Transcript
Page 1: Ein O(n) Verfahren zum Lösen von starren Mehrkörperketten mit Kontaktbedingungen

Ein O(n) Verfahren zum L osen von starren Mehrkorperketten mit Kon-taktbedingungen

Hubert Gattringer ∗1 andHartmut Bremer 1

1 Altenbergerstraße 69, A-4040 Linz

Bei der Modellierung von Mehrkorperketten (starr oder elastisch), wie das bei Robotern der Fall ist, entstehen sehr großeBewegungsgleichungen. Fur deren Simulation ist die explizite Invertierung der Massenmatrix (On3) notwendig. Bei demin dieser Arbeit vorgestellten On Verfahren, welches die Invertierung der Massenmatrix aufgrund der speziellen Strukturder Bewegungsgleichungen rekursiv durchfuhrt, wird die Rechenzeit deutlich reduziert. Treten bei Mehrkorperketten nochzusatzliche Kontakte auf, so kann dies durch die Hinzunahme eines Lagrangeschen Parameters zur Bewegungsgleichungerfolgen. Zur Berechnung dieser Zwangskraft ware bei der herkommlichen Modellierung wieder die inverse Massenma-trix notwendig. Der in dieser Arbeit prasentierte Algorithmus kommt ohne eine explizite Invertierung zur Berechnung desLagrangeschen Parameters aus.

1 Modellbildung

In der Robotik bietet es sich an, verschiedene Baugruppen zu Subsystemen zusammenzufassen. Die Gesamtdynamik lasstsichuber die Projektionsgleichung fur Subsysteme

N∑n=1

(∂yn

∂s

)T Nn∑

i=1

[(∂vS

∂yn

)T (∂ωS

∂yn

)T]

i

[(p + ωRp− fe)(L + ωRL−Me

)]

i︸ ︷︷ ︸Mnyn+Gnyn−Qn

= 0 (1)

besonders strukturiert bestimmen, siehe [1], [2].Mn, Gn, Qn sind die entsprechenden Systemmatrizen des Subsystems,welcheuber die beschreibenden Geschwindigkeitenyn in die Minimaldarstellung projiziert werden. Die BewegungsgleichunglautetMs + Gs−Q = 0, bzw. s = M−1(Q−Gs). Die Inversion ist dabei von Ordnungn3 und damit fur große Systemesehr rechenintensiv.

2 Kinematische Kette

Formuliert man die Kinematikuber Ketten, so konnen die Jacobimatrizen aus Gl.1 strukturiert angegeben werden. Diebeschreibenden Geschwindigkeiten eines Korpers berechnen sich aus den transformierten Geschwindigkeiten des Vorgangerkorpersund den Relativgeschwindigkeiten zu

(v0

ω0

)

n︸ ︷︷ ︸yn

=[

Anp 00 Anp

] [E rTpn

0 E

]

︸ ︷︷ ︸Tnp

(v0

ω0

)

p︸ ︷︷ ︸yp

+(

vpn

ωpn

)

︸ ︷︷ ︸Fisi

. (2)

O

p n

r p n

∗ Corresponding author: e-mail:[email protected], Phone: +0043 732 2468 9790, Fax: +0043 732 2468 9792

PAMM · Proc. Appl. Math. Mech. 4, 157–158 (2004) / DOI 10.1002/pamm.200410060

© 2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

© 2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Page 2: Ein O(n) Verfahren zum Lösen von starren Mehrkörperketten mit Kontaktbedingungen

Uber die kinematische Kette lasst sich die globale FunktionalmatrixF (die sich aus den Jacobimatrizen∂yn

∂s zusam-mensetzt) berechnen. Sie hat eine eine linke untere Blockdreiecksstruktur. Dadurch kannuber einen Gauss Elimination-sprozess das On-Verfahren hergeleitet werden.

3 On-Verfahren

Das On Verfahren lasst sich folgendermaßen formulieren:

1. Schritt: Bestimme die Kinematik:Tip, Tip i = 1..N

2. Schritt: Bestimme die modifizierten Systemmatrizen fur i = N..1

M∗p = Mp + TT

ipNiM∗i Tip; G∗

p = Gp + TTipNi(G∗

i Tip + M∗i Tip); Q∗

p = Qp + TTipNi(Q∗

i −M∗i −G∗

i Fisi)(3)

mit

MRi = [FTi M∗

i Fi], Ni = [E−M∗i (FiM−1

Ri FTi )] (4)

3. Schritt: Lose

si = −M−1Ri F

Ti

{M∗

i (Tipyp + Tipyp + Fisi) + G∗i (Tipyp + Fisi)−Q∗

i

}(5)

fur i = 1..N

siehe z.B. [2]. Dabei mußnur die MatrixMRi invertiert werden. Sie hat den Rang der Relativfreiheitsgrade des Subsystems.

4 On-Verfahren mit Kontakt

Die gesuchten Beschleunigungen konnen also ohne Invertierung der Massenmatrix berechnet werden. Treten zusatzlich Kon-takte auf, so kann dies bei der MinimaldarstellungMs + Gs−Q− (∂φ/∂s)Tλ = 0, mit der Zwangskraftλ aufgenommenwerden. Der Lagrangesche Parameter kannuber die zweifache zeitliche Ableitung der impliziten Bindungsgleichungφ = 0berechnet werden

λ =

(∂φ

∂s

)M−1

(∂φ

∂s

)T−1

(∂φ

∂s

)M−1(Gs−Q)︸ ︷︷ ︸

s1

−[

ddt

(∂φ

∂s

)]s

. (6)

Die dabei vorkommenden Richtungsableitungen(∂φ/∂s) konnen wieder aus der kinematischen Kette gewonnen werden.Die darin vorkommende Invertierung der Massenmatrix kann mit dem On-Verfahren durch geschicktes Zusammenfassenwiederum umgangen werden, und zu einem Algorithmus zusammengefasst werden:

1. Schritt: Bestimmes1 duch einmaligen Durchlauf des On Verfahrens ohne Kontaktkraft.

2. Schritt: ErsetzeQ −→ Q + (∂φ/∂s)T, und bestimme die Beschleunigungens2 (Durchlauf des On Verfahrens). Berechne

M−1(

∂φ∂s

)T

= s2 − s1. Somit sind alle Terme zur Berechnung vonλ vorhanden.

3. Schritt: ErsetzeQ −→ Q + (∂φ/∂s)Tλ. Duch einen letzten Durchlauf des On Verfahrens werden die gesuchten Beschle-unigungens bestimmt.

Die grundsatzlichen Ideen fur diesen Algorithmus wurden in [2] erarbeitet.In weiterer Folge werden die Algorithmen zur Modellierung einer zweibeinigen Laufmaschine verwendet. Bei den Gangzyklenwerden Kontakte immer wieder geoffnet und geschlossen.

References

[1] BREMER, H.; Dynamik und Regelung mechanischer Systeme; B. G. Teubner Verlag, Stuttgart 1988.[2] BREMER, H.; On the use of nonholonomic variables in robotics; in Selected Topics in Structronics and Mechatronic Systems (eds. A.

Guran, A. Belayev), World Scientific, Singapore, 2003, p. 1-48.

Section 3 158

© 2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim


Recommended