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E. H. Riesenfeld. Die thermische Dissoziation des Sauerstoffes 47

Die thermische Dissoziation des Sauerstoff es Von E. H. RIESENFELD

Wahrend v. WARTENBERG in fruheren Untersuchungen I) die Ozonbildung in Flammen ,,am einer Reaktion von 0-Atomen unter sich oder unter Anlagerung van 0,-Atomen erklart", nimmt er in einer kurzlich unter obigem Titel in dieser Zeitschrift erschienenen Arbeit z, den schon von HARTECK~) ausgesprochenen Gedanken auf, daB die bei hohen Temperaturen beobachtete Ozonbildung dadurch zustande kommt, daB die Sauerstoffmolekel in Atome dissoziiert und diese 0-Atome bei jedem DreierstoB eine Sauerstoffmolekel anlagern, und daB bei geeigneter Versuchsanordnung das so gebildete Ozon nahezu ohne Zersetzung aus der heifien Zone herausgerettet werden kann. Es ist dann die bei Zimmertemperatur gemessene Ozon- konzentration ein MaB fur die Konzentration des atomaren Sauer- stoffs bei der Versuchstemperatur.

DaB die von F. FISCHER und M. MARX~) beim Vorbeiblasen von Luft und von Sauerstoff am gluhenden Nernststift beobachtete Ozon- bildung in dieser Weise erklart werden kann, hat bereits HAETECK 5,

nachgewiesen. HARTECK machte aber gleichzeitig darauf aufmerksam, daB die von OTSUBO und mir6) beim Durchleiten von Sauerstofi durch gluhende Kapillaren gemessene Ozonbildung rein thermisch nicht erklkt werden kann. In dieser Arbeit haben wir als erste die Ozonbildung durch Erhitzen von reinem, von Stickstoff, Wasser- stoff und Wasserdampf vollig befreitem Sauerstoff beobachtet, denn F. FISCHER und Mitarbeiter haben bei ihrer Versuchsanordnung die Anwesenheit von Stickstoff und Wasserdampf nicht ganz ver- mieden, und v. WARTENBERG hatte bei fruheren Versuchen mit Kapil-

l) H. v. WARTENERG, Ber. dtsch. chem. Ges. 53 (1920), 2199; Z. physik.

2, H. v. WARTENBERG, Z. anorg. allg. Chem. 238 (1938), 299. 3 P. HARTECK, Z. physik. Chem. Abt. B 17 (19321, 120. 3 F. FISCHER u. M. MARX, Ber. dtsch. chem. Ges. 39 (1906), 2563 u. 3631

6, P. HARTECK, Z. physik. Chem. Abt. B 17 (1932), 124. '1 E. H. RIESENFELD, Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 31 (1925), 435.

Chem. 110 (1924), 285.

und 40 (1907), 443 u. 1111.

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48 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 242. 1939

laren stets Wasserstoff-Sauerstoff-Gemische benutzt. Wenn wir die Temperatur des Sauerstoffes nicht exakter angeben konnten, so lag dies an den extremen Versuchsbedingungen, die innegehalten werden mufiten, um zu den beobachteten hohen Ozonkonzentrationen zu kommen, niimlich StrGmungsgeschwindigkeiten bis zu iiber 2 mlsek. in Kapillaren von weniger als 1 mm Durchmesser. Wir verfuhren bei den Ternperaturmessungen in folgender W-eise. Das Gesichts- feld des WmNER'schen Pyrometers wurde auf ein Stuck der auBeren Wand der Quarzkapillare gerichtet, die :cur Erhitzung mit einem Platindraht, der elektrisch geheizt wurde, engmaschig umwickelt war. Wir nahmen an, daB die so ermittelte Temperatur urn mehrere zehn Grad ube r der Temperatur des schnell bex-egten Gasstromes lag. DaB sie aber, wie man zur Erklarung einer rein thermischen Ozon- bildung annehmen mu&, um niehrere hundert Grad u n t e r der wahren Sauerstoff-Temperatur liegen sollte, hake ich fur ausgeschlossen. Auch wenn man die neuen Dissoziationsnerte des Sauerstoffs, mit denen v. WAETENBERG gerechnet hat, einsetzt, liegen, wie die folgende Znsammenstellung beweist, die unterhalb Ton etwa 1 looo K gemessenen Ozonpartialdrucke immer noch um mehrere Zehnerpotenzen uber den unter der Voraussetzung von rein thermischer Bildung berechneten:

I Absolute Temperatur 1 0,-Druck gemessen 1 0-Druck berechnet - 1

1 1 : : F A : 1 ;:%:A[ 1 2 * 10-6 3.10-9

1400 6 1 10-6

Da eine andere Erklkung fur die Entstehung des Ozons beim Durchleiten eines schnellen Sauerstoffstromes durch gluhende Quarz- kapillaren unterhalb 1 looo K bisher nicht gefunden werden konnte, so bleibt nur die eine Erklkung ubrig, die wir schon vor 14 Jahren gegeben haben.

Stoc7cboZrn, Nobelinstiiut, irn Mai 1939.

Bei der Redaktion eingegangen am 7. Juni 1939.


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