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XLI. Jahrgang

ANZEIGER FUR SCHADLINGSKUNDEvereinigt mit

SC HAD LINGS BE KAMPFUNG

Begrundet 1925 von Geh .-Rat Prof . Dr. med . e t . phil . Dr. h, c . Dr . h . c . K . Escherich 3' and Prof . Dr . F . Stellwaag

Ein Markstein im deutschen PflanzenschutzDas neue Pflanzenschutzgesetz, Leitmotive and Zielsetzung

Von EDM. LEIB, BonnNach jahrelangen Vorbereitungen and Bera-

tungen ist das neue Pflanzenschutzgesetz am15. Dezember 1967 vom Deutschen Bundestag ver-abschiedet worden. Der Bundesrat hat dem Ge-setz am 9 . Februar 1968 zugestimmt . Es tritt- mit Ausnahme einiger Einzelvorschriften -am Tage nach seiner Verkundung in Kraft andlost das durch die Entwicklung dberholte Ge-setz zum Schutze der Kulturpflanzen vom 5 . Marz1937 i. d . F. vom 27. August 1949 ab. Das neueGesetz tragt den neuesten wissenschaftlichenErkenntnissen auf den Gebieten der Phytomedi-zin, Biologie, Okologie and Toxikologie weit-gehend Rechnung . Damit unterscheidet es sichgrundsatzlich vom alten Gesetz, das ausschlieB-lich auf den Schutz der Pflanzenproduktion aus-gerichtet war, ohne den mit dem modernenPflanzenschutz verbundenen Auswirkungen Rech-nung zu tragen. Was formalrechtlich and ge-setzestechnisch zunachst als strittig, wenn nichtals unmoglich erschien, ist in enger Zusammen-arbeit zwischen Bundesregierung, Parlament,Wissenschaft, Wirtschaft and Praxis zustandegebracht worden: Namlich eine Art Synthesezwischen Pflanzenschutz, Gesundheits- bzw . Ver-braucherschutz, Tier-, Natur- and Gewasserschutz .Die Schwierigkeit der vielschichtigen Materievermag nur der unmittelbar Beteiligte zu ermes-sen. Um es vorweg zu sagen : Das Gesetz weistauch Wissenschaft and Forschung neue Wege.

Zweck and Ziel des GesetzesNach Mal3gabe seiner vielseitigen Zielsetzung

ware fur das Gesetz eine weitgehendere Bezeich-nung als ,Pflanzenschutzgesetz" gerechtfertigt,obgleich in ihm der Pflanzen- and Vorratsschutzim Vordergrund steht : Der Schutz der Pflanzen(d . h. der pflanzlichen Produktion) vor Schad-organismen and Krankheiten (Pflanzenschutz)and der Schutz der Pflanzenerzeugnisse vorSchadorganismen (Vorratsschutz) ; these Zielset-zung ist aber mit dem Schutz der Gesundheit vonMensch and Tier and der naturgegebenen Bio-zonosen bzw . der okologischen Gesetzmai3ig-keiten so eng verkniipft, dai3 das eine ohne Be-riicksichtigung des anderen nicht mehr zu ver-treten ist. Die mit dem Pflanzen- and Vorrats-schutz verbundenen anderen Schutzmal3nahmen

Heft 3 Marz 1968

richten sich in erster Linie gegen Gefahren andSchaden, die bei der A n w e n d u n g von Pflan-zenschutzmitteln (namentlich der chemischen,organisch-synthetischen) oder bei anderen Pflan-zenschutz- and Vorratsschutzmallnahmen auf-treten oder entstehen konnen . Darin ist auch derSchwerpunkt der Synthese zu suchen . Das Gesetzbricht damit mit einer „Tradition", bei der trotzaller fachlichen Weisungen and Empfehlungendie Willkiir sowie grope Risiken nicht auszu-schalten waren .

Koordiniertes GesamtinteresseAngesichts seiner vielseitigen Zielsetzung and

der in ihm berucksichtigten eng verzahnten Mal3-nahmen and Wikungen darf das Gesetz nichtvom Standpunkt der einen oder anderen Inter-essengruppe betrachtet werden, zumal sich derenWunsche vielfach widersprechen. Es mullte des-halb das Anliegen des Gesetzgebers dominieren,der offentlichen Sicherheit and Ordnung, deniibergeordneten Gesamtinteressen and der allge-meinen Wohlfahrt zu dienen . Trotz dieser Ge-samtkonzeption sind auller den Belangen desPflanzen-, Vorrats-, Gesundheits-, Verbraucher-und allgemeinen Naturschutzes aber auch ver-tretbare Wunsche der Wirtschaft and Industrieberiicksichtigt worden . Fur enge, auf Einzel-interessen bezogene Wunsche blieb jedoch keinRaum, wenn das Gesetz seinen Auftrag im Sinneder Legislative erfiillen sollte . So rechtfertigtedie Verfolgung des Gesamtzieles nicht nur einestrengere Handhabung in der Landwirtschaftbzw. Pflanzenschutzpraxis, denen erhohte Grdnd-lichkeit and Verantwortungsbewuitsein abver-langt werden, sie fordert auch von der Wirtschaftand dem Unternehmertum einen angemessenenBeitrag, u. a. den Verzicht auf bislang liebgewor-dene Ubungen and Denkmodelle ; dal3 dadurchu. a . auch das in der Offentlichkeit z . T . IadierteAnsehen des modernen Pflanzenschutzes imInteresse der Betroffenen wiederhergestellt wer-den kann, sollte nicht iibersehen werden. Imiibrigen konnen nur praktikable Vorschriftensinnvoll sein .

Im Falle des Pflanzenschutzgesetzes and seinerbreiten Zielsetzung muliten solche Vorschriftenauierdem kommunizierend and detailliert sein .

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An seiner Fassung haben deshalb u . a . Biologen,Phytomediziner, Chemiker, Toxikologen andMediziner einerseits and Produzentenschaft,Unternehmer- and Verbraucherschaft anderer-seits mitgewirkt, von denen letztere als wichtigeGruppe praktisch die gesamte Bevolkerung re-prasentiert .

Auswirkungen des GesetzesDas neue Gesetz bestatigt auf der einen Seite

die volkswirtschaftliche Bedeutung eines sinn-vollen, umfassenden, von Einseitigkeiten freienand risikolosen Pflanzenschutzes, dessen Wirk-samkeit es im Interesse des Landwirts u n d Kon-sumenten, besonders bei Gefahren der Ertrags-einbuBen, zu gewahrleisten hat . Der offentlicheGesundheitsschutz ist damit besonders eng ge-koppelt. Auf der anderen Seite beugt es aberrEntwicklungen vor, die in der jiingsten Vergan-genheit die Offentlichkeit beschaftigt haben anddenen das Gesetz u . a . seine Existenz verdankt .Solche Entwicklungen konnten, wenn sie ohnedas Regulativ des Gesetzes weiterhin sturmischand unkontrollierbar verliefen, auf lange Sichtzu nicht i bersehbaren gro5eren Gefahren fiihren .Grundsatzliche Erwagungen ahnlicher Art lagenauch dem neuen Lebenmittelgesetz von 1958 zu-grunde, derv die Hochstmengen-Verordnung-Pflanzenschutz vom 30 . November 1966 (BGBI . 15.667) folgte . Lebensmittelgesetz and Pflanzen-schutzgesetz erganzen sich deshalb ebenso, wiethese Hochstmengen-Verordnung and die nachdem Pflanzenschutzgesetz zu erwartende Pru-fungs- and Zulassungsverordnung-Pflanzenschutz-mittel. Wahrend die Hochstmengen-VO-Pflanzen-schutz dem Verbraucher, d . h . jedem von uns, ge-sundheitlich unbedenkliche, rtickstandsfreie oderruckstandsbegrenzte Lebensmittel pflanzlicherHerkunit zu gewahrleisten hat, schafft in diesemFall das Pflanzenschutzgesetz in Verbindung mitder kUnftigen Priifungs- and Zulassungsverord-nung in gewisser Hinsicht die „technischenand methodischen" Voraussetzungen dafiir, daBdie vorgeschriebene Begrenzung der Mittel-Ruckstande innerhalb des duldbaren MaBes ein-gehalten wird .

Auch in anderer Hinsicht beugt das neueGesetz Fehlentwicklungen vor . Es tragt z. B. derNotwendigkeit breiter biologischer Grundlagen-forschung in Verbindung mit der Pflanzenschutz-zweckforschung sowie z . B . den ErkenntnissenRechnung, nach denen neben der Anwendungchemischer Mittel auch biologische, okologischeand vor allem kombinierte (,,integrierte") Pflan-zenschutzverfahren bei geringeren Gefahren andRisiken fur Mensch, Tier and Biozonose zumZuge zu kommen haben. Schutz and Nutzanwen-dung solcher Verfahren haben deshalb in demGesetz erstmalig als Methoden des Pflanzen-schutzes Rechtsgeltung erhalten . Der phytomedi-zinischen Forschung dieser Art werden damitmittelbar richtungsweisende Aufgaben gestellt .

EDM . LEic ; Ein Markstein im deutschen Pflanzenschutz

Die wichtigsten Vorschriften des GesetzesZunachst ist festzustellen, daB das Gesetz fach-

widrige Willki r im praktischen Pflanzen- andVorratsschutz, namentlich bei der Anwendungvon Pflanzenschutzmitteln, wohl ausschliellt bzw .unter Strafe stellt, daB es aber fiir die Praxiskeine unzumutbare Erschwerung mit sick bringt,Das gilt allerdings nur fur den Teil der Praxis,der fiber angemessenes Fachwissen verfiigt anddaher mit dem erforderlichen Verantwortungs-bewuBtsein ans Werk geht . Der ubrige Teil wirdsich dessen befleiBigen mussen, um den Vor-schriften entsprechen zu konnen. Die Pflanzen-schutzamter werden - wie bisher - zur fach-lichen Belehrung and Fortbildung zur Verfugungstehen. Von der engen Zusammenarbeit zwischenihnen and der Praxis wird die Befolgung dergesetzlichen Vorschriften wesentlich abhangen .Pflanzenschutz nach Gutdtinken, mehr mechanischals kritisch zu betreiben, ist mit dem Inkraft-treten des Gesetzes zumindest mit Risiken ver-bunden. In mancher Hinsicht wird das Gesetzaber Entlastungen fur den Mittelanwender brin-gen. Das geschieht vor allem durch die Vorschrif-ten fiber die obligatorische Prufung, Zulassungand Kennzeichnung a 11 e r Pflanzenschutz- andVorratsschutzmittel . Sie werden auf dem Marktdem Kaufer bzw. Anwender erst dann an dieHand gegeben, wenn auger ihrer zweckgebun-denen Eignung auch ihre gefahrlose and schaden-freie Anwendung - bei bestimmungsgemhferand sachgerechter Handhabung - durch dieZulassung garantiert ist . Diese Garantie wirdalso fur a I I e auf dem Markt befindlichen Mittelzutreffen .

I m e i n z e l n e n sind folgende Vorschriftendes Gesetzes von fachlichem Interesse :

1 . In die Zweckbestimmung des Gesetzes (Defi-nition von Pflanzen- and Vorratsschutz) einge-schlossen sind die Verfahren des biologische n(bzw . integrierten) Pflanzenschutzes,insbesondere der Schutz der dabei einsetzbarenTiere, Pflanzen and Viren, durch die das Auf-treten oder die Verbreitung von Schadorganis-men oder Krankheiten verhutet oder bekampftwerden konnen. Besondere Vorschriften zumSchutze dieser Organismen and Viren vor derGefahrdung durch (chemische) Pflanzenschutz-mittel sowie caber die Verwendung der Organis-men and Viren im Pflanzen- and Vorratsschutzkonnen vom Bundesminister fur Ernahrung,Landwirtschaft and Forsten (BML) - z. T. imEinvernehmen mit dem Bundesminister fur Ge-sundheitswesen (BMGes) - erlassen werden .Auf die Auswirkungen dieser die biologischeSchadlingsbekampfung fordernden Vorschriftenist bereits hingewiesen worden .

2. Der Durchfiihrung von bestimmten MaBnah-men des Pflanzen- and Vorratsschutzes (in Ver-bindung mit denen des hesonderen Gesundheits-schutzes) dient die Ermachtigung des BML, unter

bestimmten Voraussetzungen and bei besonde-ren Gefahren durch Rechtsverordnungenu. a . zu gewahrleisten :a) Schutz der Pflanzen, d . h . der pflanz-

lichen Produktion ; in bestimmten Fallen auchSchutz der Gesundheit von Mensch andTier sowie der Biozonose (Okosystem) .Die Interessen der Betroffenen (u . a. der An-

bauer) sind vom Verordnungsgeber dabei zuberiicksichtigen . Dieses Gebot bedeutet z . B. dieTolerierung okologischer Anbauverfahren, soweitder iibrige Rahmen des Gesetzes es zulallt . ImZusammenhang damit steht auch die gesetzlicheDefinition von ,Pflanzenschutzmitteln", zu denenMittel n i c h t gehoren, die zur Verhiitung oderBehebung eines Pflanzennahrstoffmangels oderzur Erhohung der Widerstandsfahigkeit vonPflanzen gegen Schadorganismen oder Krank-heiten dienen, „ohne toxisch zu wirken" . SolcheMittel unterliegen also den Vorschriften nicht .Wie sick dieses Zugestandnis auswirken wird,ist abzuwarten .

Soweit der BML von seiner Befugnis zum ErlaBvon Rechtsverordnungen im Rahmen der Ermach-tigung keinen Gebrauch macht, z . B . in Fallen, indenen besondere Schutzmallnahmen nur fur Teiledes Bundesgebietes notwendig werden, konnenauch die Regierungen der einzelnen Bundes-lander solche Rechtsverordungen erlassen . Dasgilt insbesondere auch bei ,Gefahr im Verzuge",wenn etwa Sofortmal3nahmen des Pflanzen- oderGesundheitsschutzes erforderlich werden . MaB-nahmen gegen die Einschleppung oder Ver-schleppung von Schadorganismen and Krank-heiten im Bundesrahmen konnen dagegen nurvom BML getroffen werden (Pflanzenbeschau imSinne der geltenden Verordnung) .b) Schutz des Pflanzenbaues (d.h . der

einheimischen Landwirtschaft) „bei G e f a h r i mV e r z u g e" durch Rechtsverordnungen des BML,die ohne Zustimmung des Bundesrates and ohneEinvernehmen mit dem BMGes erlassen werdenkonnen and deren Geltungsdauer befristet ist .Sofortmallnahmen dieser Art konnen z . B. beidrohenden seuchenhaften Pflanzenkrankheitenerforderlich werden, wie wir sie vor Jahren imFalle der verlustreichen Vergilbungskrankheitder Rdben and der Blauschimmelkrankheit desTabaks kennengelernt haben .

c) Besonderer Schutz der mensch-lichen and tierischen Gesundheit Bo-wie der B i o z o n o s e : Dieser Schutz wird ingewissem Malle bereits im Rahmen des Ermach-tigungsparagraphen gewahrt, wonach fur dieDurchfiihrung bestimmter Pflanzenschutz- andVorratsschutzmal3nahmen auch bestimmte Mittel,Gerate oder Verfahren vorgeschrieben oder ver-boten werden konnen. Verboten, beschrankt odermit bestimmten Verfahren verbunden kann auchdie Anwendung z u gel a s s e n e r Pflanzenschutz-mittel werden, die zur Behandlung von Lebens-

EDM . LEis : Ein Markstein im deutschen Pflanzenschutz 35

oder Futtermittel liefernden Pflanzen bestimmtsind (Schutz der menschlichen Gesundheit) . Sindauberdem ,sonstige Schaden" (z . B . solche in derfreien Natur) zu erwarten, konnen gleichsinnigeRechtsverordnungen ebenfalls erlassen werden .In beiden Fallen konnen zur Gewahrleistung desangestrebten Schutzes Zweck, Art and Zeit derMittelanwendung, Aufwandmenge and Warte-zeiten vorgeschrieben werden,Diese besonderen Ermachtigungen haben ihren

Grund in der Erfahrung, dab wissenschaftlicheErkenntnisse zeitgebunden sein konnen and daBauch zugelassene Pflanzenschutzmittel unter nichtvoraussehbaren Umstanden oder Bedingungensich als gesundheitlich bedenklich oder als schad-lich im Sinne des Gesetzes erweisen konnen .Auch in diesem Falle hat der Gesetzgeber weit-sichtig gehandelt .

3. Erstmaliges Gebot der o b l i g a t o r i s c h e nstaatlichen P r ii f u n g, Zulassung (BBA) andKennzeichnung aller Pflanzenschutz-und Vorratsschutzmittel, einschlieBlichder importierten ; Vorschrift der B e din gun g e n ,die fiir die Zulassung erftillt sein miissen : Hin-reichende zweckgebundene Wirksamkeit (Pflan-zen- and Vorratsschutz), keine schadlichen Aus-wirkungen (Gesundheits-, Tier- and Naturschutz)bei bestimmungsgemaber and sacngerechter An-wendung; Vorschriften fiber die Beantragung, dieGeltungsdauer, die Zurucknahme, den Widerrufand das Verfahren der Zulassung nach Mabgabeeiner besonderen Pri fungs- and Zulas-sungsverordnung, die im Laufe des Jahres1968 zu erwarten ist .Fur den Export bestimmte Pflanzenschutz- and

Vorratsschutzmittel unterliegen dem Zulassungs-gebot nicht . Im Rahmen der EWG-Rechtsanglei-chung werden aber auch sie, wie die Mittel deranderen Mitgliedstaaten, analogen Zulassungs-bestimmungen unterworfen werden. In Verbin-dung damit konnen deutsche and auslandischeZulassung gleichgestellt werden .

Mit der Einfiihrung der obligatorischen Mittel-prtifung and -zulassung wird ein besondererW e n d e p u n k t in der Geschichte des deutschenPflanzenschutzes markiert . Ohne die jahrzehnte-langen Erfahrungen bei der bisherigen deutschenfakultativen Mittelprilfung der BiologischenBundesanstalt fiir Land- and Forstwirtschaft(BBA) and dem damit verbundenen Anerken-nungsverfahren ware allerdings die Neurege-lung kaum denkbar. Es ist deshalb verstandlich,dab man in manchen, namentlich europaischenLandern, in denen bisher nur das Verfahren dersog. Homologation (Registrierung) von Pflanzen-schutzmitteln angewandt worden ist, mit beson-derer Aufmerksamkeit den Auswirkungen desneuen deutschen Gesetzes entgegensieht .Die BBA, der die Prfifung and Zulassung ob-

liegen, hat iffier die gesundheitlic'nen Voraus-setzungen fiir die Zulassung im Einvernehmen

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mit dem Bundesgesundheitsamt (BGA) zu ent-scheiden . Die bisherige Zusammenarbeit derbeiden Anstalten wird also intensiviert fortge-setzt. Vor der Zulassung der Mittel sowie vorihrer moglichen Z u r d c k n a h m e oder vor ihremW i d e r r u f hat die BBA einen besonderen Sach-verstandigenausschuf3 zu hbren and damit objek-tive Entscheidungen sicherzustellen . Mit der Zu-lassung erteilte Auflagen dienen - wie bisher -zusatzlicher Sicherheit . Die Vorschriften fiber dieZulassung and Kennzeichnung treten aus Grin-den der Umstellung, Anpassung and einer ange-messenen Aufbrauchsfrist fur bereits im Handeloder bei der Praxis befindliche Mittel (alter Art)erst ein Jahr nach der Verkiindung desGesetzes in Kraft .

Die Kennzeichnungsvorschrif ten die-nen u . a. der Unterrichtung and Belehrung desMittelanwenders fiber bestimmungsgemaf3e andsachgerechte Handhabung . Die Beschriftung derBehdltnisse and abgabefertigen Packungen istdeshalb von ihm zu beachten, wenn gesetzwidri-ges Handeln oder Risiken vermieden werdensollen. Die Beschriftung (Kennzeichnung), zu derHersteller, Importeure oder Vertriebsunterneh-men verpflichtet sind, erstreckt sich auf : Mittel-bezeichnung, Zulassungsnummer, Name oder Fir-ma des in der Bundesrepublik ansassigen Her-stellers, Importeurs oder Vertriebsunternehmens,Art and Menge der wirksamen Bestandteile(Wirkstoffe) ; Zweck, Art and Zeit der Anwen-dung ; Aufwandmenge (Dosierung), Wartezeitenand evtl. Gefahrenhinweise fur die Anwendung .Die Kennzeichnungspflicht nach den geltendenLdndervorschriften fiber den Verkehr bzw, Han-del mit giftigen Pflanzenschutzmitteln (u . a . An-gabe der Giftabteilung) bleibt davon unberiAhrtand gilt zusatzlich.

4. Gewahrleistung and 176rderung des biolo-gischen bzvv integrierten sowie des bko-logisch ausgerichteten P f l a n z e n s c h u t z e s(Schutz and Verwendung von sog. Niitzlingen) .Zu dieser besonderen Zielsetzung des Gesetzessind Erlauterungen schon gegeben worden .

5. Verpflichtung zu bestimmungsgembBer andsachgerechter gewerbsmdl3iger Anwen-dung von Pflanzenschutz- and Vorratsschutz-mitteln unter Anleitung pers6rdich zuverlassigerand fachlich qualifizierter Personen (,,Sachver-stdndiger") ; Lohnbetriebe (mit solchen sachver-standigen Personen) sind zur Anzeige ihres Ge-werbes verpflichtet. Die zustdndigen Landes-beh6rden k6nnen zum Zwecke der Gefahren-abwehr besondere Anordnungen treffen. DemPflanzenschutzlohnunternehmer wird mit dieserRegelung eine in die Zukunft weisende Sonder-stellung and Fbrderung, dem Landwirt eine Ent-lastung and dem Pflanzenschutz eine fachlicheGewdhr zuteil . Die dadurch bedingte verstarkteVerlagerung des praktischen Pflanzenschutzesin die Hdnde fachlich berufener Betriebe ist be-

EDM . LEIB : Ein Markstein im deutschen Pflanzenschutz

absichtigt and - auch im Interesse des Gesund-heitsschutzes - besonders wiinschenswert . Be-stehenden Lohnbetrieben wird bis ein Jahr nachVerkiindung des Gesetzes Gelegenheit zur An-passung an die neue Lage gegeben . Erst danntritt die Vorschrift in Kraft .

6. Aufgaben der BBA and des ,Pflan-zenschutzdienstes" .Die Biologische Bundesanstalt fur Land- and

Fortswirtschaft (BBA) ist nach dem Gesetz eineselbstandige Bundesoberbehbrde and unterstehtdem BML. Sie erarbeitet die wissenschaftlichenGrundlagen and Voraussetzungen fur den sach-gerechten praktischen Pflanzen- and Vorrats-schutz. Ihr werden u . a . folgende Aufgaben gestellt :Unterrichtung and Beratung der Bundesregierung,Pflanzenschutz- and Vorratsschutzforschung, Prii-fung, Zulassung and Uberwachung von Pflanzen-schutz- and Vorratsschutzmitteln im Sinne dergesetzlichen Definition, Entwicklung and Prtifungvon Pflanzenschutz- and Vorratsschutzverfahrensowie Priifung der Krankheits- and Schddlings-resisteriz von Pflanzen . Zusdtzliche Aufgabegegenilber dem bisherigen Gesetz ist im wesent-lichen also die Abwicklung des Zulassungsver-fahrens . Da es fur alle Mittel gilt, ergibt sich einerheblich erweitertes Arbeitspensum .

Mit der Durchfiffirung des Pflanzenschutzgeset-zes verbundene Aufgaben obliegen den nachLandesrecht zustdndigen Beh6rden oder Stellen(Pflanzenschutzdienst) in den Bundeslandern . Zu-sdtzliche Aufgaben erwachsen auch dem Pflanzen-schutzdienst aus der obligatorischen Mittelprii-fung, and zwar in Zusammenarbeit mit der BBA .Im tibrigen ilbernimmt der Pflanzenschutzdienst- etwa wie bisher - folgende Aufgaben: Uber-wachung der Bestdnde and Vorrdte von Pflanzenbzw. Pflanzenerzeugnissen, ihre Uberwachungbeim Versand sowie Ausstellung von Pflanzen-gesundheitszeugnissen (Pflanzenbeschau), Fach-beratung and -aufkldrung and Durchfiffirung desWarndienstes, Berichterstattung tiber die Befalls-lage, Mittel-, Gerdte- and Verfahrensprilfung(u . a. Mitwirkung bei der Usung von BBA-Auf-gaben) sowie Durchfiffirung der fur vorgenannteAufgaben erforderlichen Untersuchungen andVersuche .

Schluffiolgerung

Das neue Pflanzenschutzgesetz wird der Be-deutung der pflanzlichen Produktion and derNotwendigkeit ihres Schutzes, den Erforder-nissen des 6ffentlichen Gesundheitsschutzes andder Verpflichtung des Staates zur Pflege andErhaltung der nattirlichen Grundlagen unseresLebensraumes gleichermallen gerecht . In einerZeit der anscheinend ,riicksichtslosen" Mechani-sierung, Rationalisierung and Technisierung, dieauch das menschliche Denken nicht verschonen,dient das Gesetz damit in weitgehendem Male

den elementaren Interessen der Bevolkerung . Esist auch geeignet, gewisse Ursachen einseitigerfolgenschwerer Entwicklungen zu beseitigen andder wissenschaftlichen Forschung in der Phyto-medizin, Biologie, Okologie, Chemie and Toxi-kologie neue Wege zu weisen, die der Bedeutungeines sinnvollen, selbstkritischen Pflanzenschut-zes entsprechen. In der Welt diirfte das Gesetzdeshalb das z. Z, modernste and umfassendsteseiner Art sein .

Zusammenfassung

Mit dem neuen deutschen Pflanzenschutzgesetzwird eine neue Epoche des Pflanzenschutzdenkens ein-geleitet, das den Schutz der pflanzlichen Produktionand ihrer Ertrage vor Schadorganismen (,,Schadlin-gen") and Krankheiten zwar in den Mittelpunkt stellt,das aber die Pflanzenschutztechnik, insbesondere dieAnwendung von chemischen Pflanzenschutz- and Vor-ratsschutzmitteln, von der Beachtung wirksamerSchutzvorschriften fur die Gesundheit von Mensch,Tier and Natur (Okosystem) abhangig macht . Dabeiwerden auf gesetzlichem Wege erstmalig auch biolo-gisch-okologische bzw . biologisch-chemisch kombi-nierte (integrierte) Verfahren den MaBnahmen desPflanzen- and Vorratsschutzes zugeordnet . Es wirderlautert, wie dadurch auch die wissenschaftliche For-schung (biologische Schadlingsbekampfung) gefordertwind. Die im Gesetz der Landwirtschaft, der Mittel-industrie, dem Pflanzenschutz-Lohnunternehmen, derForschung and dem praktischen Pflanzenschutzdienstgestellten Aufgaben lassen das Zusammenwirken vonBiologie, Okologie, Phytomedizin, Chemie, Toxikolo-gie and Medizin (Hygiene) erkennen . Die angestrebteSynthese zwischen den Belangen des Pflanzen- andVorratsschutzes, des Gesundheits-, Tier- and Natur-schutzes erscheint im gesetzlichen Rahmen ohne un-zumutbare Belastung der Landwirtschaft praktikabelgelungen. NutznieBer der strengen Vorschriften inVerbindung mit der geltenden Hochstmengen-Ver-ordnung (Begrenzung der Pflanzenschutz-Vorrats-schutz-Mittelriickstande) soil in erster Linie der Kon-sument sein. Die Gewahr fiir seinen Schutz wird vorallem durch die obliqatorische Priifung, Zulassung andKennzeichnung aller Pflanzenschutz- and Vorrats-schutzmittel gegeben . Die Erfullung der Bedingungenfur ihre Zulassung schlieft bei sachgerechter Mittel-anwendung Gefahren, Risiken and Schaden praktischaus. Das Gesetz lbBt Willkiir nicht mehr zu and setztausreichendes Fachwissen and Verantwortungsbe-wuBtsein des Praktikers voraus . Die wichtigsten Vor-schriften des Gesetzes, u . a . auch die Arbeitsteilungzwischen Forschung, Prufung, Kontrolle and Pflanzen-schutzexekutive, werden erlautert, die Bedeutung desGesetzes fur die kiinftige Entwicklung gewurdigt .

Summary

The latest German Plant Protection Act initiates anew epoch in plant protection thinking in so far as itputs a momentum on the protection of plant produc-tion and its crop yields against pests and diseases butmakes plant protection techniques, in particular theuse of pesticides, dependent on the observance ofeffective provisions for the safeguard of humanhealth, animal health and nature (eco-system) . Thus,for the first time, combinations (integration) of bio-logical-ecological and/or biological-chemical methodsare by law included in plant and stock protectionprocedures. An explanation is given of how thiscontributes to promoting scientific research (biolo-

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gical pest control) . The tasks set by this Act toagriculture, industries, wage-paying plant pro-tection enterprises, research and plant protectionfield services show that there is an interaction ofbiology, ecology, phyto-medicine, chemistry, toxi-cology and medicine (hygenics) . This Act seems tohave established a practical synthesis of the issuesof plant and stock protection, public health, animalhealth and conservation of nature without imposingintolerable duties into agriculture. The consumer isfirst and foremost to be the beneficiary from the rigidregulations on maximum tolerances (fixed tolerancesfor pesticide residues). The main safeguards of con-sumer protection are compulsory inspectation, licen-sing and labelling of any type of pesticide . Fulfillingthe requirements for licensing practically excludesany hazard, risk or damage provided that the sub-stances are properly used . The Act makes no allow-ance for arbitraryness and demands technical know-ledge and responsibility on the part of the executive .The important provisions of the Act, e . g . division oflabour between research, testing, control and exe-cutive are elucidated and an outlook is given on thesignificance of the Act for the development in thefuture .

Resume

La recente loi relative a la protection des plantes esta l'origine dune nouvelle epoque en ce qui concernela conception de la << protection des plantes », repre-sentant une concentration sur la protection de laproduction vegetale et le rendement des culturescontre les organismes nuisibles (s parasites n) et lesmaladies des plantes, instituant, cependant, pour latechnique de la protection des plantes et particuliere-ment pour 1'application des pesticides une depen-dance de l'observation de reglements efficaces pourla protection de la sante de 1'homme, de 1'animal etde la conservation de la nature (eco-systeme) . Ainsi,pour la premiere fois, une combination (integration)de m&thodes biologiques-&cologiques ou biologiques-chimiques avec les mesures de la protection desplantes et des aliments stockes est realise par lalegislation. Une explication est donnee, comment celarepresente une contribution a 1'encouragement de larecherche scientifique (lutte biologique contre lesparasites) . Les taches attribuees par la loi a l'agri-culture, a l'industrie, aux entrepreneurs dans ledomaine de la protection des plantes, a la rechercheet au Service de Protection de Vegetaux montrent1'interaction de la biologie, de 1'ecologie, de laphyto-medecine, de la chimie, de la toxicologieet de la medecine (hygiene) . La loi semble avoirreussi en etablissant une synthese praticable entreles interets de la protection des plantes et des ali-ments stockes et ceux de la protection de la sante de1'homme, de 1'animal et de la conservation de lanature, sans imposer a 1'agriculture une charge exces-sive. Le consommateur sera, en premier lieu, lebeneficiaire des reglements rigides du decret en forcesur les tolerances maximales (fixation de tolerancespour les residus des pesticides) . La garantie pour saprotection consistera surtout dans l'inspection obliga-toire, dans 1'admission et dans le marquage de tousles pesticides . Si les conditions pour 1'admission sontremplies et le pesticide est employ& dans unemaniere appropriee, it n'y aura pratiquement pas dedangers, risques et dommages . La loi supprime 1'arbi-traire et exige un degre suffisant de connaissancestechniques et de responsabilit& chez les organes dansla pratique. Les reglements importants de la loi, p . e x .l a division du travail entre la recherche, le control&et 1'executive de la protection des plantes sont expli-ques et le role de la loi est reconnu en vue dud&veloppement futur .


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