wenn dieses
Abenteuer endlich vorbei war. Inzwischen glaubte sie kaum
noch, dass ihre Euter und Zitzen sich ohne chirurgische Hilfe
wieder in eine halbwegs menschliche Form zurückbilden
würden.
Mehrere Stunden waren vergangen und Conny befürchtete
langsam, dass die Glocke erneut klingeln würde, ehe Erik in den
Stall kam. Sie war unschlüssig, was sie in diesem Fall machen
sollte. Einerseits wollte sie das Bonbon nicht aus den Augen
lassen, doch andererseits hielt sie es für keine gute Idee, nicht zur
243
Melkmaschine zu gehen. Schon die normale Zeitspanne zwischen
zwei Glockenschlägen reichte aus, damit ihre Euter leicht zu
spannen begannen. Ein paar zusätzliche Stunden würden
vermutlich höchst unangenehme Gefühle, wenn nicht sogar
ausgewachsene Schmerzen mit sich bringen. Dazu kam das
zunehmend stärker werdende Hungergefühl. Das hatte sie nun
davon, dass sie nur die Hälfte ihrer Portion gefressen hatte.
Eine halbe Stunde lang überlegte sie hin und her, wie sie
dieses Problem lösen konnte, ehe es sich von einem Augenblick
zum anderen in Luft auflöste. Eine Gestalt in einem der
auffälligen Overalls von BioUdders hatte soeben den Stall
betreten und schaute sich suchend um. Ruckartig hob Conny den
Kopf, so dass sie sich fast den Hals verrenkte und erkannte zu
ihrer großen Erleichterung Erik.
Die Journalistin richtete sich hastig auf und stieß ein lautes
Muhen aus, um ihren Kollegen auf sich aufmerksam zu machen.
Nur ungern wollte sie ihren Liegeplatz und damit auch ihre Beute
jetzt noch aus den Augen lassen. Erik hatte ihren Platz schon
einmal gefunden, so dass er sich eigentlich daran erinnern sollte,
wo er sie treffen konnte.
Conny muhte noch zwei Mal, konnte jedoch keinen Erfolg
verzeichnen. Ihre Laute animierten lediglich einige ihrer
Artgenossinen dazu, es ihr gleich zu tun, so dass der Lärmpegel
im Stall deutlich anstieg.
244
"Das gibt es doch nicht...", fluchte sie innerlich, warf einen
letzten prüfenden Blick auf das Kaubonbon und lief gleich darauf
mit eiligen Schritten auf Erik zu.
Ihr Kollege prüfte gerade die Ohrmarke einer anderen
Milchkuh, als Conny ihn erreichte. Ungeduldig wartete sie
darauf, dass er auf sie aufmerksam wurde. Als es ihr zu lange
dauerte, senkte sie kurzerhand den Kopf und stieß die Stirn
unsanft gegen Eriks Schulter.
"Hey!", stieß der falsche Stallarbeiter aus, löste den Blick von
der gelben Ohrmarke der anderen Kuh und richtete seine
Aufmerksamkeit auf Conny. Kurz funkelte er sie böse an, ehe er
sie erkannte. "Ach, du bist es!".
Conny verzog das Gesicht. Wen hatte Erik denn sonst
erwartet, hier zu treffen? Sie nickte leicht mit dem Kopf und
machte sogleich einen Schritt zurück, um Erik zu ihrem Platz zu
führen.
Doch ihr Kollege dachte nicht daran, ihr zu folgen.
Stattdessen lächelte er entschuldigend und hob beschwichtigend
die Hände. "Ich hätte dich schon noch gefunden, keine Sorge."
Innerlich seufzend nickte Conny erneut. Erik schien nicht zu
verstehen, dass sie es eilig hatte. Davon abgesehen, dass sie das
Bonbon nicht noch länger unbewacht lassen wollte, dauerte es
dem aufkommenden Spannen in ihren Brüsten nach nicht mehr
lange, bis der Gong erneut erklingen würde. Und dessen Ruf
würde sie folgen müssen, wenn sie nicht zu sehr auffallen und
245
zudem das Bindegewebe ihrer Euter unnötig herausfordern
wollte.
"Wie geht es dir? Hat sich am Wochenende etwas ergeben?",
erkundigte sich Erik nun nach ihrem Wohlbefinden. Das war ihre
Chance!
Conny nickte wild mit dem Kopf, drehte sich dann um und
kehrte schnurstracks zu ihrem Platz zurück. Auf diese Weise ließ
sie Erik keine andere Wahl, als ihr zu folgen. Verbal konnte sie
ihm ohnehin nicht erklären, was passiert war. Oder hatte er
vielleicht vergessen, dass sie seit Monaten kein einziges Wort
gesprochen hatte?
Ihre Nervosität legte sich, als sie ihren Liegeplatz erreichte
und nach einem prüfenden Blick feststellte, dass ihr Beweisstück
noch immer dort war, wo sie es zurückgelassen hatte.
"Was ist los? Ist hier irgendwas?", fragte Erik, als er zu ihr
aufgeschlossen hatte. Neugierig schaute er sich um, konnte
jedoch scheinbar nichts erkennen.
Conny verdrehte die Augen. Wenn man nicht alles selber
machte... Behutsam machte sie ein paar Schritte in die Box,
mühevoll darauf bedacht, auf dem weichen Stroh mit ihren
Hufschuhen nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Unmittelbar
neben dem Kaubonbon blieb sie stehen, senkte den Blick und
wartete, bis Erik ihre Botschaft verstand.
246
Es dauerte einige Sekunden, bis ihr Kollege endlich ihrem
Blick gefolgt war und den kleinen Gegenstand entdeckte, der dort
im Stroh lag. Rasch machte er zwei Schritte in Connys Richtung,
bückte sich und pflückte das Bonbon aus dem Stroh. Fasziniert
betrachtete er es eine Weile, ehe er den Blick hob und Conny
ansah. "Du bist genial!", sagte er vollkommen baff.
Conny grinste. Endlich, nach Stunden der Anspannung,
konnte sie sich etwas entspannen. Alles war gut gegangen, jetzt
musste Erik ihr Beweisstück nur noch sicher aus dem Stall
bringen und genau unter die Lupe nehmen.
Erik betrachtete den Kaubonbon noch einmal ganz genau,
wobei er hin und wieder mit dem Kopf nickte. "Das ist es. Conny,
das ist es! Du bist einfach großartig!", murmelte er und ihm war
anzusehen, dass er seiner Kollegin am liebsten um den Hals
gefallen wäre.
Sorgfältig steckte Erik den kleinen Gegenstand in seine
Tasche. "Jetzt haben wir unseren Beweis! Conny, in ein paar
Tagen sind wir hier raus!"
247
Die Flucht
Gierig tauchte Conny ihr Gesicht in den Trog und füllte ihr
Maul mit dem erfrischen Wasser. Kleine klebrige Reste der Pellets
lösten sich von ihren Backenzähnen und ihr trockener Hals fühlte
sich schon nach dem ersten Schluck deutlich besser an. Ihr
Fressen war an diesem Abend nicht so feucht gewesen, wie es
normalerweise der Fall war. Das hatte dafür gesorgt, dass die
Pellets gefühlt jeden Tropfen Feuchtigkeit aus ihrem ohnehin
recht trockenen Rochen aufgesogen hatten.
Eine Woche war vergangen, seit es ihr gelungen war, Erik
das Kaubonbon zukommen zu lassen. Ihr Kollege hatte es noch
am gleichen Tag einem Labor zur Untersuchung gegeben,
dennoch hatte es eine ganze Weile gedauert, bis sie endlich ein
Ergebnis erhalten hatten. In der Zwischenzeit war die Journalistin
damit beauftragt worden, weitere Kaubonbons unbedingt zu
fressen. Man erhoffte sich davon, dass sich die Testergebnisse
durch ihre Blutwerte bestätigen lassen würden. Zudem sei es
unumgänglich, um BioUdders lückenlos nachweisen zu können,
dass diese Kaubonbons nicht nur kurzfristig, sondern tatsächlich
systematisch und längerfristig eingesetzt wurden.
Conny war naturgemäß wenig begeistert von dieser Idee. Sie
wollte ihrem Körper nicht noch mehr schaden, als sie es ohnehin
schon getan hatte. Andererseits würde sie höchstwahrscheinlich
248
schon in wenigen Tagen wieder zurückverwandelt werden, so
dass sie dieses Risiko nun auch noch auf sich nehmen konnte.
Zumindest hatte sie bisher noch keine Auswirkungen der
Bonbons feststellen können. Von ihrer guten Laune abgesehen,
hatte sich die letzte Woche nicht von den vorherigen
unterschieden. Bis auf das tägliche Kaubonbon, das ihr immer zur
dritten Mahlzeit des Tages verabreicht wurde, ging alles seinen
ganz normalen Gang. Schlafen, sich erleichtern, Fressen und
Melken, repeat. Auf Dauer nicht sehr erfüllend, doch sie würde es
schließlich bald hinter sich haben.
Am Vortag schließlich war Erik mit einem breiten Grinsen
zu ihr gekommen. "Die Testergebnisse sind da", hatte er gesagt,
und sie anschließend einige furchtbar lange Sekunden auf die
Folter gespannt. Dann war er endlich mit der Sprache
herausgerückt: "Die Analyse ist eindeutig. In dem Kaubonbon ist
eine hohe Dosierung eines Präparats gefunden worden, das
"Pro-Milk" sehr ähnlich ist. Wir glauben sogar, dass es vom
gleichen Hersteller sein könnte. Für uns ist aber am Wichtigsten,
dass es auf jeden Fall gegen die Bio-Auflagen verstößt."
Wären ihre Arme nicht fest auf ihrem Rücken fixiert, wäre
Conny ihrem Kollegen in diesem Augenblick vermutlich um den
Hals gefallen, so glücklich war sie gewesen. Das war die
Nachricht, auf die sie so lange gehofft hatte. Sie hatten nun den
Beweis, ihr Aufenthalt im Stall hatte einen Sinn gehabt - und was
nicht minder wichtig war, er würde bald vorbei sein!
249
Nachdem sie endlich Gewissheit hatten, blieb nur noch eine
letzte Herausforderung übrig: Sie mussten Conny aus dem Stall
heraus bringen und wieder in ein menschliches Wesen
verwandeln. Das klang leichter, als es tatsächlich war, denn Erik
warf ein, dass BioUdders kaum zulassen würde, dass eine der
Milchkühe einfach entwendet wurde. Auf der anderen Seite
wollte er die gewonnenen Informationen jedoch auch nicht
veröffentlichen, bevor Conny in Sicherheit war. Es bestand
durchaus noch die Gefahr, dass BioUdders die Journalistin
einfach verschwinden ließ und leugnete, die Kaubonbons jemals
eingesetzt zu haben. Einzig Connys Blutwerte, in Verbindung mit
ihrer Zeugenaussage, konnten den unumstößlichen Beweis
liefern.
Aus diesem Grund hatte Erik entschieden, dass sie Conny
heimlich vom Gelände des Unternehmens schaffen würden.
Einen Plan hatte er scheinbar schon im Hinterkopf, zumindest
hatte er seiner Kollegin versprochen, an diesem Abend zurück zu
kehren. "Leg dich bloß nicht schlafen, ich komme auf jeden Fall
noch einmal vorbei, hörst du?", hatte er sie eindringlich gewarnt.
Den ganzen Tag über hatte sich eine zunehmend stärker
werdende Aufregung in Conny breit gemacht. Sie ahnte, dass
Erik sie noch an diesem Tag aus dem Stall holen wollte. Jetzt, wo
es endlich so weit war, konnte sie es kaum noch erwarten.
Natürlich, sie hatte sich in den letzten Monaten an das Leben im
250
Stall gewöhnt, aber doch hauptsächlich deswegen, weil sie sich
irgendwie mit den Umständen arrangieren musste, um sie
ertragen zu können.
Nachdem sie ihren Durst gestillt hatte, kehrte Conny zu
ihrem Liegeplatz zurück. Vielleicht zum letzten Mal überhaupt
ließ sie sich in das Stroh sinken. Ihr Blick streifte durch den Stall.
Viele ihrer Artgenossinnen hatte sie auf eine ganz merkwürdige
Art und Weise kennen gelernt. Ohne je auch nur ein richtiges
Wort mit ihnen gewechselt zu haben, war sie einigen von ihnen
näher gekommen, als einer anderen Frau jemals zuvor. Dennoch,
eigentlich kannte sie die Kühe, mit denen sie die letzten Monate
jeden Tag verbracht hatte, überhaupt nicht. Sie wusste nichts über
ihre Vergangenheit oder über ihre Gedanken - allerdings waren
ihr über die Zeit zumindest bei einigen ihrer Artgenossinnen
verschiedene Verhaltensweisen aufgefallen. So stand die Kuh aus
der gegenüberliegenden Box beispielsweise immer erst sehr spät
auf und nahm die Dusche seltener in Anspruch, als die meisten
anderen. Doch das waren erschreckend wenige Erkenntnisse in
Anbetracht der Zeit, die sie auf engstem Raum miteinander
verbracht hatten. Innerhalb der Herde herrschte trotz der
körperlichen Nähe eine gewisse Anonymität, die Conny
allerdings hin und wieder auch sehr zu schätzen gewusst hatte.
Ein wenig taten ihr die Kühe leid, die vermutlich ihr
gesamtes restliches Leben in einem dieser Ställe verbringen
würden. Sie war heilfroh, dass ihr Aufenthalt an diesem Ort nun
251
bald beendet sein würde, doch das war die Ausnahme.
Normalerweise gab es keine Rückverwandlung. Einmal in ein Pet
verwandelt, war man endgültig ein Pet. Falls Conny in einigen
Monaten oder gar Jahren für eine Reportage über BioUdders an
diesen Ort zurückkehren sollte, würden ihre momentanen
Artgenossinnen noch immer hier sein und mehrmals täglich dem
Ruf der Glocke zu den Melkmaschinen, dem täglichen Trott
folgen.
Eine halbe Stunde, nachdem Conny zu ihrem Platz
zurückgekehrt war, tauchte Erik wie versprochen im Stall auf.
Beinahe andächtig erhob sich die Journalistin, warf einen
hoffentlich letzten Blick auf ihren Liegeplatz und ging zwischen
ihren Artgenossinnen hindurch auf ihren Kollegen zu.
Es hatte lange gedauert, doch in den letzten Tagen hatte Erik
endlich den Dreh raus bekommen. Ohne einen Blick auf ihre
Ohrmarke werfen zu müssen, erkannte er Conny und lächelte sie
zur Begrüßung an.
"Okay, hör gut zu. Auf dem Parkplatz vor dem
Firmengelände steht ein Transporter, der dich zu Dr. Collins
zurückbringen wird. Das Gelände selbst wird jedoch von
Kameras überwacht, daher werde ich dich an einer Führleine
nach draußen bringen. Das ist wesentlich unauffälliger und
täuscht hoffentlich auch den Sicherheitsdienst im
Überwachungsraum. Lange muss die Tarnung ja schließlich nicht
mehr halten, nicht wahr?", erklärte Erik seinen Plan.
252
Conny nickte zustimmend. Endlich! Sie bekam ihr normales
Leben wieder! In diesem Augenblick war es ihr recht egal, wie
genau der Plan ihres Kollegen im Detail aussah. Die Hauptsache
war nur, dass sie endlich aus diesem Stall herauskam, dass sie
sich nicht mehr an die Melkmaschine stellen musste, dass sie
wieder ein Mensch wurde!
"Gut, dann lass uns aufbrechen. Um diese Uhrzeit ist auf
dem Hof nicht mehr viel los, da stellt uns niemand blöde Fragen.
Das nutzen wir aus!", beschloss Erik. Mit einer Hand griff er nach
Connys Nasenring, hob ihn leicht an und ließ einen kleinen
Karabiner zuschnappen, der fest mit einer feinen Metallkette
verbunden war.
Während der letzten Monate hatte die Journalistin den Stall
nicht ein einziges Mal verlassen, entsprechend war auch der
Nasenring nicht benutzt worden. Jetzt, wo dort wieder eine Kette
eingehakt war, empfand sie es wieder, diese Demütigung, das so
erniedrigende Gefühl, nicht mehr zu sein, als ein Tier.
Erik setzte sich in Bewegung und die Metallkette spannte
sich. Gerade noch rechtzeitig setzte sich auch Conny in
Bewegung, so dass der Ring sich unter dem Zug der Kette zwar
leicht von ihrer Oberlippe hob, jedoch nicht an ihrer
Nasenscheidewand zog.
Wie Vieh an der Leine geführt folgte sie ihrem Kollegen
durch den Stall. Ihr Herz schlug wild in ihrer Brust, doch das lag
nicht nur an der Demütigung. Mit jedem Schritt wuchs ihre
253
Aufregung und ihre Vorfreude. Endlich würde sie diesen Ort
hinter sich lassen!
Connys Euphorie erreichte einen vorläufigen Höhepunkt,
als sie an dem stählernen Drehgitter ankamen, durch das sie vor
vielen Wochen in den Stall gebracht worden war. Unter normalen
Umständen drehte es sich nur, wenn es von außen aktiviert
wurde, so dass die Kühe keine Gelegenheit dazu hatten, den Stall
zu verlassen. Doch Erik brauchte nur einen kleinen Chip an eine
bestimmte Stelle der Verblendung halten, und schon setzte es sich
in Bewegung.
Die Journalistin mit der Leine eng bei sich haltend, bugsierte
Erik seine Kollegin aus dem Stallbereich heraus. Der Kette nun
wieder etwas mehr Spiel gebend, führte er sie anschließend durch
den angrenzenden Vorraum des Gebäudes.
Wenige Sekunden später traten sie durch eine offene Tür ins
Freie. Kühle Nachtluft empfing die nackte Journalistin und eine
frische Brise ließ sie frösteln. Im Stall hatte immer die gleiche
Temperatur geherrscht, ganz gleich, welches Wetter draußen
geherrscht hatte.
Doch selbst wenn sie kniehoch in Schnee gestanden hätte,
wäre es Conny in diesem Augenblick egal gewesen. Tief sog sie
die frische Luft ein und hatte das Gefühl, zum ersten Mal seit
langer Zeit richtig atmen zu können. Sie füllte ihre Lungen mit
der kalten Nachtluft, die so herrlich nach Freiheit schmeckte. Erst
254
jetzt, da sie es nicht mehr roch, wurde ihr bewusst, wie sehr sie
sich an die Gerüche des Stalls und der anderen Kühe gewöhnt
hatte. Den Kopf behutsam etwas zur Seite drehend, um die Kette
nicht zu stark zu spannen, stellte Conny fest, dass auch sie selbst
nicht gerade angenehm roch. Bei ihrem ersten Bad würde sie
sicher eine ganze Tube Duschgel verbrauchen!
Leise klirrte die Kette, die den Ring in Connys Nase mit der
Hand ihres Kollegen verband. Kaum zwei Schritte hinter ihm
folgte sie dem Zug der Kette über das weitläufige Gelände von
BioUdders.
Hohe Laternen erleuchteten den breiten Weg, der zwischen
den Stallgebäuden entlang führte. Ihr Stall, in dem sie so viele
Wochen verbracht hatte, lag bereits weit hinter ihr. Kurz war sie
versucht, sich nach ihm umzusehen, doch die straff gespannte
Führkette hielt sie davon ab. Erik hatte ein ordentliches Tempo
drauf, das sie in ihren Hufschuhen kaum mithalten konnte.
Immer wieder hob sich der Ring bedrohlich von ihrer Oberlippe,
doch bisher hatte sie es immer gerade noch rechtzeitig geschafft,
den Abstand zu Erik rechtzeitig zu verkürzen, bevor das Piercing
unsanft an ihrer Nasenscheidewand zog. Auf diesen Schmerz
wollte sie nach Möglichkeit verzichten.
Stall um Stall verschwand hinter Conny in der Nacht. Trotz
ihres eigenen Aufenthalts in einem dieser Ställe, fiel es ihr nach
wie vor schwer zu realisieren, dass hinter jeder einzelnen dieser
255
Fassaden an die hundert Kühe lebten. Bis vor einer halben Stunde
war sie eine von ihnen gewesen, hatte die klebrigen Pellets
gefressen, ihre Euter melken lassen und sich ungeniert über
einem Gitter erleichtert. Doch das war jetzt Vergangenheit!
Connys Augen füllten sich mit Tränen. Sie war nicht
unglücklich, sondern viel mehr erleichtert, doch sie konnte nicht
verhindern, dass ihr ein paar Tropfen über die Wangen rollten.
"Bleib stark, du hast es gleich hinter dir", ermahnte sie sich selbst.
Sie vertrieb die Erinnerungen an ihr Leben als Kuh für den
Moment und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Weg, der vor
ihr lag. Nur noch ein großes Gebäude zeichnete sich im Licht der
Laternen gegen die Dunkelheit ab. Wenn sie daran vorbei waren,
müssten sie bereits den Parkplatz erreichen!
Zielstrebig setzte Conny einen Fuß vor den anderen. Ihre
Hufschuhe erzeugten bei jedem Schritt ein dumpfes Geräusch,
wenn der schwere Huf auf den gepflasterten Boden des
Gehweges traf. In der ruhigen Nacht wirkte es unnatürlich laut
und die Journalistin war sich beinahe sicher, dass jeder
Mitarbeiter auf dem gesamten Gelände es hören musste.
Doch mit jedem Schritt kam sie der Freiheit ein weiteres
Stück näher! Am liebsten wäre sie losgerannt, hätte jede Vorsicht
fallen lassen. Sie machte einige schnellere Schritte und schloss
rasch zu Erik auf. Er warf ihr einen kurzen Blick zu und schüttelte
leicht den Kopf. "Jetzt nicht leichtsinnig werden. Halte dich an
den Plan!", zischte er ihr zu.
256
Conny atmete tief ein, nickte leicht mit dem Kopf und ließ
sich wieder etwas zurückfallen, so dass die Führkette sich ganz
leicht spannte. "Du hast leicht reden", dachte sie grimmig, gab
ihrem Kollegen jedoch insgeheim recht. Sie hatten es fast
geschafft, jetzt durften sie sich keine Fehler erlauben.
Als sie fast auf der Höhe des letzten Stalls waren, erkannte
Conny zwei Personen, die ihnen entgegen kamen. Ihr Herz
machte sofort einen Satz, doch sie ermahnte sich zur Ruhe. "Die
arbeiten hier, das ist ganz normal. Nur keinen Verdacht erregen."
Stumm hoffte sie, dass die beiden Mitarbeiter von
BioUdders einfach an ihnen vorbei gingen, doch wenige Meter
vor ihnen blieben sie stehen.
"Nanu, wohin denn noch so spät?", erkundigte sich einer der
beiden.
Erik ging noch einen Schritt weiter, ehe auch er stehen blieb.
Die freie Hand zum Gruß hebend erwiderte er: "Nur eine
Verlegung nach dem abendlichen Melken."
Conny war einen halben Meter hinter Erik stehen geblieben
und musterte die beiden Fremden. Es waren zwei Männer, beide
in den typischen Uniformen von BioUdders gekleidet. Der Linke
hielt ein Tablet in der Hand und kam ihr vage bekannt vor.
Vermutlich hatte sie ihn irgendwann schon einmal gesehen. Doch
es musste bereits eine ganze Weile her sein, denn es gelang ihr
nicht, sein Gesicht einer bestimmten Erinnerung zuzuordnen.
257
"Ach Erik, du bist es. In dem Licht habe ich dich fast nicht
erkannt", meinte der Rechte und lächelte seinen vermeintlichen
Kollegen freundlich an.
Erik lachte. "Kann passieren, halb so wild. Bei euch alles in
Ordnung?"
Conny entspannte sich ein wenig. Scheinbar kannte Erik die
beiden, so dass sie ihm vertrauten. Sie war sich ziemlich sicher,
dass ihre "Verlegung" nicht angemeldet war und war froh, dass
ihnen eine genauere Kontrolle erspart blieb.
"Wie man es nimmt. Gab jedenfalls schon ruhigere Nächte",
erwiderte der Mann mit dem Tablet.
"Wieso, ist etwas passiert?", erkundigte sich Erik in besorgter
Stimmlage. Conny war sich nicht sicher, ob seine Sorge nur
gespielt war.
Der Mann winkte ab. "Ach, halb so wild. Ein Transporter hat
unseren Parkplatz blockiert und wollte sich partout nicht davon
überzeugen lassen, dass er dort nichts zu suchen hat."
"Richtig, hat immer etwas davon gefaselt, dass er etwas
abholen soll, dabei ist bei uns überhaupt keine Lieferung
verzeichnet", stimmte sein Kollege zu.
"Hat sich erst überzeugen lassen, als ich es ihm schriftlich
bestätigt habe, dass bei uns nichts abzuholen ist", lachte der Mann
mit dem Tablet. "Hat ganz schön blöd geguckt. Als ob wir um die
Uhrzeit noch Transfers durchführen würden..."
Erik stimmte in das Gelächter der beiden Männer mit ein,
258
während Connys Herz für eine Sekunde stehen blieb. Bei dem
Transporter konnte es sich nur um ihr Ticket heraus aus dieser
Hölle handeln, und nun hatten diese beiden übereifrigen
Angestellten dafür gesorgt, dass ihr Weg zurück in ein normales
Leben versperrt war.
"Na komm, wir begleiten dich ein Stück", schlug Eriks
Kollege vor. Dem Journalist blieb kaum etwas anderes übrig, als
zustimmend zu nicken und sich etwas unentschlossen erneut in
Bewegung zu setzen.
Verunsichert folgte Conny ihrem Kollegen und den beiden
weiteren Mitarbeitern von BioUdders, die nebeneinander den
Weg entlang schlenderten.
Sie achtete darauf, dass die Kette nicht an ihrem Ring zog
und zerbrach sich den Kopf darüber, wie es nun weitergehen
sollte. Der Transporter war weg, dafür hatten die beiden Männer
offenbar höchst erfolgreich gesorgt.
Auch Erik schien diesen Gedanken gehabt zu haben und bog
in Richtung des letzten Stallgebäudes ab. Conny hätte vor Frust
beinahe laut aufgeschrien, doch das Spray auf ihren
Stimmbändern sorgte dafür, dass sie nur einen schiefen, kratzigen
Laut hervorbrachte.
"Oha, damit gewinnt die aber keinen Wettbewerb", lachte
einer der Männer und warf einen kurzen Blick über die Schulter.
Conny senkte den Kopf. Erneut hatte sie Tränen in den
Augen, dieses Mal jedoch vor Frustration. Sie war ihrem Ziel so
259
unglaublich nahe gewesen! Sie war bereits draußen, hatte den
Hof beinahe verlassen... warum mussten diese beiden Idioten
ausgerechnet jetzt auftauchen und ihren Fluchtplan
durchkreuzen?
Am Gebäude angekommen hielt Erik die Leine etwas
kürzer, so dass Conny ihm ganz dicht durch den Vorraum folgen
musste. Sie blieben erst stehen, als sie vor einem weiteren
Drehgitter angekommen waren.
Hilfesuchend schaute Conny ihrem Kollegen in die Augen.
Er hielt ihrem Blick einige Sekunden lang stand, deutete sogar ein
leichtes Zwinkern an. Da die beiden Wachhunde des
Unternehmens in Hörweite waren, konnte er schlecht mit ihr
reden, so dass sie nur hoffen konnte, dass diese kleine Botschaft
bedeutete, dass er sie retten würde, sobald er seine Kollegen
abgeschüttelt hatte.
Erik gab ihr einen leichten Schubs, das Drehgitter setzte sich
in Bewegung und Conny stolperte dem Ort entgegen, von dem
sie gerade noch gedacht hatte, dass sie ihn hoffentlich nie wieder
sehen musste. Vergessen war die frische Luft und die kühle Brise
der Nacht, zurück waren die schwere Luft des Kuhstalls und die
ihr so vertraute, immer gleiche Temperatur. Sie umschlangen die
junge Journalistin wie ein stählernes Band und nahm ihr die Luft
zum Atmen. Tränen strömten über ihr Gesicht, als sie hörte, wie
das Drehgitter hinter ihr einrastete. Es hatte einen fürchterlich
261
Blind Date
Die Augen halb geschlossen lag Conny auf ihrem Liegeplatz.
Leicht genervt bewegte sie ihre Hüfte ein wenig vor und zurück,
um das Stroh unter ihr in eine angenehmere Position zu rücken.
Doch so sehr sie sich auch bemühte, einige der Halme stachen ihr
noch immer unangenehm in die Haut.
Resignierend drehte sie sich auf die andere Seite. Ihr Blick
fiel auf den Rücken der Kuh in der angrenzenden Box. Conny
seufzte leise und schloss frustriert die Augen. Eigentlich hätte sie
längst keine Kühe mehr sehen sollen - zumindest nicht aus der
Nähe. Sie war der Rückkehr in ein normales Leben so nah
gewesen, doch jetzt schien es ungewisser als je zuvor zu sein, ob
sie die Ställe von BioUdders irgendwann würde verlassen
können.
Tatsächlich verspürte Conny zum ersten Mal seit ihrer
Scheinverwandlung in ein Rind wirkliche Angst. Es hatte nichts
mit dem Unbehagen zu tun, das sie bei den Gedanken hatte, dass
ihr Aufenthalt im Stall vielleicht keine Ergebnisse bringen würde.
Nein, seit der gescheiterten Flucht verspürte sie eine
tiefgreifende, allgegenwärtige Angst, den Rest ihres Lebens als
Kuh verbringen zu müssen. Sie konnte diesem Gefühl nicht
entfliehen, konnte die Gedanken daran nicht verdrängen.
Mehrere Tage waren bereits vergangen, seit Erik sie aus dem
262
Stall geholt und über den Hof geführt hatte. Doch anstatt am
Ende des Tages das Gelände der Firma zu verlassen und wieder
in die Freiheit zurück zu kehren, war sie in einem anderen
Stallgebäude gelandet.
Von der Art und Weise her unterschied er sich praktisch
nicht vom dem Ort, an dem sie die letzten Wochen und Monate
verbracht hatte. Der Bereich, in dem sie sich nun befand, war
jedoch deutlich kleiner und beherbergte nicht einmal 20 Kühe.
Auch was ihre Artgenossinnen anging, gab es einen
Unterschied zum größeren Stall. Während die Herde dort nur aus
Angler Rindern bestanden hatte, die einander mit der einheitlich
rotbraun gefärbten Haut sehr stark ähnelten, gab es hier
Vertreterinnen mehrerer Rinderrassen. Die Kuh in der
angrenzenden Box beispielsweise hatte einen braun gefärbten
Körper und einen komplett weißen Kopf. Conny, die sich vor
ihrer Verwandlung eingehend mit dem Thema befasst hatte,
wusste, dass es sich bei ihr um ein Hinterwälder Rind handeln
musste. Zu den weiteren Bewohnern des Stalls gehörten
außerdem auch gefleckte Rinder der Rassen Red und Black
Holstein, die für eine besonders ergiebige Milchproduktion
bekannt waren.
Bedingt durch die kleinere Herde und die unterschiedlichen
Rassen hatte Conny das Gefühl, dass die Anonymität nicht ganz
so groß war wie im vorherigen Stall. Natürlich, sie alle waren
Kühe und saßen im gleichen Boot, doch zumindest war es
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möglich, die einzelnen Individuen recht problemlos
wiederzuerkennen. Ob das nun etwas Positives war oder nicht,
konnte die Journalistin jedoch noch nicht sagen. Sie hoffte, dass
sie nicht genug Zeit hatte, um eine Studie darüber aufstellen zu
können.
Ob es einen Grund dafür gab, dass es in diesem Stall keine
Trennung nach den unterschiedlichen Rassen gab, war Conny
unbekannt. Wenn sie ehrlich war, interessierte es sie jedoch auch
nicht besonders. Sie hatte lange genug als Kuh gelebt und sehnte
sich nur noch danach, endlich wieder zurückverwandelt zu
werden.
Den ersten Tag, nachdem Erik sie an diesem Ort abgeliefert
hatte, hatte Conny genutzt, um ihre Umgebung sehr genau zu
untersuchen. Sie hatte darauf gehofft, eine Fluchtmöglichkeit zu
finden. Doch schon nach kurzer Zeit hatte sie feststellen müssen,
dass eine Flucht ohne Hilfe von außen kaum gelingen würde. Der
Stallbereich war so gesichert, dass sie absolut keine Chance hatte,
ihn auf eigene Faust verlassen zu können. Überhaupt gab es nur
zwei Zugangspunkte zum Stall, und beide waren so gesichert,
dass sie sich nur mit Hilfe eines Transponders öffneten. Testweise
hatte sie versucht, ihre Ohrmarke in die Nähe des Scanners zu
halten, doch das hatte die Gatter natürlich nicht geöffnet.
Wenn sie ohne Erik aus dem Stall entkommen wollte,
musste sie darauf hoffen, dass einer der Pfleger einen Fehler
machte oder so unaufmerksam war und das Tor offen stehen ließ.
264
Das zumindest diese Möglichkeit bestand, stellte einen
gewissen Hoffnungsschimmer für Conny dar, an den sie sich nur
zu gerne klammerte. Überhaupt war in diesem Stall wesentlich
mehr Präsenz der Stallarbeiter zu spüren, als sie gewohnt war.
Oftmals sogar mehrmals an einem Tag betraten einer oder
mehrere der Angestellten den Stall. Was genau sie hier wollten,
war ihr bisher nicht klar geworden, doch meistens schauten sie
nach einer oder zwei Kühen, schienen sie kurz zu untersuchen
und verschwanden genauso schnell wieder, wie sie gekommen
waren. Häufig prüfte Conny anschließend, ob sich die
stählernen Drehtüren des Stalls auch wirklich wieder
verschlossen hatten. Bisher war es immer der Fall gewesen, doch
sie würde nicht aufgeben. Schließlich kostete es sie nicht
besonders viel Mühe, hin und wieder die paar Meter zum
Eingang zu laufen und sich leicht gegen die Gitterstäbe zu
lehnen.
Conny hob den Kopf und beobachtete zwei Angestellte von
BioUdders, die den Stall gerade betreten hatten. Sich munter
miteinander unterhaltend schlenderten sie durch den Stall.
"Ich weiß auch nicht was ich davon halten soll, aber ich
denke wir werden schon noch erfahren, was da genau passiert ist.
Macht keinen großen Sinn, sich jetzt den Kopf zu zerbrechen",
meinte einer der beiden Stallarbeiter.
Die Journalistin spitzte die Ohren und rappelte sich auf, so
265
dass sie im Stroh kniete. Sie wusste nicht genau, worum es bei
dem Gespräch ging, doch hoffte sie, irgendwelche Neuigkeiten
über Erik zu erfahren. Es war ungewöhnlich, dass er sich so lange
nicht bei ihr blicken ließ - vor allem nachdem er sie so ungeplant
in diesen Stall verfrachtet hatte. Einen so langen Zeitraum hatte er
sie noch nie alleine gelassen, und inzwischen dürfte sogar die
Wirkung des Sprays nachgelassen haben, so dass sie behutsam
sein musste, sich nicht durch eine menschliche Äußerung zu
verraten.
"Wir werden sehen. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen,
dass es dazu eine offizielle Info geben wird", entgegnete die
Kollegin des Angestellten.
Neugierig musterte Conny sie. Obwohl sie nun schon eine -
viel zu - lange Zeit bei BioUdders war, hatte sie nur bei zwei oder
höchstens drei Gelegenheiten eine nicht verwandelte Frau
gesehen. In einem Kuhstall zu arbeiten war wohl ein klassischer
"Männerberuf".
Die Angestellte hatte lange, blonde Haare, die zu einem
Pferdeschwanz zusammengebunden waren und trug die gleiche
Uniform, wie ihre männlichen Kollegen. Conny schätzte, dass sie
höchstens ein paar Jahre älter war als sie selbst. Ob sie hin und
wieder Mitleid mit ihren Geschlechtsgenossinnen verspürte, die
hier ein entwürdigendes Dasein als Milchkühe fristeten? Die
Journalistin war sich zumindest sicher, dass sie selbst diesen Job
nicht machen wollen würde.
266
"Kümmern wir uns erst einmal um die Arbeit. Das hier
müsste sie sein, richtig?", hakte der Mann nach, als sie vor
Connys Liegeplatz angekommen waren.
Die Frau nickte. "Die Lebensnummer lautet AR 084 02 71993.
Überprüfst du es vorsichtshalber noch einmal?"
Conny brauchte einige Sekunden um zu realisieren, dass die
Angestellten von BioUdders über sie sprachen. Abgesehen von
einer unheimlich demütigenden Untersuchung durch einen
Tierarzt und den kurzen Besuchen der Pfleger, um ihr das
Präparat zu verabreichen, hatte sich in den vergangenen Monaten
keiner der Angestellten sonderlich um sie gekümmert. Umso
erstaunter war sie, dass sie nun scheinbar das Interesse der
Stallarbeiter geweckt hatte. Sie hoffte nur, dass es nicht mit ihrem
Fluchtversuch zusammenhing. Waren sie etwa aufgeflogen? War
das der Grund dafür, dass Erik schon so lange verschwunden
war?
Der männliche Stallarbeiter kniete sich vor Conny auf den
Boden und griff nach ihrem Nasenring. Unsanft zog er ihren Kopf
zur Seite, so dass er freien Blick auf die gelbe Ohrmarke hatte. "Ja,
die Nummer passt", bestätigte er, den Kopf der Journalistin
weiter festhaltend.
Conny schloss die Augen. Sie hasste es, wenn der Ring, der
gegen ihren Willen durch ihre Nasenscheidewand gestochen
worden war, dazu benutzt wurde, sie zu kontrollieren. Es löste
ein Gefühl der Demütigung in ihr aus, gab ihr das Gefühl, nicht
267
mehr zu sein als ein Tier.
"Gut. Laut der automatischen Aufzeichnungen der
Infrarotscanner am Melkstand dürfte der Zeitraum gerade vorbei
sein. Wir sollten zur Sicherheit aber eine Vaginalmessung
durchführen, um das zu bestätigen. Schließlich ist sie gerade erst
hier her verlegt worden", erklärte die Frau, die einen Schritt
hinter ihrem Kollegen stehen geblieben war und die Daten auf
ihrem Tablet studierte.
Der Mann nickte zustimmend. "Ja, das kann nicht schaden.
Einen Augenblick, ich mache das schon".
Connys Kopf noch immer durch den Nasenring in Position
haltend, zog der Stallarbeiter einen schmalen Stab aus einer der
Taschen seiner Arbeitshose.
Die Journalistin hielt die Augen geschlossen, als der Mann
ihren Kopf unsanft nach unten zog. Ihr blieb keine andere
Möglichkeit, als nachzugeben, bevor der Ring zu schmerzvoll an
ihrer Nasenscheidewand riss. Mit einem leisen Rascheln landete
ihr Oberkörper im Stroh, während ihre Hüfte nun den höchsten
Punkt bildete, da sie noch immer kniete. Conny biss die Zähne
zusammen, als ein Teil ihres Gewichts auf ihren Eutern zur Ruhe
kam. Obwohl sie erst vor wenigen Stunden an der Melkmaschine
gewesen war, spannten sie bereits wieder unangenehm. Durch
den zusätzlichen Druck wurde dieses Gefühl nun noch zusätzlich
verstärkt. Offenbar hatten die Kaubonbons ihre Wirkung
schließlich doch noch entfaltet. So wie sich ihre Euter anfühlten,
gab sie vermutlich mehr Milch als jemals zuvor.
268
Als der Mann den schmalen Gegenstand im nächsten
Augenblick zwischen ihre Schamlippen hielt und ohne weitere
Vorwarnung in ihre Scheide schob, konnte Conny ihrem
imaginären Tagebuch eine weitere demütigende Erinnerung
hinzufügen. Nur mit größter Mühe konnte sie sich einen
erschrockenen Laut verkneifen. Der Gegenstand war kühl und
fühlte sich furchtbar unangenehm an. Was passierte hier mit ihr?
So etwas war in all den Monaten noch nie vorgekommen!
Ein leises Piepen ertönte und der Stallarbeiter zog den
schmalen Stab mit einem leichten Ruck aus Conny heraus. Die
Journalistin schnappte leise nach Luft, die Augen fest zusammen
gepresst. Bis auf Stroh und den Boden ihres Liegeplatzes hätte sie
vermutlich ohnehin nichts gesehen.
"So... schauen wir mal. Du hast recht, wie haben den
Zeitpunkt um ein paar Tage verpasst. Schade eigentlich", meinte
der Mann, wischte den Gegenstand kurzerhand an Connys
Oberschenkel ab und verstaute ihn wieder in einer seiner
Taschen.
Seine Kollegin erwiderte: "War ja klar, das ist irgendwie
jedes Mal so. Aber gut, da kann man nichts machen. Vielleicht
sollten diese Experten so etwas mal überprüfen, bevor sie eine
Verlegung beantragen."
Der Mann gluckste. "Das wäre mal was Neues. Aber ich
glaube es ist besser, wenn wir das selbst machen."
"Auch wieder wahr", stimmte die Frau zu. "Was meinst du,
269
sollen wir sie trotzdem rüber bringen? Diese Woche war sonst
keine dran und so könnte sie ein wenig Erfahrung sammeln.
Dann weiß sie, was sie erwartet, wenn sie heiß ist. Außerdem
braucht der Bulle auch ein wenig Erleichterung, der ist gerade
alles andere als ausgeglichen.
Conny riss die Augen auf. Die Worte der Frau hallten in
ihrem Kopf nach. Bulle? Worum ging es hier überhaupt? Was
hatten die beiden mit ihr vor? Sie versuchte den Kopf zu drehen,
doch der Mann hielt den Ring noch immer fest im Griff und
nahm ihr damit jede Möglichkeit, ihren Oberkörper zu bewegen.
"Ja, warum eigentlich nicht. Dann ist sie beim nächsten Mal
entspannter", stimmte der Stallarbeiter zu. "Hast du einen Würfel
dabei?"
"Ja, Sekunde...", antwortete die Frau gut gelaunt.
Der Mann zog Connys Kopf an ihrem Nasenring ein wenig
nach oben. Eine andere, schmalere Hand legte sich über ihren
Mund und schob ihr dabei etwas zwischen die Lippen.
Die Journalistin versuchte den Mund geschlossen zu halten,
doch schon nach einem kurzen Augenblick kniffen ihr zwei spitze
Fingernägel in die Nase und drückten selbige zu. Für einige
wenige Momente rang Conny mit sich selbst, dann öffnete sie
schließlich doch ihren Mund, um zu atmen. Sofort wurde ihr das
Objekt zwischen die Zähne geschoben. "Wieder so ein illegales
Mittel von BioUdders?", fragte sich Conny im selber Moment und
270
versuchte vergeblich, das scharfkantige Teil aus ihrem Mund zu
schieben.
Ein süßlicher Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus.
Der würfelförmige Gegenstand schien auf ihrer Zunge regelrecht
zu schmelzen, so schnell löste er sich in eine Unmenge kleiner
Körner auf, die sich in ihrem Mund verteilten und mit ihrem
Speichel vermischt unwillkürlich verschluckt wurden.
Ihre Nase wurde wieder freigegeben, nur damit im nächsten
Augenblick ein silberner Karabinerhaken in ihren Nasenring
einschnappte. Er bildete das Ende einer kurzen Führleine, wie
auch Erik sie vor einigen Tagen benutzt hatte.
"Los, hoch mit dir!" Am befehlsmäßigen Ton erkannte
Conny, dass die Worte des Mannes dieses Mal an sie gerichtet
waren. Sie warf ihm einen wütenden Blick zu, der jedoch nur
dazu führte, dass er mit einem leichten Ruck an der Leine zog.
Der Journalistin schossen die Tränen in die Augen, als der Ring
äußerst schmerzhaft nach vorne gezogen wurde und an ihrer
Nasenscheidewand riss.
Aufgebracht wie seit Tagen nicht mehr rappelte Conny sich
auf. Angst, Wut und Demütigung beherrschten ihre Gefühle, als
sie den beiden Angestellten von BioUdders durch den kleinen
Stall folgte. Einige ihrer Artgenossinnen verfolgten sie mit ihren
Blicken, doch Conny war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um
das überhaupt zu bemerken. Die Wut über die grobe Behandlung
271
ebbte ein wenig ab, doch dafür nahm die Angst vor der
Ungewissheit im gleichen Maße zu. Sie wusste nicht, was sie
erwartete, wohin sie gebracht wurde und was man ihr gerade in
den Mund gesteckt hatte. Der kleine Würfel hatte sich binnen
weniger Sekunden vollständig aufgelöst, seine Wirkung jedoch
noch nicht offenbart. Wollte man ihre Milchproduktion etwa noch
weiter steigern? Conny war sich nicht sicher, ob ihre Euter das
schaffen würden. Seit die Wirkung der Kaubonbons sich voll
entfaltet hatte, schien ihr Körper an seiner Belastungsgrenze
angekommen zu sein. Ihre Euter waren schon kurze Zeit nach
dem Melken erneut prall und begannen zu spannen, ihre Zitzen
durchgängig gereizt und ständig leicht geschwollen.
Die Journalistin verdrängte die Gedanken und zwang sich
dazu, auf das Hier und Jetzt zu achten. Sie hatten einen der
beiden Ausgänge des Stalls erreicht - jedoch nicht jenen, durch
den sie an diesen Ort gebracht worden war. Ein Piepsen ertönte,
als die Stallarbeiterin einen Transponder an die Lesemarke hielt,
und im nächsten Augenblick öffnete sich die mit Metall
beschlagene Tür.
Die Führleine spannte sich erneut und Conny folgte den
beiden Angestellten in einen mittelgroßen Raum. Boden und
Wände waren gefliest, auf zwei großen Tischen standen
Monitore. Am auffälligsten war jedoch das, was sich ungefähr in
der Mitte des Raums befand.
Die Journalistin blieb wie angewurzelt stehen, was ihr
272
sogleich einen äußerst schmerzhaften Zug an ihrem Nasenring
beschwerte. Mit geweiteten Augen stolperte sie hinter dem Mann
her, den Blick noch immer auf das seltsam anmutende
Möbelstück gerichtet. Auf vier leicht angewinkelten Beinen
stehend befand sich eine leicht schräge, auf der Oberseite
abgerundete Auflage, die mit dunklem Leder überzogen war.
Conny wusste, was für ein Gerät das war. Während ihrer
Recherchen hatte sie Bilder und einmal sogar ein Video davon
gesehen. Es handelte sich um einen klassischen Zuchtbock!
Wirre Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Für einige
Sekunden stellte sie sich die lächerliche Frage, was das zu
bedeuten hatte, doch die Antwort dämmerte ihr genauso schnell,
wie ihr die Frage in den Sinn gekommen war. Sollte sie etwa auf
den Zuchtbock? Nein, das konnte nicht sein. Das durfte nicht
sein! Das war nie Teil des Plans gewesen! BioUdders verfügte nur
über ein rudimentäres Zuchtprogramm. Aus den Zahlen war klar
ersichtlich, dass es hier nicht ernsthaft darum ging, die
Population der Rinder zu vergrößern, sondern nur die
Mindestvoraussetzungen erfüllt wurden, um steuerliche Vorteile
genießen zu können.
Ging es bei der kleinen Herde in diesem kleineren Stall etwa
um die Zucht? Befanden sich deswegen Kühe verschiedener
Rassen in einem gemeinsamen Gehege? Doch ihr war nicht eine
einzige schwangere Kuh aufgefallen. Wie konnte das sein?
273
Während Conny noch versuchte, ihre Gedanken zu ordnen,
waren sie an dem Zuchtbock angekommen. Mit einer Hand an
ihrer Hüfte, bugsierte der Stallarbeiter sie vor die schmale Seite
des Bocks. Ihre Flanke stieß gegen das kühle Leder und ließ sie
unwillkürlich zurückschrecken. Doch der Angestellte von
BioUdders war inzwischen seitlich neben den Zuchtbock getreten
und streckte den Arm mit der Führleine aus, so dass Conny ihren
Oberkörper immer weiter vorbeugen musste, bis er schließlich
auf der kühlen Oberfläche des Bocks auflag.
"Sehr gut", lobte der Mann. Er befestigte einen schmaleren
Karabiner an ihrem Nasenring. Er war durch eine kurze Kette mit
dem Bock verbunden und würde zuverlässig verhindern, dass
die Journalistin sich von ihm löste.
Connys Herz schlug kräftig in ihrer Brust. Ihr Kopf kam
nicht damit hinterher zu verarbeiten, was gerade mit ihr
passierte. Mechanisch reagierte sie, als der Mann nach ihrem Bein
griff und ihr Knie auf eine halbhohe Plattform setzte. Mit einer
Lederschlaufe fixierte er es in dieser Position, ehe er den Vorgang
an Connys anderem Bein wiederholte. Zu guter Letzt griff er nach
ihrem Schweif, zog ihn unsanft zur Seite und fixierte schließlich
auch ihn.
Die Journalistin kniete nun praktisch auf dem Zuchtbock,
die Beine weit gespreizt und durch die Schlaufen sicher fixiert.
Die Auflage des Bocks war nicht ganz waagerecht, sondern in
Richtung des Kopfendes leicht abfällig, so dass Connys Hüfte den
höchsten Punkt ihres Körpers bildete. Immerhin wurden ihre
274
Euter nicht zu sehr belastet, zwei Vertiefungen sorgten dafür,
dass ihr Gewicht nicht auf ihnen lastete. Dafür war die Kette des
Karabiners so kurz, dass sie einen permanenten Zug an ihrem
Führring verspürte.
"Wie sieht es aus?", erkundigte sich die Frau, die bei den
Tischen stehen geblieben war und sich ihnen nun scheinbar
wieder näherte. Die enge Fixierung an ihrem Nasenring
verhinderte, dass Conny den Kopf drehen konnte. Was sich nicht
unmittelbar vor ihr befand, lag damit außerhalb ihres Blickfeldes.
Der Mann gab Conny mit der flachen Hand einen kräftigen
Klapps auf den nackten und herausgestellten Hintern. "Gut,
siehst du doch!", lachte er.
Seine Kollegin stimmte kurz in das Lachen mit ein, ehe sie
etwas nüchterner fortfuhr: "Da es ihr erstes Mal ist, werde ich sie
zusätzlich noch ein wenig eincremen."
"Gute Idee", stimmte der Stallarbeiter zu.
Mit gespreizten Beinen auf dem Zuchtbock liegend und
vollkommen bewegungsunfähig, blieb Conny nichts anderes
übrig, als zuzuhören und abzuwarten. Sie spürte, wie jemand nah
hinter sie trat und vermutete, dass es die Frau war, denn den
Mann wähnte sie weiter zu ihrer Seite.
Erschrocken zuckte sie zusammen, als sich zwei feuchte
Finger auf ihre Schamlippen legten. Ihre Intimregion schien für
alle Anwesenden problemlos zugänglich zu sein.
275
"Ganz ruhig!", ermahnte die Angestellte, während sie eine
schmierige Creme zwischen den Schamlippen der Journalistin
verteilte. Ein paar Mal drang sie dabei mit den Fingerspitzen ein
paar Zentimeter weit in ihre Scheide ein, um die Creme auch dort
zu verteilen.
Trotz der Erniedrigung, die mit der ganzen Situation einher
ging, verspürte Conny irgendwo ganz tief in ihrem Inneren eine
leichte Erregung aufkeimen. Das Gefühl war nur ganz zart und
verwirrte die junge Journalistin nur noch mehr. Wie konnte sie
diese entwürdigende Situation nur als Erregend empfinden? Sie
war wie ein Tier auf diesen Bock gespannt worden. Niemand
hatte sie nach ihrem Einverständnis gefragt. Und doch... sie
konnte nicht leugnen, dass sie das Reiben der Finger in ihrem
Schritt als angenehm empfand.
"Das sollte reichen", entschied die Stallarbeiterin und löste
ihre Hand von Connys Unterleib. Als ihr Kollege einen
zustimmenden Laut von sich gab, fügte sie neckisch hinzu: "Na,
reizt dich der Anblick gar nicht? Sieht doch einladend aus."
Der Mann lachte. "Nein danke, ich stehe nicht auf Tiere. Lass
uns lieber den Bullen holen, der hat mehr Spaß mit der Kuh als
ich."
Seine Kollegin fiel in das Lachen mit ein und stimmte ihm
gleich darauf zu: "Na, da hast du auch wieder recht. Geht mir mit
den Bullen ja genauso." Ihre Schritte entfernten sich von dem
Zuchtbock. "Moment, ich will mir nur kurz die Hände waschen."
276
Conny konnte hören, wie ein Wasserhahn aufgedreht wurde
und das Wasser einige Sekunden lang in ein Becken sprudelte.
Nachdem das Geräusch verstummte waren erneut Schritte zu
hören, die schnell leiser wurden. Offenbar hatten die beiden
Angestellten den Raum verlassen.
Stille umgab Conny, als sie mit ihren Gedanken alleine
gelassen wurde. Eine Vielzahl von Emotionen kochte in ihr hoch.
Sie war wütend auf die beiden Stallarbeiter, hatte Angst davor,
was als nächstes mit ihr passieren würde. Dazu kam ein immer
deutlicher werdendes Gefühl der Lust, das sich zwar dezent, aber
dennoch unaufhaltsam in ihr ausbreitete und sie nur noch mehr
verwirrte. Man konnte getrost sagen, dass Conny mit der
augenblicklichen Situation vollkommen überfordert war.
Als ihre Gedanken immer wilder und unstrukturierter
wurden, zwang Conny sich zur Ruhe. Sie kniff für einen
Augenblick die Augen zu und atmete einige Male tief durch.
"Nur nicht in Panik verfallen", ermahnte sie sich selbst. Wenn sie
einen Ausweg für diese Situation finden wollte, musste sie ruhig
bleiben.
Darum bemüht, immer nur einem Gedankengang zur Zeit
zu folgen, reflektierte sie ihre Situation. Sie befand sich in einer
sehr unmissverständlichen Position auf einem Zuchtbock, was
wohl kaum Zweifel daran zuließ, was man mit ihr vorhatte.
Sowohl ihre Beine als auch ihr Nasenring waren fest fixiert, so
dass sie keine Möglichkeit hatte, sich aus eigener Kraft aus dieser
277
Lage zu befreien. Das trug zwar nicht unbedingt zu ihrer
Beruhigung bei, doch wenn sie an der Lage nichts ändern konnte,
musste sie sich damit abfinden und auf etwas anderes
konzentrieren. Offenbar war sie durch den gescheiterten
Fluchtversuch irgendwie im Zuchtgehege von BioUdders
gelandet. Nüchtern betrachtet war es ein reines Versehen, doch
musste es etwas ausgelöst haben, weshalb man sie ohne weitere
Prüfung in das Zuchtprogramm aufgenommen hatte. Conny gab
sich Mühe ruhig zu bleiben. Es gelang ihr, sich die Worte der
beiden Angestellten in Erinnerung zu rufen. "Wir haben den
Zeitraum knapp verpasst." Das konnte nur bedeuten, dass sie sich
an einem Punkt in ihrem Zyklus befand, an dem ein Deckakt
eigentlich wenig Sinn machte. Erleichtert atmete die Journalistin
tief durch. Sie würde zwar nicht verhindern können, dass ein
Bulle sie bestieg, doch zumindest schien es unwahrscheinlich zu
sein, dass dieses Ereignis Folgen haben würde.
Wenn sie jetzt so darüber nachdachte, war sie sogar ein
wenig neugierig auf den Bullen. Obwohl sie sich seit mehreren
Monaten in den Ställen von BioUdders befand, war ihr noch nie
ein männliches Rind begegnet.
Bedingt durch ihre Fesselung war sie jedoch nicht sicher, ob
sie den Bullen überhaupt zu sehen bekommen würde. Schließlich
konnte sie den Kopf nicht drehen, um ihn sich anzusehen.
Ein sanfter Schauder jagte ihr über den Rücken, als sie daran
dachte, dass sie nicht einmal sehen würde, wer gleich hinter ihr
278
stehen würde. Doch ganz gleich wer es war, er würde einen
hervorragenden Blick auf ihren entblößten und zur Schau
gestellten Schambereich haben.
Conny konnte nicht leugnen, dass sie diesen Gedanken
erregend fand. Beinahe sehnte sie nun den Augenblick herbei, in
dem die Stallarbeiter zurück kehrten und ihr einen Bullen
mitbrachten. Sie stellte sich vor, wie das kraftvolle Tier zum
Zuchtbock geführt wurde und sich anschließend an ihrem ihm
vollkommen ausgelieferten Körper vergnügte.
Sie konnte nicht genau sagen, was mit ihr passierte. Die
Erregung, eben noch kaum spürbar, hatte längst die vollständige
Kontrolle über ihren Körper und ihre Gedanken übernommen.
Immer mehr Feuchtigkeit bildete sich zwischen ihren
Schamlippen, während sie sich verträumt vorstellte, von einem
Bullen genommen zu werden. Immer leiser wurden Angst und
Zorn, bis sie schließlich ganz verstummten und Conny
vollkommen ihrer Lust überließen.
Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, näherten sich
Schritte. Ganz deutlich konnte Conny die dumpfen Geräusche
der Hufschuhe heraushören, die auf dem gefliesten Boden
besonders deutlich klangen.
Sie verstummten erst, als sie schon so nah waren, dass die
Journalistin jeden Moment damit rechnete, dass der Bulle in sie
eindrang. Vor Erwartung und Lust zitternd verharrte sie mit halb
279
geschlossenen Augen auf dem Bock, während sich ein feiner
Tropfen ihrer Feuchtigkeit von ihren Schamlippen löste und zu
Boden tropfte.
Conny vernahm das Rasseln einer Kette und das Schnappen
eines Karabiners unmittelbar über ihrem gefesselten Körper.
Offenbar trug auch der Bulle einen Nasenring und war nun in
unmittelbarer Nähe angekettet worden.
"Na dann mal viel Spaß mit der Kleinen", sagte die
Stallarbeiterin. Ein lautes Klatschen ertönte, als sie dem Bullen
mit der flachen Hand auf den Hintern schlug.
Conny hielt die Luft an, als sie spürte, wie man sich ihr von
hinten näherte. Der Bulle trat zwischen ihre gespreizten Beine
und streifte mit der Spitze seines Gliedes ihren linken
Oberschenkel.
Hitze wallte durch ihren Körper. Unruhig wand sie sich in
ihren Fesseln, reckte ihren Hinter noch etwas einladender in die
Höhe, streckte ihm ihren nassen Schoß entgegen.
Das Glied des Bullen löste sich für einen kurzen Moment
von ihr, um sich kaum einen Herzschlag später an ihre
tropfnassen Schamlippen zu schmiegen.
Conny hielt es nicht mehr aus. Ihre Lust war so groß, dass
sie am ganzen Leib zitterte. Mit jeder Faser ihres Körpers
wünschte sie, dass der Bulle näher trat, dass er in sie eindrang,
dass er sie vögelte. Sie wollte nichts anderes mehr, als seinen
Schwanz in sich zu spüren.
280
Mit einem kraftvollen Stoß drang der Bulle in sie ein. Einen
halben Schritt nach vorne machend drückte er seine Hüfte gegen
Connys prallen Hintern. Seine Eichel teilte ihre Schamlippen,
drückte ihre Muskeln auseinander und drang tief in ihren Körper
ein.
Conny atmete scharf ein und hätte vor lauter Lust am
liebsten laut geschrien. Der Bulle drang immer weiter in sie ein,
bis sich seine weichen Hoden gegen ihre nassen Schamlippen
schmiegten. Erst jetzt, als sein Glied bis zur Wurzel in ihrem
Schoß ruhte, hielt er für einen Augenblick inne, offensichtlich das
Gefühl auskostend, wie er von ihren feuchten, warmen Muskeln
umschlossen wurde.
Lange, qualvolle Sekunden verharrte der Bulle
bewegungslos in ihr. Mühevoll besann sich Conny mit dem
letzten noch funktionierenden Rest ihres Verstandes darauf, sich
nicht versehentlich zu verraten. Kurzentschlossen biss sie sich auf
die Lippe, ehe sie den Bullen unabsichtlich mit deutlichen Worten
dazu anfeuern konnte, sie endlich zu vögeln.
Doch auch ohne ihre Worte setzte der Bulle sich schließlich
in Bewegung. Langsam zog er seine Hüfte zurück, bis nur noch
seine Eichel in ihrem Körper ruhte. Erneut hielt er für eine
Sekunde inne, die Conny an den Rand der Verzweiflung brachte.
Zu groß war ihre Lust, zu groß war ihr Verlangen!
281
Ein kraftvoller Ruck ging durch Connys Körper. Der Bulle
hatte seine Hüfte mit einer energischen Bewegung nach vorne
schnellen lassen und trieb die Journalistin im nächsten
Augenblick mit einer Kaskade harter Stöße gegen den Zuchtbock.
Vor Lust schreiend wand sich Conny in ihren Fesseln. Jede
Bewegung des Bullen löste eine kleine Welle der Erregung in
ihrem Schritt aus, die durch ihren Körper brandete und ihren
Verstand vernebelte. Ihre entwürdigende Lage auf dem
Zuchtbock, die Anwesenheit der Pfleger, sogar das schmerzhafte
Ziehen des Nasenrings blendete sie vollkommen aus. Ihre
gesamte Wahrnehmung richtete sich auf den harten Schwanz, der
mit schneller Geschwindigkeit ihre empfindsamsten Stellen
massierte.
Ihr Schrei ging in ein lustvolles Stöhnen über, als der Bulle
das Tempo ein wenig reduzierte und Conny dafür nun mit
deutlich festeren Stößen nahm. Kraftvoll ließ er seine Hüfte in
einem gleichmäßigen Takt gegen ihr Gesäß stoßen. Sein Glied
drang bei jedem einzelnen Stoß mit der vollen Länge zwischen
ihre heißen Muskeln und ließ Conny vor Ekstase wimmern.
Die Wellen der Lust, die durch den Körper der Journalistin
geschwappt waren, schienen sich nun in ihrer Hüfte zu sammeln.
Mit jedem weiteren Stoß des Bullen nahm das sanfte Kribbeln
unter ihrem Bauchnabel zu, breitete sich auf die Innenseiten ihrer
Oberschenkel aus und wurde immer stärker.
282
Die glasigen Augen halb geschlossen stöhnte Conny im Takt
der Bewegungen ihres Liebhabers. "Hör jetzt bloß nicht auf!",
flehte sie innerlich, als ihre Lust immer weiter zunahm.
Ein weiteres Mal glitt das Glied des Bullen fast aus ihr
heraus. Ihre Schamlippen wurden gerade noch von seiner Eichel
auseinander gedrückt, ehe das kraftvolle Tier seine
Bewegungsrichtung umkehrte und seinen Schwanz mit einer
entschlossenen Bewegung zurück zwischen ihre warmen, nassen
Muskeln rammte.
"Iiiaaaaahh!", kreischte Conny lauthals, als alle Dämme
brachen und die aufgestaute Lust wie ein Tsunami durch ihren
Körper brandete. Am ganzen Leib wild zuckend wurde sie von
dem Orgasmus überrollt, der sie vermutlich von dem Bock
gerissen hätte, wenn der Stallarbeiter sie nicht so gut
festgebunden hätte. Der Höhepunkt brandete in ihren
kribbelnden Fingern und Zehen sowie der Spitze ihres Schweifes,
ehe er noch immer kraftvoll zurück durch ihren Körper
schwappte und im Zentrum ihrer Lust eine zweite, jedoch etwas
kleinere Welle auslöste.
Der Orgasmus ebbte ein wenig ab, doch Conny erhielt keine
Gelegenheit, sich zu beruhigen. Der Bulle schien von ihrem
Höhepunkt nicht sonderlich beeindruckt zu sein und nahm sie
noch immer mit gleichbleibend festen Stößen.
Der Journalistin lief bei der kompromisslosen Lust des
Tieres ein warmer Schauer über den Rücken. Obwohl er
283
überhaupt nicht auf ihre Bedürfnisse einging und sie einzig und
allein nach seinen eigenen Vorlieben vögelte, konnte die
Journalistin sich nicht daran erinnern, jemals so befriedigenden
Sex gehabt zu haben. Oder war es gerade dieses animalische
Verhalten, diese ungehemmte Lust, die sie so sehr erregte?
Bevor sie den Gedanken richtig erfassen konnte, erhöhte der
Bulle das Tempo und zog ihre Aufmerksamkeit damit wieder auf
sich. Mit zunehmend schnelleren Stößen drang er in sie ein und
ließ seine Hüfte kraftvoll gegen ihren Hintern Klatschen.
Der Raum war erfüllt von den Geräuschen der
zusammenstoßenden Körper, dem Schmatzen ihrer nassen
Scheide und der lustvollen Laute, die Conny dabei von sich gab.
Sie hatte längst keine Kontrolle mehr darüber, was ihren Lippen
entkam, doch in diesem Augenblick war es ihr auch vollkommen
egal.
Das Holz des Zuchtbocks knarzte unter ihrem gefesselten
Körper, als ihr Liebhaber zum Finale ansetzte. Mit zunehmend
wilder werdenden Stößen trieb er sein Glied immer wieder tief in
ihre Scheide.
Conny spürte, wie seine weichen Hoden im schnellen Takt
gegen ihre nassen Schamlippen schlugen, wie ihre Muskeln bei
jedem Stoß kraftvoll auseinander gedrückt wurden, wie das
warme Glied immer und immer wieder unnachgiebig tief in ihren
Körper eindrang, wie sie bei jedem Stoß regelrecht gegen den
Zuchtbock getrieben wurde und ihr Schamhügel dabei über das
284
Leder rieb.
Ein zweiter Orgasmus erschütterte Connys Körper und ließ
sie abermals vor Erregung schreien. Sie spürte, wie der Bulle mit
einem letzten energischen Stoß besonders tief in sie eindrang und
sich kraftvoll an sie presste. Die gesamte Länge des Gliedes in
sich spürend stöhnte Conny lüstern auf. Es fühlte sich so
unbeschreiblich gut an, so ausfüllend und warm, das sie sich
wünschte, er möge sich nie wieder aus ihr zurückziehen.
Viel zu sehr auf ihre eigenen Empfindungen fokussiert
spürte Conny das rhythmische pulsieren des Gliedes nicht, jedoch
fühlte sie die zusätzliche Wärme in ihrem Schoß, als sich seine
Samen tief in ihr ergossen.
Die Journalistin lauschte dem lauten, tiefen Muhen des
Bullen, als dieser seinen Höhepunkt erreichte. Sie selbst war so
sehr außer Atem, dass sie außer einem heiseren Stöhnen keinen
Ton mehr heraus brachte.
Das Tier hinter ihr ließ seine Hüfte noch einige Male leicht
vor und zurück schwingen, ehe er sich von ihr löste und sein
Glied leise schmatzend aus ihr heraus glitt.
Sofort tauchte der männliche Stallarbeiter an ihrer Seite auf.
Er löste die Führleine des Bullen von der Befestigung, die
irgendwo über dem Zuchtbock angebracht sein musste, und
führte das Tier langsam aus dem Raum.
285
Conny hingegen wurde noch einige Augenblicke lang auf
dem Bock liegen gelassen. Ihr Körper zitterte noch immer vor
Erregung, während sie nach Atem ringend versuchte, sich zu
beruhigen.
Ihr jagte ein Schauer über den Rücken, als ein Teil der
Samen aus ihrer geweiteten Scheide heraus lief und langsam von
ihren Schamlippen auf den Boden tropfte. Deutlich konnte sie
den Spermageruch wahrnehmen, der die Luft um sie herum
zunehmend zu erfüllen schien.
Die Stallarbeiterin trat neben sie. Ohne etwas zu sagen, löste
sie die Schlaufen, die Connys Beine in Position gehalten hatten.
Nicht gerade besonders rücksichtsvoll griff sie nach den
Hufschuhen der Journalistin und zwang sie dazu, ihre Beine zu
strecken und die Hufe wieder auf den gefliesten Boden zu setzen.
Obwohl sie sich sicher war, dass sie nicht länger als eine
halbe Stunde auf dem Zuchtbock verbracht hatte, fühlten sich
Connys Beine verspannt und steif an. Ihre Kniekehlen spannten
unangenehm, als sie gestreckt wurden, doch wenn sie nicht
riskieren wollte, halb von dem Bock zu rutschen und sich dabei
die Nasenscheidewand zerreißen zu lassen, musste sie dieses
unangenehme Gefühl aushalten.
"Hat sich doch ganz gut angestellt, die Kleine", ertönte die
Stimme des männlichen Stallarbeiters aus Richtung der Tür.
Schritte näherten sich zügig, ehe Conny einen harten Klapps auf
286
ihr Hinterteil bekam. Beinahe beiläufig löste er die Fixierung an
ihrem Schweif, nachdem er zuvor einen ausführlichen Blick auf
Connys spermaverschmierten Schambereich geworfen hatte.
Seine Kollegin, die gerade nach dem Karabiner an Connys
Nasenring gegriffen hatte, drehte den Kopf in seine Richtung.
"Zumindest scheint sie ihren Spaß gehabt zu haben."
Connys, deren Lust langsam abklang, versuchte die Worte
der Angestellten zu ignorieren. Sollten sie sich nur über sie lustig
machen, das machte ihr nichts aus. Zu lange lebte sie nun schon
als Kuh, als dass sie sich über derartige Dinge noch den Kopf
zerbrach. Dennoch konnte sie nicht leugnen, dass die Worte
verletzend waren, auch wenn sie sich Mühe gab, sie nicht an sich
heran zu lassen. Rasch konzentrierte sie sich auf das warme
Gefühl, dass noch immer von ihrer Hüfte aus durch ihren Körper
strahlte.
Die Stallarbeiterin löste die Kette von dem Zuchtbock und
half Conny dabei, sich wieder aufzurichten. Erst jetzt spürte sie,
wie viel Kraft ihr Intermezzo mit dem Bullen sie gekostet hatte.
Mit steifen und zitternden Beinen stakste sie einige Schritte durch
den Raum. Trotz der Schamlosigkeit, an die sie sich in den letzten
Monaten in den Ställen von BioUdders gewöhnt hatte, begannen
Connys Wangen zu glühen, als ein Schwall Sperma aus ihrer
Scheide lief und sich mit einem leisen Platschen auf den Boden
ergoss. Bei jedem weiteren Schritt lösten sich weitere Tropfen der
Samen von ihren Schamlippen und benetzten den Boden, wenn
287
sie nicht zuvor auf ihrem Oberschenkel landeten und langsam an
ihren Beinen hinab rannen.
Während sie aus dem gefliesten Raum geführt wurde,
versuchte Conny zu begreifen, was mit ihr passiert war.
Langsam, mit zunehmend klarer werdenden Verstand, wurde ihr
bewusst, was der Bulle mit ihr gemacht hatte.
"Wie... ich war wie weggetreten...", schoss es ihr durch den
Kopf, halb entschuldigend, halb erklärend für ihr eigenes
Verhalten. Sie hatte jede Sekunde mit dem Bullen genossen, das
war ihr bewusst. Noch immer spürte sie eine sanfte Erregung,
wenn sie an das Erlebnis auf dem Zuchtbock dachte. Doch wie
hatte es überhaupt so weit kommen können?
Ein Gedanke jagte durch ihren Kopf und sorgte dafür, dass
sich ihr Magen schmerzhaft verkrampfte. Was, wenn dieses
Intermezzo nicht ohne Folgen blieb? Was, wenn der Bulle das
geschafft hatte, wofür er zu ihr gebracht worden war? Was, wenn
nicht alle seine Samen wieder aus ihr heraus tropften? Was, wenn
sie schwanger war?
Ihr Herz schlug so stark, dass es förmlich schmerzte. Panik
machte sich in ihren Gedanken breit, beherrschte ihren Kopf und
vernebelte ihre Sinne. Das konnte nicht sein! Das durfte einfach
nicht sein!
Conny war so sehr mit ihrer Angst beschäftigt, dass sie
kaum mitbekam, dass sie an ihrem Liegeplatz angekommen war.
288
Erst, als die Stallarbeiterin den kleinen Karabiner der Führleine
von ihrem Nasenring löste, nahm sie ihre Umwelt wieder
bewusst war.
"Das lief ja problemlos", freute sich ihr Kollege. Die Arme
locker in die Hüfte gestemmt starrte er ungeniert auf Connys
Spermaverschmierten Schritt.
Die Angestellte von BioUdders verstaute die Führleine in
einer ihrer Taschen und nickte zustimmend. "In etwa drei
Wochen sollte sie aufnahmefähig sein. Hoffen wir mal, dass es
dann genau so unkompliziert wird."
Conny, die nur mit einem halben Ohr zugehört hatte, wurde
jäh aus ihren Gedanken gerissen. Wie erstarrt sah sie die beiden
Stallarbeiter an, die sich noch immer miteinander unterhaltend
langsam von ihr entfernten. Mühsam versuchte sie, den letzten
Satz zu rekapitulieren. In drei Wochen würde sie aufnahmefähig
sein? Das musste bedeuten, dass sie es im Augenblick nicht war!
Ein gewaltiger Stein fiel ihr vom Herzen. Erleichtert ließ sie
sich in das Stroh ihrer Box fallen. Jetzt, wo sich der Nebel aus
Furcht in ihrem Kopf lichtete, glaubte sie sich daran zu erinnern,
dass die beiden Angestellten von BioUdders so etwas bereits
angedeutet hatten, ehe sie zum Zuchtbock geführt worden war.
Conny atmete ein paar Mal tief ein und aus. Eine Träne der
Erleichterung kullerte ihre Wange herunter, doch sie schenkte ihr
keine große Beachtung. Die beiden Stallarbeiter waren wieder
verschwunden und hatten die junge Journalistin mit ihren
289
Gedanken alleine gelassen.
Erschöpft ließ sie sich hinterrücks ins Stroh fallen. "Oh mein
Gott... es wird Zeit, dass ich hier heraus komme... langsam wird
mir das alles zu viel", dachte sie und schniefte leise. Bei dem
Gedanken daran, das gerade erlebte in ihrem geplanten Buch zu
schildern, verzogen sich ihre Mundwinkel für einen kurzen
Moment zu einem Grinsen. Die ganze Situation war aber auch
einfach zu absurd. Sich dem Gefühlschaos hingebend kuschelte
Conny sich eng ins Stroh, gleichzeitig weinend und lachend. Sie
konnte nicht mehr, war seelisch und nervlich am Ende.
Gleichzeitig erinnerte sie der markante Geruch, der von ihren
verschmierten Schamlippen ausging, an die wahnsinnig tollen
Gefühle, die sie zusammen mit dem fremden Bullen erlebt hatte.
Conny wischte sich die Wangen im Stroh ab und atmete
noch einmal tief durch, um zur Ruhe zu kommen. Sich wieder auf
den Rücken rollend brachte sie ihre Euter in eine angenehmere
Lage. Sie spannten bereits ziemlich schmerzhaft, es konnte nicht
mehr lange dauern, bis es Zeit war, zur Melkmaschine zu gehen.
Bis dahin würde sie sich ein wenig von dem Treffen mit dem
Bullen erholen. Hoffentlich holte Erik sie hier heraus, bevor die
drei Wochen um waren!
290
Zukunftsvisionen
Erschöpft lag Conny im Stroh. Ihr Brustkorb hob und senkte
sich noch immer etwas schneller als gewöhnlich, doch mit jeder
weiteren Minute gelang es ihr, Atmung und Puls weiter zu
verlangsamen. Auch ihr Verstand wurde mit jedem Atemzug
klarer, der betörende Schleier aus Lust und Verlangen verzog sich
langsam.
Die Journalistin war erst vor kaum fünf Minuten wieder zu
ihrem Liegeplatz zurückgebracht worden. Die vergangene Stunde
hatte sie zum wiederholten Male in dem gefliesten Raum
verbracht, genau genommen auf dem ledernen Zuchtbock, mit
einem kräftigen Zuchtbullen zwischen ihren gespreizten
Schenkeln.
Conny drehte sich ein wenig auf die Seite, so dass ihre
verschmierten Oberschenkel im Schritt nicht mehr unmittelbar
aufeinander lagen. Sie mochte das Gefühl der klebrigen Samen
nicht besonders, die nun auf ihrer Haut hafteten und sich erst
nach einer sehr ausgiebigen Behandlung durch die rauen Borsten
bei den Duschen Stück für Stück wieder von ihr lösen würden.
Ein wenig die Nase rümpfend versuchte sie den markanten
Geruch des Spermas zu ignorieren, der ihren Körper umgab. Aus
der Erfahrung der letzten Wochen wusste sie, dass er eine Weile
erhalten bleiben würde, Dusche hin oder her. Da sie mit ihren
gefesselten Händen keine Möglichkeit hatte, sich im Schritt so
291
ausgiebig zu waschen, wie es in diesem Fall nötig gewesen wäre,
musste sie sich zumindest für den Rest des Tages mit dem Geruch
arrangieren.
Schwer seufzend verdrehte Conny die Augen. Es war bereits
etwas mehr als zwei Wochen her, seit man sie zum ersten Mal auf
den Zuchtbock geschnallt hatte. Seitdem hatten die Angestellten
von BioUdders sie noch drei weitere Male "zum Üben" in den
gefliesten Raum geführt. Der Ablauf war dabei jedes Mal
identisch gewesen, und mit Hilfe des obligatorischen
Zuckerwürfels wurde souverän dafür gesorgt, dass sie die Treffen
mit den Bullen regelrecht entgegen fieberte. Tatsächlich musste
Conny sich eingestehen, dass sie den Sex an sich sehr genoss. Die
Zuchtbullen machten ihrem Namen alle Ehre und hatten bisher
noch jedes Mal für absolute Hochgefühle in ihrem Lustzentrum
gesorgt, wie die Journalistin sie noch nie erlebt hatte. Auch an
diesem Tag hatte sie wieder einen derart heftigen Orgasmus
erlebt, dass sie für einige Augenblicke regelrecht weggetreten
war. Tatsächlich war sie erst wieder richtig zu sich gekommen,
als der Bulle ebenfalls zum Höhepunkt gekommen war und sich
bereits aus ihr zurückzog.
Zuvor war sie jedoch für einige Tage nicht mit den Bullen
zusammen gebracht worden, was allerdings daran lag, dass sie
eine ganz bestimmte Phase ihres Zyklus erreicht hatte. Hier im
Stall empfand Conny es als besonders unangenehm ihre Tage zu
292
bekommen, doch dieses Mal hatte sie dem Ganzen zum ersten
Mal seit ihrer Verwandlung etwas Positives abgewinnen können.
Zumindest hatte sie endlich die Gewissheit, dass sie nicht
schwanger war!
Wenn nicht bald etwas passierte, konnte sich dieser Zustand
jedoch ganz schnell ändern. Conny musste kein Biologiestudium
absolviert haben, um sich ausrechnen zu können, dass der
Zeitpunkt, an dem sie "aufnahmefähig" sein würde, wie die
Stallarbeiter es gerne nannten, unaufhaltsam näher rückte. Schon
heute hatte sie ein mulmiges Gefühl gehabt, als sie kurz nach dem
morgendlichen Melkvorgang zum Zuchtbock gebracht worden
war. Einzig die Worte der Stallarbeiterin, dass es langsam mal
Zeit für die Generalprobe würde, beruhigten sie ein wenig. Doch
ihr war klar, dass es sich höchstens noch um wenige Tage
handeln konnte, bis der Bulle mehr in ihrem Schoß zurücklassen
würde, als eine großzügige Ladung seines Spermas.
Verschiedene Dinge machten Conny in letzter Zeit Angst,
darunter die Tatsache, dass sie Erik nicht mehr gesehen hatte, seit
er sie an diesen Ort gebracht hatte, oder ihrer Befürchtung, dass
sie noch deutlich länger als Kuh leben musste, als sie geplant
hatte. Doch am meisten Sorgen machte sie sich darum, dass sie
tatsächlich schwanger werden könnte. Sie hatte überhaupt keine
Ahnung, was sie dann machen sollte. Hier im Stall konnte sie die
Dinge ohnehin nicht beeinflussen, sondern musste sich nach dem
richten, was BioUdders mit ihr anstellte. Was genau das war,
293
wollte sie sich lieber nicht ausmalen. Ihre Zukunft sah im
Augenblick auch so schon nicht besonders rosig aus, da musste
sie sich nicht auch noch vorstellen, den Rest ihres Lebens als
Zuchtkuh zu verbringen und ein Kalb nach dem nächsten auf die
Welt zu bringen. Es schien ein absurder Gedanke zu sein, doch
Conny war sich inzwischen nicht mehr sicher, ob nicht auch er
zur Realität werden konnte, wenn sich nicht bald etwas änderte.
Während ihrer Recherchen hatte sie sich nicht besonders
ausführlich mit dem Thema Zucht beschäftig, da es bei
BioUdders eigentlich nur eine sehr untergeordnete Rolle spielte.
Davon abgesehen hatte sie nicht einmal in ihren kühnsten
Träumen damit gerechnet, dass sie zur Zucht eingesetzt werden
könnte. Bei über 1000 Kühen, die in den Ställen von BioUdders
ihr Leben fristeten, und der minimalen Zuchtquote, hatte sie es
von vornerein ausgeschlossen. Außerdem hatte sie eigentlich nur
einige wenige Wochen an diesem Ort verbringen sollen, so dass
die Wahrscheinlichkeit noch weitaus geringer hätte sein sollen.
Schließlich war kaum damit zu rechnen gewesen, dass
ausgerechnet eine gerade erst verwandelte Kuh, deren
Milchleistung noch gar nicht bekannt war, zur Zucht ausgewählt
würde.
Dennoch hatte sie natürlich ein paar Artikel über das Thema
gelesen, um zumindest einen groben Überblick zu bekommen.
Die Details, an die sie sich nun erinnerte, waren jedoch alles
andere als beruhigend. So war es Beispielsweise insbesondere bei
294
Rindern inzwischen gängige Praxis, dass die Chance auf
Mehrlingsgeburten durch den Einsatz von Hormonpräparaten
drastisch erhöht wurde. Natürlich waren derartige Mittel in
Bioställen nicht erlaubt, doch Conny konnte nun wirklich gut
darauf verzichten, BioUdders auch noch bei diesem Verstoß zu
überführen.
Doch selbst ohne Hormonpräparate war das Leben als
Zuchtkuh alles andere als ein Zuckerschlecken. Laut den
Statistiken, die Conny überflogen hatte, brachte eine Zuchtkuh in
ihrem Leben durchschnittlich zwischen acht und zwölf Kälber auf
die Welt. Um diese hohen Zahlen zu erreichen, wurden die Kühe
in der Regel möglichst schnell nach der Geburt erneut besamt.
Auch kam es nur in Ausnahmefällen vor, dass eine Kuh nach nur
einer oder zwei Geburten nicht mehr weiter für die Zucht
eingesetzt wurde. Wurde eine Kuh erst einmal für zuchttauglich
befunden, gab es kein Zurück mehr.
Conny schüttelte leicht den Kopf und versuchte, die
Gedanken zu vertreiben. Daran durfte sie jetzt noch nicht denken.
Noch war es schließlich nicht passiert. Doch die Tage verflossen
genauso schnell, wie die Milch in ihren Eutern nach schoss. Wie
konnte sie sich nur vor dem Unausweichlichen schützen?
Und selbst, wenn ihr in den kommenden Wochen eine
Flucht gelingen sollte, wenn sie zuvor von den Bullen
geschwängert wurde, würde dennoch ein Kälbchen in ihrem
Bauch heranwachsen. Und was dann?
295
Es gab nur einen Ausweg, sie musste endlich aus dem Stall
heraus! Von Erik jedoch hatte sie schon so lange nichts mehr
gehört, dass sie sich nicht sicher war, ob er noch rechtzeitig zu
ihrer Rettung eilen würde.
Conny hielt nur noch einen einzigen Trumpf in ihrer Hand:
Da Erik ihre Stimmbänder schon seit mehreren Wochen nicht
mehr eingesprüht hatte, müsste sie dazu in der Lage sein, zu
sprechen. So hatte sie die Möglichkeit, die Stallarbeiter auf sich
aufmerksam zu machen, ihre Tarnung fallen zu lassen und auf
diese Weise dem Treffen mit dem Zuchtbullen zu entgehen.
Bisher zögerte sie jedoch, von dieser Möglichkeit tatsächlich
Gebrauch zu machen. Es war absolut unvorhersehbar, wie
BioUdders auf sie reagieren würde. Im schlimmsten Fall sorgte
sie nur dafür, dass sie endgültig in eine Kuh verwandelt wurde.
Doch wenn nicht bald etwas passierte, würde ihr nichts anderes
übrig bleiben. Lieber gab sie ihre Tarnung auf, als zu einer
Zuchtkuh zu werden, deren Lebensinhalt daraus bestand, sich
alle 9 Monate von einem Bullen besamen und ein Kälbchen nach
dem anderen in sich heranwachsen zu lassen.
Die Journalistin schreckte zusammen, als sie einen Mann
bemerkte, der vor ihrem Liegeplatz stehen geblieben war. An der
Kleidung erkannte sie sofort, dass es ein Angestellter von
BioUdders war, doch sein Gesicht kam ihr nicht bekannt vor.
Entweder war sie ihm in den vergangenen Wochen schlichtweg
noch nicht begegnet, was aufgrund des doch recht
296
übersichtlichen Stalls nicht sehr wahrscheinlich wirkte, oder er
gehörte nicht zu dem üblichen Personal dieses ganz speziellen
Geheges.
Der Mann griff nach Connys rechtem Ohr, drehte die
Ohrmarke unsanft ins Licht und prüfte augenscheinlich die
aufgedruckte Nummer. Nachdem er die Zahlenkette kontrolliert
hatte, ließ er einen kleinen Karabiner an Connys Nasenring
einschnappen. Offenbar hatte er die Kuh gefunden, die er gesucht
hatte.
Conny blieb nichts anderes übrig, als sich aufzurappeln und
dem Zug der Führleine zu folgen. Verwundert fragte sie sich,
wohin sie wohl gebracht wurde. Es konnte nicht schon wieder
der Zuchtbock sein, denn die Samen des letzten Bullen waren
noch nicht einmal vollständig getrocknet.
Der Mann schlug jedoch auch einen anderen Weg ein. Er
führte Conny nicht in den gefliesten Raum, sondern geradewegs
durch die Eingangstür und aus dem Stallgebäude heraus.
Wie schon an dem Abend, als ihr Fluchtversuch gescheitert
war, verspürte Conny das jähe Gefühl der Freiheit, als sie durch
die Stalltür hindurch ins Freie trat. Ein kalter Luftzug strich über
ihre nackte Haut und ließ sie frösteln, doch die Journalistin
genoss den Augenblick. Tief einatmend saugte sie die frische Luft
ein. Sie schmeckte so herrlich sauber, so frisch, so frei.
Eine Flamme der Hoffnung flackerte in Conny auf. Was,
297
wenn dieser Mann von Erik oder sogar von ihrem Chef geschickt
worden war, um sie endlich zu befreien? Sie konnte sich nicht
daran erinnern, ihn jemals auf dem Gelände von BioUdders
gesehen zu haben - lag es vielleicht daran, dass er noch gar nicht
so lange hier war, oder gar nicht zu BioUdders gehörte?
Ihr Herz machte einen Satz, beflügelt von dem Gedanken an
Freiheit und Normalität. Am liebsten hätte sie den Mann
angesprochen, hätte ihn gefragt, ob er ihr Ritter in strahlender
Rüstung war. Doch gerade, als sie sich dazu durchgerungen
hatte, ihn anzusprechen, erreichten sie das Ende der kleinen
Zufahrt. Entgegen jeder Hoffnung wandte der Stallarbeiter sich
nicht in Richtung des Parkplatzes, sondern in Richtung der
großen, alles überragenden Stallgebäude.
Conny war kurz stehen geblieben, den Blick voller Wehmut
auf den unweit entfernten Parkplatz gerichtet, doch ein höchst
schmerzhafter Ruck der Führkette an ihrem Nasenring motivierte
sie dazu, dem Mann rasch zu folgen. Mit jeder Faser ihres
Körpers sträubte sie sich gegen die eingeschlagene Richtung.
"Nein, nein, nein! Zum Parkplatz! Dort lang!", schrie sie innerlich,
traute sich jedoch nicht, die Worte auch tatsächlich
auszusprechen.
Sie folgten dem breiten Weg, der zwischen den Kuhställen
hindurch über das Gelände führte. Die kühle Vormittagsluft
sorgte dafür, dass Conny sich wieder ein wenig beruhigte. Auch
wenn es nun doch nicht danach aussah, dass sie endlich ihre
298
Freiheit zurückbekam, schien sie immerhin in einen anderen Stall
gebracht zu werden. War etwa doch ein kleines Wunder
geschehen, das sie davor bewahrte, als Zuchtkuh zu enden?
Vielleicht hatte man bemerkt, dass sie nur versehentlich in den
Stall gebracht worden war, dass sie dort eigentlich gar nichts
verloren hatte? Unter diesen Umständen konnte Conny damit
leben, erst einmal wieder in ihren alten Stall zurückgebracht zu
werden - zumindest für eine Weile. Lieber verbrachte sie noch
drei weitere Monate in den Ställen von BioUdders, als sich von
den Bullen erneut besteigen und am Ende doch noch schwängern
zu lassen.
Doch auch die großen Stallgebäude waren nicht das Ziel des
Arbeiters. Unerwartet bog er auf einen kleineren Nebenweg ab,
der zu einer Ansammlung kleinerer Gebäude führte.
Conny, die diesen Teil des Geländes noch nie bewusst
gesehen hatte, musterte die vor ihr liegenden Häuser
aufmerksam. Sie schienen mit den Ställen recht wenig gemein zu
haben und erinnerten mehr an einen schmalen Komplex aus
Verwaltungsgebäuden, ganz ähnlich dem Ort, an dem sie bei
ihrer Ankunft untersucht und beringt worden war.
Der Stallarbeiter hielt kurz vor einer der Türen, öffnete sie
mit Hilfe eines Transponders und führte Conny anschließend
durch einen kurzen Flur. Die weißen Fließen, die bis zur Decke
reichten, gaben dem Raum einen klinischen, fast sterilen Stil.
Tatsächlich fühlte die Journalistin sich an eine Klinik erinnert.
299
Sofort keimte Unruhe in ihr auf. Wurde sie vielleicht zum
Tierarzt gebracht, um zu überprüfen, ob der Bulle bereits
erfolgreich gewesen war? Doch selbst mit der modernen Technik
des vierundzwanzigsten Jahrhunderts würde es nur eine Stunde
nach dem Geschlechtsverkehr kaum möglich sein, diese Frage zu
beantworten. Aber warum hatte man sie dann an diesen Ort
gebracht?
Sie erreichten eine weiß lackierte Tür. Der Mann klopfte
kurz mit dem Knöchel an, ehe er die Klinke herunter drückte und
eintrat.
Dem Zug der Führleine folgend betrat auch Conny den
Raum. Er war fast komplett leer und ebenso steril gestaltet, wie
der Flur. "Wo bin ich hier?", wunderte sie sich, während sie den
Raum mit den Augen absuchte. Doch ein leerer Tisch und ein
Bürostuhl waren die einzigen Möbelstücke.
Der Angestellte von BioUdders blieb stehen und zog Conny
zu sich heran. Erst als sie unmittelbar neben ihm stand, bemerkte
sie eine fingerdicke Metallstange, die vor ihr aus dem Boden ragte
und ihr ungefähr bis zur Hüfte reichte. An der Spitze befand sich
ein stählerner Ring, an dem eine kaum unterarmlange Metallkette
angebracht war. Ohne große Hektik befestigte der Stallarbeiter
diese an Connys Nasenring und zwang sie damit in eine
vorgebeugte und äußerst unbequeme Position. Wortlos löste er
die längere Führleine von ihrem Nasenring, drehte sich um und
verschwand aus dem Raum.
300
Verunsichert drehte die Journalistin den Kopf und sah dem
Mann nach. Die Tür war hinter ihm ins Schloss gefallen, so dass
einzig den spartanisch eingerichteten Raum betrachten konnte.
Stumm fragte sie sich, warum sie an diesen merkwürdigen
Ort gebracht worden war. Er schien keine bestimmte Aufgabe zu
erfüllen, zumindest konnte sie nicht erkennen, wozu er diente.
Mehrere Minuten vergingen, ohne dass etwas passierte.
Immerhin ließ die Kette ihr ein klein wenig Bewegungsspielraum,
so dass sie das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagern
konnte, ohne gleich einen unangenehmen Zug an ihrer Nase zu
verspüren. Doch das Verharren in der vorgebeugten Position war
anstrengend für ihren Rücken und ihre Euter, die schwer unter
ihrem Oberkörper hingen. Unablässig pendelte ihr Schweif hin
und her, ein deutliches Anzeichen für ihre Nervosität.
Conny fuhr herum, als die Tür sich schließlich erneut
öffnete. Ein Mann von hochaufragender Statur betrat den Raum,
schloss die Tür hinter sich und warf der Journalistin einen
taxierenden Blick zu.
Den Blick erwidernd versuchte Conny einen Eindruck von
dem Mann zu bekommen. Ihr Gegenüber war im mittleren Alter,
trug einen kurzen, gepflegten Bart und sauber gekämmtes,
dunkles Haar. Ungewohnt für die Journalistin war, dass er nicht
die typische Kleidung von BioUdders trug, sondern einen
dunkelblauen Anzug, weißes Hemd und eine passende Krawatte.
301
Offenbar hatte sie es nicht mit einem gewöhnlichen Angestellten
zu tun.
"Schön, jetzt lernen wir uns auch endlich mal persönlich
kennen", begrüßte er die Journalistin. Seine Stimme war genau so
kalt und unpersönlich, wie das aufgesetzte Lächeln in seinem
Gesicht. Er hatte etwas an sich, das Conny zur Vorsicht riet.
Dieser Mann war gefährlich!
"Mein Name ist Leif Eklund, Vice President von BioUdders.
Aber ich vermute, dass ich Ihnen damit nichts Neues erzähle",
fuhr er fort, sein Gegenüber immer fest im Blick behaltend.
Conny runzelte für einen Augenblick die Stirn, bis sie
erkannte, was an dem Satz merkwürdig war. Dann fiel es ihr wie
Schuppen von den Augen! Eklund hatte sie Gesiezt! Es war
Monate her, seit sie zum letzten Mal so angesprochen worden
war. Niemand siezte eine Kuh!
"Nun Conny, oder sollte ich lieber sagen, Frau Cornelia
Steinfeld? Jetzt, da wir einander vorgestellt haben, sollten wir
über das Geschäftliche sprechen", schlug Eklund vor. Zumindest
für einen kurzen Augenblick schien sein Lächeln echt zu sein.
302
Demaskiert
Connys Herz setzte für einen Schlag aus, nur um
anschließend mit ungekannter Brutalität gegen ihre Rippen zu
schlagen. Geschockt und angsterfüllt starrte sie den Mann mit
weit aufgerissenen Augen an. Er wusste es! Er hatte sie enttarnt,
kannte ihren Namen!
Die Journalistin spürte Übelkeit in sich aufsteigen. Wenn
Eklund ihren Namen kannte, dann hatte es ihn sicherlich nicht
viel Mühe bereitet, umfassende Informationen über sie zu
erlangen. Zweifelsfrei wusste er, dass sie für die Tillburg Post
arbeitete. Das herauszufinden dürfte auch nicht sonderlich
schwer gewesen sein, denn sie hatte ihre Freude über den lang
ersehnten Job gleich in mehreren sozialen Netzwerken
kundgetan.
"Es ist mir eine ganz besondere Freude Ihnen mitteilen zu
können, dass Ihre hinterhältige Verschwörung gegen BioUdders
gescheitert ist!", verkündete der hochgewachsene Mann. Mit fast
schon herausfordernd entspannter Körperhaltung hatte er sich
gegen die Schreibtischkante gelehnt, den Blick fest auf Conny
gerichtet. "Ich muss zugeben, dass es durchaus beeindruckend
war, wie Sie es geschafft haben, sich unbemerkt in unsere Ställe
zu schmuggeln. Damit haben Sie uns einige wichtige Hinweise
darauf geliefert, wie wir unser internes Sicherheitssystem
303
optimieren können."
Fassungslos starrte Conny den Vice President von
BioUdders an. Er wusste alles! "Wie...?", brachte sie mit
krächzender, trockener Stimme hervor. Die Antwort wollte sie
eigentlich gar nicht hören. Die Beine der Journalistin zitterten vor
Angst so stark, dass sie Mühe hatte, nicht das Gleichgewicht zu
verlieren. Ihre erzwungene Position war dabei alles andere als
hilfreich. Fast fühlte es sich an, als ob ihre schweren Euter sie
regelrecht zu Boden ziehen wollten.
Ein Ausdruck der Genugtuung spiegelte sich auf Eklunds
Gesicht wieder. "Wie wir Ihren auf die Spur gekommen sind?",
sprach er den Rest der Frage aus, die Connys Gedanken erfüllte.
"Eigentlich sehe ich keinen großen Bedarf, Ihnen die Einzelheiten
zu erklären. Aber da Sie ohnehin keine Gelegenheit mehr dazu
haben werden, irgendjemandem davon zu berichten, werde ich es
Ihnen erklären. Sehen Sie es als kleine Anerkennung für Ihre
Mühen."
Connys Blick verfinsterte sich. Die herablassende Art des
Managers ließen die Erinnerungen an die vielen Erniedrigungen
der vergangenen Monate wie einen Film vor ihrem inneren Auge
erscheinen. Wann hatte man sie entdeckt, und was hatte man sie
in den letzten Wochen ganz bewusst dennoch durchleben lassen?
Sicherlich war es auch kein Zufall, dass sie auf diese spezielle Art
304
und Weise angekettet worden war. Von ihrer Position aus musste
sie zwangsläufig zu Eklund aufschauen, während er auf sie hinab
blicken konnte. Ein kleines psychologisches Spielchen, dessen
Wirkung noch durch die Tatsache verstärkt wurde, dass Eklund
bekleidet war, während ihr Körper nackt und vollkommen
ungeschützt seinen Blicken ausgeliefert war.
Wut kochte in ihr hoch, doch sie brachte keinen Ton hervor.
Ein Chaos an Gedanken vernebelte ihren Verstand und ließ klares
Denken kaum zu.
Die Journalistin biss sich auf die Unterlippe. Der Schmerz
half ihr, sich wieder einigermaßen zu fangen. "Lass ihn reden",
schoss ihr durch den Kopf, "so verraten sich die Schurken in
Filmen doch auch immer!" Es gab immer noch Erik! Er war noch
irgendwo da draußen und wartete sicher auf eine Gelegenheit, sie
zu befreien. Je mehr sie wusste, desto besser!
Eklund betrachtete sie mit einem süffisanten Lächeln. "Oh,
machen Sie sich keine falschen Hoffnungen. Wenn ich sage, dass
Sie Ihre Geschichte niemandem mehr erzählen können, dann
meine ich das auch so. Oder glauben Sie, dass wir Ihren Kollegen
noch nicht erwischt hätten? Seine Tarnung ist schon vor mehreren
Wochen aufgeflogen."
Conny wusste nicht, wie ihr geschah. Die ganze Tarnung,
die sie zusammen mit Erik aufgebaut hatte, war einfach
zusammen gestürzt. Obwohl sie sich über die lange Zeit an die
305
permanente Nacktheit gewöhnt hatte, kam sie sich plötzlich
furchtbar entblößt und verletzlich vor. Tränen stiegen ihr in die
Augen und verklärten ihre Sicht. Wie hatte das nur passieren
können? Und noch wichtiger: Was würde nun mit ihr passieren?
"Nun... ich habe keine Zeit, Ihnen alles ausführlich zu
erklären. Jedoch kann ich Ihnen versichern, dass Sie schon seit
einiger Zeit unter besonderer Beobachtung stehen. Ihre
Milchproduktion hatte sich wirklich hervorragend entwickelt,
doch dann gab es vor einiger Zeit einen ganz und gar
unerklärlichen Einbruch. Natürlich betraf das mehrere Kühe,
doch unser Qualitätsmanagement hat Sie seit diesem Zeitpunkt
aufmerksam beobachtet. Wir vermuteten zuerst eine Krankheit,
doch wie sich herausstellte, waren Sie bester Gesundheit. Also
haben wir die Datenwerte genauer untersucht und mussten leider
feststellen, dass sie manipuliert worden waren. Dank unserer
Zutrittskontrollen war der Verantwortliche schnell gefunden. Als
Herr Horn kurz darauf versuchte, Sie von unserem Gelände zu
schaffen, wussten wir auch, dass eine der betroffenen Kühe mit
ihm unter einer Decke stecken musste. Ein wirklich kühner Plan,
das muss man Ihnen lassen. Wir hätten nie damit gerechnet, dass
sich jemand als Kuh in unsere Stallungen einschleusen lässt",
erklärte Eklund. Bei seinem letzten Satz schaute er sie mit einem
Blick an, der irgendwo zwischen Verachtung und Anerkennung
zu schwanken schien.
"Aber machen Sie ihrem Mitverschwörer keine allzu großen
306
Vorwürfe. Auch ohne seine Fehler wären wir Ihnen inzwischen
auf die Spur gekommen. Wie meine Mitarbeiter mir berichtet
haben, hatten Sie sich auf dem Zuchtbock nicht besonders gut
unter Kontrolle, Frau Steinfeld. Es kommt wirklich nicht
besonders häufig vor, dass eine Kuh den Bullen beim Deckakt
regelrecht anfeuert."
Heiß rannen die Tränen über Connys vor Scham glühende
Wangen. Erstaunlich, wie sehr man eine Person schon nach
wenigen Minuten hassen konnte! Eklund schien keine
Gelegenheit auszulassen, um sie zu erniedrigen und mit seinen
Worten zu verletzen.
Das durfte alles nicht wahr sein! So lange wusste BioUdders
schon von ihrer wahren Identität? Es schien eine Ewigkeit her zu
sein, seit sie Erik das Kaubonbon gegeben hatte, seit sie dieses
Gefühl des Triumphs verspürt hatte und sich sicher gewesen war,
die Ställe bald verlassen zu können.
"Wo ist Erik?", brachte sie schluchzend hervor. Ihr Blick war
auf den Boden gerichtet, sie hatte einfach nicht mehr die Kraft,
Eklund ins Gesicht zu sehen. Zu groß war der Schock, dass er sie
enttarnt hatte, zu groß war die Angst, die sie vor diesem Mann
verspürte.
Eklund schien kurz zu überlegen, ob er Conny auch diese
Frage beantworten sollte. Einige Sekunden vergingen, ehe er mit
sorgfältig gewählten Worten erklärte: "Herr Horn hat diesen
307
Planeten bereits vor mehr als einer Woche verlassen. Wir haben
ein sehr ausführliches Gespräch mit ihm geführt und sind
einvernehmlich zu dem Schluss gekommen, dass er seine
Fähigkeiten zukünftig unserem Unternehmen zur Verfügung
stellt und sich dafür an einen von uns vorgeschlagenen Ort
begibt. Das schien ihm besser zu gefallen, als Ihr Schicksal zu
teilen und den Rest seines Lebens als Rind zu verbringen."
Ein Schluchzen entfuhr Conny. "Nein, das glaube ich nicht.
Sie lügen!", flüsterte sie mit tonloser Stimme. Sie konnte die
Worte des Mannes einfach nicht glauben. Erik hätte sie niemals
im Stich gelassen. Sie hatten diesen Auftrag zusammen
angenommen und er hatte ihr versprochen, dass er auf sie
aufpassen würde. Niemals wäre er einfach abgehauen und hätte
sie an diesem Ort zurückgelassen.
Ein freudloses Lachen schallte der Journalistin entgegen.
"Oh doch, ich sage die Wahrheit, Frau Steinfeld. Ob Sie mir
glauben oder nicht, spielt jedoch absolut keine Rolle. Es war nett,
Ihre Bekanntschaft zu machen, doch nun entschuldigen Sie mich
bitte. Ich habe keine Zeit, mich noch weiter mit Ihnen zu
unterhalten. Um alles weitere werden sich meine Mitarbeiter
kümmern." Mit diesen Worten löste Eklund sich von dem
Schreibtisch, durchquerte den Raum mit zügigen Schritten und
verschwand ohne ein weiteres Wort durch die Tür, die hinter ihm
geräuschvoll ins Schloss fiel.
308
Die nachfolgende Stille herrschte nur für wenige Sekunden
in dem kargen Raum. Aus dem leisen Schluchzen der Journalistin
wurde ein herzzerreißendes Weinen. Conny konnte einfach nicht
anders. Tränen tropften in rascher Folge auf den gefliesten Boden,
als sie Angst, Verzweiflung und Enttäuschung nicht mehr länger
im Zaum halten konnte. Als es sie regelrecht schüttelte, gaben
ihre Knie endgültig nach.
Wie ein Häufchen Elend sackte sie auf dem Boden vor dem
Pfahl zusammen, an dem sie angekettet war. Nur die kurze Kette
an ihrem Nasenring zwang sie, den Oberkörper aufrecht und den
Kopf halbwegs erhoben zu halten. Aus eigenem Antrieb hätte sie
es nicht mehr geschafft.
Wieso hatte sie sich nur auf die ganze Sache eingelassen? Sie
hätte auf ihr erstes Gefühl hören sollen! Hatte sie nicht von
Anfang an Zweifel gehabt? Wie hatte sie nur so töricht sein
können! Während der ganzen Vorbereitung hatte sie sich nur
darum gesorgt, dass sie nackt sein würde und ob ihre Brüste
später noch genau so fest sein würden, wie vorher. Doch um die
wirklich wichtigen Dinge hatte sie sich kaum Gedanken gemacht!
Nie hatte sie selbst daran gedacht, einen Fluchtplan zu
entwickeln! Dabei hätte ihr doch klar sein müssen, dass
BioUdders sie nicht einfach so entkommen lassen würde! Und
jetzt, jetzt war alles zu spät!
Conny wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als die Tür
309
sich erneut öffnete. Noch immer völlig aufgelöst erkannte sie
durch ihre verheulten Augen die verschwommene Gestalt eines
Mitarbeiters von BioUdders, der durch die typische Farbgebung
der Arbeitskleidung selbst unter diesen Bedingungen leicht als
solcher zu erkennen war.
Rasch näherte er sich ihr, befestigte eine Führkette an ihrem
Nasenring und befreite sie dafür von dem Pfahl. Mit einem
leichten Ruck an der Kette gab er ihr zu verstehen, dass sie auf
die Hufe kommen sollte.
Die Journalistin starrte den Mann durch ihre verquollenen
Augen verständnislos an. Ihr fehlte einfach die Kraft, sich jetzt
wieder aufzuraffen, dem Zug der Leine zu folgen und einen
weiteren Schritt in Richtung ihres eigenen Verderbens zu gehen.
Doch schon nach wenigen Augenblicken sorgte ein weiterer,
dieses Mal deutlich schärferer Zug an der Führleine dafür, dass
Conny der Aufforderung dann doch folgte und sich mit
zitternden Knien erhob. Erneut mit Tränen in den Augen, dieses
Mal jedoch aufgrund der Schmerzen, die von ihrer pulsierenden
Nasenscheidewand ausgingen, stolperte sie hinter dem Mann her
und aus dem Gebäude heraus.
Hatte sie die kühle Luft und den feinen Wind auf ihrer
nackten Haut noch kurz zuvor als angenehm und befreiend
empfunden, fühlte Conny sich nun nur noch ungeschützt. Der
310
kalte Wind ließ sie frösteln und die niedrige Temperatur
verdeutlichte ihr, wie schutzlos ihr Körper eigentlich war.
Dieses Mal schlug der Mann die Richtung ein, die sie sich
zuvor so sehr erhofft hatte. Über den großen Weg führte er
Conny in Richtung des Parkplatzes. Hatte sie diesen Ort immer
sehnlichst erreichen wollen, insbesondere nach dem gescheiterten
Fluchtversuch, wartete dort nun nicht mehr die Freiheit, sondern
eine höchst ungewisse Zukunft.
Conny verlangsamte ihre Schritte. Sie durfte nicht dorthin
gebracht werden! Man würde ihr die Stimme nehmen, die
Verwandlung endgültig und unumkehrbar machen!
Die Führleine spannte sich und hob den Nasenring von ihrer
Oberlippe. Doch Conny dachte nicht daran, weiter blind in ihr
Verderben zu rennen! Entschlossen setzte sie ihre Hufe auf den
Boden und blieb stehen.
Überrascht von dem plötzlichen Widerstand der Kuh blieb
auch der Angestellte stehen. Die Stirn in Falten gelegt, drehte er
sich halb zu ihr um. Sie erkannte den Mann, der sie vor wenigen
Stunden aus dem Zuchtstall geholt hatte. "Na komm schon!",
forderte er, leicht an der Führleine ziehend.
Der Journalistin traten erneut die Tränen in die Augen, als
der Ring schmerzhaft an ihrer Nase zog. Doch sie blieb stark,
bewegte sich nicht von der Stelle. "Nein!", erwiderte sie, mit
leiser, aber entschlossener Stimme.
Den Mund leicht geöffnet, starrte der Stallarbeiter sie einige
311
Sekunden lang an. Entweder hatte sein Vorgesetzter ihn nicht
eingeweiht, was es mit Conny auf sich hatte, oder er empfand
eine sprechende Kuh einfach als zu merkwürdig. Einige Male
schien er dazu ansetzen zu wollen, etwas zu sagen, fand jedoch
offenbar nicht die richtigen Worte.
Schließlich warf er Conny einen mitleidigen, fast schon
traurigen Blick zu und drehte sich wieder um. Die Führleine
spannend machte er einen langsamen Schritt nach vorne.
Conny jaulte auf, als der Ring kraftvoll, aber immerhin ohne
einen all zu heftigen Ruck an ihrer Nase zog. Dem Schmerz
unwillkürlich nachgebend stolperte sie einen Schritt nach vorne.
Vor Zorn kochend stemmte sie sich gegen die Leine, doch der
Angestellte von BioUdders blieb nicht noch ein weiteres Mal
stehen.
Obwohl sie es mit jeder Faser ihres Seins ablehnte, konnte
Conny nicht anders, als dem Mann zu folgen. Der Ring, der am
Tag ihrer Ankunft durch ihre Nasenscheidewand gestochen
worden war, stellte sich als furchtbar effektiv heraus. Der
Schmerz war einfach zu stark und zu scharf, um ihm ernsthaft
wiederstehen zu können.
So erreichte das ungleiche Gespann schließlich den
Torbogen am Rande des Geländes. Für Conny war es ein
merkwürdiges Gefühl, das Tor zu passieren, das von dem
Grundstück des Konzerns zum Parkplatz führte. Lange schon
312
hatte sie es endlich passieren wollen, doch nun fühlte es sich
überhaupt nicht so an, wie sie es sich vorgestellt hatte. Nie hätte
sie sich träumen lassen, dass sie in diesem Moment am liebsten
umgedreht und schnurstracks zurück in den Stall gelaufen wäre -
fort von all der Angst und Ungewissheit, die hier draußen auf sie
wartete und zurück an den Ort, der zwar nicht besonders
angenehm war, aber an dem Erik oder irgendwer anders sie
finden könnte.
Der Angestellte von BioUdders blieb erst stehen, als sie
einen kleinen Transporter erreicht hatten, der auf dem ansonsten
verlassenen Parkplatz stand. Ohne Connys Führleine loszulassen,
klappte er die hintere Tür herunter, die so gleichzeitig als kurze
Rampe diente und in den hinteren Bereich des Wagens führte.
"Rein da", meinte er kurz angebunden in Richtung der
Reporterin. Als sie zögerte, warf er ihr einen grimmigen Blick zu,
trat selbst auf die Rampe und zog Conny kurzerhand an der
Führleine in den Transporter.
Im Inneren des Fahrzeugs war es dunkel und eng. Der
Boden bestand aus einem einfarbigen Kunststoffbelag, der jedoch
nicht so glatt war, wie er zuerst gewirkt hatte. Durch zwei
schmale Fenster strahlte gerade genug Tageslicht hinein, damit
Conny überhaupt etwas sehen konnte. Allerdings waren sie so
hoch angesetzt, dass sie nicht nach draußen sehen konnte.
Der Stallarbeiter befestigte ihre Führleine mit einem
einfachen Knoten an einem großen Metallring, der an der
313
Rückwand der Fahrerkabine angebracht war. Kurz versicherte er
sich, dass die Journalistin sicher angebunden war, ehe er aus dem
Wagen kletterte, die Rampe zuklappte und damit die Tür schloss.
Conny, deren Augen sich an das Tageslicht gewöhnt hatten,
konnte ihre Umgebung zunächst kaum erkennen, so dunkel war
es nun um sie herum. Sie konnte hören, wie die Tür verriegelt
wurde und ließ den Kopf hängen.
Kurz darauf ging ein leichter Ruck durch den Wagen, als
jemand in die Fahrerkabine stieg. Eine Tür schlug zu und gleich
darauf wurde der Motor gestartet. Wie bei allen Fahrzeugen auf
Animal Planet war es ein Elektromotor, doch selbst dessen leises
Surren erschien Conny vergleichsweise laut, nachdem zuvor fast
vollkommene Stille geherrscht hatte.
Als das Fahrzeug sich in Bewegung setzte, wäre Conny um
ein Haar gestützt. Immerhin war die Führleine lang genug, dass
sie einen Schritt nach hinten machen konnte, um ihr
Ungleichgewicht wieder auszugleichen.
Verunsichert ging Conny ein wenig in die Hocke und kniete
sich auf den Boden. Es war zwar alles andere als bequem, da das
polsternde Stroh fehlte, an das sie sich so sehr gewöhnt hatte,
doch es war ganz sicher besser, als am Ende doch noch zu
stürzen. Leise weinend starrte sie an die dunkle Wand des
Transporters, während der Transporter weiter beschleunigte.
Conny hatte jedes Zeitgefühl verloren. Sie konnte nicht
314
sagen, ob sie erst wenige Minuten, oder doch schon mehrere
Stunden unterwegs waren. Im dunklen Anhänger fehlte ihr
jegliche Möglichkeit, einen Zeitbezug herzustellen. Das Licht aus
den beiden schmalen Fenstern schien ein wenig schwächer
geworden zu sein, doch das konnte auch täuschen. Nur die
Tatsache, dass ihre Euter inzwischen ziemlich schmerzhaft
spannten, ließ die Journalistin vermuten, dass sie doch schon
etwas länger unterwegs waren.
Hin und wieder stoppte der Wagen kurz, setzte sich jedoch
immer wieder in Bewegung. Conny, die nach einer Weile nicht
mehr groß darauf achtete, war in ein unruhiges Dösen verfallen.
Das leichte Schaukeln des Wagens sorgte für eine unangenehme
Übelkeit, die aber zumindest nicht so schlimm wurde, dass sie
sich übergeben musste. Eigentlich hätte sie diesen Verbrechern
nur zu gerne in den Wagen gekotzt, doch da sie nicht wusste, wie
lange sie selbst noch an diesem Ort verweilen musste, sah sie
davon ab und versuchte ihren Magen zu beruhigen, indem sie
ruhig und gleichmäßig atmete.
Einmal blieb der Wagen deutlich länger stehen, so dass
Conny sich sicher war, dass sie nicht nur an irgendeiner Ampel
warteten. Tatsächlich hörte sie nach einer Weile die Fahrertür auf
und nach einer Weile wieder zugehen. Auch glaubte sie, Stimmen
gehört zu haben, doch die Wände des Wagens waren zu dick, um
einzelne Worte zu verstehen.
315
Endlos erscheinende Sekunden später ging die Fahrt jedoch
noch einmal weiter. In ihrer Angst hatte sie sich schon vor einer
der Kliniken zur Wandlung von Pets gesehen. Sie fragte sich, wie
lang die Fahrt wohl noch dauern mochte. Inzwischen drang nur
noch wenig Licht durch die beiden schmalen Fenster in das
Innere des Fahrzeugs. Als Ausgleich hatten sich Connys Augen
ganz gut an die Lichtverhältnisse gewöhnt, doch an diesem Ort
gab es ohnehin nichts zu sehen, was sie hätte ablenken können.
Ihre Tränen waren irgendwann während der Fahrt versiegt.
Geblieben war die Angst. Wohin genau würde man sie bringen?
So lange wie sie unterwegs waren, schien es nicht einfach nur
zum nächstbesten Petarzt zu gehen. Vielleicht eine
Sicherheitsmaßname, damit sie nicht so schnell gefunden wurde?
Das würde immerhin bedeuten, dass Eklund damit rechnete, dass
irgendjemand nach Conny suchen würde. Ein schwacher Trost,
denn spätestens wenn ihre Haut nachhaltig gefärbt und ihre
Stimmbänder operiert waren, gab es für sie keine wirkliche
Rettung mehr. Selbst wenn man sie danach noch aus den Ställen
herausholte, was für ein Leben wartete dann noch auf sie?
Conny ahnte, dass sie sich ihrem Schicksal ergeben musste.
Natürlich würde das nicht von heute auf morgen gehen und ganz
sicher nicht leicht werden, doch irgendwo in ihrem
Unterbewusstsein war ihr klar, dass dieser Schritt irgendwann
unvermeidlich sein würde. Es war ein Schutzmechanismus ihres
Körpers, ein ganz natürlicher Prozess, um überleben zu können.
Noch war sie jedoch nicht bereit dafür. So lange es noch einen
316
kleinen Funken Hoffnung gab, würde sie sich daran klammern.
Die Sonne war bereits untergegangen, als der Wagen erneut
anhielt. In dem Augenblick, als das leise Surren des
Elektromotors erstarb, wusste Conny, dass sie ihr Ziel erreicht
hatten. Für einen kurzen Augenblick herrschte Stille, dann hörte
sie die Fahrertür aufgehen. Schritte entfernten sich, kurz darauf
konnte sie mehrere undeutliche Stimmen hören.
Conny, die bisher in Fahrtrichtung gesessen hatte, drehte
sich halb um die eigene Achse. Angespannt starrte sie auf die
verschlossene Tür des Wagens. Wuchtig schlug ihr Herz gegen
ihre Rippen, während sie voller Angst wartete.
Mit einem leisen Knarren öffnete sich die Tür. Das
künstliche Licht einer Straßenlaterne ließ die Journalistin die
Augen zusammenkneifen. Gleich mehrere Personen hatten sich
dort draußen versammelt.
Ganz langsam gewöhnten sich ihre Pupillen an die neuen,
helleren Lichtverhältnisse. Doch Conny blinzelte weiter. Sie war
sich sicher, dass ihre Augen ihr einen Streich spielten. Der Mann,
der mit einem weißen Kittel bekleidet hinter dem Fahrzeug
gestanden hatte und nun gerade die Rampe hinauf kletterte, war
niemand anderes, als Dr. Collins. "Schön dich zu sehen, Conny!",
begrüßte er sie mit einem breiten Lächeln.
317
Schritt für Schritt
Wieder einmal stiegen ihr die Tränen in die Augen. Beinahe
ein wenig verwirrt über sich selbst blinzelte Conny ein paar Mal,
konnte jedoch nicht verhindern, dass eine kleine Träne von ihren
Wimpern tropfte. "Jetzt reiß dich zusammen", ermahnte sie sich
selbst. Langsam und konzentriert atmete sie ein paar Mal tief
durch und schaffte es schließlich, ihre Fassung zurück zu
erlangen.
Ganz behutsam riss sie ein paar Blätter des Klopapiers ab,
dessen weiche Oberfläche ihr diesen kleinen Gefühlsausbruch
beschert hatte. Für einen normalen Menschen musste es geradezu
lächerlich wirken, doch für sie war etwas derart einfaches nach
dem langen Aufenthalt im Stall keine Selbstverständlichkeit
mehr. Conny brauchte einige Sekunden, um sich den Schritt zu
wischen. Ihr Arm schien bei jeder Bewegung zu protestieren, die
Muskeln hatten sich während der langen Fixierung stark
zurückgebildet. Doch Dr. Collins hatte ihr zugesichert, dass sie
sich schon bald wieder normal würde bewegen können. Bis dahin
würde sie zusammen mit der Arzthelferin ein regelmäßiges
Physiotraining absolvieren, um die Muskeln langsam wieder
aufzubauen.
Conny schluckte den Kloß herunter, der sich in ihrem Hals
gebildet hatte. Derartige Gefühlsausbrüche begleiteten die junge
Journalistin bereits, seit der Doktor zu ihr in den Wagen gestiegen
war. Egal ob das Essen eines Brötchens, das Benutzen einer
318
Zahnbürste oder der Gang zur Toilette - irgendwie schien für ihre
aufgewühlten Gefühle jede Kleinigkeit zu viel zu sein. All die
Dinge, auf die sie in den letzten Monaten hatte verzichten
müssen, sorgten nun für Gefühlsausbrüche, derer sie sich kaum
erwehren konnte.
Die Journalistin erhob sich, betätigte die Spülung und zog
die weit geschnittene Hose über ihre Hüfte. Der Stoff fühlte sich
auf der Haut noch immer etwas ungewohnt, jedoch auch weich
und angenehm an. Einen erneuten Gefühlsausbruch
unterdrückend hob Conny den Blick und machte einen Schritt auf
den großen Spiegel zu, der über dem Waschbecken an der Wand
hing.
Ihr Erscheinungsbild hatte sich in den letzten 48 Stunden
drastisch verändert. Vor kaum mehr als zwei Tagen war sie als
Milchkuh aus dem Transporter gestiegen, doch Dr. Collins hatte
bereits dafür gesorgt, dass sie wieder ein sehr menschliches Bild
abgab.
Im ersten Schritt hatte er die gelben Ohrmarken entfernt, mit
deren Hilfe man sie als Kuh identifiziert hatte. Obwohl sie die
Marken schon nach kurzer Zeit nicht mehr gespürt hatte, schien
ihr nun das - wenn auch geringe - Gewicht der Plastikplaketten
an ihren Ohren manchmal zu fehlen. Noch mehr hatte Conny sich
jedoch darüber gefreut, dass sie den verhassten Nasenring
endlich losgeworden war. Sie war von vornerein nie damit
einverstanden gewesen, dass ihre Nasenscheidewand
319
durchstochen worden war, und insbesondere in den letzten
Tagen vor ihrer Rückverwandlung hatte sie ihn zu hassen gelernt.
Doch nun hatte Dr. Collins ihn entfernt, und auch wenn das Loch
in ihrer Nasenscheidewand bleiben würde, würde sie es nie
wieder zulassen, dass jemand erneut einen Ring daran befestigen
und sie durch selbigen kontrollieren können würde.
Ebenfalls noch am Abend ihrer Ankunft in der Praxis des
Doktors war die rotbraune Färbung von ihrer Haut gewaschen
worden. Im Gegensatz zu den Ohrmarken und dem Nasenring
war dieser Teil ihrer Verwandlung jedoch nicht ganz so leicht
rückgängig zu machen gewesen. Fast zwei Stunden hatte sie in
der kleinen Duschkabine verharren müssen, bis die Arzthelferin
auch die letzte Stelle ihres Körpers mit einem vergleichsweise
rauen Schwamm abgeschrubbt hatte. Nur dem speziellen
Lösungsmittel, das sie dabei verwendet hatte, war es zu
verdanken, dass die Färbung sich überhaupt vollständig von
ihrer Haut gelöst hatte. Doch jetzt hatte ihre Haut wieder den
normalen menschlichen Farbton angenommen, der auch vor ihrer
Scheinverwandlung zu ihr gehört hatte. Zugegeben, sie war ein
wenig blass, doch das würde sich mit ein wenig Sonne bald legen.
Im Stall hatte sie schließlich nahezu ausschließlich künstliches
Licht abbekommen.
Es wirkte ein wenig so, als ob sie ihrem Ebenbild Mut
machen wollte, als sie die Lippen zu einem zaghaften Lächeln
320
verzog. Die Ohrmarken und den Nasenring war sie losgeworden,
doch hatte sie sich noch nicht so recht an den Anblick ihres
Gesichts gewöhnt. Die fehlenden Haare ließen sich nicht so
schnell wieder in ihre ursprüngliche Form bringen, auch wenn
Dr. Collins ihr versichert hatte, dass die Glatze kein permanenter
Zustand sein würde. Tatsächlich schien er ein wenig überrascht
zu sein, dass ihre Haare nicht bereits neu gewachsen waren. Ihr
Aufenthalt im Stall war deutlich länger ausgefallen, als es
ursprünglich geplant gewesen war, doch nachdem der Doktor am
Vortag einige ihrer Haarwurzeln untersucht hatte, zeigte er sich
wieder ausgesprochen optimistisch.
Die Arzthelferin hatte Conny angeboten, ihr für die
Übergangszeit eine Perücke zu bringen, doch die Journalistin
hatte sich dagegen entschieden. Warum genau konnte sie nicht
einmal sagen, doch momentan erschien es ihr nicht besonders
wichtig zu sein, welche Frisur sie trug.
Der bisher vielleicht größte Schritt ihrer Rückverwandlung
in einen Menschen hatte am gestrigen Vormittag stattgefunden,
als Dr. Collins ihr den Kuhschweif amputiert hatte. Obwohl
dieser künstlich hinzugefügte Teil ihres Körpers sich für Conny
immer ein wenig fremd angefühlt hatte, schien das Gewebe in
den vergangenen Monaten gut mit ihrem Körper verwachsen zu
sein. Abgesehen von dem dumpfen Schmerz, der von ihrem
bandagierten Steißbein ausging, hatte sie tatsächlich hin und
wieder das Gefühl, dass ihr dort hinten etwas fehlen würde. Doch
321
genau wie Dr. Collins es ihr vor ihrer Verwandlung vorausgesagt
hatte, war von ihrem Schweif nichts weiter übrig geblieben, als
eine etwas größere Narbe.
Doch der lange Aufenthalt in den Ställen von BioUdders
hatte auch einige Spuren an Conny hinterlassen, die nicht so
schnell verschwinden würden.
Am auffälligsten waren dabei ihre Brüste. Jetzt, da ihr
restlicher Körper wieder zurückverwandelt worden war, wirkten
sie für Conny noch größer und gezeichneter, als zuvor. Die Haut
wirkte stark gedehnt und die Brüste waren nicht mehr annähernd
so fest, wie noch vor wenigen Monaten. Schwer und prall hingen
sie an ihr herunter, ein dezentes Spannen erinnerte die
Journalistin daran, dass sie noch immer stark laktierte. Auch an
ihren Brustwarzen hatte die Beanspruchung durch die
Melkmaschine deutliche Spuren hinterlassen. Groß und
geschwollen standen sie von ihren Brüsten ab, wirkten im
Zusammenspiel mit der nun wieder normal gefärbten Haut
beinahe grotesk dunkel und lang.
Conny seufzte schwer und drehte sich ein wenig zur Seite.
Nicht nur ihre Brüste hatten an Umfang deutlich zugelegt. Die
einseitige Ernährung und die allenfalls als geringfügig zu
bezeichnende Bewegung in den Ställen waren nicht spurlos an
ihrer Figur vorbei gegangen. Wenn sie der Waage glauben
konnte, hatte sie 14 Kilo zugenommen. Ein kleiner Anteil davon
mochte auf ihre Brüste entfallen, doch das meiste konnte sie recht
322
mühelos an ihren Oberschenkeln und auf ihrer Hüfte entdecken.
"Ich muss mich wohl wieder im Fitnessstudio anmelden", meinte
sie mit matter Stimme.
Die Journalistin löste ihren Blick von ihrem Spiegelbild und
kehrte in das angrenzende Zimmer zurück. Das Klackern ihrer
Absätze auf dem gefliesten Boden erinnerte sie beinahe ein wenig
an die Geräusche, die von den Hufschuhen ausgegangen waren.
Nachdem sie seit ihrer Verwandlung jede Minute in den Stiefeln
verbracht hatte, die ihre Füße, wie bei Balletttänzerinnen, in eine
extrem gestreckte Haltung gezwungen hatten, empfand sie
Absätze als deutlich angenehmer, als flaches Schuhwerk. Die
Arzthelferin hatte ihr freundlicherweise ein paar einfache Schuhe
mit hohen Hacken gebracht.
Als Conny zurück in das kleine Zimmer kam, dass sie
zurzeit mehr oder weniger bewohnte, wartete dort bereits Frau
Perez auf sie. Die Arzthelferin lächelte ihre Patientin freundlich
an. "Guten Morgen. Wie geht es dir heute?"
"Ganz gut soweit. Mein Steißbein schmerzt ein wenig",
beklagte sich Conny und erwiderte das Lächeln ein wenig
gequält.
"Das legt sich nach ein paar Tagen. Mach dir da keine
Sorgen, die Operation ist sehr gut verlaufen", beruhigte Perez sie.
Die Arzthelferin durchquerte den Raum, bückte sich und öffnete
einen kleinen Schrank.
323
Conny setzte sich derweil auf die Kante des niedrigen Betts,
das in einer Ecke des Raumes stand. Sie wusste bereits, was nun
kam und streifte sich das Shirt über den Kopf.
Perez hatte eine kleine Apparatur aus dem Schrank geholt
und kam damit zu Conny. "Wie fühlen sie sich heute an?",
erkundigte sie sich, während sie einen Blick auf die freigelegten
Brüste der Journalistin warf.
"Unverändert", erwiderte Conny etwas knapp. Sie hatte kein
Problem damit, dass andere Menschen ihre Brüste sahen - daran
hatte sie sich nun wirklich ausreichend gewöhnt. Doch jetzt, wo
sie keine Kuh mehr war, war es ihr ein wenig unangenehm, wie
deformiert ihre Brüste wirkten. Selbst eine Schwangerschaft hätte
wohl nicht so deutliche Spuren hinterlassen.
Perez nickte leicht mit dem Kopf. Ganz behutsam setzte sie
die Milchpumpe an Connys linke Brust und begann vorsichtig
damit, etwas Milch abzupumpen.
Conny schloss für einen kurzen Augenblick die Augen.
Sofort hatte sie wieder das Gefühl, im Stall zu sein, vorgebeugt an
der Melkmaschine zu stehen. Schnell öffnete sie die Augen
wieder, konzentrierte sich auf ihre Umgebung. "Nein, diese
Zeiten sind vorbei!", sagte leise zu sich selbst. Ein paar Mal tief
durchatmend beruhigte sie sich wieder. Tatsächlich fühlte sich
die Milchpumpe ganz anders an, als die Melkmaschine. Der
Druck, mit der an ihrer Brustwarze gezogen wurde, war viel
schwächer und der Rhythmus deutlich langsamer.
"Was meinst du?", erkundigte sich Perez, die ein wenig
324
verwundert drein schaute.
Conny lächelte kurz. "Schon gut, nur ein kleines
Selbstgespräch", entgegnete sie. "Wird es schon weniger?"
Nun war es Perez, die sanft lächelte und dabei den Kopf
schüttelte. "Nein, so schnell geht das nicht. Gib deinem Körper
ein wenig Zeit, um sich zu normalisieren. Du kannst das mit dem
Abstillen vergleichen, nur das deine Milchmenge natürlich viel
höher ist. Aber wenn dein Körper merkt, dass nicht mehr so viel
Milch gebraucht wird, dann wird er auch darauf reagieren."
Leise seufzend nickte Conny. "Ja, natürlich."
"Du darfst nicht vergessen, dass du in den letzten Wochen
täglich fast fünf Liter Milch produziert hast. Von dieser Menge
herunter zu kommen, wird halt etwas dauern. Aber mit jedem
Tag wird es ein bisschen weniger werden", ermutigte Perez ihre
Patientin.
Conny nickte erneut, sagte jedoch nichts. Bewegungslos
verharrte sie, während die Arzthelferin ihr zunächst weiter die
linke und anschließend ebenso behutsam die rechte Brust molk.
Anders als an der Melkmaschine, pumpte sie jedoch nicht die
gesamte Milch aus Connys Brüsten, damit die Laktation sich
langsam verringern konnte.
Den Blick auf die Pumpe gerichtet, beobachtete die
Journalistin, wie die weiße Flüssigkeit aus ihrem Körper
gewonnen wurde. Im Stall hatte sie dabei zumeist gefressen, und
tatsächlich verspürte sie jedes Mal, wenn Perez die Milchpumpe
325
ansetzte, plötzlich einen starken Hunger.
Das Gefühl mit einem kurzen Gedanken an Pawlows Hunde
unterdrückend konzentrierte Conny sich auf die Milch. Mit
Entsetzen hatte sie festgestellt, dass sie etwas mehr als vier
Monate auf dem Gelände von BioUdders verbracht hatte. Das
war doppelt so lange, wie sie es ursprünglich geplant hatten. In
diesem Zeitraum hatte ihr Körper grob geschätzt etwa 500 Liter
Milch produziert. Eine unglaubliche Menge, die Conny kaum
fassen konnte. Das war vermutlich mehr, als ein mittelgroßer
Supermarkt am Tag umsetzen konnte. Wenn sie sich vor Augen
hielt, welche Menge an Flüssigkeiten in den letzten Wochen aus
ihren Brustwarzen gepumpt worden war, schien es ihr durchaus
verständlich, warum sie so aussahen, wie es momentan der Fall
war.
Ihre Brüste würden auch nach dem Versiegen der Milch
deutliche Spuren ihrer Scheinverwandlung behalten, das war
Conny inzwischen klar. Dr. Collins hatte jedoch schon
durchblicken lassen, dass sich vielleicht eine Operation anbieten
würde, um den alten Zustand einigermaßen wieder her zu
stellen. Die Journalistin war alles andere als abgeneigt, dieses
Angebot anzunehmen. Immerhin hatte sie wenig Lust, den Rest
ihres Lebens derart gezeichnet zu sein.
Mit einem leisen Schmatzen löste Perez die Milchpumpe von
Connys rechter Brust. Obwohl die Journalistin nicht das Gefühl
hatte, dass sie schon fertig war, hatte zumindest das
326
unangenehme Spannen nachgelassen.
"Möchtest du gleich mit rüber kommen und etwas
Frühstücken?", erkundete sich die Arzthelferin, während sie die
Apparatur in einem Waschbecken säuberte und anschließend
wieder in dem Schrank verstaute.
Connys Blick ruhte auf den beiden Halbliterflaschen, die
beide mit ihrer weißen Milch gefüllt vor dem Bett standen. Ihre
Brüste waren noch nicht einmal richtig leer, und dennoch hatte
sie einen knappen Liter Milch gegeben. "Was? Ehm... ja, gerne.
Ich bekomme dabei immer Hunger...", gab sie zu.
Perez lachte leise. "Ja, das ist wohl die Macht der
Gewohnheit, was?" Sie wandte sich zum Gehen, blieb jedoch
stehen, als Conny ihr nicht folgte. "Gibt es noch etwas?",
erkundigte sie sich mit leicht besorgter Stimme.
Conny konnte ihren Blick nur langsam von den Flaschen
lösen. "Ja... ich weiß nicht, ob Dr. Collins das nicht schon längst
gemacht hat, aber könnte ich bitte einen Schwangerschaftstest
machen? Nur... um sicher zu gehen."
Einige Sekunden vergingen, während die Arzthelferin die
Journalistin aufmerksam musterte. "Ja, natürlich. Wir erledigen
das direkt nach dem Frühstück, ja?"
Leicht mit dem Kopf nickend stimmte Conny zu und erhob
sich. "Danke."
327
Das Team
Ein paar Stunden waren seit dem Frühstück vergangen.
Conny hatte die Zeit genutzt, um sich weiter von den Strapazen
der letzten Tage zu erholen. Einigermaßen entspannt lag sie auf
dem provisorischen Bett der kleinen Praxis und ordnete ihre
Gedanken. Ihr Aufenthalt im Stall mochte vorbei sein, doch es
würde wohl noch eine ganze Weile dauern, bis sie ihr Leben als
Kuh auch wirklich hinter sich lassen konnte. Nicht nur einmal
war sie in den letzten Tagen mit dem furchtbaren Gefühl aus dem
Schlaf hochgeschreckt, noch immer im Stall zu sein. Jedes Mal
hatte sie einige Augenblicke benötigt um zu realisieren, dass sie
ihre Rettung nicht nur geträumt hatte, sondern tatsächlich in
Sicherheit war.
Conny richtete ihren Oberkörper auf und hob den Kopf, als
sich die Zimmertür öffnete. Dr. Collins, wie immer in seinen
weißen Arztkittel gekleidet, betrat den Raum.
"Na, wie geht es unserer Starreporterin heute?", erkundigte
er sich mit freundlicher, gut gelaunter Stimme. Das Lächeln in
seinem bärtigen Gesicht war echt und ermutigte Conny dazu, es
zu erwidern.
"Ganz gut, ich gewöhne mich langsam wieder daran, nicht
mehr in einem Stall zu leben", antwortete sie und strich mit den
Fingern über die weiche Decke, als wollte sie sich vergewissern,
dass es sich auch ganz sicher nicht um Stroh handelte.
328
Dr. Collins lachte. "Das ist ein gutes Zeichen. Wie fühlt sich
Ihr Steißbein an?"
Conny wog den Kopf leicht hin und her. "Das unangenehme
Pulsieren wird langsam schwächer, oder ich gewöhne mich
einfach daran. Aber ein wenig unangenehm ist es noch immer."
Der Arzt nickte leicht. "Ja, das war zu erwarten. Ihr Körper
hatte sich ein bisschen zu gut mit dem Schweif angefreundet,
könnte man sagen. Aber in ein paar Tagen merken Sie nichts
mehr davon."
Die Journalistin nickte leicht. Auch wenn der Doktor es nicht
aussprach wusste sie, dass diese Probleme durch den viel zu
langen Aufenthalt im Stall ausgelöst worden waren. Stumm
fragte sie sich, wie sehr ihr Körper in Mitleidenschaft gezogen
worden wäre, wenn noch weitere Wochen im Stall
dazugekommen wären.
"Ich habe hier noch ein Testergebnis für Sie", meinte Dr.
Collins und zog einen kleinen Zettel aus einer der Taschen seines
Kittels.
Unwillkürlich verkrampfte sich Connys Magen. Direkt nach
dem Frühstück hatte sie zusammen mit Perez einen
Schwangerschaftstest gemacht. Das er vollkommen ergebnislos
geblieben war, hatte nicht gerade eine beruhigende Wirkung auf
die Journalistin gehabt. Perez hatte ihr erklärt, dass es vermutlich
an den Hormonen lag, die sie kurz vor ihrer Rettung im Stall
bekommen hatte, so dass sie Conny ein wenig Blut abgenommen
329
hatte, um einen genaueren Test zu machen.
"Ja?", brachte sie unsicher hervor. Sie bemerkte, dass ihre
Finger ein wenig zitterten und krallte sie fester in die Decke, den
Blick fest auf den Arzt gerichtet.
Dr. Collins musterte sie einige Sekunden lang, ehe er den
Blick senkte. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er das
zusammengefaltete Blatt Papier aufgeklappt hatte. "Die
Untersuchung Ihrer Blutwerte hat ergeben, dass Sie nicht
schwanger sind. Es scheint fast so, als müssten Sie es noch einmal
versuchen", verkündete er mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
Conny fiel ein Stein vom Herzen. Ihr Herz, das zuvor wild
gegen ihre Brust geschlagen hatte, machte einen kleinen Hüpfer,
während ihr restlicher Körper sich entspannte, als die Last der
Ungewissheit von ihr abfiel. Erst jetzt den zweiten Satz des
Arztes realisierend schüttelte sie abwehrend den Kopf. "Oh nein,
vielen Dank. Ich hab erst einmal genug davon."
Sie konnte nicht anders, als leise zu lachen. Jetzt, wo sie
wusste, dass ihre Aufenthalte auf dem Zuchtbock ohne weitere
Konsequenzen geblieben waren, erschien ihr die Erinnerung
daran gar nicht mehr so schlimm. Natürlich würde sie das nie
zugeben, doch eigentlich hatte sie mit den Bullen durchaus ihren
Spaß gehabt.
Der Doktor legte den Ausdruck des Testergebnisses auf
einen kleinen Tisch und richtete seine Aufmerksamkeit
anschließend wieder auf seine Patientin. "Ich habe noch eine
330
kleine Überraschung für Sie", verkündete er, "draußen wartet ein
Besucher auf Sie. Natürlich nur, wenn Sie sich dafür fit genug
fühlen."
Conny verdrängte die Gedanken an den gefliesten Raum mit
dem Zuchtbock und warf Dr. Collins einen neugierigen Blick zu.
Es war das erste Mal, dass jemand von Außerhalb der Arztpraxis
zu ihr kam. Zwar hatte sie am vorherigen Tag zwei kurze
Telefonate geführt, jedoch abgesehen von Dr. Collins und Perez
niemanden persönlich getroffen. "Wer ist es?", hakte sie nach,
während sie im Kopf verschiedene Möglichkeiten durchging.
War es vielleicht Nadine? Ihre Freundin, der sie im Vorfeld von
ihrem Vorhaben erzählt hatte, war am Telefon in Tränen
ausgebrochen, als sie ihre Stimme gehört hatte. Genau wie Conny
es in ihrem Brief verlangt hatte, hatte Nadine nach genau 8
Wochen das Schließfach geöffnet und damit alle Informationen
über die Scheinverwandlung erhalten. Sie war schnurstracks zum
Geschäftsführer der Tillburg Post gelaufen und hatte ihn mit der
Angelegenheit konfrontiert. Offenbar hatte Herr Lübke sie nur
mit Mühe beschwichtigen können, damit sie mit ihrem Wissen
nicht zur Polizei lief. Sogar mit Erik hatte sie sprechen wollen,
und erst, als er ihr mit Nachdruck versichert hatte, dass es Conny
gut ging und sie nur noch etwas mehr Zeit brauchen würden,
hatte sie schließlich Ruhe gegeben. Conny nahm sich fest vor, ihre
Freundin gleich als erstes zu besuchen, sobald sie aus der Praxis
entlassen war.
"Ich kann Ihnen doch die Überraschung nicht verderben",
331
meinte Dr. Collins gut gelaunt. Seine Patientin noch einmal
prüfend musternd wandte er sich schließlich nach kurzem
Zögern zur Tür, öffnete sie und winkte eine Person herein.
Überrascht starrte Conny den Mann an, der soeben den
Raum betrat. Seine schwarzen Haare waren zerzaust, dunkle
Augenränder verrieten, dass er in den letzten Tagen nicht
besonders viel geschlafen hatte. "Erik?", entfuhr es der
Journalistin in einer ungewohnt hohen Tonlage.
Der Mann rang sich ein müdes Lächeln ab und hob die
Hand. Er machte einen mitgenommenen Eindruck und erinnerte
nur Vage an den absolut von sich selbst überzeugten Reporter,
den Conny bei der Tillburg Post kennen gelernt hatte. "Hallo
Conny."
Für einige Sekunden herrschte vollkommene Stille im Raum.
Verschiedene Gedanken rasten durch Connys Kopf, vollkommen
konfus und ungeordnet, so dass sie nicht dazu in der Lage war,
einen klaren Satz zu formulieren. Eine Mischung aus
Ungläubigkeit, Wut und Scham wallte in ihr auf.
Kurzentschlossen, ohne wirklich zu wissen, was sie tat,
sprang Conny von ihrem Bett, machte einige schnelle Schritte auf
Erik zu... und fiel ihm um den Hals. Ihr entfuhr ein leises
Schluchzen, als sie den Mann an sich drückte. All die
aufwallenden Gefühle, die gerade noch ihr Bewusstsein erfüllt
hatten, waren einer immensen Erleichterung gewichen. "Wie...
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aber...du...?", brachte sie zusammenhangslos hervor.
Erik verzog das müde Gesicht zu einem Grinsen und
tätschelte ihren Rücken. "Du hast doch wohl nicht an mir
gezweifelt?", fragte er, halb ironisch, halb ernst gemeint.
Sich ein wenig von ihm lösend wischte Conny sich über die
nassen Wangen. Stumm sah sie den Mann an, mit dem sie so viel
durchgemacht hatte, von dem sie am Ende geglaubt hatte, dass er
sie verraten hatte, und der nun doch hier war. "Du schuldest mir
eine Erklärung!", entschied sie schließlich, noch immer mit den
Tränen ringend.
"Ja, dass tue ich wohl. Was hältst du davon, wenn wir uns
hinsetzen?", schlug Erik vor.
Einige Augenblicke später hatten Conny und Erik an dem
kleinen Tisch Platz genommen, der unweit des Bettes stand.
Nachdem er sich sicher war, dass seine Patientin mit der Situation
fertig wurde, hatte Dr. Collins den Raum verlassen, so dass sie
nun alleine waren. Unwillkürlich musste Conny daran denken,
dass sie sich nicht mehr gesehen hatten, seit ihr gemeinsamer
Fluchtversuch gescheitert war und Erik sie alleine in dem
Zuchtstall zurückgelassen hatte.
"Also... wo soll ich anfangen...", überlegte Erik laut. Er hatte
die Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet und schaute in
Richtung der Decke.
Conny erwiderte: "Wie wäre es mit dem Abend, an dem du
mich aus dem Stall holen wolltest?"
333
Leicht mit dem Kopf nickend stimmte Erik zu. "Ja, das ging
gehörig schief. Ich schätze das Meiste hast du dir schon selbst
zusammen reimen können. Es war so: Zu diesem Zeitpunkt
hatten die Verantwortlichen von BioUdders bereits Verdacht
geschöpft. Wir waren also nicht so unbeobachtet, wie wir gedacht
haben. Während ich dich aus dem Stall holte, wurde unser
Fluchtfahrzeug entdeckt und des Geländes verwiesen. Selbst
wenn wir es bis zum Parkplatz geschafft hätten, wären wir von
dort aus nicht mehr weiter gekommen."
Nun war es die Journalistin, die nickte. "Ja, soweit habe ich
es noch mitbekommen."
"Gut, gut...", meinte Erik. Kurz suchte er nach Worten, ehe er
fortfuhr: "Nachdem man uns gesehen hatte, blieb mir keine
andere Wahl, als dich in den Zuchtstall zu bringen. Sonst hätte
ich keine Erklärung dafür gehabt, warum du dich außerhalb
deines Stalls befunden hast."
"Warte... du wusstest, was für ein Stall das war?", fragte
Conny brüskiert.
Erik hob abwehrend die Hände. "Ja, das wusste ich.
Immerhin habe ich fast 3 Monate für BioUdders gearbeitet." Auf
Connys empörten Blick reagierend fügte er hinzu: "Aber du
solltest nie dort bleiben. Ich wollte dich noch am gleichen Abend
wieder rausholen!"
"Aber das hast du nicht!" Die Journalistin spürte, wie Wut in
ihr aufwallte. Bisher war sie immer davon ausgegangen, dass es
ein Unfall gewesen war, dass sie gerade in diesem Stall gelandet
334
war. Das auch Erik nicht gewusst hatte, was sie dort erwartete.
Doch jetzt, wo sie die Zusammenhänge kannte, schien ihr dieser
Gedanke erstaunlich naiv. Als ob Erik in all den Wochen und
Monaten nicht mitbekommen hätte, was es mit diesem Gebäude
auf sich hatte.
"Nein, das habe ich nicht. Weil ich nicht konnte", erklärte
Erik mit Nachdruck in der Stimme. "Du erinnerst dich doch
bestimmt an die beiden Männer, die uns erst in diese Situation
gebracht haben?" Er wartete die Antwort nicht ab, sondern sprach
weiter: "Nachdem ich dich in den Stall gebracht habe, warteten
sie bereits vor dem Stall und brachten mich direkt in ein Büro.
Dort eröffnete mir der Vice President von BioUdders, dass meine
Tarnung aufgeflogen sei. Ich war stundenlang in diesen Raum
eingesperrt und wurde regelrecht verhört. Ich hatte überhaupt
keine Chance, wieder zu dir zurück zu kehren. Und selbst wenn,
hätte ich dich vermutlich nur in noch größere Gefahr gebracht."
Ganz langsam beruhigte sich die junge Journalistin wieder.
Satz für Satz verarbeitete sie die Worte ihres Gegenübers, ehe sie
sich schließlich zu einem leichten Kopfnicken durchringen
konnte. Nur zu gut erinnerte sie sich an ihre eigene Begegnung
mit Eklund. Das was Erik ihr erzählte, klang nach der Wahrheit.
Nur in einem Punkt hatte er nicht Recht. "Ich glaube dir. Nur...
nur in Gefahr hättest du mich nicht gebracht. Durch unsere
Flucht wussten sie bereits, wonach sie suchen mussten."
Erik blinzelte einige Male. "Ja, damit könntest du Recht
335
haben..."
"Was ist dann mit dir passiert?", hakte Conny nach.
Ihr Kollege schwieg für einige Augenblicke, ehe er erzählte:
"Es gab nur wenig, was sie noch nicht wussten. Dennoch schienen
sie Angst vor dem zu haben, was wir möglicherweise
veröffentlichen könnten. Also drohten sie mir damit, mich in
einen Bullen zu verwandeln, wenn ich nicht kooperieren würde."
Er machte eine kurze Pause und suchte Connys Blick. "Wenn ich
nicht darauf eingegangen wäre, hätte ich keine Chance mehr
gehabt, dich zu retten. Also habe ich mich auf einen Deal
eingelassen. Ich musste mich dazu verpflichten für BioUdders
arbeiten, allerdings nicht von Animal Planet aus. Am nächsten
Tag wurde ich direkt von dort zu einem Raumgleiter gebracht."
Die Journalistin sagte nichts. Stumm schaute sie in das
müde, gebeutelte Gesicht ihres Kollegen.
"Sie verfrachteten mich auf eine Raumbasis, irgendwo
außerhalb des Sektors. So war ich erst einmal aus dem Spiel.
Wirklich gearbeitet habe ich dort allerdings auch nicht, es war
eigentlich eher ein Gefängnis. Sie schienen nicht so ganz zu
wissen, was sie mit mir anstellen sollten. Ich hatte das Gefühl,
dass ich sozusagen ihre Versicherung war, falls doch noch
irgendwelche Informationen nach außen gedrungen wären."
Conny nickte. Eine Frage drängte sich auf, eine Frage, die sie
bereits Dr. Collins gestellt, jedoch keine Antwort erhalten hatte.
"Weißt du, wie ich entkommen konnte?"
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Die Worte standen einige Augenblicke im Raum, schienen
an den Wänden abzuprallen und durch das kleine Zimmer zu
hallen. Schließlich nickte Erik mit dem Kopf. "Ja", sagte er nur.
Doch er spannte sie nur kurz auf die Folter, ehe er erklärte:
"Während ich bei BioUdders war, habe ich mich mit ein paar
Kollegen angefreundet. Einem von ihnen - Lars - habe ich einen
digitalen Brief geschickt. Du weißt schon, einen von dieser Art,
die sich nur öffnen lassen, wenn man für 48 Stunden kein
Sperrsignal sendet. Lars war schon länger unzufrieden bei
BioUdders und wollte kündigen, so dass ich ihm soweit
vertraute. In dem Brief standen deine Lebensnummer, der Code
deiner Ohrmarke und die Bitte, dich aus den Ställen zu schaffen,
falls er nichts mehr von mir hören sollte. Und das hat er wohl
offensichtlich auch geschafft. Er fuhr den Transporter."
Ein Lächeln zeichnete sich auf Connys Gesicht ab. Also hatte
Erik sie doch noch gerettet! Zwar war er nicht dazu in der Lage
gewesen, sie persönlich in Sicherheit zu bringen, doch auf seine
Art hatte er es trotzdem geschafft. "Danke...", flüsterte sie.
Das Lächeln erwidernd zuckte Erik mit den Schultern. "Hey,
ich hab's doch versprochen, oder nicht? Aber jetzt erzähl mal, was
dir passiert ist, während ich meinen kleinen Weltraumausflug
gemacht habe."
"Wie bist du eigentlich entkommen?", wunderte sich Conny,
ohne auf die Frage des Mannes einzugehen.
Erik grinste. "Nachdem du nicht mehr in Gefahr warst, ließ
sich das arrangieren. Aber jetzt erzähl du erst einmal."
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Die Journalistin begann zu erzählen. Zuerst ein wenig
unsicher, fand sie mit jedem weiteren Satz mehr Halt. So gut es
ihre Erinnerung zuließ ging sie ins Detail und ließ nach
anfänglichem Zögern auch die heiklen Stellen nicht aus.
Ausführlich schilderte sie Erik von ihrem Aufenthalt im
Zuchtstall, wie BioUdders versucht hatte, sie in der Zucht
einzusetzen und schließlich von ihrer Begegnung mit Eklund. "...
Sie hatten also schon lange gewusst, dass ich keine richtige Kuh
war. Ich schätze sie wollten dich erst an einen sicheren Ort
bringen, bevor sie mich sozusagen offiziell demaskieren, oder sie
wollten mich einfach nur dafür bestrafen, dass ich mich
eingeschlichen habe. Auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin,
was sie gemacht hätten, wenn ich tatsächlich... schwanger
geworden wäre."
Erik, der gebannt zugehört hatte, zuckte leicht mit den
Schultern. "Ich glaube das hätte für sie keinen großen Unterschied
gemacht. Vermutlich hätte man dich ohnehin nicht auf dem
Gelände gelassen, sondern in irgendeinen anderen Betrieb
verfrachtet."
Conny nickte. "Ja, das denke ich mir auch. Ich hab wohl
ohnehin großes Glück gehabt, dass sie mich nicht gleich direkt
vor Ort verwandelt haben. Genügend Ärzte hatten sie ja
schließlich vor Ort."
So unterhielten sie sich noch eine ganze Weile. Schließlich
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hatten sie beide eine gute Vorstellung davon, was dem jeweils
anderen passiert war. Schon eine ganze Weile diskutierten sie
nun darüber, in welcher Form sie ihre Informationen
veröffentlichen sollten. Erik, der bereits am Vortag wieder auf
Animal Planet gelandet war, hatte bereits die ersten
Vorbereitungen getroffen. Die Tillburg Post würde in zwei Tagen
mit einer Sensationsschlagzeile für Aufsehen sorgen, und Conny
konnte es kaum erwarten, ihren Teil dazu beizutragen.
"Du hast schon so viel gemacht, du solltest dich lieber noch
weiter ausruhen", beschwichtigte Erik halbherzig. Der
Tatendrang der jungen Journalistin hatte ihn angesteckt. Die
Begeisterung über den gemeinsamen Erfolg wischte ihm die
Müdigkeit zumindest teilweise aus dem Gesicht.
Conny verschränkte die Arme vor dem Oberkörper. "Wagt
es bloß nicht, mich jetzt nicht mitschreiben zu lassen. Schließlich
habe ich die Informationen erst durch meinen vollem
Körpereinsatz beschafft!"
Beide lachten. "Schon gut, ich werde mit Dr. Collins reden.
Ich hoffe es spricht nichts dagegen, dass du von hier aus mit an
dem Artikel schreibst."
"Und wenn doch, musst du mich eben hier rausbringen.
Darin haben wir jetzt ja schon ein wenig Übung", verlangte
Conny enthusiastisch.
Erneut erfüllte Gelächter den Raum. "Also, abgemacht.
Lassen wir es krachen. BioUdders kann sich auf einen Artikel
gefasst machen, das ihnen die Milch sauer wird!"
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Epilog
Grazil schwebten ihre Finger über die flache Tastatur,
vollführten einen Reigen aus feinen Bewegungen, als würden sie
einen ganz eigenen Tanz zeigen. Bei jeder Berührung mit den
Tasten erschien ein Buchstabe auf dem hell schimmernden
Monitor, der sogleich zu einem Wort und schließlich zu einem
Satz geformt wurde. Eine Vielzahl von Ihnen wurden
aneinandergereiht, bis ein langer Absatz entstanden war. Erst
jetzt verlangsamten die Finger ihre Bewegungen, hielten kurz
inne und beendeten schließlich ihren Tanz.
Conny nahm die Hände von der Tastatur und lehnte sich in
ihrem Schreibtischstuhl zurück. Kurz überflog sie noch einmal
das, was sie in den letzten Minuten geschrieben hatte und nickte,
sich selbst zustimmend, mit dem Kopf. "Ja, das passt so",
murmelte sie zufrieden. Ihre Zufriedenheit entsprang nicht nur
den letzten Absätzen, sondern wurde zusätzlich dadurch
befeuert, dass sie gerade ein weiteres Kapitel abgeschlossen hatte.
Nachdem der Artikel erschienen und sie selbst wieder ein
wenig zur Ruhe gekommen war, hatte Conny den Ratschlag ihrer
Freundin Nadine in die Tat umgesetzt und damit begonnen, ihre
Erlebnisse in den Ställen von BioUdders niederzuschreiben.
Schnell hatte sie festgestellt, dass ihre Geschichte nicht nur
spannend und aufgrund der tatsächlich gemachten Erfahrungen
einzigartig war, sondern ihr auch sehr dabei half, die eigenen
340
Erlebnisse zu verarbeiten. Je mehr sie aufschrieb, desto weniger
Gedanken an ihre Zeit als Milchkuh schienen in ihrem Kopf zu
verbleiben und in ihren Träumen heimzusuchen.
Ein wenig in Gedanken versunken raffte Conny sich auf. Sie
machte einen kleinen Abstecher in die Küche und öffnete den
Kühlschrank. Obwohl sie nicht besonders hungrig war, griff sie
sich einen Joghurt, schnappte sich einen Löffel aus der Schublade
und nahm beides mit zurück in ihr Wohnzimmer.
Sich wieder auf ihrem Schreibtischstuhl niederlassend,
öffnete sie den Yoghurtbecher und ließ ihren Blick durch den
Raum schweifen. Eingerahmt in einen hölzernen Rahmen hing
das Titelblatt der Tillburg Post mit dem Artikel über BioUdders
an der Wand. "Skandal bei BioUdders: Massive Verstöße gegen
Bioauflagen!", prangerte die Schlagzeile an.
Einen Löffel Joghurt in ihren Mund schiebend verzog Conny
die Lippen zu einem Lächeln. Inzwischen war es fast drei Monate
her, dass sie die Ställe von BioUdders verlassen hatte und wieder
in einen Menschen zurückverwandelt worden war. Von ihrem
Leben als Milchkuh waren nicht mehr viele Spuren übrig
geblieben. Sie hatte ihre Physiotherapie abgeschlossen, ihre Arme
hatten sich wieder vollständig erholt. Ihre Haare waren noch
immer recht kurz, doch schon bald würden sie wieder lang genug
sein, um feine Locken zu bilden. Auch die überschüssigen Pfunde
war sie fast vollständig losgeworden, und nach einer Operation
341
durch einen Fachchirurgen sahen auch ihre Brüste wieder ganz
normal aus und erinnerten nicht mehr an die prallen und
malträtierten Euter einer Kuh. Geblieben waren ihr nur ein paar
kleine Narben und die Erinnerungen, die sie nun zu ihrem ersten
Werk zusammenfasste.
Deutlich größere Spuren hatte sie hingegen bei BioUdders
hinterlassen. Nachdem Erik und sie ihren Artikel veröffentlich
hatten, waren die Medien regelrecht über den Milchkonzern
hergefallen. Alle Versuche, die Anschuldigungen von sich zu
weisen, waren an den unwiderlegbaren Beweisen gescheitert, die
sie gesammelt hatten.
Doch nicht nur die Medien und die Öffentlichkeit hatten sich
für den Skandal interessiert. Sowohl die Polizei, als auch das
Ministerium für Pets, Halter und Züchter hatten sich über die
Hinweise und Belege der Journalisten äußerst erfreut gezeigt.
Mehrere führende Manager, darunter auch Eklund, waren
festgenommen worden - zudem hatte die Firma das wertvolle
Biosiegel verloren.
Abgesehen davon, dass die Tillburg Post, bis zu diesem
Zeitpunkt eine vergleichsweise unbedeutende Tageszeitung auf
Animal Planet, über Nacht zu einem der bekanntesten Medien
aufgestiegen war und seine Auflage deutlich vergrößern konnte,
hatten Erik und Conny noch eine Reihe weiterer Erfolge für sich
verbuchen können. In den ersten Tagen und Wochen erhielten sie
täglich Einladungen in verschiedene Sendungen und Talkshows,
342
zudem waren sie für die höchste Auszeichnung für investigativen
Journalismus nominiert worden. Die Preisverleihung würde in
fast genau zwei Wochen stattfinden, doch bereits jetzt herrschte
allgemeine Einigkeit darüber, dass die beiden Reporter der
Tillburg Post den Titel erhalten würden.
Anfangs war es für Conny nicht gerade einfach gewesen, mit
ihren doch nicht gerade alltäglichen Erlebnissen derart im
Rampenlicht zu stehen. Natürlich ließ es sich nicht vermeiden,
und sie wollte die Gelegenheit, ihrer Karriere einen
außergewöhnlichen Schub zu verpassen, auch nicht ausschlagen.
Doch vor laufender Kamera von ihrem Aufenthalt im Stall zu
erzählen, war alles andere als einfach und zudem sehr peinlich
gewesen. Allerdings hatte Erik ihr immer zur Seite gestanden,
war eingesprungen, wenn sie nicht hatte weiterreden können
oder wollen und schließlich war sie über den Punkt drüber weg,
an dem sie mit Schamgefühlen zu kämpfen hatte. Natürlich war
sie bisher nicht auf alle Details - insbesondere die letzten Tage im
Zuchtstall - eingegangen, doch das würde sich mit ihrem Buch
ändern.
Den letzten Rest aus dem Becher kratzend musterte Conny
das Etikett des Joghurts für einen Moment. Auch dieses Produkt
war mit Milch hergestellt worden, die auf Animal Planet
gewonnen wurde. Es war noch gar nicht so lange her, dass auch
die Milch, die aus ihren Brüsten gewonnen worden war, ihren
Weg in den Verkauf gefunden hatte. Ein merkwürdiger,
343
irgendwie abstruser Gedanke, doch Conny gelang es auch nicht,
ihn einfach so abzuschütteln. Nach ihrer Verwandlung hatte sie
eine Weile überlegt, ob sie in Zukunft auf Milchprodukte
verzichten wollte, doch schließlich hatte sie sich dagegen
entschieden. Trotz all der Strapazen hatte ihr kurzes Leben als
Milchkuh auch schöne Seiten gehabt. Insbesondere so lange sie
sich nicht zu sehr auf ihre Flucht fixiert hatte, hatte sie die Zeit
sogar ein wenig genossen.
Conny stellte den leeren Becher zur Seite und richtete ihre
Aufmerksamkeit wieder auf den Bildschirm. "Genug Pause
gemacht, jetzt wird wieder gearbeitet", ermutigte sie sich selbst.
Aktuell arbeitete sie nur den halben Tag für die Zeitung, die
Nachmittage hatte sie sich frei genommen, um ihr Buch zu
schreiben. Nach all der Aufregung während und nach Ihres
Undercovereinsatzes war sie froh, ein wenig zur Ruhe zur
kommen. Ein spöttisches Lächeln zierte ihre Lippen, als sie daran
dachte, wie sehr sie sich nach Spannung und Aufmerksamkeit
gesehnt hatte. Fürs Erste hatte sie nun jedoch genug davon. Die
Ruhe, die ihr "klassischer Journalismus" im Augenblock bot,
reichte vollkommen aus.
Die Finger wieder auf die Tastatur legend, bereitete Conny
sich innerlich auf das nächste Kapitel vor. Sie hatte sich
vorgenommen, in ihrem Buch nichts auszulassen, und an diese
selbst auferlegte Regel würde sie sich auch halten. Kurz schloss
344
sie die Augen, erinnerte sich daran, wie sie zwischen den
Schenkeln der anderen Kuh gekniet hatte, und formulierte im
Kopf den ersten Satz.
Noch einmal nahm sie die Finger von den Tasten um nach
einem nahestehenden Glas zu greifen, trank einen kleinen
Schluck und begann schließlich zu tippen. Erneut reihten sich
Buchstaben zu Wörtern, die gleich darauf ganze Sätze bildeten.
Hin und wieder ein Wort löschend oder einen Satz
umschreibend, gestaltete Conny weitere Absätze. Schon bald
würde jeder Buchladen auf Animal Planet dieses Werk ausstellen,
schon bald würde jeder Bürger des Planeten - und vielleicht sogar
der umliegenden Systeme - lesen können, wie das Leben als
Milchkuh tatsächlich war. Conny wusste auch schon, wie der
Titel ihres Buches lauten würde. Sie hatte die Worte schon im
Kopf gehabt, als sie noch mehrfach täglich an der Melkmaschine
gestanden hatte. Sie lauteten: "Die Reportage".
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